Mit der millionenschweren Schenkung der Familie Ferdinand Neess steigt das Hessische Landesmuseum für Kunst und Natur Wiesbaden zu einem der international bedeutendsten Häuser für Jugendstil und Symbolismus auf. Morgen, am 29. Juni 2019, wird parallel zum Museumsfest (Beginn 17.00 Uhr) mit der Dauer-Ausstellung „Jugendstil. Schenkung Sammlung F. W. Neess“ um 18.00 Uhr der neue permanente Sammlungsbereich der Galerien im Südflügel seiner Bestimmung übergeben. Die neue Jugendstil-Dauerausstellung präsentiert auf 800 qm Ausstellungsfläche in sieben Räumen über 500 Objekte von höchster Qualität, darunter komplette Möbelensembles, Lampen, Glasarbeiten, Silber, Keramik und 63 Gemälde, Pastelle und Aquarelle unter anderem von Franz von Stuck, Heinrich Vogeler und Gustave Moreau, die sich als „Gesamtkunstwerk“ in den neu gestalteten Ausstellungsräumen vereint finden.
Es sei „ein großer Tag für das Museum Wiesbaden und ein Anlass zu großer Dankbarkeit“, betonte die Hessische Kunstministerin Angela Dorn beim gestrigen Pressegespräch, und dankte Ferdinand Wolfgang Neess und seiner Frau Danielle im Namen der hessischen Landesregierung „und aller künftigen, hoffentlich zahlreichen Besucherinnen und Besucher des Landesmuseums dafür, dass wir in den Genuss dieser großartigen Sammlung kommen dürfen.“ Die Ministerin hob hervor, dass das die morgige Eröffnung einen „ Meilenstein in der Geschichte des Museums Wiesbaden“ markiere. Denn nunmehr könne das Landesmuseum Wiesbaden nun Kunst- und Kulturgeschichte von 1850 bis in die Gegenwart durchgängig in Spitzenwerken präsentieren. „Besonders freut mich,“ so Dorn,“ dass der Jugendstil ab jetzt mit Wiesbaden einen neuen prominenten Ort auf der hessischen Landkarte bekommen hat, neben dem Landesmuseum und der Mathildenhöhe in Darmstadt und den Kuranlagen in Bad Nauheim.“
Die auf einen Wert von mindestens 41 Millionen Euro geschätzte Ausstellung hat nach ihrem Umzug aus der von Josef Beitscher 1901/02 erbauten Jugendstil-Villa »Weisse Haus« in der Bingertstraße 10, nunmehr ihren neuen Ausstellungsort auf der Ebene 1 des Südflügels des Museums, in den historischen Ausstellungsräumen der Nassauischen Altertümer gefunden. Für die 1,5 Millionen Euro teure Sanierung steuerte die Familie Neess noch einmal eine Millionen dazu. Mit der neuen dauerhaften Nutzung würden, so Direktor Alexander Klar, die von Theodor Fischer für die Ausstellung von Objekten und Skulpturen vorgesehenen Räume wieder ihrer ursprünglichen Anmutung als Tageslichtgalerien für Objekte zugeführt. „Theodor Fischers Raumfolge ist eine für die Präsentation von Objekten, Möbeln und Interieurs maßgeschneiderte Architektur, die nun wieder ihre ursprüngliche Erscheinung als Ausstellungsräume für eine kulturhistorische Sammlung erhalten hat.“, sagte Klar und dankte allen Unterstützern, die es möglich gemacht haben, die Sammlung Neess in diesen Räumen zu zeigen, darunter in erster Linie den Stiftern, dem Land Hessen, der Hessischen Kulturstiftung und der Stadt Wiesbaden und insbesondere Peter Forster, Kustos Alte Meister und Jugendstil Sammlung F.W. Neess. Peter Forster ist es maßgeblich zu verdanken, dass die Schenkung ans Museum Wiesbaden kam und die Ausstellung aus dem Privatbereich des „Weissen Hauses“ so gekonnt ins Wiesbadener Museum überführt und zu dieser sensationellen, wissenschaftlich fundierten Präsentation gebracht werden konnte.
Stifter Ferdinand Wolfgang Neess sei ein „Pionier in der Wiederentdeckung des Jugendstils“, sagte Peter Forster, denn er habe zu einem Zeitpunkt Jugendstil zu sammeln begonnen , als diese Kunstrichtung nicht hoch im Kurs stand. Wie kaum ein zweiter Sammler habe er sich in den Stil der Jugend eingefühlt, habe deren Credo der Einheit aus Kunst und Leben zu seinem eigenen gemacht. Und das von ihm selbst so apostrophierte Bauchgefühl habe ihn niemals im Stich gelassen. Neess sei immer, so Foster, von seiner Fachkompetenz geleitet gewesen. „Mit einer einzigartigen Treffsicherheit hat er sich der Materie angenommen und eine Sammlung aufgebaut, die aus dem Geist des Gesamtkunstwerks geboren und selbst zum Gesamtkunstwerk geworden ist und die europaweit ihresgleichen sucht“, lobt der Kustos das hohe Niveau der Schenkung Neess. Forster dankte der Familie Neess, insbesondere auch Direktor Alexander Klar, der ihn habe „machen lassen“, seinem engagierten Mitarbeiterteam.
Der Rundgang beginnt mit historischen Filmaufnahmen der Tänzerin Loïe Fuller (1862-1928), einer Amerikanerin, die sich das kurz zuvor erfundene elektrische Licht auf der Bühne zu eigen machte, und mit ihrem Tanz auf der Pariser Weltausstellung 1900 die Kunstwelt inspirierte. Parallel dazu wird eine bedeutende Quelle für den biomorphen Formenschatz des Jugendstils im Vorraum des Saales der Formenvielfalt mit lithografischen Bildtafeln aus Ernst Haeckels (1834-1919) Kunstformen der Natur vorgestellt, zumal die Natur von Beginn an das Wörterbuch der Jugendstilkünstler bildete. Der folgende Ausstellungsraum beschäftigt sich mit der Idee des „Gesamtkunstwerks“. Eine besondere Rolle spielte dabei auch hier der Einsatz von elektrischem Licht. Die Jugendstilkünstler schufen mit ihrem Fantasie¬ und Formenreichtum eine künstlich beleuchtete Welt aus Blumenblättern und Früchten auf transparentem Glas.
Die Kunst sollte insgesamt den privaten Lebensraum vollständig durchdringen, Alltagsgegenstände wurden künstlerisch überformt und das Ideal ging dabei über das bloße Wohnen inmitten der Kunst weit hinaus; erfüllte sich erst in einer existenziellen Verschränkung von Leben und Kunst. Der zweite Raum konzentriert sich auf Art Nouveau in Frankreich. In Form einer begehbaren Skulptur mit Hauscharakter vereint er die wesentlichen Strömungen der floral¬ symbolistischen Variante des Jugendstils. Wichtige Positionen sind Hector Guimard und Vertreter der École de Nancy, des Zentrums des Art Nouveau, mit ihren Hauptprotagonisten Émile Gallé und Louis Majorelle. Frauenbilder und Geschlechterrollen um 1900 sind Schwerpunkt zahlreicher Gemälde und Objekte. Ein weiterer Raum ist der Weltausstellung 1900 in Paris gewidmet. Zahlreiche Objekte aus der Sammlung befanden sich in der Kunstausstellung und werden atmosphärisch von originalen Film¬ und Bildaufnahmen umfangen. Ferner stellt ein Ausstellungsraum die Wiener Werkstätte und die sogenannte Wiener Secession vor. Der Rundgang endet mit der deutschen Ausprägung des Jugendstils und präsentiert Künstlerpositionen zwischen München und Worpswede.
Die Eröffnung der Jugendstilschenkung wird im Rahmen des eigens aus diesem Anlass ins Leben gerufene „Jugendstiljahr Wiesbaden 2019/2020“ über die Dauer eines Jahres würdig gefeiert. Rund um die morgige Eröffnung im Museum Wiesbaden warten übers Jahr verteilt, zahlreiche Wiesbadener Institutionen mit einem vielfältigen und abwechslungsreichen Programm auf. Mehr Informationen unter www.jugendstiljahr.de
Gemeinsam mit dem Börsenvereins des Deutschen Buchhandels e.V. , Landesverband Hessen, Rheinland-Pfalz, Saarland, überreichte Kunst- und Kulturministerin Angela Dorn am 27. Juni 2019 während einer kleinen abendlichen Feierstunde in der Schalterhalle im Hessischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst, den Hessischen Verlagspreis 2019
Mit dem Hessischen Verlagspreis wollen das Land Hessen und der Landesverband Hessen, Rheinland-Pfalz, Saarland des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels e.V. die kulturelle Vielfalt der Verlage in Hessen würdigen und unterstützen. In diesem Jahr gewann der Verlag Schöffling & Co. in Frankfurt den mit 15.000 Euro dotierten Hauptpreis. Ein Sonderpreis in Höhe von 5.000 Euro ging an den Frankfurter Mabuse-Verlag.
Kunst- und Kulturministerin Angela Dorn betonte, dass die Jury insbesondere das ambitionierte Gesamtkonzept des familiengeführten Verlag Schöffling & Co. überzeugt habe, zu dem Romane und Gedichtbände ebenso gehörten wie der ‚Literarische Katzenkalender‘. Der Mabuse-Verlag erhielte den diesjährigen Sonderpreis für sein Programm ‚Bücher für starke Kinder‘. „Ich gratuliere den Preisträgerinnen und Preisträgern herzlich zu ihrem Erfolg und wünsche ihnen weiterhin viel Tatendrang. Gleichzeitig bedanke ich mich bei den Jury-Mitgliedern und dem Börsenverein des Deutschen Buchhandels für die hervorragende Zusammenarbeit.“
Barbara Jost, Vorsitzende des Landesverbandes Hessen, Rheinland-Pfalz, Saarland des Börsenvereins, gratuliert den beiden „sehr renommierten Frankfurter Verlagen“ und freute sich, „dass sowohl ein Literatur- als auch ein Fachverlag damit in den Fokus des Preises rücken. Beide Verlage leisten seit Jahrzehnten eine höchst professionelle Arbeit und sind überregional bekannt. Die Entscheidung, in diesem Jahr einen Sonderpreis auszuloben, begrüßen wir sehr.“
Aus Sicht der Jury zeigt Schöffling & Co. vorbildlich, wie man sich als literarischer Verlag erfolgreich auf dem immer schwieriger werdenden Buchmarkt behauptet. Klaus und Ida Schöffling und ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter setzen nicht nur auf einzelne Bücher, sondern pflegen Autorinnen und Autoren sowie deren Werk langfristig. Der Verlag veröffentlicht neben Romanen auch Erzählungen und Gedichtbände und immer wieder Wiederentdeckungen aus der deutschsprachigen Literatur des 20. Jahrhunderts. Der Verlag hat zudem das Literaturfestival „Frankfurt liest ein Buch“ angestoßen. Die humoristisch gepickte Laudatio für den Hauptpreisträger Schöffling & Co. hielt Wolfgang Schopf, Leiter des Literaturarchivs der Goethe-Universität im Universitätsarchiv und Kurator „Fenster zur Stadt.
Mit dem Frankfurter Mabuse-Verlag zeichnet die Jury einen Fachverlag aus, der seit 1976 Schritt für Schritt aus einer Zeitschrift kritischer Frankfurter Medizinstudierender hervorgegangen ist. Zahlreiche Buchveröffentlichungen zu Gesundheitsthemen wie Pflege und Demenz kamen hinzu. Der Sonderpreis würdigt das über zehnjährige erfolgreiche Kinderfachbuchprogramm, das sich unter anderem an Kinder von psychisch Erkrankten sowie an deren Eltern, Erzieher und Begleiter richtet. Die Laudatio für den Sonderpreisträger Marbuse-Verlag hielt Gabriele Meyer-Enders, Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin. Für sie war der Verlag „die Rettung“, da der Verlag praktisch der einzige sei, der kindgerechte Literatur für Kinder psychisch kranker Eltern anböte.
