Kategorie-Archiv: 40. bundesweite Interkulturelle Woche

Kardinal Lehmanns grandioser Abschied zum 80. Geburtstag am Pfingstmontag, 16. Mai 2016 im Mainzer Dom u. Rheingoldhalle

Kardinal Lehmann Foto Diether v. Goddenthow © massow-picture
Kardinal Lehmann Foto Diether v. Goddenthow © massow-picture

Schulz: „Eine Institution in Deutschland“
80. Geburtstag von Kardinal Lehmann gefeiert / Papst hat Rücktritt angenommen

Mainz. Vertreter aus Kirche, Wissenschaft, Politik, Medien und Gesellschaft haben den Mainzer Bischof, Kardinal Karl Lehmann, anlässlich seines 80. Geburtstages am Pfingstmontag, 16. Mai, gewürdigt. Aus diesem Anlass fanden ein Festgottesdienst im Mainzer Dom mit 1.200 Gästen sowie ein Festakt in der Mainzer Rheingoldhalle mit 1.500 Gästen statt. Zudem gab der Apostolische Nuntius, Erzbischof Dr. Nikola Eterović, am Ende des Gottesdienstes bekannt, dass Papst Franziskus das Rücktrittsgesuch von Kardinal Lehmann angenommen hat. Dies wurde auch um 12.00 Uhr offiziell durch den Vatikan verkündet. Damit ist der Mainzer Bischofsstuhl ab Dienstag, 17. Mai, vakant.

Laudationes von Martin Schulz und Thomas Söding

Der Präsident des Europäischen Parlaments, Martin Schulz, würdigte Kardinal Lehmann als eine „Institution in Deutschland“, die „viel Wegweisendes geleistet“ habe. „Kardinal Lehmann gibt Orientierung in Zeiten großer Orientierungslosigkeit. Er lebt das Gebot der Nächstenliebe sichtbar, während mancherorts der kalte Egoismus Konjunktur hat. Er baut Brücken, wo andere Gräben vertiefen“, sagte Schulz in seiner Festansprache in der Rheingoldhalle. Schulz erinnerte daran, dass Lehmann in einer Zeit geboren wurde, „in der totalitäre und rassistische Ideologien auf unserem Kontinent Hochkonjunktur hatten“. Wie viele andere seiner Generation sei Lehmann „ein mutiger, weltoffener, zuversichtlicher, ja ein so wunderbarer Mensch geworden. Sie haben das Gute in sich und Sie spenden vielen Menschen Trost, wenn sie verzagt sind.“

Er wünsche sich, dass „wir von Ihnen lernen“, sagte Schulz. „Dass wir wieder erkennen mögen, dass wir Demokratien in und mit diesem Europa geschaffen haben, und alle Menschen so die Chance auf ein freies und glückliches Leben bekommen, während der Rückfall in nationale Egoismen in einer erneuten Katastrophe enden könnte.“ Weiter sagte Schulz: „Ich wünsche mir, dass wir uns von Ihrer Zuversicht anstecken lassen. Dass wir also anpacken, wenn uns dieses Europa manchmal ärgert, wir es dann aber besser machen, also noch gerechter, noch demokratischer und noch freier und es nicht ablehnen. Dies sollten wir mit Freude und Zuversicht tun und nicht mit einer Rhetorik, die schlechtgelaunt alle Fehler bei den Anderen und bei Minderheiten sucht. Ich wünsche mir, dass wir den Glauben an uns selbst wiederfinden und bin mir sicher, dass Sie, lieber Kardinal Lehmann, dabei uns allen ein wichtiges Vorbild sein können.“

Dr. Thomas Söding, Professor für Neutestamentliche Exegese an der Ruhr-Universität Bochum, würdigte in seiner Festansprache den Theologen Karl Lehmann. „Sie nutzen Ihre bischöfliche Autorität nicht, um die Theologie in die Schranken zu weisen, sondern um ihr ein Forum zu geben. Erst lernen, dann lehren – das ist Ihre Devise: mit einem großen Herzen und einem klaren Kopf“, sagte Söding. Lehmann sei „Priester und Professor“ gewesen: „Sie haben als einer der führenden Theologen den akademischen gegen den episkopalen Katheder getauscht – nicht aus Frust, sondern mit Lust. Sie sind der akademischen Profession nach Philosoph und Dogmatiker, verstehen aber die pastorale Praxis nicht nur als Bewährungsfeld, sondern auch als Entdeckungsort der Theologie.“ Sein theologisches Denken sei von den „Realitäten des Lebens“ geprägt, seine Fähigkeit, Menschen anzusprechen, „ein theologisches Kriterium erster Güte“. „Was bei anderen Anekdote bliebe, wird bei Ihrem Bischof zum Argument, weil er ein theologisches Koordinatensystem ausgebildet hat, das es ihm erlaubt, menschliche Erfahrungen mit der Suche nach Gott zu verbinden“, sagte Söding.

Lehmanns Amtszeit als Theologe, Bischof und Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz sei ein „Charakteristikum“ der Bonner und Berliner Republik gewesen: „Es spiegelt die große Bedeutung der Theologie in der Kirche seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil. Es gibt der Ökumene starken Auftrieb. Es schadet der politischen Kultur in Deutschland nicht, zu sehen, dass auch Katholiken denken können, und dass sie bis zu ihren höchsten Repräsentanten auf eine ethisch sensible und spirituell aufgeschlossene Rationalität setzen, die sich in einer pluralistischen Demokratie verständlich machen kann.“ Lehmann stehe für eine „aufgeklärte Theologie“, „die der Politik hilft, sich auf das zu konzentrieren, was sie kann und soll, weil sie davon entlastet wird, sich selbst legitimieren zu müssen.“

Grußworte von Nuntius Eterović, Kardinal Marx und Kirchenpräsident Jung

Vor dem Festakt war im Mainzer Dom ein festliches Pontifikalamt gefeiert worden. Der Apostolische Nuntius, Erzbischof Eterović, überbrachte Lehmann den Dank des Papstes. „Als Vertreter des Obersten Pontifex drängt es mich, Ihnen im Namen des Bischofs von Rom und Hirten der Universalkirche für den beachtlichen Dienst zu danken, den Sie für den Stuhl Petri und die Kongregationen der römischen Kurie und Organe des Heiligen Stuhls geleistet haben“, sagte Eterović in seinem Grußwort.

Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, München, würdigte Lehmann als einen engagierten Bischof und Seelsorger, Theologen und Menschenfreund. „Du hast epochale Umbrüche unseres Landes und in der Kirche miterlebt und mitgestaltet. Wir empfinden großen Respekt und große Dankbarkeit angesichts Deines Wirkens, mit dem Du die Herzen der Menschen erreicht und die Kirche Deutschlands nachhaltig geprägt hast. Wer Dich kennt und erlebt, der erfährt eine große menschliche Verbindlichkeit – einen Menschen, der zuhört und durch seine Umsicht und geistliche Klugheit Vorbild für viele geworden ist“, sagte Marx. Die Deutsche Bischofskonferenz sei Kardinal Lehmann dankbar für dessen aufopferungsvollen, bis an den Rand der physischen Kräfte gehenden Dienst. Weit über die Landesgrenzen hinaus habe Lehmann ein leuchtendes Beispiel für eine lebendige Kirche Deutschlands gegeben. Er fügte hinzu: „Ich habe viel von Dir gelernt und bewundere Deine theologische Brillanz, aber auch Deinen Humor und immer wieder Deine Menschenfreundlichkeit. Für das neue Lebensjahrzehnt wünsche ich Dir Gottes reichen Segen und hoffe, dass Du der Kirche in Deutschland noch lange als Vorbild im Glauben und als Wegbegleiter zur Seite stehst.“

Der Kirchenpräsident der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN), Dr. Volker Jung, erinnerte an das ökumenische Engagement Lehmanns: „Wie kein anderer hat Kardinal Karl Lehmann die Ökumene in Deutschland ein halbes Jahrhundert vorangetrieben und geprägt. Ihm ist zu verdanken, dass außerordentlich wichtige ökumenische Erklärungen erschienen sind – wie das gemeinsame Sozialwort der Deutschen Bischofskonferenz und der Evangelischen Kirche in Deutschland aus dem Jahr 1997 und die Gemeinsame Erklärung zur Rechtfertigungslehre im Jahr 1999.“ Dr. Hildegard Dziuk, Geschäftsführende Vorsitzende der Diözesanversammlung des Bistums Mainz, überbrachte dem Kardinal die Glückwünsche der diözesanen Räte. „Wenn wir zurückschauen, merken wir: Es war gut, mit Ihnen auf dem Weg zu sein. Es war leicht, durch Türen zu gehen, die Sie bereits geöffnet hatten. Viele Wege haben Sie geebnet, viele Unwegsamkeiten ausgeräumt, immer wieder den rechten Weg gewiesen: für unsere Gesellschaft, unsere Kirche, für jeden Einzelnen von uns. Wir können allenfalls ahnen, wie viel Einsatz dahinter steckt, wie viel Kraft es Sie gekostet hat – und Ihnen von Herzen dafür danken.“

Hauptzelebrant des Gottesdienstes war Kardinal Lehmann; Konzelebranten waren neben Erzbischof Eterović und Kardinal Marx unter anderen Erzbischof Stephan Burger, Freiburg, Bischof Dr. Ulrich Neymeyr, Erfurt, Weihbischof Professor Dr. Peter Henrici SJ, Brig/Schweiz, der Mainzer Weihbischof Dr. Udo Markus Bentz, der Mainzer Generalvikar Prälat Dietmar Giebelmann und der Mainzer Domdekan Prälat Heinz Heckwolf. Musikalisch gestaltet wurde der Gottesdienst, der live vom SWR in der ARD übertragen wurde, vom Mainzer Domchor und den Mainzer Dombläsern unter Leitung von Domkapellmeister Karsten Storck und Domkantor Michael Kaltenbach; die Domorgel spielte Domorganist Daniel Beckmann. Der Gottesdienst war auch auf den Mainzer Liebfrauenplatz übertragen worden, wo rund 1.000 Gläubige den Gottesdienst mitfeierten.

Predigt von Kardinal Lehmann

Glauben heiße, „Gottes Liebe annehmen und empfangen, sich auf ihn einlassen und uns seinem Wort öffnen“, sagte Kardinal Lehmann in seiner Predigt. „Wenn wir annehmen, dass Gott wirklich die Welt, also alle Menschen ohne Vorbedingungen und Ausnahmen liebt, dann können wir auch auf viele Menschen, zu denen wir kein Verhältnis haben, anders zugehen. Vielleicht können wir sie mit größerer Zuversicht betrachten, wenn wir wissen, dass sie nicht einfach hoffnungslos verloren sind, sondern trotz gegenteiliger Erfahrungen Gottes Sonne auch auf sie scheint. Dies könnte unser Verhältnis zu vielen Menschen verbessern und uns offener stimmen für einen wohlwollenden Blick auch auf sie“, sagte Lehmann.

