Das wechselvolle Verhältnis zwischen dem Plakat als künstlerisch gestalterisches Medium und der Rolle von Frauen beschäftigt die Ausstellung PLAKATFRAUEN. FRAUENPLAKAT. Erstmals gezeigt wird eine Auswahl von Plakaten aus der Sammlung des Wiesbadener Privatsammlers Maximilian Karagöz, die sich auf die erste Hochphase deutscher Plakatgestaltung (1900-1921) fokussiert. Dabei wird der Geist der Straße ins Museum gebracht: Auf rund 80 qm, angelehnt an den plakativen Charakter von Litfaßsäulen und Plakatwänden, zeigt die Ausstellung dicht an dicht gehängt das Motiv von Frauen auf Plakaten, die in unterschiedlichen Facetten auf der Reklame eingesetzt sind. Die Ausstellung soll verdeutlichen, dass es herausragende Gestalterinnen gab, die heute in Vergessenheit geraten sind. Sie zeigt das Missverhältnis zwischen Gestaltern und Gestalterinnen auf, das im Kern bis heute nachwirkt. Die Ausstellung wurde gemeinsam vom Museum Wiesbaden und von der Co-Kuratorin Prof. Dr. Petra Eisele vom Designlabor Gutenberg der Hochschule Mainz konzipiert.
Das am 23. Juni 2024 eröffnete Wiesbadener Kunstmuseum Reinhard Ernst an der Wilhelmstrasse 1 hat in seinen ersten 100 Tagen bereits 60.000 Besucher angezogen. Das sei von hier aus „eine Menschenkette bis nach Limburg“, oder sind „mehr Fans, als in das Stadion der Eintracht Frankfurt passen“, oder „600 Menschen täglich“, zog sein Gründungsdirektor Dr. Oliver Kornhoff gemeinsam mit Museumsgründer, Namensgeber und Kunstsammler Reinhard Ernst und Kuratorin Lea Schäfer die überdurchschnittliche Drei-Monats-Bilanz. Wir haben zwar mit vielen Besuchern gerechnet, so Ernst, ,, „in dieser Größenordnung allerdings nicht».
Die Kunst- und Architekturbegeisterten, die das kubusartige Museum Ernst des japanischen Stararchitekten Fumihiko Maki in der Wilhelmstraße 1 vom 23. Juni bis 30. September 2024 besuchten, kamen nicht nur aus der Region und Deutschland, sondern aus mehr als 20 Ländern, insbesondere aus Benelux, aber auch aus Frankreich, Österreich und der Schweiz sowie aus Neuseeland und USA. 17.000 Gäste haben an 700 Gruppenführungen teilgenommen und haben sich „unsere Vorstellungen von moderner Kunst nahebringen lassen, so Kornhoff. Viele Gäste brächten oft schon sehr viel Wissen über moderne Kunst mit, und für sie sei es mitunter richtig überwältigend und eine Körpererfahrung, wenn sie dann die mitunter riesigen Werke in Originalgröße entdeckten. Sie erlebten also nicht nur eine intellektuelle, visuelle, sondern auch eine körperliche Kunsterfahrung, sozusagen eine Art Selbstertüchtigung im Museum, so der Direktor.
Wer dann jedoch noch mehr in die Tiefe gehen möchte, dem seien die Media-Guides empfohlen mit derzeit vier Touren im Angebot, der Tour der Lieblingsstücke, original eingesprochen von Reinhard Ernst, die Tour über die Architektur des Museums, als dritte Tour: „Highlights“ und schließlich eine Kindertour auf der Suche nach dem weißen Wal.
Ein digitales Farblabor für Kinder
Vormittags ist das Museum ausschließlich Kindern und Jugendlichen vorbehalten. „Vor allem freut es meine Frau und mich, dass so viele junge Menschen unser Museum besuchen. Die Begegnung mit Kunst setzt kreative Energien frei und fördert das vernetzte Denken – eine Fähigkeit, die man nicht früh genug erlernen kann. Sie hilft später im Beruf, Zusammenhänge einzuordnen und innovative Lösungen zu finden“, ist Ernst überzeugt.
Allerdings bedeute das aber auch, so Direktor Kornhoff, dass wir zwischen 10.00 und 12.00 Uhr auch keine Einnahmen haben. Aber darum ginge es ihnen ja auch nicht. Das Angebot sei bislang von Schulen und Bildungsinstitutionen sehr stark nachgefragt worden, wir sind bis Dezember völlig ausgebucht, freut sich Kornhoff. Man habe täglich drei bis vier Schulklassen hier. Seit der Eröffnung wurden 100 pädagogische Gruppenführungen mit über 1.500 Kindern durchgeführt. In den Wochen vor den Sommerferien nutzten zahlreiche Gruppen dieses Angebot: von Kitas über Grundschüler bis hin zu Berufsschulen und Schülern der ersten und zweiten Sekundarstufe.
Die zwei Highlights „Kunst“ und „Architektur“
„Das Museum hat sich innerhalb kürzester Zeit zu einem Publikumsmagneten in Wiesbaden entwickelt“, so der Museumgründer. „Wir haben hier zwei Highlights. Wir haben „Kunst“ und wir haben „Architektur“ Dieses Konzept von erstklassiger Architektur und einer bis dato noch nicht gezeigten Sammlung von internationaler abstrakter Kunst verbunden mit ungewöhnlichen Vermittlungsangeboten und einem hervorragenden kulinarischen Angebot hat unsere Besucher überzeugt.“
Und auf die Frage, ob er, rückblickend betrachtet, jetzt vielleicht irgendetwas am Museum noch hätte besser machen wollen, fiel Ernst nichts, was er hätte besser machen wollen, ein, „allenfalls“, so Ernst, „dass wir größer hätten bauen sollen“. Aber das wäre so mit „den“ Wiesbadenern nicht machbar gewesen. Nein, man sei sehr glücklich über den großen Erfolg des Museums. Man habe mit dem modernen Kunstmuseum als neues kulturelles Highlight der Stadt Wiesbaden auch geholfen, sich mit ihren Bürgern, was den Verfall der Wilhelmstrasse betrifft, zu versöhnen. Das Museum belebe nicht nur die Wilhelmstraße.
Leichter Bilbao-Effekt
Kornhoff spricht in diesem Zusammenhang gar von einem leichten Bilbao-Effekt für Wiesbaden. Zurück geht der Begriff auf die positive, aufwertende Entwicklung, die die einst ein wenig abgewirtschaftete nordspanische Stadt Bilbao nahm, nachdem 1997 das spektakuläre Guggenheim-Museum des US-amerikanischen Architekten Frank O. Gehry eröffnet wurde. Auch Wiesbaden – ob Hotellerie, Einzelhandel oder Kultur bis hin zur Belebung der Fußgängerzone – profitiere mittelfristig von den Besucher-Erfolgen des Museum Reinhard Ernst mit seiner Architektur der „Superklasse“ und „Kunst von Weltrang“.
Erlebnis-Paket Museum Reinhard Ernst
Dass der am meisten geteilte News-Post des Museums, der mit den geöffneten Sonnen-Schirmen der Museumsrestauration Rue 1 war, zeige zudem, dass ein Museum wie dieses vor allem auch ein Ort sei, an dem Menschen sich treffen, gemeinsam etwas erleben und endlich auch wieder an der Wilhelmstraße unter Platanen sitzen und ein Boulevardgefühl entwickeln könnten. Dieses Erlebnis-Paket aus Kunst, Architektur, Geselligkeit und guter Kulinarik sei nicht zu unterschätzen, ob ein Museum angenommen würde oder nicht, so Kornhoff. Auch zeige die hohe Zahl bislang verkaufter Dauerkarten, dass die Wiesbadener ihr Museum Reinhard Ernst liebten, so der Direktor.
Das Museum Reinhard Ernst solle auch zu einem Ort der Gespräche werden. Vorgesehen sei, Künstlerinnen und Künstler zu Talks einzuladen, die in enger Beziehung zum Museum stünden. Aber auch Konzerte und andere Kultur-Events seien vorgesehen, manche hätten auch schon stattgefunden.
