Hessen Film & Medien fördert 31 Projekte und unterstützt drei hessische Firmengründungen mit je 100.000 Euro
Wiesbaden. Die Hessen Film & Medien unterstützt in den ersten Förderrunden des Jahres 2024 insgesamt 31 Projekte in den Bereichen Nachwuchs, Stoffentwicklung, Produktionsvorbereitung, Produktion sowie Verleih. Außerdem vergibt sie drei Talent-Paketförderungen in Höhe von je 100.000 Euro an Grandfilm Produktion, jippie film und die Zeitgeist Filmproduktion FFM.
„Mich begeistert die Vielfalt der Produktionen, die wir in Hessen unterstützen können: In den kommenden Monaten werden in und aus Hessen heraus viele neue dokumentarische und fiktionale, animierte und serielle Formate entstehen“, so Timon Gremmels, Hessens Minister für Wissenschaft, Forschung, Kunst und Kultur. „Die Bandbreite umfasst neue Kinospielfilme wie ‚Der Arbeiter‘ von Eliza Petkova, die sich in ihrem Drama mit dem Thema Arbeitsmigration befasst. Aber auch die Fortsetzung des Familien-Kinoabenteuers ‚Die Olchis‘ wird wieder eine Menge Expertise des hessischen Postproduktionsnetzwerks ‚LIONSnetwork‘ enthalten. Mit der Talent-Paketförderung hat die Hessen Film & Medien zudem ein sinnvolles Förderinstrument für eine starke und wachsende hessische Filmbranche etabliert. Ich beglückwünsche die Teams der drei geförderten Produktionsunternehmen, die mit dieser Starthilfe erste Projekte realisieren werden. Einige geförderte Kreative sowie Kino- und Festivalbetreibende habe ich auf der Berlinale bereits kennenlernen dürfen und ich freue mich sehr darauf, den Filmstandort Hessen gemeinsam weiter auszubauen.“
Die Main Jury vergab insgesamt 1.810.000 Euro Förderung für 14 Projekte. Mit dieser Hilfe werden unter anderem neun Animations-, Kurz-, Dokumentar- und Spielfilme produziert. Die höchste Fördersumme der Sitzung in Höhe von 500.000 Euro erhält das Mystery-Drama „Die Assistentin“ von Jutta Brückner. Der Film erzählt die Geschichte einer erfolgreichen Archäologin, die sich erst nach dem Tod ihrer Mutter einem Kindheitstrauma stellen kann. Die hessische Produktionsfirma Fourmat Film erhält für die Produktion von „Der Arbeiter“ 300.000 Euro. Zudem bekommt die Frankfurter Regisseurin Sylvia Strasser 100.000 Euro für ihren neuen Dokumentarfilm „Terre d’Acque“.
Auch die Nachwuchsjury tagte und beschloss 1.068.000 Euro für 11 Projekte. Regisseur Nur Muhammed Tarhan wird seinen Debütfilm „September bis September“ mit der Darmstädter Produktionsfirma Perennial Lens umsetzen (350.000 Euro). Daniel Sager arbeitet zusammen mit der Frankfurter U5 Filmproduktion an seinem fiktionalen Debütfilm „Wenn es blutet“ (500.000 Euro). Das Projekt entsteht im gemeinsamen Förderprogramm der Hessen Film & Medien mit dem ZDF/Das kleine Fernsehspiel, der „Fifty-Fifty“-Kooperation.
Weitere Förderungen gab es in den Bereichen Stoffentwicklung und Verleih: Oliver Hardt gewann mit „Jumoke“ den Hessischen Film- und Kinopreis 2023 in der Kategorie „Bestes Drehbuch“ und erhält nun Förderung für die Produktionsvorbereitung (20.000 Euro). Die beiden hessischen Filmemacherinnen Adriana Montenegro und Dascha Petuchow sind Alumni des STEP-Programms und konnten bereits sowohl ihre Stoffe mit Hilfe des Programms weiterentwickeln als auch von geförderten Weiterbildungen profitieren. Beide arbeiten nun mit Unterstützung der Stoffentwicklungsförderung an ihren Drehbüchern (je 30.000 Euro). Der Frankfurter Filmemacher Enkelejd Lluca bringt mit der Verleihförderung seinen Debütfilm „Das Meer ist der Himmel“ in die Kinos (40.000 Euro).
„Auch in dieser Förderrunde unterstützen wir eine vielseitige und nachhaltige Filmkulturlandschaft. Besonders gespannt bin ich auf das Folgewerk des hessischen Regisseurs, Produzenten und Autors Behrooz Karamizade, der in den vergangenen Monaten Erfolge mit seinem berührenden Debütfilm ‚Leere Netze‘ Erfolge feierte. Mit Hilfe der Setzkastenförderung, einer kombinierten und flexibleren Förderung für die Stoff- und Projektentwicklung, wird er an seinem Drama ‚Brennende Haut‘ arbeiten“, erklärt Anna Schoeppe, Geschäftsführerin der Hessen Film & Medien.
Über Hessen Film & Medien
Als erste Ansprechpartnerin in Sachen Filmförderung stärkt die Hessen Film & Medien die hessische Film- und Medienbranche und hilft dem Land, seine Position als Kultur- und Wirtschaftsstandort für die Zukunft weiter auszubauen. Sie unterstützt sowohl die künstlerische wie auch die kommerzielle Qualität von Filmproduktionen, um optimale Bedingungen für die hessische Kreativwirtschaft zu schaffen. Gesellschafter der Hessen Film & Medien GmbH sind das Land Hessen (90 Prozent) und der Hessische Rundfunk (zehn Prozent).
Wiesbaden, den 27. Februar 2024 – Heino Ferch, Felix Klare, Hanno Koffler, Peter Kurth und Bjarne Mädel, Margarita Broich, Cornelia Gröschel, Nina Gummich, Ulrike C. Tscharre und Carol Schuler – anlässlich seines 20. Jubiläums begrüßt das Deutsche FernsehKrimi-Festival erneut die besten Fernseh-Ermittlerinnen und Ermittler in Wiesbaden. Vom 18. bis 21. März präsentieren die Darstellenden ausgewählte Filme oder Serien persönlich in der Caligari FilmBühne. Sechs der insgesamt fünfzehn Wettbewerbsbeiträge sind Premieren und werden in Wiesbaden zum ersten Mal einem größeren Publikum vorgestellt.
„Seit 20 Jahren ist das Deutsche FernsehKrimi-Festival ein wichtiger Treffpunkt für Filmschaffende und zieht ein überregionales Publikum nach Wiesbaden. Auch für 2024 haben die Organisatoren erneut ein spannendes Programm mit vielen prominenten Gästen zusammengestellt“, zeigt sich Kulturdezernent Dr. Hendrik Schmehl erfreut.
Prominente Jury
Welche Produktion sich in diesem Jahr über den legendären Hauptpreis des Deutschen FernsehKrimi-Festivals, 1.000 Liter Wein, freuen darf, entscheidet eine prominent besetzte Jury. Ihre Mitglieder verbindet die Leidenschaft und das Engagement für den Fernsehkrimi. Die Schauspielerin, Comedienne und Moderatorin Thelma Buabeng ist bekannt aus preisgekrönten Produktionen wie Berlin Alexanderplatz, Borga und Wunderschön. Die ehemalige Wiesbadenerin Christina Hecke ist seit acht Jahren als Kommissarin in der ZDF/ARTE-Reihe In Wahrheit im Krimi-Einsatz. Schauspieler Rick Okon wurde bekannt als Kapitänleutnant Klaus Hoffmann in der international erfolgreichen SKY-Serie Das Boot und als Hauptkommissar Jan Pawlak im Tatort aus Dortmund. Der Schriftsteller und Fotograf Bernhard Aichner feierte große Erfolge, u.a. mit der Trilogie Totenfrau, die in 16 Sprachen übersetzt und von Netflix/ORF als Serie verfilmt wurde. Bernhard Aichner ist zudem der diesjährige Krimi-Stipendiat der Landeshauptstadt Wiesbaden. Casting Director Deborah Congia komplettiert die Jury 2024. Neben dem Deutschen FernsehKrimi-Preis vergibt die Fachjury zwei Preise für herausragende darstellerische Leistungen sowie einen Sonderpreis für ein Gewerk ihrer Wahl.
Hochkarätige Wettbewerbe und Talks
Im Wettbewerb um den Deutschen FernsehKrimi-Preis konkurrieren zehn Filme, darunter fünf Premieren. Eröffnet wird der Wettbewerb am 19. März um 18 Uhr mit dem Polizeiruf 110 – Der Dicke liebt (MDR) – eine Premiere in Anwesenheit der Hauptdarsteller Peter Kurth und Peter Schneider sowie des Schauspielers Sascha Nathan. Um 20.30 Uhr dürfen sich Festivalbesuchende auf Regisseur und Hauptdarsteller Bjarne Mädel sowie Schauspielerin Katrin Wichmann freuen, die Sörensen fängt Feuer (NDR) in Wiesbaden präsentieren.
Weitere acht Fernsehkrimis laufen im Wettbewerb: Am Mittwoch zeigt das Festival Theresa Wolff – Lost (ZDF), Tatort – Von Affen und Menschen (SRF/ARD Degeto), Zielfahnder – Polarjagd (ARD Degeto/WDR), Tatort – Erbarmen. Zu spät (HR) und Bis in die Seele ist mir kalt (ORF/ZDF). Am Donnerstag folgen drei Tatort-Filme: Was ihr nicht seht (MDR), Geisterfahrt (NDR) und Lass sie gehen (SWR).
Zu den Filmgesprächen im Anschluss begrüßt der Berliner Filmjournalist Knut Elstermann zusätzlich zu den Darstellenden vor der Kamera auch die Regisseurinnen und Regisseure Hansjörg Thurn, Daniel Geronimo Prochaska, Lena Stahl und Christine Hartmann sowie die Drehbuchautorinnen und Drehbuchautoren Stefan Brunner, Lorenz Langenegger, Dagmar Gabler, Peter Dommaschk, Ralf Leuther und Norbert Baumgarten.
Besonderes Augenmerk auf serielles Erzählen
Neben dem traditionellen 90-Minüter erfreuen sich Krimiserien in den letzten Jahren einer stetig wachsenden Beliebtheit. Das Deutsche FernsehKrimi-Festival würdigt die Vielfalt und den Einflussreichtum dieses Genres durch einen eigenen Wettbewerb. Am 18. März wird ab 17 Uhr zum fünften Mal das Rennen um die Krimiserie des Jahres ausgetragen. Nominiert sind Der Schatten (ZDFneo), Die Quellen des Bösen (RTL+), Zeit Verbrechen (Paramount+), Die Saat – Tödliche Macht (ARD Degeto/NRK) und Boom Boom Bruno (Warner TV Serie). Das Festival zeigt je eine Folge der fünf nominierten Serien in der Caligari FilmBühne. Über die Gewinner-Serie entscheidet eine Studierenden-Jury.
Auch hier finden von Knut Elstermann moderierte Gespräche statt, u.a. mit den Regisseurinnen und Regisseuren Stephan Rick, Helene Hegemann, Alexander Dierbach und Maurice Hübner sowie den Drehbuchautorinnen und Drehbuchautoren Stefanie Veith, Catharina Junk, Christian Jeltsch und Kerstin-Sofie Laudascher.
