Leibniz-Zentrum für Archäologie (LEIZA) in Mainz feiert Einweihung und lädt am 26.03.2023 zum Tag der offenen Tür

Das neue Mainzer Leibniz-Zentrum für Archäologie an der Neutorstraße wird eröffnet und lädt am 26.03.2023 zum Tag der offenen Tür. © Foto Diether von Goddenthow
Das neue Mainzer Leibniz-Zentrum für Archäologie an der Neutorstraße wird eröffnet und lädt am 26.03.2023 zum Tag der offenen Tür. © Foto Diether von Goddenthow

Das Römisch Germanische Zentralmuseum Mainz (RGZM), das seit dem 1. Januar 2023 entsprechend seiner erweiterten Funktionen in Leibniz-Zentrum für Archäologie (LEIZA) umbenannt wurde, feiert Einweihung seines Neubaus und lädt anlässlich dieses Ereignisses ein zum Tag der offenen Tür am 26.03.2023 von 10 bis 17.00 Uhr, Ludwig-Lindenschmit-Forum 1 ( Neutorstraße).

Bereits im Vorfeld der Eröffnung durfte heute die Presse schon einmal einen kleinen Blick hinter die Kulissen des 60 Millionen-Forschungszentrums der Superlative werfen. 9.700 qm Nutzfläche misst das neue Forschungs-Flaggschiff von Rheinland-Pfalz, davon allein 3000 qm Ausstellungsfläche: 1820 qm Dauerausstellung im 1. u. 2. OG (wird Ende 2024 eröffnet), 960 qm für Sonderausstellungen im EG und 300 qm für die Forschungsausstellung im Foyer-Bereich.

LEIZA-Generaldirektorin Alexandra Busch und Wissenschaftsminister Clemens Hoch im Austausch mit den Medienvertretern, hier im Raum der künftigen Forschungs-Ausstellung. © Foto Diether von Goddenthow
LEIZA-Generaldirektorin Alexandra Busch und Wissenschaftsminister Clemens Hoch im Austausch mit den Medienvertretern, hier im Raum der künftigen Forschungs-Ausstellung. © Foto Diether von Goddenthow

Die „Forschungs-Ausstellung“ (Arbeitstitel) befindet sich direkt neben der Rezeption im Foyer links. In diesem besonders gesicherten Raum „beschäftigen wir uns mit der 170jährigen Geschichte unserer Forschungsarbeit, unserer Forschungseinrichtung, und unseres Forschungs-Museums“, erläutert LEIZA-Generaldirektorin Alexandra Busch beim gemeinsamen Rundgang mit Wissenschaftsminister Clemens Hoch. Der Aufbau einer archäologischen Sammlung, bestehend aus Originalen und vor allem auch aus Kopien (wissenschaftlichen Replikaten) von den bedeutendsten Objekten und Monumenten des antiken Mittelmeerraums und der angrenzenden Regionen, war grundlegend für die Gründung des Römisch Germanischen Zentralmuseums Mainz. „Die Idee war damals 1852, in Mainz eine Sammlung aufzubauen, die kulturvergleichende Studien ermöglicht. Und deshalb eben diese Dinge hier zusammenträgt“, so Prof. Busch. Das RGZM war schon im 19. Jahrhundert so bekannt und bedeutend gewesen, „dass Archäologen von überall her Objekte an uns geschickt haben, damit die in unserer Sammlung sind“, so habe unter anderem Heinrich Schliemann Sachen aus Troja geschickt, weil die hier in Mainz, im RGZM in der Sammlung vorgehalten werden sollten. Hiervon wurden natürlich wissenschaftliche Kopien angefertigt, und das sei auch im Hause die Geburtsstunde „unserer Restaurierung und Konservierung von Fundstücken“ gewesen.

Das Replikat eines ägyptischen Pharaos, im Hintergrund die Raum-Zeit-Vitrine, noch nicht bespielt. © Foto Diether von Goddenthow
Das Replikat eines ägyptischen Pharaos, im Hintergrund die Raum-Zeit-Vitrine, noch nicht bespielt. © Foto Diether von Goddenthow

In diesem Ausstellungs-Raum werde erstmals Besuchern ein kleiner Abriss der Forschungs-Geschichte des RGZM, dem jetzigen LEIZA, gezeigt, mit all seinen Generaldirektoren seit Anbeginn und in den wichtigsten Etappen, die die Einrichtung genommen hat. Anschließend, in einer zweiten Wandtafelreihe, wird der Frage nach der Bedeutung von wissenschaftlichen Objekt-Kopien nachgegangen. Als Beispiel nennt die Generaldirektorin Objekte, die einst im Krieg oder erst kürzlich im Nahen Osten vom IS zerstört worden seien, also kulturelle Güter, die sich im LEIZA wie archäologische 3D-Backups befänden, und jederzeit für die betreffenden Museen und die Wissenschaft wiederhergestellt werden könnten.

Ein Herzstück dieser Forschungs-Ausstellung wird eine 12 Meter lange und 4 Meter hohe fensterartige Wand-Vitrine sein, in der über 2,6 Millionen Jahre Menschheitsgeschichte exemplarisch die Bandbreite „unserer kulturellen Entwicklung und die wichtigsten Etappen dieser kulturellen Entwicklung“ ausgestellt sein werden. Ergänzend dazu wird es ein Medien-Panel geben, „welches Besuchern ermöglicht, einerseits noch vertiefende Informationen zu bekommen zu den Objekten, die sie in der Raum-Zeit-Vitrine sehen werden, aber auch diese Objekte dann in einer ganz anderen Art und Weise individuell zuordnen können, um sich eben dann hierdurch andere Überblicke zu verschaffen.“, so Prof. Busch. Das hier sei eine thematische Ausstellung, „die ganz eng aus unserer Forschung abgeleitet wird, und die sich mit Fragen des Zusammenlebens in menschlichen Gemeinschaften befasst.“ Damit soll im LEIZA ein weiteres Fundament gelegt und ein weiteres Angebot geschaffen werden, auch gerade für Schüler. In der Raum-Zeit-Vitrine werden schwerpunkthaft zu sehen sein: Exponate zu den entscheidenden Schritten der Menschheitsgeschichte, zum Moment der Seßhaftwerdung, zu dem Zeitpunkt, als Menschen begonnen haben, Ackerbau und Viehzucht zu betreiben, dann zur ersten Verhüttung von Metallen, und über die Entwicklungs-Sprünge, die der Mensch vor allem durch diese technischen Errungenschaften machen konnte. Und vieles mehr.

Das Leibniz-Zentrum für Archäologie (LEIZA) öffnet seine Türen am Sonntag, dem 26. März von 10 bis 17 Uhr und heißt alle herzlich willkommen, Im Foyer gelangt man zur eleganten Treppe hinauf zu dem späteren Dauerausstellungsbereich. © Foto Diether von Goddenthow
Das Leibniz-Zentrum für Archäologie (LEIZA) öffnet seine Türen
am Sonntag, dem 26. März von 10 bis 17 Uhr und heißt alle herzlich willkommen, Im Foyer gelangt man zur eleganten Treppe hinauf zu dem späteren Dauerausstellungsbereich. © Foto Diether von Goddenthow

Am Tag der offenen Tür können die Besucher mit Führungen oder als Selbst-Entdecker über verschiedene Routen das neue LEIZA  erkunden, etwa durch die rund 20 Restaurierungs-Werkstätten und Labore, die Forschungs-Bibliothek mit rund 9000 Regalmeter Bücherstellfläche, oder zum neuen Fotostudio und in die Räumlichkeiten insgesamt. Zudem wird  ein besonders Kinder- und Familienprogramm angeboten werden.

Exklusive Einblicke mit Führungen werden auch möglich sein in das sonst nicht zugängliche Untergeschoss des Instituts, wo sich die 6 zum Teil klimatisierten Depots für 220 000 Sammlungsstücke sowie das Labor für den 3D-Computertomograph befinden.

Das Herzstück des LEIZA, der neue 3D-Computertomograph. Dr. Ivan Calandra, Laborleiter erläutert die Funktionen. © Foto Diether von Goddenthow
Das Herzstück des LEIZA, der neue 3D-Computertomograph. Dr. Ivan Calandra, Laborleiter erläutert die Funktionen. © Foto Diether von Goddenthow

Highlight und ein Herzstück von LEIZA ist der 1,3 Mio. Euro teure 3-D-Computertomograph. Das „ist ein ganz besonderes Gerät, das es so kein zweites Mal in einer archäologischen Einrichtung oder in einem Museum in Deutschland gibt“, freut sich LEIZA-Generaldirektorin Alexandra Busch. Denn das LEIZA habe damit nun die Möglichkeit, wirklich große archäologische Objekte bis zu maximal 2,5 Meter Höhe und 1 Meter Durchmesser zu „röntgen“. Man könnte auch Menschen damit scannen, so Dr. Ivan Calandra, Laborleiter. Das Problem sei jedoch, dass dieses Gerät dazu viel zu leistungsstark sei, da es auf archäologische Objekte wie Gesteine, Metalle usw. ausgerichtet ist, die viel Röntgenstrahlen absorbierten. Um diese Materialien zu durchdringen und auch eine hohe Auflösung zu erhalten, benötige man sehr viel Leistung.

