Kategorie-Archiv: RheinMain CongressCenter

KI erobert Medizin – 8000 besuchten Internistenkongress der DGIM im Wiesbadener RheinMain CongressCenter

Industrieausstellung zur Medizin der Zukunft auf dem 130. Internistenkongress in Wiesbaden © Foto Diether von Goddenthow
Industrieausstellung zur Medizin der Zukunft auf dem 130. Internistenkongress in Wiesbaden © Foto Diether von Goddenthow

Wiesbaden – Mit mehr als 8000 Internistinnen und Internisten vor Ort in Wiesbaden und online ging gestern der 130. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin zu Ende. Mit 1400 Vorträgen in insgesamt 410 wissenschaftlichen Sitzungen spiegelte das Programm des 130. Internistenkongresses erneut die gesamte Breite der Inneren Medizin wider. Zentrale Themen der Tagung waren die Chancen und Grenzen der Präzisionsmedizin, Forschung in der Inneren Medizin, der Umgang mit Fehlern sowie die Auswirkungen diverser Krisen – von Klimawandel bis Fachkräftemangel. Das zentrale Querschnitt-Thema war KI im medizinischen Alltag, denn seit Jahren und zusehends immer rascher durchdringt KI alle Bereiche der Medizin von der Allgemeinmedizin bis zur Urologie. Auf dem Kongress wurden die Chancen, Risiken und Vertrauenswürdigkeit einer „schönen“ oder – vielleicht auch –  „bedrohlichen“ neuen Welt diskutiert.

Kann KI Zeitmangel in der Medizin „heilen“?

DGIM Future. VR-Brillen (VR = Virtuelle Realität) können in der Medizin vielfältig zum Einsatz kommen, etwa bei der Arztausbildung, wo sie Krankheiten bei Patienten simulieren oder virtuelle Operationen zur Übung zulassen. Sie können in der Augenheilkunde dienen zur Sichtfeldmessung, Ermittlung von Farb- und Kontrastempfindlichkeit, und in der Psychotherapie (z.B. bei bei Paranoia oder starken Ängsten ) usw. © Foto Diether von Goddenthow
DGIM Future. VR-Brillen (VR = Virtuelle Realität) können in der Medizin vielfältig zum Einsatz kommen, etwa bei der Arztausbildung, wo sie Krankheiten bei Patienten simulieren oder virtuelle Operationen zur Übung zulassen. Sie können in der Augenheilkunde dienen zur Sichtfeldmessung, Ermittlung von Farb- und Kontrastempfindlichkeit, und in der Psychotherapie (z.B. bei bei Paranoia oder starken Ängsten ) usw.
© Foto Diether von Goddenthow

Wäre ein vermehrter Einsatz von KI in der Medizin ein probates Mittel, ein an Zeitmangel erkranktes medizinisches Versorgungs-System zu heilen?

Gerade in der Inneren Medizin begegnet medizinisches Personal einer so großen Vielfalt an Krankheitsbildern, dass die Übersicht kaum noch zu wahren ist. Darüber hinaus müssen klinische Befunde, Laborwerte und Bildgebung zusammengeführt werden: Hier könnte eineKI-gestützte Entscheidungshilfe Wege zur Diagnose aufzeigen und wertvolle Zeit sparen. „Angesichts des wachsenden Fachkräftemangels in der Medizin können technische Hilfsmittel, die den Arbeitsalltag erleichtern, extrem hilfreich dabei sein, unsere Aufmerksamkeit wieder mehr den Patientinnen und Patienten und ihren individuellen Bedürfnissen zuzuwenden“, sagt Kongresspräsident Professor Dr. med. Andreas Neubauer, Direktor der Klinik für Hämatologie, Onkologie und Immunologie am UKGM in Marburg.

Aber wieviel Verantwortung sollte eine KI in der Medizin tragen? Wie weit darf und sollte unser Vertrauen gehen? „Die Frage müsste lauten: Entspricht das Vertrauen in die KI dem, was sie leisten kann? Wie bei jedem Hilfsmittel, dass in der Medizin genutzt wird, muss die oder der Behandelnde sich im Klaren darüber sein, was die Hilfe leisten kann – und was eben nicht“, sagt Professor Dr. Martin Hirsch, der das Institut für Künstliche Intelligenz am UKGM leitet und Mitglied der Kommission Digitale Transformation in der Inneren Medizin der DGIM ist.
Kann dies nicht garantiert werden, verlieren Patienten rasch ihr – mitunter ohnehin sehr ambivalentes –  Vertrauen in KI-unterstützte Medizin. So gibt es  gegenüber  Apparate-Medizin, OP-Robotik oder Telemedizin ohnehin schon  bei vielen Patienten gewisse Hemmschwelle. Es geht bei der KI also nicht bloß um technische Optimierung, sondern vor allem darum,  Vertrauen dafür bei Patienten aufzubauen.  Wie aber „konstituiert sich Vertrauen? Und was folgt daraus für das Design von Ki-Anwendungen?“ war eine der zentralen Fragestellung, über die   die Psychologin und Doktorandin Nadine Schlicker, vom Institut für Ki in der Medizin an der Universität Marburg, referierte.  Ihren Untersuchungen im Rahmen ihrer Doktorarbeit referierte, beispielsweise: „Wie kommen medizinische Laien zur Einschätzung der Vertrauenswürdigkeit ihres KI-Arztes?“

Impression vom Internisten-Kongress der DGIM in Wiesbaden. © Foto Diether von Goddenthow
Impression vom Internisten-Kongress der DGIM in Wiesbaden. © Foto Diether von Goddenthow

Aber es geht nicht nur um das Vertrauen von Patienten, sondern auch um das der Ärzte in die KI. So kann ein zu hohes Maß an Vertrauen  dazu führen, dass Ärztinnen und Ärzte sich zu unkritisch auf diese Technologie verlassen, während zu wenig Vertrauen darin resultieren kann, dass sie die Vorteile dieser Technologie nicht nutzen. „Denn trotz ihrer erheblichen Potentiale muss auch für KI stets die oberste ärztliche Maxime gelten: Primum nil nocere – das Bestmögliche erreichen, ohne zu schaden, und ein unausgewogenes Maß an Vertrauen zu ihr ist ein wichtiger Einflussfaktor“, unterstrich Professor Dr. med. Ivica Grgic, Oberarzt der Klinik für Nephrologie und Mitglied des Instituts für KI in Marburg, hinzu.

„Vertrauensbildende Maßnahmen“ – wie KI und Medizin zusammenkommen können
Damit KI-gestützte Entscheidungshilfen eine echte Erleichterung im Behandlungsalltag werden können und das Vertrauen von Ärzteschaft und Patientinnen und Patienten gleichermaßen genießen, gilt es – so Martin Hirsch – einige Punkte bei der Etablierung zu
beachten:

  • Ärztinnen und Ärzte können nicht ersetzt werden! Das Vertrauensverhältnis und der Austausch zwischen Behandelnden und Patientin oder Patient ist entscheidend für den Behandlungserfolg und darf nicht von Hilfsmitteln ersetzt, sondern lediglich ergänzt werden.
  • Ethische Standards entwickeln und der KI vermitteln: Gerade, aber nicht nur am Lebensende, gewinnt die ethische Komponente bei medizinischen Entscheidungen an Bedeutung. Nicht jede lebensverlängernde Maßnahme, die die KI vorschlägt, entspricht dem Wunsch der Patientin oder des Patienten und nicht alles, was medizinisch möglich ist, bringt einen vertretbaren Nutzen. „Ihre Wirkmächtigkeit für die Medizin kann KI nur entfalten, wenn wir klare ethische Rahmenbedingungen setzen“, so Hirsch.
  • KI kann nicht im Sprint Einzug in die Medizin halten: Vor dem Einsatz von KI in der Medizin als Entscheidungshilfe muss die gesellschaftliche Auseinandersetzung zu ethischen Fragen in der Medizin stehen.
  • Von der Behandlung zur Heilung: KI kann im Gesundheitssystem notwendige Freiräume schaffen, wenn wir sie so anlegen, dass sie ethisch geprägt, präventiv ausgerichtet und gesundheitsfördernd ist.

„Die KI wird uns keine schnelle Zeitersparnis bringen, aber mittelfristig echte Gewinne für ein Gesundheitssystem, das derzeit von massivem Fachkräftemangel getrieben ist“, so Hirsch.

KI-Assistenz aus der Notaufnahme

Im Rahmen des Ausstellungsbereichs DGIM Futur in der Halle Nord des RMCC Wiesbaden hatten die  Kongressteilnehmer die Möglichkeit, eine KI-Assistenz aus der Notaufnahme kennenzulernen (DokPro, DokKab, DokBox), mittels VR-Brillen u.a. Organfunktionen zu erleben, ihre Fähigkeiten im Umgang mit virtuellen Notfallsituationen zu testen und neuartige, immersive medizinische Lern- und Onboarding-Konzepte kennenzulernen. Konzipiert wurde das Angebot von Kongresssekretär Professor Dr. med. Ivica Grgic und  Professor Dr. Martin Hirsch.

Die DocKab, ein Teilprojekt von DokPro, dient der automatisierten Ki-gestützten Ersteinschätzung in der Notaufnahme. Liegt keine lebensbedrohliche (rote Triage-Stufe) vor, wird der Patient in die Kabine gebeten, an Sensoren angeschlossen und anhand seiner der "KI" gegebenen Antworten und Angaben eine Gesamteinschätzung vorgenommen.  Alle Infos und Auswertungen werden dokumentiert u. dem KIS übergeben. Das medizinische Personal überwacht die Prozesse in DokKab mittels Tablet. © Foto Diether von Goddenthow
Die DocKab, ein Teilprojekt von DokPro, dient der automatisierten Ki-gestützten Ersteinschätzung in der Notaufnahme. Liegt keine lebensbedrohliche (rote Triage-Stufe) vor, wird der Patient in die Kabine gebeten, an Sensoren angeschlossen und anhand seiner der „KI“ gegebenen Antworten und Angaben eine Gesamteinschätzung vorgenommen. Alle Infos und Auswertungen werden dokumentiert u. dem KIS übergeben. Das medizinische Personal überwacht die Prozesse in DokKab mittels Tablet. © Foto Diether von Goddenthow

Beim DokPro-Projekt handelt es sich um eine Ki-basierte Ersteinschätzung des Gesundheits-/Befindlichkeitszustands von Patienten. Es handelt sich dabei um eine  modulare KI-Plattform, die, so die Info-Tafel, darauf ausgelegt ist, Patienteninformationen strukturiert zu erfassen und basierend darauf Ersteinschätzungen zur Weiterverwendung für den (Not-/Tele-Haus-)Arzt abzugeben. Die DokKab ist beispielsweise für den Einsatz in der klinischen Notfallstation vorgesehen. Die DokBox in Containergröße, verfügt zudem über einen variabel gestaltbaren Behandlungsraum, und soll in Kliniken, Altenheimen und Flüchtlingsunterkünften zum Einsatz kommen. Zudem ist auch der mobile Einsatz vorstellbar, um etwa Unterversorgung in ländlichen Gebieten entgegenzuwirken (einmal wöchentlich kommt der mobile Doc ins Dorf). Hierdurch könne man, so die Entwickler, unnötige Klinikbesuche vermeiden und Patienten einen niederschwelligen Zugang zu Untersuchungen ermöglichen.