Welcher Fernsehkrimi und welche Krimiserie eine Auszeichnung erhalten, wird auf der Preisverleihung des Festivals am Freitag, den 22. März, um 20 Uhr in der Caligari FilmBühne verkündet. Anschließend wird der Gewinnerfilm zu sehen sein.
KI, Drehbuchnachwuchs und Krimi-Marathon im Rahmenprogramm
Das Festival setzt in diesem Jahr einen Fokus auf ein brandaktuelles Thema, das die Film- und Fernsehbranche nachhaltig bewegt. Am Donnerstag, den 21. März, um 17 Uhr, beleuchtet das in Zusammenarbeit mit HRInfo geplante Panel Tatort KI die Frage, wie Künstliche Intelligenz den Fernsehkrimi von morgen beeinflusst. Es diskutieren Drehbuchautor Oliver Schütte, KI-Spezialist Renée Abe (ZDF Digital) und Susanne Klein, Rechtsanwältin mit dem Schwerpunkt Urheberrecht und KI. Das Panel moderiert Jan Eggers von HRinfo. „Künstliche Intelligenz ist ein entscheidendes transformatorisches Thema unserer Zeit und aktuell in aller Munde. Es wird spannend sein, zu erfahren, wie KI auch die Film- und speziell die Krimibranche beeinflusst. Es freut mich, dass das KrimiFestival hier wieder ein Fokusthema gewählt hat, das zu interessanten Diskussionen anregt“, so der Kulturdezernent.
Die Förderung des Drehbuchnachwuchses liegt dem Festival besonders am Herzen. Gemeinsam mit Hessen Film & Medien und TOP:Talente e.V wurden Stoffideen für Miniserien gesucht, vier Bewerbungen gelangten in die Endauswahl. Die eingereichten Drehbuchszenen wurden mit der Schauspielerin Luisa-Céline Gaffron und dem Schauspieler Oscar Hoppe verfilmt. Sie sind am Donnerstag, den 21. März um 21 Uhr in Anwesenheit der nominierten Autorinnen und Autoren auf der Leinwand der Caligari FilmBühne zu sehen. Die vielfach preisgekrönte Drehbuchautorin und Regisseurin Isabel Kleefeld kürt die Gewinnerin oder den Gewinner.
Den Abschluss des Festivals bildet am Samstag, den 23. März, ab 18 Uhr, die Lange FernsehKrimi-Nacht. Bis zum Morgen des 24. März werden noch einmal alle zehn Beiträge des Filmwettbewerbs in der Caligari FilmBühne zu sehen sein.
Das 20. Deutsche FernsehKrimi-Festival findet vom 17. bis 24. März 2024 in Wiesbaden statt. Der Kartenvorverkauf beginnt am Freitag, 1. März, ab 10 Uhr in der Tourist-Information, Marktplatz 1, 65183 Wiesbaden und auf der Website des Festivals unter www.fernsehkrimifestival.de.
Über das Festival:
Das Deutsche FernsehKrimi-Festival ist eine Veranstaltung des Kulturamtes der Landeshauptstadt Wiesbaden mit Unterstützung durch die Hessen Film & Medien, den Hessischen Rundfunk und die SV SparkassenVersicherung, in Kooperation mit dem Medienzentrum Wiesbaden, dem Wiesbadener Kurier und dem Literaturhaus Villa Clementine.
Während die Meister der Malerei wie da Vinci, Rembrandt, Monet, van Gogh oder Vermeer jedem ein Begriff sein dürften, ist das bei den Meisterinnen der Kunst keineswegs so selbstverständlich. Berühmte Namen wie Artemisia Gentileschi, Elisebtta Sirani, Elisabeth Vigée-Le Brun, Mary Cassatt und viele andere waren in der Kunstgeschichte abhanden gekommen. Das Arp Museum Bahnhof Rolandseck will das ändern und rückt in einer fulminanten Ausstellung vom 25.Februar bis 16. Juni 2024 die in Vergessenheit geratene Leistung der „Maestras. Malerinnen 1500 – 1900“ ins Rampenlicht. Das arp-museum folgt damit dem Trend im Kunstbetrieb, durch die Präsentation von Kunst von Frauen neue Impulse anzustoßen.
Die arp-Ausstellung ist dabei selbst für Kenner eine Bereicherung und zum Besuch sehr zu empfehlen. Sie zeigt den künstlerischen Beitrag von Frauen zur Geschichte der Malerei in einem weitumspannenden europäischen Fokus vom Mittelalter bis zur Moderne. Dabei werden in Kooperation mit dem Museo Nacional Thyssen-Bornemisza in Madrid 68 Werke von 51 hochkarätigen Malerinnen aus bedeutenden europäischen Museen und Privatsammlungen präsentiert. Der Reigen der Maestras wird in der arp-Schau noch durch neun weitere außergewöhnliche Meisterinnen der Malerei ergänzt, darunter so bedeutende wie Hildegard von Bingen und Gisela von Kerssenbrock, Plautilla Nelli und Sofonisba Anguissola, Maddalena Corvina und Michaelina Wautier, Marie-Victoire Lemoine und Marie-Gabrielle Capet, Rosalba Carriera und Anna Dorothea Therbusch.
Die auch didaktisch beispielhaft gelungen strukturierte Ausstellung führt die Besucher chronologisch in fünf Kapiteln durch die Schau: Begonnen wird im Mittelalter, gefolgt von Renaissance und Barock. Kapitel 2 widmet sich Künstlerinnen im Rokoko und zur Zeit der Aufklärung des 18. Jahrhunderts. In einem davon abgeteilten sogenannten Kabinett, Kapitel 3, werden einzigartige Stillleben von 1600 bis 1800 dargeboten. In Raum 4 können wichtige Vertreterinnen des 19. Jahrhunderts besichtigt werden, von wo aus man schließlich fließend im Raum 5 „Moderne und Avantgarde“, dem Höhepunkt der Schau, gelangt.
Der betrachtende Blick ginge immer von der Moderne aus, denn „wir fragen von heute aus: Was haben diese 51 wunderbaren Frauen gemeinsam, und wo waren sie in ihrer Zeit individuell, oder wo sprechen sie auch für ihre Generation?“, so Arp-Direktorin Dr. Julia Wallner. Gemeinsam sei allen Künstlerinnen, so Dr. Wallner, dass sie „sehr selbstbewusst eine selbständige Geschichte erzählen, eine freie Geschichte auch, eine mutige Geschichte, eine visionäre Geschichte“.
Das Museum Thyssen-Bornemisza entwickelte, begleitet von einem universitären Forschungsprojekt um Rocío de la Villa, die Übersichtsschau zu Frauen in der Kunst im vormodernen Europa mit einem europäischen Fokus auf 1000 Jahre Kunstgeschichte. Entsprechend startet, wie gesagt, diese Ausstellung im Mittelalter mit Hildegard von Bingen. Diese habe nicht nur mit ihrer naturwissenschaftlichen Forschung, sondern auch mit ihren medizinisch-theologischen Schriften, mit ihrer Funktion als Vorsteherin eines Klosters, und eben damit auch als Vorsteherin einer Frauengemeinschaft, wesentliches zur Geschichte der Frauen beigetragen, erklärt Dr. Wallner beim Presserundgang. In ihren kosmisch-visionären Vorstellungen erträumte Hildegard von Bingen bereits eine Einheit des Kosmos, die es bis heute nicht gäbe, und die Ordensfrau ging auch Fragen nach, ob die Gottesebenbildlichkeit nicht auch sowohl eine Frau als auch ein Mann betreffen könne. Das sei doch „etwas, was ich aus heutiger Sicht als einen feministischen Gedanken begreife“, so Dr. Wallner.
1. „Zwischen Licht und Schatten 1200-1700“
Im Ruppertsberg-Kodex „Liber Scivias“ um 1175 n.Chr. hat Hildegard von Bingen ihre Visionen niedergelegt. Aufgeschlagen ist in der Ausstellung die Illustration des „allumfassenden Weltalls“. Von Bingens zahlreiche Visionen wurden von Nonnen ihres Skriptoriums meisterhaft visualisiert und maltechnisch aufwändig umgesetzt. Diese künstlerische Tradition der Buchmalerei wurde fortgeführt. Und da die meisterhaft malenden Nonnen im Kloster Ruppertsberg ( Bingen-Kempten) 1930 eine Kopie von Hildegards Ruppertsberg-Kodex anfertigten, ist dieser in seiner ursprünglichen Form erhalten geblieben. Das Original ist seit dem 2. Weltkrieg verschollen.
Ein weiteres Ausstellungs-Highlight ist auch der Codex-Gisle, ein als Faksimile vorliegendes großformatiges Gesangbuch des Mittelalters, welches die Zisterziensernonne, Chormeisterin und Malerin Gisela von Kerssenbrock um 1300 n. Chr. für das Zisterzienser-Konvent von Rulle, Osnabrück meisterhaft anfertigte.
Die Nonne Plautilla Nelli war Bindeglied zwischen weiblicher Kloster- und Renaissancemalerei
Seitlich oberhalb des Codex-Gisle finden Betrachter das Andachtsbild „Madonna und Kind mit Heiligem Dominikus“ um 1550 / 1574 der Nonne Plautilla Nelli. Das Besonders ihrer Person besteht auch darin, dass Plautilla Nelli als Nonne und Malerin ein wichtiges „Bindeglied“ zwischen der Klostermalerei und den großen weltlichen Maestras der Renaissance-Malerei in der Kunstgeschichte darstellt, erklärt Dr. Susanne Dr. Blöcker, Kuratorin der Ausstellung. Denn Plautilla Nelli malte nicht nur solche kleinen Andachtsbildchen. Berühmt wurde sie, so Dr. Blöcker, „durch ein sieben Meter langes und zwei Meter hohes Altarbild, ein Abendmahl, was in ihrem Kloster im Refektorium hing. Damit machte sie quasi Leonardo da Vinci Konkurrenz“, so Dr. Blöcker. Plautilla Nelli war in ihrer Zeit eine vielbeachtete, selbstbewusste und sehr freie Maestra, die viele Kunden „auch in weltlichen Zirkeln“ hatte. Sie wurde vom größten Kunstkritiker der Renaissance, Giorgio Vasari, als „große Maestra“ hochgelobt. Vasari, selbst ein Maler, Architekt und Schriftsteller, unterschied nicht, männlich oder weiblich, sondern ihn interessierte nur, ob gut oder schlecht, und Plautilla Nelli war absolute Spitze.