„Damit wir auf den Wegen Gottes gehen, müssen wir achtsam bleiben auf seine Worte und Winke. Dabei wissen wir nicht alles von vornherein. Aber Gottes Geist wird uns inspirieren, besonders wenn wir trotz allen Suchens nicht weiterwissen“, betonte der Kardinal weiter. Abschließend sagte er: „Diesen Glauben, den ich für kostbarer halte als alles andere, auch wenn wir selbst immer wieder versagen, habe ich als Priester, Theologe und als Bischof lebendig zu verkünden gesucht. Zum Pfingstfest gehört besonders diese Bereitschaft zur Sendung und zum Zeugnis in alle Welt bis in alle Winkel hinein.“

Festakt in der Rheingoldhalle – Grußworte von Bouffier, Dreyer und Ebling

Beim Festakt in der Mainzer Rheingoldhalle, die von der ZDF-Journalistin Barbara Hahlweg moderiert und live im Sender Phoenix übertragen wurde, wurden drei weitere Grußworte gesprochen. Malu Dreyer, Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz, würdigte Lehmann als Brückenbauer, der „Grenzen überschreitet“ und immer den „konstruktiven Dialog zwischen den christlichen Konfessionen, den verschiedenen Religionen und zwischen Kirche und Politik“ gesucht habe. „Sie, verehrter Herr Kardinal, stehen für ein bejahendes Christentum, eines, das Weltoffenheit und Dialog nicht nur predigt, sondern auch aktiv lebt. Sie sind ein Kardinal für alle. Für Katholiken, für Protestanten, für Anders- und Nichtgläubige. Menschen jeglicher Herkunft und Religion schätzen Ihre menschliche, humorvolle, warmherzige Art“, sagte Dreyer und dankte Lehmann zudem für „viele persönliche Gespräche und wertvolle Anregungen“.

Der hessische Ministerpräsident Volker Bouffier lobte die „intellektuelle Brillanz“ und „unerschütterliche Zuversicht“ Lehmanns. „Kardinal Lehmann war ein Glücksfall für die Gläubigen im Bistum Mainz, für die Katholische Kirche und die Menschen in unserem Land“, sagte Bouffier. Lehmann sei aufgrund seines Gespürs für politisches Handeln ein „geschätzter Gesprächspartner der Politik“ gewesen. Der Kardinal sei ein „Volksbischof“ gewesen, „beliebt, aber nicht beliebig“. „Sie waren in der Lage, Antworten auf den gesellschaftlichen Wandel zu geben“, sagte der hessische Ministerpräsident. Michael Ebling, Oberbürgermeister der Stadt Mainz, sagte, dass Lehmann als Ehrenbürger die Attribute verkörpere, „die man auch von den Beschreibungen der Gutenbergstadt Mainz als Hort der Lebensfreude kennt: weltoffen, tolerant, leben und leben lassen“. „Die Mainzerinnen und Mainzer haben Sie durch Ihre zugewandt-bescheidene, unprätentiöse Art ins Herz geschlossen“, sagte Ebling.

Darüber hinaus wurden während des Festaktes Videobotschaften gezeigt von Bundeskanzlerin Angela Merkel, dem baden-württembergischen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann, dem ehemaligen Ministerpräsidenten sowohl von Rheinland-Pfalz als auch von Thüringen, Bernhard Vogel, von Bischof i.R. Wolfgang Huber, ehemaliger Ratsvorsitzender der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), sowie von Jürgen Klopp, Teammanager des FC Liverpool und früherer Trainer von Mainz 05, und von Moderator Thomas Gottschalk.

Musikalisch gestaltet wurde der Festakt von einem Bistumschor, dem Bläserchor Heidesheim (Leitung: Zena Becker) sowie einem Trio (Klavier: Thomas Gabriel, Kontrabass: Nicola Vock, Schlagzeug: Simon Zimbardo) unter der Gesamtleitung von Diözesankirchenmusikdirektor Thomas Drescher. Ein Geburtstagsständchen brachte die Kinder- und Jugendkantorei St. Georg, Bensheim, unter der Leitung von Regionalkantor Gregor Knop zu Gehör. Außerdem hatte der Seligenstädter Regionalkantor Thomas Gabriel für den Festakt eigens eine Geburtstagskantate im barocken Stil getextet und komponiert.

Im Foyer der Rheingoldhalle gab es für die Gäste die Möglichkeit, sich in Gratulationsbücher einzutragen. Die Abteilung Öffentlichkeitsarbeit hatte ein Briefmarkenset mit vier Kardinalsmotiven drucken lassen und präsentierte so genannte VR-Brillen (Virtuelle Realität), mit denen ein virtueller Dom-Rundgang möglich ist. Zudem wurde die Sonderausgabe der Bistumszeitung „Glaube und Leben“ anlässlich des 80. Geburtstages von Kardinal Lehmann verteilt; an einem Büchertisch der Abteilung Publikationen konnten die Gäste unter anderem die drei neu erschienenen Bücher von Kardinal Lehmann erwerben.

Dankeswort von Kardinal Lehmann – Geschenke des Bistums

In seinem Schlusswort dankte Lehmann allen, die bei der Vorbereitung des Festes mitgeholfen hatten, sowie seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und Weggefährten im Bistum Mainz. An die Menschen im Bistum Mainz gewandt sagte er: „Ein herzliches Vergelt’s Gott sage ich allen Brüdern und Schwestern im Bistum Mainz. Ich danke Ihnen, dass Sie mich so lange ertragen und auch großzügig über Fehler und Versagen hinweggesehen haben.“ Zudem benannte der Kardinal „grundsätzliche Anliegen“ seines Dienstes, wie die Theologie, die Ökumene, Europa, oder auch die Bewahrung der Schöpfung.