Qualitätsvergleich eines 2D- mit einem 3D-Computertomographen-Bild (rechts).  © Foto Diether von Goddenthow
Qualitätsvergleich eines 2D- mit einem 3D-Computertomographen-Bild (rechts). © Foto Diether von Goddenthow

Dieses Geräte sei einmalig, es könne diese Bilder in 3D von sehr groß bis sehr klein in ganz unterschiedlichen Auflösungen liefern. Anders als mit 2D, könne man etwa mit dem 3D-Computertomograph bei einer Blockgrabung durch den Sicherungsgips hindurch die Form, Lage und Materialien der darin befindlichen Funde als dreidimensionales Bild abbilden, so dass die Präparatoren schon vor der Öffnung Art und Lage der Gegenstände im noch geschlossenen Fundblock genauer erkennen könnten. Eine Extraktion wäre somit viel leichter. Zum Teil erübrige sich durch die anschaulichen Bilder mitunter auch eine Öffnung des Fundblocks.

Bei Pop-Up Vorträgen über besonders spannende archäologische Projekte, wie zum Beispiel die KulturGutRetter oder die Glasobjekte aus dem Grab von Tutanchamun können sich die Besucher am Tag der offenen Tür weiter informieren im Wechsel zu lockeren Talks auf dem roten Science-Sofa. Dort nehmen Platz das Dlrektorium, Archäologen und Kuratorinnen, die von der Steinzeit über das Gold der Kelten und römische lndustrie-Reviere bis hin zur Frage ,,wie entsteht eigentlich eine Ausstellung?“ berichten und mit diesen und anderen Themen die Archäologie des LEIZA hautnah veranschaulichen.

Nachbildung eines kaukasischen Trinkhorns in Form eines Pegasus 4-Jhd. vor Chr. © Foto Diether von Goddenthow
Nachbildung eines kaukasischen Trinkhorns in Form eines Pegasus 4-Jhd. vor Chr. © Foto Diether von Goddenthow

Obwohl die meisten archäologischen Objekte noch in den Depots auf ihren zukünftigen Platz in der Ausstellung warten, haben es einige Großobjekte zum Tag der offenen Tür auf die  Ausstellungsfläche geschafft. Hier bieten lnfo-Stände nicht nur Ausblicke auf die zukünftigen Ausstellungen, sondern auch die Möglichkeit, sich direkt im Gespräch mit den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern über die Forschungen des LEIZA zu informieren und mehr über den Berufsalltag in der Archäologie zu erfahren.

Weitere Infos: LEIZA 

21. Kurze Nacht der Museen und Galerien in Wiesbaden am 1. April 2023 von 19 bis 24 Uhr

kurzenachtdermueseen2023Die diesjährige „Kurze Nacht“ der Museen und Galerien in Wiesbaden findet am 1. April 2023 mit der Rekordzahl von 34 teilnehmenden Museen, Kunstvereinen, Projekträumen und Galerien statt. Auch sind wieder der Wiesbadener PopJazzChor und das Rollende Museum, bei dem einhundert Oldtimerbesitzer aus Hessen, Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg und Bayern ihre Teilnahme zugesagt haben, mit dabei.

Die „Kurze Nacht“ gehört damit nicht nur zu den ältesten Museumsnächten in Deutschland, sondern ist in jedem Frühjahr für Wiesbaden, aber auch überregional, ein unumstößliches Kulturevent. Die Veranstaltung lockt mit einem spannenden und facettenreichen Programm viele tausende Besucher aus dem Großraum Rhein-Main in die Landeshauptstadt und ist Botschafter für den hohen kulturellen Anspruch der Stadt.

In diesem Jahr freuen sich die Veranstalter über sieben neue Aussteller. Es sind: Der artroom Wiesbaden in der Eltviller Str. 6, wo unter dem Titel „CROSSWORLD_PUZZLE“ eine Gruppenausstellung mit keramischen Skulpturen von Studierenden der Hochschule für Gestaltung Offenbach und deren Leiterin des Labors Kunst, Merja Herzog-Hellstén gezeigt wird.

Im KunstKontor in der Taunusstraße 55 wird unter anderem die Gruppenausstellung „Mixed Media“ zu sehen sein, wo sich u.a. Stefanie Minzenmay und Rolf Gith mit dem Thema Materialität auseinandersetzen.

Premiere haben außerdem die Galerie Neongolden in der kleinen Schwalbacher Str. 8 mit Fotografien von Marc Peschke und Holzschnitten von Roman Klonek, das Queere Zentrum e.V. Wiesbaden, Bornhofenweg 7a mit Arbeiten von Sanja Praktisch und der Kunstverein Walkmühle, Bornhofenweg 9, wo sich 26 Künstler*innen mit dem außerordentlich spannenden, weil aktuellen Thema „ANGST – Krisenindikator oder Überlebenstrieb“ auseinandersetzen.

Besondere Highlights sind auch die Gruppenausstellung „Angst“ in der Walkmühle Bornhofenweg 9, die Präsentation neuer Bilder von Marc Jung, einem der gefragtesten jungen Künstler der deutschen Kunstszene in der SV AtriumGalerie der SV SparkassenVersicherung in derBahnhofstraße 69, und die Ausstellungen der Hamburgerin Annika Kahrs und der in Wiesbaden geborenen Cemile Sahin im Nassauischen Kunstverein, Wilhelmstr. 15. Ebenso ist Malerei im Künstlerhaus43 im altehrwürdigen, ehemaligen Palasthotel am Kochbrunnenplatz 1 von Shabnam Miller zu sehen.

Die Performances, Filmarbeiten, Soundinstallationen und Objekte von Annika Kahrs zeigen auf vielfältige Weise, welche Bedeutung Musik und Klang – also akustische Informationen – in unterschiedlichen sozialen, kulturellen und politischen Strukturen der Koexistenz spielen, während im Mittelpunkt der künstlerischen Arbeit der in Wiesbaden geborenen Cemile Sahin politische Ereignisse und deren Narration stehen, die sie in Installation, Film, Skulptur, Text, Sound und Fotografie bemerkenswert kombiniert.

© Museum Wiesbaden
© Museum Wiesbaden

Weltfluchtparty, sogleich die Clubnacht zur Ausstellung „Oskar Zwintscher – Weltflucht und Moderne im Wiesbadener Museum“, bildet von 22:00 bis 04:00 Uhr den krönenden Abschluss.
Im Badhaus.1520,
Häfnergasse 3,
65183 Wiesbaden

Insgesamt laden 34 Institutionen und Galerien ein zur 21. Kurzen Nacht der Museen und Galerien in Wiesbaden.
Zeit:  19 bis 24 Uhr
Freier Eintritt.

Eröffnung 18 Uhr:  Kulturdezernent Axel Imholz , NKV-Vorsitzende Elke Gruhn und  Kurznacht-Veranstaltungsleiter Erhard Witzel eröffnen die „Kurze Nach“ um 18.00 Uhr im Nassauischen Kunstverein, Wilhelmstraße 15, 65185 Wiesbaden. Hierzu präsentiert Annika Kahrs  ihre Performance „Strings“.

Unterstützt wird die Kulturveranstaltung vom  Kulturamt der Stadt Wiesbaden und der Nassauischen Sparkasse ( NASPA).

Organisationsverantwortung „Rollendes Museum“: Rainer Wehner, 0171-313 3389

100 Oldtimer fahren die Besucher KOSTENFREI
zu den 5 Haltestellen und präsentieren sich mit
dieser kleinen Zeitreise als rollendes Kulturgut.
Ab ca. 16:00 Uhr können ‘Vorwitznasen’ auf dem
Parkplatz des Innenministeriums, Friedrich-Ebert-
Allee 12, nicht nur die Oldtimer genauer in
Augenschein nehmen, sondern sich auch mit
den Eigentümern der Autos austauschen.

Die 5 Haltstellen 2020
– A = Landesmuseum
– B = SAM am Markt
– C = Staatskanzlei
– D = Abeggstraße
– E = Schwalbacher Straße

Gesamtorganisationsverantwortung: Erhard Witzel, 0171-6504 690, ew@galerie-witzel.de

Weitere Informationen über Galerien, Programm usw. über: Kurze-Nacht.de

Flyer mit Kartenausschnitt zur Orientierung

Was die Frankfurter Schule zur Lage der Gesellschaft sagt Neue Veranstaltungsreihe von Kulturdezernat und Normative Orders

2023_03_20_Frankfurter-Schule_web250Was sagt die Kritische Theorie der „Frankfurter Schule“ zur gegenwärtigen Lage der Gesellschaft – ob lokal, national oder international? Das Dezernat für Kultur und Wissenschaft der Stadt Frankfurt am Main und das Forschungszentrum „Normative Ordnungen“ der Goethe-Universität bieten den derzeitigen Vertretern der berühmten Denkschule ein Podium: In der Reihe „Frankfurter Schule“ werden aktuelle Themen diskutiert.