Renaissance-Meisterin Lavinia Fontana
Während der italienischen Renaissance traten viele weltliche Malerinnen des Mittelalters aus den Schatten der Werkstätten ihrer Väter und Brüder und agierten oft sehr selbstbestimmt als anerkannte erfolgreiche Malerinnen. Biblische Heldinnen dominieren dabei, dem Zeitgeist geschuldet, die Themen ihrer Werke. Große Maestras wie Lavinia Fontana und Fede Galizia inszenierten sich dabei gerne in dramatischer Pose, etwa in der gewalttätigen männermordenden Szene als „Judith und Holofernes“. Judith hat Holofernes gerade frisch geköpft und serviert ihn mit einem ein wenig stolz verschmitzten siegesgewissen Gesichtsausdruck auf einem Teller. Da stellt sich natürlich die Frage, wer sich so etwas an die Wand hing. Bei Lavinia Fontana wissen wir nicht so recht, ob die „Judith“ vielleicht ihre Mäzenin, also diejenige war, der damals der Palazzo Davia Bargellini in Bologna gehörte, wo das Bild heute noch hängt, fragt sich Dr. Blöcker. Es könne sich aber auch um ein Selbstportrait von Lavinia Fontana handeln, so wie ihre berühmte Künstlerkollegin Artemisia Gentileschi uns überliefert hat, so die Kuratorin.
Fontanas Mann musste ihr den Rücken freihalten
Besonders interessant sei hinsichtlich der Emanzipationsfrage auch ein Blick in Lavinia Fontanas Biographie, so Dr. Blöcker. Diese habe nämlich bei ihrer „Heirat einen knallharten Ehevertrag aufgesetzt. ‚Sie ist die Alleinverdienerin, Ihr Mann hat für die Kindererziehung zu sorgen und für das Geld, also für die Regelung der Finanzen‘.“, zitiert Dr. Blöcker. Beide Eheleute waren Maler, ihr Mann ausgebildet bei ihrem Vater, jedoch weniger talentiert als sie, was logischerweise für das Ehepaar bedeutete, dass sie als Besserverdienende das Geld hereinholte, und der Herr Gatte ihr dafür den Rücken freizuhalten hatte. „11 Kinder gingen aus dieser Ehe hervor, und trotzdem war Lavinia Fontana in ganz Europa aktiv. Sie war angesehen und wurde nicht in irgendeiner Weise verfemt“ so Dr. Blöcker. „In ihrer Zeit, im frühen 17. Jhd. war es Gang und gäbe, dass Frauen sehr emanzipiert waren, sehr eigenständig arbeiten konnten, und man sie auch ließ“.
Das besondere freie Klima Bolognas
In diesem kulturellen Klima Italiens, in dem diese Maestras groß wurden, gab es in Bologna, so Dr. Blöcker, „eine Art Benimm-Buch „Il Libro del Cortegiano“ der höfischen Gesellschaft, in dem unter anderem bestimmt wurde: „Frauen sollen die gleiche Erziehung genießen wie Männer. Sie sollen breitest gebildet sein. Sie sollen natürlich Latein und Griechisch beherrschen. Sie sollen musikalisch gebildet sein. Sie sollen die Kunst können“, zitiert die Kuratorin. Und erkannte man dann ein malerisches Talent, so Dr. Blöcker, „dann hat man es gefördert. Es war einfach opportun, wenn man gesellschaftlich anerkannt sein wollte in Bologna.
In Bologna, wo Lavinia Fontana lebte, „gab es seit dem 14. Jahrhundert ganz selbstverständlich Frauen an der Universität als Lehrerinnen, als Professorinnen. Das ist ein sehr freiheitliches frauenfreundliches Klima gewesen, und dank dieses Klimas konnten diese Malerinnen natürlich auch sehr großes Maestras werden“, schaut Dr. Blöcker begeistert auf diese Zeit in der Kunstgeschichte zurück, als es noch neben den großen Meistern – gleichberechtigt – Meisterinnen in der Malerei gab.
„Ich werde Ihnen zeigen, zu was eine Frau fähig ist“
Artemisia Gentileschi, zitiert mit dem Satz „Ich werde Ihnen zeigen, zu was eine Frau fähig ist“, ist vertreten mit der „Büßenden Maria Magdalena, die „in sich ruhend, sehr vertieft und vergeistigt ist – aber sogleich kommt hier schon diese Energiegeladenheit dieser großen Maestra durch“, analysiert Dr. Blöcker. Artemisia Gentileschi, war trotz ihres einerseits schweren Schicksals eine herausragende gefeierte Künstlerin gewesen.
Auch weitere Malerinnen, etwa Sofonisba Anguissola, brillierten durch ihre starke Ausdrucksformen und klare Formensprache. Insbesondere das Wunderkind Elisabetta Sirani legte eine Maler-Karriere hin, die selbst für das damalige freie Bologna einzigartig war.
Sirani war der weibliche Guido Reni – nur weiß das heute niemand mehr
Elisabetta Sirani, am 8. Jan. 1638 geboren, wurde schon sehr früh ein Maler-Star, zu der schließlich die Touristen pilgerten, um ihr beim Malen zuzuschauen. Sie hatte sogar eine eigene Malakademie „für Frauen gegründet, damit diese eben ihren Fähigkeiten entsprechend besonders gefördert würden. Elisabetta Sirani war nach Guido Reni der große Kunststar in Bologna. Als Reni tot war, war sie da“, erzählt Dr. Blöcker. Sirani sei eines der vielen Wunderkinder gewesen, „die uns hierum an den Wänden ihre Bilder zeigen“. Diese Mädchen wurden ab dem 9., 10. Lebensjahr, „wenn sie dieses Malertalent nun hatten, gefördert“, so Dr. Blöcker. Elisabetta Sirani sei ein sehr gutes Beispiel dafür. Sie war universaltalentiert, auch sehr musikalisch; das beweist sie mit diesem Bild „Allegorie der Musik“, wahrscheinlich ein Selbstporträt, welches sie ihrem Musiklehrer Peter schenkte, erklärt die Kuratorin die Zusammenhänge.
Als Elisabetta Sirani viel zu früh im Alter von 27, 28 Jahren an den Folgen ihres exzessiven kräftezehrenden Malens an einem perforierten Magengeschwür verstarb, „hatte man Hymnen auf sie gedichtet, einen acht Meter hohen Katafalk durch Bologna geschleppt, der auf dem Grab aufgestellt wurde, und an dem man dann eigens neu gedichtete Lieder sang, erzählt Dr. Blöcker. Elisabetta Sirani wurde dort beerdigt, wo Guido Reni lag, in der Cappella Guidotti (der Kirche San Domenico) . Dort durfte seitdem in seinem Grab nur eine beerdigt werden, und das ist sie, Elisabetta Sirani“, erläutert Dr. Blöcker. Sie wolle an dieser Historie einmal mehr zeigen, „welche Berühmtheit die Sirani in ihrer Zeit hatte, wie anerkannt sie war, und das es keine Rolle spielte, ob sie eine Frau oder ein Mann war. Sie war einfach gut. Und dennoch ist sie vergessen worden. Das wundert“, resümiert Dr. Blöcker. Umso wichtiger sind solche Ausstellungen wie die „Maestras. Malerinnen 1500 – 1900“ oder auch andere, wie neulich „Geniale Frauen“ in im Bucerius Kunstforum, Hamburg, die helfen, vergessene Malerinnen wieder ins kulturelle Bewusstsein zu bringen.
2. Vive l’esprit- ein Hauch von Freiheit 1700-1800
Wenn sie sich eine Zeit aussuchen dürfte, in der sie gerne als Künstlerin gelebt hätte, wäre es wohl das 18. Jahrhundert, schwärmt Dr. Blöcker. Da saßen überall in ganz Europa nicht nur die großen Herrscherinnen wie Maria Theresia, Katharina von Russland oder Marie Antoinette an der Spitze, vielmehr gab es auch eine große Debattierkultur, mit Debattierzirkeln, an deren Spitze eine Salonnière stand. Das waren zumeist sehr vermögende Frauen, in der Regel aus dem Adel stammend, mit besten Kontakten. „Sie förderten natürlich auch weibliche Maltalente wie etwa Elisabeth Vigee-Le Brun, die von Königin Marie-Antoinette sehr stark mit Aufträgen unterstützt wurde“, so Dr. Böcker. Gleichzeitig war das 18. Jahrhundert eine Epoche gewaltiger sozialer Umbrüche, in dem überkommene Traditionen und Hierarchien in Frage gestellt oder gleich abgeschafft wurden.
Aus dieser Epoche präsentiert die Ausstellung hochkarätige Werke, darunter Pastelle der Venezianerin Rosalba Carriera, die die Leichtigkeit und Lebendigkeit des höfischen Rokokos verkörpern, oder das legendäre Gemälde „Lady Hamilton als Bacchantin“ der bereits erwähnten Französin Elisabeth Vigée-Le Brun (s.oben). Sie musste, nachdem ihr eine Affäre angedichtet und ihre Mäzenin Marie Antoinette in den Wirren der Revolution enthauptet worden war, durch halb Europa flüchten. Vigée-Le Brun reiste bis nach Rom in der Hoffnung, Ersatz für ihre verlorene Mäzenin und Auftraggeber zu finden. Sie besuchte auch die von ihr sehr bewunderte Angelika Kauffmann, bevor sie sich schließlich für mehrere Jahre in Russland niederließ. Erst im Alter konnte sie wieder nach Paris zurückkehren. Eines ihrer wohl schönsten, vielleicht auch eines ihrer sinnlichsten Werke ist das zwischen 1790 und 1792 entstandene Portrait „Lady Hamilton als Bacchantin“.
Angelika Kauffmann
Angelika Kauffmanns Werke, drei davon sind in der Ausstellung zu sehen, werden im Vergleich zu Vigée-Le Bruns Bildern eher noch bestimmt von den großen Helden und Heldinnen des Altertums. Das mag dran liegen, dass Kauffmann in Rom eng mit dem Altertumsforscher und Begründer der modernen Archäologie Johann Joachim Winckelmann zusammenarbeitete, den sie bereits im jungen Alter von 22 Jahren kennenlernen und portraitieren durfte. Winckelmann, um den im 18. Jahrhundert niemand herumkam, wenn er als Künstler in Europa Karriere machen wollte, verhalf Kauffmann zu vielen besten Kontakten. „Angelika Kauffmann war neben Winkelmann die Perfektion des Klassizismus“, so Dr. Blöcker. Angelika Kauffmann wurde so erfolgreich, dass sie in Rom auf dem Pincio-Hügel eine Villa bewohnen konnte. Sie unterhielt dort einen eigenen Salon. Selbst Goethe war angetan von ihr, die er zweimal besuchte. Viele Künstler fanden in der Hoffnung auf Unterstützung zu ihr, darunter auch, wie erwähnt, die berühmte Malerin Elisabeth Vigée-Le Brun. Sie war eine Bewundererin Kauffmanns.
Kauffmann verdiente nicht nur an Gemälden, sondern auch an ihren Radierungen. Besonders gefragt und ein Longseller war eine Radierung des Portraits von Winckelmann nach dessen gewaltsamen Tod. Kauffmann verlies Rom. Sie ging nach London zu ihrem langjährigen Freund Joschua Reynolds, einer der einflussreichsten englischen Künstler der damaligen Zeit. Der Kontakt kam einst über Winckelmann zustande. Reynolds hatte die Royal Academy of Arts in London gegründet. Angelika Kauffmann wurde das erste weibliche Mitglied. Zusammen mit Marry Rosa waren sie die ersten beiden weiblichen Mitglieder überhaupt, danach kam lange nichts mehr, schildert Dr. Blöcker die damalige Situation. Zu dieser Zeit agierten diese Maestras wie die großen Männer ihrer Zeit: Sie waren beruflich relativ unabhängig, trafen eigene Entscheidungen, trugen selbst die Verantwortung für ihr Handeln, und waren in ganz Europa entsprechend bekannt. Sie wurden von vielen Menschen umworben. Später gerieten viele dieser Maestras in Vergessenheit.