Eine wichtige Säule in der Einnahmenstruktur sei die Vermietung des Maki-Saals und des Foyers für Events wie Konzerte, Firmenevents, Podiumsdiskussionen, Geburtstags- oder Jubiliäumsfeiern, (Produkt-)Präsentationen, Modenschauen usw. Die Einnahmen hieraus gingen in die Vermittlung, die für Kinder und Jugendliche kostenlos sei.
Geliebt oder gehasst: „Zuckerwürfel“?
Natürlich gefalle nicht jedem die moderne Architektur inmitten der historischen Wilhelmstraßen-Architektur. Mitunter sei von Betonklotz die Rede, liebevoller auch von „Zuckerwürfel“. Mit dieser Kritik können wir leben, so Ernst. „Denn die Bauten des japanischen Stararchitekten Fumihiko Maki polarisieren immer.“ Die einen liebten sie, die anderen lehnten sie ab. Übrigens: Wer möchte kann noch bis zum 9.02.2025 die Modelle von Makis spektakulären Bauten weltweit in der Sonderausstellung „Fumihiko Maki und Maki & Associates: Für eine menschliche Architektur“ studieren.
Ausblick auf 2025: Fokus auf Helen Frankenthaler
„Farbe ist alles!“ bis März 2026
Unter dem Titel „Farbe ist alles!“ wird noch bis März 2026 die erste umfangreiche Sammlungspräsentation herausragender Werke der Abstraktion nach 1950 aus den USA, Japan und Europa weiterhin zu sehen sein. Gezeigt werden 60 Meisterwerke aus der fast 1.000 Werke umfassenden Sammlung von Reinhard Ernst. Die Ausstellung veranschaulicht die bahnbrechenden Entwicklungen in der Malerei durch Arbeiten von Künstler wie Friedel Dzubas, K.O. Götz, Toshimitsu Imaï, Helen Frankenthaler, Robert Motherwell, Judit Reigl, Tōkō Shinoda, Pierre Soulages, Frank Stella und Fred Thieler. Die Sammlungspräsentation wird alle zwei Jahre wechseln.
Fumihiko Maki Sonderausstellung bis 9.02.2025
Noch bis zum 9. Februar 2025 ist die erste Sonderausstellung „Fumihiko Maki – Maki and Associates: Für eine menschliche Architektur“ im Museum zu sehen. Die Ausstellung widmet sich dem 1928 geborenen, kürzlich verstorbenen japanischen Star-Architekten und zeigt Modelle seiner bedeutendsten Projekte, darunter den Tower 4 des World Trade Centers in New York.
Das „Helen Frankenthaler Jahr 2025″ im mre
2025 werde ein „Helen Frankenthaler“ im Museum Reinhard Ernst werden, so verrät Kuratorin Lea Schäfer. Ab zirka März 2025 stünde dann das Museum Reinhard Ernst ein Jahr lang ganz im Zeichen von Helen Frankenthaler (1928–2011) . Was viele vielleicht nicht wissen: Reinhard Ernst hat im Laufe der Jahre die weltweit größte Privatsammlung ihrer Werke aufgebaut, die fast 50 bedeutende Gemälde aus den Jahren 1950 bis 1990 umfasst. Diese Meisterwerke werden in vier Ausstellungssälen des Museums gezeigt werden, wobei viele der Arbeiten erstmals in Deutschland zu sehen sind. Dies ist zudem die erste große Einzelausstellung Frankenthalers in Deutschland seit fast 25 Jahren, die sich auf ihre großformatigen Leinwandgemälde konzentriert. Darüber hinaus bleibt Frankenthaler auch in der Sammlungspräsentation des Museums präsent.
Die Ausstellung verbindet verschiedene Schaffensphasen der Künstlerin, um die Innovationskraft und Vielfalt ihrer Kunst deutlich zu machen. Auf diese Weise wird ein intensives Bild von Frankenthalers Arbeit vermittelt, die die abstrakte Malerei der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts nachhaltig beeinflusst hat.
Im Vorfeld der Ausstellung sendet Arte ein filmisches Porträt über Helen Frankenthaler und ihr Werk. Drehort dazu war unter anderem auch das Museum Reinhard Ernst.
Menschen aus Wiesbaden entdeckten ihre Stadt neu: Sie zeigen in dieser Fotoausstellung ihre persönlichen Blicke auf die eigene Stadt. In einem Workshop von Sevrina Giard & Prof. Dr. Theo Steiner (Hochschule RheinMain) erprobten sie die entschleunigte Stadtwahrnehmung und fanden auf den Streifzügen mit ihren Kameras Kraftorte, Hotspots aber auch Störquellen.
Die Methode zur entschleunigten Stadtwahrnehmung entwickelten Sevrina Giard und Theo Steiner für ihr Jemandsland-Projekt (www.jemandsland.com). Die Suche wird dabei geleitet durch eine Geschichte, die man erhält. Mit dieser Einladung im Kopf sucht man im Stadtraum nach Motiven, die zu der Geschichte passen.
Darum Heiße! Quellen!
Die Geschichte für den Workshop im Stadtmuseum Wiesbaden handelt von heißen Quellen im übertragenen Sinne – also von Orten und Situationen, die eine besondere Kraft ausstrahlen. Es geht nicht um die Stadt der Sehenswürdigkeiten, sondern um die vielfältigen Dynamiken des Mit- und Gegeneinanders. Es geht um das lebendige Netzwerk, das eine Stadt ausmacht.
Das Fotoprojekt setzt auf die aktive Auseinandersetzung mit der eigenen Stadt. Der Workshop ermutigte die Teilnehmenden, ihre Umgebung aktiv zu erkunden und ihre Sichtweisen und Erfahrungen fotografisch auszudrücken. Damit zielt das Projekt auf den Aspekt der Teilhabe ab, die ein wesentlicher Bestandteil der Demokratie ist: Jede Stimme zählt und wird gehört.
Die Menschen hinter den Kameras
An dem Workshop nahmen Menschen unterschiedlichen Alters und mit verschiedenen biografischen Hintergründen teil. Vierzehn Menschen aus Wiesbaden haben die Gelegenheit genutzt um sich auf die Reise zur entschleunigten Wahrnehmung von Heißen! Quellen! einzulassen. Die Gruppe
erkundete verschiedene Orte in Wiesbaden und entdeckte eine Vielzahl von Geschichten. Mit jeweils sechs Fotografien und kleinen Kommentaren erzählt jede Person, was sie mit Hilfe der Methode „Jemandsland“ herausgefunden hat. Die Teilnehmenden stellen sich in der Ausstellung vor und präsentieren ihre persönlichen Sichtweisen und Einsichten.
Beteiligt haben sich:
Harald Böhm, Stefan Ehlers, Dominik Häring, Eduard Hoffmann, Kira Jacobi, Paul Keast, Ursula
Paul, Carolin Julia Scholtz, Tim Siegert, Heike Steinbrück, Sandra Tönges, Patrick Ulges, Thomas Vogel, Michael Wojahn
Das Projekt entstand in Zusammenarbeit mit der Hochschule RheinMain. Studierende des Studiengangs
Kommunikationsdesign haben im Sommersemester 2024 das Thema des Workshops Heiße! Quellen! aufgegriffen. Sie zeigen einige ihrer Fundstücke in einer digitalen Bildpräsentation im Stadtmuseum und weitere ab dem 24. Oktober 2024 in einer Fotoausstellung auf dem Campus Unter den Eichen 5.
Das Hessische Landesmuseum Wiesbaden lädt alle Daheimgebliebenen und Besucher Wiesbadens in seine Sammlungen und zu kleinen Sommer-Highlights ein.
Günter Fruhtrunks ikonische Designs begegnen uns an unerwarteten Orten. Ob auf den Plastiktüten des Discounters ALDI Nord, dem ehemaligen „Quiet Room“ des UNO Hauptquartier in New York oder dem Audimax der Ingenieurschule für Maschinenwesen in Düsseldorf. Im August bietet das Museum Wiesbaden ein buntes Veranstaltungsprogramm für alle Gäste an: vom Eintrittsfreien Samstag, über Führungen bis hin zu Abendveranstaltungen mit Musik und Baramiente auf dem Museumsvorplatz.
