Mainz. Über 600 Gäste aus Politik, Wirtschaft, Kultur und Gesellschaft begrüßte Joachim Liebler, Geschäftsführer der VRM GmbH & Co. KG, gemeinsam mit IHK-Präsident Dr. Marcus Walden und HWK-Präsident Hans-Jörg Friese zum Sommerabend der Wirtschaft 2024 am 28. Juni im VRM-Garten bei herrlichstem Partywetter.
„Gute Gespräche führen“, dabei aber auch die „schwierigen Themen ansprechen“, stand für Liebler an diesem Abend im Vordergrund: „Fachkräftemangel“, „Energiepreissorgen“ und „Bürokratiewachstum“. Als Beispiel spießte der VRM-Geschäftsführer die aktuell am 29.06.2024 in Kraft getretene EU Deforestation Regulation (EUDR) auf. Die EUDR ergänzt das Lieferkettengesetz und verpflichtet Marktteilnehmer sicherzustellen, dass aus bestimmten relevanten Rohstoffen gewonnene Produkte, so genannten relevanten Erzeugnisse, etwa Papier, entwaldungsfrei, also geoneutral sind und im Einklang mit den nationalen Vorschriften des jeweiligen Erzeugerlandes erzeugt wurden. In der Praxis aber bedeute Geoneutralisierung, etwa für eine so große Zeitung wie der Allgemeinen Zeitung, so Liebler, „ dass wir bis in die sechste Nachkommastelle, auf den Quadratmeter genau, nachweisen müssen, wo der Baum in Kanada oder in Finnland gefällt worden ist, der eventuell zum Druck einer Zeitung wie der AZ führt“. Wenn das so käme, gäbe es morgen keine AZ mehr, keinen Sommerabend der Wirtschaft. „Meine Damen und Herren, wir sitzen alle im gleichen Boot, denn auch ein Medienunternehmen wie die VRM kann sich nicht freimachen von solchen Entwicklungen“, so Liebler unter großem Beifall. Denn mit immer neuen Bürokratie-Monstern dieser Art werde die Wirtschaft allmählich erdrosselt, so der pessimistische Tenor an so manchem Party-Tisch später beim Netzwerken.
IHK-Präsident Walden sah bei allem Pessimismus durchaus auch einige positive Entwicklungen im IHK-Bezirk Rheinhessen. Ganz besonders erfreulich sei, dass die Anzahl der Neugründungen wieder zugenommen habe, erstmals nach 10 Jahren auch im Gastronomie-Bereich, so der IHK-Präsident. Mit Blick auf die Politik betonte Walden die Bedeutung von „klaren, verlässlichen Rahmenbedingungen“ für die Wirtschaft, „die wir nämlich bauchen, um wirtschaftliche Entscheidungen treffen zu können“.
Für Handwerks-Präsident Friese sei die Bürokratie für viele Handwerksbetriebe existenzbedrohlich. Man müsse, so Friese, beim „Bürokratieabbau proakativ bleiben“. Eine jüngst in Bayern von Markus Söder gestartete Initiative, einen „Packt zum Bürokratieabbau auf Landesebene“ mit 30 Punkten, könne sich Friese auch gut für Rheinland-Pfalz vorstellen. Hier ginge es „um die Erleichterung von Regelungsverfahren, zum Beispiel bei kleineren Terrassenüberdachungen , das man die genehmigungsfrei stellen kann, oder dass beispielsweise auch Verfahren um Stellflächen , was unheimlich viel Geld kostet, aber nichts bringt, entfallen, so der HWK-Präsident. Es berichtet von seiner Begegnung mit Bundeswirtschaftsminister Habeck neulich in München, der ihm sagte, von dem ihm seit Januar durch die Kammern vorliegenden Katalog von 134 Vorschlägen zum Bürokratieabbau, könne man 40 machen, aber nur 4 lägen in seinem Ressort. Es gäbe „sechs Ressorts, die für die 40 Punkte zuständig wären“, so Friese, „aber die arbeiten nicht miteinander. Es geht um Kommunikation, und wir sind gerne bereit vom Handwerk, ich denke auch die Wirtschaft an sich, konkrete Vorschläge gemeinsam mit der Politik und mit den Verantwortlichen zu diskutieren, damit wir schneller umsetzen. Denn wir müssen beschleunigen, und zwar rucki-zucki“, so Friese unter großem Beifall.