Gesellschaftliche Normen, in Institutionen und Ordnungen manifestiert, bilden das Fundament unseres sozialen und politischen Zusammenlebens. In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts hatte sich die sogenannte Frankfurter Schule vorgenommen, diese Normen und ihre Widersprüche im Sinne einer umfassenden „Kritischen Theorie“ ganzheitlich und (ideologie-) kritisch in den Blick zu nehmen – eine Herangehensweise, deren Bedeutung und internationale Wirkmacht bis heute ungebrochen sind. Doch was sagt die Frankfurter Schule, die Gesellschaftsanalysen stets mit Ideologiekritik verbunden hat, zur derzeitigen Lage der Gesellschaft? Welche Antworten gibt die sogenannte „dritte und vierte Generation“ auf weltweite Krisen und Konflikte?

Darum soll es in einer neuen Veranstaltungsreihe gehen, zu der das Dezernat für Kultur und Wissenschaft der Stadt Frankfurt am Main und das Forschungszentrum „Normative Ordnungen“ der Goethe-Universität von März an gemeinsam einladen.

Der Titel der neuen Reihe lautet „Frankfurter Schule“. Zu Gast sind Persönlichkeiten, die – geschult am „Frankfurter Denken“ – Position beziehen zu aktuellen Problemlagen. Kooperationspartner der einzigartigen Reihe sind das Institut für Sozialforschung, das Museumsufer Frankfurt und hr2-kultur.

Bei der Auftaktveranstaltung am Montag, 20. März, um 18.00 Uhr im MUSEUM MMK FÜR MODERNE KUNST, Domstraße 10, sprechen der Philosophieprofessor Christoph Menke (Goethe-Universität, Normative Orders) und der Autor Cord Riechelmann über das Thema „Was ist Befreiung?“. Im Mittelpunkt des Abends steht Menkes erst jüngst im Suhrkamp Verlag erschienenes Buch Theorie der Befreiung. Darin geht der Philosoph von der Diagnose aus, dass bisherige Befreiungsbewegungen stets in neue Abhängigkeitsordnungen gemündet seien und zeigt auf, wie Freiheit und Herrschaft unauflöslich miteinander verwoben sind.

„Die Frankfurter Schule hat Frankfurt und die deutsche Nachkriegsöffentlichkeit geprägt wie keine andere Denkschule sonst und entscheidend dazu beigetragen, dass sich eine demokratische Öffentlichkeit herausbilden konnte“, sagte Kultur- und Wissenschaftsdezernentin Dr. Ina Hartwig. Die freiheitliche Ordnung, in der wir heute leben, sei dabei nicht weniger umstritten als in jenen Jahren. „Es gibt drängende Fragen unserer Zeit. Und es gibt Antworten, kritische Antworten, Frankfurter Antworten. Die Gesellschaft braucht den kritischen Blick der Frankfurter Schule, um Lösungen für aktuelle Probleme zu finden – etwa das Auseinanderdriften von Arm und Reich oder die zunehmende Polarisierung der Gesellschaft.“

„Die Kritische Theorie ist heute wichtiger denn je. Aber eine Denktradition kann nur bestehen bleiben, wenn sie sich fortentwickelt. Sie muss nicht nur auf neue soziale, gerade auch globale, Herausforderungen eingehen, sondern hat, das ist das Besondere an dem Frankfurter Ansatz, einen umfassenden systematischen Anspruch. Auch dieser muss stetig überdacht werden; er läuft im Kern darauf hinaus, die Unvernunft dessen sichtbar zu machen, was im konventionellen Sinne als vernünftig gilt. Was das konkret bedeutet, wollen wir im Dialog mit der Stadtgesellschaft diskutieren“, sagte Prof. Rainer Forst, Direktor des Forschungszentrums Normative Ordnungen, zum Start der Reihe.

Susanne Pfeffer, Leiterin des Museums für Moderne Kunst, gab ihrer Freude Ausdruck, dass die neue Diskussionsreihe in Frankfurter Kultureinrichtungen stattfinden soll. „Museen sind wichtige Orte, um Diskussionen zu führen. So haben wir eine weitere Möglichkeit, einen Beitrag zu einer relevanten Thematik in der Stadt zu leisten.“ Die Reihe wird quartalsweise in den Frankfurter Museen fortgesetzt, beginnend im MMK Museum für Moderne Kunst.

Christoph Menke, geboren 1958 in Köln, hat Germanistik und Philosophie in Heidelberg und Konstanz studiert, wo er 1987 promoviert wurde. Die Habilitation Tragödie im Sittlichen. Hegel und die Freiheit der Moderne erfolgte 1995. Seit 2009 ist er Professor für Praktische Philosophie mit Schwerpunkt Politische Philosophie und Rechtsphilosophie an der Goethe-Universität Frankfurt am Main und Mitglied des Forschungszentrums „Normative Ordnungen“.

Cord Riechelmann, geboren 1960 in Celle, studierte Biologie und Philosophie an der Freien Universität Berlin. Er war Lehrbeauftragter für das Sozialverhalten von Primaten und für die Geschichte biologischer Forschung. Außerdem arbeitete er als Kolumnist und Stadtnaturreporter für die Berliner Seiten der Frankfurter Allgemeinen Zeitung.

Den Anfang macht ein Abend mit Christoph Menke, Philosophieprofessor an der Goethe-Universität, am Montag, 20. März, 18.00 Uhr, im MMK Museum für moderne Kunst.
Domstraße 10, 60311 Frankfurt am Main,

mit dem Thema: Was ist Befreiung?

Eintritt: 3 Euro

Weitere Infos:
Kultur-Frankfurt
Normative Orders – Forschungszentrum der Goethe-Universität Frankfurt am Main
„Frankfurter Schule“

Doppelsieg für „Das Schweigen der Esel“ beim FernsehKrimi-Festival Wiesbaden

Karl Markovics, Autor und Hauptdarsteller des GewinnerKrimis „Das Schweigen der Esel“ (ORF/ARTE) u. beste Darstellerin Julia Koch als Dorfpolizistin Sophie Landner sind die Sieger des Abends. © Foto Diether von Goddenthow
Karl Markovics, Autor und Hauptdarsteller des GewinnerKrimis „Das Schweigen der Esel“ (ORF/ARTE) u. beste Darstellerin Julia Koch als Dorfpolizistin Sophie Landner sind die Sieger des Abends. © Foto Diether von Goddenthow

Der LandKrimi aus Vorarlberg gewinnt den Hauptpreis des Festivals und den Sonderpreis Beste Darstellerin für Julia Koch. Weitere Preise gehen an Babylon Berlin – Staffel 4, Schauspieler David Schütter (Die Macht der Frauen, ZDF/ARTE), Das Mädchen von früher (U5 Filmproduktion, ZDF) sowie an Nachwuchs-Drehbuchautorin Amy Holbach.

Wiesbaden, den 17. März 2023 – Triumph für Das Schweigen der Esel (ORF/ARTE): Der „LandKrimi“ von Karl Markovics gewinnt den Deutschen FernsehKrimi-Preis 2023. Das Votum der Jury: „Diese Perle von einem Film glänzt in diesem Kontext so frech und schelmisch wie Max und Moritz, mit einer eigenwilligen cineastischen Vision, ohne politisches Statement oder moralischen Zeigefinger. Karl Markovics tobt sich mit diesem Film kreativ aus und wir dürfen uns begeistert an jedes Detail, jedes Märchen-, jedes Filmzitat und auf jede originelle Idee erfreuen. Dieses Werk ist intelligent, modern, leicht, gruselig, anarchistisch. Fantastisch in jedem Sinne.“ Der Film sei ein „gelungener Guss aller Gewerke: Von Markovics‘ Drehbuch und Regie angefangen über die Bildgestaltung von Leena Koppe, das Szenenbild von Andreas Sobotka, die Musik von Herbert Tucmandl, den Schnitt von Alarich Lenz, das Kostümbild von Catarina Czepek und und und…“

Das Schweigen der Esel. © ORF/Superfilm/Manuel Riesterer
Das Schweigen der Esel. © ORF/Superfilm/Manuel Riesterer

Karl Markovics schrieb das Buch, führte Regie und übernahm die Hauptrolle. In weiteren Rollen sind Julia Koch, Stefan Pohl, Caroline Frank, Gerhard Liebmann und Valentin Sottopietra zu sehen. Produziert wurde der Film von John Lueftner und David Schalko (Superfilm), die Redaktion hatten Klaus Lintschinger (ORF) und Claudia Tronnier (ARTE) inne. Der Hauptpreis des Deutschen FernsehKrimi-Festival ist mit 1000 Litern Rheingau-Wein dotiert.

