Nach drei Corona-Jahren unfreiwilliger Abstinenz ist die Mainzer Museumsnacht wieder da: Am Samstag, 03. Juni 2023, öffnen 37 Mainzer Museen, Galerien, Institutionen und freie Kulturinitiativen von 18.00 bis 1,00 Uhr ihre Türen zur 12. Mainzer Museumsnacht. Nach den Erfahrungen der vergangenen Jahre werden erneut mehrere Tausend Besucher und Besucherinnen zu diesem nächtlichen Kulturereignis erwartet.
Folgende Museen, Galerien und Kultureinrichtungen werden zur
Wenn die Orte der Kunst um 1 Uhr ihre Türen schließen, ist die Mainzer Museumsnacht noch nicht vorbei: Dann sind alle Besucher und Besucherinnen herzlich eingeladen, nach dem Kunstgenuss in den Rest der Nacht hineinzutanzen. Im Landesmuseum – bei gutem Wetter in dessen Innenhof – möchten die Künstler, die teilnehmenden Institutionen und das Museumsnacht-Team den Abend mit Ihnen gemeinsam ausklingen lassen. Für Stimmung und tanzbare Rhythmen wird das DJ-Duo FEIERLAND sorgen: Maximilian Bauer aka Shamwey und Maximilian Diehl aka Maximumbeatz bespielen seit über 15 Jahren als DJs Parties im ganzen Land.
Vielen jungen Menschen geht es beim Betrachten archäologischer Fundstücke im Museum so wie der Kunststudentin Yvonne Delfendahl: „Wenn ich die sehe, kann ich gar keinen richtigen Bezug dazu aufbauen“. Doch seitdem die Studentin beim Ausstellungsprojekt „Kunst trifft Archäologie“, ein Experiment zwischen der Archäologischen Abteilung des Landesmuseums und der Kunsthochschule Mainz, mitgemacht hat, ist das nun alles ganz anders geworden. Als eine von 13 ausstellenden Künstlern und Künstlerinnen hatte Yvonne aus dem Museumsfundus für ihr eigenes Projekt 4000 bis 6000 Jahre alte Faustkeile ausleihen können, um hiervon eine eigene Kreation ableiten zu können. Ihre Kommilitonen hatten ganz andere Original-Artefakte als Inspiration für ihre Werke ausgewählt. Ziel war es, diese Artefakte aus einem der Archäologie fremden Blickwinkel zu betrachten und sie in einen neuem Kontext zu stellen, der herkömmliche Sichtweisen und museale Umgangsformen erweitern und bereichern sollte. Das ist gelungen, was nun die soeben im Landesmuseum Mainz eröffnete Ausstellung „LIKE A VIRGIN – touched für the very first time – Kunst trifft Archäologie“ mit ihren wunderbaren, mitunter beinahe skurril wirkenden Werken zeigt. Die Ausstellung geht noch bis zum 18. Juni 2023.
Yvonne Delfendahl hatten es, wie gesagt, die 4000 bis 6000 Jahre alten Faustkeile aus Mainz-Gonsenheim, ihrem Wohnort, sofort angetan. Sie war so fasziniert von der Vorstellung, dass diese „so alten, wertvollen Stücke einfach an einen normalen Tage von Bauern beim Arbeiten in Gonsenheim gefunden wurden“, dass sie die Idee hatte, Kopien davon in Speckstein anzufertigen, und diese in Fundortnähe in einer Plexiglas-Vitrine auf einer öffentlich zugänglichen Wiese zu platzieren, um Spaziergänger und Wanderer auf das uralte Siedlungsgebiet und die dort gemachten Funde hinzuweisen. Mehr noch: Sie stellte eine zweite „Blanko“-Plexiglas-Vitrine auf, in die Leute, die vielleicht am Wegesrand oder in der Nähe etwas Archäologisches finden, deponieren können. In der Ausstellung selbst ist von ihrer spannenden Arbeit „nur“ ein Foto zu sehen, in der Vitrine daneben befinden sich die Originalfaustkeile aus graugrünlichem Jadeit-Gestein. Ihre Faustkeil-Nachempfindungen aus Speckstein können ausschließlich in ihrer Open-Air-Plexiglas-Vitrine auf der Wiese in Gonsenheim besichtigt werden. Da die Wiese nahe des vielbelaufenen Spazierwegs dem Gonsenheimer Fahr- und Reitverein gehört, gab es auch keine bürokratischen Hemmnisse mit der Aufstellung. Am Sonntag, 23. April 2023 präsentierte die Studentin in einer kleinen Vorort-Vernissage ihr Werk. Yvonne möchte mit ihrem Projekte „Geschichte in den Alltag wieder zurückzuholen“. Eine Besonderheit ihres Projektes liegt nicht nur in der Gegenüberstellung ihrer Eigenkreation mit einem Original-Museums-Exponat, sondern zudem darin, durch die Auslagerung ihres Kunstwerkes in Fundortnähe, dort ein wenig „Steinzeit“ wieder lebendig werden zu lassen, und „die Spaziergänger vielleicht dazu zu motivieren, sich später auch die Originalfunde im Museum anzuschauen“.