So sagte er unter anderem: „Wir wollen unseren Glauben öffentlich begründen und auch durch Argumente verteidigen. Wir haben keine Angst vor geistigen Auseinandersetzungen. Wir brauchen Mut freilich nach allen Dimensionen und wollen uns redlich den Anfragen unserer Zeitgenossen stellen.“ Und weiter: „Wir müssen von Gott so reden, dass er wirklich ein Geheimnis bleibt. Wir bleiben im Gespräch mit anderen Religionen, verteidigen dabei aber ganz besonders die personale Freiheit des Menschen und die Menschenwürde, nicht zuletzt die Religionsfreiheit für alle.“ Das vereinigte Europa bezeichnete Lehmann als „reales und auch bleibendes Hoffnungszeichen“. Der Klimawandel, die Schonung der Ressourcen der Erde, Konsumismus und Änderung unseres Lebensstils seien die „Themen der nächsten Zukunft“, betonte Lehmann. „Ich bin überzeugt, dass wir im Sinne einer Generationengerechtigkeit die Maßstäbe unseres Lebens überprüfen müssen. Glaube und Theologie geben uns eine große Ermutigung zur Beachtung dieser Sorge.“ Lehmann mahnte, sich nicht „in einem immer größeren Besitzstreben“ zu verlieren und in „irdische Güter“ zu verkrallen: „In diesem Sinne müssen wir alle damit leben, zu manchen Gewohnheiten und Gütern, die wir nicht so unbedingt brauchen, wie wir meinen, etwas in Distanz zu treten.“ Der Verzicht nehme nicht, „er gibt“, sagte der Kardinal.

Am Ende des Festaktes stellten Generalvikar Giebelmann und Domdekan Heckwolf die Geschenke des Bistums vor. Zum einen einen neuen Priestersitz für Lehmanns Hauskapelle (eine so genannte Sedilie), zum anderen eine Webcam: Sie ist auf dem Dach des Erbacher Hofes in Mainz installiert und zeigt unter der Internet-Adressewww.karlscam.de (oder auch: www.domcam-mainz.de) alle zehn Minuten ein neues Bild vom Mainzer Dom. Ansonsten hatte der Kardinal auf persönliche Geschenke verzichtet und um eine Spende für die Stiftung Hoher Dom zu Mainz oder den Flüchtlingsfonds des Bistums Mainz gebeten. Auch die Kollekte des Festgottesdienstes geht zu gleichen Teilen an die Stiftung Hoher Dom zu Mainz und den Flüchtlingsfonds.

Zahlreiche Gäste aus Kirche, Wissenschaft, Politik, Medien und Gesellschaft

Zu dem Festgottesdienst und dem Festakt waren zahlreiche Vertreter aus Kirche, Politik, Medien und Gesellschaft gekommen. Neben den vier Kardinälen Reinhard Marx, Walter Kasper, Friedrich Wetter und Karl-Josef Rauber waren vierzehn deutsche Ortsbischöfe gekommen sowie 20 Weihbischöfe und Emeriti. Von evangelischer Seite waren neben Jung auch die früheren EKD-Ratsvorsitzenden Wolfgang Huber, Manfred Kock und Klaus Engelhardt gekommen. Aus den Reihen der Politik nahmen neben Staatsministern, Oberbürgermeistern, Landräten und Abgeordneten aus Hessen und Rheinland-Pfalz auch der Präsident des Deutschen Bundestages, Nobert Lammert, und der Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Volker Kauder, an den Feierlichkeiten teil. Von Seiten der Medien waren unter anderen der Chefredakteur des ZDF, Thomas Bellut, und die Landessenderdirektorin des SWR, Dr. Simone Schellberg, zu Gottesdienst und Festakt gekommen. Das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) wurde von seinem Präsidenten,  Thomas Sternberg, vertreten.

am (MBN)

 

 

Festakt mit Bundespräsident Gauck zum Auftakt der 40. Interkulturellen Woche in Mainzer Staatskanzlei am 27.09.15

40.IKW-festakt.m.gauck
© massow-picture

Der im Anschluss an den Ökumenischen Gottesdienst im Mainzer Dom stattfindende Festakt in der  Staatskanzlei des Landes Rheinland-Pfalz war zugleich der bundesweite Auftakt der 40. bundesweiten Interkulturellen Woche. Festredner war Bundespräsident Joachim Gauck. Weitere Beiträge leisteten Gastgeberin Malu Dreyer,  Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz, Michael Ebling, Oberbürgermeister der Landeshauptstadt Mainz sowie Gabriele Erpenbeck, Vorsitzende des Ökumenischen Vorbereitungsausschusses.  Über interkulturelle Perspektiven sprach Moderatorin  Hadija Haruna-Oelker mit dem türkischstämmigen deutschen Bestseller-Autor Feridun Zaimoglu. Zurzeit ist er auch Mainzer Stadtschreiber. Das Duo Benyonca umrahmte musikalisch den Festakt.

gaeste40.IKW-staatskanzlei
ganz links Feridun Zaimoglu, übernächste Position: Michal Ebling, OB, Kardinal Lehmann, Mitte: Joachm Gauck mit Malu Dreyer, Ministerpräsidentin und vielen anderen hohen Amts- und Würdenträgern © massow-picture

„Die Interkulturelle Woche tut unserem Land gut, vor allem aber ist sie gut für das Miteinander der Menschen“, betonte die Ministerpräsidentin. Gemeinsam mit Gabriele Erpenbeck, der Vorsitzenden des Ökumenischen Vorbereitungsausschusses der Interkulturellen Woche und dem Mainzer Oberbürgermeister Michael Ebling begrüßte die Ministerpräsidentin die Gäste, Repräsentanten aus Gesellschaft, Politik, Kirche und der Migrationsarbeit.