Günter Fruhtrunk revolutionierte die abstrakte Nachkriegsmalerei in einer Weise, die bis heute ihresgleichen sucht. Seine Kunst prägte Jahrzehntelang das Straßenbild der Bundesrepublik – und dies auf ungewöhnliche Weise: 1970 entwarf Fruhtrunk das Design für die Plastiktüten des Discounters ALDI Nord. Anlässlich des 100. Geburtstages des Malers und Grafikers widmen das Kunstmuseum Bonn und das Museum Wiesbaden dem Künstler eine große Retrospektive. Bis zum 25. August 2024 präsentiert das Museum Wiesbaden rund 50 Gemälde aus allen Schaffensphasen Fruhtrunks.
Sommerprogramm der Ausstellung „Günter Fruhtrunk — Retrospektive“
Do 1 Aug 17:00—21:00
ART meets MUSIC
Anlässlich des 100. Geburtstags von Günter Fruhtrunk entstand eine experimentelle Vertonung zehn ausgewählter Kunstwerke von Ubu Imperator. An diesem Abend spielen wir das Album für Sie in den Räumlichkeiten der Ausstellung. Ein Projekt von Caro Jost in Zusammenarbeit mit der Avantgardeband Ubu Imperator. Der Eintritt ist im Sonderausstellungspreis enthalten.
Do 1 Aug 17:00 — 22:00
WEINMOMENTE
Wein von GLYG und Fingerfood von Trüffel Feinkost auf dem Museumsvorplatz
Sa 3 Aug 10:00—17:00
FREIER SAMSTAG
Freier Eintritt für alle Besucher:innen in die Dauer- und Sonderausstellungen. Es gibt Familienführungen und einen Maltisch
Do 22 Aug 19:00—20:30
ART AFTER WORK
Flirrende Linien —
Auf der Suche nach Halt in der Kunst von Günter Fruhtrunk 14,— Euro, inkl. Eintritt und einem Getränk im Trüffel Museumscafé
Sa 24 Aug 14:00 So 25 Aug 14:00
ÖFFENTLICHE FÜHRUNGEN
4,— Euro, zzgl. Eintritt
Aus der gesamten Republik reisten Besucherinnen und Besucher in die Landeshauptstadt, um die große Retrospektive des Brücke-Künstlers, Max Pechstein, im Museum Wiesbaden zu besuchen. Die Schau stellte mit dem Leitthema „Die Sonne in Schwarzweiß“ neueste Erkenntnisse zum Werk des Künstlers in den Fokus und das Museum konnte seit dem 15. März rund 40.000 Gäste begrüßen. Zum feierlichen Abschluss gab die Enkelin des Künstlers, Julia Pechstein im Rahmen von Sonderführungen private Einblicke in das Leben ihres Großvaters.
Nach dem Erfolg der Retrospektive verbleiben zwei zentrale Werke des Malers, „Selbstbildnis, liegend“ und „Russisches Ballett“ (beide aus dem Jahr 1909) als Dauerleihgaben im Museum Wiesbaden. Die Gemälde werden direkt nach der Pechstein-Ausstellung in der ständigen Sammlung des Museums Wiesbaden neben den Kollegen und Freunden des Künstlers präsentiert. Neben Pechstein, der zwischen 1906 und 1912 zur „Brücke“-Vereinigung gehörte, werden Arbeiten von Erich Heckel, Ernst Ludwig Kirchner, Otto Mueller, Emil Nolde und Karl Schmidt-Rottluff gezeigt. „Das Selbstbildnis, liegend wäre in jeder Museumssammlung ein Höhepunkt“, so Roman Zieglgänsberger, zuständiger Kurator der Abteilung Klassischen Moderne am Museum Wiesbaden, „nicht nur weil es Pechsteins erstes in Öl ausgeführtes Selbstporträt ist, sondern vor allem weil der Maler darin sein gesamtes Kunstverständnis offenlegt – nämlich die von ihm wahrgenommene Welt mit seinen Emotionen zu mischen und für uns sichtbar zu machen.“
Auch Julia Pechstein freute sich sehr, als sie diese Nachricht auf dem Sommerfest des Museums erreichte: „Dass diese beiden Werke über die Ausstellung hinaus in Wiesbaden öffentlich ausgestellt bleiben, ist eine gute Nachricht, denn beide Werke waren viel zu lange nicht mehr öffentlich zu sehen – das Russische Ballett knapp zwanzig Jahre, das Selbstbildnis sogar dreißig.“
Am 29. Juni 2024 lädt das Museum Wiesbaden von 17 bis 23 Uhr mit Musik, Aktionen für Klein und Groß und besonderen Gästen zu seinem Sommerfest ein. Zum feierlichen Abschluss der Sonderausstellung „Max Pechstein -Die Sonne in Schwarzweiß“ findet eine Dialogführung mit dem Kurator und der Enkelin Pechsteins statt. Zudem haben alle Besucherinnen und Besucher von 17 bis 22 Uhr freien Eintritt in die großen Sonderausstellungen Pechstein, Afrika und Fruhtrunk.
Das diesjährige Sommerfest auf dem Vorplatz des Museums Wiesbaden wird von einem abwechslungsreichen Programm umrahmt. Mit dem Auftakt des Fests um 17 Uhr öffnen ein Freiluftatelier, ein Bücherflohmarkt und das MuWi Glücksrad. Das Ensemble NAOMI sorgt bis 21 Uhr für stimmungsvolle Musik, gefolgt von einem DJ Set. Studierende der Akademie Mode und Design stellen ihre interaktiven Projekte mit Bezug zur Max Pechstein Ausstellung vor. Diese laden an verschiedenen Stationen u.a. dazu einladen, mit dem eigenen Farberleben zu experimentieren oder sich in einem Inszenierungslabor selbst mit der Kunst in Bezug zu setzen. Für Speis und Trank sorgen das Trüffel Museumscafé und GLYG.
Ein letztes Mal durch die Sonderausstellung „Max Pechstein – Die Sonne in Schwarzweiß“ streifen und dabei den Worten der Enkelin von Max Pechstein lauschen: Diese Möglichkeit haben die Besucher:innen des Museums Wiesbaden am 29. und 30. Juni. Samstag, 18 Uhr und Sonntag, 11 Uhr führen Julia Pechstein und Dr. Roman Zieglgänsberger gemeinsam durch die Ausstellungsräume und geben spannende Einblicke in das Leben Pechsteins. Eine vorherige Anmeldung ist erforderlich. Tickets können vorab über den Ticketshop des Museums erworben werden. Um 19:30 Uhr können die Gäste tiefer in das Leben Pechsteins eintauchen und den Kinofilm „Max Pechstein – Geschichte eines Malers“ im Vortragssaal ansehen.
Kurz vor Beginn des Sommerfests zieht eine Tanz-Performance der Künstlerin Marie Luise Gruhne gegen 16:30 Uhr zur Einweihung des FLUXUSBAUMES auf der Mittelinsel Friedrich-Ebert-Allee am Festgelände vorbei. Auch dazu heißen wir alle – Namen der Künstlerin – herzlich willkommen.
Programm:
Sommerfest und Finissage der Ausstellung „Max Pechstein – Die Sonne in Schwarzweiß“ Sa 29 Jun 2024, 17 – 23 Uhr
17 – 22 Uhr:
Freier Eintritt in die Sonderausstellungen „Günter Fruhtrunk -Retrospektive“, „Max Pechstein – Die Sonne in Schwarzweiß“ und „Der Hase ist des Jägers Tod – Kultur und Natur des südlichen Afrikas“
Akademie Mode und Design trifft Max Pechstein – Studierende präsentieren interaktive Projekte zur Ausstellung
17 – 20 Uhr:
Freiluft Atelier für alle! MuWi Masken – Inspiriert aus Natur und Kunst
Ab 17 Uhr:
Malkreide-Station: Aus grau mach bunt!