3. Naturforscherinnen 1600-1800
Im „hinteren Kabinett“, Kapitel 3 der Ausstellung, befinden sich wahre Bilder-Schätze. „Eines der ersten Stillleben, ein Stillleben der Malereigeschichte überhaupt, wurde von einer Frau gemacht: Fede Galizia (1578 Mailand -1630), die in der Ausstellung vertreten ist“, freut sich Arp-Direktorin Dr. Wallner. Es sei ein wunderbares, sehr reduziertes, sehr präzises Stück, bei dem man eben ihre genaue Beobachtungsgabe sehe, ein Werk, was aber in seiner Reduktion auf zwei Obstsorten auch eine moderne Ausstrahlung habe, „so ganz außergewöhnlich, in eben dieser Klarheit und auch der Formensprache.“
Etwas Besonderes ist Orsola Maddalena Cacciadas (1596 – ca. 1676) „Stillleben mit Vögeln“. Es bezeugt in wissenschaftlicher Genauigkeit, wie vor über 300 Jahren Sumpfmeisen, Zilpzalp, Buchfinken, Blaumeisen, Goldammer, Kiebitze und Kohlmeisen ausgesehen haben.
Zu den Highlights weiblicher Stilllebenmalerei gehört aber insbesondere Gionanna Garzonis „Stillleben mit Kirschen auf einem Teller, Bohnenschoten und einer Holzbiene“ (ca. 1642 – 51, siehe oben). „Jede der Kirschen ist Punkt für Punkt mit der Feder gemalt, das was die Pointillisten nachher getan haben. Und dadurch lebt sie eben auch so stark. Die Kirschen sehen immer noch knackig aus nach über 300 Jahren. Und die Holzbiene scheint immer noch da umher zu schwirren“, ist Dr. Böcker entzückt über die erhalten gebliebene grandiose Farbwirkung.
Es ist kein Zufall, dass Frauen die hohe Kunst des Stilllebenmalens besonders gut beherrschten. Denn Künstlerinnen war es verwehrt, wie Männer Aktstudien zu betreiben. Es galt als unschicklich, wenn Frauen einen nackten Mann malten. So widmeten sich etliche Frauen verstärkt dem Studium von Pflanzen und Insekten. „Mit feinstem Pinseln wussten sie Blattäderchen, perlende Wassertropfen und verwelkende Tulpenblätter präzise darzustellen“, so Dr. Blöcker, und sie mussten hierzu nicht mal die eigenen vier Wände und Grenzen ihres Gartens verlassen.
Blütenstillleben waren die Bestseller ihrer Zeit
Allerdings war der heimische Horizont vielen Barockmalerinnen schon bald zu wenig. So tourte beispielsweise die bekannte Künstlerin Giovanna Garzoni mit ihren beliebten Früchtestillleben im Gepäck durch ganz Italien. „Es hieß: ihre Kunden würden für ein Früchtestillleben von ihrer Hand jedweden Preis zahlen.“ (Begleitkatalog 2024, S. 67). und sie fand gute Abnehmer.
Die holländische Malerin Rachel Ruysch, aufgewachsen inmitten der Blumenpracht des vom Vater geleiteten Botanischen Gartens in Amsterdams, spezialisierte sich auf Blumenstillleben. Damit verdiente sie bald mehr als die – heute als alte holländische Meister geltenden einstigen Malerfürsten. Während Rembrandt beispielsweise für ein Historien-Gemälde etwa 500 Gulden bekam, erzielten Rachel Ruyschs Blumenstillleben mit bis zu 1200 Gulden über das Doppelte. Rachel Ruyschs Weg führt schließlich von Amsterdam in die damals „weite Welt“, hinaus bis nach Düsseldorf, wo sie schließlich sogar als Hofmalerin in die Dienste des Kurfürsten von der Pfalz berufen wurde und über ein stetiges Einkommen verfügte.
Ihre Erfolge und die Popularität der Blumenstillleben verhalf den Stilllebenmalerinnen zu einer vormals nie gekannten öffentlichen Beachtung und Wertschätzung. So wurden Silllebenmalerinnen vermehrt in Malergilden aufgenommen, vier wurden sogar Mitglieder in der 1648 gegründeten Pariser Kunstakademie. Auch weitere Stilllebenmalerinnen, etwa Anne Vallayer-Coster, zählten im 18. Jahrhundert zur absoluten Kunstelite Frankreichs. Diese Entwicklung sei auch deswegen erstaunlich gewesen, so Dr. Blöcker, „weil Stillleben eher als eine niedrigere Kunst-Gattung galt“.
Maria Sibylla Merian
Am bekanntesten dürfte bis heute Maria Sibylla Merian sein als Naturforscherin und (wissenschaftliche) Zeichnerin und Malerin, die es bis nach Suriname (nördlich von Brasilien) trieb, um die exotische Flora und Fauna zu studieren und sie durch ihre Kunst zu dokumentieren. Ihr großes Interesse galt dem Wachstum und der Metamorphose von Pflanzen und Insekten. Besucher können in dem ausgelegten Faksimile-Band „Metamorphosis insectorum Surinamensium, 1719″ durch Merians Großformate blättern und die bis ins kleinste Detail hinein, wunderbar ausgearbeiteten und aquarellierten Pflanzen- und Insektenstudien neu entdecken.
4. Rollen und Klischees 1800-1900
Mit Ende des 18. Jahrhunderts änderten sich aufgrund verschiedener Umstände die Zeiten und damit die Freiheit von Frauen, sich wie bisher künstlerisch relativ uneingeschränkt entfalten zu können. Die neue Zeit des angehenden 19. Jahrhunderts zeigt sich an ihren Werken, in denen allmählich verstärkt Motive aus für Frauen meist eingeengteren Lebensumfeldern dominieren. Solche Werke sind im Kapitel 4 der Ausstellung versammelt, unter anderem von: Helene Schjerfbeck und Elin DanielsonGambogi, Marie-Victoire Lemoine und Mary Cassatt, Marie-Louise Petiet und Elofsa Garnele sowie Annie Louisa Swynnerton.
Einen wesentlichen Anteil für den zeitgeistlichen Wandel hatten sicher auch Jean-Jacques Rousseaus Schriften zur Aufklärung, die über Europa hinaus großen Einfluss erlangten, insbesondere auf die Vorstellung von Familie, Geschlechterrollen und Kindererziehung. „Im Fokus der Reformer dieser Zeit“, so Dr. Blöcker, „stand nun die Kernfamilie“. Es galt „zur Sicherung von Zukunft und Fortschritt diese Kernfamilie zu reformieren. Man wollte gesunde Mitglieder der Gesellschaft. Das bedeutete: Frauen hatten keine Amme mehr, sondern sie haben ihre Kinder selbst gestillt“, so Dr. Blöcker. Dies sei vorher – zumindest in der Oberschicht – nicht üblich gewesen. Wer sich eine Amme leisten konnte, hatte nicht selbst gestillt. Für berufstätige Künstlerinnen hieß das beispielsweise, dass sie dann eher in der frühkindlichen Erziehungspause zu Hause blieben. Die frühkindliche Phase hatte Rousseau bis zum 4. Lebensjahr propagiert, ebenso, dass die Erziehung Sache der Frau sei.
Die Frau war seither also „gesellschaftlich stärker fixiert auf das Haus, und wenn man dann für den Künstlerberuf sich entschied, hat man in erster Linie zuhause gearbeitet, und das malerisch geschildert, was einem in diesen engen vier Wänden und vielleicht beim Spaziergang im Park begegnete. Es waren die klassischen Aufgabenfelder und Rollenbilder meist bürgerlicher Frauen, die im künstlerischen Fokus von Malerinnen wie Marie-Victoire Lemoine und Mary Cassatt standen: Mutterliebe und Hausarbeit bestimmten großflächig die Leinwand.“ analysiert Dr. Blöcker.
Infolge dieser Entwicklungen fanden Künstlerinnen im 19. Jahrhundert schwerlich Aufnahme in Akademien, und mussten, wie etwa Helene Schjerfbeck und Elin Danielson Gambogi auf private Kunstschulen wie Colarossi und Julian in Paris ausweichen.
Obwohl die Verhältnisse, als Künstler zu reüssieren, sich im 19. Jahrhundert verschlechtert hatten, drängten jedoch gleichzeitig auch immer mehr Frauen in den Kunstbetrieb, der erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts mit den Jahren der Gründerzeit dank neuer, durch ihre Unternehmen oftmals wohlhabend gewordene Auftraggeber (entstehender Industrie- und Geld-Adel) Künstlern neue Chancen bot. Ausnahmekünstlerinnen wie Marie-Louise Petiet und Elofsa Garnele gelang es gar, an den Salon- und Weltausstellungen teilzunehmen.
Solche Erfolge weiblicher Künstler waren aber eher die absolute Ausnahmen. Es bildeten sich Gegenbewegungen. Auch Annie Louisa Swynnerton war Mitglied in der Anfang des 20. Jahrhunderts in Großbritannien entstandenen Suffragetten-Bewegung. Sie kämpfte für eine bessere Ausbildung von Künstlerinnen. Ihr selbst gelang es dabei sogar, nach 100 Jahren als erstes weibliches Mitglied in die Royal Academy of arts London aufgenommen zu werden.
5. Moderne und Avantgarde 1900-1940
In der 5. Sektion der Ausstellung finden Betrachter Werke von Künstlerinnen, die zeigen, wie sehr sich doch im 20. Jahrhundert die Künste aus ihren engen geschlechtsspezifischen Schranken befreien konnten. Erstmals erscheinen zu dieser Zeit „auch zahlreiche weibliche Namen in den Ausstellungslisten von Museen, Galerien und in den Rezensionen der sich rasch verbreitenden Kunstzeitschriften“, erläutert Dr. Wallner. Die hier mit ihren Arbeiten präsentierten Frauen gehören zu den herausragenden Künstlerinnen ihrer Epoche, darunter Suzanne Valadon, Marfa Blanchard, Paula Modersohn-Becker und Käthe Kollwitz, Marianne Werefkin, Gabriele Münter, Sophie Taeuber und Sonia Delaunay. Die meisten von ihnen lebten zeitweise in Paris, dem Zentrum der Modernen Kunst. Viele waren aktiv in einflussreichen Künstlervereinigungen.
Mit Suzanne Valadon sei eine französische Malerin vertreten, „die zunächst als Modell in die Kunstgeschichte Einzug hielt, und die vor allem als uneheliche Tochter einer Wäscherin wirklich nicht die Eingangsvoraussetzungen hatte, die man sich für eine künstlerische Laufbahn auch im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert noch vorstellte, die es aber trotzdem eben geschafft hat, vom Modell sich selbst als Künstlerin zu ermächtigen“, erzählt Dr. Wallner. Einer ihrer großen Förderer war Édouard Manet. Das sei etwas, „was sich durchzieht, da wir in aller Regel immer wissen, welche Männer, welche Hände und schützende Worte über die Frauen gehalten haben.“ Valdons Bild „Marie Coca und ihre Töchter Cilberte“ (1913) sei eine eindrucksvolle, fast schon sachliche Darstellung von dieser Mutter mit ihrer Tochter. Dieses Werk ginge beinahe bereits stilistisch „in Richtung neue Sachlichkeit mit diesen maskenhaften Oberflächen und diesem Interieur, das uns entgegenkommt“, so Dr. Wallner.