Wer die Ausstellung betritt, schreitet zunächst durch ein Löwentor, beinahe, lägen da nicht die übergroßen Riesen-Flip-Flop-Latschen, die Amelie Reinholdt, zugleich Romanistin und Lateinaffin, römischen genagelten Riemensandalen aus dem 1. Jh. n. Chr. „nachempfunden“ hat. „Ich weiß nicht, mich hatte dieses Schuhwerk so angesprochen, weil ich es eben so witzig fand im Nachhinein, mir vorzustellen, dass mit diesen römischen Sandalen doch ganz Europa quasi belaufen wurde“, ähnlich wie sich in heutiger Zeit die Flip-Flops-Latschen in allen Varianten weltweit durchgesetzt haben.
Man muss also, um diese Riesenlatschen nicht zu beschädigen, um das Löwentor herumlaufen. Rechts brüllt der Originallöwe aus einem römischen Gräberfeld und Weisenauer Kalkstein seinem aus Epoxidharz erschaffenen „Klon“ linker Hand entgegen. Dieser brüllt leiser zurück. Für Jeong Lee, die sich gleich von der Symbolik des Königs der Tiere angesprochen fühlte, steht die Original-Löwenfigur für äußere Stärke. Ihr aus Epoxidharz, Kerzengel, Ton und Acrylspray erschaffener heller glasähnlicher ausschauender Löwe zeige hingegen das Gegenteil: äußere Weichheit, aber innere Stärke. Innere Stärke, Überzeugung und Substanz seien in der Gesellschaft wichtiger geworden als das Äußere, als äußerliche Stärke, so die Überlegung der Künstlerin.
Die archäologischen Objekte aus der Vorgeschichte und der Römerzeit verdeutlichten dabei ihrerseits unterschiedliche Aspekte des menschlichen Lebens, wie Alltag, Luxus oder kultisch-religiöse Aspekte, vertieft Dr. Heike Otto, Generaldirektorin der Generaldirektion Kulturelles Erbe Rheinland-Pfalz.
Wie Flip-Flop-Latschen und das Löwen-Pärchen „äußere Stärke /innere Stärke“ darstellen, haben die Studentinnen und Studenten eine überaus lebendige Präsentation künstlerischer Neuschöpfungen geschaffen, die fantasievolle Verbindungen zwischen lang vergangenen und heutigen Kulturen herstellen möchten. Dieses reizvolle Zusammentreffen der teils Jahrtausende alten Exponate mit den zeitgenössischen Kunstwerken ermöglicht den Besuchern einen völlig anderen Blick auf die achäologischen Objekte und regt zu einem neuen und frischen Auseinandersetzen mit scheinbar Bekannten an.
Aaron-Nora Kappenberger stellte sich einer Identitätsfrage, nämlich, was sichtbar ist und nicht? Welche Realitäten werden unsichtbar und welche zum Narrativ? „despised“, so der Projektname, befasst sich mit diesen Fragen von Sichtbarkeit im musealen Kontext und schlägt subversive Parallelen zu heutigen Sehgewohnheiten. Im Kontext von Wertungen bedient sich die Arbeit „queerer* popkultureller Elemente als auch der traditionellen schwäbisch alternativen Fasnet.