Glücksrad
Bücherflohmarkt
17:30 Uhr:
Begrüßung durch Dr. Jörg Daur, stellv. Direktor und Dr. Roman Zieglgänsberger, Kustos für die Klassische Moderne
18 Uhr:
Führung „Max Pechstein“ mit Julia Pechstein, Enkelin des Künstlers und Dr. Roman Zieglgänsberger, Kurator der Ausstellung (Teilnehmerzahl begrenzt. Teilnahme nur mit Ticket Anmeldung: tickets.museum-wiesbaden.de)
19:30 Uhr:
Pechstein-Kino im Vortragssaal „Max Pechstein – Geschichte eines Malers“ [D 2020, 85. Min., FSK: ungeprüft, Regie: Wilfried Hauke]
Das stiftungsfinanzierte Museum Reinhard Ernst (mre) startet ab dem 25. Juni 2024 seinen Publikumsbetrieb. Sechzig Meisterwerke aus der Sammlung des Wiesbadener Unternehmers und Stifters Reinhard Ernst sind in der Eröffnungsausstellung zu sehen. Das mre ist das zehnte Museum des kürzlich verstorbenen japanischen Pritzker-Preisträgers Fumihiko Maki und sein einziges in Europa. Die erste Sonderausstellung im mre würdigt sein Werk.
Wiesbaden, 20. Juni 2024 – Nach einer dreijährigen Planungsphase und fast fünfjähriger Bauzeit eröffnet das Museum Reinhard Ernst in Wiesbaden seinen Publikumsbetrieb am 25. Juni. Schon jetzt weckt der Neubau an der Wilhelmstraße großes Interesse: Der Tag der Offenen Tür am 23. Juni 2024 ist bereits seit Wochen ausgebucht. Bei der Pressekonferenz am heutigen Donnerstag stellten Reinhard Ernst, Unternehmer, Stifter und Museumsgründer, der Direktor Dr. Oliver Kornhoff und Lea Schäfer, die Kuratorin der ersten Sammlungspräsentation, den anwesenden Journalist:innen das neue Haus vor. Das Museum Reinhard Ernst geht auf den Entwurf des kürzlich verstorbenen japanischen Architekten Fumihiko Maki zurück.
Unter dem Titel Farbe ist alles! zeigt die erste Sammlungspräsentation besondere Höhepunkte in der Geschichte der Abstraktion nach 1945 auf – und zwar in den USA, in Japan und in Europa. 60 Meisterwerke aus der Sammlung Reinhard Ernst illustrieren die bahnbrechenden Veränderungen in der Malerei. In den Räumen von Fumihiko Maki werden großformatige Arbeiten u.a. von Friedel Dzubas, K.O. Götz, Toshimitsu Imai, Helen Frankenthaler, Robert Motherwell, Judit Reigl, Tōkō Shinoda, Pierre Soulages, Frank Stella und Fred Thieler zu sehen sein. Die Sammlungspräsentationen werden alle zwei Jahre wechseln.
Die erste Sonderausstellung Fumihiko Maki – Maki and Associates: Für eine menschliche Architektur ist dem 1928 geborenen Architekten gewidmet. Sie zeigt Modelle einiger der herausragenden Projekte des Pritzker-Preisträgers, darunter des Towers 4 World Trade Center in New York. Weiterhin werden seine Museumsbauten vorgestellt, zu denen das Aga Khan Museum in Toronto (Fertigstellung 2014), das Yerba Buena Center for the Arts in Kalifornien (1993) und das National Museum of Modern Art Kyoto (1986) gehören. Das Museum Reinhard Ernst fügt sich als zehnter Museumsbau in diese hochkarätige Reihe ein. Die Ausstellung ist bis 9. Februar 2025 zu sehen.
Öffnungszeiten ab Dienstag, 25. Juni 2024
Dienstag bis Sonntag 12–18 Uhr
Mittwoch 12–21 Uhr
Montags geschlossen
Vormittags ist der Museumsbesuch ausschließlich Schulklassen vorbehalten. Der Eintritt ins Museumsfoyer ist für alle Besucher:innen frei.
Tickets können im Onlineshop vorbestellt werden.
Eintrittspreise:
Erwachsene 14 €
Ermäßigt 12 €
Jugendliche bis 18 Jahre erhalten freien Eintritt.
Ab Juli 2024: An jedem letzten Dienstag ist der Eintritt im Museum Reinhard Ernst von 15–18 Uhr kostenfrei.
Öffnungszeiten Restaurant rue 1 by gollner’s (ab Dienstag, 25. Juni 2024)
Dienstag bis Samstag 10–24 Uhr
Sonntag 10–18 Uhr
Montag Ruhetag
Während der Eröffnungsgala des Museums Reinhard Ernst am gestrigen Samstag überreichte der Ministerpräsident des Landes Hessen, Boris Rhein, das Bundesverdienstkreuz 1. Klasse an Reinhard und Sonja Ernst für Ihre Verdienste um das Gemeinwohl.
Wiesbaden, 16. Juni 2024 – Für Ihre Verdienste im Bereich der Bildung, der Kunst und Kultur und des Denkmalschutzes wurde das Stifterehepaar Reinhard und Sonja Ernst mit dem Verdienstkreuz 1. Klasse des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland ausgezeichnet. Der Hessische Ministerpräsident Boris Rhein überreichte den Orden während der Eröffnungsgala des Museums Reinhard Ernst in Wiesbaden.
„Das Wirken von Reinhard und Sonja Ernst sucht seinesgleichen. Reinhard und Sonja Ernst leisten Herausragendes für unser Land und für unsere Gesellschaft. Sie inspirieren, sie initiieren und sie involvieren sich. Ihre Lebensgeschichte könnte auch ein spannendes Drehbuch für einen Hollywood-Blockbuster sein. Auf jeden Fall aber ist ihre Geschichte eine echte Erfolgsgeschichte made in Hessen. Sie sind Vorbilder für ein ebenso erfolgreiches wie verantwortungsvolles Unternehmertum. Sie sind Vorbilder dafür, was sich mit Leistung und Leidenschaft erreichen lässt. Sie sind Vorbilder für die Kraft der eigenen Wurzeln und für die Stärke einer tiefen Menschlichkeit.“
Mit der Verleihung des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland dankt der Staat für herausragende persönliche Leistungen für das Gemeinwohl. Eine finanzielle Zuwendung ist mit der Verleihung des Verdienstordens nicht verbunden.
Über die Reinhard & Sonja Ernst-Stiftung
Die Reinhard & Sonja Ernst-Stiftung fördert Werte im Sinne des Stifterpaares. Diese Werte spiegeln sich in Kunst und Kultur sowie an Orten des Zusammenlebens und des Lernens wider. Die Gründer der Stiftung wollen ihre Zuwendungen, ihr Engagement und ihre Netzwerke möglichst effektiv für die Gemeinschaft einsetzen. Diese Gedanken verwirklicht die Stiftung dank ihres Vermögens in ausschließlich eigenen Projekten. Beispiele sind das „Haus der Hoffnung“ im japanischen Natori, das für viele Kinder und alte Menschen nach der Tsunami-Katastrophe 2011 zur Begegnungsstätte wurde, und das Musikschulhaus in Eppstein. Unter den denkmalgeschützten Gebäuden zeigt u.a. der Walderdorffer Hof in Limburg an der Lahn, worauf es den Stiftern ankommt.
Das zur Gänze stiftungsfinanzierte Museum Reinhard Ernst eröffnet offiziell am 23. Juni 2024. Das Museum zeigt ausschließlich abstrakte Positionen u.a. aus Europa, den USA und Japan von 1945 bis in die Gegenwart.
Dienstag bis Sonntag 12–18 Uhr
Mittwoch 12–21 Uhr
Montags geschlossen
Vormittags ist der Museumsbesuch ausschließlich Schulklassen vorbehalten. Der Eintritt ins Museumsfoyer ist für alle Besucher frei.
Tickets können im Onlineshop vorbestellt werden.