Viele der hier gezeigten Künstlerinnen fanden wie Sonia Delaunay und Sophie Taeuber zu einer neuen, eher radikal abstrakten Bildsprache. Sie beschäftigten sich auch intensiv mit Mode, wie in Sonia Delaunays „Simultane Gewänder“ (1925), ein Werk, welches auch das Plakat dieser rundherum gelungenen Ausstellung schmückt. Hierauf zu sehen sind drei Frauen. Diese hat Delaunay in ihrer abstrakten Formensprache ganz flächig und farbkräftig dargestellt und ins Bild gesetzt sind. Es sei „eines der wirklichen Highlights nochmal am Schluss der Ausstellung“, findet die arp-Direktorin ganz zu recht.
(Dokumentation Diether von Goddenthow /Rhein-Main.Eurokunst)
Katalog
Der sehr empfehlenswerte Ausstellungskatalog „Maestras. Malerinnen 1500 – 1900″ (deutsch, 231 Seiten, 42 Euro) enthält neben einem Vorwort von Julia Wallner, Grußworte von Guillermo Solana und Christian Schneider, Texte zu den Ausstellungskapiteln und Exponaten von Astrid von Asten, Susanne Blöcker, Marianne Gechter, Loana Oyeniran, Helene von Saldern, Julia Wallner, Joelle Warmbrunn sowie einen Aufsatz der Forschungsprojektleiterin Rocfo de la Villa.
Ort:
Arp Museum Bahnhof Rolandseck
Hans-Arp-Allee 1 – 53424 Remagen
Tel. +49(0) 22 28 94 25 info@arpmuseum.org arpmuseum.org
Öffnungszeiten:
Dienstag bis Sonntag und an Feiertagen 11 -18 Uhr
Dienstags für angemeldete Gruppen ab 9 Uhr
Internationale und deutschsprachige Krimistars stehen im Zentrum, wenn der „Wiesbadener KrimiMärz“ bereits zum sechsten Mal die hessische Landeshauptstadt vom 2. bis 23. März in einen Schauplatz für Fans der Spannungsliteratur macht.
Zum Auftakt des „Wiesbadener KrimiMärz“ am Samstag, 2. März, stellt sich der diesjährige Krimistipendiat Bernhard Aichner in einer Autorenlesung vor und liest aus seinem aktuellen Thriller „Bildrauschen“. Darin schickt er den Berliner Pressefotografen David Bronski in seinem mittlerweile vierten Fall auf spektakuläre Mörderjagd, die in Echtzeit im Internet übertragen wird. Beginn der Veranstaltung ist um 19:30 Uhr, die Moderation des Abends übernimmt der Journalist und Krimi-Experte Ulrich Noller (WDR). Der „Wiesbadener KrimiMärz“ findet vom 2. bis 23. März an vielen Spielorten in ganz Wiesbaden statt. Zu Gast sind internationale und deutschsprachige Krimistars, vielfältige Formate runden das Programm ab. Weitere Informationen sind unter www.wiesbaden.de/krimimaerz zu finden, die Programmbroschüre liegt aus. Veranstalter der Lesung mit Bernhard Aichner ist das Literaturhaus Villa Clementine/Kulturamt.
In „Bildrauschen“ nimmt Bronski eigentlich eine berufliche Auszeit in den Tiroler Bergen. Als er auf einer Schneeschuhwanderung eine Frauenleiche findet, ist es mit dem Urlaub aber vorbei. Ein abgelegenes Luxus-Chalet, in dem fünf Social-Media-Stars ihr Wochenende verbringen, muss das Versteck des Mörders der Frau im Schnee sein. Nur der Mörder selbst ist nicht so leicht zu finden.
Bernhard Aichner, geboren 1972, lebt in Innsbruck. Er schreibt Romane, Hörspiele und Theaterstücke und ist einer der erfolgreichsten Autoren Österreichs. Für seine Arbeit hat er zahlreiche Preise und Stipendien erhalten, darunter das Österreichische Staatsstipendium für Literatur, den Crime Cologne Award und den Friedrich-Glauser-Preis.
Zeit und Ort:
Sa 02.03.2024, 19:30 Uhr,
Literaturhaus Villa Clementine, Frankfurter Straße 1, 65189 Wiesbaden
Kartenvorverkauf: € 12 / erm. € 9 zzgl. VVG. Tourist-Information Wiesbaden, Marktplatz 1, Telefon: 0611 / 1729-930; online über die Homepage des Literaturhauses/Eventim.
Abendkasse: € 15 / erm. € 11
Gestern Abend traf sich die hessische Kreativwirtschaft in Wiesbaden im Alten Gericht, dem neuen HUB für Kreativität, Gründergeist und soziale Innovation. Eingeladen hatte die Geschäftsstelle Kreativwirtschaft im Auftrag des Hessischen Wirtschaftsministeriums.
Bei seiner Begrüßung der rund 170 Gäste aus allen Bereichen der Branche sowie Vertreter von IHK’n. Verbänden und Hochschulen unterstrich Wirtschaftsminister Kaweh Mansoori, dass die Kreativwirtschaft nicht nur für Innovation und Kreativität stünde, sondern insbesondere auch den kulturellen Austausch unserer Gesellschaft fördere und damit einen „großen Beitrag zur kulturellen Vielfalt und zur Stärkung unserer Demokratie beiträgt. Von ganzem Herzen sage ich dafür Dankeschön!“.
Im besten Sinne stoße die Kreativwirtschaft regelmäßig den gesellschaftlichen Diskurs an, „indem Sie unterschiedliche Perspektiven und kulturelle Traditionen miteinander verbinde. Sehr viele Menschen aus sehr vielen verschiedenen Hintergründen kommen zusammen“, sagte Mansoori. Das trage natürlich dazu bei, „die Vielfalt in einer Gesellschaft zu fördern und Toleranz gegenüber anderen Kulturen zu stärken.“
Die Kultur- und Kreativwirtschaft besteht aus elf Teilmärkten: von Architektur und Computerspiel über Design, Verlage, Musik und Medien bis hin zu freien Theater, Kunst, Werbung, Filmwirtschaft, Rundfunk. Per Definition ist das verbindende Kriterium der Kreativwirtschaft die: „erwerbswirtschaftliche Kreativität und Produktion und Verwertung kreativer Leistung“. In der „Branche“ gibt ein riesiges Spektrum an unterschiedlichen Geschäftsmodellen und Tätigkeiten, wobei sich Kreative dann eher als Designer, Produzenten, Musiker, Architekten und Verleger verstehen, denn als Vertreter einer Kreativwirtschaft.
In der Kreativwirtschaft erwirtschafteten 2023 rund 127.000 Erwerbstätige in 18.000 Unternehmen einen Gesamt-Umsatz von insgesamt 15,4 Mrd. Euro. „Alle Zahlen belegen, dass die Kultur- und Kreativwirtschaft in Hessen ein wachsender und innovativer Zukunftssektor ist. Gemeinsam mit der Branche wollen wir Maßnahmen zur Förderung und Unterstützung dieses Wirtschaftszweiges weiterentwickeln, darauf freue ich mich.“
Das denkmalgeschützte Alte Gericht in Wiesbaden stand lange Zeit leer, bis hier auf Initiative des „Heimathafen“ ein Ort für kreatives Arbeiten und Cross Innovation einzog. Dieser Prozess macht aus Sicht des Wirtschaftsministers erlebbar, was die hiesige Branche insgesamt auszeichnet: „Durch Studien ist hinreichend belegt, dass die Kultur- und Kreativwirtschaft ein Innovationsmotor ist, der auch in anderen Wirtschaftszweigen wirkt. Die Kultur- und Kreativwirtschaft ist Treiber und ‚Innovationsmotor‘ für die Entwicklung der hessischen Wirtschaft und leistet einen unschätzbaren Beitrag für unsere demokratische und vielfältige Gesellschaft “, erklärte Mansoori.
Talk
Im Anschluss an die einführenden Worte von Wirtschaftsminister Mansoori reflektierten Larissa Pohl, Präsidentin des Gesamtverband Kommunikationsagenturen GWA, und Professor Mike Richter, Präsident des Rat für Formgebung, aktuelle Herausforderungen der Kultur- und Kreativwirtschaft. Moderiert wurde das Gespräch von Katja Lis, Kommunikationsdesignerin und Mitinitiatorin der Women of DDC. Im Zentrum des Gesprächs standen dabei die Herausforderungen und Chancen von KI-Systemen wie zum Beispiel Chat GPT (Text), Stable Diffusion (Bilder), AIVA AI (Musik) und ähnlicher Software. KI werde die Arbeit der Kreativwirtschaft in den kommenden Jahren rasant verändere.
Der Transformations-Prozess habe seit einiger Zeit schon begonnen. So ermögliche künstliche Intelligenz zunehmend beispielsweise, dass kreative Leistungen, die bislang vornehmlich nur von hochqualifizierten Fachkräften erbracht werden konnten, jetzt mitunter als Massenware hergestellt werden könnten.
Im Personalbereich, im Recruting etwa, seien größere Werbeagenturen, die von Bewerbungen überschüttet würden, dazu übergegangen, die ersten beiden Bewerberrunden rein elektronisch durchforsten zu lassen.
Vor enormen Herausforderungen stehen vor allem Studium und Ausbildung, die der Geschwindigkeit gegenwärtigen Wandels kaum hinterher kommen.
Besonders wichtig sei, so Larissa Pohl, „dass wir uns darauf vorbereiten müssen, dass eben schon in der Ausbildung, das Thema KI eine Rolle spielt. Ich bin gelernte Strategin. Die ersten zwei, drei Jahre meines Berufs waren Recherchieren, das Richtige zu finden, die richtigen Insides zu finden“. Damit habe sie ihr Handwerkszeug gelernt. „Wenn ich heute die KI damit füttern und nach den Insides fragen kann, wenn ich das so herausziehe, dann ist ein ganz wichtiger Ausbildungspart weg“, sorgt sich die GWA- Präsidentin um eine ins Wanken gekommene entscheidende Basis zum beruflichen Kompetenztraining. „Ich glaube, dass massive Herausforderungen auf uns zukommen!“ Deswegen müsse der Kreativstandort Hessen weiter gestärkt werden. „Nach wie vor steht Hessen eher für Banken und Industrie als für Kreativwirtschaft. In Deutschland wird insgesamt zu wenig für die neuen Berufe an der Schnittstelle von Digitalisierung und Kreation getan, hier könnte sich Hessen als Ausbildungsstandort profilieren“, so Pohl.