Hohe Ehrungen während des Kongresses

Im Rahmen ihres Jahreskongresses   und Fachtagung vergab die Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin e.V. (DGIM) außerdem ihre Forschungspreise, Ehrungen für verdiente Persönlichkeiten der Fachgesellschaft und die Medienpreise an Persönlichkeiten, die sich um die Innere Medizin, die internistische Forschung sowie die Vermittlung medizinischer Fragestellungen besonders verdient gemacht haben.

Höchste Auszeichnung der DGIM: Leopold-Lichtwitz-Medaille für Professor Gerd Hasenfuß

Die Leopold-Lichtwitz-Medaille der DGIM, die höchste Auszeichnung der Fachgesellschaft, erhielt in Anerkennung seiner großen Verdienste um die Innere Medizin Professor Dr. med. Gerd Hasenfuß. Hasenfuß ist seit 1998 Direktor der Klinik für Kardiologie und Pneumologie und Universitätsprofessor für Innere Medizin an der Universitätsmedizin Göttingen. Er ist mit zahlreichen Wissenschaftspreisen ausgezeichnet, darunter der Theodor-Frerichs-Preis der DGIM. 2015/2016 war er Vorsitzender und Kongresspräsident der 122. Jahrestagung der Fachgesellschaft. Unter seiner Leitung entstand die DGIM-Initiative „Klug entscheiden“, die bis heute unter Mitarbeit der internistischen Schwerpunktgesellschaften regelmäßig Über- und Unterversorgung in der Inneren Medizin benennt.

DGIM-Medienpreise: Erster Platz für „Wann stirbst Du endlich?“ in ZEIT Verbrechen

Die mit insgesamt 10.000 Euro dotierten DGIM Medienpreise wurden in diesem Jahr an Beiträge zum Thema „Pflegekrise: Gute Medizin braucht gute Pflege“ vergeben. Die erste Auszeichnung ging an ein junges Autorenteam, bestehend aus Martin Hogger, Kristina Ratsch, Marina Klimchuk und David Holzapfel für Ihren Beitrag „Wann stirbst du endlich?“ in ZEIT Verbrechen. Der zweite Medienpreis wurde an Carina Frey vergeben für ihren Beitrag „Heute hier, morgen dort“, veröffentlicht in „brand eins“. Den dritten Preis erhielt Autorin Nina Himmer für den Beitrag „Ein Heim sucht nach Rettung“, der in der Apotheken Umschau erschienen ist.

Vergabe von drei Ehrenmitgliedschaften
Des Weiteren ernannte die Fachgesellschaft im Rahmen der festlichen Abendveranstaltung drei verdiente Persönlichkeiten zu Ehrenmitgliedern: den Internisten und Kardiologe Professor Dr. med. Georg Ertl, Ärztlicher Direktor und Vorstandsvorsitzender der Medizinischen Klinik und Poliklinik I sowie bis 2020 Inhaber des Lehrstuhls für Innere Medizin am Universitätsklinikums Würzburg; er ist aktuell Generalsekretär der DGIM und trug auch davor schon als Vorsitzender entscheidend zum Erfolg der Fachgesellschaft bei. Seit 2002 ist der zudem Mitglied der Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina.

Professor Dr. med. Hans-Jochem Kolb ist Internist und Hämatoonkologe und führte 1975 die erste erfolgreiche Knochenmarkstransplantation in Deutschland bei einem Kind mit aplastischer Anämie durch. 1978 folgte die erste erfolgreiche Transplantation bei Erwachsenen mit refraktärer Leukämie und aplastischer Anämie. Seit 1985 hatte Kolb eine C2-Professur für maligne Hämatologie an der Universität München inne, ab 1996 ebendort eine C3-Professur. Auf ihn geht das Konzept der Donor-Lymphozytentransfusion als kurative Therapie bei hämatologischen Neoplasien zurück.

Dr. Bernd-Michael Neese befasst sich als Germanist und Historiker mit der Stadtgeschichte Wiesbadens und hat hierzu zahlreiche Bücher und Artikel veröffentlicht. Seine Abhandlung „Der Internistenkongress in Wiesbaden 1882–2022“ entwickelte sich in diesem Zusammenhang. Bernd-Michael Neese befasste sich zudem mit Dr. Emil Pfeiffer. Der lebenslang in Wiesbaden praktizierende Arzt war mit einer 32-jährigen Amtszeit der am längsten wirkende Generalsekretär der DGIM. Die Ergebnisse der Untersuchungen zu Leben und Werk von Emil Pfeiffer sollen Ende des Jahres 2024 in einer umfangreichen Studie dargestellt werden.

Mit dem Ende der Fachtagung übernahm Professor Dr. med. Jan Galle, Lüdenscheid, den Vorsitz der Fachgesellschaft. Den vom 3. bis 6. Mai 2025 stattfindenden 131. Internistenkongress stellt der Nephrologe unter das Motto „Resilienz – sich und andere stärken“.

Weitere Informationen rund um den Kongress und sein Programm mit über 1000 (hybriden) Vorträgen. 

(DGIM / Diether von Goddenthow)

„Präzisionsmedizin auf dem Vormarsch“ – 130. Internistenkongress in Wiesbaden erfolgreich gestartet.

130. Internistenkongress der DGIM vom 13. bis 16. April 2024 im RheinMain CongressCenter Wiesbaden  Wie kann Präzisionsmedizin angesichts hoher Kosten und Aufwände im Versorgungsalltag etabliert werden, und wie viele Menschen profitieren schon heute von den innovativen Methoden? Das diskutieren Expertinnen und Experten auf dem diesjährigen Internistenkongress mit dem Schwerpunkt „Präzisionsmedizin – Wünsche und Wirklichkeiten“ auf dem Kongress. © Foto Diether von Goddenthow
130. Internistenkongress der DGIM vom 13. bis 16. April 2024 im RheinMain CongressCenter Wiesbaden Wie kann Präzisionsmedizin angesichts hoher
Kosten und Aufwände im Versorgungsalltag etabliert werden, und wie viele Menschen
profitieren schon heute von den innovativen Methoden? Das diskutieren Expertinnen und
Experten auf dem diesjährigen Internistenkongress mit dem Schwerpunkt „Präzisionsmedizin – Wünsche und Wirklichkeiten“ auf dem Kongress. © Foto Diether von Goddenthow

Bei traditionell wunderbarem Wetter startete gestern der 130. Internistenkongress im Wiesbadener RheinMain CongressCenter.  In diesem Jahr steht der Internistenkongress unter dem Leitgedanken „Präzisionsmedizin – Wünsche und Wirklichkeiten“, ein neuer Ansatz, der  aus ganz unterschiedlichen internistischen Perspektiven beleuchtet wird, insbesondere aus onkologischen, gastroenterologischen und kardiologischen Blickwinkeln.

Was bedeutet aber der neue Ansatz „Präzisionsmedizin“, der den bisherigen Standard „evidenzbasierter Medizin“ in immer mehr Teilbereichen medizinischer Disziplinen ergänzen werden dürfte, sofern entsprechende Mittel zur Verfügung stehen?

Während  man unter evidenzbasierter Medizin einen Ansatz medizinischer Versorgung versteht, welcher die Erkrankung  eines Patienten auf der Grundlage der besten zur Verfügung stehenden Wissensquellen,  Daten, Medikamente und erprobter Verfahren /Therapien  behandelt, und individualisierte Medizin beispielsweise den Focus  auf die  individuelle Krankenvorgeschichte, Erbkrankheiten, Alter usw.  des   einzelnen Patienten legt und personalisierte Therapien entwickelt, „startet die  Präzisionsmedizin vom  Verständnis der Krankheit her aus“, so Professor Dr. med. Andreas Neubauer, Onkologe und Kongresspräsident des 130. Internistenkongresses, auf der heutigen Pressekonferenz.  „Ich möchte verstanden haben, was eine Erkrankung auslöst, was diese Erkrankung kausal begründet: im besten Fall ein Molekül, was vielleicht durch eine einzige Aminosäure, einen einzigen Aminosäure-Austausch so verändert ist, das es in einem ruhenden Gen ein krebsverursachendes Gen wird, wodurch eine Zelle anfängt, sich dramatisch zu teilen auf Kosten der Nachbarzellen, dass sie  schneller wächst und ein Krebs verursacht“, so Neubauer. In solch einem  Fall habe man die Ursache für die krankmachende krebsverursachende Zelle im  Körper des betroffenen Menschen verstanden.Ich habe das Molekül verstanden, ich habe das Protein, das Eiweißmolekül verstanden, was diesen Krebs verursacht, und es gelingt mir, die Funktion dieses Moleküls, wir nennen es einfach mal Proteinkinase,  so zu verändern, dass die Kinase ihre krebsauslösende Wirkung nicht mehr hat und weitergeben kann. Dann verschwindet die Krankheit. Das ist Präzisionsmedizin.“, erklärt Neubauer Kern des gedanklichen Grundprinzips  hinter dem Begriff „Präzisionsmedizin“.

Impression aus dem Foyer des RheinMain CongressCenters vom 130. Internistenkongress in Wiesbaden © Foto Diether von Goddenthow
Impression aus dem Foyer des RheinMain CongressCenters vom 130. Internistenkongress in Wiesbaden © Foto Diether von Goddenthow

Leider ist natürlich dieser Ansatz (noch) nicht generell anwendbar, aber dort, insbesondere im Teilsektoren  der Onkologie, der Gastroenterologie und Kardiologie, wo Präzisionsmedizin schon möglich ist, bedeutet das, dass es praktisch egal ist, ob ein Erkrankter jung oder alt, männlich oder weiblich ist, weil man noch tiefer als bislang bis zu den eigentlichen individuellen Krankheitsursachen vordringen und eine Medikation zielgenauer verabreichen kann. Denn bei jedem Krebserkrankten kann ein Krebs, eine Krebsart, etwa Lungenkrebs, Brustkrebs usw. aufgrund ganz unterschiedlicher zellulärer und genetischer Eigenschaften entstanden sein. Und die gilt es vor einer Therapie zu verstehen, um möglichst nebenwirkungsarm behandeln zu können.