Am Anfang, als den Studenten Exponate zur Auswahl bereitgestellt wurden, gab es keinerlei Informationen über die Artefakte. Denn, so Museumsdirektorin Dr. Birgit Heide, ging es nicht darum, gleich zu hinterfragen: „Was ist das? Was bedeutet das? Von wann ist das? Nein, es ging erst mal darum, sich inspirieren zu lassen, und einfach mal zu schauen. Und das ist sozusagen auch ein ganz wichtiger Kern von diesem Projekt, dass wir hier auf die Beine gestellt haben“. Hierbei haben die Künstlerinnen und Künstler ganz individuelle Projekte erschaffen, „die sich aber alle mit dem Thema Archäologie beschäftigen, und das auf ganz unterschiedliche Weise. Entweder sind das Neuinterpretationen, fantasievolle Arrangements, oder ist es das Thema im weiteren Sinne „Museum, Ausstellung – was heißt es überhaupt? Was bedeutet es, dass ein Gegenstand prominent einen Wert erhält? Wie dauerhaft sind Wertzuschreibungen? Oder sind es geographische Herangehensweisen, wo man sozusagen eine eigene archäologische Recherche anstellt, und das in Verbindung gebracht hat mit dem entsprechenden Exponaten“, erläutert die Museums-Direktorin. Dabei zeigt sie auf eine Vitrine, in der einige der verbliebenen, nicht von den Studenten ausgewählten Exponate zu sehen sind. Hier können die Besucher kreativ werden, und sich überlegen, welches museale Artefakt davon sie eventuell auswählen würden als Anregung für ihr Kunstwerk.
„Neue Blickwinkel, künstlerische Neuschöpfungen, überraschende Herangehensweisen – es war allen Studierenden ein großes Vergnügen, archäologischen Artefakten, die in Museen unberührbar erscheinen, auf wundersame Weise neues Leben einzuhauchen und buchstäblich eine andere Bühne zu bieten,“ freut sich die Leiterin der Klasse für Bildhauerei der Kunsthochschule Mainz, Professorin Sabine Groß.
Eine original römische Sandale wird zu einem Riesen-Flip-Flop oder ein 3000 Jahre alter Kultgegenstand in einer gespielten Performance zu neuem Leben erweckt. Das Landesmuseum Mainz der Generaldirektion Kulturelles Erbe (GDKE) hat erstmals Studierende der Kunsthochschule Mainz zu einem Experiment eingeladen. „LIKE A VIRGIN – touched for the very first time? – Kunst trifft Archäologie” heißt das Ergebnis und zugleich die Sonderausstellung, die am 21. April 2023 abends eröffnet wird.
„Entstanden ist ein spannender Dialog zwischen teils Jahrtausende alten Exponaten und völlig neuen, zeitgenössischen künstlerischen Arbeiten“, freut sich die Generaldirektorin kulturelles Erbe, Dr. Heike Otto. Auch Dr. Birgit Heide, die Direktorin des Landesmuseums Mainz, zeigt sich begeistert, „es ist wunderbar zu sehen, mit wieviel Fantasie, aber auch mit welchen Überlegungen sich die Studierenden dieser herausfordernden Aufgabe gestellt haben.“
Zur Vorbereitung der geplanten Neuaufstellung der archäologischen Dauerausstellung waren Studierende der Klasse für Bildhauerei von Prof. Sabine Groß der Kunsthochschule Mainz vom Landesmuseum Mainz eingeladen, sich mit ganz unterschiedlichen Exponaten aus den vorgeschichtlichen und römischen Epochen auseinanderzusetzen.
Prozessbild zu ‚despised seer‘ – Copyright Kunsthochschule Mainz/Aaron Nora Kappenberger
„Neue Blickwinkel, künstlerische Neuschöpfungen, überraschende Herangehensweisen – es war allen Studierenden ein großes Vergnügen, archäologischen Artefakten, die in Museen unberührbar erscheinen, auf wundersame Weise neues Leben einzuhauchen und buchstäblich eine andere Bühne zu bieten,“ so die Leiterin der Klasse für Bildhauerei, Prof. Sabine Groß.
Die archäologischen Objekte aus der Vorgeschichte und der Römerzeit, die lange nicht mehr im Landesmuseum Mainz zu sehen waren, zeigen unterschiedliche Aspekte des menschlichen Lebens, wie Alltag, Luxus oder kultisch-religiöse Darstellungen.
Der Ausstellungstitel ist dem Refrain eines Madonna-Songs entliehen und soll einerseits auf die Jungfräulichkeit dieses Ausstellungsunterfangens anspielen, das so in dieser Form keinen Vorläufer hat; andererseits verweist er auf eine gefühlte Unantastbarkeit archäologischer Museumsstücke, die ihnen durch ihre wissenschaftlichen und kulturhistorischen Zuschreibungen verliehen wird. „Ziel des Projektes sei es“, so der Rektor der Kunsthochschule Mainz, Martin Henatsch, „Schnittstellen von Wisenschaft und Kunst, unantastbarer Musealität und zeitgenössischer Intervention aufzuzeigen. Eine wunderbare Herausforderung an die Studierenden der Kunsthochschule Mainz, die damit an die Tradition der Kunst-und Wunderkammern des 16. und 17. Jahrhunderts anschließen, in denen eine heute oftmals vergessene einander bedingende Koexistenz von Artifikalien und Mirabielen, Natur, Wissenschaft und Kunst üblich war.“
Kopf der Rosmerta – Copyright Landesmuseum Mainz, GDKE, U. Rudischer
Zu sehen sind archäologische Artefakte und zeitgenössische Kunst in einer lebendigen Präsentation, zugleich auch Arbeiten, die sich mit den Werkzeugen archäologischer Ausgrabungen beschäftigen oder Texte, die sich zwischen Poesie und Wissenschaftlichkeit neues Terrain erobern.
