Zwei Tage lang war Wiesbaden das Zentrum der internationalen Biotechnologie. Über 750 Experten trafen sich auf den 13. Deutschen Biotechnologietagen im RheinMain CongressCenter (RMCC). Das jährliche Klassen-Treffen der BioTech-Branche mit wechselnden regionalen Gastgebern konnte aufgrund von Corona in Hessen erst mit dreijähriger Verspätung wieder in Präsenz stattfinden. Ein Höhepunkt der Veranstaltung war unter anderem die Verleihung des „Innovationspreises 2023 der BioRegionen Deutschlands“.
Neben der Diskussion aktueller Themen der Branche stand insbesondere auch der Austausch untereinander und mit der Politik im Vordergrund. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck betonte in seinem Videogrußwort, dass die Biotechnologie ihm am Herzen liege. Biotechnologie bringe Wirtschaft, Klimaschutz und Innovation zusammen und sei eine Game-Changer-Technologie, sagte der Bundesminister. Der Wirtschaftsminister Hessens, Tarek Al-Wazir, diskutierte im Plenum intensiv Fragen rund um Bioökonomie, Biomasse und Stoffkreisläufe mit Branchenexperten. Sein Staatssekretär Philipp Nimmermann eröffnete die Tagung mit der Aussage „Das Potenzial der Biotechnologie ist riesig“.
Das Programm der zweitägigen Veranstaltung beleuchtete die zahlreichen Anwendungsbereiche, in denen die Schlüsseltechnologie Biotechnologie zur Anwendung kommt. Schwerpunkt lag dieses Jahr bei der biobasierten, nachhaltigen Wirtschaft, der Bioökonomie, und der Kreislaufwirtschaft. Aber auch die medizinische Biotechnologie, Digitalisierung und Fachkräftemangel waren Thema. Die zahlreichen Expertinnen und Experten waren sich einig, dass Deutschland an sich gute Voraussetzung habe, eine international führende Position einzunehmen, wie in der Zukunftsstrategie der Bundesregierung als Ziel definiert. Dennoch müssten durch die Politik die Weichen jetzt so gestellt werden, dass dies auch tatsächlich gelingen könne. So mahnte Jochen Maas, Forschungsleiter von Sanofi Deutschland, in seinem Impulsvortrag, dass sich etwas ändern müsse; Deutschland falle im internationalen Wettbewerb zurück. Auch Stefanie Heiden, Professorin für Innovationsforschung und Bioökonomierätin der Bundesregierung, mahnte eindringlich, dass die Finanzierung der Branche nachhaltig auch durch private Investoren, sichergestellt werden müsse. Einen weiteren Impuls gab Social Entrepreneur Manouchehr Shamsrizi. Was die Biotechnologie anginge seien wir in Deutschland „heimlich schlau“, formulierte Shamsrizi. Er regte an, die richtigen Narrative zu nutzen, um die Biotechnologie bekannter zu machen. Er sprach die Magie an, die sich mit der Branche und der Technologie verbinden lasse und eine besondere Kommunikation erforderlich mache. Unsere Nachhaltigkeitsziele könnten nur mit der Biotechnologie erreicht werden.
Oliver Schacht, Vorstandsvorsitzender der BIO Deutschland, sagte: „Die Deutschen Biotechnologietage waren aus unserer Sicht ein voller Erfolg. Trotz der durch den Streik erschwerten Bedingungen kamen sehr viele Teilnehmende nach Wiesbaden, um sich endlich wieder ohne Masken und Abstand unbeschwert auszutauschen. Die Gespräche untereinander und mit der Politik waren sehr gut, das Programm abwechslungsreich und die abendliche Feier im Schloss Biebrich, die unsere regionalen Gastgeber ausgerichtet haben, großartig. Die Veranstaltung steht für die Vielfalt und das Potenzial der deutschen Biotechnologie. Wir müssen nun alles daransetzen, dass die Biotechnologie auch in Deutschland bestens wachsen und wirken kann.“
Den Innovationspreis 2023 der BioRegionen Deutschlands gewannen:
Patrick Bongartz, von BioThrust Aachen. Bei der von ihm im Rahmen des RWTH Aachen Spin-off BioThrust entwickelten Verfahren handelt es sich um maßgeschneiderte Begasungslösungen für Bioreaktoren. Dazu zählen zum einen hochporöse Rührer, die gleichzeitig Gasblasen in den Reaktor eintragen und zu einer besseren Gasversorgung führen als herkömmliche Systeme. Die Laudatio hielt Dr. Christine Schreiber von Springer Nature.
Dr. Daniel Keppeler, von OptoGenTech aus Göttingen für „Hören mit Licht“, für die optische Steuerung von genetisch modifizierten Zellen mit Licht, um damit eine Verbesserung des Hörens zu erzielen. Gegenüber etablierten klinisch verbreiteten elektrischen Zellstimulationen erlaubt die Optogenetik die zelltypspezifische und räumlich begrenzbare optische Steuerung der Zellaktivität. Beim OptoGenTech-Verfahren wird eine Vielzahl von Lichtquellen auf kleinstem Raum integriert, um den optogenetisch veränderten Hörnerv zu stimulieren. Die Laudatio hielt Patentanwalt Dr. Florian Rückerl aus Dehmel-Bettenhausen.
Prof. Dr. Frederik Wurm, von LigniLabs, Wiesbaden, für sein umweltschonendes Verfahr-en zur Esca-Rebenpilz-Bekämpfung. In mehreren Jahren Forschung am Max-Planck-Instituts für Polymerforschung in Mainz konnte ein Lignin-Microcarrier entwickelt werden. Mikrocarrier bestehen aus dem Stoff „Lignin“, welcher ein Bestandteil von Holz ist und diesem seine Festigkeit verleiht. Sie werden mit einem Fungizid – einem Pilzbekämpfungsmittel – beladen und beispielsweise in Weinreben injiziert. Dort können sie wirkungsvoll als eine Art „Trojanisches Pferd“ gegen die sogenannte Esca-Krankheit eingesetzt werden. Esca ist eine Pilzkrankheit und befällt Weinreben von innen heraus. Die Laudatio hielt Marco Winzer vom High-Tech Gründerfonds.
Der Publikumspreis des Innovationspreises 2023 der BioRegionen Deutschlands ging ebenfalls an Dr. Daniel Keppeler, von OptoGenTech, für „Hören mit Licht“.
Über BIO Deutschland:
Die BIO Deutschland e. V. mit über 370 Mitgliedern – Unternehmen, BioRegionen und Branchen-Dienstleister – und Sitz in Berlin hat sich zum Ziel gesetzt, in Deutschland die Entwicklung eines innovativen Wirtschaftszweiges auf Basis der modernen Biowissenschaften zu unterstützen und zu fördern. Oliver Schacht, Ph. D., ist Vorstandsvorsitzender der BIO Deutschland.
Weitere Informationen unter: www.biodeutschland.org
Fördermitglieder der BIO Deutschland und Branchenpartner sind:
AGC Biologics, Avia, Baker Tilly, Bayer, BioSpring, Boehringer Ingelheim, Centogene, Citeline, CMS Hasche Sigle, Deutsche Bank, Ernst & Young, Evotec, KPMG, Lonza, Merck, Miltenyi Biotec, MorphoSys, Novartis, Pfizer, PricewaterhouseCoopers, QIAGEN, Rentschler Biopharma, Roche Diagnostics, Sanofi Aventis Deutschland, SAP, Schmidt Versicherungs Treuhand, Simmons & Simmons, Springer Nature, Thermo Fisher Scientific, Vertex Pharmaceuticals, Vibalogics, ZETA.