Als Neubauer 1983 als Assistenzarzt anfing, war es üblich, so der Kongress-Präsident, dass wir auf unsere {krebskranken] Patienten Atombomben geworfen haben: Zytostatika „. Man habe damals kaum wirklich  genau verstanden, „was wir da eigentlich machen“. Heute wisse man: „wir haben DNA-Schäden gesetzt, und wenn man sich jetzt vorstellt, auf eine Zelle, die ja schon DNA-Schäden hat“, weil sie  sonst ja  keine Krebszelle geworden wäre, „geben wir ihr also noch mutagenere  Substanzen“, natürlich  schon aus guten Grund, nämlich vor dem Hintergrund, das eine  Krebszelle  eine Achillesverse in der Reparatur habe. „Deswegen waren die Zytostatika und sind es immer noch ein sehr erfolgreicher Teil des Arsenals die im Kampf gegen Krebs“.

Aber nun mittels modernster Analysemethoden, wodurch die unterschiedlichen Tumore  innerhalb kurzer Zeit in all ihren Eigenschaften für eine große Anzahl an Krebs Erkrankter individuell „ausgelesen“ werden können, lassen diese sich gezielt mit präzise gesetzten Medikamenten ausschalten. Das heißt, in all diesen Fällen wo diese Präzisionsmethode möglich ist, kann der Krebs  viel zielgenauer, wirksamer und nebenwirkungsärmer als konventionell mit  Zytostatika bekämpft werden.

Gut besuchte Vorträge, hier im Saal 1. © Foto Diether von Goddenthow
Gut besuchte Vorträge, hier im Saal 1. © Foto Diether von Goddenthow

Präzisionsmedizin leider noch nicht für jeden geeignet
In der Versorgungsrealität aber kommen nicht alle Patienten für die Präzisionsmedizin in frage, und selbst  nach Auswahl geeigneter Patientinnen und Patienten und aufwändiger Diagnostik  kommen die neuen möglichen Behandlungsansätze dann  oft nicht zum Einsatz.  Wo steht also die Präzisionsmedizin  aktuell –
in der Forschung, aber auch in der Versorgung? Wie kann Präzisionsmedizin angesichts hoher Kosten und Aufwände im Versorgungsalltag etabliert werden, und wie viele Menschen
profitieren schon heute von den innovativen Methoden? Das diskutieren Expertinnen und Experten auf dem diesjährigen Internistenkongress in Wiesbaden.

 

Wo Präzisionsmedizin die Behandlung bereits grundlegend verändert hat
Präzisionstherapie ist aktuell noch nicht überall in der Krebsmedizin anwendbar. Aber bei einzelnen Krebsarten hat sie die Behandlung bereits grundlegend verändert: So weisen etwa 30 bis 50 Prozent der Patienten mit nicht-kleinzelligem Lungenkrebs bestimmte Mutationen auf, die mit einer zielgerichteten Therapie angesteuert werden können.

„Mit der Einführung der Präzisionsonkologie findet hier seit circa 15 Jahren ein fundamentaler Paradigmenwechsel statt. Ein direktes Resultat der Genomforschung ist die Entdeckung, dass Lungenkrebs aus vielen, oft sehr kleinen molekularen Untergruppen besteht. Diese sind durch das Vorhandensein sogenannter Treibermutationen im Tumor gekennzeichnet, die für die maligne Entartung der Krebszelle verantwortlich sind und zunehmend mit sogenannten zielgerichteten Therapien behandelt werden können. Diese personalisierten Therapien verlängern das Überleben
teilweise um viele Jahre bei zumeist guter Lebensqualität und erhaltener Leistungsfähigkeit. Für immer mehr Patienten wird Lungenkrebs so zu einer chronischen Erkrankung. Voraussetzung ist
allerdings, dass der Tumor des Patienten schon vor der Therapieentscheidung mittels modernster Genseqenzierungstechnologien (sogenanntes next-generation sequencing; NGS) untersucht wird“, sagte Univ.-Prof. Dr. med. Jürgen Wolf, Facharzt für Innere Medizin, Hämatoonkologie Ärztlicher Leiter des Centrums für Integrierte
Onkologie (CIO), Universitätsklinik Köln,  Trotz dieser
beeindruckenden Fortschritte könnten Lungenkrebspatienten aber noch nicht geheilt werden. Aber selbst Patientinnen und Patienten mit fortgeschrittenem Krebs können so heute viele Jahre und mit weniger Nebenwirkungen leben, während die Überlebenszeit bei der Behandlung von Lungenkrebspatienten mit einer klassischen Chemotherapie zumeist nur wenige Monate beträgt.

Ein spektakuläres Beispiel aus der Gastroenterologie für
zielgerichtete Therapie zeigte sich 2022 auch beim Rektumkarzinom: US Amerikanische Wissenschaftler hatten in einer Studie bei zwölf Betroffenen mit fortgeschrittenem Mastdarmkrebs, bei denen eine bestimmte Veränderung (Mikrosatelliteninstabilität) im Tumor entdeckt wurde, eine zielgerichtete Immuntherapie angewandt. Daraufhin bildete sich der Tumor bei allen vollständig zurück – ohne weitere Chemotherapie, Bestrahlung oder OP. Allerdings: Nur etwa 5 bis 10 Prozent der Mastdarmkrebs-Erkrankten weisen diese Veränderung als Zielstruktur auf.

Industrieausstellung zur Medizin der Zukunft auf dem 130. Internistenkongress in Wiesbaden © Foto Diether von Goddenthow
Industrieausstellung zur Medizin der Zukunft auf dem 130. Internistenkongress in Wiesbaden © Foto Diether von Goddenthow

Molekulare Tumorboards: Brücke zwischen Technologie und Klinik
Bei vielen Krebsarten muss die Wirksamkeit präzisionsmedizinischer Ansätze in Studien erst noch nachgewiesen werden. „Präzisionsonkologie kommt aktuell vor allem für Betroffene in Frage, bei denen die Standard-Krebstherapie ausgeschöpft ist, die aber dennoch eine ausreichende Lebenserwartung haben. Typischerweise sind das junge Patientinnen und Patienten, oder solche mit seltenen Krebsarten“, sagt PD Dr. med. Elisabeth Mack, Oberärztin an der Klinik für Hämatologie und Onkologie des Universitätsklinikums Marburg und Leiterin des dortigen Zentrums für personalisierte Medizin-Onkologie. Am Anfang steht dann die Analyse der Tumoren mit modernen technischen Verfahren. „Das Next Generation Sequencing etwa – eine verbesserte Technologie zur DNA Sequenzierung – macht es heute möglich, alle diagnostisch oder therapeutisch relevanten Varianten einer (Tumor)-DNA einschließlich einiger komplexer Biomarker innerhalb weniger Tage auszulesen.“ Diese Genomsequenzierungen und die sich aus ihnen ableitenden Möglichkeiten der Therapie werden dann in sogenannten molekularen Tumorboards (MTB), die in Zentren für personalisierte Medizin angesiedelt sind, besprochen. Hier wird das genomische, biologische und klinische Wissen von Expertinnen und Experten unterschiedlicher Qualifikationen zusammengeführt – eine aufwändige und ressourcenintensive Tätigkeit.

Empfohlene Behandlung wird oft nicht umgesetzt
„Umso bedauerlicher ist es, dass die von Molekularen Tumorboards empfohlenen Therapien dann nur in etwa ein Drittel der Fälle durchgeführt wird – weil es an klinischen Studien mangelt, in die die Betroffenen eingeschlossen werden könnten, und Krankenkassen die Bezahlung der noch nicht zugelassenen Therapien oft ablehnen“, so Mack. „Im Ergebnis zeigt sich dann in den Daten, dass aktuell nur etwa 3 bis 10 Prozent aller Krebspatienten einen klinischen Nutzen von der Präzisionsmedizin haben. Würden jedoch tatsächlich alle Patientinnen und Patienten nach den Empfehlungen der Molekularen Tumorboards behandelt, profitierten sie in etwa 30 Prozent der Fälle.“
Welche Lösungen gibt es und was sollten Betroffene beachten?
„Wenn die hochspezialisierte und aufwändige Tätigkeit, die molekulare Tumorboards erbringen, viel zu oft nur ins Leere läuft, stellt das eine gigantische Verschwendung von Ressourcen dar – hier brauchen wir unbedingt bessere Konzepte“, sagt Neubauer. „Ein Ansatz etwa könnte sein, dass Behandlungskosten unter der Voraussetzung übernommen werden, dass sie an zertifizierten Zentren stattfinden, und die Patienten in Registerstudien eingeschlossen werden – so wäre sichergestellt, dass vielversprechende Ansätze der Präzisionsmedizin im Sinne einer akademisch-klinischen Wissenschaft tatsächlich erforscht werden.“ An Krebs erkrankten Patientinnen und Patienten rät Neubauer:„Gehen Sie für Ihre Behandlung an ein von der DKG zertifiziertes Krebszentrum – an diesen Zentren liegen die besten Qualifikationen und Erfahrungen vor, welche Therapie für Sie persönlich die beste ist“.

Vortrags-Impression vom 130. Internistenkongress der DGIM. © Foto Diether von Goddenthow
Vortrags-Impression vom 130. Internistenkongress der DGIM. © Foto Diether von Goddenthow

Kosten ohne Ende?
Die Kosten im Gesundheitssystem steigen bisher unaufhaltsam, was seit längerem in bisher unwirksamen gesundheitspolitischen Initiativen mündet. Präzisionsmedizin kann sehr teuer sein, auch wenn sie bisher nur einen geringen Anteil an den gesamten Gesundheitskosten hat. „Statt sich über die hohen Kosten wirksamer Behandlungsmaßnahmen den Kopf zu zerbrechen, sollten wir auf alles verzichten, was nachweislich für unsere Patientinnen und Patienten keinen Vorteil bringt. In USA schätzen die Autoren einer Metaanalyse die Verschwendung im Gesundheitssystem auf circa 25 Prozent der Gesamtkosten, sagt Professor Dr. med. Georg Ertl, Generalssekretär der DGIM und Kardiologe aus Würzburg.

Weitere Informationen rund um den Kongress und sein Programm mit über 1000 (hybriden) Vorträgen. 