Große Freude auch bei Schauspielerin Julia Koch, die den Sonderpreis Beste Darstellerin für ihre Rolle als Dorfpolizistin Sophie Landner erhält. Koch überzeugte die Jury mit ihrer enormen Wandlungsfähigkeit, „als sie ihren Dämon in sich offenbart.

Julia Koch Julia Koch, erhielt den Sonderpreis Beste Darstellerin für ihre Rolle als Dorfpolizistin Sophie Landner in Das Schweigen der Esel. © Foto Diether von Goddenthow
Julia Koch Julia Koch, erhielt den Sonderpreis Beste Darstellerin für ihre
Rolle als Dorfpolizistin Sophie Landner in Das Schweigen der Esel. © Foto Diether von Goddenthow

Man bekommt förmlich ein Messer in den Rücken gestochen, da man von der erschreckend authentischen Bedrohung und Bösartigkeit in ihren Augen völlig überrumpelt wird. So erweckt sie ein starkes Gefühl der Beklemmung – denn man hatte Sophie Landner bis zu diesem Zeitpunkt doch sehr liebgewonnen. Julia Koch versteht es, sich als Schauspielerin zugunsten des Gesamtwerkes in den einzelnen Momenten zurückzunehmen, um so ihre Figur der Geschichte voll und ganz zur Verfügung zu stellen.“

In der Kategorie Krimiserie des Jahres entschied sich die Studierendenjury für Babylon Berlin – Staffel 4. 

Babylon Berlin - Staffel 4 © Frédéric Batier, X Filme Creative Pool, SKY, Degeto
Babylon Berlin – Staffel 4 © Frédéric Batier, X Filme Creative Pool, SKY, Degeto

In der Kategorie Krimiserie des Jahres entschied sich die Studierendenjury für Babylon Berlin – Staffel 4. An der Serie beeindrucke die filmische „Zeitreise in eine Stadt voller spannender Intrigen und politischer Veränderung. Man folgt den Protagonist*innen nur zu gern durch den Lauf der Geschichte und lässt sich von den dramaturgischen Wendungen und Irrungen überraschen.“ „Babylon Berlin“ biete Höchstleistungen auf jedem Gebiet: „Ob Schauspiel, Drehbuch, Szenenbild, grandiose Tanzszenen – Die Serie brilliert in jedem einzelnen Department.“

Das Mädchen von früher Sonderpreis Beste Produzent*innen-Leistung

Das Mädchen von früher © ZDF/Conny Klein
Das Mädchen von früher © ZDF/Conny Klein

Den Sonderpreis Beste Produzent*innen-Leistung erhalten Katrin Haase, Oliver Arnold und Norbert Walter von U5 Filmproduktion aus Frankfurt für Das Mädchen von früher (ZDF). Die Begründung der Jury: „Die Leidenschaft für die Geschichte ist in allen Szenen erlebbar und wir hatten den Eindruck, dass die Umsetzung der filmischen Idee über die wirtschaftliche Auswertung des Films gestellt wurde. In Zeiten von steigenden Produktionskosten und einer wachsenden Inflation bewundern wir den unternehmerischen Mut, einen so anspruchsvollen, kreativen und vielschichtigen Film zu produzieren.“

Der Film von Lena Knauss (Regie) und Martina Mouchot (Buch) erhält außerdem den Publikumspreis 2023. Die Jury der Leserinnen und Leser des Wiesbadener Kuriers würdigte, dass der Krimi es schaffe, „die Thematik erzwungener Adoptionen in der DDR mit der persönlichen Geschichte der Kommissarin und einem komplexen Todesfall zu verbinden.“ Der Film überzeuge mit seiner Geschichte „über die Verflechtung des Schicksals der in der DDR aufgewachsenen und in den Westen geflohenen Kommissarin mit dem dramatischen Tod von drei jungen Frauen, sowie mit einer Bildsprache und Symbolik, mit der es der Film schafft, die Zuschauer*innen in die Anspannung, Verzweiflung und Atmosphäre der Handlung zu fesseln.“

David Schütter erhielt den  Sonderpreis Bester Darsteller  für seine Schauspielleistung als Polizeibeamter Leon in Die Macht der Frauen (ZDF/ARTE) © Foto Diether von Goddenthow
David Schütter erhielt den Sonderpreis Bester Darsteller für seine Schauspielleistung
als Polizeibeamter Leon in Die Macht der Frauen (ZDF/ARTE) © Foto Diether von Goddenthow

Der Sonderpreis Bester Darsteller geht in diesem Jahr an David Schütter für seine Schauspielleistung als Polizeibeamter Leon in Die Macht der Frauen (ZDF/ARTE) an der Seite von Natalia Wörner. Die Jury lobte das differenzierte und perfide Spiel David Schütters. Trotz seiner Gefährlichkeit, die tief aus ihm ausstrahle, „möchte man seinem Charme, seiner ungebrochenen Selbstsicherheit und dem verzerrten Unrechtbewusstsein erliegen möchte, und man versteht, dass seine Frau, die er tyrannisiert und beherrscht, nicht von ihm loslassen kann. David Schütter spielt Vergangenheit, Zukunft und unausgesprochene Auslassungen in einem Wimperschlag mit, er muss nichts herstellen. Er hat eine solche Präsenz, dass er – ob man will oder nicht – immer nahbar, aber unfassbar bleibt.“

Amy Holbach © Deutsches FernsehKrimi-Festival/Jason Sellers
Amy Holbach © Deutsches FernsehKrimi-Festival/Jason Sellers

Zum vielversprechendsten Drehbuchnachwuchs wurde Amy Holbach gekürt. Juror Richard Kropf lobte an der Drehbuchidee „Pflicht“, dass es Amy gelungen sei, „auf wenigen Seiten ein tolles Setting mit spannenden, tiefgründigen Figuren zu skizzieren und einen ausgereiften Plot mit vielen Wendepunkten zu präsentieren.“

Die Preisverleihung fand am Abend des 17. März um 20 Uhr in der Caligari FilmBühne in Wiesbaden statt.

Überblick: Preisträgerinnen und Preisträger 2023

Abschlussbild der feierlichen  Preisverleihung beim Deutschen Fernsehkrimifestival 2023   in der Filmbühne Caligari Wiesbaden. © Foto Diether von Goddenthow
Abschlussbild der feierlichen Preisverleihung beim Deutschen Fernsehkrimifestival 2023 in der Filmbühne Caligari Wiesbaden. © Foto Diether von Goddenthow

Deutscher FernsehKrimi-Preis
Das Schweigen der Esel (ORF/ARTE)
Buch und Regie: Karl Markovics, Kamera: Leena Koppe, Schnitt: Alarich Lenz, Musik: Herbert Tucmandl, Casting: Nicole Schmied, Darsteller*innen: Karl Markovics, Julia Koch, Stefan Pohl, Caroline Frank, Gerhard Liebmann, Valentin Sottopietra, u.v.m., Redaktion: Klaus Lintschinger (ORF), Claudia Tronnier (ARTE), Produktion: John Lueftner, David Schalko, Superfilm Filmproduktion GmbH

Krimiserie des Jahres
Babylon Berlin – Staffel 4 (ARD Degeto/SKY)
Regie: Achim von Borries, Henk Hendloegten, Tom Tykwer, Buch: Achim von Borries, Henk Hendloegten, Tom Tykwer, Khyana el Bittar, Bettine von Borries, Kamera: Bernd Fischer, Christian Almesberger, Philipp Haberlandt, Schnitt: Claus Wehlisch, Antje Zynga, Musik: Johnny Klimek, Tom Tykwer, Casting: Simone Bär, Alexandra Montag, Darsteller*innen: Volker Bruch, Liv Lisa Fries, Irene Böhm, Ivo Pietzcker, Lars Edinger, Hannah Herzsprung, Redaktion: Christine Strobl, Thomas Schreiber, Christoph Pellander, Caroline Haasis (ARD Degeto), Marcus Ammon, Frank Jastfelder, Lucia Vogdt (Sky), Produktion: Stefan Arndt, Uwe Schott, Michael Polle (X Filme Creative Pool GmbH), Ko-Produktion Jan Mojto, Dirk Schürhoff, Moritz von Herzogenberg (Beta Film GmbH)

Sonderpreis Beste Darstellerin
Julia Koch für ihre Rolle in Das Schweigen der Esel (ORF/ARTE)

Sonderpreis Beste Produzent*innen-Leistung
Katrin HaaseOliver Arnold und Norbert WalterU5 Filmproduktion GmbH & Co. KG, für
Das Mädchen von früher (ZDF).

