WERKSCHAU RUTH BECKERMANN
Filmreihe in Kooperation mit dem Jüdischen Museum Frankfurt
Donnerstag, 4. April, bis Donnerstag, 27. April
Ruth Beckermann zu Gast: Donnerstag, 6. April, 20:15 Uhr (mit Ina Hartwig) und Freitag, 7. April, 20:15 Uhr
Ruth Beckermann, geboren 1952 in Wien, arbeitet seit 40 Jahren als Dokumentarfilmerin. Ihr Name steht über die Grenzen Österreichs hinaus für ein politisches, ungemein sensibles Kino. Sie war zunächst als Journalistin tätig und ist Mitbegründerin des Filmverleihs Filmladen in Wien. Ihre Filmarbeit beginnt 1976 als Teil eines unabhängigen Filmkollektives, das politische Filmarbeit machen wollte. Mit WIEN RETOUR (AU 1983) beginnt eine neue Phase der Beschäftigung mit Film.
Gemeinsam ist all ihren Filmen eine Auseinandersetzung mit der Geschichte entlang der genauen Beobachtung gegenwärtiger Konstellationen. Etwa bei ihrer Beschäftigung mit Österreich, dem Judentum und Fragen nach der persönlichen und kollektiven Identität beziehungsweise deren Brüchen.
Als scharfe Beobachterin befasst sich die Filmemacherin in ihren neueren Werken mit dem Zustand der Welt: Sie reist durch Europa und rund um das Mittelmeer, lässt sich scheinbar vom Zufall leiten und weckt so Lust auf unbekannte Orte und noch viel ungewöhnlichere Begegnungen. 2016 widmete sie sich mit DIE GETRÄUMTEN (AU 2016) der besonderen Begegnung zwischen Paul Celan und Ingeborg Bachmann.
Dienstag, 4. April, 20:30 Uhr
WIEN RETOUR. FRANZ WEST. DIE JAHRE 1924 1934
Österreich 1983. R: Ruth Beckermann
Dokumentarfilm. 95 Min. 16mm
WIEN RETOUR ist der erste Teil einer Trilogie (mit DIE PAPIERENE BRÜCKE und NACH JERUSALEM) von Filmen über jüdisches Leben. Franz West, ehemals Weintraub (1909-85), erinnert sich an seine Jugend in Wien von 1924 bis 1934, an die vielfältige jüdische Bevölkerung, an sein Engagement in der Arbeiterbewegung des Roten Wien und an das Aufkommen von Austrofaschismus und Nationalsozialismus. Verwoben mit fotografischen und filmischen Dokumenten aus der Zeit vermittelt sich ein Schicksal, das auf seine Weise einzigartig und individuell ist und insbesondere auch von der eindrücklichen Erzählung seines Protagonisten lebt.
Donnerstag, 6. April, 20:15 Uhr
DIE GETRÄUMTEN
Österreich 2016. R: Ruth Beckermann
D: Anja Plaschg, Laurence Rupp. 89 Min. DCP
Der langjährige Briefwechsel zwischen Ingeborg Bachmann und Paul Celan steht im Zentrum dieses „Liebesfilms: Ein junges Schauspielpaar, Anja Plaschg und Laurence Rupp, trifft sich in Wien in einem Tonstudio, um aus den Briefen zu lesen. Die Texte zeugen von dramatisch schwankenden Gefühlen, von Rausch und Verlustangst, Entzücken und Erschrecken, Nähe und Fremd-heit und spiegeln sich in den Gesichtern der lesenden Schauspieler wider.
Zu Gast: Ruth Beckermann und Ina Hartwig
Freitag, 7. April, 20:15 Uhr
DIE PAPIERENE BRÜCKE
Österreich 1987. R: Ruth Beckermann
Dokumentarfilm. 95 Min. DCP. Dt/heb./jidd. OmU
Ruth Beckermanns Reise durch ihre Familiengeschichte erzählt zugleich von den mitteleuropäischen Juden und der Geschichte einer Region. Die Reise führt sie von Wien, wo ihre Großmutter den Krieg überlebte und wohin ihre Mutter aus Israel zurückkehrte, in die Landschaft Osteuropas, die von der Vernichtung der Juden zeugt. Bert Rebhandl schrieb 2007: „Ruth Beckermann sucht für sich und andere Kinder der Überlebenden, für die zweite Generation der österreichischen Juden nach der Shoah, eine Antwort auf die Frage: Wer sind wir?… Die papierene Brücke des Films führt die Filmemacherin zu sich selbst zurück: in einer Fotografie aus Kindertagen.