(DGIM / Diether von Goddenthow)

„Präzisionsmedizin – Wünsche und Wirklichkeiten“ ist Leitthema des 130. Internistenkongress im RMCC in Wiesbaden vom 13. bis 16. April 2024

Ab dem 13. April beginnt wieder der jährlich stattfindende, mittlerweile 130. Internistenkongress in Wiesbaden. Hier Archivbild von 2023. © Foto Diether von Goddenthow
Ab dem 13. April beginnt wieder der jährlich stattfindende, mittlerweile 130. Internistenkongress in Wiesbaden. Hier Archivbild von 2023. © Foto Diether von Goddenthow

„Präzisionsmedizin – Wünsche und Wirklichkeiten“ – unter diesen Leitgedanken hat die Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin e. V. (DGIM) den diesjährigen internationalen Internistenkongress in Wiesbaden gestellt. Professor Dr. med. Andreas Neubauer, Direktor der Klinik für Innere Medizin, Hämatologie, Onkologie und Immunologie am Universitätsklinikum Marburg, hat für 2024 den Vorsitz der Kongresspräsidentschaft  der DGIM übernommen. Zur 130. Jahrestagung werden vom 13. bis 16. April 2024 über 8000 Teilnehmer  im RheinMain CongressCenter (RMCC) in der hessischen Landeshauptstadt erwartet.

Schwerpunktthemen werden unter anderem sein:

  • Präzisionsmedizin zwischen großen Chancen und kleinem Nutzen: Warum innovative Behandlungen oft in der Versorgungsrealität steckenbleiben. Es geht um eine Standortbestimmung, was bereits erfolgt und welche Wünsche – auch unter dem Aspekt der Finanzierbarkeit noch offen sind.
  • KI in der Medizin – Chance auf Heilung eines an Zeitmangel erkrankten Systems? Hier werden die Chancen, aber auch Grenzen von KI in Forschung und medizinischer Praxis in zahlreichen Vorträgen und am praktischen Beispielen thematisiert.
  • Klima und Gesundheit: Im Mittelpunkt stehen die Konsequenzen der Klimaveränderung für die Gesundheit der Patientinnen und Patienten. Es wird diskutiert, wie sich der Klimawandel auf die medizinische Versorgung auswirkt.
  • Infektiologie: Es wird eine Session zur Infektiologie geben, in der die Rolle der Infektiologie in der Inneren Medizin beleuchtet wird.
  • Fehlerkultur: Spannende Sessions zur Fehlerkultur in der Inneren Medizin werden stattfinden. Hier geht es darum, wie Ärzte mit Fehlern umgehen und wie man aus ihnen lernen kann.
  • Notfallmedizin: Der Kongress plant eine virtuelle Notaufnahme als eine Art Escape Room mit täglichen neuen Fällen zum Kniffeln. Eine interessante Herangehensweise, um das Thema Notfallmedizin zu beleuchten.

Der internationale medizinische Fach-Kongress in Wiesbaden, begleitet von einer großen Industrieausstellung, ist der Treffpunkt für Internisten aus dem In- und Ausland. Er bietet vor allem auch jungen Medizinern und Medizinstudenten eine umfassende Gelegenheit, sich über aktuelle Entwicklungen in der Inneren Medizin auszutauschen, voneinander zu lernen und wichtige Kontakte zu knüpfen.

Weitere Informationen finden Sie auf der Website 130. Internistenkongress

Patiententag im Wiesbadener Rathaus am 13. April 2024

© Foto Diether von Goddenthow
© Foto Diether von Goddenthow

Gemeinsam mit der Stadt Wiesbaden, der Volkshochschule Wiesbaden, dem Wiesbadener Kurier und ViVart veranstaltet die Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin parallel zum Internistenkongress am 13. April 2024 den 17. Patiententag im Wiesbadener Rathaus. Nutzen Sie die Gelegenheit und sprechen Sie mit unseren Experten, Selbsthilfegruppen und anderen regionalen Organisationen aus dem Gesundheitswesen.

129. Internisten-Kongress: Update Long COVID Professor Dr. med. Clara Lehmann, Leiterin Infektionsschutzzentrum (ISZ), Infektionsambulanz & PostCOVID-Ambulanz,Innere Medizin I, Uniklinik Köln

Endlich wieder ohne Corona kann der Internisten-Kongress im Wiesbadener RheinMain-KongressCenter stattfinden. Für Entspannung während des eng getakteten Kongress-Programms sorgen vielfältige kulturelle Angebote. © Foto Diether von Goddenthow
Endlich wieder ohne Corona kann der Internisten-Kongress im Wiesbadener RheinMain-KongressCenter stattfinden. Für Entspannung während des eng getakteten Kongress-Programms sorgen vielfältige kulturelle Angebote. © Foto Diether von Goddenthow

Professor Dr. med. Clara Lehmann, Leiterin Infektionsschutzzentrum (ISZ),Infektionsambulanz & PostCOVID-Ambulanz,Innere Medizin I, Uniklinik Köln

Von Long COVID  sind allein in der europäischen Region der WHO in den Jahren 2020 bis 2021 17 Millionen Menschen betroffen, weltweit sind es schätzungsweise 65 Millionen. Prognosen gehen davon aus, dass bis März 2023 20 Millionen Europäer an Long COVID leiden werden. Im Durchschnitt werden bis zu 10 Prozent der mit SARS-CoV-2 infizierten Personen die Krankheit entwickeln.

Die Krankheit ist definiert durch eine bestätigte oder wahrscheinliche SARS-CoV-2-Infektion in der Anamnese, wobei die Symptome in der Regel drei Monate nach Beginn der COVID-19-Infektion vorhanden sind und mindestens zwei Monaten andauern. Zu den Symptomen gehören Müdigkeit, Kurzatmigkeit, kognitive Störungen, aber auch viele andere Symptome können auftreten, die nachweislich die Lebensqualität beeinträchtigen. Die Symptome können neu auftreten oder seit der Infektion mit COVID-19 andauern und lassen sich nicht auf eine andere Diagnose zurückführen. Mehrere persönliche und umweltbedingte Faktoren beeinflussen die Prävalenz von Long COVID in der europäischen Bevölkerung. Was die individuellen Faktoren anbelangt, so ist die Prävalenz bei Frauen, in der Altersgruppe von 25 bis 69 Jahren und bei Personen, die wegen einer Infektion mit SARS-CoV-2 ins Krankenhaus eingeliefert wurden, am höchsten. Sozioökonomische Faktoren spielen ebenfalls eine Rolle und Bewohner benachteiligter Gebiete, wirtschaftlich inaktive Personen und Personen, die an aktivitätseinschränkenden Gesundheitszuständen leiden, scheinen stärker betroffen zu sein. Andererseits scheint die Impfung das Risiko einer Long-COVID-Erkrankung um 15 bis 50 Prozentzu senken. Long COVID kann alle Organsysteme betreffen, darunter Herz, Lunge, Nieren, Milz, Leber, Bauchspeicheldrüse, das Immunsystem, den Magen-Darm-Trakt, das neurologische System, die Blutgefäße sowie das männliche und weibliche Fortpflanzungssystem. Dieser multisystemische Charakter macht die Forschung noch komplizierter.

Kosten von Long COVID für die Gesellschaften Es wird geschätzt, dass Long COVID in den USA und im Vereinigten Königreich wirtschaftliche Kosten in Höhe von 3,7 Billionen US-Dollar(über 5 Jahre) beziehungsweise 2,5 Milliarden GBP (pro Jahr) verursacht. Arbeitsplätze und Arbeitsmärkte werden in Mitleidenschaft gezogen, und Arbeitnehmer:innen werden arbeitslos. Es mangelt an standardisierten Konzepten für den Arbeitsplatz.

Aktueller Stand des Wissens über die Krankheit Derzeit werden eine Reihe verschiedener Hypothesen als mögliche Ursachen für Long COVID untersucht, darunter: Persistenz des Virus im Körper, Überreaktion (Hyperinflammation) des Immunsystems, mitochondriale Dysfunktion, dysfunktionale neurologische Signalübertragung, Befall des autonomen Nervensystems, endotheliale Dysfunktion, EBV-Reaktivierung oder gestörte Blutgerinnung). Ein besseres Verständnis der Ursachen von Long COVID ist entscheidend für die Entwicklung einer optimalen Behandlung und Betreuung der Patienten:innen.

Long COVID kann mit ähnlichen „postakuten Infektionssyndromen“ (PAIS) verglichen werden, wie denen, die durch Viren wie Ebola, Dengue, Epstein-Barr-Virus (EBV), MERS-CoV, SARS-CoV-1 oder Influenza verursacht werden. Es können Synergien mit der Forschung zu diesen postakuten Infektionssyndromen gezogen werden. Das beispiellose Ausmaß der Long COVID gibt der Forschung zu PAIS neue Impulse.

Pflege und Behandlung von Patient:innen Personen, die von Long COVID betroffen sind, stoßen in ihrem Familien- und Arbeitskreis oft auf Skepsis und werden von den Ärzten oft falsch diagnostiziert. Da noch keine Biomarker für die Routinediagnose zur Verfügung stehen, stützt sich die Diagnose von Long COVID bisher hauptsächlich auf klinische Untersuchungen. Derzeit ist die Behandlung der Krankheit kostspielig und komplex. Die derzeitigen Behandlungen sind nur individuell und symptomorientiert. Da das medizinische Wissen über Long COVID noch am Anfang steht, werden den Patient:innen nicht immer angemessene Behandlungen angeboten, und manchmal werden von Mediziner:innen immer noch kontraproduktive Therapien empfohlen.

Schlussfolgerungen und Empfehlungen

• Long COVID ist eine schwere somatische Krankheit mit biologischen Ursachen. Es handelt sich nicht um eine psychosomatische Krankheit.

• Verschiedene Symptome beeinträchtigen die Organsysteme der Patienten auf multisystemische Weise. Die häufigsten Symptome sind extreme Müdigkeit, Schlaflosigkeit, Kurzatmigkeit, kardiovaskuläre Probleme und Konzentrationsschwierigkeiten. Long COVID ist auch durch eine Belastungsintoleranz gekennzeichnet, was bedeutet, dass körperliche oder geistige Anstrengungen oder Stress die Symptome verschlimmern.

• Bei Long COVID handelt es sich um eine chronische Erkrankung, die sich über mehrere Monate oder Jahre hinzieht, wobei die Rekonvaleszenz durch Schwankungen mit Rückfallphasen gekennzeichnet ist.

• Die wichtigsten Prävalenzfaktoren für Long COVID sind das weibliche Geschlecht, die Altersspanne (25 bis 69 Jahre) und Krankenhausaufenthalte nach einer Infektion mit SARSCoV-2. Während die Impfstoffe in einigen Fällen Komplikationen verursachen können, scheint die Impfung gegen COVID-19 die Prävalenz von Long COVID deutlich zu verringern.

• Die Ursachen von Long COVID sind noch nicht vollständig geklärt, und es werden derzeit mehrere Hypothesen untersucht.

• Die derzeitige Behandlung von Long COVID ist symptomorientiert und nicht kurativ. Eine Reihe von Arzneimitteln wird derzeit untersucht.