Kuratiert wurde die Ausstellung von Prof. Sabine Groß und den Studierenden der Bildhauereiklasse der Kunsthochschule Mainz – Line Bisanz, Johannes Buchholz, Yvonne Delfendahl, Selina Hammer, Jeong Hoon Shin, Aaron Nora Kappenberger, Anna Karpekin, Jeong Lee, Amelie Reinholdt, Berit Spieß, Paula Tillmanns, Elpida Tsaousidis, Laetitia Wessner – in Zusammenarbeit mit Dr. Birgit Heide, Dr. Ellen Riemer, Dr. Eva Brachert und Andreas Hawner vom Landesmuseum.
Ergänzt wird die Ausstellung durch ein Making-of, das die Museumspädagogik des Landesmuseums Mainz aufbereitet, um einerseits die getroffene Auswahl der Objekte aufzuzeigen, aber auch um das Publikum mit einzubeziehen, das dann ihrerseits seine Gedanken und Ideen dazu mit einbringen kann.
Mit einer Podiumsdiskussion laden alle Mainzer Institutionen, die aktuell Provenienzforschung betreiben, am 15. April 2023 um 15 Uhr, in das Landesmuseum Mainz der Generaldirektion Kulturelles Erbe (GDKE) ein, um im Umfeld des internationalen Tags der Provenienzforschung unterschiedliche Themen der Provenienzforschung vorzustellen.
Der Eintritt ist frei. Moderiert von Marie-Christine Werner vom SWR geben die Teilnehmenden der Diskussionsrunde einen umfassenden Einblick in ihre laufenden Forschungsvorhaben aus den Bereichen NS-Raubkunst sowie postkoloniale Provenienzforschung in Archäologie und Ethnologie. Im Anschluss an die Podiumsdiskussion erhalten die Besucherinnen und Besucher die Gelegenheit, sich an verschiedenen Stationen Originale und Quellenmaterial anzuschauen. Auch weitere Fragen können hier im persönlichen Gespräch beantwortet werden.
Für das Landesmuseum Mainz nimmt Dorothee Glawe mit dem Thema „Systematische Prüfung der Erwerbungen der Gemäldegalerie und des Altertumsmuseums der Stadt Mainz in den Jahren 1933–45″ teil. Nathalie Neumann vom Institut für Kunstgeschichte und Musikwissenschaften an der Johannes Gutenberg-Universität sowie Prof. Adam Ganz, Medienwissenschaftler an der Royal Holloway-University, London, befassen sich mit der „Rekonstruktion und Lokalisierung der privaten Kunstsammlung des Teppichhändlers Felix Ganz (1869-1944), Inhaber der Firma Ludwig Ganz AG aus Mainz“. Anna Georgiev und Dr. Jörg Drauschke vom Leibniz-Zentrum für Archäologie (LEIZA) stellen das Projekt „Das Glas vom Gleis – Archäologie der Bagdadbahn unter kolonialen Vorzeichen“ vor und Dr. Anna-Maria Brandstetter vom Institut für Ethnologie und Afrikastudien an der Johannes Gutenberg-Universität stellt am Beispiel des in Kamerun tätigen Händlers Adolf Diehl (1870-1943) die Provenienzforschung an der Ethnografischen Studiensammlung vor. Die ersten drei Projekte werden vom Deutschen Zentrum Kulturgutverluste gefördert. Das LEIZA-Projekt erhält eine zusätzliche Förderung durch die Gesellschaft der Freunde.
Der Internationale Tag der Provenienzforschung findet 2023 bereits zum fünften Mal statt und wird jeweils am zweiten Mittwoch im April angeboten. Hervorgegangen ist dieser Tag durch eine Initiative des Arbeitskreises Provenienzforschung e. V.
Kontakt
Dorothee Glawe M.A.