„Wir haben zu viele Krankenhäuser in Deutschland“
Auch Prof. Dr. Ralf Kiesslich, Vorstandsvorsitzender und Medizinischer Vorstand der Universitätsmedizin Mainz (UM), blickt auf die Herausforderungen der kommenden Jahre. „Wir bieten Spitzenmedizin, müssen unsere Ressourcen jedoch besser nutzen“, sagte er in Bezug auf das Rekord-Defizit von 113,6 Millionen Euro, bei einem Rekordumsatz von knapp einer Milliarde Euro im letzten Jahr. In Bezug auf die Krankenhausreform begrüßt er Lauterbachs Reformpläne: „Wir haben zu viele Krankenhäuser in Deutschland. Es ist sinnvoll, spezialisierte Eingriffe in spezialisierten Zentren durchzuführen. Als einzige Universitätsmedizin in Rheinland-Pfalz wollen wir dabei eine zentrale Rolle spielen.“
Ein ganz besonderer Sommerabend mit zwei großen Abschieden
Für Chefredakteur VRM und Moderator des Abends Dennis Rink sei dieser Sommerabend etwas ganz, da dieser unter dem Eindruck zweier großer Abschiede stünde, nämlich dem Abschied von der rheinland-pfälzischen Ministerpräsidentin Malu Dreyer und von dem IHK-Hauptgeschäftsführer Günter Jertz.
Abschied von Ministerpräsidentin Malu Dreyer
Nach elf Jahren an der Spitze von Rheinland-Pfalz tritt Malu Dreyer (SPD) als Ministerpräsidentin am 11. Juli 2024 ab. In weniger als zwei Wochen wird ihre letzte Landtagssitzung vor der Sommerpause stattfinden, in der Arbeitsminister Alexander Schweitzer nach Dreyers angekündigtem Rücktritt zum neuen Ministerpräsidenten gewählt werden soll. Trotz eines vollen Terminkalenders nahm sich Dreyer die Zeit, ein letztes Mal als Gast beim Sommerabend der Wirtschaft im Garten der VRM aufzutreten.
„Ich bin im Einklang mit meiner Entscheidung, und es ist der richtige Schritt zur richtigen Zeit“, äußerte sich Dreyer im Gespräch mit VRM-Chefredakteur Dennis Rink. Ab dem 11. Juli, dem Tag nach ihrer letzten Landtagssitzung, plane sie eine Auszeit, um Abstand zu gewinnen. „Danach lasse ich die Dinge auf mich zukommen“, fügte sie hinzu. Für ihre beiden „Herzensthemen“ – die Förderung der Demokratie und die Frauenpolitik – möchte sie sich jedoch auch in Zukunft engagieren.
Zum Abschied wurde ihr unter dem Titel „Alles Gute, Malu Dreyer“ ein Sonderdruck der VRM überreicht, der eine Sammlung von Artikeln aus ihrer elfjährigen Amtszeit enthält. Diese besondere Beilage wird auch den Abonnenten der Allgemeinen Zeitung am Samstag, 6. Juli, im E-Paper zur Verfügung gestellt, so Chefredakteur Dennis Rink, der anschließend der Noch-Ministerpräsidentin auch im Namen von Industrie- und Handelskammer (IHK) sowie der Handwerkskammer Rheinhessen, das Abschiedsgeschenk und einen Strauß Blumen unter tosendem Beifall der Gäste überreichte.
Abschied von IHK-Geschäftsführer Günter Jertz
Doch nicht nur Dreyer wurde am Freitagabend im VRM-Garten verabschiedet. Auch der ebenso rundum geschätzte und beliebte Günter Jertz, langjähriger Hauptgeschäftsführer der IHK, geht in den wohlverdienten Ruhestand. Der 63-Jährige blickt auf zehn Jahre in seiner Position zurück und hat zudem zuvor mehr als zwei Jahrzehnte als Redakteur der Allgemeinen Zeitung gearbeitet. „Alle mussten mit meinen Macken klarkommen, ich aber auch mit denen der anderen“, sagte Jertz augenzwinkernd, der an diesem Abend tatsächlich seinen letzten Arbeitstag hatte.
Die neue Doppelspitze an der IHK-Rheinhessen ab 1.Juli 2024
Ab Montag, 1. Juli 2024, wird die Industrie- und Handelskammer für Rheinhessen eine weibliche Doppelspitze erhalten: Karina Szwede (52) wird neue IHK-Hauptgeschäftsführerin und Lisa Haus (33) die neue stellvertretende IHK-Hauptgeschäftsführerin. Die neuen IHK-Geschäftsführerinnen wurden auf der Bühne mit Blumensträußen und viel Applaus empfangen.
Neue Kontakte knüpfen bei einem Gläschen Wein
Für einen gleitenden Übergang vom Bühnen-Programm zum Netzwerkteil des Abends sorgte die amtierende Rheinhessische Weinkönigin Annalena Baum. Die studierte Önologin präsentierte in einer Art kleinem Weinseminar die Weine des Abends und sprach die magischen Worte „Das Büffet ist eröffnet“. Der weitläufige Garten der VRM bot bei herrlichem Sommerwetter den idealen Rahmen, um das Beisammensein zu genießen, zu plaudern und bei einem Gläschen Wein, Kontakte zu knüpfen. Kaum ein anderer Abend füllt den Begriff „Netzwerken“ so mit Leben wie der Sommerabend der Wirtschaft, so der Fazit der Veranstalter.
(Diether von Goddenthow /Rhein-Main.Eurokunst)