Um den Hessischen Verlagspreis 2019 konnten sich alle unabhängigen Verlage mit Sitz in Hessen bewerben, deren jährlicher Umsatz unter zwei Millionen Euro liegt. Bei der Bewertung der Jury spielten nicht einzelne Bucherfolge oder Autoren eine Rolle, sondern ausschließlich die Verlagsstrategie und das Gesamtprogramm. Der Verlagspreis wird seit 2018 vergeben. Er soll die Verbreitung und den Vertrieb von Büchern fördern und die komplexe und herausfordernde Verlagsarbeit in einer anspruchsvollen Phase sämtlicher Digitalisierungsaktivitäten in den Mittelpunkt stellen.
Der Jury gehörten an: Florian Balke (FAZ), Katharina Hesse (Stiftung Buchkunst), Björn Jager (Hessisches Literaturforum), Jutta Leimbert (Buchhandlung Vaternahm, Wiesbaden), Hans Sarkowicz (Hessischer Rundfunk), Ute Schwens (Deutsche Nationalbibliothek) und Aljoscha Walser (Berater für die Medienindustrie und ihre Dienstleister).
Im Rahmen des 100-jährigen Bauhaus-Jubiläums präsentiert das Institut Mathildenhöhe vom 30. Juni – 20. Oktober 2019 die Sonderausstellung „Künstlerhaus Meisterhaus Meisterbau“ im Museum Künstlerkolonie, in der die Bedeutung der Mathildenhöhe für die Entstehung des Bauhauses und der Architektur nach 1945 aufgezeigt wird. Die Ausstellung der Künstlerkolonie Darmstadt auf der Mathildenhöhe im Jahr 1901 bildete die weltweit erste internationale Bauausstellung auf Dauer und beeinflusste zahlreiche Ausstellungen und städtebauliche Projekte. Vor allem Joseph Maria Olbrich und Peter Behrens setzten mit ihrer modernen und zukunfsorientierten Architektur sowie der allumfassenden Innenraumgestaltung neue Impulse, die in dem von ihnen mitgegründeten Werkbund und später vom Bauhaus weiterentwickelt worden sind. Nicht zufällig haben die Bauhaus-Direktoren Walter Gropius und Ludwig Mies van der Rohe früh in ihrer berufl ichen Lau ahn für Behrens gearbeitet und dort dessen Zusammenführung von Handwerk, künstlerischer Gestaltung und industrieller Produktion kennengelernt. In der Nachkriegszeit bot die Künstlerkolonie Darmstadt den Ideenhorizont für den Wiederau au der Stadt als Designund Architekturzentrum, der in mehreren „Meisterbauten“ von führenden Architekten wie Max Taut, Otto Bartning und Ernst Neufert mündete.
ÖFFNUNGSZEITEN OPENING
Dienstag bis Sonntag 11 – 18 Uhr
EINTRITT
5 € / 3 € ermäßigt
3 € Führungen
Soweit nicht anders angegeben sind die
Veranstaltungen im Eintrittspreis inbegriffen.
Mittwoch, 21. August 2019, 19 Uhr
VORTRAG
Das Architektenhaus – Eine Ausstellungspraxis
Vortrag: Dr. Lil Helle Thomas
Ort: Museum Künstlerkolonie, Olbrichweg 13 A, 64287 Darmstadt
Donnerstag, 22. August 2019, 16 Uhr
TEACHER’S AFTERNOON
Mit Sandra Bornemann-Quecke
Anmeldung: mathildenhoehe@darmstadt.de
T +49(0)6151 132808
Sonntag, 25. August 2019, 15 Uhr
Öffentliche Führung durch „Künstlerhaus – Meisterhaus – Meisterbau“
Museumseintritt zzgl. 3 €
Donnerstag, 29. August 2019, 16 Uhr
KURATORENFÜHRUNG
Mit Dr. Philipp Gutbrod
Sonntag, 1. September 2019, 15 Uhr
Öffentliche Führung durch „Künstlerhaus – Meisterhaus – Meisterbau“
Museumseintritt zzgl. 3 €
Sonntag, 1. September 2019, 15 Uhr
Kinderführung durch „Künstlerhaus – Meisterhaus – Meisterbau“
Museumseintritt zzgl. 3 €
Donnerstag, 5. September 2019, 16 Uhr
Englischsprachige Führung durch „Künstlerhaus – Meisterhaus –
Meisterbau“
Museumseintritt zzgl. 3 €
Sonntag, 8. September 2019, 15 Uhr
Öffentliche Führung durch „Künstlerhaus – Meisterhaus – Meisterbau“
Museumseintritt zzgl. 3 €
Donnerstag, 12. September 2019, 19 Uhr
VORTRAG
„Wie wohnen wir gesund und wirtschaftlich?“ – Das neue Wohnen und das
Bauhaus
Vortrag: Taymas Matboo
Ort: Museum Künstlerkolonie, Olbrichweg 13 A, 64287 Darmstadt
Sonntag, 15. September 2019, 15 Uhr
Öffentliche Führung durch „Künstlerhaus – Meisterhaus – Meisterbau“
Museumseintritt zzgl. 3 €
Donnerstag, 19. September 2019, 11 Uhr
ROUTE DER INDUSTRIEKULTUR JUNIOR
Kinderführung mit Workshop zur zukunftsorientierten Architektur und
Innengestaltung auf der Mathildenhöhe
Sonntag, 22. September 2019, 15 Uhr
Öffentliche Führung durch „Künstlerhaus – Meisterhaus – Meisterbau“
Museumseintritt zzgl. 3 €
Sonntag, 29. September 2019, 15 Uhr
Öffentliche Führung durch „Künstlerhaus – Meisterhaus – Meisterbau“
Museumseintritt zzgl. 3 €
Wiesbaden. Die in Frankfurt am Main geborene Autorin Nina Bußmann erhält den gemeinsam vom Land Hessen und der Wirtschafts- und Infrastrukturbank Hessen (WIBank) ausgelobten Robert Gernhardt Preis 2019. Diese Entscheidung der Jury hat Kunst- und Kulturministerin Angela Dorn heute bekannt gegeben. Die Auszeichnung ist mit einem Preisgeld in Höhe von 12.000 Euro verbunden.
Kunst- und Kulturministerin Angela Dorn: „Ich gratuliere Nina Bußmann herzlich zum Robert Gernhardt Preis 2019. Ich wünsche ihr, dass die Auszeichnung dazu beiträgt, dass sie den noch im Entstehen begriffenen Roman vollenden und veröffentlichen kann. Ich danke der WIBank für die Bereitstellung des Preisgeldes und ihr Engagement in der hessischen Literaturförderung.“
„Unser Literaturpreis, benannt nach dem Universalkünstler Robert Gernhardt, bietet Künstlerinnen und Künstlern die Möglichkeit, sich ganz auf ihren Schaffensprozess konzentrieren zu können. Uns erfüllt es immer wieder mit Freude und Stolz, wenn am Ende dieses Prozesses großartige Literatur entsteht, die unser Leben bereichert“, so Dr. Michael Reckhard, Mitglied der Geschäftsleitung der WIBank.
Nina Bußmann erhält die Auszeichnung für ihr Romanprojekt „Dickicht“. Der Roman erzählt von der Amtstierärztin Ruth Gretter, die eine Betäubungsmittelabhängigkeit entwickelt hat und deren Leben nach einem nächtlichen Sturz in einem Park endgültig aus den Fugen zu geraten droht. Der Text überzeugte die Jury: „Nina Bußmann erzählt in einer klaren Sprache von der Unklarheit eines modernen Bewusstseins zwischen Arbeits- und Lebenswelt, zwischen Freundschaft, Therapien und spirituellen Verlockungen“, heißt es in der Begründung. „In unterschiedlichen Stillagen – Aufzeichnungen, Tagebüchern, erzählende Prosa – entwickelt Bußmann gleich mehrere Charaktere, deren Existenzen sich scheinbar am Rand unserer Wahrnehmung befinden und doch mitten in unserer Gegenwart stehen.“
Nina Bußmann wurde 1980 in Frankfurt am Main geboren, studierte Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft in Berlin und Warschau und lebt heute in Berlin. Im Suhrkamp Verlag hat sie bisher die beiden Romane „Große Ferien“ und „Der Mantel der Erde ist heiß und teilweise geschmolzen“ veröffentlicht.
Der Robert Gernhardt Preis 2019 wird am 20. August 2019 in einer Feierstunde in Frankfurt am Main verliehen.
Montag 26.08.19 // 19.30 h // Eintritt 7 / 4 Euro // Karten ab 03.07., 10 h Jan Brandt: Ein Haus auf dem Land / Eine Wohnung in der Stadt Moderation: Oliver Elser (Deutsches Architekturmuseum)
Ein Autor greift ein: Engagierte Literatur
„Die Erfahrung der Wohnungslosigkeit hat mich sehr politisiert. Sie hat mich gezwungen, etwas gegen die herrschenden Verhältnisse zu unternehmen“, sagt der Autor Jan Brandt im SPIEGEL und schreibt zwei Bücher in einem, also ein Buch zum Wenden: „Ein Haus auf dem Land/ Eine Wohnung in der Stadt“ (DuMont). Während der Autor in Berlin kaum eine Wohnung findet, erfährt er, dass das Haus seines Urgroßvaters in Ostfriesland abgerissen werden soll. Profitgier treibt in Berlin wie in der Provinz die Spirale an. Aber Brandt begehrt auf und klagt an die Wohnungsbaupolitik, die Bankenstrategien, die Investoren und Spekulanten, die Eigentumsfuzzis, aber auch sich selbst. Moderation: Oliver Elser. In Kooperation mit dem Journal Frankfurt.
Donnerstag 29.08.19 // 19.30 h // Eintritt 7 / 4 Euro / Karten ab 03.07., 10 h Norbert Zähringer: Wo wir waren Moderation: Christoph Schröder
Aller Leute Mondlandung
Fünfzig Jahre nach der Mondlandung ist der Moment, in dem Neil Armstrong den ersten Fußabdruck hinterlässt, alles andere als vergessen. Vergessen ist aber auch nicht, wo wir waren in solchen Stunden. Ganz so erzählt es Norbert Zähringers gleichlautender Roman. Abermillionen verfolgten auf der Erde die Fernsehübertragung. Alle, die es miterlebt haben, wissen, wo sie damals gerade waren. Jahrzehnte später wird der 9. November 1989 solch ein kollektivierendes, zugleich hoch individuell erfahrenes Datum sein. „Wo wir waren“ (Rowohlt) ist ein breit angelegter, ein gesamtes Jahrhundert umspannender Roman einer zerrissenen Familie, ein Tableau, das Zeiten, Länder, Geschichtliches und vor allem eine Vielzahl von Schicksalen verschränkt. Und über allem die Frage: Wo waren wir, und wo werden wir einmal sein? Moderation: Christoph Schröder.