Literatur: https://www.bmj.com/content/376/bmj.o158. BMJ 2022; 376:o158, Baraniuk C, Covid-19: How Europe is approaching long COVID, 20 January 2022.

WHO, A clinical case definition of post COVID-19 condition by a Delphi consensus, 6 October 2021, https://www.who.int/publications/i/item/WHO-2019-nCoV-Post_COVID-19_conditionClinical_case_definition-2021.1.

Davis HE, McCorkell L, Vogel JM et al. Long COVID: major findings, mechanisms and recommendations. Nat Rev Microbiol 21, 133–146 (2023), https://doi.org/10.1038/s41579-022- 00846-2.

Politico, Collis H, WHO urges action as 17M long COVID cases estimated in Europe region, September 13, 2022, https://www.politico.eu/article/who-urges-action-as-17m-long-covidcases-estimated-in-europe-region/.

See also the study published in the International Journal of Infectious Diseases, Characteristics of long-COVID among older adults: a cross-sectional study, DaitchV, September 30, 2022, https://www.ijidonline.com/article/S1201-9712(22)00535-5/fulltext.

129. Internisten-Kongress zum aktuellen Wandel der Medizin – Übergewicht, Stoffwechsel und Immunsystem bilden eine unheilige Allianz, aber auch Ansatz für neue Therapien

Endlich wieder ohne Corona kann der Internisten-Kongress im Wiesbadener RheinMain-KongressCenter stattfinden. Für Entspannung während des eng getakteten Kongress-Programms sorgen vielfältige kulturelle Angebote. © Foto Diether von Goddenthow
Endlich wieder ohne Corona kann der Internisten-Kongress im Wiesbadener RheinMain-KongressCenter stattfinden. Für Entspannung während des eng getakteten Kongress-Programms sorgen vielfältige kulturelle Angebote. © Foto Diether von Goddenthow

Während  Bürger  am Patiententag im Wiesbadener Rathaus von Experten, Organisationen des Gesundheitswesens und Selbsthilfegruppen  medizinisch-praktischen Rat einholen konnten, eröffnete der 129. Internisten-Kongress   Wiesbaden. Noch bis zum 25.04. 2023  werden wieder mehrere tausend Ärzte neueste Erkenntnisse und Entwicklungen zu zentralen Themen der Inneren Medizin untereinander austauschen.  Ein Schwerpunkt  galt am Samstag, 22.04.23,  unter anderem dem Gegenstand aktueller Forschung wie sehr  starkes Übergewicht als ein  Risikofaktor mit einen schweren Verlauf der Infektionskrankheit COVID-19 zusammenhängen?   Es könnte, so der Forschungsstand, an der engen Interaktion zwischen Stoffwechsel und Immunsystem liegen –dieser Zusammenhang wird von Forschenden nicht nur bei der „COVID-19-Verlaufsfrage“ zunehmend in den Blick genommen. Bekannt ist schon länger: Adipositas, insbesondere das viszerale Fett, löst eine chronische Entzündung im Körper aus, und betrifft somit auch das Immunsystem. Expertinnen und Experten bezeichnen Erkrankungen wie Adipositas und Diabetes deshalb inzwischen auch als chronischentzündliche Erkrankungen. Warum Fettstoffwechsel und Immunsystem sich gegenseitig so stark beeinflussen und wie dies neue Therapieansätze für die Folgeerkrankungen von Übergewicht ermöglichen könnte, ist Thema der heutigen Kongress-Pressekonferenz sowie des Symposiums „Novel concepts in obesity-related metabolic diseases” im Rahmen des Internistenkongresses 2023.

Evolutionär haben Stoffwechsel und Immunsystem einen gemeinsamen Ursprung. „In einfachen Lebewesen wie etwa der Fruchtfliege lässt sich erkennen, dass es Interaktionen zwischen immunologischen und metabolischen Signalwegen gibt“, erklärt Professor Dr. med. Andreas Schäffler, Direktor der Medizinischen Klinik und Poliklinik III, Universitätsklinikum Gießen. Diese sogenannten Crosstalks seien bis heute auch beim Menschen erhalten geblieben. „In unserem menschlichen Organismus steuern identische Moleküle sowohl Stoffwechsel- als auch Entzündungsvorgänge.“ Die enge Verknüpfung ist oft wichtig und nützlich: So versorgen Zellen des Fettgewebes bei einer akuten Infektion oder Entzündung die Immunzellen mit Energie, um die Immunreaktion zu unterstützen. Vice versa bewirken Erkrankungen, die den Stoffwechsel betreffen, Reaktionen im Immunsystem,wie etwa erhöhte Entzündungswerte.

Großes Interesse an den neuesten Erkenntnissen der Inneren Medizin und gutbesuchte Veranstaltungen /Vorträge kennzeichnen den 129. Internistenkongress. © Foto Diether von Goddenthow
Großes Interesse an den neuesten Erkenntnissen der Inneren Medizin und gutbesuchte Veranstaltungen /Vorträge kennzeichnen den 129. Internistenkongress. © Foto Diether von Goddenthow

Problematisch wird die enge Interaktion, wenn Fettgewebe, insbesondere im Bauchraum, das normale Maß überschreitet. Die erhöhte Aktivität der Fettzellen lässt Makrophagen, also Zellen des Immunsystems, in das Gewebe einwandern. „Dies führt zu einer leichten aber fortwährenden chronischen Entzündungsreaktion, die sowohl im lokalen Fettgewebe als auch im gesamten Körper auftritt.“ Das zeige sich dann im Blut unter anderem durch einen Anstieg des C-reaktiven Proteins, auch „Adipositas-CRP“ genannt. Zudem kommt es zur Insulinresistenz, bei der die Zellen Insulin nicht mehr ausreichend aufnehmen können und somit der Blutzucker steigt. Diese durch den Stoffwechsel (Metabolismus) ausgelöste lokale und systemische Entzündungsreaktion (Inflammation) bezeichnen Forschende als „Metaflammation“. „Die chronische Aktivierung des Immunsystems hat eine reduzierte Infektionsabwehr zur Folge, aber auch Folgeerkrankungen wie Typ-2-Diabetes, metabolisches Syndrom und ein erhöhtes Risiko für Herzinfarkt und Schlaganfälle“, erklärt Schäffler.

Praxisnahe vor Ort-Präsentationen gibt es bei der Industrieausstellung in der Halle Süd. © Foto Diether von Goddenthow
Praxisnahe vor Ort-Präsentationen gibt es bei der Industrieausstellung in der Halle Süd. © Foto Diether von Goddenthow

„Metaflammation“ ist aber auch zum Ansatz für die Erforschung neuer Behandlungsmethoden ebendieser Erkrankungen geworden. Die Idee: Mittels Kontrolle der Entzündungsreaktion die Risiken für die Folgeerkrankungen der Adipositas zu reduzieren. „Zu den wichtigsten Studien gehören dabei zwei Arbeiten aus 2017 und 2019“, erklärt Schäffler. Der CANTOS Trial 2017 war die erste prospektive, randomisierte, klinische Phase-III-Studiean über 10 000 Patientinnen und Patienten. Hierbei wurden Hochrisikopatientinnen undpatienten aufgenommen, die einen Myokardinfarkt erlitten hatten und ein erhöhtes CRP aufwiesen. Sie bekamen den entzündungshemmenden Antikörper Canakinumab. Zwar konnte das Diabetesrisiko dadurch nicht vermindert, dafür aber die kardiovaskuläre Sterblichkeit deutlich reduziert werden. „Hingegen zeigte sich im CIRT-Trial von 2019, bei dem adipösen Patienten eine anti-entzündliche und das Immunsystem unterdrückende medikamentöse Therapie mit dem Wirkstoff Methotrexat erhielten, keine kardioprotektive Wirkung.“ „Das zeigt, dass wir noch viel mehr Erkenntnisse darüber erlangen müssen, wie genau – auf Ebene der Organe, Zellen, Organellen – die immuno-metabolische Schnittstelle funktioniert“, so Schäffler. „In Zukunft könnten molekular maßgeschneiderte anti-entzündliche Therapien ein wichtiger neuer Therapieansatz sein, mit einem ganz neuen Wirkmechanismus als die bisherigen Therapien des metabolischen Syndroms – nämlich über das Immunsystem.“

Gründer- und Unternehmenskonferenz „Founder Summit“ unterzeichnet Vertrag für drei Jahre im RMCC

THE FOUNDER SUMMIT 2023 vom 15.04.2023 - 16.04.2023 im RheinMain CongressCenter Wiesbaden © Foto Diether von Goddenthow
THE FOUNDER SUMMIT 2023 vom 15.04.2023 – 16.04.2023 im RheinMain CongressCenter Wiesbaden © Foto Diether von Goddenthow

Unter dem Motto #NeverStopPlaying öffnen sich am Samstag und Sonntag, 15. und 16. April, die Tore des 6. FounderSummits, Deutschlands größter Gründer- und Unternehmerkonferenz. Die Veranstaltung findet zum dritten Mal imRheinMain CongressCenter (RMCC) statt.
An den zwei Veranstaltungstagen werden in diesem Jahr bis zu 7.000 Teilnehmende im RMCC erwartet. Die Konferenzbietet ein spannendes Programm aus Wissensvermittlung, Networking mit Gleichgesinnten sowie Vorträgen voninternationalen Expertinnen und Experten und bringt Gründer, Führungskräfte und Unternehmer zusammen.

„Wiesbaden ist ein attraktiver Standort für Start-ups in der Metropolregion Rhein-Main, der viel Wachstums- und Vernetzungspotenziale bietet. Die Entscheidung des Veranstalters für Wiesbaden dokumentiert dies erneut“, freut sich Wirtschaftsdezernentin Christiane Hinninger. „Gründungen sind ein wichtiger Wirtschaftsfaktor und fördern Kreativität, Innovation und Machertum in unserer Stadt. Der Founder Summit ist ein weiterer Baustein unserer wachsenden Gründerszene und passt perfekt ins moderne und innovative RheinMain CongressCenter.“

„Wir freuen uns über die Unterzeichnung eines Dreijahresvertrages mit dem Veranstalter und über die partnerschaftliche Zusammenarbeit für die Jahre 2023 bis 2025“, erklärt Martin Michel, Geschäftsführer der Wiesbaden Congress &Marketing GmbH, und ergänzt: „Im Kurhaus Wiesbaden finden weitere Bausteine der Konferenz statt, wie die große After-Show-Party sowie eine Speakers Night, jeweils mit circa 700 bis 1200 Personen.“

Neben Vorträgen auf unterschiedlichen Bühnen, themenbezogenen Workshops und der Möglichkeit, eigene Projektepotenziellen Investoren vorzustellen, versorgen über 200 Start-ups und Unternehmen im Messebereich die Besucher mit wertvollem Expertenwissen und laden zum Austausch ein. „Im RMCC wird unser Spirit, unsere Motivation und Begeisterung für Innovation und Unternehmertum durch die ästhetisch anspruchsvolle und moderne Ausstattung sowie das Erscheinungsbild des Hauses und seine Atmosphäre unterstrichen. Außerdem ist es optimal gelegen, vom Hauptbahnhof fußläufig erreichbar und bietet unseren Teilnehmenden im Anschluss an den Event die Möglichkeit, Wiesbaden zu entdecken und den ein oder anderen kulinarischen Food Spot in der Altstadt oder einem anderen Quartierzu testen“, freut sich Veranstalter Robin Söder mit Blick auf den Founder Summit im RMCC.