Provenienzforschung
Direktion Landesmuseum Mainz
Im Rahmen der dreitägigen Fachtagung „Hundsköpfige, Hermaphroditen und Städte aus Gold“ des Historisches Seminars der Johannes Gutenberg-Universität Mainz findet am Freitag, den 31. März 2023, um 20:00 Uhr ein öffentlicher Abendvortrag im Landesmuseum Mainz statt. Der Historiker Prof. Dr. Christof Rolker von der Otto-Friedrich-Universität Bamberg spricht zum Thema „Am Rande der Ordnung: Nahe und ferne Wunder um 1500“. Der Vortrag widmet sich der Darstellung von Wundern am Rand der europäischen Ökumene um 1500. Die interessierte Öffentlichkeit ist zu dem Vortrag im Landesmuseum herzlich eingeladen. Eine Anmeldung ist nicht erforderlich, die Teilnahme ist kostenlos. Der Abendvortrag kann auch im Stream verfolgt werden. Hierzu wird um Anmeldung per E-Mail an fkehm@uni-mainz.de gebeten.
Die Tagung in Mainz befasst sich mit der Deutung von Reiseberichten und Länderbeschreibungen aus dem Mittelalter und der Frühen Neuzeit
In vormodernen Reiseberichten und Länderbeschreibungen erzählen Autoren von fernen Kulturen und Begebenheiten, die oft phantastisch wirken und eher dem Reich der Mythologie entstammen könnten als tatsächlichen Erlebnissen. Bisweilen wurden den mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Reisetexten aus Asien, Afrika und – nach seiner Entdeckung – auch aus Amerika daher häufig rein erzählerische Absichten unterstellt, die einer Abgrenzung zu der eigenen Kultur dienen. Eine Mainzer Tagung wird sich anhand von Reiseberichten aus verschiedenen Ecken der Welt mit der Frage befassen, ob diese Perspektive den Blick auf historisch wertvolle Informationen verstellt, die in diesen Quellen womöglich enthalten sind. Die Tagung „Hundsköpfige, Hermaphroditen und Städte aus Gold. Körper, Geschlecht und Materialität in vormodernen Reiseberichten und Länderbeschreibungen“ findet vom 30. März bis 1. April 2023 im Landesmuseum Mainz statt und wird zugleich als Livestream angeboten. Die interessierte Öffentlichkeit ist hierzu herzlich eingeladen.
Körper, Geschlecht und Materialität nehmen in Reiseberichten wichtige Rolle ein
Berichte bekannter Fernreisender und Entdecker wie Marco Polo, Odorico da Pordenone und Christoph Kolumbus führen ihrem Publikum die Andersartigkeit fremder Kulturen vor Augen, wobei häufig das Geschlecht als ein Merkmal dieser Andersartigkeit dient. „Es wird etwa von Frauen mit Bärten, dem chinesischen Brauch des Füßebindens oder von Alltagspraktiken wie der Nahrungszubereitung und damit zusammenhängenden Rollenerwartungen berichtet“, erklärt Prof. Dr. Nina Gallion von der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU). „Dabei muss jedoch im Einzelfall geklärt werden, wieviel tatsächliche Ethnographie und wieviel ideologisch gefärbte, auf das mitteleuropäische Zielpublikum gemünzte Phantasie in den Beschreibungen enthalten ist.“
Hier setzt die Tagung mit ihrem Schwerpunkt auf den drei Bereichen Geschlecht, Körperlichkeit und Materialität an. Die Referentinnen und Referenten stellen Berichte unter anderem aus Skandinavien, dem Osmanischen Reich, Surinam, Jerusalem, Spanien und Italien vor und werden sie im Hinblick auf ihren Faktengehalt einerseits und erzählerische Absichten andererseits diskutieren. Die Berichte decken einen Zeitraum vom 13. Jahrhundert bis zum 18. Jahrhundert ab.
Die Bedeutung des Workshops ergibt sich auch daraus, dass es trotz der Bekanntheit solcher Reiseberichte und Länderbeschreibungen und trotz der Häufigkeit der darin enthaltenen geschlechtsspezifischen Aussagen bisher an entsprechenden Untersuchungen mangelt. Die Veranstaltung wird von Nina Gallion und ihrem Mitarbeiter Florian Kehm, beide vom Historischen Seminar der JGU, gemeinsam mit Dr. Christian Hoffarth vom Historischen Seminar der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel organisiert.