Montag 02.09.19 / 19.30 h / Eintritt 9 / 6 Euro / Karten ab 03.07., 10 h Alina Bronsky: Der Zopf meiner Großmutter Moderation: Dilek Üsük (ZDF)
Zu böse, um unwahr zu sein
Die Autorin Alina Bronsky hat eine große Lesergemeinde. Und glücklich ist, wer sich bereits dazu zählt. Denn Bronsky zu lesen macht uns unempfänglich für Vorurteilsfreude, Rechthaberei und Humorlosigkeit – und wer weiß, was sonst noch alles. So böse wie in „Der Zopf meiner Großmutter“ (KiWi) war Bronsky wohl noch nie. Aber vielleicht wurde insgeheim auch nie mehr geliebt als innerhalb ihrer Familienbande unter dem Okular. Die titelstiftende Großmutter ist unerträglich. Der erzählende Knirps tut einem nur leid. Der liebende Großvater: mein Gott! Die Geliebte. Das zweite Kind. Invasionen der Bitternis. Das deutsche Schulsystem. Flüchtlinge. Paranoia und Terror à la famille. Das ganze Buch ist eine ätzende Lachsalve. Also ein Buch, das wir brauchen. Es moderiert die TV-Journalistin Dilek Üsük (ZDF).
Mittwoch 04.09.19 / 19.30 h / Eintritt 7 / 4 Euro / Karten ab 03.07., 10 h Christiane Neudecker: Der Gott der Stadt Moderation: Sandra Kegel (F.A.Z.)
„Er streckt ins Dunkel seine Fleischerfaust.“ Georg Heym
Die Autorin, Theaterregisseurin, Librettistin und Kick-Boxerin Christiane Neudecker hat mit „Der Gott der Stadt“ (Luchterhand) einen Roman geschrieben, der zwei Todesfälle verbindet. Jemand versinkt unterm Eis, eine Leiche hängt von der Decke eines Theaters. Die Todesfälle liegen weit auseinander, wenn sie auch dasselbe Datum teilen, den 16. Januar. Im Winter 1912 ertrank der expressionistische Dichter Georg Heym beim Schlittschuhlaufen, 1995 werden die Novizen einer elitären Schauspielschule im gerade wiedervereinten Berlin auf Heyms verrätseltes Faust-Fragment angesetzt. Angestachelt von ihrem Professor verstricken sie sich immer tiefer in den Gedankenlabyrinthen des genialischen Dichters. Der psychologische Druck steigt, Konkurrenz entflammt, Wahn und Wirklichkeit beginnen zu verschwimmen. Das Gespräch mit der Autorin führt Sandra Kegel (F.A.Z.).
Hinweis! Am heutigen Abend eröffnet die kleinste Dauerausstellung der Welt: Die Schönsten Deutschen Bücher 2019.
Das Literaturhaus Frankfurt zu Gast im Schauspiel Frankfurt
Das Literaturhaus Frankfurt im Schauspiel Frankfurt Montag 16.09.19 / 19.30 h / Eintritt 18 / 12 Euro Cornelia Funke: Das Labyrinth des Fauns Moderation: Anna Engel (hr2-kultur) Lesung des Texts: Rainer Strecker Eine Veranstaltung für alle ab 12 Jahren
Ein Abend mit Cornelia Funke über die Kraft der Fantasie
Fantasy ist das präziseste Mittel, das uns zur Verfügung steht, um all die Wunder und Schrecken der Realität darzustellen“, sagte Cornelia Funke einmal. In ihrem neuen Buch, das durch den Film „Pans Labyrinth“ von Guillermo del Toro inspiriert ist, zeigt sich das mit aller Wucht. Spanien, 1944: Ofelias Vater ist gestorben und mit ihrer Mutter zieht sie zu deren neuem Mann. Ihr Leben wird nun von Gewalt bestimmt – durch den Krieg wie den Stiefvater. Doch Ofelia findet ein Labyrinth und erfährt dort, dass sie die lang gesuchte Prinzessin eines unterirdischen Reiches ist. Bevor sie jedoch dahin zurückkehren kann, muss sie drei Prüfungen bestehen. Cornelia Funke nimmt uns gemeinsam mit dem Schauspieler Rainer Strecker mit in „Das Labyrinth des Fauns“ (S. Fischer). Durch den Abend führt Anna Engel (hr2-kultur).
Karten ab 22.08. unter www.schauspielfrankfurt.de. Mitglieder des Literaturhausvereins haben ab 19.08., 10 Uhr, ein Vorkaufsrecht.
Eine Veranstaltung des Jungen Literaturhauses Frankfurt in Kooperation mit dem Schauspiel Frankfurt. Das Junge Literaturhaus wird unterstützt von der Cronstett- und Hynspergischen evangelischen Stiftung.
Das Literaturhaus Frankfurt im Schauspiel Frankfurt Sonntag 29.09.19 / 17.00 h / Eintritt 18 / 12 Euro Die Autoren der Shortlist. Deutscher Buchpreis 2019 Moderation: Maike Albath, Anna Engel und Christoph Schröder
Die sechs für den Deutschen Buchpreis nominierten Autoren lesen in Frankfurt.
Kurz vor Eröffnung der Buchmesse wird in Frankfurt am Main der Roman des Jahres in deutscher Sprache gekürt. Mit dem Deutschen Buchpreis zeichnet die Stiftung Buchkultur und Leseförderung des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels einen Roman stellvertretend für alle wichtigen Romane des Jahres aus. Aufgrund des Erfolgs dieser Veranstaltung und des Medien- und Publikumsinteresses in den letzten Jahren lesen die Autoren der Shortlist zwei Wochen vor der Verkündung des diesjährigen Preisträgers auch in diesem Herbst wieder im Schauspiel Frankfurt. Am 17. September erfahren Sie, wer die Sechs sind.
Eine gemeinsame Veranstaltung von Literaturhaus Frankfurt und Kulturamt Frankfurt am Main in Kooperation mit dem Schauspiel Frankfurt. Partner ist die Stiftung Buchkultur und Leseförderung des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels. Medienpartner ist hr2-kultur. Zu hören sind die einzelnen Lesungen dort vom 07.10. bis 11.10. um 09.30 Uhr.
Das Literaturhaus Frankfurt zu Gast im Schauspiel Frankfurt Mittwoch 16.10.19 / 18.00 h / Eintritt 18 / 12 Euro Deniz Yücel: Agentterrorist Moderation: Michel Friedman
Publizist & Philosoph
„Niemals“ werde man Deniz Yücel nach Deutschland ausliefern, erklärte der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan im Frühjahr 2017, jedenfalls nicht, solange er, Erdogan, im Amt sei. Nach zwölf Monaten wurde Yücel endlich freigelassen. Die Inhaftierung des Türkei-Korrespondenten der WELT führte hierzulande zu einer riesigen Solidaritätsbewegung und sorgte für die bis dahin größte Belastung der deutsch-türkischen Beziehungen seit dem Zweiten Weltkrieg. Zugleich entfacht der Fall eine Debatte über das Verhältnis der Deutschtürken zu beiden Ländern. Jetzt erzählt Deniz Yücel in „Agentterrorist“ (KiWi), wie er dieses Jahr in Einzelhaft verbrachte. Eine Geschichte von Willkür, Erpressung, Solidarität, Liebe und Widerstand und auch ein Blick auf die Entwicklung der Türkei in den vergangenen Jahren. Michel Friedman tritt mit dem Publizisten ins Gespräch.
Karten ab 22.08. unter www.schauspielfrankfurt.de. Mitglieder des Literaturhausvereins haben ab 19.08., 10 Uhr, ein Vorkaufsrecht.
Eine Veranstaltung in Kooperation mit dem Schauspiel Frankfurt.
Das Literaturhaus Frankfurt zu Gast im Schauspiel Frankfurt Mittwoch 16.10.19 / 20.15 h / Eintritt 18 / 12 Euro Doris Dörrie: Leben, schreiben, atmen. Eine Einladung zum Schreiben
Der große Live-Versuch: Schreibwerkstatt für die eigene Biografie
Frankfurter Buchmesse. Schauspiel Frankfurt, Großer Saal. Lesung? – Nein, wir laden ein zur größten Schreibwerkstatt der Welt. Nicht, um ins Guinness-Buch der Rekorde zu gelangen, sondern um zu zeigen, was nur die Literatur vermag. Bringen Sie Block und Schreibstift mit. Wir machen den Versuch. Denn Schreiben heißt für die Regisseurin, Drehbuchautorin und Schriftstellerin Doris Dörrie, das eigene Leben bewusst wahrzunehmen. Wirklich zu sehen, was vor unseren Augen liegt. Oder wiederzufinden, was wir verloren oder vergessen glaubten. Schreiben ist Trost, Selbstvergewisserung, Anklage, Feier des Lebens. Doris Dörrie denkt in „Leben, schreiben, atmen“ (Diogenes) über das autobiografische Schreiben nach. Sie gibt darin Tipps und kreative Anleitungen und erzählt hinreißend ehrlich von ihrem eigenen Leben. Heute gibt es eine Weltpremiere: Gemeinsam mit Dörrie schreiben wir den ersten Satz unserer Autobiografie.
Karten ab 22.08. unter www.schauspielfrankfurt.de. Mitglieder des Literaturhausvereins haben ab 19.08., 10 Uhr, ein Vorkaufsrecht.
Eine Veranstaltung in Kooperation mit dem Schauspiel Frankfurt.
Das Literaturhaus Frankfurt zu Gast im Schauspiel Frankfurt Donnerstag 17.10.19 / 18.00 h / Eintritt 26 / 12 Euro Jostein Gaarder: Genau richtig. Die kurze Geschichte einer langen Nacht Moderation (dt./engl.): Margarete von Schwarzkopf Lesung deutscher Text: Christoph Pütthoff
Buchmesse-Ehrengast Norwegen: der Autor von „Sofies Welt“
Seit dem Erfolg „Sofies Welt“ von 1991 ist der Autor Jostein Gaarder einer der bekanntesten Vertreter skandinavischer Literatur. Und seit seinem israelkritischen Beitrag in Norwegens führender Zeitung Aftenposten vor 13 Jahren („Guds utvalgte folk“) steht auch er in der Reihe der Meinungsstarken und vorsätzlich Missverstandenen. Nun liegt ein neuer, schmaler Roman vor: Ein Mann erhält eine Diagnose. Das Leben selbst zu beenden, scheint eine Lösung zu sein. In einer einsamen Ferienhütte am Waldsee sucht er mit sich selbst ins Reine zu kommen und schreibt in das Hüttenbuch. „Genau richtig. Die kurze Geschichte einer langen Nacht“ (Hanser) erzählt von Ehe, Liebe, Familie und Krise. Irgendwann treibt ein Boot ruderlos auf dem See und ein Fremder erscheint. Die Übersetzung von Gabriele Haefs liest Christoph Pütthoff (Schauspiel Frankfurt). Das Gespräch mit dem norwegischen Autor leitet Margarete von Schwarzkopf. Eine Veranstaltung in deutscher und englischer Sprache.
Karten ab 22.08. unter www.schauspielfrankfurt.de. Mitglieder des Literaturhausvereins haben ab 19.08., 10 Uhr, ein Vorkaufsrecht.
Eine Veranstaltung in Kooperation mit dem Schauspiel Frankfurt. Mit freundlicher Unterstützung von NORLA – Norwegian Literature Abroad.
Das Literaturhaus Frankfurt zu Gast im Schauspiel Frankfurt Samstag 16.11.19 / 19.30 h / Eintritt 26 / 12 Euro Ulrich Tukur: Der Ursprung der Welt
Der Schauspieler, Musiker und Autor entflieht der Zeit. Ulrich Tukur ist womöglich schon immer: ein Ermittler. Jetzt schreibt er ein Buch, in dem er durch Gegenwartsflucht etwas herausfindet. Denn das hier ist nicht mehr die Welt von Paul Goullet: Er, der alte Bücher und Bilder liebt, die Schönheit, den Traum und die Fantasie, findet sich in einer Zeit kaum noch zurecht, in der das Chaos herrscht und die Algorithmen. Um dem zu entkommen, entflieht er nach Paris, wo er ein altes Fotoalbum findet. Dessen Bilder aber scheinen ihn selbst zu zeigen, inmitten eleganter Damen und Herren aus den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts. Fasziniert setzt sich Goullet auf die Fährte seines Doppelgängers, wechselt Zeiten und Kleider und kommt einem furchtbaren Geheimnis näher.