Weitere Informationen und Tickets gibt es unter: Founder Summit 2023 – 15. & 16. April 2023 (thefoundersummit.de)
Das RMCC ist seit 2019 Partner-Location der Veranstaltung und trug unter anderem mit seinem Raumkonzept, bestehend aus Workshopräumen, Vortragssälen und großflächigen Hallen, dazu bei, dass die Veranstaltung kontinuierlich wachsen konnte.

Innovationspreise für „Hören mit Licht“ u. „Reben-Pilzbekämpfung“ bei den Deutschen Biotechnologietagen in Wiesbaden

Rund 750 Teilnehmende kamen am 28. und 29. März auf den Deutschen Biotechnologietagen (DBT) in Wiesbaden zu ihrem jährlichen Austausch zusammen, so viele wie vor der Pandemie. Das war wegen des Generalstreiks am Vortag der Veranstaltung fast schon eine positive Überraschung.  © Foto Diether von Goddenthow
Rund 750 Teilnehmende kamen am 28. und 29. März auf den Deutschen Biotechnologietagen (DBT) in Wiesbaden zu ihrem jährlichen Austausch zusammen, so viele wie vor der Pandemie. Das war wegen des Generalstreiks am Vortag der Veranstaltung fast schon eine positive Überraschung. © Foto Diether von Goddenthow

Zwei Tage lang war Wiesbaden das Zentrum der internationalen Biotechnologie. Über 750 Experten trafen sich auf den 13. Deutschen Biotechnologietagen im RheinMain CongressCenter (RMCC). Das jährliche Klassen-Treffen der BioTech-Branche mit wechselnden regionalen Gastgebern konnte aufgrund von Corona in Hessen erst mit dreijähriger Verspätung wieder in Präsenz stattfinden. Ein Höhepunkt der Veranstaltung war unter anderem  die Verleihung des „Innovationspreises 2023 der BioRegionen Deutschlands“.

Den  Innovationspreis 2023 der BioRegionen Deutschlands gewannen Prof. Dr. Frederik Wurm, von LigniLabs, Dr. Daniel Keppeler,  von OptoGenTech  und  Patrick Bongartz, von BioThrust Aachen. © Foto Diether von Goddenthow
Den Innovationspreis 2023 der BioRegionen Deutschlands gewannen Prof. Dr. Frederik Wurm, von LigniLabs, Dr. Daniel Keppeler, von OptoGenTech und Patrick Bongartz, von BioThrust Aachen. © Foto Diether von Goddenthow

Neben der Diskussion aktueller Themen der Branche stand insbesondere auch der Austausch untereinander und mit der Politik im Vordergrund. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck betonte in seinem Videogrußwort, dass die Biotechnologie ihm am Herzen liege. Biotechnologie bringe Wirtschaft, Klimaschutz und Innovation zusammen und sei eine Game-Changer-Technologie, sagte der Bundesminister. Der Wirtschaftsminister Hessens, Tarek Al-Wazir, diskutierte im Plenum intensiv Fragen rund um Bioökonomie, Biomasse und Stoffkreisläufe mit Branchenexperten. Sein Staatssekretär Philipp Nimmermann eröffnete die Tagung mit der Aussage „Das Potenzial der Biotechnologie ist riesig“.

© Foto Diether von Goddenthow
© Foto Diether von Goddenthow

Das Programm der zweitägigen Veranstaltung beleuchtete die zahlreichen Anwendungsbereiche, in denen die Schlüsseltechnologie Biotechnologie zur Anwendung kommt. Schwerpunkt lag dieses Jahr bei der biobasierten, nachhaltigen Wirtschaft, der Bioökonomie, und der Kreislaufwirtschaft. Aber auch die medizinische Biotechnologie, Digitalisierung und Fachkräftemangel waren Thema. Die zahlreichen Expertinnen und Experten waren sich einig, dass Deutschland an sich gute Voraussetzung habe, eine international führende Position einzunehmen, wie in der Zukunftsstrategie der Bundesregierung als Ziel definiert. Dennoch müssten durch die Politik die Weichen jetzt so gestellt werden, dass dies auch tatsächlich gelingen könne. So mahnte Jochen Maas, Forschungsleiter von Sanofi Deutschland, in seinem Impulsvortrag, dass sich etwas ändern müsse; Deutschland falle im internationalen Wettbewerb zurück. Auch Stefanie Heiden, Professorin für Innovationsforschung und Bioökonomierätin der Bundesregierung, mahnte eindringlich, dass die Finanzierung der Branche nachhaltig auch durch private Investoren, sichergestellt werden müsse. Einen weiteren Impuls gab Social Entrepreneur Manouchehr Shamsrizi. Was die Biotechnologie anginge seien wir in Deutschland „heimlich schlau“, formulierte Shamsrizi. Er regte an, die richtigen Narrative zu nutzen, um die Biotechnologie bekannter zu machen. Er sprach die Magie an, die sich mit der Branche und der Technologie verbinden lasse und eine besondere Kommunikation erforderlich mache. Unsere Nachhaltigkeitsziele könnten nur mit der Biotechnologie erreicht werden.

 Oliver Schacht, Ph. D.,  Vorstandsvorsitzender der BIO Deutschland begrüßt die Teilnehmer zur Abendveranstaltung im Biebricher Schloss.  © Foto Diether von Goddenthow
Oliver Schacht, Ph. D., Vorstandsvorsitzender der BIO Deutschland begrüßt die Teilnehmer zur Abendveranstaltung im Biebricher Schloss. © Foto Diether von Goddenthow

Oliver Schacht, Vorstandsvorsitzender der BIO Deutschland, sagte: „Die Deutschen Biotechnologietage waren aus unserer Sicht ein voller Erfolg. Trotz der durch den Streik erschwerten Bedingungen kamen sehr viele Teilnehmende nach Wiesbaden, um sich endlich wieder ohne Masken und Abstand unbeschwert auszutauschen. Die Gespräche untereinander und mit der Politik waren sehr gut, das Programm abwechslungsreich und die abendliche Feier im Schloss Biebrich, die unsere regionalen Gastgeber ausgerichtet haben, großartig. Die Veranstaltung steht für die Vielfalt und das Potenzial der deutschen Biotechnologie. Wir müssen nun alles daransetzen, dass die Biotechnologie auch in Deutschland bestens wachsen und wirken kann.“

Den Innovationspreis 2023 der BioRegionen Deutschlands gewannen:

Laudatorin Dr. Christine Schreiber von Springer Nature mit Preisträger Patrick Bongartz © Foto Diether von Goddenthow
Laudatorin Dr. Christine Schreiber von Springer Nature mit Preisträger Patrick Bongartz © Foto Diether von Goddenthow

Patrick Bongartz, von BioThrust Aachen. Bei der von ihm im Rahmen des RWTH Aachen Spin-off BioThrust entwickelten Verfahren handelt es sich um maßgeschneiderte Begasungslösungen für Bioreaktoren. Dazu zählen zum einen hochporöse Rührer, die gleichzeitig Gasblasen in den Reaktor eintragen und zu einer besseren Gasversorgung führen als herkömmliche Systeme. Die Laudatio hielt Dr. Christine Schreiber von Springer Nature.

Laudator Dr. Florian Rückerl  mit zweifachem Preisträger Dr. Daniel Keppeler © Foto Diether von Goddenthow
Laudator Dr. Florian Rückerl mit zweifachem Preisträger Dr. Daniel Keppeler © Foto Diether von Goddenthow

Dr. Daniel Keppeler, von OptoGenTech aus Göttingen für „Hören mit Licht“, für die optische Steuerung von genetisch modifizierten Zellen mit Licht, um damit eine Verbesserung des Hörens zu erzielen. Gegenüber etablierten klinisch verbreiteten elektrischen Zellstimulationen erlaubt die Optogenetik die zelltypspezifische und räumlich begrenzbare optische Steuerung der Zellaktivität. Beim OptoGenTech-Verfahren wird eine Vielzahl von Lichtquellen auf kleinstem Raum integriert, um den optogenetisch veränderten Hörnerv zu stimulieren. Die Laudatio hielt Patentanwalt Dr. Florian Rückerl aus Dehmel-Bettenhausen.

Laudator Marco Winzer u. Prof. Dr. Frederik Wurm. © Foto Diether von Goddenthow
Laudator Marco Winzer u. Prof. Dr. Frederik Wurm. © Foto Diether von Goddenthow

Prof. Dr. Frederik Wurm, von LigniLabs, Wiesbaden, für sein umweltschonendes Verfahr-en zur Esca-Rebenpilz-Bekämpfung. In mehreren Jahren Forschung am Max-Planck-Instituts für Polymerforschung in Mainz konnte ein Lignin-Microcarrier entwickelt werden. Mikrocarrier bestehen aus dem Stoff „Lignin“, welcher ein Bestandteil von Holz ist und diesem seine Festigkeit verleiht. Sie werden mit einem Fungizid – einem Pilzbekämpfungsmittel – beladen und beispielsweise in Weinreben injiziert. Dort können sie wirkungsvoll als eine Art „Trojanisches Pferd“ gegen die sogenannte Esca-Krankheit eingesetzt werden. Esca ist eine Pilzkrankheit und befällt Weinreben von innen heraus. Die Laudatio hielt Marco Winzer vom High-Tech Gründerfonds.

Der Publikumspreis des Innovationspreises 2023 der BioRegionen Deutschlands ging ebenfalls an Dr. Daniel Keppeler, von OptoGenTech, für „Hören mit Licht“.

Über BIO Deutschland:

Die BIO Deutschland e. V. mit über 370 Mitgliedern – Unternehmen, BioRegionen und Branchen-Dienstleister – und Sitz in Berlin hat sich zum Ziel gesetzt, in Deutschland die Entwicklung eines innovativen Wirtschaftszweiges auf Basis der modernen Biowissenschaften zu unterstützen und zu fördern. Oliver Schacht, Ph. D., ist Vorstandsvorsitzender der BIO Deutschland.