Professor Mike Richter pflichtet dem bei. Niemand könne doch einen fahrenden Güterzug aufhalten. Vielmehr müsse die Kreativitätswirtschaft die Transformation aktiv selbst mitgestalten und vor allem auf die mit KI verbundenen neuen Möglichkeiten und Chancen setzen. Besonders wichtig sei, möglichst rasch die Ausbildungs- und Studieninhalte entsprechend den neuen Herausforderungen anzupassen und zu erweitern.
Mit Blick auf die erfolgreiche Bewerbung der Region FrankfurtRheinMain als World Design Capital 2026 wurden auch Fragen zum Image des Kreativstandortes diskutiert. „Mit der Auszeichnung als World Design Capital – nicht nur für Frankfurt, sondern für die ganze Region – besteht nun die Chance, Design als Instrument für sozialen, kulturellen und wirtschaftlichen Wandel in Hessen zu nutzen und zu präsentieren“, betonte Professor Mike Richter.
Bei dem von Professor Matthias Wagner K., Direktor des Museums Angewandte Kunst in Frankfurt, und seinen Mitstreitern entwickelten Leitgedanken „Design for Democracy. Atmospheres for a better life“, mit dem der World Design Capital 2026 geholt wurde, geht es im Kern um eine gestalterische Umsetzung der Erkenntnis, dass Ästhetik nicht nur Design und Schönes schafft, sondern auch Werte vermittelt. Es geht vorrangig um die diverse Gestaltung von urbanen und baulichen Lebens- und Erlebensräumen, die die Werte von Demokratie, Freiheit, Mitmenschlichkeit und Umweltschonung spiegeln. (siehe Bewerung „Design for Democracy. Atmospheres for a better life“) Das Land Hessen wird das Projekt mit insgesamt 6 Mio. Euro.
„Das Thema ‚Design for Democracy. Atmospheres for a better life‘ könnte aktueller nicht sein. Als World Design Capital 2026 können wir zusammen viel erreichen und Demokratie und Wirtschaft stärken. Vermutlich keine andere Disziplin kann dies leisten. Daher mein Appell an alle aktiv mitzuwirken, um uns Zukunftschancen zu erschließen.“
(Diether v. Goddenthow /Rhein-Main.Eurokunst)
Terminvorschau:
Am 21. Juni 2024 wird sich die Branche unter dem Motto „Connecting Worlds“ zum 7. Kreativwirtschaftstag – der Konferenz für alle 11 Teilmärkte der Branche – treffen.
Vor vier Jahrzehnten gründeten die damaligen Designstudenten Manfred Wolf und Jean-Marc da Costa ein Unternehmen mit der Idee, innovatives Leuchtendesign mit hohem technologischen und handwerklichen Anspruch zu verbinden. Wie kaum ein anderer Leuchtenhersteller steht serien.lighting seitdem für einen kompromisslosen Fokus auf Designqualität, technisches Knowhow, Innovation und Avantgardeanspruch. Das Museum Angewandte Kunst in Frankfurt am Main öffnet im März 2024 dem Leuchtenhersteller zu seinem vierzigjährigen Jubiläum auf fast 300 m2 den Raum für eine umfassende Werkschau und Retrospektive. Ein stringentes Ausstellungskonzept lässt Interessierte in die Welt von serien.lighting eintauchen.
IN SERIEN
Der Ausstellungstitel IN SERIEN beschreibt die initiale Motivation, die zur Gründung des Unternehmens führte und zugleich namensgebend wurde: Die Auseinandersetzung mit formal reduzierten Produkten und einer zeitgemäßen, an serielle Fertigung angelehnten Ästhetik, die sich mit neuen Technologien von den expressiven Unikaten der Achtzigerjahre abheben sollte. Die Werkschau zeigt eindrucksvoll, wie konsequent diese Grundhaltung über vier Jahrzehnte immer wieder formal und technologisch von den Designern und ihrem Team neu interpretiert wurde. Das umfangreiche gestalterische Werk von Wolf und da Costa zeigt auf, wie konzeptuelle Kontinuität in Verbindung mit lebendiger Kreativität zu einer Handschrift werden kann, die auch bei sich wandelnden Technologien immer wiedererkennbar bleibt.
Die Welt von serien.lighting
Die Macher entwarfen ein Ausstellungskonzept, das in seiner Gradlinigkeit das Design, die Entwicklung und Geschichte des Unternehmens widerspiegelt. Das Motiv der filigranen Objekte im Raum, das der Produktgestaltung von serien.lighting zugrunde liegt, wurde mit dem Ausstellungskonzept großmaßstäblich übersetzt. Die Gestalter Wolf und da Costa folgen dabei der strengen Geometrie der Museumsarchitektur von Richard Meier und präsentieren die Jubiläumsschau als ein Modulraster im Raum, in dem alle Entwürfe gleichberechtigt präsentiert werden. Wie in einzelnen Schaufenstern kommen die frühen Leuchten ebenso zur Geltung wie aktuelle Modelle. Auch Sonderentwicklungen, z. B. für Synagogen und Bibliotheken, werden präsentiert, zudem Bücher, Kataloge und Plakate aus 40 Jahren Firmengeschichte. Zusätzlich bieten Projektionen Rückblicke in die Unternehmensgeschichte und Einblicke in herausragende Projekte, bei denen Leuchten von serien.lighting für gutes Licht sorgen.
Über serien.lighting
serien.lighting ist ein innovationsbegeisterter Hersteller von Leuchten mit hohem Designanspruch, der neueste Lichttechnik, serielle Fertigung, handwerkliches Können und hochwertige Materialien in seinen Produkten vereint. Das Unternehmen mit Sitz in Rodgau, in der Nähe von Frankfurt am Main, wurde Anfang der 80er Jahre von den beiden Designern Manfred Wolf und Jean-Marc da Costa gegründet und wird seit 40 Jahren von ihnen gemeinsam geführt. Eigene Entwürfe und die weiterer Designer sind bis heute Grundlage der Kollektion, die Leuchten für Wohnraum, Büro, Hotel und Gastronomie sowie soziale und kulturelle Einrichtungen umfasst. Immer wieder realisiert das Designteam auch projektbezogene Sonderlösungen.
Die Ausstellung IN SERIEN ist vom 3. bis 24. März 2024 im Museum Angewandte Kunst in Frankfurt am Main zu sehen.
Alte Meister und neue Leihgaben, eine kreative App und Virtual Reality (VR) – ab 3. März präsentiert sich im Landesmuseum Mainz der GDKE die Abteilung der Moderne und der Kunst des 20. Jahrhunderts in einer neuen Auswahl und Hängung. Die Wiedereröffnung mit einem Aktionstag am 3. März zwischen 10 und 17 Uhr bietet Führungen, Museumsbingo und Mitmachaktionen in den frisch sanierten Räumen. Neue Blickwinkel auf die Highlights von Lovis Corinth, Max Beckmann oder Hans Purrmann, spektakuläre neue Dauerleihgaben von dem Expressionisten Ernst Ludwig Kirchner, dem „deutschen Impressionisten“ Max Slevogt oder auch dem ehemaligen Professor für Malerei an der Kunsthochschule Mainz, Friedemann Hahn. „Wir zeigen unseren Besucherinnen und Besuchern aktuelle Forschungen, ungewöhnliche Gegenüberstellungen und neue Touren mit kreativen Vermittlungsideen“, freut sich die Direktorin des Landesmuseums Mainz, Dr. Birgit Heide.
Einer der Schwerpunkte, in der mit einer komplett erneuerten Lichtdecke ausgestatteten Abteilung ist natürlich Max Slevogt, er ist eines der Alleinstellungsmerkmale des Landesmuseums Mainz. Eintauchen können alle in „Slevogts Welt“ und sein vielseitiges Schaffen unter anderem über eine VR-Brille mit einer verblüffenden Multimedia-Projektion. In dieser virtuellen Selvogt-Welt wird die ganze Bandbreite seiner Gemälde, Zeichnungen und Druckgrafiken völlig neu in Szene gesetzt. Etwa seine enge Beziehung zur Musik und dem Theater, seine erschütternden Kriegserlebnisse und deren Verarbeitung, zahlreiche Illustrationsprojekte oder seine Biografie. „Wir zeigen Slevogt auf eine ganz neue Art und Weise und machen ihn durch Animationen emotional erlebbar“, ergänzt Dr. Birgit Heide. Untermalt mit klassischer Musik seiner Lieblingskomponisten und eigens für das Projekt produzierten Sounds, ermöglicht „Slevogts Welt“ einen neuen Zugang zu seinem kreativen Werk.
Die Eröffnung ist bei kostenfreiem Eintritt mit einer besonderen Mitmachaktion verbunden, bei der die Besucherinnen und Besucher mithilfe eines Fragebogens die Abteilung und ihre Besonderheiten gezielt bewerten und beschreiben können. Die Ergebnisse und Erkenntnisse daraus können dann künftig für anderen Abteilungen und weitere Planungen genutzt werden.
Noch bis zum kommenden Samstag, 24. Februar 2024 zeigt die Mainzer Kunst Galerie im Weihergarten 11 die Ausstellung „NO PAINT!“ Textile Bilder von der Künstlerin und Autorin Ursula Niehaus.
Ursula Niehaus, 1965 in Köln geboren, hatte sich einst als Stoffhändlerin selbstständig gemacht, bevor sie den künstlerischen Weg als Autorin und Gestalterin einschlug. Einem breiten Publikum wurde die in Ingelheim lebende Künstlerin und Schriftstellerin insbesondere durch ihre Bestseller „Die Seidenweberin“ (Weltbild 2007), „Die Stadtärztin“ (Knaur 2014) und „Die Tochter der Seidenweberin“ (Knaur 2015) bekannt.
Über das Schreiben hat Niehaus aber nie ihre Leidenschaft zum Stoff vergessen, im Gegenteil: Diese künstlerische manuelle Tätigkeit, quasi als „Stoffwerkschaffende“ ist eine ideale Balance zum „Schriftwerkschaffen“. Dass Niehaus Stoffcollagen so begehrt sind, ist ihrem Multitalent geschuldet.
Ihre Stoffcollagen sind im fotorealistisch anmutenden Stil gehalten, wobei Fotografien ihr als Vorlagen dienen, die sie von einer Stoff-Fabrik entsprechend ihrer Vorlagen weben lässt.
Finissage: Samstag, 24. Februar 2024, 11 — 16 Uhr Mainzer Kunst Galerie
Im Weihergarten 11
Anlässlich seines 50. Geburtstags widmet die Schirn Kunsthalle Frankfurt dem Hip-Hop und seinem tiefgreifenden Einfluss auf die aktuelle Kunst und Kultur unserer Gesellschaft vom 29. Februar bis 26. Mai 2024 eine große, interdisziplinäre Ausstellung.
Hip-Hop entstand in der Bronx im New York der 1970er-Jahre als kulturelle Bewegung unter Schwarzen und lateinamerikanischen Jugendlichen. Durch große Blockpartys entwickelte er sich schnell zu einer Kultur, die auf den vier Säulen MCing oder Rappen, DJing, Breaking oder Breakdance und Graffiti gründet. Von Anfang an übte Hip-Hop Kritik an vorherrschenden Strukturen und kulturellen Erzählungen und bot neue Möglichkeiten, um diasporische Erfahrungen auszudrücken und Alternativen zu bestehenden Machtverhältnissen zu schaffen. Dies ging mit einem wachsenden sozialen und politischen Bewusstsein sowie Wissensbildung einher, die als fünfte Säule gelten. Heute ist Hip-Hop ein globales Phänomen, das zahlreiche Innovationen in Musik, Mode, Technologie sowie bildender und darstellender Kunst vorangetrieben hat.