Karten ab 22.08. unter www.schauspielfrankfurt.de. Mitglieder des Literaturhausvereins haben ab 19.08., 10 Uhr, ein Vorkaufsrecht.
Eine Veranstaltung in Kooperation mit dem Schauspiel Frankfurt.
(Mainz, 25. Juni 2019, ka) Seit 50 Jahren wird der Boehringer-Ingelheim-Preis an exzellente Nachwuchsforscher der Universitätsmedizin Mainz vergeben. Im Jubiläumsjahr erhielten Dr. Timo Uphaus und Dr. Neha Tiwari den mit 30.000 Euro dotierten Preis der Boehringer Ingelheim Stiftung. Ihre Ergebnisse helfen, Patienten vor einem erneuten Schlaganfall zu schützen, bzw. zeigen, wie bestimmte Zellen im Gehirn reifen, die eine Rolle bei Erkrankungen wie Parkinson spielen. Zum Jubiläum berichteten ehemalige Preisträger von ihrer aktuellen Forschung und Nobelpreisträger Prof. Dr. Stefan Hell, Göttingen, beschrieb in seinem Festvortrag die Revolution in der Mikroskopie, mit der wir Prozesse in lebenden Zellen molekülgenau verfolgen können.
Auszeichnung und Ansporn zugleich für exzellente Forschung: Dafür steht seit 1969 der Boehringer -Ingelheim-Preis, der bereits an über 100 Nachwuchsforscherinnen und -forscher an der Universitätsmedizin Mainz verliehen wurde. Von Beginn an lag ihre Auswahl allein in den Händen der Universitätsmedizin Mainz. Wir verdanken den Preisträgerinnen und Preisträgern grundlegende Erkenntnisse zum Beispiel über das Immun-, das Herz-Kreislauf- und das Nervensystem, Infektionskrankheiten wie Hepatitis oder über Krebs. Rund dreißig der Preisträgerinnen und Preisträger waren oder sind inzwischen Klinikdirektoren bzw. Institutsleiter an Universitätskliniken.
„Die diesjährigen Preisträger beschäftigen sich in ihrer Forschung mit wissenschaftlichen Schwerpunkten der Universitätsmedizin und Themen, die viele unserer Patienten betreffen. Ich freue mich, dass die Boehringer Ingelheim Stiftung das wissenschaftliche Engagement junger erfolgreicher Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftler schon seit so langer Zeit würdigt und empfinde dies einmal mehr als Beleg dafür, dass die Forschung an der Universitätsmedizin Mainz einen wichtigen Beitrag zum Verständnis von Erkrankungen leistet“, betonte der Wissenschaftliche Vorstand und Dekan der Universitätsmedizin Mainz Univ.-Prof. Dr. Ulrich Förstermann.
„50 Jahre Boehringer-Ingelheim-Preis zeigen beispielhaft das generationenübergreifende Engagement der Gesellschafterfamilie für die Wissenschaft und unsere Verbundenheit mit der Region. Mit dem Preis möchten wir besonders begabte Nachwuchsforscherinnen und Nachwuchsforscher anspornen, originelle Ideen zu verfolgen und mutig neue Wege zu gehen“, sagt Christoph Boehringer, Vorsitzender des Vorstands der Boehringer Ingelheim Stiftung. „Heute schauen wir mit Dankbarkeit auf mehr als 100 ausgezeichnete Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler und deren beeindruckende Erfolge.“
Anlässlich des Jubiläums fand dieses Jahr vor der Preisverleihung ein wissenschaftliches Symposium statt, bei dem ehemalige Preisträger aus vier Jahrzehnten ihre aktuelle Forschung vorstellten. Die Bandbreite der Themen reichte von Zelltherapien, über die Verbindung zwischen Darm und Immunsystem, bis zu innovativen Therapien gegen Krebs und der Entwicklung von Impfstoffen.
Im Rahmen der Preisverleihung berichteten die beiden ausgezeichneten Wissenschaftler über ihre Arbeiten zur Prävention von Schlaganfällen und der Entwicklung wichtiger Zellen im Gehirn. Den Festvortrag hielt in diesem Jahr Nobelpreisträger Prof. Dr. Stefan Hell aus Göttingen. Er referierte über die revolutionären Entwicklungen in der Mikroskopie, mit denen er und andere Forscher die durch die Physik gesetzten Grenzen des sichtbaren Lichts umgehen.
Einzelheiten zur Arbeit von Dr. Timo Uphaus:
Dr. Timo Uphaus, Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Klinik und Poliklinik für Neurologie der Universitätsmedizin Mainz erhält den Boehringer-Ingelheim-Preis 2019 für klinische Medizin für seine Arbeit: “Development and validation of a score to detect paroxysmal atrial fibrillation after stroke“, veröffentlicht in der Fachzeitschrift „Neurology“.
Dr. Timo Uphaus hat ein Hilfsmittel entwickelt, mit dem Ärzte bereits in der Notaufnahme entscheiden können, bei wem es besonders wahrscheinlich ist, dass eine längere Messung der elektrischen Herzaktivität – auch EKG genannt – die richtige Diagnose ermöglicht, um mit Medikamenten weitere Schlaganfälle verhindern zu können. Jedes Jahr erleiden in Deutschland mehr als 260.000 Menschen einen Schlaganfall oder eine Vorstufe davon. Jeder Vierte davon hatte zuvor bereits einen oder mehrere Schlaganfälle. Ein erneuter Schlaganfall kommt besonders dann vor, wenn eine bestimmte Herzrhythmusstörung, das Vorhofflimmern, den ursprünglichen Schlaganfall verursachte. Dies wird aber oft nicht erkannt.
Die gute Nachricht ist, dass es Medikamente gibt, die das Blut verdünnen, und so verhindern, dass Gerinnsel entstehen. Das Risiko für einen erneuten Schlaganfall wird bei diesen Patienten durch den Einsatz dieser Medikamente um circa 70 Prozent reduziert. Um sie zielgerichtet einsetzen zu können, muss man jedoch wissen, bei welchen Schlaganfallpatienten tatsächlich Vorhofflimmern vorliegt.
Häufig dauert das Vorhofflimmern nur wenige Minuten und wird vom Patienten nicht einmal bemerkt. Erst in der Aufzeichnung der elektrischen Aktivität des Herzens – dem EKG – wird es sichtbar. Diese Messung ist heute zwar Standard nach einem Schlaganfall, wird aber noch zu oft lediglich über 24 Stunden durchgeführt. Die Methode von Dr. Timo Uphaus berechnet aus dem Alter des Patienten, der Schwere des Schlaganfalls und der Dauer der Symptome, wie wahrscheinlich es ist, bei einem EKG über drei Tage ein bisher unbekanntes Vorhofflimmern zu entdecken. So hilft die für Ärzte auch im Internet zur Verfügung stehende Methode zu entscheiden, wer ein Langzeit-EKG bevorzugt erhalten sollte. Um diese Methode zu entwickeln, hat Dr. Timo Uphaus in Zusammenarbeit mit der Neurovaskulären Arbeitsgruppe, geleitet von Professor Dr. Klaus Gröschel, und der Klinik und Poliklinik für Neurologie, geleitet von Professor Dr. Frauke Zipp, an der Universitätsmedizin Mainz die Daten aus mehreren Schlaganfall-Studien von über 1.500 Patienten analysiert. Dr. Uphaus und seine Kollegen möchten mit dieser Arbeit dazu beizutragen, dass in Zukunft weniger Menschen einen erneuten Schlaganfall erleiden müssen.
Originalpublikation:
Uphaus T, Weber-Krüger M, Grond M, Toenges G, Jahn-Eimermacher A, Jauss M, Kirchhof P, Wachter R, Gröschel K. Development and validation of a score to detect paroxysmal atrial fibrillation after stroke. Neurology. 2019 Jan 8;92(2):e115-e124. doi: 10.1212/WNL.0000000000006727.
Einzelheiten zur Arbeit von Dr. Neha Tiwari:
Neha Tiwari, PhD, Molekulargenetikerin am Institut für Physiologische Chemie der Universitätsmedizin Mainz erhält den Boehringer-Ingelheim-Preis 2019 für theoretische Medizin für ihre Arbeit: „Stage-Specific Transcription Factors Drive Astrogliogenesis by Remodeling Gene Regulatory Landscapes”, veröffentlicht in der Fachzeitschrift „Cell Stem Cell“.
Unser Gehirn ist ein komplexes Netzwerk aus Nervenzellen und verschiedenen anderen Zelltypen, die sich zum Teil aus den gleichen Vorläufern entwickeln. Dr. Neha Tiwari fand nun mit einer Kombination verschiedener Methoden heraus, welche Gene in welcher Reihenfolge im Mäusegehirn aktiv sein müssen und welche Proteine diese Genaktivität steuern, damit sich aus den Vorläuferzellen sogenannte Astrozyten entwickeln. Diese Zellen werden wegen der Form ihrer zuerst entdeckten Vertreter auch Sternzellen genannt. Sie helfen den Nervenzellen zu kommunizieren, stützen, schützen und ernähren sie. Besonders bei Verletzungen oder Entzündungen verändern sie, welche ihrer Gene sie ablesen bzw. aktivieren. Manchmal werden sie dabei allerdings selbst zum Problem. Zum Beispiel bei Entzündungsprozessen nach einem Schlaganfall oder bei Erkrankungen des motorischen Nervensystems wie beispielsweise Parkinson oder Amyotrophe Lateralsklerose (ALS) können diese Zellen übermäßig aktiv werden und dadurch Nervenzellen abtöten. Bisher unbekannt ist, wie dies geschieht. Hier setzt die Arbeit von Dr. Neha Tiwari an, indem sie die normale Entwicklung von Sternzellen untersucht.
Sternzellen durchlaufen drei Entwicklungsstadien: Zuerst entstehen Vorläuferzellen der Sternzellen, die sich noch weiter vermehren können. Im zweiten Stadium beginnt der Reifungsprozess und die Zellen können sie sich nicht mehr vermehren, sind aber noch nicht voll funktionsfähig. Erst im dritten Stadium reifen die Sternzellen aus und können alle ihre Aufgaben erfüllen.
Dr. Neha Tiwari entdeckte wodurch und wie sich die Zellen in den einzelnen Stadien molekular unterscheiden und welche Proteine ihre Entwicklung steuern: Der Übergang von Vorläufer zu unreifer Sternzelle wird durch die Proteine Nfia und Atf3 gesteuert. Beides sind Transkriptionsfaktoren, die ihre Ziel-Gene im Zellkern aktivieren. Den Übergang zur dritten Phase hingegen bestimmt der Transkriptionsfaktor Runx2. Wir wussten bereits, dass Sternzellen durch Fehler bei der Gensteuerung Nervenzellen schädigen können, statt sie zu beschützen. Wir haben jetzt herausgefunden, dass der Faktor Runx2 wichtig ist, damit die Sternzellen die letzte Stufe ihrer Entwicklung erreichen. In diesem Zustand können sie nicht mehr überaktiv werden, und können vermutlich auch die Nervenzellen nicht mehr schädigen. Auf Basis dieser Erkenntnis lässt sich nun herausfinden, was passiert, wenn Sternzellen aus dem Ruder laufen, warum dies geschieht und ob es möglich ist, dies zu verhindern. Das ist möglicherweise auch ein Schritt dahin, jene neurodegenerativen Erkrankungen zu verhindern, die dadurch geprägt sind, dass Nervenzellen absterben.