Eintrittspreise:
Erwachsene 14 €
Ermäßigt 12 €
Jugendliche bis 18 Jahre erhalten freien Eintritt.
Ab Juli 2024: An jedem letzten Dienstag ist der Eintritt im Museum Reinhard Ernst von 15–18 Uhr kostenfrei.
Öffnungszeiten Restaurant rue 1 by gollner’s (ab Dienstag, 25. Juni 2024)
Dienstag bis Samstag 10–24 Uhr
Sonntag 10–18 Uhr
Montag Ruhetag
Der Unternehmer, Stifter und Museumsgründer Reinhard Ernst setzt mit seinem nach ihm benannten Museum neue Akzente für die in Wiesbaden noch unterrepräsentierte abstrakte Kunst. Erbaut wurde das schnörkellose Gebäude nach den Entwürfen des am 6. Juni 2024 verstorbenen japanischen Stararchitekten und Pritzker-Preisträgers Fumihiko Maki, mit dem der Unternehmer schon früher zusammengearbeitet hat und befreundet war.
Unsere Gastautorin und Kunstexpertin Dorothee Baer-Bogenschütz hat sich schon mal vor der offiziellen Eröffnung am 23. Juni 2024 im beinahe fertigen Museum umgeschaut.
Gemeinsam waren sie ganz besonders stark. Reinhard Ernst und sein japanischer Freund Fumihiko Maki, der keine drei Wochen vor der offiziellen Eröffnung seines einzigen Museumsbaus in Europa am 6. Juni 2024 fünfundneunzigjährig verstarb, erbrachten eine bemerkenswerte Leistung in und für Wiesbaden. Unter der Schirmherrschaft des Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier geht am 23. Juni in der Hessischen Landeshauptstadt ein Tempel für Kunst an den Start, der baukünstlerisch ebenso Aufmerksamkeit erregen wird wie aufgrund des besonderen inhaltlichen Zuschnitts: Das neue private Museum Reinhard Ernst (mre), das der Stifter, Jahrgang 1945, exklusiv für seine Kunstsammlung errichten ließ, grenzt gegenständliche Kunst aus. Es feiert die Abstraktion, vor allem in der Malerei: nach dem Zweiten Weltkrieg gehypt. Später – auch unter dem Druck von Forderungen nach gesellschaftlicher Relevanz – zunehmend zugunsten von Konzept- und Ideenkunst, neuer Figuration, Partizipationsmodellen oder dokumentarischen Anstrengungen aussortiert aus dem Tagesdiskurs als zu diffus, zu unpolitisch, zu unbestimmt im Sinne des Hinterfragens der Verhältnisse, und unbrauchbar ohnedies in den Augen derer, die von Kunst Aufklärung, Bekenntnisse, Solidaritätsadressen oder – neuerdings – gar Heilung verlangen.
Ernst lässt das kalt. Seine erste Erwerbung war eine Gouache von Karl Otto Götz: „Ich habe klein angefangen“. Dann kam Hubert Berke: den wenigsten bekannt. In den 1990er Jahren bei einem Frankfurter Galeristen zu haben Damals startete Ernst die Sammlung, der sein Museum gewidmet ist. Bald sind es 1000 Werke. Frühzeitig hatte der Mann, der verhältnismäßig spät zu sammeln begann, entdeckt: „Mich interessiert besonders die Farbe.“
Von Anni Albers bis Frank Stella: Bemerkenswert vielen Künstlern mit jüdischen Wurzeln verdankt sich das Sammlermuseum. Ihre Positionen sind seine Stützen. Das Kunstpublikum reflektiert das allerdings nicht. Das 120 Seiten starke mre-Magazin widmet dem Top-Thema kein Kapitel.
Bauverzögerungen ist es geschuldet, dass ins Eröffnungsjahr mehrere bedeutende Jahrestage fallen. 2024 ist nicht nur Stellas und Makis Todesjahr. Der Todestag von Friedel Dzubas (1915-1994) jährt sich wie der von Anni Albers zum 30. Mal. Kaum jemand kennt jedoch den Vertreter der zweiten Generation des Abstrakten Expressionismus, den die deutsche Avantgarde, „Brücke“ und „Blauer Reiter“, beeindruckt. Dzubas erkennt „tiefes Gefühl“ und „Leidenschaft“, die seine eigenen Farbwelten grundieren sollen: „Farbe ist eine emotionale Angelegenheit.“ Und ein Anker. Im US-Exil wurde das Jüdischsein des gebürtigen Berliners (besser?) nicht thematisiert, worunter er litt. Identitätssuche ist eingewoben in seine Kunst. Das Sieben-Meter-Bild „Argonaut“, ein Spätwerk von 1983 und Hauptwerk der mre-Eröffnungsschau, ist keine vordergründige Hommage an den antiken Mythos.
1939 muss der Sohn des Juden Mannheim (Martin) Dzubasz und der Katholikin Martha Medmann-Schmidt Dzubasz emigrieren. Sein Schiff läuft aus von Liverpool. Zunächst arbeitet er in Hyde Farmlands,Virginia, mit jüdischen Jugendlichen, die aus Deutschland fliehen konnten. Dann fasst er Fuß in New York. Es entwickelt sich eine Freundschaft mit Clement Greenberg: Der berühmte jüdische Kritiker stirbt schließlich im selben Jahr wie Dzubas, der sein Leben in Massachusetts beschließt und nicht in Florida wie das mre versehentlich kommuniziert. Um die vorige Jahrhundertmitte stellt Leo Castelli Dzubas aus, den nun Ernst den Deutschen nahe bringt.
1952 teilt der heute vergessene Farbfeldmaler das Atelier mit Helen Frankenthaler, die mit Greenberg liiert, mit Robert Motherwell verheiratet war, von dem der Museumsstifter ebenfalls Werke besitzt, und Ernsts Schwarm ist. Persönlich kennengelernt hat er sie nicht, aber er war ihr schnell verfallen. Niemand in Europa hat mehr Arbeiten von ihr. Dagegen besitzt Ernst nur je ein Werk von Lee Krasner, deren Todestag sich jetzt zum vierzigsten Mal jährt, und deren ungleich berühmteren Ehemann Jackson Pollock. Ob das mre die Geschichte des Abstrakten Expressionismus auserzählt? Die Eröffnungsschau ist additiv, setzt auf Migration von Farbe und Form. Krasners „Pfau“ flankiert eine Arbeit des während des Sechstagekriegs in Tel Aviv geborenen Tal Rosenzweig, der das Pseudonym Tal R benutzt, nur wegen der verblüffenden Nähe im Formalen und den Valeurs.
Für das Schaffen des jüdischen Amerikaners Adolph Gottlieb begeistert sich Ernst ebenso wie für den Cobra-Maler Pierre Alechinsky, der russisch-jüdische Wurzeln hat. Sein großes Verdienst ist, das Augenmerk darüber hinaus auf jüdische Künstler wie Jules Olitski, Ruth Franken oder Perle Fine zu lenken: hierzulande unbekannt. Es wird spannend, im Lauf der Jahre zu beobachten, wie sie um das Zentralgestirn Frankenthaler kreisen. Schade nur, dass die Hauptkünstlerin nicht gleich vom Start weg einen eigenen Saal bekam.
Auch Kenneth Noland oder Sam Francis sind in der Eröffnungsausstellung vertreten. In Ernsts Kollektion redet keiner rein. Er hat sein Auge geschult und entscheidet über Ankäufe selbst. Manches ergibt sich wie der Erwerb eines Morris Louis, der im benachbarten Museum Wiesbaden ausgestellt war und – zufällig – Ernsts Interesse weckte. Ab 2020 ließ er sich in Sachen Museum freilich beraten, unter anderem vom früheren Direktor des Museums Wiesbaden, Alexander Klar.