Sonderpreis Bester Darsteller
David Schütter für seine Rolle in Die Macht der Frauen (ZDF/ARTE)

Publikumspreis Wiesbadener Kurier
Das Mädchen von früher (ZDF/ARTE)

Nachwuchspreis-Drehbuchwettbewerb
Amy Holbach für die Drehbuchidee Pflicht

5. Ehrenpreis des Deutschen FernsehKrimi-Festivals
Alexander Held für seine Rolle als Ludwig Schaller in München Mord (ZDF)

Über das Festival

Oberbürgermeister Gert-Uwe Mende begrüßt anlässlich des Deutschen Fernsehkrimi-Festivals die Gäste zur Aftershow-Party im Wiesbadener Rathaus.  © Foto Diether von Goddenthow
Oberbürgermeister Gert-Uwe Mende begrüßt anlässlich des Deutschen Fernsehkrimi-Festivals die Gäste zur Aftershow-Party im Wiesbadener Rathaus. © Foto Diether von Goddenthow

Das Deutsche FernsehKrimi-Festival ist eine Veranstaltung des Kulturamtes der Landeshauptstadt Wiesbaden mit Unterstützung durch die Hessen Film & Medien, den Hessischen Rundfunk und die Sparkassenversicherung, in Kooperation mit dem Medienzentrum Wiesbaden und dem Wiesbadener Kurier.

Weitere Informationen: Deutsches FernsehKrimi-Festival

„Das wächst in deiner Stadt – #Krautschau“ Neues Stadtnatur-Buch von Julia Krohmer und Alexandra-Maria Klein erschienen

das-waechst-in-deiner-stadt-kosmosFrankfurt, 17.03.2023. Mauerblümchen, Ritzenrebellen und Co: Das neue Buch „Das wächst in deiner Stadt“ bietet urbane Vielfalt buchstäblich zum Niederknien. Der Naturführer von Senckenbergerin Dr. Julia Krohmer und Prof. Dr. Alexandra-Maria Klein von der Universität Freiburg richtet den Blick auf die unzähligen kleinen Kräuter und Gräser in den Ritzen, Fugen und Ecken der Städte. Das Bestimmungsbuch lädt alle Menschen dazu ein, genauer hinzusehen – denn viele nehmen Pflanzen, wenn überhaupt, nur als grünen Hintergrund oder Straßenbegleitgrün wahr. Dies soll sich nun dank des gerade erschienenen Buches ändern.

An das letzte Tier, das sie gesehen haben, erinnern sich die meisten Menschen. Aber wie ist das bei der letzten Pflanze? Viele nehmen Pflanzen eher als Hintergrund oder grüne Dekoration war. Nur die wenigsten achten auf die Form der Blätter oder eine besondere Wuchsform. Diese sogenannte „Plant Blindness“ führt zur mangelnden Wertschätzung von Pflanzen und zu einem begrenzten Interesse an ihrem Schutz und ihrer Bewahrung – fatal gerade in den Städten, wo Pflanzen dringend gebraucht werden, um die Folgen des Klimawandels abzumildern. Ein neuer Stadtnaturführer lädt dazu ein, gegen diese „Pflanzenblindheit“ vorzugehen, den Blick vom Smartphone eine Etage tiefer zu richten – und zu staunen, was am Boden alles wächst!

„Wer hinschaut, findet sogar in unseren von Beton und Asphalt geprägten Innenstädten überall Leben: Winziges, zähes Grün wächst, zwischen Pflastersteinen, in Rinnsteinfugen und Mauerritzen. Und eben nicht nur Grün, sondern eine Vielzahl von Kräutern, Gräsern und Moosen“, erläutert Krohmer und fährt fort: „In Deutschland haben sich etwa 500 Arten an diese extremen Bedingungen angepasst und stellen, in dem sie Tritt- und Fahrbelastung, Hitze, Bodenverdichtung und Verschmutzung trotzen, wertvolle Mikro-Ökosysteme für zahlreiche Insekten und andere Organismen dar. Die meisten der städtischen ‚Unkräuter‘ liefern reichlich Nektar und Pollen. Viele blühen schon sehr früh im Jahr und sind deshalb als Nahrungsquelle gerade dann wichtig, wenn es noch wenige Blüten für Insekten gibt. Kaum zu unterschätzen ist auch die Bedeutung der Pflasterfugenvegetation als Trittsteinbiotop für die Verbindung von Lebensräumen in der stark zerschnittenen Stadtumgebung.“

Auch für den Menschen sind die „Ritzenrebellen“ laut der Autorinnen vielfältig nützlich: Ein dichter Bewuchs in den Fugen des Kopfsteinpflasters erhöht dessen Festigkeit. Grüne Fugen nehmen Oberflächenwasser auf, erhöhen die Versickerung und binden Staub. An heißen Sommertagen tragen sie beträchtlich zur Kühlung der gepflasterten Flächen bei – sogar im zweistelligen Grad-Bereich. „Und außerdem sind sie, spätestens auf den zweiten Blick, auch einfach schön, nicht nur durch ihre Blüten, sondern auch durch die Formenvielfalt ihrer Blätter“, ergänzt die Senckenbergerin.

Am Beispiel von Frankfurt am Main lässt sich zeigen, dass die Flächen, um die es hier geht, gar nicht unbeträchtlich sind. Im öffentlichen Raum nehmen die gepflasterten Areale circa zwei Prozent der Stadtfläche ein, das sind rund sechseinhalb Quadratkilometer. Bei den 63 verschiedenen Pflastertypen beträgt der Anteil der Fugenfläche je nach Typ 15 bis 35 Prozent, was dann stadtweit ein bis zwei Quadratkilometern entspricht – zum Vergleich: die sieben Frankfurter Naturschutzgebiete haben eine Gesamtfläche von etwas über einem Quadratkilometer. Im Rahmen einer 2013 bei Senckenberg durchgeführten Masterarbeit wurden in diesem Habitat 317 Pflanzenarten gefunden, was fast einem Viertel der gesamten Flora Frankfurts entspricht – auf weniger als einem Prozent der Stadtfläche!

„Dieses Beispiel verdeutlicht, wie vielfältig und wertvoll dieser von den meisten Menschen komplett übersehene Habitattyp ist. Durch die Klimaerwärmung verändert sich die städtische Flora beträchtlich. Gleichzeitig bietet die Fugenvegetation ein großes Potential, den Anteil von Grün im besiedelten Bereich zu erhöhen, etwa durch breitere Fugen oder die Verwendung von Rasengittersteinen. Vor diesem Hintergrund ist es wünschenswert, dass sich künftig viel mehr Menschen mit diesem buchstäblich mit Füßen getretenen Lebensraum und seinen Pflanzen beschäftigen“, so Klein.

Die Autorinnen Klein und Krohmer führen in ihrem Buch einladend und niederschwellig an die omnipräsenten pflanzlichen Überlebenskünstler heran. Das handliche Bestimmungsbuch stellt die häufigsten Stadtpflanzen anschaulich und originell vor. Zwei Abbildungen zu jeder Art zeigen die Pflanzen in ihrem städtischen Lebensraum und als „Idealform“ mittels einer Illustration. Kurze Texte liefern die wichtigsten Erkennungsmerkmale und Eigenschaften sowie Wissenswertes zu jeder Art.

„Das wächst in Deiner Stadt“ ist zudem ein Mitmachbuch zur Stadtbotanik-Aktion #Krautschau, die seit 2020 auch in Deutschland immer beliebter wird und mehr Bewusstsein für die Präsenz von Wildpflanzen im urbanen Raum und für die Bedeutung von Natur in den Städten schafft. Senckenberg lädt auch dieses Jahr, rund um den Internationalen Tag der biologischen Vielfalt am 22. Mai, zu einer bundesweiten Aktionswoche vom 18. bis 29. Mai zum Mitmachen ein und möchte alle Botanik-Begeisterten und Mauerblümchen-Fans dazu animieren, den pflanzlichen „Ritzenrebellen“ mit bunter Kreide vor Ort Aufmerksamkeit zu verschaffen, die Beschriftung zu fotografieren und in den sozialen Medien zu teilen. Der neu erschienene Naturführer ist hierbei eine perfekte Hilfe! Mehr dazu unter: www.senckenberg.de/krautschau

Aktivitäten rund ums Jubiläum zur 75. Frankfurter Buchmesse starten am 15.März 2023

EDzw4Eu0Mdu7d3Mk2uqGIw-450In diesem Jahr feiert die Frankfurter Buchmesse (18.-22. Oktober) das Jubiläum ihres 75jährigen Bestehens.  Mit der Veröffentlichung einer Chronik ihrer wechselvollen Geschichte von der Neugründung 1949 in Frankfurt unter Beteiligung von 205 deutschen Verlagen als kleine Bücherschau bis zur internationalen größten Bücherschau der Welt, startet die Buchmesse ab 15. März 2023 ihre Jubiläumskampagne. Diese wird medial und im Laufe des Jahre im städtischen Raum öffentlich sichtbar sein und an die Wiederanfänge in den Ruinen der vom Krieg schwer beschädigten Paulskirche erinnern.