Weitere Informationen unter: www.biodeutschland.org

Fördermitglieder der BIO Deutschland und Branchenpartner sind:

AGC Biologics, Avia, Baker Tilly, Bayer, BioSpring, Boehringer Ingelheim, Centogene, Citeline, CMS Hasche Sigle, Deutsche Bank, Ernst & Young, Evotec, KPMG, Lonza, Merck, Miltenyi Biotec, MorphoSys, Novartis, Pfizer, PricewaterhouseCoopers, QIAGEN, Rentschler Biopharma, Roche Diagnostics, Sanofi Aventis Deutschland, SAP, Schmidt Versicherungs Treuhand, Simmons & Simmons, Springer Nature, Thermo Fisher Scientific, Vertex Pharmaceuticals, Vibalogics, ZETA.

Nachhaltigkeit im Mittelpunkt des dritten Tourismusdialogs „Stadt – Land – Gemeinsam Zukunft gestalten“

rheingaumusikfestival3,jpgDer dritte Tourismusdialog „Stadt – Land – Gemeinsam Zukunft gestalten“ der Destination „Wiesbaden Rheingau“ steht ganz im Zeichen der Nachhaltigkeit.
Bei dem Dialog, der am Dienstag, 28. März, als kostenlose Präsenzveranstaltung im Kloster Eberbach stattfindet, werden die Möglichkeiten und Chancen eines nachhaltigen Tourismus anhand von Vorträgen und Talkrunden aufgezeigt. Empfehlungen und Anregungen für den eigenen Betrieb erhalten interessierte Teilnehmerinnen und Teilnehmer anhand von Beispielen aus der Praxis im Rahmen von Vor-Ort-Besichtigungen. Zum dritten Dialogforum im imposanten Kloster Eberbach begrüßen Julius Wagner, Vorstandsvorsitzender der Stiftung Kloster Eberbach, Frank Kilian, Landrat des Rheingau-Taunus-Kreises und Wiesbadens Wirtschaftsdezernentin Christiane Hinninger. „Nur, wenn wir gemeinsam handeln und voneinander und miteinander lernen, lässt sich der Tourismus in unserer Region langfristig nachhaltig gestalten“, begrüßen Stadträtin Christiane Hinninger und Landrat Frank Kilian die gemeinsame Initiative des Dialogformates. „Ein nachhaltiger Tourismus und eine nachhaltige regionale Vermarktung sind für eine zukunftsfähige Entwicklung der Region jenseits schnelllebiger Trends grundlegend. Davon profitieren das Gastgewerbe und alle weiteren Partner, die vor allem auf sanften Tourismus setzen“, betont Dr. Christian Gastl, Präsident der Industrie- und Handelskammer Wiesbaden, die gemeinsam mit der Dehoga Hessen, der Rheingau-Taunus Kultur und Tourismus GmbH, der Rheingauer Weinwerbung GmbH / Rheingauer Weinbauverband e.V., der Wirtschaftsförderung Rheingau-Taunus-Kreis, dem Zweckverband Rheingau und der Wiesbaden Congress & Marketing GmbH den Tourismusdialog „Stadt | Land – Gemeinsam Zukunft gestalten“ veranstaltet.

Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer erhalten bei dem Tourismusdialog neueste Informationen zu der Destination „Wiesbaden Rheingau“, die sich im Zertifizierungsprozess um das Gütesiegel „TourCert“ befindet, das die Destination als nachhaltiges Reiseziel ausweist. Die Kosten für die Zertifizierung trägt die Destination „Wiesbaden Rheingau“, was den Anschluss für potenzielle Partner attraktiv macht. Über die Möglichkeiten, Partnerbetrieb der Destination zu werden, wird während der Veranstaltung entsprechend informiert. „Je mehr Partnerbetriebe sich der Destination ‚Wiesbaden Rheingau‘ anschließen, umso besser stehen die Chancen auf flächendeckende Nachhaltigkeit bei den zahlreichen und vielfältigen touristischen Angeboten in Stadt und Region“, unterstreichen Martin Michel, Geschäftsführer der Wiesbaden Congress & Marketing GmbH, und Dominik Russler, Geschäftsführer der Rheingau-Taunus Kultur und Tourismus GmbH. TourCert wird ebenfalls am Dialog teilnehmen, das Zertifizierungsprogramm vorstellen und steht für alle Fragen rund um das Thema zur Verfügung.

Über „die besten fünf Gründe, warum Nachhaltigkeit Sie zukunftsfähiger und krisensicherer macht“, informiert Andreas Koch, Geschäftsführer blueContec GmbH, in einem Impulsvortrag, in dessen Verlauf auch Fachleute in einer Talkrunde über ihre Nachhaltigkeits-Arbeit informieren. Laura Sandmaier und Fabian Wolf von Hessen Tourismus referieren zum Thema „Nachhaltigkeit & Zielgruppe“, um nur ein paar Beispiele des vielfältigen Programms aufzuzeigen. Exkursionen am Nachmittag gewähren den Teilnehmerinnen und Teilnehmern Einblicke in die ganzheitliche Bewirtschaftungsstrategie für das Kloster Eberbach, dessen Energiemanagement und das langfristige Ziel der CO2-Neutralität. Bei einer nachhaltigen Stadtführung durch die Wein-, Sekt- und Rosenstadt Eltville wird an ausgewählten Beispielen verdeutlicht, wie sich die Stadt unter dem Motto „Agenda 2023: Eltville übernimmt Verantwortung“ den künftigen Herausforderungen stellt. Ökologischer Weinbau und Maßnahmen rund um die Nachhaltigkeit stehen im Mittelpunkt des Besuchs bei Balthasar Ress in Eltville-Hattenheim. Hier können das Gutshaus, die Vinothek und die wineBANK besichtigt werden, und Inhaber und Geschäftsführer Christian Ress informiert über Maßnahmen und Visionen in Sachen Nachhaltigkeit.

Die R+V Versicherung feiert 100 Jahre ihres Bestehens mit einem R+V-Zukunftsfestival – Prognos-Studie heute vorgestellt

Begrüßung der Jubiläumsgäste durch Dr. Norbert Rollinger, Vorstandsvorsitzender R+V Versicherungen, hier im Talk mit den Moderatoren der Jubiläumsfeier und des Zukunftsfestivals, Dunja Hayali und Dirk Steffefn.© Foto Diether von Goddenthow
Begrüßung der Jubiläumsgäste durch Dr. Norbert Rollinger, Vorstandsvorsitzender R+V Versicherungen, hier im Talk mit den Moderatoren der Jubiläumsfeier und des Zukunftsfestivals, Dunja Hayali und Dirk Steffefn.© Foto Diether von Goddenthow

Vor exakt 100 Jahren, am 15. September 1922, wurde in Berlin die R+V Versicherung gegründet, in einer Zeit großer allgemeiner Not in Deutschland. Die Gründerväter der R+V-Versicherung setzten damals auf bürgerlichen Pragmatismus, so Dr. Rollinger, Vorstandsvorsitzender der R+V Versicherung bei  der Jubiläumsfeier zum 100jährigen Bestehen der R+V Versicherung im Rhein-Main CongressCenter Wiesbaden. Die R+V Versicherung habe sich von einem kleinen genossenschaftlichen Agrarversicherer zu einer der führenden Versicherungen des Landes entwickelt. Ihre Geschichte ist eng mit den Volksbanken und Raiffeisenbanken in Deutschland verbunden. Antworten auf die Fragen: „Wohin geht die fürs Unternehmen und die Gesellschaft geht, was die R+V für eine bessere Zukunft tut usw. gaben zudem  Boris Rhein, Hessischer Ministerpräsident, Dr. Cornelius Riese, Co-Vorstandsvorsitzender DZ BANK und Aufsichtsratsvorsitzender R+V Versicherung, Gert-Uwe Mende, Oberbürgermeister Wiesbaden und Dr. Christoph Gastl, Präsident der IHK Wiesbaden. Moderation: Dunja Hayali und Dirk Steffen. Veranstaltungs-Prämisse: Optimismus. Denn, so Dirk Steffen, gleich zu Beginn den Philosophen Sir Karl Raimund Popper zitierend: „Es gibt keine vernünftige Alternative zum Optimismus«.

IHK-Präsident Dr. Christian Gastl überreicht Dr. Norbert Rollinger, Vorstandsvorsitzender der R+V Versicherung die IHK-Jubiläumsurkunde. © Foto Diether von Goddenthow
IHK-Präsident Dr. Christian Gastl überreicht Dr. Norbert Rollinger, Vorstandsvorsitzender der R+V Versicherung die IHK-Jubiläumsurkunde. © Foto Diether von Goddenthow

Der IHK-Präsident hatte als Geschenk die Jubiläumsurkunde  im Gepäck und überreichte sie an den Vorstandsvorsitzenden, der sie stellvertretend für alle Mitarbeiter in Empfang nahm. Insgesamt beschäftigt die R+V Versicherung zirka 16 000 Mitarbeiter, davon allein 6000 in Wiesbaden, am Stammsitz.

 

Ein weiteres Highlight der Veranstaltung war die symbolische Übergabe eines 10-Millionen-Schecks an Dr. Ralph Glodek, Geschäftsführer R+V Stiftung, wodurch die R+V Stiftung nunmehr in die obere Liga unter den Stiftungen katapultiert wird.

Dr. Rollinger, Vorstandsvorsitzender R+V Versicherungen-überreicht- Dr. Ralph Glodek symbolisch einen Scheck in Höhe von 10-Mio-zur Mittelaufstockung der R+V-Stiftung. © Foto Diether von Goddenthow
Dr. Rollinger, Vorstandsvorsitzender R+V Versicherungen-überreicht- Dr. Ralph Glodek symbolisch einen Scheck in Höhe von 10-Mio-zur Mittelaufstockung der R+V-Stiftung. © Foto Diether von Goddenthow

 

 

Die R+V Stiftung fördert seit 2018 vor allem Bildung und Jugend sowie bürgerschaftliches und ehrenamtliches Engagement, und möchte mit dem heutigen Mittelzufluss diese Arbeit künftig verstärken, um der Gesellschaft einmal mehr etwas zurückzugeben. Über 100 der 339 zuletzt geförderten Jugend-, Bildungs-, Sozial-, Klima-, Job- und Zukunfts-Projekte, können noch bis morgen als Plakatausstellung auf dem parallelen riesigen eintrittsfreien Zukunftsfestival im RheinMain CongressCenter besichtigt werden.