Gastgeberin war Malu Dreyer, Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz. © massow-picture
Gastgeberin war Malu Dreyer, Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz. © massow-picture

Das Motto „Vielfalt statt Einfalt“ der Interkulturellen Woche bezeichnete Ministerpräsidentin Malu Dreyer als treffend gewählt, weil es dazu auffordere, die gesellschaftliche Vielfalt und die Erfolge und Vorzüge einer Einwanderungsgesellschaft stärker in den Blick zu  nehmen. „Das im Bewusstsein der Menschen zu verankern, ist gerade angesichts des Flüchtlingszustroms nach Deutschland unabdingbar. Nichts ist so wichtig wie Aufklärung und Integration“, betonte die Ministerpräsidentin. Schon 1975, als die erste Interkulturelle Woche noch als Woche des ausländischen Mitbürgers ausgerichtet worden sei, ging es darum, die Notwendigkeit einer aktiven gesellschaftlichen Teilhabe zu verstehen und sie umzusetzen. Zahlreiche Impulse hierfür seien in den vergangenen vier Jahrzehnten aus den Interkulturellen Wochen heraus gegeben worden.

Für Ministerpräsidentin Malu Dreyer ist es eine zutiefst menschliche Verpflichtung, Flüchtlinge aufzunehmen. Sie empfinde größte Hochachtung für das Engagement vieler Bürgerinnen und Bürger. „Rheinland-Pfalz leistet, was immer möglich und nötig ist. Vieles ist jedoch noch zu beschleunigen, bei den Verfahren, bei der Unterbringung und vor allem bei der Finanzierung, wie das auch die Beschlüsse vom Bund-Länder-Treffen am vergangenen Donnerstag zeigen. Es kommt darauf an, dass wir diese Situation als Gemeinschaftsaufgabe begreifen. Es geht um deutsche und europäische Solidarität“, so Ministerpräsidentin Malu Dreyer. Die Gesellschaft und das Land würden daran wachsen, wenn diese Bewährungsprobe gemeistert werde. Der Beitrag der Kirchen und Religionsgemeinschafen, die Botschaft und das Engagement in der Interkulturellen Woche sind dabei für die Ministerpräsidentin heute und auf lange Sicht unverzichtbar.

Bundespräsident Joachim Gauck hält die Festrede zur 40. IKW als Auftakt zur bundesweiten Aktion. © massow-picture
Bundespräsident Joachim Gauck hält die Festrede zur 40. IKW als Auftakt zur bundesweiten Aktion. © massow-picture

Im Anschluss an die Rede der Gastgeberin  folgte die zentrale Ansprache der Festveranstaltung von Bundespräsidenten Joachim Gauck.  Er betonte, dass „wir alle in den vergangenen Wochen viel über die deutsche Gesellschaft gelernt  haben. Die Ruhe und die kreative Tatkraft, mit der die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung auf diese Krise reagiert hat, wie zuvor schon auf andere Herausforderungen, das stellt ihr ein Reifezeugnis aus, mit dem sie auch kommende Prüfungen bestehen wird.“ Und weiter: „Lassen Sie mich zunächst sagen: Mit wem ich in diesen Tagen auch spreche, ob mit Bürgern oder Amtsträgern, ob ich Flüchtlingsunterkünfte besuche oder politische Versammlungen, überall sind die Menschen, wie ich, tief beeindruckt von der Hilfsbereitschaft und dem Engagement der vielen tausend freiwilligen und hauptamtlichen Helferinnen und Helfer, auch der Kommunen und Länder.“ Doch was Gauck zugleich auch sorgt, ist ein zusehend entstehendes Dilemma zwischen „Helfenwollen“ und einer nicht unendlichen  Leistungsfähigkeit. Wörtlich sagte er:  „Aber zugleich treibt viele die Sorge um: Wie kann Deutschland auch in Zukunft offen bleiben für Flüchtlinge, wenn zu den vielen, die schon da sind, viele weitere hinzukommen? Wird der Zuzug uns irgendwann überfordern? Werden die Kräfte unseres wohlhabenden und stabilen Landes irgendwann über das Maß hinaus beansprucht? Mir geht der Satz eines Vertreters der nordrhein-westfälischen Kommunen nicht aus dem Kopf. Er sagte: „Die Profis und Ehrenamtler können nicht mehr. Sie stehen mit dem Rücken zur Wand.“Und er fügte hinzu, 2016 sei für die Gemeinden ein vergleichbar hoher Zustrom wie in diesem Jahr nicht mehr zu verkraften. Inzwischen trauen wir uns, das fundamentale Dilemma dieser Tage offen anzusprechen: Wir wollen helfen. Unser Herz ist weit. Doch unsere Möglichkeiten sind endlich.“

 Rede des Bundespräsidenten

Oberbürgermeister Michael Ebling, freute sich darüber, dass die 40. IKW, die einst in Mainz begründet wurde, auch hier ihr Jubiläum feiern kann. Er betonte, wie sehr "wir durch" die Migranten aus 160 Nationen in Mainz, einer traditionell von Zuwanderern getragenen Stadt, profitiert hätten.  © massow-picture
Oberbürgermeister Michael Ebling, freute sich darüber, dass die 40. IKW, die einst in Mainz begründet wurde, auch hier ihr Jubiläum feiern kann. Er betonte, wie sehr „wir durch“ die Migranten aus 160 Nationen in Mainz, einer traditionell von Zuwanderern getragenen Stadt, profitiert hätten. © massow-picture

Auch der Mainzer Oberbürgermeister würdigte die Erfolgsgeschichte der Interkulturellen Woche. „Sie macht besonders deutlich: Integration gelingt nur in den Kommunen, nicht im Bundestag und nicht im Landtag. Sie gelingt in den Städten, in den Kreisen und in den Dörfern – und sie gelingt nur gemeinsam mit den Menschen, die in diesen Städten und Dörfern leben. Wir dürfen das von den Menschen in unserem Land fordern, und wir fordern viel in diesen Tagen. Und wir bekommen noch mehr, als wir je zu fordern gewagt hätten“, sagte der Oberbürgermeister.