Der Sammlung, die der Farbenfreund so energisch zusammengetragen hat, ist nunmehr ein 80-Millionen-Euro-Bauwerk mit einer Ausstellungsfläche von 2500 Quadratmetern gezimmert worden, und das ist angemessen, sollte man meinen, war es auch im Jahr 2017 noch mit 30 Millionen veranschlagt. Die Bauzeit aber nahm mehr als vier Jahre in Anspruch. Alles verteuerte sich, und Ernst ist ein Perfektionist ebenso wie der Pritzker-Preisträger Maki es war, der in Wiesbaden seinen zehnten und letzten Museumsbau realisiert hat, weswegen ihm die erste Sonderschau gewidmet ist. Terrazzoböden und Stuccowände mit Bienenwachsschichten, zu denen sich Ernst und Maki hinreißen ließen, gibt’s nicht von der Stange. Die kosten. Das Haus blendet, im positiven Sinne, schon von weitem: Die weiße Fassade verdankt sich einem Granit aus den USA. Mit seiner kubischen Strenge setzt der Bau auf vornehme Provokation.
Wie zwei Zuckerwürfel?
So ein Klotz braucht Deutung. „Zuckerwürfel“, würden die Wiesbadener dazu sagen, weiß Gründungsdirektor Oliver Kornhoff, und so wäre das Museum mundgerecht auch als Pendant zum MMK in Frankfurt deklariert, dem „Tortenstück“. De facto sind es zwei „Zuckerwürfel“, wenn man bei diesem Bild bleiben will: Den Gebäudekomplex erschließt ein Atrium – ein veritabler Patio! – mit einem japanischen Fächerahorn als Signatur, eingebettet in ein Meer weißer Kiesel. Assoziationen zu Wald und Wasser stellen sich ein. Passt, auch wegen des farbigen Laubs aus Glas, mit dem Karl-Martin Hartmann den Boden seiner Großinstallation übersät und der Werke aus der Moby Dick-Reihe des jüdischen Weltstars Frank Stella. Seine Interpretation von Melvilles Wal lässt das mre die Grundsatzfrage stellen: Was leistet abstrakte Kunst für die bildhafte Vorstellung?
Hochelegant sind selbst die Toiletten. Ebenfalls Orte für Kunst: von Claudia Walde, die Katharina Grosse Konkurrenz macht durch die starke Farbigkeit und Leuchtkraft ihrer Arbeiten. Grosse wurde ein Auftrag erteilt für angewandte Kunst. Die Freiburgerin konnte ihr erstes Glaskunstwerk realisieren: die kunterbunte Glaswand, die den Bereich für den Nachwuchs aquariumsartig vom lichtspendenden Atrium im Zentrum des Museums abtrennt. Per Schiebetür verborgen wird indes – sodass dass sie im Normalbetrieb gar nicht sichtbar wird – eine schicke Bar. Auf ihrem Tresen wird dereinst unbemerkt von der Öffentlichkeit Champagner perlen, denn Ernst vermietet sein Haus für Events.
Etwas stiefmütterlich behandelt ist der Vortragssaal „Maki Forum“, in dem auch geschlossene Veranstaltungen wie Hochzeiten stattfinden sollen. Zwar ist der – bei Bedarf auch diskret zugängliche – Raum für 250 Gäste an der Rückseite des Museums und unweit des Hintereingangs mit allen Wassern gewaschen, was die Lichtregie anbelangt: Er lässt sich in farbiges Licht tauchen und via Technik in einen magischen Ort verwandeln. Dennoch: Er wirkt nicht so wirklich „wow“ – ein Wort, das intern und auch im rme-Magazin oft fällt.
Welchen Eindruck hätte man erzielt, wenn Veranstaltungen hinter der riesigen Glasfront zur Wilhelmstraße hin stattfinden könnten. Nach Art des Treibens im Chagall-Foyer des Schauspiel Frankfurt könnte hinter dieser Glasfläche doch zumindest gelustwandelt werden? Aber nein: Kiesel liegen auch hier, und insgesamt gibt sich das Bauwerk von außen hermetisch. Wie luftig und lichtdurchdrungen es tatsächlich ist, erkennt der Besucher erst nach dem Betreten.
Malerei, abstrakter Expressionismus mit Colourfield Painting, sowie das Informel, sind Ernsts Leidenschaften. Um auch einige plastische Akzente im Museum zu setzen, erteilte er Aufträge an Bildhauer wie Tony Cragg und Karl-Martin Hartmann. Der Wiesbadener – bekannt durch künstlerisch und im Wortsinne herausragende Stelen – schuf diesmal eine Garage. Der Autoliebhaber und Ferrarifan Ernst zeigt in seinem Kunstmuseum (völlig zu Recht: Autos sind ein Kulturgut, und die schmucken und schnellen sind Kunstwerke für sich) auch einen tollen Schlitten – Bettina Pousttchis unweit der Garage platzierte knallrote (Ernsts Lieblingsfarbe!) Leitplankenarbeit wirkt da wie ein ironischer Kommentar zu seiner Autopassion -, und kommt hier ausnahmsweise einmal weit ab vom abstrakten Kurs. Wie eben auch bei dem Ahorn, der das Atrium dominiert, belebt, optisch aufwertet und zum Patio macht: zusammen mit einer Skulptur von Chillida, mit dem Maki befreundet war, als auch der Baske noch als Architekt tätig war.
Der Wert von Ernsts Kollektion beläuft sich gegenwärtig auf rund 70 Millionen Euro, und der geschäftstüchtige Unternehmer, der den Firmennamen „Harmonic Drive“ womöglich auch als Motto über sein privates Dasein schreiben könnte, erwirbt weiterhin Kunst. Über das Ankaufsbudget wird allerdings Stillschweigen bewahrt. bewahrt. Alles darf man dagegen fragen und erfahren zur Architektur des Museum Reinhard Ernst, welches das gründerzeitlich geprägte Wiesbaden unerwartet weltstädtisch bereichert. „Vieles, was ich früher gemacht habe, habe ich hier wieder gemacht“, sagt Ernst, beispielsweise „so nachhaltig wie möglich gebaut“. Über die beteiligten Gewerke, die erlesenen Materialien, über Kanten und Fugen, deren sauberer Ausführung viel Aufmerksamkeit galt, über Hakensteine oder grünen Granit als Bodenbelag kann sich auch Gründungsdirektor Oliver Kornhoff versiert auslassen. Seine Zuhörer merken: Der Funke ist übergesprungen. Kornhoff identifiziert sich mit seinem Arbeitsplatz bis in jede Ritze.
Weniger Phantasie floss in die Überschriften, die man den einzelnen Sälen der ersten Dauerausstellung zwecks „Denkanstoß“ (Kornhoff) gab. Sie wirken beliebig, klingen langweilig und sind nicht selbsterklärend. „Malerei hoch drei“ etwa hört sich fürchterlich banal an. „Malerei maßlos“ nicht minder.
Vormittags dürfen nur Kinder ins Haus
Dass andererseits ein zweigeschossiger Raum gleich den Namen „Kathedrale“ bekommen muss, scheint buchstäblich ein wenig hoch gegriffen. Höchst seltsam ist die Zutrittspolitik. Vormittags dürfen nur Kinder ins Haus. Ja, sind die da nicht in der Schule? Und die ein, zwei Klassen, die sich vielleicht auf dem Boden ausbreiten, würde das normale Publikum die nicht gut verkraften – wie in anderen Museen auch? Prinzipiell ist das Augenmerk auf die Kleinen natürlich das Gebot der Stunde und eine tolle Sache. Ernst will „versuchen, Kreativität aus ihnen herauszukitzeln, auch weil das „wichtig ist für die Wirtschaft“.
Bedauerlich unterdessen, dass Lesen nicht gefördert wird, der Shop in erster Linie „Geschenkboutique“ (Kornhoff) ist. In einem Museum dieses Anspruchs darf nicht nur ein Nachschlagewerk zu den Kunstbeständen und der Intention des Stifters erwartet werden – wie es schwergewichtig vorliegt -, sondern auch eine Auswahl an Fach- und allgemeinerer Kunstliteratur und -katalogen. Wie in Museumsshops üblich.
Weitere Kritik zieht die Videonische auf sich: viel zu klein. Wenn hier Künstlerfilme laufen, könnten sie ein paar Dutzend Besucher sehen wollen und nicht nur eine oder zwei Handvoll. Für sie ist aber kein Platz.