Zukunftsfestival

Zukunftsfestival Wie wollen wir in der Zukunft leben und was müssen wir dafür schon heute tun? Diesen Fragen gehen die Teilnehmer des Zukunftsfestivals der R+V nach, das am 15. und 16. September im RheinMain CongressCenter in Wiesbaden stattfindet  © Foto Diether von Goddenthow
Wie wollen wir in der Zukunft leben und was müssen wir dafür schon heute tun? Diesen Fragen gehen die Teilnehmer des Zukunftsfestivals der R+V nach, das am 15. und 16. September im RheinMain CongressCenter in Wiesbaden stattfindet © Foto Diether von Goddenthow

Das anlässlich des 100jährigen Bestehens der R + V Versicherung im RheinMain CongressCenter veranstaltete Zukunftsfestival geht unter dem Motto „Miteinander Morgen machen“ den Fragen nach: Wie wollen wir in der Zukunft leben und was müssen wir dafür schon heute tun? Das Zukunftsfestival ist ein wichtiger Teil der R+V-Jubiläumsfeierlichkeiten. Es soll helfen, die Welt ein Stückchen besser machen. Das Ziel des Zukunftsfestivals ist es, aufzuzeigen, wie wir gemeinsam eine bessere Zukunft gestalten können.

Mit dabei sind namhafte Experten, Politiker und ausgewählte Zukunftsmacher, die ihre Projekte bereits auf der MissionMiteinander vorgestellt haben. Auf dem Zukunftsfestival ist in Vorträgen, Workshops und Podiumsdiskussionen reichlich Raum, die Ideen zu vertiefen und neue Ideen zu entwickeln.

Zukunftsfestival-Programm 15. Und 16. September 2022
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Zukunftsstudie von Prognos

Von wegen Generationenkonflikt: Jüngere und Ältere (fast) einig bei Zukunftsthemen – Prognos-Studie auf „R+V-Zukunftsfestival“ vorgestellt

Heute wurde auf dem Zukunftsfestival im RheinMain CongressCenter auch  die Zukunftsstudie vorgestellt, die das Wirtschaftsforschungsinstitut Prognos im Auftrag der R+V erstellt hat.

Wiesbaden, 15.09.2022. Eine generationsübergreifende Prognos Studie zeigt angesichts von Krieg und Krisen einen dramatischen Stimmungsabfall der Deutschen. Gleichzeitig zeigt sich aber auch: Angesichts der gewaltigen Aufgaben eint die Menschen in Deutschland mehr als gemeinhin angenommen. Jüngere und Ältere sind in elementaren Bereichen sogar bereit, ihr Leben umzustellen.

Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine und der Klimawandel haben in Deutschland einen dramatischen Stimmungsabfall und ein hohes Bedürfnis nach sozialer Sicherheit zur Folge – und zwar über die Altersgrenzen hinweg. Dies zeigt die breit angelegte Generationenstudie „Zukunft gemeinsam gestalten“, die die R+V Versicherung am Donnerstag auf dem Zukunftsfestival in Wiesbaden vorstellt. Für die Studie hat die beauftragte Prognos AG die Generation Z (13 bis 26 Jahre) sowie die Babyboomer (52 bis 66 Jahre) befragt.

Kein Generationenkonflikt
Erstes hervorstechendes Ergebnis: Der von vielen Seiten beklagte Generationenkonflikt existiert in dieser Form nicht. Bei den wichtigsten gesellschaftlichen Zukunftsthemen setzen beide Generationen die gleichen Prioritäten: Die Absicherung der Altersvorsorge und die Sicherung des Gesundheitssystems. Erst an dritter Stelle folgt die Bekämpfung des Klimawandels.

Hier sind die Deutschen über die Altersgrenzen zum Verzicht bereit – wobei die Älteren den Jüngeren sogar den Rang ablaufen. BeideGenerationen zeigen eine hohe Bereitschaft, im Alltag nachhaltiger zu leben: 81 Prozent aller Babyboomer und 62 Prozent der Generation Z wollen weniger Lebensmittel verschwenden; eine vergleichbar hohe Bereitschaft gibt es für sparsamen Wasser- und Energieverbrauch oder bei der Müllvermeidung.

Autofahren ist Generationenfrage
Nur in der Mobilität werden größere Differenzen sichtbar: Während annähernd die Hälfte der Älteren bereit ist, auf Flugreisen zu verzichten, sind dies bei den Jüngeren gerade Mal ein gutes Drittel. Dagegen sind nur 31 Prozent der Babyboomer bereit, fürs Klima auch einmal das Auto stehen zu lassen – gegenüber 44 Prozent in der Generation Z.

Die Generationenstudie der R+V markiert den Start des Zukunftsfestivals, mit dem die R+V zwei Tage lang ihren 100. Geburtstag feiert. Bei der Veranstaltung in Wiesbaden soll es zu einem breit angelegten Zukunftsdialog von Wissenschaft, Wirtschaft, Politik und Gesellschaft kommen, um den Blick im Jubiläumsjahr nicht zurück, sondern nach vorne zu richten.

Zukunftszuversicht schwindet
Dazu liefert die Prognos-Studie tiefe Einblicke in die Befindlichkeit der Deutschen in der Ära der Zeitenwende. Eindeutig ist der Verlust der Zukunftszuversicht. So sehen mehr als zwei Drittel (68 Prozent) der jungen Leute die Zukunft der Gesellschaft eher düster, bei den Babyboomern sind es 63 Prozent. Für das Prognos-Forschungsteam ist dies auch angesichts der Zahlenreihen der renommierten Shell Jugendstudien ein Negativrekord. Noch im Jahr 2019 lag die Hoffnung auf eine bessere Zukunft unter den Jugendlichen bei mehr als 50 Prozent.

Über die Altersgrenzen hinweg zeigt die Prognos-Studie eine konservative Grundhaltung bei Werten: ein Partner, dem man vertrauen kann, ist Priorität eins; Freunde/Familie – Priorität zwei. Bemerkenswert einig sind sich die beiden Altersgruppen auch darin, welches der abgefragten Themen sie am unwichtigsten erachten: Wirtschaftswachstum. Ein erstaunlicher Befund im Land des Wirtschaftswunders.

Wer befragt wurde – und warum Für die Zukunftsstudie hat Kantar Public in Absprache mit Prognos mehr als 2.000 Menschen zu Werten und Einstellungen in wichtigen Lebensbereichen befragt. Die Befragung der Generationen fand im März und April dieses Jahres statt, also nach Beginn des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine.

Doch warum wurden gerade diese beiden Generationen befragt? Die Generation Z wird in absehbarer Zukunft auf dem Höhepunkt ihres Erwerbslebens stehen. Demgegenüber prägt die Generation der Babyboomer die heutige Bundesrepublik – zu ihnen gehört fast ein Viertel aller Deutschen.

R+V-Chef: Zukunft der jungen Leute nach vorne stellen

Für den R+V-Vorstandsvorsitzenden Norbert Rollinger ergibt sich aus der Studie eine klare Handlungsmaxime: „Generationengerechtigkeit hat oberste Priorität. Dabei muss die Frage, welche Folgen heutiges Handeln für die Zukunft der jungen Leute hat, ganz vorne stehen.“ Entscheidungen sollten erst getroffen werden, wenn absehbar sei, dass keine Generation benachteiligt werde.

Beim Klimaschutz seien etwa durch die Verschärfung der staatlichen Schutzziele erste Impulse gesetzt worden, sagt Rollinger. Nun sei die ganze Gesellschaft, das ganze Land gefordert. Und
die Wirtschaft habe eine besondere Verantwortung, der Maxime der Generationengerechtigkeit zu folgen: „Die jungen Leute brauchen dringend eine positive Sicht auf die Zukunft“, sagt
Rollinger.

Eintauchen in die Welt von Kitsch bis Moderne – ARTe Wiesbaden – Zeitgenössische Kunst im Herzen Wiesbadens ab heute im RMCC

ARTe Kunstmesse Wiesbaden im RheinMain CongressCenter Foto: Hyp Yerlikaya, Rödersheim
ARTe Kunstmesse Wiesbaden im RheinMain CongressCenter Foto: Hyp Yerlikaya, Rödersheim

Wieder einmal abtauchen ins weite Spektrum der bildenden Kunst. Eins, zwei Stunden alle Krisen dieser Zeit hinter sich lassen, und eintauchen in die kreativen Vielfalt von Kitsch bis Moderne, dass verspricht die  vierte Ausgabe der ARTe Kunstmesse in Wiesbaden vom 2. – 4. September 2022 im angenehmenen Ausstellungsambiente des RheinMain CongressCenters im Herzen Wiesbadens statt. Wie in den Vorjahren bespielen 120 Galerien und Künstler die 5.000 qm der klimatisierten Nordhalle und des Foyers und präsentieren jüngste Positionen zeitgenössischer Kunst.

Rund die Hälfte aller ausstellenden Galerien und Künstler haben ihre künstlerische Heimat in der Rhein/Main Region oder in der Landeshauptstadt. So haben sich auch 2022 die Wiesbadener Galerien Ostendorff, Kunst-Schaefer, DavisKlemmGallery und der IncubARTor by Galerie Rother in einem Pavillon der Wiesbadener Galerien zusammengeschlossen und zeigen dort einen Ausschnitt aus ihrem jeweiligen Galerieportfolio.

Die starke regionale Präsenz wird durch zahlreiche Künstler direkt aus Wiesbaden untermauert, so z.B. Jana Albrecht, Milanda de Mont, Katja Grandpierre, Stephan Joachim. Ulrich Perret, Anke Rohde oder Kerstin Bulma Wegeleben – und eine Präsentation von Werken aus dem Nachlass Helmut Mando.
Neben den regional verankerten Ausstellern bereichern auch 2022 rund 60 Galerien und Künstler*innen aus dem In- und benachbarten Ausland das diesjährige ARTe Programm mit ihren breit gefächerten Positionen.

Auch in ihrer vierten Ausgaben präsentiert die ARTe junge, freche Kunst, geschaffen von einem „Meistermix“ aus fest im Markt verankerten Künstler, ambitionierten Newcomern und vielversprechenden Talenten. Die ARTe Wiesbaden – auch 2022 ein inspirierender Boulevard der Gegenwartskunst in der Rhein-Main-Region. Ein kulinarisches Angebot und ein Servicepaket aus kostenlosem Einpackservice und bargeldlosem Bezahlen runden das ARTe Kunsterlebnis ab.

© Foto Diether von Goddenthow
© Foto Diether von Goddenthow

Die ARTe 2022 in Wiesbaden findet vom 2. bis 4. September 2022 im RheinMain CongressCenter Wiesbaden statt. Öffnungszeiten sind Freitag von 17 bis 21 Uhr, Samstag von 11 bis 20 Uhr und Sonntag von 11 bis 18 Uhr. Der Eintritt kostet für Erwachsene 15€, ermäßigt 10€. Für Kinder unter 16 Jahren in Begleitung Erwachsener ist der Eintritt frei. Mehr Informationen auf https://arte-kunstmesse.de/wi-besuchen/