Im kleinem Zwischen-Talk  über interkulturelle Perspektiven zwischen  Hadija Haruna-Oelker und Feridun Zaimoglu forderte der 1964 im anatolischen Bolu (Türkei) geborene Bestseller-Autor die Kinder bzw. die Enkel der ersten Gastarbeitergeneration auf, ihren „Arsch hoch zu kriegen“.

Der türkischstämmige Feridun Zaimoglu ruft den jungen Migrantengenerationen zu: Statt sich in Scharmützeln zu verlieren sollen sie tatkräftig handeln, so wie es ihre Eltern bzw. Großeltern taten als sie in den 60er /70er Jahren nach Deutschland kamen.
Der türkischstämmige Feridun Zaimoglu ruft den jungen Migrantengenerationen zu: Statt sich in Scharmützeln zu verlieren sollen sie tatkräftig handeln, so wie es ihre Eltern bzw. Großeltern taten als sie in den 60er /70er Jahren nach Deutschland kamen.

. Sie hätten großartiges geleistet. Isolation, Abgrenzung sei das reinste Gift. Raus aus der Isolation, nur so  gelinge es, neue Heimatliebe zu entwickeln. Das Wort Integration träfe nicht den Kern, es ginge darum, neue Liebe zu entwickeln.  Feridun Zeimoglu, studierter Mediziner,  ist Mitgründer von Kanak Attack und nahm als ein Vertreter der Zivilgesellschaft an der ersten deutschen Islamkonferenz teil und wurde 2009 als Wahlmann der Schleswig-Holsteiner Grünen benannt.

Gabriele Erpenbeck, Vorsitzende des Ökumenischen Vorbereitungsausschusses (ÖVA): "Einstehen für die Menschenwürde, Offenheit, Demokratie, Respekt und Eintreten für eine friedliches Zusammenleben seien die Grundwerte, die dieses Land trage. Und es gelte, dass die Wertegemeinschaft lebendig und für alle Menschen erlebbar gemacht werden müsse."© massow-picture
Gabriele Erpenbeck, Vorsitzende des Ökumenischen Vorbereitungsausschusses (ÖVA): „Einstehen für die Menschenwürde, Offenheit, Demokratie, Respekt und Eintreten für eine friedliches Zusammenleben seien die Grundwerte, die dieses Land trage. Und es gelte, dass die Wertegemeinschaft lebendig und für alle Menschen erlebbar gemacht werden müsse.“© massow-picture

In ihrem Schlusswort erklärte Gabriele Erpenbeck, Vorsitzende des Ökumenischen Vorbereitungsausschusses (ÖVA), dass das momentan große Engagement zu Gunsten von Flüchtlingen ein deutlicher Hinweis darauf sei, dass Deutschland sich in den letzten 40 Jahren grundlegen verändert habe. Die sogenannten Gastarbeiter-innen der ersten Generation gelten als größte Einwanderungsgruppe nach dem Zweiten Weltkrieg. Die Flüchtlinge stehen heute vor den gleichen Problemen: Spracherwerb, medizinische Versorgung, Wohnen und natürlich Zugang zum Arbeitsmarkt, zu Bildung und Ausbildung. Abseits der aktuellen und manchmal aufgeregten Debatten müssten wir uns die Frage stellen, wie miteinander Wege gefunden werden könnten, unsere Gesellschaft für alle lebenswert zu machen, hob Gabriele Erpenbeck hervor und mahnte: „Dabei müssen wir wachsam bleiben gegenüber rassistischen und rechtsradikalen Bewegungen und Aktionen in Deutschland, die die Menschenwürde mit Füßen treten und unsere Gesellschaft bedrohen!“.

Duo Benyonca © massow-picture
Duo Benyonca © massow-picture

Musikalisch umrahmten den Festakt das Duo Benyonca mit „Enerji“ (Energie).

 

 

Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche Deutschlands (EKD), Bischof Heinrich Bedford-Strohm im Gespräch mit Julia Klöckner, CDU-Fraktionsvorsitzende des Landestags Rheinland-Pfalz. "Einanander annehmen gelte aber in beide Richtungen. Dass das nicht immer funktioniert, erfuhr unlängst Juliane Klöckner, als sich ein Imam weigerte ihr als Frau die Hand zu geben. "Das Denken, das hinter der Verweigerung eines Handschlags an Frauen stecke, könne man nicht hinnehmen“, waren sich beide einig. Inzwischen hat jemand von der Moscheegemeinde angerufen und sich entschuldigt. © massow-picture
Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche Deutschlands (EKD), Bischof Heinrich Bedford-Strohm im Gespräch mit Julia Klöckner, CDU-Fraktionsvorsitzende des Landestags Rheinland-Pfalz. „Einanander annehmen gelte aber in beide Richtungen. Dass das nicht immer funktioniert, erfuhr unlängst Juliane Klöckner, als sich ein Imam weigerte ihr als Frau die Hand zu geben. „Das Denken, das hinter der Verweigerung eines Handschlags an Frauen stecke, könne man nicht hinnehmen“, waren sich beide einig. Inzwischen hat jemand von der Moscheegemeinde angerufen und sich entschuldigt. © massow-picture

Zum vierzigsten Mal sind in diesem Jahr Kirchen, Kommunen, Wohlfahrtsverbände, Gewerkschaften, Integrationsbeiräte und -beauftragte, Migrantenorganisationen oder Initiativgruppen sowie alle Engagierten und Interessierten aufgerufen, die Interkulturelle Woche mitzugestalten. Sie ist eine gemeinsame Initiative der Deutschen Bischofskonferenz (DBK), der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und der Griechisch-Orthodoxen Metropolie und findet seit 1975 mittlerweile in mehr als 500 Städten und Gemeinden in ganz Deutschland statt.