35. Buchmesse - Impression 1983, die große Zeit der größtenteils noch konzernunabhängigen Publikumsverlage, die in Halle 5 und 6 ihre Titel präsentierten. "Es war die 35. Buchmesse in Frankfurt (seit deren provisorischer Premiere im Jahre 1949). Es war mit annähernd 300 000 Titeln wieder einmal die größte, aber es war auch die erste "in diesem unserem Land", und man merkte es ihr an. Die Frankfurter Buchmesse ist ja nicht zuerst Bücherschau, Verlegertreff, Lizenzenmarkt (und schon längst nicht mehr Bestell-, kaum noch Nachbestell-Messe) – sie ist Gesellschafts-Seismograph, politisches Stimmungsbarometer. Sie sagt deutlicher als Wahlen oder Demonstrationen, Warnstreiks und Kundgebungen, was Sache ist in westdeutschen Geistern, Gustos und Gemütern. Und dieser Buchherbst 1983 zeigte – entwaffnet und entwaffnend – ein großes Harmoniebedüifnis, das von links bis in die konservative Ecke reicht." (Dieter Hildebrandt, Kabarettist, Die Zeit 21. Oktober 1983) © Foto Diether von Goddenthow
35. Buchmesse – Impression 1983, die große Zeit der größtenteils noch konzernunabhängigen Publikumsverlage, die in Halle 5 und 6 ihre Titel präsentierten. „Es war die 35. Buchmesse in Frankfurt (seit deren provisorischer Premiere im Jahre 1949). Es war mit annähernd 300 000 Titeln wieder einmal die größte, aber es war auch die erste „in diesem unserem Land“, und man merkte es ihr an. Die Frankfurter Buchmesse ist ja nicht zuerst Bücherschau, Verlegertreff, Lizenzenmarkt (und schon längst nicht mehr Bestell-, kaum noch Nachbestell-Messe) – sie ist Gesellschafts-Seismograph, politisches Stimmungsbarometer. Sie sagt deutlicher als Wahlen oder Demonstrationen, Warnstreiks und Kundgebungen, was Sache ist in westdeutschen Geistern, Gustos und Gemütern. Und dieser Buchherbst 1983 zeigte – entwaffnet und entwaffnend – ein großes Harmoniebedüifnis, das von links bis in die konservative Ecke reicht.“ (Dieter Hildebrandt, Kabarettist, Die Zeit 21. Oktober 1983) © Foto Diether von Goddenthow

Die Jubiläumskampagne wird wichtige historische Kontroversen ebenso wie große Momente demokratischen Aufbruchs noch einmal vor Augen führen. Sie stellt dar, wie es aus aller Welt die Prominenz des Geistes ebenso wie die des Glamours nach Frankfurt zog. Neben bekannten und neuen literarischen Stimmen, die in Frankfurt ihre Bücher präsentierten, traten zahlreiche bekannte Autor und Autorinnen und Persönlichkeiten wie z.B. Salman Rushdie, Chimamanda Ngozi Adichie, Mohsin Hamid und Olga Tokarczuk auch als Sprecher auf der Buchmesse auf. Die Chronik zeigt, wie Bundeskanzler Adenauer hier seine Bücher präsentierte, aber auch der Jahrhundertsportler Muhammad Ali oder die Grande Dame des deutschen Chansons Hildegard Knef ihre frühen Biografien. Starke Bilder und prägnante Texte feiern die Wirkungsgeschichte der Frankfurter Buchmesse – richten aber auch den Blick in die Zukunft, denn: “the story goes on!”

Zum Auftakt der Woche der Meinungsfreiheit (3. bis 10. Mai 2023) planen die Stadt Frankfurt, der Börsenverein des Deutschen Buchhandels und die Frankfurter Buchmesse am Mittwoch, den 3. Mai in der Frankfurter Paulskirche eine gemeinsame Veranstaltung.

fvkXvS1ETc5odSlz9WixZg-450Ein Blick in die Chronik auf www.buchmesse.de/chronik zeigt, dass die Frankfurter Buchmesse von Anfang an im Spannungsfeld eines zugleich wirtschaftlichen und politisch-kulturellen Großereignisses stand. Sie wurde als Resonanzraum des intellektuellen und interkulturellen Austauschs begriffen und hat sich als solcher bis heute bewährt. Politiker, Kulturschaffende und Autorn teilen ihren ganz eigenen Blick auf kulturpolitische Themen und die Welt, inspirieren das Publikum und eröffnen neue Perspektiven. Die Themen sind vielfältig und immer am Puls der Zeit. Bereits 1953 besuchten mehr internationale als nationale Aussteller die Messe und zeigten damit die immer stärker werdende internationale Vernetzung. In den 1960er Jahren erregten die Studierendenproteste auch auf dem Messegelände Aufsehen, während im folgenden Jahrzehnt die Forderungen von Frauen für mehr Gleichberechtigung sichtbarer wurden.

Die 1980er und 1990er Jahre waren geprägt von der Weiterentwicklung der elektronischen Medien, gleichzeitig standen sie spürbar im Zeichen zunächst noch des Kalten Krieges und dann der Wiedervereinigung. 1999, zehn Jahre nach dem Fall des Eisernen Vorhangs, präsentierte Ungarn in Frankfurt seine Kultur – als erstes osteuropäisches Land überhaupt. Und je wichtiger der globale Transfer von Rechten und Lizenzen für die Branche wurde, umso wichtiger wurde Frankfurt als Handelsplatz, als Treffpunkt und Drehkreuz.

Messe-Impression © Foto Diether von Goddenthow
Messe-Impression © Foto Diether von Goddenthow

Zu Beginn des neuen Jahrtausends überschatteten die Terroranschläge vom 11. September 2001 auch das Geschehen auf dem Messegelände. In dieser von Unsicherheiten und Neuorientierung geprägten Atmosphäre unterstrich die Frankfurter Buchmesse die Relevanz für den interkulturellen Dialog und das Brückenbauen und war sich ihrer politischen Verantwortung bewusst.

2009 stand die Frankfurter Buchmesse aufgrund des Gastlandauftritts von China in der Kritik. Bundeskanzlerin Angela Merkel griff das Thema in ihrer Eröffnungsrede prominent auf. Sie betonte, dass auch China sich den kritischen Fragen zur Meinungsfreiheit stellen müsse.

In den 2010er Jahren funktionierte in Frankfurt der Handel mit Rechten und Lizenzen bereits in alle Richtungen. Buch, Film, Game, Musik, Bild, Illustration, sogar Merchandising – alle diese für das Geschäft mit Inhalten entscheidenden Märkte waren nun Teil der Messe. Hauptthema der Gespräche, Podiumsdiskussionen und Vorträge blieb die Digitalisierung: E-Book, enhanced E-Book, App, Crowdfunding, Fanfiction, 360°-Storytelling, Social DRM, Selfpublishing, Metadaten, Agency-Modell – die Professionalisierung und Transformation im Markt brachte es mit sich, dass die Liste der Aufgaben für die Buchbranche jedes Jahr länger wurde.

Mitte: Angela Merkel und Emmanuel Macron © Foto Diether von Goddenthow
Mitte: Angela Merkel und Emmanuel Macron © Foto Diether von Goddenthow

2017 reisten Angela Merkel und Emmanuel Macron an. In einer denkwürdigen Rede betonte der französische Staatspräsident die Kraft der Vielfalt und schlug eine europaweite Bildungsoffensive vor. Er forderte dazu auf, eine Vision für ein kulturell und politisch geeintes Europa zu entwickeln. Anschließend besuchten die deutsche Bundeskanzlerin und der französische Staatspräsident die Ausstellung des Gastlands Frankreich, wo sie gemeinsam auf einer nachgebauten Gutenberg-Presse die erste Seite der Menschenrechtserklärung druckten.

Und auch heute, nach krisenreichen Covid19-Jahren, stehen weiterhin die großen Fragen der Gegenwart im Fokus der Frankfurter Buchmesse: Krieg in Europa, Klimawandel, struktureller Rassismus, die Freiheit des Wortes, Menschen-, Frauen- und Kinderrechte, Diversität, digitale Transformation und vieles mehr. Die Jubiläumsmesse 2023 wird in den polarisierenden Zeiten der internationalen Brüche wieder Räume für Verständigung und Dialog schaffen und wichtige literarische und gesellschaftspolitische Botschaften in die Welt senden.

Zur Chronik der Frankfurter Buchmesse: www.buchmesse.de/chronik

Deutschlands Verzeichnis des Immateriellen Kulturerbes erweitert

© UNESCO/Acervo PCR
© UNESCO/Acervo PCR

Ob Capoeira in Brasilien, Yoga in Indien oder Reggae in Jamaika – sie alle gehören zum Immateriellen Kulturerbe der Menschheit.