Basierend auf den Ursprüngen des Hip-Hop in den USA präsentiert die Ausstellung „THE CULTURE“ über 100 Arbeiten zumeist aus den letzten 20 Jahren, darunter Gemälde, Fotografien, Skulpturen und Videos sowie Mode von international bekannten Künstler*innen der Gegenwart, darunter Lauren Halsey, Julie Mehretu, Tschabalala Self, Arthur Jafa, Kahlil Joseph, Virgil Abloh und Gordon Parks. Sie gliedert sich in die sechs Themenbereiche Pose, Marke, Schmuck, Tribut, Aufstieg und Sprache. „THE CULTURE“ beleuchtet die politischen, kulturellen und ästhetischen Merkmale, die Hip-Hop zu einem globalen Phänomen gemacht und ihn als künstlerischen Kanon unserer Zeit etabliert haben. Die Ausstellung greift zudem zeitgenössische Themen und Debatten auf – von Identität, Rassismus und Appropriation bis hin zu Sexualität, Feminismus und Empowerment.
Die Ausstellung „THE CULTURE. Hip-Hop und zeitgenössische Kunst im 21. Jahrhundert“ wird gefördert durch den Kulturfonds Frankfurt RheinMain mit zusätzlicher Unterstützung von Deutsche Börse Group.
Sebastian Baden, Direktor der Schirn Kunsthalle Frankfurt, betont: „Hip-Hop ist eine gesellschaftlich prägende und einflussreiche kulturelle Bewegung, die in der Schirn erstmals in Deutschland in einem künstlerischen Ausstellungskontext zu sehen ist. Wir zeigen zusammen mit internationalen Partner*innen den großen Einfluss, den Hip-Hop auf die zeitgenössische Kunst und die Pop-Kultur der letzten 20 Jahre hatte. Mit einem umfassenden Rahmenprogramm greift die Schirn zudem Aspekte der lokalen Hip-Hop-Szene auf – ihre Verbindungen, aber auch die Unterschiede zur US-Geschichte sowie zeitgenössische Debatten über Empowerment und Identität.“
Die Kurator*innen Asma Naeem (Baltimore Art Museum, Dorothy Wagner Wallis Director) und Gamynne Guillotte (ehemals Chief Education Officer), Hannah Klemm (ehemals Associate Curator of Modern and Contemporary Art, Saint Louis Art Museum) und Andréa Purnell (Community Collaborations Manager) über die Ausstellung: „Der Einfluss des Hip-Hop auf die Kultur ist so maßgeblich, dass er zu einem neuen Kanon geworden ist. Dieser konkurriert mit der westlichen kunsthistorischen Tradition, an der sich viele Museen orientieren und ihre Ausstellungen entwickeln. Hip-Hop zeigt alternative Ideale hinsichtlich künstlerischer Qualität und Exzellenz, die sich auf Afro-lateinamerikanische Identitäten und Geschichten konzentrieren. Die Ausstellung ‚THE CULTURE‘ verdeutlicht, dass viele der überzeugendsten bildenden Künstler*innen der Gegenwart sich in ihrer Praxis direkt mit diesem Kanon auseinandersetzen. Die visuelle Kultur des Hip-Hop mit ihren subversiven Taktiken und ihrem Einsatz für soziale Gerechtigkeit taucht überall in der heutigen Kunst auf, in Malerei, Performance, Mode, Architektur ebenso wie auch in der Technologie.“
DIE SEKTIONEN DER AUSSTELLUNG „THE CULTURE“ präsentiert in sechs Sektionen künstlerische Arbeiten in einem dynamischen Dialog mit Mode und historischen Ephemera. Einige Werke stehen in direktem Bezug zu Hip-HopSongs, die in der Ausstellung über QR-Codes aufgerufen und angehört werden können. Unter die modischen Highlights der Ausstellung fallen u. a. Looks aus den Kollektionen von Virgil Abloh für Louis Vuitton, der legendären Streetwear-Marke Cross Colours sowie von Daniel „Dapper Dan“ Day und Gucci. Zu den berühmten historischen Ephemera gehören eine Kopie des Albums Beat Bop / Test Pressing (1983) von Jean-Michel Basquiat und Rammellzee, ein Vivienne Westwood Buffalo Hat (1984), den Pharrell Williams bei der Grammy-Verleihung 2014 berühmt machte, und mehrere von Lil’ Kims ikonischen Perücken, nachgestaltet von der Original-Hairstylistin Dionne Alexander.
POSE Die künstlerischen Arbeiten in diesem Teil der Ausstellung „THE CULTURE“ untersuchen, was sich über Gesten, Körperhaltung und die Art, wie sich jemand präsentiert, vermittelt. Michael Vasquez, Nina Chanel Abney oder Tschabalala Self erforschen binärgeschlechtliche und rassistische Stereotype, loten die Grenze zwischen Wertschätzung und Aneignung aus, betrachten die Beziehung zwischen Publikum und Darsteller*innen und fragen, welche Körper als gefährlich oder verletzlich gelten und wer darüber entscheidet. Für die einen ist die Selbstdarstellung ein Mittel zum Überleben, für die anderen eine Möglichkeit, sich zu behaupten, und für wieder andere ein Werkzeug, um feste Vorstellungen über körperliche Ausdrucksformen auf den Kopf zu stellen.
MARKE Das Konzept der Marke beschränkt sich nicht nur auf die Differenzierung und Vermarktung kommerzieller Güter. Vielmehr umfasst es auch die Art und Weise, wie eine Person die verfügbaren Kommunikationstechnologien einschließlich der sozialen Medien nutzt, um sich in der Öffentlichkeit zu positionieren. In den vergangenen Jahrzehnten fungierten Hip-Hop-Künstler*innen als inoffizielle Werbepartner*innen großer Marken, die zu ihrem Stil und ihrer gewünschten Außendarstellung passten. Das Aneignen von Luxusmarken, um etwas Einzigartiges zu schaffen, wie etwa durch den legendären Designer Daniel R. Day, besser bekannt als Dapper Dan, stellt den Begriff des Originals infrage und unterstreicht die unschöne Beziehung zwischen Luxuslabels und denjenigen, die absichtlich von ihnen ausgeschlossen werden. Egal, ob sie Mode entwerfen, Musik aufnehmen oder Kunst machen, die Künstler*innen lassen die Grenzen zwischen jenen Kunstformen und (Selbst-)Vermarktung verschwimmen. Die Ausstellung zeigt Arbeiten von Kudzanai Chiurai, Larry W. und ein Video in Zusammenarbeit von Athur Jafa, Malik Sayeed und Elissa Blount Moorhead. Sie greifen Konsum, Zurschaustellung von Luxusgütern sowie komplexe und festgefahrene Vorstellungen von Männlichkeit auf, die sich bei vielen Hip-Hop-Stars beobachten lassen.
SCHMUCK Während Stil oft durch Klasse und Politik bestimmt wird, kleidet sich kaum eine Kultur so exzentrisch – und so einflussreich – wie der Hip-Hop. Von Lil’ Kims bunten Perücken bis hin zu den überbordenden Goldketten von Big Daddy Kane und Rakim: Einige der bedeutendsten und einzigartigsten Stile haben ihren Ursprung im Hip-Hop. Künster*innen wie Miguel Luciano oder Hank Willis Thomas zeigen funkelnden Schmuck, glitzernde Grillz auf den Zähnen oder die ikonischen Nike Air-Force-1-Sneaker – sie werden in erster Linie getragen, um gesehen zu werden. Arbeiten von Murjoni Merriweather, Yvonne Osei und Lauren Halsey feiern sowohl das Kunsthaar als selbstbewusste Form des Schmucks in Schwarzen Communities als auch das Haarstyling als eigenständige Kunstform. Der Schmuck im Hip-Hop ist in der Lage, eurozentrischen Schönheitsidealen etwas entgegenzusetzen und Konzepte von Geschmack und gesellschaftlichen Konventionen infrage zu stellen.
TRIBUT Vom Name-Dropping in einem Song bis hin zum Porträt von verstorbenen Rap-Legenden auf einem T-Shirt oder als Tattoo – Hommagen, Respekt und „Shout-Outs“ als Zeichen von Dank sind ein wesentlicher Bestandteil der Hip-Hop-Kultur. Solche Verweise zeigen, wer Einfluss hat und wer wichtig ist; sie würdigen und ehren das Erbe und Vermächtnis verstorbener Künstler*innen und schaffen untereinander Netzwerke. Die Hervorhebung einzelner Künstler*innen und Stile trägt zur Kanonisierung des Hip-Hop bei – so werden bestimmte Kunstwerke, Songs und Rapper*innen kollektiv für ihre künstlerische Leistung und ihren historischen Einfluss gefeiert. Für das W Magazine fotografiert Carrie Mae Weems die Musikerin Mary J. Blige mit einer Krone, der nonfungible Token (NFT) Heir to the Throne (2021) von Derrick Adams ist von Jay-Zs DebütStudioalbum Reasonable Doubt (1996) inspiriert und Roberto Lugo schafft einen Street Shrine 1: A Notorious Story (Biggie) [Straßenschrein 1: A Notorious Story (Biggie)] (2019) aus Keramik. Als globale Kunstform ist Hip-Hop zu einem Maßstab für Künstler*innen des 21. Jahrhunderts geworden. Mit dem Tribut an den Hip-Hop und seine konzeptuelle und soziale Entwicklung setzen sich bildende Künstler*innen mit der Idee auseinander, dass der einst homogene, weiße und beständige Kanon der Kunstgeschichte fließend ist und durchlässig für eigene Biografien und Hintergründe wird. So stellen die Künstler*innen infrage, was als schön gilt, wer ikonisch ist und wessen Geschichte wertvoll ist.
AUFSTIEG Der Tod sowie Vorstellungen von Auferstehung beziehungsweise Aufstieg und dem Leben nach dem Tod tauchen häufig in Hip-Hop-Songs auf: von der Trauer um eine*n verstorbene*n Freund*in über die ständige Gefahr, sich als Schwarze Person im städtischen Raum zu bewegen bis hin zu Gedanken über die Unsterblichkeit, die durch Ruhm entsteht. Die Ausstellung zeigt Werke, die von den Themen des spirituellen Aufstiegs in der Kultur inspiriert sind wie etwa Ascent [Aufstieg] (2018) aus der DuRags-Serie von John Edmonds. Kahlil Joseph zeichnet mit der Videoarbeit m.A.A.d. (2014) ein üppiges, zeitgenössisches Porträt von Compton, Kalifornien, der Heimatstadt des mit dem Pulitzer-Preis ausgezeichneten Hip-Hop-Künstlers Kendrick Lamar. Ein Songtitel von Lamar ist auch titelgebend für die Collage Promise You Will Sing About Me [Versprich, dass du über mich singen wirst] (2019) von Robert Hodge. Auf diese Weise benutzen Künstler*innen Hip-Hop auch als Ausdrucksform, um Verlust zu verarbeiten, zu trauern und zu gedenken.