Bericht über den Ökumenischen Gottesdienstes im Mainzer Dom!

 

Ökumenischer Gottesdienst im Mainzer Dom – Auftakt bundesweiter 40. Interkultureller Woche

Ökumensischer Auftaktsgottesdienst  anlässlich der 40. Interkulturellen Woche und bundesweiten Aktion im Hohen Dom St. Martin zu Mainz . © massow-picture
Ökumenischer Auftaktsgottesdienst anlässlich der 40. Interkulturellen Woche und bundesweiten Aktion im Hohen Dom St. Martin zu Mainz . © massow-picture

Am gestrigen Sonntag, 27.09.2015, fand anlässlich des Jubiläums zum Auftakt der 40.  bundesweiten  Interkulturellen Woche  im Hohen Dom St. Martin zu Mainz ein Ökumenischer Gottesdienst mit anschließendem Festakt in der Rheinland-Pfälzischen Staatskanzlei statt. Der Gottesdienst wurde geleitet vom Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche in Deutschland, Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm, dem Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Reinhard Kardinal Marx, sowie dem Vorsitzenden der Orthodoxen Bischofskonferenz in Deutschland, Metropolit Dr. h.c. Augoustinos.

Unter den Gottesdienstbesucher unter anderem v.l. Landtagspräsident Joachim Mertes , Ministerpräsidentin Malu Dreyer, Bundespräsident Joachim Gauck, Oberbürgermeister Michael Ebling u.viele andere. © massow-picture
Unter den Gottesdienstbesucher unter anderem v.l. Landtagspräsident Joachim Mertes , Ministerpräsidentin Malu Dreyer, Bundespräsident Joachim Gauck, Oberbürgermeister Michael Ebling u.viele andere. © massow-Picture

 

"Hausherr" Kardinal Lehmann unterstrich das Motto der 40. IKW "Vielfalt statt Einfalt" und begrüßte die Gäste und Aktiven zum gemeinsamen Ökumenischen Gottesdienst im Mainzer Dom zur 40. IKW. © massow-picture
„Hausherr“ Kardinal Lehmann unterstrich das Motto der 40. IKW „Vielfalt statt Einfalt“ und begrüßte die Gäste und Aktiven zum gemeinsamen Ökumenischen Gottesdienst im Mainzer Dom zur 40. IKW. © massow-picture

Nach einer Begrüßung durch Hausherrn Kardinal Karl Lehmann würdigten in einem Gemeinsamen Wort  der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, der Vorsitzende des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Landesbischof Dr. Heinrich Bedford-Strohm, und der Vorsitzende der Orthodoxen Bischofskonferenz in Deutschland, Metropolit Dr. h.c. Augoustinos von Deutschland, die Entwicklung Deutschlands zu einem Einwanderungsland. Dennoch gebe es Teile der Bevölkerung, die Probleme mit der zunehmenden gesellschaftlichen Vielfalt hätten: „In den vergangenen Monaten mussten wir erkennen, dass es in Deutschland auch heute noch offenen und verdeckten Rassismus gibt.“ Jeder Form von Ausgrenzung setzen die Kirchenvertreter das Konzept der Interkulturellen Woche entgegen: „Begegnung führt zum Abbau von Ängsten und lässt aus Unbekannten geschätzte Nachbarn, Freundinnen und Freunde werden. Gespräche schaffen Verständnis. Gesellschaftliche Teilhabe erlaubt volle Gleichberechtigung und lässt Integration wachsen.“

Kardinal Marx, Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz, unterstrich in Anlehnung an die Worte des jüdischen Religionsphilosophen, Martin Buber, die Wichtigkeit zwischenmenschlicher Begegnung, denn ein friedliches Zusammenleben gelänge weder durch Segregation noch durch Assimilierung, sondern durch Begegnung, im Sinne gegenseitiger Teilhabe und Toleranz. © massow-picture
Kardinal Marx, Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz, unterstrich in Anlehnung an die Worte des jüdischen Religionsphilosophen, Martin Buber, die Wichtigkeit zwischenmenschlicher Begegnung, denn ein friedliches Zusammenleben gelänge weder durch Segregation noch durch Assimilierung, sondern durch Begegnung, im Sinne gegenseitiger Teilhabe und Toleranz. © massow-picture

In seiner Einführung während des Ökumenischen Gottesdienstes dankte Kardinal Marx für die große Hilfsbereitschaft derer, „die in den letzten Wochen und Monaten dafür gesorgt haben, dass der Ansturm von Flüchtlingen in Deutschland bewältigt werden konnte: der Bundesregierung und den zuständigen Stellen auf allen Ebenen der öffentlichen Verwaltung, den Wohlfahrtsverbänden und ihren professionellen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und vor allen Dingen den ungezählten ehrenamtlich Engagierten, die mit ihrer spontanen Hilfsbereitschaft und ihrem Einsatz ein überwältigendes Bild von Gast- und Menschenfreundlichkeit gezeichnet haben. Ein Bild im Großformat! So zeigt sich auch und gerade unsere christliche Identität: sich der Armen, der Leidenden, der Kranken, auch der Fremden anzunehmen, zu helfen und zu teilen.“ Auf den Erfahrungen des schon langen Weges der Interkulturellen Woche könne die künftige Arbeit weiter aufgebaut werden: „Wir müssen uns darauf einstellen, dass zahlreiche Flüchtlinge mit ihren je eigenen kulturellen und religiösen Prägungen dauerhaft bei uns bleiben werden. Das wird Schwierigkeiten mit sich bringen, nicht alles wird glatt laufen. Aber wir wissen: Am besten wird Integration gelingen, wenn wir den neu zu uns Gekommenen von Anfang an aussichtsreiche Bildungs- und Berufsperspektiven eröffnen und ihnen eine aktive Teilhabe an unserem Gemeinwesen ermöglichen“, so Kardinal Marx.