13 Neuaufnahmen zeigen kulturelle Vielfalt der Bundesrepublik

Die Kulturministerkonferenz hat heute gemeinsam mit der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien die Auswahlempfehlungen des Fachkomitees Immaterielles Kulturerbe der Deutschen UNESCO-Kommission bestätigt. Das Bundesweite Verzeichnis des Immateriellen Kulturerbes wird damit um 13 Einträge erweitert. Aufgenommen wurden unter anderem die Hip-Hop-Kultur in Heidelberg, der Zirkus als eine Form Darstellender Kunst und der Bau des Spreewaldkahns. Darüber hinaus wurden zwei Modellprogramme gewürdigt, die beispielhaft zeigen, wie das Immaterielle Kulturerbe bewahrt werden kann. Das Bundesweite Verzeichnis umfasst damit insgesamt 144 Formen gelebter Kultur in Deutschland.

„Der internationale Ruf Deutschlands beruht nicht nur auf herausragenden Ingenieurleistungen und Erfindergeist, sondern auch auf dem in Jahrhunderten gewachsenen kulturellen Erbe. Mit der Neuaufnahme von 13 Kulturformen in das Bundesweite Verzeichnis wird einmal mehr die kulturelle Vielfalt Deutschlands deutlich. Sie gibt den Menschen die Möglichkeit, ihre Kultur und ihre Traditionen zu leben und weiterzuentwickeln. Solche Räume stiften Identität und Heimat und damit die Grundlage für ein gutes Zusammenleben in einer modernen offenen Gesellschaft“, betont der Vorsitzende der Kulturministerkonferenz und niedersächsische Minister für Wissenschaft und Kultur Falko Mohrs.

„Ich freue mich, dass das Immaterielle Kulturerbe in Deutschland heute Zuwachs bekommen hat. Kultur zu leben bedeutet, Gemeinschaft zu stiften. Das ist eine Auszeichnung für all diejenigen, die ihr Wissen und Können weitergeben und sich damit Tag für Tag für den gesellschaftlichen Zusammenhalt stark machen. Dass dieses großartige Engagement seit mittlerweile zehn Jahren von Bund und Ländern gewürdigt wird, zeigt uns, wie vielfältig und kreativ das kulturelle Leben in Deutschland ist“, erklärt Christoph Wulf, Vorsitzender des Fachkomitees Immaterielles Kulturerbe in Deutschland und Vizepräsident der Deutschen UNESCO-Kommission.

Die UNESCO unterstützt seit 20 Jahren die Weitergabe, die Dokumentation und den Erhalt lebendiger Traditionen aus den Bereichen Tanz, Theater, Musik, Naturwissen, von Handwerkstechniken und mündlichen Überlieferungen. Deutschland gehört dem UNESCO-Übereinkommen zur Erhaltung des Immateriellen Kulturerbes seit zehn Jahren an. Das Bundesweite Verzeichnis des Immateriellen Kulturerbes zeigt exemplarisch, welche lebendigen kulturellen Traditionen und Ausdrucksformen in Deutschland praktiziert und weitergegeben werden.

Elf lebendige Traditionen wurden ins Bundesweite Verzeichnis des Immateriellen Kulterbes aufgenommen:

Zwei gute Praxisbeispiele zum Erhalt Immateriellen Kulturerbes werden ins Bundesweite Verzeichnis eingetragen:
Hintergrund

Das Übereinkommen zur Erhaltung des Immateriellen Kulturerbes wurde 2003 von der Generalkonferenz der UNESCO in Paris verabschiedet. Bis heute haben 180 Staaten den Vertrag ratifiziert. Deutschland gehört der UNESCO-Konvention seit 2013 an.

Das Bundesweite Verzeichnis des Immateriellen Kulturerbes würdigt kreative, inklusive und innovative Kulturformen, die von der Zivilgesellschaft dem Fachkomitee Immaterielles Kulturerbe der Deutschen UNESCO-Kommission vorgeschlagen werden. Über Aufnahmen in das Verzeichnis wird regelmäßig in einem mehrstufigen Verfahren entschieden.

Einzelne Elemente aus den nationalen Verzeichnissen der Vertragsstaaten können für eine von drei internationalen UNESCO-Listen des Immateriellen Kulturerbes vorgeschlagen werden. Dazu gehören etwa die Saunakultur in Finnland, der Reggae aus Jamaika und das Bauhüttenwesen, das auf Vorschlag von Frankreich, Norwegen, Österreich, der Schweiz und Deutschland in das internationale UNESCO-Register guter Praxisbeispiele für den Erhalt Immateriellen Kulturerbes aufgenommen wurde.

Weitere Informationen:

Binding-Kulturpreis 2023 geht an Lichter Filmkultur e. V. / Lichter Filmfest Frankfurt International

Frankfurt, 3. März 2023. Das Kuratorium der Binding-Kulturstiftung hat entschieden, den mit 50.000 Euro dotierten Binding-Kulturpreis 2023 an den Lichter Filmkultur e. V. und sein Lichter Filmfest Frankfurt International zu verleihen. Die feierliche Übergabe des Preises findet am 17. Juni in der Frankfurter Paulskirche statt.

Mit dem Binding-Kulturpreises würdigt das Kuratorium der Binding-Kulturstiftung das ausdauernde Engagement des Vereins Lichter Filmkultur für die regionale Film- und Kulturszene und für neue filmpolitische Ansätze in Deutschland. Seit dem ersten Lichter Filmfest Frankfurt International im März 2008 – gegründet von Gregor Maria Schubert, Frank Stephan Limbach, Alexander Dumitran, Cordula Mack und Mark Liedtke – hat die Gruppe großes Gespür für aktuelle Tendenzen im Film und für die regionale Filmszene bewiesen.

„Wir würdigen einen Verein, der seit dem Start im einstigen Atelierfrankfurt an der Hohenstaufenstraße eine Lücke in der hiesigen Festivallandschaft geschlossen, unter der Leitung von Johanna Süß und Gregor Maria Schubert mit großem Engagement stetig ausgebaut und dadurch großes Renommee über die Stadtgrenzen Frankfurts gewonnen hat“, so Bergit Gräfin Douglas, Vorstandsvorsitzende der Binding-Kulturstiftung.

Heute zeigt der Verein Lichter Filmkultur unter einem jährlich wechselnden Festivalmotto sorgfältig ausgewähltes internationales Arthouse-Kino, ein Portfolio regionaler Lang- und Kurzfilme, Virtual Reality-Produktionen sowie mit dem von Saul Judd kuratierten Lichter Art Award ausgewählte Videokunst in einem eigenen Wettbewerb.

Untrennbar mit dem Festival verbunden ist der stete Wille, in die Stadt Frankfurt und ihre umliegende Region hineinzuwirken. So hat der Verein Lichter Filmkultur immer wieder ungewohnte Orte für den Film erschlossen und mit der Initiative „Erster Stock“ im einstigen inzwischen aufgegebenen Kino Turmpalast temporäre Kulturorte geschaffen.

Das Lichter Filmfest bespielt wiederum verlassene Bürogebäude und Leerstände inmitten der Stadt Frankfurt, neben Kinos. An diesen temporären Orten wird ein Austausch über das Gesehene, über den Film und seine Möglichkeiten, über die Stadt und ihre Kultur ermöglicht, meist bei Speisen, Getränken und Musik.

Dieses Anliegen setzt der Verein Lichter Filmkultur mit dem Freiluftkino Frankfurt konsequent fort, das in den vergangenen Jahren unter anderem den Innenhof des verlassenen alten Polizeipräsidiums bespielt hat und damit – wie das Festival selbst – auch in die Region wirkt, etwa nach Rüsselsheim. Mit dem „High Rise Cinema“ ist im Jahr 2022 eine weitere, höchst erfolgreiche Sommerkinoreihe hinzugekommen, die Dachterrassen Frankfurter Hochhäuser zu Freilichtkinos macht.

Parallel zum Lichter Filmfest engagiert sich der Verein Lichter Filmkultur seit dem Jahr 2018 mit dem Kongress „Zukunft Deutscher Film“ und einer zugehörigen Filmreihe für eine Reform der Filmförderung sowie Erneuerung der Filmkultur. Seit den ersten „Frankfurter Positionen zur Zukunft des deutschen Films“ sind mehrere, durchaus auch kontrovers diskutierte Publikationen erschienen. Damit arbeitet der Verein Lichter Filmkultur am selbst gestellten Anspruch, einen „Brückenschlag zwischen Film, künstlerischen Ausdrucksformen und gesellschaftlichem Dialog“ zu leisten.

Mit der Entscheidung für den Verein Lichter Filmkultur und seinem Lichter Filmfest Frankfurt International als Träger des Binding-Kulturpreis 2023 setzt die Binding-Kulturstiftung erneut ein Zeichen für die Verbundenheit mit den Kulturschaffenden in der Binding Heimatregion.