Originalpublikation:
Tiwari N, Pataskar A, Péron S, Thakurela S, Sahu SK, Figueres-Oñate M, Marichal N, López-Mascaraque L, Tiwari VK, Berninger B. Stage-Specific Transcription Factors Drive Astrogliogenesis by Remodeling Gene Regulatory Landscapes. Cell Stem Cell. 2018 Oct 4;23(4):557-571.e8. doi: 10.1016/j.stem.2018.09.008.
Über den Boehringer-Ingelheim-Preis:
Der Boehringer-Ingelheim-Preis für exzellente wissenschaftliche Leistungen auf dem Gebiet der klinischen und der theoretischen Medizin wird seit 1969 vergeben. Eine Fachjury der Universitätsmedizin Mainz wählt die Preisträger aus. Seit 1995 dotiert die Boehringer Ingelheim Stiftung den Preis. Der Leiter des Jubiläumssymposiums und Preisträger des Jahres 1985, Prof. Dr. Michael P. Manns, ist ein Beispiel für die Nachhaltigkeit des Preises: „Es erfüllt mich mit Dankbarkeit, mit dem Boehringer-Ingelheim-Preis ausgezeichnet worden zu sein. In einer entscheidenden Phase hat er mich ermutigt, beides – Klinik und Forschung – weiterzuverfolgen.“ Manns, der heute Präsident der Medizinischen Hochschule Hannover und Mitglied des Vorstands der Boehringer Ingelheim Stiftung ist, führt weiter aus: „Mit diesem Symposium möchten wir einen Einblick in die Bandbreite der Themen geben, an denen die Preisträgerinnen und Preisträger geforscht haben oder heute forschen. Das Programm stellt nur eine Auswahl der vielen erfolgreichen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler dar, die nicht leicht gefallen ist.
In diesen Tagen meldeten sich der in New York lebende Superstar des Grafikdesigns Stefan Sagmeister und seine Studiopartnerin Jessica Walsh nach ihrem grandiosen Happy Show-Erfolg mit ihrer zunächst in Wien gezeigten, noch bis 15.09.2019 laufenden großen Ausstellung „ Beauty“ im Frankfurter Museum Angewandte Kunst, zurück: „Wir wollen zeigen, warum diese Abkehr von der Schönheit so unsinnig war und was wir dagegen tun können“, erfahren Besucher gleich zu Beginn. Die Künstler möchten „beweisen, dass Schönheit in der Architektur und im Design keine Oberflächenstrategie ist, sondern zutiefst im menschlichen Sein wurzelt. Wir möchten einen längst überfälligen Diskurs um Schönheit anstoßen und demonstrieren, dass schöne Werke nicht nur mehr Freude machen, sondern auch viel besser funktionieren“.
Mit Beauty wollen die Ausstellungsmacher die Lust am Schönen als lebensbereichernde Dimension demonstrieren. Dabei üben sie heftige Kritik am übertriebenen Funktionalismus in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts, der, so die Ausstellungsmacher, bisweilen solch dogmatische Formen annahmen, „dass zahlreiche Architekt*innen und Designer*innen sich in eine psychotische Gleichförmigkeit verbissen.“ Ihr zentrales Versprechen konnten diese ironischerweise jedoch nicht halten, da es einfach nicht funktionierte. Am eklatantesten zeige sich das, „an den in den 1970ern errichteten Wohnzweckbauten, die 30 Jahre später wieder abgerissen wurden, weil sie den Bedürfnissen nicht entsprachen.“
Die Entdeckung des Hässlichen als Schönheit
Sagmeister und Walsh fanden heraus, dass im Laufe des letzten Jahrhunderts Schönheit negativ besetzt war: „Renommierte Designer*innen behaupteten, kein Interesse an ihr zu haben, die Kunst entledigte sich ihrer nahezu vollständig, und stapelweise ließen sich Architekturbücher durchblättern, ohne dass man ein einziges Mal auf den Begriff Schönheit stieße.
Die Abschaffung des Schönen mag wohl auch längst in der Gesellschaft angekommen zu sein. So scheint „hässlich“ das neue „Hip“ zu sein. «Ugly fashion», die Modeströmung zur Hässlichkeit, signalisiert diese unaufhaltsame Lust am Unschönen, an der Disharmonie, am Chaos, am Destruktiven. Sie ist Ausdruck eines massenhaften Symptoms einer verdrehten Ästhetik. Die Modewelt scheint Kopf zu stehen: Kaputt, klobig, schräg und abseitig muss es sein: zerrissene Jeans und Klamotten, die nicht mal zur Altkleidersammlung taugen, ausufernde Turnschuhsohlen, Crocs und andere sperrige Latschen, klobige, einst als Kassengestelle verschriene und nun per Nerd-Image geadelte Brillen, bis hin zu das Gesichts entstellende Mehrfach-Piercings in Lippen, Nasen und Backen.
Als hielten Menschen Balance, Harmonie, Proportionen und Vollkommenheit nicht mehr auch, soll möglichst alles quer und unstimmig sein, entgrenzt und divers sein.
Wer den Trend zum Hässlich-Chaotischen als Spiegel gesellschaftlichen Geschmacks heranzieht, ahnt, welche Botschaften von Ästhetik in der postmateriellen Gesellschaft angesagt sind. Anscheinend ist die Lust am Zerschlagen von Harmonie und Kitsch einstiger Dadaisten, Surrealisten und Fluxus-Künstler mit Verspätung in der breiten Masse angekommen. Es ist ein Trend zum Chaos, der sich im Bemühen „dazuzugehören“ und „cool“ zu sein, seit Jahrzehnten selbst nährt, aber wohl bald seinen Höhepunkt erreicht haben dürfte. Denn wer hält auf Dauer schon soviel Disharmonie und Hässliches aus? Nicht von ungefähr fahren Menschen im Urlaub in „schöne“ („heile“) Welten oder suchen Kraft in der Vollkommenheit der Natur, um ihre Seele aufzutanken
Obgleich Menschen insgeheim nach Schönheit und Vollkommenheit streben, wovon paradoxerweise vielen mit der Huldigung von „Hässlichem“ einhergehenden Trends zur Optimierung von Körper und Aussehen zeugen, wird dieser Widerspruch im Bemühen „In“ zu sein, kaum wahrgenommen oder einfach ignoriert. Da laufen beispielsweise gesichtsgeliftete Damen in perfekt zurechtgehungerten Traumfiguren in teuren zerrissenen Designer-Jeans mit hässlich klobigen Brillen herum, ohne diese Absurdität ihres Auftritts wahrzunehmen.
Im Auge des Betrachters und Anlegers?
In der Kunst scheint geschmacklicher Selbstbetrug oftmals noch nachhaltiger als in der Mode zu sein, da hier die Dinge zumeist viel ernster genommen werden, oftmals im angestrengten Bemühen zu einer angenommenen kleinen tonangebenden Elite zu gehören, die fortschrittliche Kunst „versteht“ und „voranbringt“: Da avanciert bekanntermaßen schon mal eine „Fett-Ecke“ oder ein „Schrotthaufen“ zu etwas Großartigem. Oder ein Pissoir, wie das in der Ausstellung in Kopie gezeigte Sanitärporzellan von Duchamp, wird als „Ready-Made“ zur neuen Kunst-Gattung ausgerufen, nachdem es 1917 als einziges von 2500 Werken nicht als Kunstwerk in der New Yorker „Big Show“ zugelassen wurde.
Die Debatten darüber, was Kunst sei und nicht, sind ja hinlänglich bekannt. Sie führen letztlich zu nichts. Wenn eben jemand für Jeff Koons Skulptur „Balloon Dog Orange“ (ein überdimensionaler Ballonhund) 43 Millionen Euro bezahlt, ist das eben sein Privatvergnügen. Biennale Venedig, Documenta & Co. lassen grüßen. Denn letztlich ist es Ansichtssache, was gefällt und was nicht. Nach dem „neuen Kunstbegriff“, was immer darunter zu verstehen ist, soll ja auch nicht wie einst die „schönen Künste“ gefallen und zur Erbauung des Menschen beitragen. Zu meinen, Kunst solle „schön sein“ ist eines der wohl größten Missverständnisse über die Bedeutung und das Wesen von Kunst seit Anfang des 20. Jahrhunderts. Kunst soll vor allem Fragen an die Welt stellen, anregen, faszinieren und zu emotionalen Erlebnissen führen und keine (schönen) Lösungen anbieten wie Design.
Kunst liegt bekanntermaßen im Auge des Betrachters, aber nicht nur. Oftmals liegt Kunst auch im Auge des Anlegers unter Wertsteigerungsaspekten, im Auge des Museums/ des Kunsthandels unter Aspekten von Künstler-Renommees und Sammlungs-Bedeutung, oder sie liegt auch im Auge von Künstlern und ihren Vermarktern in Kenntnis der Marktmechanismen und entsprechenden Nomenklaturen des Kunstmarktes. Kunst muss Vieles, nur eines nicht: schön sein! In diesem Zusammenhang sei die Lektüre von Herbert Molderings „Die nackte Wahrheit. Zum Spätwerk von Marcel Duchamp“ Hanser-Verlag, München 2012 (ISBN: 978-3-446-23872-5) empfohlen.
Vom guten Schönen und hässlichen Bösen
Was „Schönheit“ ist, vermögen zwar auch die Ausstellungsmacher nicht zu sagen. Zu den wichtigsten Merkmalen von Attraktivität zählen sie jedoch: Symmetrie, Einfachheit, Balance, Klarheit, Kontrast und Proportion.
Für Platon war Schönheit ein moralischer Wert: Was gut ist, ist schön, und was schön ist, ist gut. Hiernach leitet sich Ästhetik ab von Ethik. Plato glaubte, so erfahren die Besucher, dass alles Schöne wahrhaftig ist – „Schön ist gut ist wahr“. So wurde in den letzten 200 Jahren Schönheit lange mit „Gutheit“ gleichgesetzt. Bekannt ist dieses Schema von „schönen Guten“ und „hässlichen Bösen“ aus Märchen, und es gilt in Comics, Video-Games oder Filmen bis heute.
Schönheit in der Steinzeit
Als sexuell anziehend empfinden Menschen nicht nur physische Schönheit, sondern auch die Fähigkeit, schöne Dinge zu kreieren. Schönheit spielte während der gesamten Menschheitsgeschichte eine wichtige Rolle. Als älteste Kunstwerke der Menschheit sind Vögel, Löwenmenschen, ein Wildpferd und Frauengestalten (Venus von „Venus vom Hohle Fels“ und „Willendorf“ aus Knochen und Elfenbein der Altsteinzeit von vor bis zu 35.000 Jahren bekannt. In der Ausstellung werden dafür stellvertretend Faustkeile gezeigt, die nicht nur als Werkzeuge, sondern auch wohl als erste Kunstwerke dienten. „Für den symmetrischen Schliff von Steinäxten gab es keine Begründung, allerdings gewannen die Hersteller dieser Werkzeuge mit ihrem Gefühl für symmetrische Gestaltung und mit feinmotorischem Können an Attraktivität.“, so die These.