SPRACHE Hip-Hop ist eine Kunstform, in der es im Wesentlichen um Sprache geht: die visuelle Sprache des Graffiti, eine musikalische Sprache, die Scratching und Sampling umfasst, und natürlich das geschriebene und gesprochene Wort. Call-and-Response-Gesänge, gefolgt von Rap-Reimen und Texten, die über die Tracks gelegt werden, bilden die Grundlage für Hip-Hop-Musik. Neben dem Sprechgesang ist eines der erkennbarsten Merkmale des Hip-Hop das Graffiti. Seit den 1970erJahren bemalen oder besprühen Graffiti-Writer Züge, Teile der städtischen Infrastruktur und Wände mit grellen Farben. Viele Writer signieren ihre Werke mit wiedererkennbaren „Tags“. Sie erforschen die erkennbaren Formen von Buchstaben und Zahlen und treiben Tags bis an die Grenze der Lesbarkeit. Die Schirn zeigt Werke von u. a. Jean-Michel Basquiat, RAMM:ΣLL:ZΣΣ
(Rammellzee), Adam Pendleton oder Gajin Fujita, die zentrale Elemente des Graffiti auf Papier, Leinwand oder großformatigen Holzplatten umsetzen. Manche Botschaften sind für alle verständlich, während andere in Verweisen, Technologien oder Formen verschlüsselt sind, die Insiderwissen erfordern und für sich beanspruchen, nicht allgemein verstanden zu werden.
Die Ausstellung wurde organisiert vom Baltimore Museum of Art und dem Saint Louis Art Museum und wird präsentiert in Zusammenarbeit mit der Schirn Kunsthalle Frankfurt.
Die Ausstellung „THE CULTURE“ in der Schirn wird im Kunstverein Familie Montez mit der Videoinstallation ISDN (2022) von Stan Douglas fortgesetzt sowie erweitert durch eine Ausstellung rund um Milestones des Hip-Hop im MOMEM, eine Filmreihe zur 50-jährigen Geschichte des HipHop im DFF – Deutsches Filminstitut & Filmmuseum und einer Aktion des Diamant Offenbach: Museum of Urban Culture.
Sowohl die Ausstellung als auch die Publikation werden von einem umfangreichen Netzwerk aus Berater*innen unterstützt, darunter Mitglieder der Community, Künstler*innen und Wissenschaftler*innen, die sich mit Hip-Hop beschäftigen.
Künstler und Künstlerinnen der Ausstellung: Abbey Williams, Adam Pendleton, Adrian Octavius Walker, Alex de Mora, Alvaro Barrington, Amani Lewis, Anthony Olubunmi Akinbola, Babe Ruth, Baby Phat, Bruno Baptistelli, Caitlin Cherry, Carrie Mae Weems, Chance the Rapper, Charles Mason III, Cross Colours, Daniel „Dapper Dan“ Day, Damon Davis, Deana Lawson, Derrick Adams, Devan Shimoyama, Devin Allen, Dionne Alexander, El Franco Lee II, Eric N. Mack, Ernest Shaw Jr., Fahamu Pecou, Gajin Fujita, Hank Willis Thomas, Hassan Hajjaj, James Brown, Jayson Musson, Jean-Michel Basquiat, Jen Everett, John Edmonds, Jonathan Lyndon Chase, Jordan Casteel, José Parlá, Joyce J. Scott, Julie Mehretu, Kahlil Joseph, Kahlil Robert Irving, Kudzanai Chiurai, LA II, Larry W. Cook, Lauren Halsey, Luis Gispert, Maï Lucas, Malcolm McLaren, Maxwell Alexandre, Megan Lewis, Michael Vasquez, Miguel Luciano, Miquel Brown, Monica Ikegwu, Murjoni Merriweather, Nina Chanel Abney, NIA JUNE, Kirby Griffin und APoetNamedNate, Nicholas Galanin, Pharrell Williams, Rammellzee, Rammellzee und K-Rob mit Jean-Michel Basquiat, Rashaad Newsome, Robert Hodge, Robert Pruitt, Roberto Lugo, Rozeal, Shabez Jamal, Sheila Rashid, Shinique Smith, Shirt, Stan Douglas, Tariku Shiferaw, Telfar Clemens, Texas Isaiah & Ms. Boogie, The Isley Brothers, TNEG (Arthur Jafa, Elissa Blount Moorhead, Malik Sayeed), Travis Scott, Troy Lamarr Chew II, Tschabalala Self, Virgil Abloh, Vivienne Westwood und Malcolm McLaren, Wales Bonner, Willy Chavarria, Wilmer Wilson IV, Yvonne Osei, Zéh Palito.
RAHMENPROGRAMM Im umfassenden Rahmenprogramm der Ausstellung kommen zudem weitere Stimmen zu Wort. THE VOICES In dem partizipativ angelegten Projekt sprechen Protagonist*innen mit regionalen Szenebezug zu Themen und Werken der Ausstellung in persönlichen Statements und stellen auf dieser Vermittlungsebene innerhalb der Ausstellung weiteren Kontext zu dem Gesehenen bereit OPENING CELEBRATION Die Ausstellung wird am 28. Februar eröffnet mit DJ-Sets von DJ Haitian Star aka Torch (Advanced Chemistry) und Chelo. EXPERT TALK Am 29. Februar sprechen die Co-Kurator*innen der Ausstellung, Asma Naeem (Direktorin des Baltimore Museums of Art) und Andréa Purnell (Saint Louis Art Museum) mit Schirn Kurator Matthias Ulrich über den Einzug von Hip-Hop in die zeitgenössische Kunst FEEDBACK In der Talk-Reihe mit Miriam Davoudvandi sprechen jeweils am 5. März und 7. Mai weibliche Persönlichkeiten der deutschen Hip-Hop- und Rap-Szene wie OG LU, Cora E., Liz und Sabrina Setlur mit der Gastgeberin SCHIRN AT NIGHT Die legendäre Party zelebriert am 13. April „THE CULTURE“ stilecht mit Live-Performances und einer Hip-Hop-Jam BLOCKPARTY Am 27. April findet eine Blockparty um den Kunstverein Familie Montez statt WORD CUP RELOADED Die Veranstaltung in drei Teilen am 17.,18. und 19. Mai orientiert sich am ehemaligen Hip-Hop-TV-Format VIVA Word Cup und wird in adaptierter Form live in die Schirn geholt. Kuratiert von Joana Tischkau, Nuray Demir, Mearg Negusse, Sophie Yukiko, Meliha Cinar und moderiert von Tyron Ricketts
KATALOG THE CULTURE. HIP HOP AND CONTEMPORARY ART IN THE 21ST CENTURY, herausgegeben von Diana Murphy und Virginia Gresham, mit Beiträgen von Devin Allen, Salome Asega, Lawrence Burney, Rikki Byrd, Valerie Cassel Oliver, Aurélie Clemente-Riuz, Sekou Cooke, Martha Cooper, Martha Diaz, David A. M. Goldberg, Gamynne Guillotte, René de Guzman, Mona Haydar, Ebony L. Haynes, Tahir Hemphill, Jillian Hernandez, Michael Holman, Msia Kibona Clark, Hannah Klemm, Lindsay Knight, Maï Lucas, Charity Marsh, Jesse McCarthy, Jeffrey Q. McCune Jr., madison moore, Jordana Moore Saggese, Noriko Manabe, Alex de Mora, Asma Naeem, Jessica N. Pabón-Colón, Hardeep Pandhal, Wendel Patrick, Alphonse Pierre, Andréa Purnell, Simon Reynolds, Seph Rodney, Elena Romero, Franklin Sirmans, Skeme, Danez Smith, Lester Spence, Greg Tate, Carol Tulloch, Charles Tshimanga, TT The Artist, D. Waktins, Simone White, Ekow Eshun, Lydia Yee, englische Ausgabe, 306 Seiten, ca. 235 Abbildungen, 23,5 x 30 cm, Hardcover, Gregory R. Miller & Co. Verlag, ISBN 978-1-941366-54-7, 45 € (an der Schirn Kasse und im OnlineShop).
BROSCHÜRE THE CULTURE. HIP-HOP UND ZEITGENÖSSISCHE KUNST IM 21. JAHRHUNDERT, herausgegeben von Matthias Ulrich, mit Beiträgen von Charlotte Furtwängler und Oliver Kautny (beide Cologne Hip Hop Institute), deutsche und englische Ausgabe, je 40 Seiten, 11 x 16,5 cm, ohne Verlag
ORT SCHIRN KUNSTHALLE FRANKFURT, Römerberg, 60311 Frankfurt am Main DAUER 29. Februar – 26. Mai 2024 INFORMATION schirn.de E-MAIL welcome@schirn.de TELEFON +49.69.29 98 82-0 TICKETS im Onlineshop unter schirn.de/shop und an der Schirn Kasse
TICKETS im Onlineshop unter schirn.de/shop und an der Schirn Kasse
EINTRITT 12 €, ermäßigt 10 €, freier Eintritt für Kinder unter 8 Jahren
ÖFFNUNGSZEITEN Di, Fr bis So 10-19 Uhr, Mi und Do 10-22 Uhr
INDIVDUELLE FÜHRUNGEN BUCHEN Individuelle Führungen oder Gruppenbuchungen sind buchbar unter fuehrungen@schirn.de
INFORMATIONEN ZUM BESUCH Alle Informationen zum Besuch unter schirn.de/besuch/faq
(rap) Zum „Tag der Archive 2024“ öffnen auch die Mainzer Archive ihre Magazine, um die Schätze der Öffentlichkeit zu präsentieren. In diesem Jahr beteiligen sich das Archiv des Landtags Rheinland-Pfalz, das Archiv des SWR, das Dom- und Diözesanarchiv sowie das Universitätsarchiv als auch das Stadtarchiv ihre Pforten.
An zwei Tagen zeigen Archivar:innen überaus Wissenswertes, Überraschendes und Kurioses rund um das Thema „Essen und Trinken“. Unsere Nahrung ist als „conditio humana“ eines der Grundbedürfnisse des Menschen. Doch was und wie wir essen und trinken, hat sich über die Jahrhunderte gewandelt. Grund genug, einmal genauer hinzuschauen.
Den Einstieg macht am Freitag, 01. März 2024 (18.30 – 20.00 Uhr) das Stadtarchiv Mainz. In einem Bogen vom Mittelalter bis in das 20. Jahrhundert wurden Archivalien ausgesucht, die von Bier aus Mainz oder Nahrung einfacher Bürger in der frühen Neuzeit, von vergangener Festkultur und auch Hungersnot erzählen. Im Anschluss an die Archivalienpräsentation besteht die Möglichkeit zu einer Führung durch die Archivmagazine.
Am Samstag, 02.März 2024, wird der Tag der Archive online von 16.00 – 18.00 Uhr fortgesetzt. In Kurzvorträgen beleuchten das Dom- und Diözesanarchiv, das Archiv des Landtags Rheinland-Pfalz, das Archiv des SWR, das Universitätsarchiv als auch das Stadtarchiv das Motto „Essen und Trinken“ durch die Jahrhunderte.