Anton Würth ist einer der wenigen Künstler weltweit, der sich noch mit der alten und äußerst aufwändigen Technik des Kupferstichs auseinandersetzt. Dabei basieren die Arbeiten des in Offenbach tätigen Kupferstechers auf seiner Begegnung und langjährigen Beschäftigung mit den Werken der Alten Meister in deutschen Kupferstichkabinetten. Dazu gehören etwa Werke Albrecht Dürers (1471–1528) oder des Romantikers Philipp Otto Runge (1777–1810).
Unter dem Titel „Liniengefüge“ präsentiert das Landesmuseum Mainz der Generaldirektion Kulturelles Erbe Rheinland-Pfalz (GDKE) vom 15. März bis 4. Juni eine sehenswerte Ausstellung im Graphikkabinett über „Anton Würth im Dialog mit Dürer und Runge“. Die Schau zeigt die Werke Anton Würths in Gegenüberstellung zu seinen historischen Vorvätern. Eigens für die Ausstellung entstand ein Stich, in dem sich Würth mit einem Werk der Graphischen Sammlung des Landesmuseums, der „Madonna mit den vielen Tieren“ von Aegidius Sadeler nach Dürer, beschäftigt.
Die Kabinettausstellung bietet über die Arbeiten der Altmeister Dürer und Runge bis zu Anton Würth einen modernen Einblick in die komplexe Technik des Kupferstichs. Gezeigt werden sowohl die gedruckten Graphiken als auch dazugehörige Druckplatten und Arbeitsutensilien, die den künstlerischen Prozess für die Besucherinnen und Besucher illustrieren und die Feinheit und Klarheit des Kupferstichs unterstreichen sollen.
Gemeinsam mit dem Künstler Anton Würth und der Kuratorin Maria Aresin bietet das Landesmuseum am 14. März um 18 Uhr eine Eröffnungsführung an bei freiem Eintritt. Zum Tag der Druckkunst am 18. März um 14 Uhr (parallel zu einem Kinder-Druckworkshop) wird es zudem eine Kuratorinnenführung geben (mit Museumeintritt) wie auch am 11. April um 18 Uhr.
Anton Würth setzt sich bereits seit 2014 intensiv mit den Meisterblättern Albrecht Dürers auseinander, aus denen er bestimmte Bildmomente extrahiert und in neue ornamentale Zusammenhänge einfügt. Neben Dürer ist auch der Romantiker Philipp Otto Runge ein wichtiger Referenzpunkt für Würth, der dessen Serie der „Vier Tageszeiten“ in seinem „Versuch über Runge“ neu durchdenkt. Der Kunstkritiker John Ruskin schrieb um 1872 über den Kupferstich: „Die Sprache des Kupferstichs […] ist so fruchtbar, so genial, so unaussprechlich raffiniert und ernsthaft in ihrem Ausdruck, dass man sie gut und gerne zum Thema der eigenen Sinnsuche machen kann.“ Genau auf eine solche Sinnsuche begibt sich Anton Würth mit seinen Stichen.
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Über 30 Hektar erstreckt sich die Grundstücksgröße auf dem ehemaligen Zoll- und Binnenhafen in der Mainzer Neustadt, die seit 2010 sukzessive zu einem neuen Stadtquartier erschlossen wird. Schon im Vorfeld war den Bauherren klar, dass die geplanten Baumaßnahmen stets im Fokus der Landesarchäologie der Generaldirektion Kulturelles Erbe Rheinland-Pfalz (GDKE) stehen. Denn immerhin grenzt das imposante Baugebiet unmittelbar an einen römischen ‚Vorort‘ von Mogontiacum an, den sogenannten Dimesser Ort.
Dr. Marion Witteyer, die ehemalige Leiterin der Mainzer Landesarchäologie, zeigte sich dennoch von der der Fülle und vor allem von der Qualität der Funde überrascht: „Die Untersuchungen der letzten Jahre lassen die römische Besiedlung auf dem Gebiet der heutigen Neustadt in einem völlig anderen Licht erscheinen“.
In ihrem Vortrag „Die Göttin aus dem Schutt – Neue Aspekte zur römischen Neustadt“, am 7. Februar 2023 um 18 Uhr im Landesmuseum Mainz der GDKE, gibt Dr. Witteyer daher erstmals einen Überblick und einen Einblick in die neuesten Forschungsergebnisse sowie über die Auffindung der weit über Mainz hinaus bekannten Salus-Statue.
Zwar sind seit dem 19. Jahrhundert im Bereich des alten Zollhafens immer wieder römische Funde entdeckt worden, in der Regel aber ohne Befundzusammenhang. Durch die neuen Grabungen sind erstmals großflächige Kontexte erkennbar. Sie zeigen, dass das ursprüngliche Siedlungsareal sehr viel größer war als bisher angenommen und sich wesentlich weiter zum Rhein hin erstreckte.