Das Streben nach Schönheit im 19. Jahrhundert
Das 19. Jahrhundert, so erfahren Besucher, war von Schönheit besessen: Künstler wie Anselm Feuerbach widmete „der“ „Schönheit“ sein ganzes Schaffen, wobei das Streben nach Schönheit oft nahe zum Kitsch führte. Der Höhepunkt dieser Entwicklung lag wohl gegen Mitte, Ende des 19. Jahrhunderts mit Aufkommen des lithografischen Farbendrucks und den neuen vielfältigen Möglichkeiten, „Kunstwerke“, „Tapeten“, „Textilien“, „Möbel“, „Stuck“ usw. industriell herzustellen. Die (groß-)bürgerlichen Wohnstuben der Gründerzeit waren oftmals überfrachtet mit allerlei Sehnsuchts-Tinnef, Geschmeide, schweren Vorhängen, massiven Möbeln, neobarocken- bis keltisch anmutenden Ornamenten und Schnörkeln.
Jugendstil: zurück zu den natürlichen Wurzeln
Etwa gegen 1900 setzte sich insbesondere im Bildungsbürgertum mit Lebensreform- und Freikörperkultur–Bewegungen auch ein neuer, die Natur zitierender, klarerer Stil durch: der Jugendstil. Die Lebensreformbewegung war als Antwort auf die negativen, umweltbelastenden und krankmachenden Folgen der industriellen Revolution und des maßlosen Kapitalismus (Manchester-Kapitalismus) im Wesentlichen beeinflusst von der Philosophie Friedrich Nietzsches (1844 – 1900, nämlich von der Idee einen neuen Menschentyp zu schaffen, der sich aufmachen werde, „etwas Neues zu sein, etwas Neues zu bedeuten, neue Werte darzustellen“ (Nietzsche, Jenseits von Gut und Böse, 1886). Die Aufgabe dieses neuen Menschen sollte sein: eine neue soziale Ordnung vorzubereiten, „gegründet auf ästhetische Kriterien und bevölkert von gesunden Körpern“. Infolge dieser ersten „Zurück-zur-Natur-Bewegung“ fanden unter dem Begriff Jugendstil (und seiner verschiedenen Schulen) inbesondere floral geschwungenen Linien und großflächige Muster, Blumen- und Pflanzenornamente als Hinweis auf des menschen natürlichen Ursprungs Eingang in Kunst, (Gebrauchs-)Design und Architektur. Siehe hierzu: Jugendstil-Ausstellung in Wiesbaden im Rahmen des Jugendstiljahrs)
Ornament und Verbrechen
Ein scharfer Kritiker des Jugendstils im Allgemeinen und der „Wiener Secession“ im Besonderen war der Publizist und Architekt und Wahl-Wiener Adolf Loos (1870 – 1933). Warum auch immer, vielleicht weil er sich profilieren und abheben wollte, lehnte Loos die angewandte Kunst ab. Er hielt nichts davon, Gebrauchsgegenstände ohne funktionellen Nutzen in besonderer Weise künstlerisch aufzuhübschen (Form folgt Funktion). Eine Tasse beispielsweise, musste nicht schön sein, sondern als Trinkgefäß funktionieren! Er nannte es gar ein „Verbrechen“, dass Handwerker ihre Zeit auf Ornamentierung verwendeten, „da Ornamente den Launen der Mode unterworfen wären und somit die Veralterung eines Gegenstandes beschleunigen würden“, zitieren Sagmeister & Walsh sinngemäß aus Loos berühmter Vortragspolemik „Ornament und Verbrechen“ von 1910. Loos verachtete das Imitieren, das „Stehlen aus der Vergangenheit“, und postulierte, dass Funktionalität und Abwesenheit von Ornamenten im Sinne menschlicher Kraftersparnis ein Zeichen hoher Kulturentwicklung sei. Die Ästhetik war im Bestreben nach optimaler Funktion eher nebensächlich, bei Gebrauchsgegenständen genauso wie in der neuen Architektur der frühen 1920er Jahre wie sie vom Bauhaus angestoßen wurde und weltweit Verbreitung fand. Daran änderte auch nichts, dass später manch „Monotones“ schön geredet wurde, was insbesondere in der inzwischen auch 100 Jahre alten „neuen Moderne der Architektur“ der Fall war, wo offensichtlich auch jede noch so abstoßende Hässlichkeiten wie triste Trabantentädte mit irgendwelchen sozialen Theorien für einen „neuen Menschen“ geheiligt wurden (siehe unten: Mainz sollte mit Hochhäusern bepflastert nach 1945 zur „Idealstadt der Zukunft“ werden).
Als der Abriss der Pariser Innenstadt drohte
Adolf Loos hatte einen immensen Einfluss auf das Bauhaus in Deutschland und auf Le Corbusier in Frankreich. Bauhaus prägte maßgeblich das Architektur- und Designdenken der folgenden 100 Jahre. Le Corbusier (1887 – 1965), schweizerisch-französischer Architekt, Architekturtheoretiker, Stadtplaner, Maler, Zeichner, Bildhauer und Möbeldesigner hatte 1925 gar den vom Automobil- und Flugzeughersteller Gabriel Voisin finanzierten Plan Voisin, große Teile des alten Pariser Zentrums am rechten Seine-Ufer abzureißen. Statt der von Haussmann im neugotischen und neuromanischen sowie im neo-byzantinischen, neoklassischen und Neorenaiccance-Stil erbauten Pariser Innenstadt mit ihren unvergleichlichem Flair aufgrund dieser Formenvielfalt, wollte Corbusier im Bemühen um eine „zeitgenössische Stadt“ 18 locker und regelmäßig angeordnete sechzigstöckige Hochhäuser mit kreuzförmigem Grundrissen in die Metropole an der Seine klotzen. Anstelle der typischen, für mehrere Familien verschiedener Gesellschaftsschichten errichteten Fünf- bis Sieben- Geschoss-Bauten mit Geschäften im Erdgeschoss und darüber liegenden Wohnungen für die Besitzer sollten gleichförmige Massenunterkünfte die Menschen beglücken. Verschwunden wären all die bislang gemischt genutzten Viertel pulsierenden Lebens mit Cafés, kleinen Geschäften, Betrieben und Boulevards und mit ihnen das pulsierende urbane Leben, was Menschen lieben und das Leben miteinander schöner macht.
Le Corbusier wollte Wohn- und Arbeitsviertel durch mehrspurige Schnellstraßen trennen. Seine architektonische Radikalität und Rücksichtslosigkeit gegenüber dem historischen Bestand stieß jedoch auf ein kritisches Echo und konnte sich nicht durchsetzen und wurde zum Musterbeispiel einer inhumanen, schematischen Rasterarchitektur. Diese fand aber in der Sowjetunion, später, modifiziert in der DDR, zahlreiche Anhänger. (Buchtipp: Ursula Muscheler. Das rote Bauhaus – Eine Geschichte von Hoffnung und Scheitern, Berenberg Verlag, Berlin 2016, ISBN 9783946334101 Gebunden, 144 Seiten, 22,00 EUR)
Wie Le Corbusiers Paris ausgesehen hätte, wäre sein Plan Voisin real geworden, können die Besucher an Simulations-Leinwänden erfahren: auf der einen, der linken Leinwand werden Ortsansichten vom heutigen, historisch erhaltenen Paris gezeigt. Die rechte Leinwand präsentiert parallel die gleiche Blickachse auf den selben Ort mit simulierter Hochhausbebauung. Sagmeister & Walsh bemerken dazu: „Heute wissen wir“, wie katastrophal das gewesen wäre. Die Wohnviertel wären tagsüber wie ausgestorben und die Arbeiterviertel nachts leer gewesen: Moderne Stadtplaner halten das genaue Gegenteil dieses Konzeptes – gemischt genutzte Viertel – für wirklich erfolgreich.“
Bürgerinitiativen vereitelten Mainzer und Wiesbadener Abriss-Gau
Was in Paris der späten 1920er Jahre nicht durchsetzbar war, glückte teilweise jedoch in Nachkriegsdeutschland. Autogerechte, gesichtslos gebliebene Städte wie Ludwigshafen, Gießen, Hanau, Offenbach, Kassel und viele andere wiederaufgebaute Orte zeugen bis heute noch von einer rein funktionalen Städteplanung, in der Schönheit keinen Platz hatte.
Mainz, welches im Krieg zu 80 Prozent zerstört worden war, ist nach 1945 ganz knapp einem Totalabriss seiner noch letzten historischen Bausubstanz entgangen. So sollte Le Corbusier-Kollege Marcel Lods bis auf das unmittelbare Dom-Umfeld sämtliche restliche Altbausubstanz inklusive des noch relativ erhalten gebliebenen Gründerzeit-Viertels „Neustadt“ abreißen und mit Scheibenhäusern (ähnlich den Grindelhäusern in Hamburg) neu bebauen. Mainz sollte Muster einer „Idealstadt der Zukunft“ werden. Nur wegen allmählichen Bedeutungsverlustes der französischen Besatzer konnte 1949 dies eine Bürgerinitiative gerade noch vereiteln.
In Wiesbaden hätte die Stadtregierung fast selbst die Zerstörung ihrer historischen Stadt besorgt. Hier verhinderte Anfang der 1960er Jahre eine Juso-Bürgerinitiative um Jörg Jordan, Achim Exner und Michael von Poser die Umsetzung von Ernst Mays gefeierten Visionen vom „Neuen Wiesbaden“ mit Abriss großer Innenstadt-Areale (Bergkirchenviertel, Schiffchen etc.) sowie wertvoller Villenviertel. Diese „City Ost“ sollte zu einem Verwaltungszentrum mit hohen Gebäuderiegeln und großen Verkehrsachsen nach Mainz und Frankfurt werden. Siehe Beitrag „Hochhäuser am Bierstadter Hang wiesbadener kurier“ vom 14.6.2019.
In der ehemaligen DDR hatte sich der im Bauhaus entwickelte Plattenbau bei der Wohnungsversorgung der Bevölkerung durchgesetzt. Historische Altbausubstanz galt als nicht mehr sanierbar, und durfte als Relikt von feudaler und bourgeoiser Klassenfeind-Architektur dem Verfall preisgegeben werden getreu dem Motto „Ruinen schaffen ohne Waffen“. Wo nicht großflächig abgerissen oder Kirchen wie die Leipziger Paulinerkirche weggesprengt wurden, überließ man die Altstädte weitestgehend ihrem Verfalls-Schicksal!
Verarmung von Form und Vielfalt durch Bauhaus
Wie die Ausstellungsmacher bemerken, führte der internationale (Bauhaus-)Stil, was die Gestaltungsvielfalt anbetrifft, allerorten eher zu einer Verarmung von Form und Vielfalt. So bedauern sie, dass sich durch Bauhaus die Architektur weltweit angeglichen habe: „Ob in der brütenden Hitze der Tropen oder klirrenden Kälte der Arktis – man lebte und arbeitete in einer Schachtel“, kritisieren Sagmeister & Walsh. Dabei nehmen sie insbesondere die sich hierdurch überall gleichsam ausbreitende architektonische Hässlichkeit auf die Schippe: In einem Sichttunnel stellen sie die monoton rein zweckmäßig gestalteten Münchener Einheits-U-Bahnstationen den fantasievollen, jeweils von einem anderen Architekten entworfenen U-Bahnstationen der Moskauer Metro gegenüber. In einem Lautsprecher wird erläutert, dass in Moskau das U-Bahnfahren für viele Menschen zum Erlebnis werde. Viele Leute stiegen gar aus, um Fotos in der zur Touristenattraktion gewordenen Moskauer U-Bahn Fotos zu schießen. In Münchener U-Bahnstationen würde man das nicht beobachten.