Binding-Kulturpreisträger
2023 Lichter Filmkultur e. V. / Lichter Filmfest Frankfurt International
2022 Anne Imhof2021 ID_Frankfurt e. V. (Independent Dance and Performance)
2020 Junge Deutsche Philharmonie
2019 Frankfurter Kunstverein
2018 Tigerpalast Frankfurt
2017 Kinothek Asta Nielsen
2016 Verlag Schöffling & Co.
2015 Max Hollein
2014 Verlag der Autoren
2013 Das Jazz-Duo Heinz Sauer und Michael Wollny
2012 Atelier Goldstein
2011 Willy Praml
2010 Dr. Günther Rühle
2009 Das Freie Deutsche Hochstift / Frankfurter Goethe Museum
2008 Heiner Goebbels
2007 Michael Quast
2006 Die Architekturklasse der Städelschule und Professor Ben van Berkel
2005 Literaturhaus Frankfurt e. V.
2004 Professor Dr. Hans Günther Bastian und Karl Rarichs
2003 Die Kernmitglieder der „Neuen Frankfurter Schule“: F. W. Bernstein, Bernd Eilert, Robert Gernhardt, Peter Knorr, Chlodwig Poth, Hans Traxler und Friedrich Karl Waechter
2002 Die Maler der Quadriga: Karl Otto Götz, Heinz Kreutz, Otto Greis und Bernard Schultze
2001 Stroemfeld-Verlag Frankfurt/Basel
2000 Cäcilien-Chor, Frankfurter Singakademie und Frankfurter Kantorei
1999 Künstlerhaus Mousonturm
1998 Professor Kasper König
1997 Thomas Bayrle, William Cochran, Wolfgang Deichsel
1996 Ensemble Modern

Mitglieder des Kuratoriums
Torsten Becker
Professor Heiner Goebbels
Dr. Stefanie Heraeus
Eva-Maria Magel
Olga Martynova
Professor Dr. Ulrich Raulff

„Sprung ins Grüne“ Ausstellung zum Realisierungswettbewerb Landesgartenschau Neustadt 2027

Foto: Atelier Loidl, Berlin
Foto: Atelier Loidl, Berlin

Sprung ins Grüne – Das Motto der Landesgartenschau 2027 in Neustadt. Das Landesgartenschaugelände soll ein ökologisch und sozial integriertes Naherholungsgebiet werden, das einen sinnstiftenden und nachhaltigen Mehrwert für die ganze Stadt mit sich bringt. Hierfür wurde ein landschaftsarchitektonischer Wettbewerb ausgerufen, bei dem Landschaftsarchitekten oder Stadtplaner in Teams ihre Konzeptideen präsentieren konnten. Das Planungsbüro Atelier Loidl aus Berlin ist der Sieger des landschaftsarchitektonischen Wettbewerbs zur Gestaltung des Landesgartenschaugeländes in Neustadt an der Weinstraße. Insgesamt 20 Landschaftsarchitekturbüros hatten sich beworben, 15 davon haben ihre Ideen zur Gestaltung des Geländes eingereicht. Die Arbeiten werden im Brückenturm ausgestellt und sind parallel zur Ausstellung „Schwimmende Gärten“ bis zum 14. April 2023 zu sehen.
Begrüßung durch Daniela Schmitt, Ministerin für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau des Landes Rheinland-Pfalz. Prof. Ulrike Kirchner, Landschaftsarchitektin und Geschäftsführerin Kompetenznetzwerk Wissenschaft für den Wiederaufbau (WfdW), Hochschule Koblenz, wird von der Jury-Arbeit berichten. Das Projekt vorstellen wird Felix Schwarz, Landschaftsarchitekt, Partner und Geschäftsführer, Atelier Loidl Landschaftsarchitekten Berlin mbH, im anschließenden Austausch mit Andy Becht, Bernhard Adams und Prof. Ulrike Kirchner.

Das Zentrum Baukultur in Mainz lädt herzlich ein zur Ausstellungseröffnung „Wettbewerb Landesgartenschau Neustadt 2027″ am 15. März 2023, 18.30 Uhr (Laufzeit bis 14.April 2023)
Ort:
Zentrum Baukultur im Brückenturm
Rheinstraße 55
55116 Mainz

Frankfurt Pavilion der Frankfurter Buchmesse erhält Martin-Elsaesser-Plakette 2023

Frankfurt Pavilion der Frankfurter Buchmesse. © Foto Diether von Goddenthow
Frankfurt Pavilion der Frankfurter Buchmesse. © Foto Diether von Goddenthow

Unter dem Titel „Große Häuser, kleine Häuser – Ausgezeichnete Architektur in Hessen 2018–2023“ werden 2023 zehn Bauten mit der „Martin-Elsaesser-Plakette“ ausgezeichnet. Darunter auch der Frankfurt Pavilion, die kulturpolitische Bühne der Frankfurter Buchmesse auf der Agora. Anlässlich der 70. Buchmesse wurde der Bau 2018 an das renommierte Frankfurter Architekturbüro schneider+schumacher vergeben. Mit seinen 500 Quadratmeter Grundfläche, 6,5 Meter Höhe und einer selbsttragenden Holzkonstruktion mit lichtdurchlässiger Membran ist der Frankfurt Pavilion zum Wahrzeichen der Buchmesse geworden. Dabei erlauben drei Eingänge ein zwangloses Kommen und Gehen, zugleich sorgt der Pavillon für eine dezente Abschirmung gegenüber dem Messetreiben und schafft eine Atmosphäre der Konzentration. Hier fanden im Oktober 2022 Veranstaltungen zu aktuellen kulturpolitischen Themen statt, u.a. zur Wehrhaftigkeit der Demokratien, zur Diversität in der Medien- und Kulturbranche, zum Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine und zur russischen Opposition im Exil.

Die Jury würdigte in ihrer Begründung die „erstaunlich einfache und zugleich kluge Fügung aus drei muschelförmigen Körpern in einer Holz-Rippenkonstruktion.“ Sie schaffe eine besondere und überraschende Atmosphäre im Inneren.

Innenansicht: Frankfurt Pavilion der Frankfurter Buchmesse. © Foto Diether von Goddenthow
Innenansicht: Frankfurt Pavilion der Frankfurter Buchmesse. © Foto Diether von Goddenthow

„Es ist uns eine große Freude, für den ikonischen Frankfurt Pavilion diese Anerkennung zu erhalten. Literatur braucht gute Orte war unsere Leitidee dabei. Das Büro schneider+schumacher und die Frankfurter Buchmesse als Auftraggeber haben sich für diesen fliegenden Bau mit einer selbsttragenden Holzkonstruktion und damit für Nachhaltigkeit entschieden. Die Martin-Elsaesser-Plakette bestätigt uns darin, auch zukünftig mutig in neue Bauten und Stände zu investieren“, sagt Lars Birken-Bertsch, Head of Cooperations & Programmes der Frankfurter Buchmesse zur Auszeichnung.

Der Frankfurt Pavilion wurde bereits mit diesen Auszeichnungen bedacht:
Design Educates Awards 2021, Honorable mention
AIT-Award, Finalist
DAM Preis 2019, Nominierung
Iconic Awards 2019
GEPLANT + AUSGEFÜHRT, 2. Platz
International Design Awards, Gold
Gute Gestaltung 19, Bronze
Link zum Pavillon: https://www.schneider-schumacher.de/projekte/project-details/806-frankfurt-pavilion/

Über die Martin-Elsaesser-Plakette
Zugelassen zur Jurysitzung der Martin-Elsaesser-Plakette 2023 waren Bauten jeglicher Größe und Nutzung, die zwischen 2018 und Januar 2023 fertig gestellt wurden und ihren Standort in den Städten Frankfurt am Main oder Offenbach am Main oder in den Landkreisen Offenbach oder Main-Kinzig haben.

Der Jury 2023 gehörten an:

  • Bernhard Bangert, Architekt BDA, Hochheim am Main, Vorsitzender BDA Wiesbaden
  • Jan Friedrich, Journalist (Bauwelt)
  • Ute Günzel, Architektin BDA, Darmstadt
  • Prof. Heinrich Lessing, Architekt BDA, Mainz, Frankfurt UAS
  • Dilek Ruf, Architektin BDA, Hannover, Landesvorsitzende BDA Niedersachsen

Ausgezeichnet wurden diese zehn Bauten:
LUC – Umbau und Erweiterung eines Reihenhauses, Frankfurt am Main
Stylepark – Neubau am Peterskirchhof, Frankfurt am Main
Schloßstraße, Frankfurt am Main
Hof im Hof, Frankfurt am Main
Sporthalle Gymnasium Schillerschule, Frankfurt am Main
Neugestaltung Senckenberg, Frankfurt am Main
Deutsches Romantik-Museum, Frankfurt am Main
Rathaus Hainburg, Hainburg
Neue Geschäftsstelle des BDA Hessen – Umbau, Frankfurt am Main
Frankfurt Pavilion, Frankfurt am Main

Die Plaketten werden am Freitag, 5. Mai 2023 im Interimsquartier des Deutschen Architekturmuseum DAM in Frankfurt am Main an die Bauherrschaft sowie an die Architektinnen und Architekten der ausgezeichneten Bauten überreicht.