Der Vortrag mit dem Titel „Die Göttin aus dem Schutt – Neue Aspekte zur römischen Neustadt“ wird als Hybrid-Veranstaltung durchgeführt. Es besteht demnach die Möglichkeit, an dem Vortrag in Präsenz teilzunehmen oder ihm in digitaler Form zu folgen.
Da die Zahl der Teilnehmenden begrenzt ist, wird um eine Anmeldung bis 6. Februar 2023, 12 Uhr, per E-Mail unter anmeldung@gdke.rlp.de gebeten, die Platzvergabe erfolgt in der Reihenfolge der Anmeldungen. Der Zugangslink wird den Teilnehmenden nach Anmeldeschluss per E-Mail zugeschickt. Die Teilnahme ist kostenfrei.
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Mit einem Römerfest feiert das Landesmuseum Mainz der Generaldirektion Kulturelles Erbe Rheinland-Pfalz (GDKE) gemeinsam mit Kindern und Familien den Abschluss der überaus erfolgreichen Mitmach-Ausstellung „High Tech Römer“. Für die Direktorin des Landesmuseums, Dr. Birgit Heide, war die Mitmach-Ausstellung ein absolutes Highlight, „wir waren bei den Schulklassenterminen teilweise über Wochen ausgebucht und konnten mit „High Tech Römer“ an die großen Erfolge der Mitmachausstellung „Ritter, Bauer, Edeldame“ anknüpfen.“
Los geht es beim Römerfest am 14. Januar um 10 Uhr mit Bastel- und Spielstationen sowie mit stündlichen Kurzführungen für Kinder in der Steinhalle, die Eltern sind herzlich zu einer Überblicksführung durch das Landesmuseum um 14 Uhr eingeladen. Zudem hat ein „echter“ Römer seinen Besuch angekündigt. Bei einer interaktiven Vorführung jeweils um 11, 13 und 15 Uhr erklärt der römische Legionär die Besonderheiten seiner Ausrüstung und wie fortschrittlich die Römer bei der Ausstattung ihrer Soldaten waren.
Während der gesamten Zeit steht die Mitmachausstellung „High Tech Römer“ von 10 bis 17 Uhr allen Interessierten offen, um die Erfindungen der Römer auszuprobieren und dabei Neues kennenzulernen.
So können die Besucherinnen und Besucher bei den rund 25 Mitmachstationen wahlweise eine römische Stadt planen, das Wasser aufwärts fließen lassen oder in einer römischen Galeere um die Wette rudern. „Ob Fußbodenheizung, Lastkräne, Wellnessbäder oder Kaugummi – was für uns selbstverständlich ist“, erklärt Birgit Heide, „das war in der Römerzeit echtes Hightech“.
Ergänzt wird die Mitmach-Ausstellung durch einzigartige Original-Funde aus den umfangreichen Beständen des Landesmuseums Mainz und der GDKE.
Wie schon die außerordentlich erfolgreiche Mitmach-Ausstellung „Ritter, Bauer, Edeldame“ ist auch „High Tech-Römer“ ein besonderes Produkt der fruchtbaren Zusammenarbeit mit dem Museon Den Haag (NL), Museum Het Valkhof Nijmegen (NL), Technopolis Mechelen (B) und dem LVR-Landes Museum Bonn (D).
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Der Mainzer Künstler Paul Strecker war nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs Teil des kulturellen Aufbruchs im Berlin der Nachkriegszeit. Welche Rolle er dabei als Mittler spielte und wie intensiv er sich nach Kriegsende um eine Wiederbelebung des dortigen Kunst- und Kulturlebens bemühte, wird die künstlerische Leiterin des Kunsthaus Dahlem in Berlin, Dr. Dorothea Schöne, in Ihrem Vortrag „´Eine merkwürdige Magie der Vieldeutigkeit` – Paul Strecker und die Kunst nach 1945“ am Sonntag, 15. Januar 2023, um 11 Uhr im Landesmuseum Mainz der Generaldirektion Kulturelles Erbe Rheinland-Pfalz (GDKE) erläutern. Strecker war 1944 nach seinem zwei Jahrzehnte währenden Aufenthalt von Paris nach Berlin zurückgekehrt und suchte insbesondere im Umfeld der progressiven Galerie Gerd Rosen Gleichgesinnte.