Als weiteres Beispiel weltweit identitätsloser Gleichförmigkeits-Architektur zeigen die Ausstellungsmacher 8 nebeneinander gestellte Fotos von internationalen Flughafen-Schalterhallen mit den Worten: „Wenn man von Zürich nach Bangkok und über Xi’an nach Brüssel fliegt … sieht man besser auf dem Ticket nach, wo man gerade ist – an der Flughafenarchitektur erkennt man es nicht.“
Schon ein Topf Farbe kann triste Bauten lebenswerter machen
Richtig Hässliches habe die moderne Architektur den Menschen zugemutet. Wie die Ausstellungsmacher empirisch herausgefunden haben wollen, sei Braun die hässlichste Farbe und das Rechteck die hässlichste Form: Ausgerechnet die braune Schachtelform zählte, so Sagmeister & Walsh, in den letzten 100 Jahren zu den dominantesten Formen der Architektur. Dies wird mit Bildmaterial typischer 1970er Bauten einschlägig belegt und mit einem kackbraunen Rechteck an prominenter Stelle visuell untermauert. Natürlich gäbe es praktische Gründe für rechteckige Formen, womit die Ausstellungsmacher wohl ein wenig an den mit dieser Einfach-Architektur höher erzielbaren Profit anspielen. „Doch wenn wir indigene /historische Architektur betrachten, spielt das Rechteck in fast allen Kulturen eine eher untergeordnete Rolle!“, so die Ausstellungsmacher.
Eintönige, funktionale (Hochhaus-)Architektur wie sie insbesondere auch im Brutalismus (Béton Brut = roher Beton) praktiziert wurde, erzeugen bei Menschen häufig Stress. Es ist bekannt, dass graue Einheitssiedlungen Menschen krank, depressiv und aggressiv machen können. Nicht von ungefähr entstehen die meisten sogenannten Brennpunkt-Viertel inmitten trister Trabanten- und Satelliten-Viertel. Allein schon mit Farbe lassen sich viele hässliche Bauten aufhübschen. Sagmeister & Walsh zeigen dies am Beispiel von Albaniens Hauptstadt Tirana, einer Stadt in traurigem Zustand mit grauen, vor sich hin bröckelnden Häuserblocks. Bereits ein wenig Verschönerung durch Fassaden-Farbe habe bei den Menschen Wunder bewirkt. So beschloss der Bürgermeister Edi Rama Tirana bunt anzustreichen. „Dies führte zu einem Rückgang der Kriminalität und zu steigenden Steuereinnahmen, da die Bevölkerung das Gefühl hatte, die Regierung unternehme endlich etwas“.
Menschen brauchen Natur – Begrünte High-Line
Frappant waren auch die Erkenntnisse über den Einfluss von schöner Umgebung auf die Seele des Menschen nach der Begrünung einer stillgelegten Hochbahn-Trasse im Manhattener Stadtteil West Chelsea 1980. Nachdem die Trasse der stillgelegten Hochbahn aus den 1930er Jahren von den Designstudios DS-R und James Corner Field Operations in einen Hochpark verwandelt wurde, veränderte sich das gesamte Viertel positiv: Sagmeister & Walsh zitieren die New York Times, „dass in den sechs Jahren seit der Eröffnung kein einziges Verbrechen auf der High-Line an die zuständigen Polizeireviere gemeldet wurde.“ Die begrünte High-Line habe es auch geschafft, das Verhalten ihrer Nutzer/innen zu verändern. Trotz Millionen von Besucher/innen, so Sagmeister & Walsh, sähe man nicht weggeworfenes Papier oder leere Getränkedosen.
Wo Menschen gern wohnen und leben
Menschen würden, könnten sie es sich leisten, lieber in schönen Häusern mit viel Grün drumherum wohnen. Schon mit der Lebensreformbewegung Ende des 19. Jahrhunderts kam in England die Idee auf, Gartenstädte zu bauen, damit die Arbeiter gesünder und zufriedener leben. Was 1903 mit der ersten englischen Gartenstadt Letchworth begann, hatte der Architekt und Frankfurter Stadtplaner Ernst May in seiner legendären frühen Phase, in den Jahren 1925 bis 1930, unter anderem mit der Reihenhaussiedlung Höhenblick im Grünen in Frankfurt fortgesetzt. Die schlichte und offene Architektur der heute in Eigentum umgewandelten und weitestgehend sanierten Reihenhäuser gibt bis heute nach Jahrzehnten den Bewohnern noch das Gefühl, in einem Urlaubsparadies zu leben. Siehe hierzu auch HISTORISCHES MUSEUM FRANKFURT: „WIE WOHNEN DIE LEUTE?“ – MIT DEM STADTLABOR DURCH DIE ERNST-MAY-SIEDLUNGEN.
Brachte die funktionale standardisierte und somit erheblich kostengünstigere Bauweise erhebliche Vorteile in der Wohnqualität (Bad, Toilette, Frankfurter Küche, Kohleheizung etc.) kann dies m.E. jedoch leider nicht darüber hinwegtäuschen, dass eben die ersten – aus der Not heraus geborenen – Großsiedlungen der 30er Jahre und der Nachkriegsarchitektur alles andere als schön waren. Vor allem bleibt die Frage, warum in folgenden Zeiten der 1970er Jahre, wo man es eigentlich schon hätte besser wissen können, immer noch mehr triste Satelliten-Städte an den Rändern der Metropolen mit später neuen Brennpunktvierteln entstanden, Hochhaussiedlung, die noch hässlicher und öder waren, als die Nachkriegs-Siedlungsquartiere der 1950er Jahre.
Festhalten an der „Schachtel“
Und obgleich die seit 2007 in Berlin gegründete Bundesstiftung Baukultur unter dem Motto „Räume prägen Menschen, und Menschen prägen Räume“ als unabhängige Einrichtung für eine lebenswerte Baukultur wirbt, die neben sozialen, ökologischen und ökonomischen Bezügen auch eine emotionale und ästhetische Dimension habe, ist von einer tatsächlichen Zeitenwende hin zum fantasievollen menschenorientierten Wohnungsbau recht wenig zu spüren.
Weiterhin muten Architekten beinahe ganz in der Tradition von Bauhaus und dem Reduktionsideal verpflichtet, entgegen ihrer oftmals in blumiger Prospekt-Visualisierungen den Menschen nach wie vor Schuhkarton-Architektur zu. Das neue Frankfurter Europa-Viertel ist eines von unzähligen ähnlichen Beispielen moderner Wohn-Betonwüsten. Auch bei Sanierungen öder Altbausubstanz, z.B. aus den 1970er Jahren bleibt es meistens von der Außenansicht her bei tristen bedrückenden Wohnburgen, die nicht unbedingt im Sinne einer Gartenstadt die menschliche Seele beflügeln. Ein Beispiel: 2019/2020 wurde die Mitte der 1970er Jahre von den Architekten Kraemer, Pfennig und Sieverts (KPS) einst als experimentelle Erweiterungsbauten des Studentendorfs Schlachtensee realisierten und gefeierten tristen Gemeinschaftsbauten mit 351 Wohneinheiten umfangreich saniert. Doch leider wurde auch hier wie immer noch so oft einmal mehr die Chance vertan, der Außenfassade eine anregende Farbe zu gönnen, und das nach 50 Jahren sogenannte Weiterentwicklung in der Baukultur.
So bleibt ein Rätsel, weswegen trotz aller Kritik an der neuen Moderne, etwa des Deutschen Instituts für Stadtbaukunst ( der Düsseldorfer Erklärung über die Europäische Stadt mit Plätzen und Quartieren), weswegen trotz unzähliger Workshops, Bürgerinitiativen usw. weiterhin gnadenlos einfallslos im Schachtel-Stil an menschlichen Lebensbedürfnissen oft vorbei gebaut wird? Denn, ob im Europaviertel in Frankfurt am Main, am Berliner Hauptbahnhof oder in der Bahnstadt von Heidelberg – an solchen Orten will und kann sich kein Stadtgefühl einstellen.
Boomende Altstadtquartiere und historische Tourismusziele zeigen, wo Menschen gerne wohnen würden
Nicht von ungefähr boomen Altbauquartiere wie in Berlin-Prenzlauer Berg, Hamburg-Eppendorf, München-Schwabing, Kölns Belgischem Viertel, Dresden-Neustadt, Leipzig-Waldstrassen-Viertel, Mainz-Neustadt, Wiesbaden, Baden-Baden und in vielen anderen deutschen Städten. Diese gewachsene, häufig liebevoll restaurierten Quartiere mit wunderbaren stuckverzierten Altbauwohnungen bis hin zum alternativen Flair bieten all das, was sich Menschen an lebendiger, facettenreicher Urbanität wünschen. Da bislang nicht adäquat ausreichend neugebaut wird, explodieren in diesen Szene-Vierteln die Preise, so dass sich mittlerweile oft nur Besserverdienende oder „Erben“ diese Lagen leisten können. So ist verständlich, wenn es in diesen Vierteln immer häufiger zu Protesten gegen Spekulation und Gentrifizierung kommt. Diese „Abstimmung mit den Füßen“ unterstreicht aber doch noch einmal mehr und eindrucksvoll den starken Wunsch der Menschen, in welcher Umgebung lieber leben würden. Und zeigt nicht auch der großartige Erfolg der teilrekonstruierten Frankfurter Altstadt einmal mehr für welche Art von Quartieren die Herzen der Menschen schlagen?
Blick in die Tourismus-Prospekte
Dass Menschen nach dem Schönen streben, ist Stadtoberen und Planern bekannt. Das belegt allein ein Blick in Tourismusprospekte der Städte. Hierin wird verständlicherweise nur mit außergewöhnlichen, mit besonders schönen oder historischen oder rekonstruierten Bauten und Plätzen geworben.
Selbst die im Krieg schwer zerstörte, einstmals wunderschöne barocke Residenz- und spätere Bauhaus-Stadt Dessau, vermeidet in ihren Prospekten mit dem hässlichen Charme ihre DDR-Platte und abhanden gekommenen Stadtzentrums zu werben. Dessauer Prospekte bilden nur das „Schöne“ in Dessau ab, etwa das inzwischen zum UNESCO-Weltkulturerbe erklärte Bauhaus-Gebäude von Walter Gropius sowie die in parkähnlichen Kiefernwäldchen eingebetteten rekonstruierten Meisterhäuser sowie die wenigen vorzeigbaren historischen Bauten, wie zum Beispiel das wiederaufgebaute Rathaus.
Schön bauen heißt nicht „zurück zur Gründerzeit“
Um „schön“ zu bauen, muss kein Architekt zurück zu Gründerzeit oder mittelalterlichen Fachwerkstil. Sagmeister & Walsh zeigen, wie sich Architektur auch formschön weiterentwickeln kann am Beispiel von sechzig Gebäuden in Et Atto (höchstgelegene Stadt der Welt) des bolivianischen Architekten Freddy Mamani. Er kombiniert indigenen Stil, Art déco und Lad Vegas Glamour miteinander.
Und wer liebte nicht Hundertwasser-Häuser oder die fantastischen Gebäude des katalanischen Architekten Antoni Gaudís. Diese allesamt zu touristischen Attraktionen aversierten Bauten zeigen, wie sich Architektur formschön weiterentwickeln kann.