Gleichwohl: Das mre ist ein großer Wurf und die gezeigte Malerei – amerikanische vorwiegend, aber auch ZERO-Künstler wurden heimisch an der „Rue“ –, ist ein Konzentrat von Werken aus den Ateliers namhafter Persönlichkeiten. Zwar wird man keinen Newman oder Rothko finden, aber derartige Trophäen kann nicht jeder haben. Im Vordergrund steht erst einmal die Tatsache, dass hier ein Einzelner einer Kommune, die das von sich aus nicht hinbekommen hätte, ein spektakuläres Museum spendiert und somit nicht nur seinen Namen verewigt, sondern der Gemeinschaft aus freien Stücken etwas Kostbares gibt, das auch den Kunsttourismus nach Wiesbaden weiter fördern dürfte. Vielleicht sogar entschließt sich Ernst ja irgendwann doch, auch schon morgens Erwachsene ins Haus zu lassen, die womöglich auf der Durchreise sind, als Geschäftsleute oder Kongressgäste nicht bis mittags warten können, weil ihre Agenden eng getaktet sind: ebenso wie die Ernst’sche, als er noch Geld verdienen musste.
Aus dem Westerwald zog es ihn seinerzeit in die Welt, wo er mit Antriebstechnik zu Wohlstand kam. Die Heimatregion jedoch ließ ihn niemals ganz los. Ernst lebte in Eppstein im Taunus, bevor er Wiesbaden zur Wahlheimat erkor. Der Firmensitz ist in Limburg, und Wiesbaden war als Museumsstandort zweite Wahl. Andererseits hatten die Wiesbadener ihrerseits an der symbolträchtigen Adresse Wilhelmstraße 1 zunächst keinesfalls ein Kunsthaus vorgesehen. Die einen wünschten sich ein Hotel – das war nachvollziehbar, zumal dort früher ein Grand Hotel stand -, die anderen einen Neubau für das Stadtmuseum, das nun weiterhin in der Stadtmitte mit einer unattraktiven Kellerlocation klar kommen muss und die meisten seiner Schätze gar nicht zeigen kann.
Das mre will alle zwei Jahre neu hängen. Somit gibt es – ist auch der Besuch am Morgen tabu – reichlich Gelegenheit, sich Makis Zuckerwürfel mit der Erstpräsentation immer einmal wieder zu gönnen: nicht nur zur Kuchenzeit.
Dorothee Baer-Bogenschütz
Interview –
Reinhard Ernst teilt seine Zeit auf zwischen mehreren Frauen. Seit wann und warum, fragte Gastautorin Dorothee Baer-Bogenschütz im Interview mit dem Kunstsammler und Mäzen, der sich mit einem spektakulären Sammlermuseum in Wiesbaden verewigt
Baer-Bogenschütz: Herr Ernst, die Reinhard & Sonja Ernst-Stiftung ist die Trägerin des Museum Reinhard Ernst, und die Stiftung trägt Ihren Namen und den Ihrer Ehefrau. Doch da gibt es noch mindestens eine weitere Frau in Ihrem Leben. Sie bestimmt es seit langer Zeit mit, gräbt Ihnen reichlich Freizeit ab und inspirierte auch den Museumsbau. Schon seit Jahrzehnten sind Sie ihr treu und liebäugeln sogar mit einer ihrer Kolleginnen. Wann begannen Sie sich denn für Helen Frankenthaler und wann für Lee Krasner zu interessieren?
Ernst:Seit Ende der 1990er Jahre.
Baer-Bogenschütz: Sinngemäß sagten Sie einmal, man entdecke, dass man Sammler ist, wenn man feststellt, dass die häuslichen Wände nicht mehr ausreichen, um die erworbenen Werke zu hängen. Wie viele Werke der beiden für Sie so wichtigen Malerinnen befinden sich denn in Ihrer Sammlung?
Ernst:46 Arbeiten von Helen Frankenthaler und einstweilen eine Arbeit von Lee Krasner.
Baer-Bogenschütz: Beide sind in Deutschland noch wenig bekannt, woran liegt das aus Ihrer Sicht?
Ernst: Amerikanische Künstler sind hierzulande im Allgemeinen nicht wirklich bekannt, außer Mark Rothko und Jackson Pollock. Tatsächlich ändert sich das, seit einiger Zeit rücken sie mehr in den Fokus. In den letzten Jahren wurden die beiden Künstlerinnen mit großen Einzelausstellungen gewürdigt, und es sind einige Publikationen erschienen, die ihren Stellenwert in der Kunstgeschichte betonen.
Baer-Bogenschütz: Will Ihr Museum nun explizit die Rezeption anregen und verbessern?
Ernst: Ja, unbedingt. Durch Ausstellungen, durch unsere Publikationen und durch umfangreiche Vermittlungsprogramme.
Baer-Bogenschütz: Was fasziniert Sie so sehr an Frankenthalers und an Krasners Arbeiten?
Ernst: Frankenthaler überzeugt mich durch ihren unverwechselbaren Stil. Mich beeindrucken ihre Farbfelder mit aufregenden Farben. Krasner hat ebenfalls einen eigenen Stil, ist allerdings weitaus experimentierfreudiger als Helen Frankenthaler. Das Werk, das wir von ihr in unserer Sammlung haben, Peacock aus dem Jahr 1973, erkennt man erst auf den zweiten oder dritten Blick als eine ihrer Arbeiten.
Baer-Bogenschütz: Beide sind starke Frauen, könnte das mit den jüdischen Wurzeln zusammenhängen?
Ernst: Das könnte sein, aber ich glaube es eher nicht. Beide waren mit starken Männern zusammen und haben gelernt, sich durchzusetzen.
Baer-Bogenschütz: Haben Sie beide persönlich kennen gelernt, womöglich in New York getroffen?
Ernst: Leider nie.
Baer-Bogenschütz: Frankenthalers Werke sind das Herzstück Ihrer Sammlung, kann man das so sagen?
Ernst: Das kann man so sagen. Sie ist meine Lieblingskünstlerin. Amerikanische Künstler und Künstlerinnen bilden einen großen Teil meiner Sammlung.
Baer-Bogenschütz: Demnach interessiert Sie auch die Kunst der Männer von Frankenthaler und Krasner, gleich stark aber oder etwas weniger? Ernst: Ich habe die Kunstwerke in meiner Sammlung nie danach bewertet, ob sie ein Mann gemalt hat oder eine Frau. Die Lebensgefährten von Frankenthaler und Krasner interessieren mich als Sammler genauso stark. Ich habe einen Pollock und mehrere Motherwells. Hätte ein Mann gemalt wie Frankenthaler, wäre er mein Lieblingskünstler.
Baer-Bogenschütz: Herzlichen Dank für diese Liebeserklärung!
Wiesbaden, 6. Mai 2024 – Das Museum Reinhard Ernst (mre) wird am Sonntag, 23. Juni 2024 feierlich eröffnet. An diesem Tag steht das mre von 10:15 Uhr bis 19:00 Uhr allen Interessierten offen. Der Eintritt ist frei. Für den Besuch des mre an diesem Tag müssen Zeitfenster gebucht werden. Kostenlose Zeitkarten für den Eröffnungstag sind ab sofort im Online-Museumsshop erhältlich. Kunst- und Architekturbegeisterte, die das Museum zu einem späteren Zeitpunkt besuchen möchten, haben jetzt ebenfalls die Möglichkeit, Tickets online zu erwerben.
60 Werke in der ersten Sammlungspräsentation Farbe ist alles!
Hinter der strahlend weißen Granitfassade laufen die Vorbereitungen für die Eröffnung des mre auf Hochtouren. Während das Gebäude den letzten Feinschliff erhält, kümmern sich Lea Schäfer, die Kuratorin des mre, und Restaurateurin Nelly Paletta mit einem Team von Art Handlern um die Hängung der ersten Sammlungspräsentation. Unter dem Titel Farbe ist alles! werden rund 60 Arbeiten aus der über 960 Werke umfassenden Sammlung Reinhard Ernst präsentiert.