Ratsvorsitzender, Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), appellierte gemäß des Paulus-Wortes 15. Kap. Vers. 7 "Nehmt einander an, wie Christus euch angenommen hat zu Gottes Lob", © massow-picture
Ratsvorsitzender, Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), appellierte gemäß des Paulus-Wortes 15. Kap. Vers. 7 „Nehmt einander an, wie Christus euch angenommen hat zu Gottes Lob“, © massow-picture

In seiner Predigt im Eröffnungsgottesdienst nahm der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) Bezug auf die Jahreslosung, die angesichts der in Deutschland ankommenden Flüchtlinge aktueller denn je sei: „Nehmt einander an“, dieser Appell sei nicht vereinbar mit religiöser oder anderer Intoleranz. „Gerade als Christinnen und Christen halten wir in diesen Tagen die gottgegebene unveräußerliche Menschenwürde hoch. Sie gilt allen.“ Es gebe keine spezielle Christenwürde, vielmehr gelte es, die Würde aller Menschen zu bewahren. „Ob als Einheimische oder Zugewanderte, Menschen mit Migrationsgeschichte oder Alteingesessene, Neuzugezogene und Flüchtlinge auf der Durchreise – uns alle verbindet: dass wir Menschen sind.“ Umso dringlicher sei es, die Menschen, die zu uns kommen, zu integrieren. „Denn auch sie werden Teil der interkulturellen Gesellschaft, ob auf Dauer oder nur vorübergehend.“ Die Interkulturelle Woche mit ihren Begegnungsorten leiste dazu einen wichtigen Beitrag: „Wer sich wirklich begegnet und sich in die Augen schaut, wird feststellen, dass das fremde Gegenüber vielleicht gar nicht so fremd ist, sondern ähnliche Bedürfnisse, Sorgen und Hoffnungen hegt. Nicht selten sind durch solche Begegnungen Freundschaften fürs Leben entstanden“, so Bedford-Strohm.

Dem ökumenischen Gottesdienst schloss sich ein Festakt in der Staatskanzlei des Landes Rheinland-Pfalz auf Einladung von Ministerpräsidentin Malu Dreyer an, bei dem auch Bundespräsident Joachim Gauck anwesend war.

Weitere Informationen
Die Interkulturelle Woche findet 2015 zum 40. Mal statt. Sie ist eine bundesweite Initiative der Deutschen Bischofskonferenz, der Evangelischen Kirche in Deutschland und der Griechisch-Orthodoxen Metropolie. Deutschlandweit sind während der Interkulturellen Woche mehr als 4.500 Veranstaltungen an über 500 Orten geplant.

Predigten/Gemeinsame Worte:

Predigt Interkulturelle Woche EKD-Vorsitzender Bischof Bedford-Strohm
Einfuehrung Kard.-Marx-Eroeffnung-der 40.-Interkulturellen-Woche
„Gemeinsame Worte der Kirchen zur Interkulturellen Woche 2015“  des Ökumenischen Vorbereitungsausschusses.

Material für eigene Veranstaltungen:
Verschiedene Materialien (Materialheft, Plakate und Postkarten) zur IKW können hier: Internetadresse bestellt werden.
Weitere Infos

40 Jahre bundesweite Interkulturelle Woche – Auftakt mit Joachim Gauck in der Mainzer Staatskanzlei

© Staatskanzlei Rheinland-Pfalz
© Staatskanzlei Rheinland-Pfalz

Der bundesweite Auftakt der vierzigsten Interkulturellen Woche unter dem Motto „Vielfalt. Das Beste gegen Einfalt“ findet am 27. September 2015 um 18.30 Uhr in der Mainzer Staatskanzlei statt. Bundespräsident Joachim Gauck wird zu diesem Anlass die Auftaktrede halten. Der Festakt findet auf Einladung der Kirchen, der rheinland-pfälzischen Ministerpräsidentin Malu Dreyer sowie des Mainzer Oberbürgermeisters Michael Ebling statt. Der vielfach preisgekrönte Schriftsteller und aktuelle Mainzer Stadtschreiber Feridun Zaimoḡlu wirkt im Programm der Auftaktveranstaltung mit.

Zuvor ist im Mainzer Dom um 17.00 Uhr ein Ökumenischer Gottesdienst, der vom Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche in Deutschland, Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm, dem Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Reinhard Kardinal Marx, sowie dem Vorsitzenden der Orthodoxen Bischofskonferenz in Deutschland, Metropolit Dr. h.c. Augoustinos von Deutschland, geleitet wird.

Zum vierzigsten Mal sind in diesem Jahr Kirchen, Kommunen, Wohlfahrtsverbände, Gewerkschaften, Integrationsbeiräte und -beauftragte, Migrantenorganisationen oder Initiativgruppen sowie alle Engagierten und Interessierten aufgerufen, die Interkulturelle Woche mitzugestalten. Sie ist eine gemeinsame Initiative der Deutschen Bischofskonferenz (DBK), der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und der Griechisch-Orthodoxen Metropolie und findet seit 1975 mittlerweile in mehr als 500 Städten und Gemeinden in ganz Deutschland statt.

Seit 40 Jahren tragen die Begegnungen im Rahmen der Interkulturellen Woche dazu bei, dass aus Unbekannten geschätzte Nachbarinnen und Nachbarn werden, dass Gemeinsamkeiten entdeckt und Freundschaften geschlossen werden. Gesellschaftliche Teilhabe ist Voraussetzung für Gleichberechtigung und lntegration. Dieses Anliegen der Interkulturellen Woche ist nach 40 Jahren aktueller denn je.

Weitere Informationen unter www.interkulturellewoche.de