Die positive Wirkung von „Schönheit“
Schönes wirkt nachweislich unmittelbar auf die Dopamin-Rezeptoren und auf das Empfinden, weswegen „Schönheit“ und „schöne“ Gestaltung durchaus auch funktionell verstanden werden, so Sagmeister & Walsh. Es ist ja hinlänglich bekannt, dass schöne Menschen schon von Kleinkindern als angenehmer und liebenswürdiger empfunden werden, und die Werbung sich diesen Umstand zunutze macht. „Zu den wichtigsten Merkmalen für visuelle Attraktivität zählen Symmetrie, Einfachheit, Balance, Klarheit, Kontrast und Proportionen“. Allerdings sei kein Objekt per se in dieser Ausstellung schön, da Schönheit in unserem Kopf entstünde. Wie schön Menschen ein Objekt empfinden hängt eben damit zusammen, wie vertraut es uns ist, der Kontext, in dem wir dem Objekt begegnen, unsere individuelle Vorgeschichte, unsere Bildung, Sozialisation und Kultur.
Beispiele aus allen Epochen der Menschheitsgeschichte lassen im Ausstellungsbereich „Die Geschichte der Schönheit“ keinen Zweifel am historischen Begehren nach Schönheit.
Im Kapitel „Im Auge des Betrachters“ werden bemerkenswerte Ähnlichkeiten in verschiedenen Kulturen und Zeitepochen aufgespürt, die belegen, dass ästhetisches Empfinden weniger subjektiv ist als gemeinhin angenommen. Wie universell das Schönheitsempfinden ist, verdeutlicht unter anderem die Visualisierung von Untersuchungen von Chris McManus, Psychologe am University College London: 85 Prozent der Proband*innen können auf Anhieb ein Werk von Piet Mondrian von der leicht abgeänderten Fälschung unterscheiden. Einmal mehr laden Sagmeister & Walsh hier zur Interaktion ein: Die Eintrittskarte, die man beim Kauf an der Kasse erhält, ist mit geprägten Münzen versehen, die auch zum Abstimmen über Lieblingsformen, –farben und –gerüche eingesetzt werden können. Insbesondere um Farbwahrnehmung geht es in The Color Room. Der mit intensiven, blau-rosafarbenen Mustern überzogene Raum wird regelmäßig mit einem speziellen Licht beleuchtet, das bestimmte Farbtöne grau erscheinen lässt. Farbigkeit wird gemeinhin als schöner empfunden.
Schönheit hat auch ein transformatorisches Potenzial, die Welt zu verbessern, wie im Ausstellungsbereich „Transformierende Schönheit“ verdeutlicht wird. Das zeigt unter anderem die Installation From Garbage to Functional Beauty: Der französische Designer Thierry Jeannot schafft gemeinsam mit mexikanischen Müllsammler*innen einen wunderschönen Kronleuchter aus Plastikmüll. Mit der VR–Installation Tyranny of the Tool, entwickelt von Florian Hönig und Michael Sänger von Unbound Technologies, können Besucher*innen ihre ganz eigene Skulptur im virtuellen Raum erschaffen.
Die Ausstellung Beauty, deren Titel zunächst vielleicht eher an Kosmetik oder Modepräsentation denken lässt, ist absolut empfehlenswert. Man sollte sich Zeit lassen, eventuell zweimal in die Ausstellung gehen: Ein erstes Mal, um einen Eindruck zu bekommen und die Themen aufzunehmen. Insgesamt warten auf Besucher 70 Objektgruppen. Sie sind untergliedert in sechs Ausstellungsthemen: „Was ist Schönheit?“, „Die Geschichte der Schönheit“, „Im Auge des Betrachters“, „Schönheit erleben“, „Transformierende Schönheit“ und „Contemplating Beauty“.
Bereits im fünfzehnten Jahr bringt der Deutsche Buchpreis deutschsprachige Literatur ins Gespräch wie kaum eine andere Auszeichnung und gewinnt damit die Aufmerksamkeit der Leser wie Literaturkritiker gleichermaßen. Die Shortlist-Veranstaltung knüpft an diesen Erfolg an: Zum zwölften Mal präsentieren das Kulturamt Frankfurt am Main und das Literaturhaus Frankfurt in Kooperation mit der Stiftung Buchkultur und Leseförderung des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels, die den Preis vergibt, die Autoren der Shortlist des Deutschen Buchpreises vor der Preisverleihung Mitte Oktober. Die Finalisten, die in diesem Jahr in der Endauswahl für den deutschsprachigen Roman des Jahres stehen, stellen sich am 29. September – nach dem großen Erfolg im letzten Jahr – auch in diesem Herbst im Großen Haus des Schauspiel Frankfurt in Lesungen und Gesprächen vor. Der „Shortlist-Abend“ ist für das Frankfurter Publikum die Chance, die Nominierten des Deutschen Buchpreises im Vorfeld der Preisverleihung zu erleben. Die Moderationen übernehmen Maike Albath (freie Kritikerin), Anna Engel (hr2-kultur) und Christoph Schröder (freier Kritiker).
Karten zum Preis von 18 € / erm. 12 € gibt es im Vorverkauf des Schauspiel Frankfurt am Willy-Brandt-Platz ab 19. August 2019 (oder online unter www.schauspielfrankfurt.de, Tel.: 069 – 212 49494), evtl. Restkarten sind eine Stunde vor Vorstellungsbeginn an der Theaterkasse erhältlich.
Eine gemeinsame Veranstaltung von Kulturamt Frankfurt am Main und Literaturhaus Frankfurt in Kooperation mit dem Schauspiel Frankfurt. Partner ist die Stiftung Buchkultur und Leseförderung des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels. Medienpartner ist hr2-kultur. Zu hören sind die einzelnen Lesungen dort vom 07.10. bis 12.10.2019 jeweils um 09:30 Uhr.
Nur wenige Künstler/innen beherrschen ihr handwerkliches Metier so perfekt und virtuos wie die freischaffende, 1969 in Pskow (Russland) geborene und dort ausgebildete Malerin und Biologin Julia Belot. Ihre Nähe und Liebe zur Natur spricht praktisch aus jedem ihrer Bilder, die überwältigend präzise und poetisch sind und zugleich impressionistisch offen bleiben. Ein zusätzlicher besonderer Anspruch der Künstlerin dabei ist, dass ein Botaniker die Pflanzen auf ihren Bildern sofort erkennen können soll. Dies macht jedes Bild zusätzlich zu einer wissenschaftlichen Malerei.
Die kleine, aber feine Ausstellung WÖLFE, KINDER, FINGERHUT wird eröffnet am Freitag, 12.07.2019 um 18:30 Uhr Faulbrunnenstraße 5, 65183 Wiesbaden
Ausstellungsdauer: 12.07. bis 30.07.2019 Die Ausstellung ist samstags geöffnet von 12-15 Uhr oder nach telefonischer Vereinbarung
Oestrich-Winkel, 19.06.2019 – Das Rheingau Musik Festival organisiert seine Führungsebene neu: Ab sofort wird Marsilius Graf von Ingelheim Geschäftsführer beim Rheingau Musik Festival. Michael Herrmann bleibt Intendant und Geschäftsführer (Vorsitzender) und Claus Wisser Vorsitzender des Festival-Fördervereins.
Michael Herrmann: „Das Rheingau Musik Festival habe ich vor 32 Jahren mit Claus Wisser und einigen Freunden gegründet und habe mich seitdem als Geschäftsführer und Intendant um alle Geschäftsbereiche des Festivals gekümmert. Ich freue mich, dass Marsilius Graf von Ingelheim in die Geschäftsführung eintritt und Teile der operativen Verantwortung übernehmen wird. Er ist seit zwei Jahren im Unternehmen tätig, kennt das Festival seit vielen Jahren und treibt erfolgreich die Digitalisierung und die Wachstumsstrategie des Festivals und seiner angeschlossenen Konzertreihen voran. Dieser Schritt stimmt mich sehr zuversichtlich, dass wir die Zukunft des Festivals gemeinsam erfolgreich gestalten können.“
Marsilius Graf von Ingelheim ist bereits Geschäftsführer der Wiesbaden Musik GmbH.
Das Rheingau Musik Festival zählt zu den führenden Musikfestivals in Europa. Am Samstagabend wird das 32. Rheingau Musik Festival von einem Solistenensemble, dem MDR Rundfunkchor und dem hr-Sinfonieorchester unter der Leitung von seinem Chefdirigenten Andrés Orozco-Estrada im Kloster Eberbach mit dem „Stabat mater“ von Antonín Dvořák eröffnet. 148 Konzerte stehen an 37 verschiedenen Spielstätten bis zum 31. August auf dem Festivalprogramm. 85 Konzerte sind restlos ausverkauft. Von den 123.100 angebotenen Karten wurden bisher über 100.000 Karten vergeben (davon kauften die Mitglieder des Rheingau Musik Festival e.V. 30.000 Karten, knapp 10.000 Karten gingen an Sponsoren, Künstler und Pressevertreter, 60.000 Karten an weitere Festivalbesucher). 23.000 Karten sind noch zu erwerben.
Das Eröffnungskonzert wird am 22. Juni live in hr2-kultur übertragen.
Das Konzert im Internet: Video-Livestream am 23. Juni 2019 auf www.hr-sinfonieorchester.de und www.rheingau-musik-festival.de. Das Konzert im Fernsehen: Samstag, 6. Juli 2019, 20.15 Uhr (3sat) und Sonntag, 7. Juli 2019, 7.25 Uhr (hr-fernsehen).
Der Leitgedanke des Rheingau Musik Festivals 2019 lautet „Courage“. Als Artist in Residence zeigt Daniil Trifonov beim Rheingau Musik Festival in sechs Veranstaltungen mit Musik von Beethoven bis Arvo Pärt sein ganzes Können. Die Sopranistin Christiane Karg wird als Fokus-Künstlerin in acht Veranstaltungen mit Musik von Mozart bis Smith zu erleben sein. Als Fokus Jazz-Künstler präsentiert Curtis Stigers beim Rheingau Musik Festival in vier Veranstaltungen seine ganze musikalische Raffinesse u. a. mit Till Brönner, Larry Goldings und dem Stuttgarter Kammerorchester. Die Deutsche Kammerphilharmonie Bremen ist das erste Orchestra in Residence des Festivals und wird in vier Konzerten mit Musik von Bach bis Tschaikowski auf dem Podium zu hören sein. Daneben stehen in diesem Jahr die Themenschwerpunkte „Next Generation“ und „Jazz & more“ im Vordergrund.
Die gesamte Region wird ein großes Podium für kulturelle Ereignisse von Weltrang mit Stars der internationalen Klassikszene, interessanten Nachwuchskünstlern bis hin zu Jazz, Kabarett und Weltmusik. Einmalige Kulturdenkmäler wie Kloster Eberbach, Schloss Johannisberg oder Schloss Vollrads oder auch pittoreske Weingüter werden zu Musentempeln. Das Festival zeichnet sich durch seine Finanzierung durch Sponsoren bei äußerst geringen öffentlichen Zuschüssen aus. Musikalische Highlights des internationalen Musiklebens mit einem ausgeprägten regionalen Bezug zu verknüpfen macht das unverwechselbare Profil des Rheingau Musik Festivals aus.
Auf der Festivalwebsite ist täglich der aktuelle Kartenvorverkaufsstand abrufbar. Es lohnt sich immer auch kurzfristig bei als ausverkauft gekennzeichneten Konzerten beim Vorverkauf anzurufen und nach Restkarten zu fragen.
Kartenvorverkauf:
Rheingau Musik Festival Servicegesellschaft mbH & Co. KG
Postfach 1125
65367 Oestrich-Winkel
Karten- und Infoline 06723 / 60 21 70 https://www.rheingau-musik-festival.de
Weitere Vorverkaufsstellen:
Tourist Information Wiesbaden
Marktplatz 1, 65183 Wiesbaden
Telefon: +49 (0) 611 / 1729 – 930
(Direktverkauf zzgl. Vorverkaufsgebühr)