Der Vortrag, der auch Streckers Schaffen im Kontext zeitgenössischer Berliner Kunst thematisiert, ist Teil der Finissage zur Sonderausstellung „Figurenwerfen“, die sich dem Spätwerk des Mainzer Künstlers Paul Strecker (1898–1950) widmet und die noch bis zum 15. Januar 2023 in der Abteilung Moderne des Landesmuseums zu sehen ist.
Der Vortrag, wie auch die Sonderausstellung, sind in Kooperation mit dem Institut für Kunstgeschichte und Musikwissenschaft der Johannes Gutenberg-Universität (JGU) Mainz, der Paul Strecker-Stiftung Mainz und dem Landesmuseum Mainz realisiert worden. Das besondere an der Ausstellung – sie wurde von einer studentischen Projektgruppe kuratiert, die sich seit 2019 intensiv mit dem Œuvre des in Mainz geborenen Künstlers Paul Strecker auseinandersetzt. Angeleitet wurde sie dabei von Prof. Dr. Gregor Wedekind.
Der Vortrag im Landesmuseum Mainz beginnt am Sonntag, 15. Januar 2023, um 11 Uhr. Der Eintritt ist frei.
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Es ist ein außergewöhnlicher Fund aus der Römerzeit, den Mitarbeitende der Landesarchäologie Mainz der Generaldirektion Kulturelles Erbe Rheinland-Pfalz (GDKE) am Zollhafen auf einem Grundstück zwischen Rheinallee und An den Grachten im Oktober 2020 entdeckten: eine etwa 1,50 Meter große kopflose Frauenfigur mit nacktem Oberkörper und Hüftmantel aus Sandstein, die sich später als eine Darstellung der Heilgöttin Salus entpuppte.
Unter dem Titel „Die Mainzer Salus vom Zollhafen” wird Prof. Dr. Johannes Lipps, vom Institut der Klassischen Archäologie der Johannes Gutenberg-Universität (JGU) Mainz, die Geschichte des Fundes und der Figur am 17. Januar 2023 um 18 Uhr im Landesmuseum Mainz der GDKE in einem abwechslungsreichen Vortrag erläutern.
Sowohl eine Inschrift als auch eine „Schwesterstatue“ im Römisch-Germanischen Museum Köln, an der sich zusätzlich eine Schlange nach oben windet, halfen bei der Identifizierung der kopflosen Dargestellten. Die Inschrift weist die Statue als Salus aus, die im Jahr 231 n. Chr. von Senecionius Moderatus und Respectius Constans, den Bewohnern der Mainzer canabae, des zivilen Lagerdorfs, gestiftet wurde. „Gemeinsam mit dem Fund aus Köln präsentiert sich die Mainzer Salus als eine Statue, die den lokalen Bedürfnissen angepasst wurde und hypothetisch mit einem damals neu gestifteten Kult für Salus in Verbindung zu bringen ist“, so Lipps.
Der Stein wurde wohl im Nahetal abgebaut und nach Mainz importiert, wo eine überregional gefragte Werkstatt Weihestatuen anfertigte. Mit solchen Produkten befriedigte die Werkstatt die Wünsche besonders ambitionierter Auftraggeber, welche gerade in severischer Zeit (von 193 bis 235 n. Chr.) ihre Städte mit reichen, in kleinen antiken Bauwerken (Ädikula) im öffentlichen Raum präsentierten Statuenweihungen von unterschiedlichen Heilsgottheiten schmückten und durch diese religiöse Praxis sowohl ihr eigenes soziales Prestige steigerten als auch entscheidend zum urbanen Mehrwert ihrer Gemeinden beitrugen.
Der Vortrag mit dem Titel „Die Mainzer Salus vom Zollhafen” wird als Hybrid-Veranstaltung durchgeführt. Es besteht demnach die Möglichkeit, an dem Vortrag in Präsenz teilzunehmen oder ihm in digitaler Form zu folgen. Da die Zahl der Teilnehmenden begrenzt ist, wird um eine Anmeldung bis 16. Januar 2023, 12 Uhr, per E-Mail unteranmeldung@gdke.rlp.de gebeten, die Platzvergabe erfolgt in der Reihenfolge der Anmeldungen. Der Zugangslink wird den Teilnehmenden nach Anmeldeschluss per E-Mail zugeschickt. Die Teilnahme ist kostenfrei.
Übrigens: Ab dem 14. Januar 2023 ist das Original der Salus-Statue in einer gemeinsamen Präsentation von Landesarchäologie Mainz und Landesmuseum Mainz im Museum zu bewundern.
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