Viele der in der Ausstellung gezeigten Werke weisen beeindruckende Formate auf und stellen das Hängeteam vor eine logistische Herausforderung. Die größte Arbeit, Formation Stream (1971) von Toshimitsu Imai, misst ca. 20 Meter in der Breite. Die 18-teilige Komposition wurde ursprünglich für ein Restaurant in Tokyo angefertigt und wird auch in Wiesbaden ein beindruckendes Raumerlebnis bieten.
Die Suche nach dem weißen Wal: mre richtet Raum für Frank Stella ein
Kurz bevor die Nachricht von Frank Stellas Tod am Wochenende um die Welt ging, wurde im Museum Reinhard Ernst ein Raum mit drei Reliefs aus der Werkreihe Moby Dick eingerichtet. Frank Stella gehört seit vielen Jahren zu den Lieblingskünstlern von Reinhard Ernst. Insgesamt sind fünf Reliefs und weitere Gemälde in seinem Besitz.
Von 1986 bis 1997 arbeitete er an der Serie, die insgesamt 266 großformatige Skulpturen und Metallreliefs, eine Wandmalerei, Collagen und Druckgraphiken umfasst. Nach den 135 Kapiteln des Romans ist je ein Werk benannt.
Die Beschäftigung mit Moby Dick warf für den Künstler die Frage auf, „ob die Abstraktion geeigneter [sei], dem Roman einen bildnerischen Ausdruck zu liefern, als jede noch so geschickte Illustration“. Damit formuliert Stella das Leitmotiv der Eröffnungsausstellung, die in jedem Saal die Möglichkeiten der Abstraktion in Sachen Gestaltung, Material und Technik neu auslotet.
„Es ist ein erhebender Moment, die Werke aus meiner Sammlung nun an den Wänden unseres Museums zu sehen. Das Ziel, auf das wir – einschließlich der Planung – fast acht Jahre intensiv hingearbeitet haben, rückt nun in greifbare Nähe. Es macht mich sehr glücklich zu wissen, dass diese Kunstwerke bald einem großen Publikum zugänglich sind“, sagte Museumsgründer Reinhard Ernst.
Friedel Dzubas:Deutsche Maltradition und Sinn für große Formate
Am heutigen Montag, 6. Mai 2024,wurde das Gemälde Argonaut (1983) von Friedel Dzubas (1915-1994) für die Hängung in der Sammlungspräsentation vorbereitet. Das Gemälde wurde auf dem Boden des Ausstellungssaals ausgerollt und anschließend auf seinen Rahmen aufgespannt.
Dr. Oliver Kornhoff: „Dzubas betitelt das Werk Argonaut nach den mythischen Seefahrern der griechischen Antike. Damit verweist er auf seine persönliche Emigrationsgeschichte, da er als Deutscher mit jüdischem Vater in die USA fliehen musste. Er schenkt uns aber auch ein hinreißendes Farbenmeer, in dem wir uns verlieren können. Ob Sie es glauben oder nicht: Wir haben das Gemälde bislang selbst erst einmal richtig gesehen. Es misst mehr als sieben Meter in der Breite und ist damit zu groß sogar für unser Kunstlager. Daher ruhte das Gemälde in seiner Kiste, bis zu diesem besonderen Tag, an dem wir endlich ein entrolltes, aufgespanntes und gerahmtes Wiedersehen feiern können“, so Oliver Kornhoff.
Mit 24 Jahren floh Dzubas kurz vor Ausbruch des Zweiten Weltkriegs von Berlin in die USA. Er gilt heute als herausragendes Beispiel für eine Kombination von deutscher Maltradition und dem Sinn für große Formate, gepaart mit einem Faible für amerikanische Materialien. 1948 traf Dzubas Clement Greenberg und lernte über ihn Willem de Kooning, Jackson Pollock, Adolph Gottlieb, Barnett Newman, Franz Kline und später auch Helen Frankenthaler kennen. Mit ihr teilte er sich von Oktober 1952 bis November 1953 in der 23rd Street in New York City ein Atelier.
Wie viele Künstler der Zeit nutzte Dzubas ab 1966 Magna, eine amerikanische lösemittellösliche Acrylharzfarbe, die schnelltrocknend ihre Farbintensität behält. Sein künstlerischer Prozess führte ihn von klassischen Landschaften hin zu großen Leinwänden, auf denen er pure Farbformationen ohne erzählende Inhalte arrangierte.
Das große Format eröffnet ein landschaftliches Panorama, das in der Farbverteilung an die Gemälde seines großen Vorbilds, des italienischen Barockmalers Giovanni Battista Tiepolo, erinnert. Er selbst notierte dazu: „Wenn man im großen Format arbeitet, kann man sich leichter verlieren, und ich möchte mich verlieren.“ (Zitiert nach Barbara Rose: „Friedel Dzubas: Romantic Abstractionist,“ in: Reconsidering Friedel Dzubas, Ausst.-Kat. Eaton Fine Art, Inc., West Palm Beach 2009)
Biografie Friedel Dzubas (1915 Berlin-1994 Auburndale, Florida, USA)
1936-39 Studium der Malerei an der Preußischen Akademie der Künste in Berlin und an der Kunstakademie Düsseldorf bei Paul Klee.
1939 Emigration nach Chicago, dort Tätigkeit als Illustrator.
1945 Umzug nach New York. Trifft auf Clement Greenberg, der den Kontakt u. a. zu Jackson Pollock herstellt.
1948 Mitglied der Künstlergruppe Eighth Street Club.
1952 gemeinsames Atelier mit Helen Frankenthaler, erste Einzelausstellung in der Tibor de Nagy Gallery, New York.
1964 Teilnahme an der von Clement Greenberg veranstalteten Ausstellung Post-Painterly Abstraction im Los Angeles County Museum of Art. Zahlreiche Lehraufträge, u. a. an der University of Pennsylvania, Philadelphia (1968/69) und der Schule des Museum of Fine Arts, Boston (1976-83).
Publikationen
Zur Eröffnung erscheint die Publikation Magazin – Die Sammlung Reinhard Ernst No. 1 (118 Seiten, 97 Abbildungen, 29,7 x 23 cm, Fadenheftung, ISBN 978-3-910941-00-7). Ebenfalls zur Eröffnung erscheint der Interviewband Die Kunst gehört allen. Museumsgründer Reinhard Ernst im Gespräch mit Peter Lückemeier und Stefan Schröder (Waldemar Kramer Verlag, 160 Seiten, 60 Abbildungen in Farbe, kartoniert, ISBN 978-3-7374-0501-0). Bereits jetzt lieferbar ist der Bildband Faszination Farbe. Abstrakte Malerei – Die Sammlung Reinhard Ernst (Hirmer Verlag, 384 Seiten, 330 Abbildungen in Farbe, 28,6 x 30,7 cm, gebunden, vierfarbig bedruckter Leineneinband, ISBN: 978-3-7774-3233-5). Die Publikationen werden im Museumsshop erhältlich sein.
Service
Öffnungszeiten ab Dienstag, 25. Juni 2024
Dienstag bis Sonntag 12:00-18:00 Uhr
Mittwoch 12:00-21:00 Uhr
Montags geschlossen
Vormittags ist der Museumsbesuch ausschließlich Schulklassen vorbehalten. Der Eintritt ins Museumsfoyer ist für alle Besucher frei.
Tickets können ab 6. Mai 2024 im Onlineshop vorbestellt werden. Tickets
Eintrittspreise:
Erwachsene 14 €
Ermäßigt 12 €
Jugendliche bis 18 Jahre erhalten freien Eintritt.
An jedem letzten Dienstag ist der Eintritt im Museum Reinhard Ernst von 15-18 Uhr kostenfrei.
Öffnungszeiten Restaurant rue 1 by gollner’s (ab Dienstag, 25. Juni 2024)
Dienstag bis Samstag 10:00-00:00 Uhr
Sonntag 10:00-18:00 Uhr
Montag Ruhetag