Zu Gast: Ruth Beckermann
Sonntag, 9. April, 18 Uhr
NACH JERUSALEM
Österreich 1991. R: Ruth Beckermann
Dokumentarfilm. 85 Min. 16mm. OmeU
„Auf der Straße von Tel Aviv nach Jerusalem. Ein dokumentarisches Road-Movie: Lastwagen, Tankstellen, Bauarbeiter, Soldaten, russische Einwanderer, Taxichauffeure, Sicherheitswachen … Auf nur 60 Kilometern Begegnungen mit verschiedenen Landschaften und persönlichen Geschichten, so hat Ruth Beckermann selbst ihren Film beschrieben. Während der Reise auf dieser historisch und mythisch beladenen Strecke stellt sich die Filmemacherin die Frage, was aus dem Traum von der jüdischen Heimat geworden ist.
Dienstag, 11. April, 20:30 Uhr
JENSEITS DES KRIEGES
Österreich 1996. R: Ruth Beckermann. Dokumentarfilm. 117 Min. DCP
Weißgekachelte Räume, Neonlicht, an den Wänden Schwarzweiß-Fotografien der Wehrmachtsausstellung „Vernichtungskrieg während ihrer Station in Wien. Beckermann nutzt die Gelegenheit, ehemalige Soldaten an einem öffentlichen Ort mit den Verbrechen, die die deutsche Armee im Süden und Osten Europas begangen hat, zu konfrontieren. Dabei schließt sie jegliches Vorgespräch aus und zeigt auch konsequent nicht die Bilder der Ausstellung. Es geht ihr um die Gegenwart, um die Erinnerung und den Umgang mit ihr.
Donnerstag, 13. April, 18 Uhr
Freitag, 14. April, 20:30 Uhr
EIN FLÜCHTIGER ZUG NACH DEM ORIENT
Österreich 1999. R: Ruth Beckermann
Dokumentarfilm. 82 Min. 35mm
Ruth Beckermann macht sich auf die Suche nach Elisabeth, Kaiserin von Österreich (1837 bis 1898), die ihren Platz im Korsett der Gesellschaft nicht einnehmen wollte und so einen Mythos entstehen ließ, der sie als schwankend zwischen mädchenhafter Cinderella und depressiver Marionette der Monarchie zeichnet. Auszüge aus Briefen der Kaiserin, ihres Gatten und ihres Vorlesers treffen auf scheinbar beiläufig eingefangene, tatsächlich aber konzentriert komponierte Bilder Kairos, wo die Kaiserin selbst zwei Mal weilte. Beckermann verwirklichte eine filmische Reflexion über die Fremde, über die Macht und die Grenzen der Bilder, über Mythos und Wirklichkeit.
Sonntag,16. April, 18 Uhr
Donnerstag, 20. April, 18 Uhr
HOMEMAD(E)
Österreich 2001. R: Ruth Beckermann
Dokumentarfilm. 85 Min. DCP
Die Marc-Aurel-Straße im 1. Wiener Bezirk. Ruth Beckermann reist vor die eigene Haustür und erkundet ihre Umgebung mit der Kamera. Da sind der letzte jüdische Händler im ehemaligen Textilviertel, ein iranischer Hotelier und das Café Salzgries. Über die Erzählungen der Menschen, die hier leben und arbeiten, bildet sich sowohl der Alltag als auch die Vergangenheit ab, die sich mit Beckermanns Erinnerungen verknüpfen und die Schicksale jüdischer Verfolgter wiedergeben. Zugleich ist der Film ein Dokument der politischen Wende, die mit der Regierungsbeteiligung der extrem rechten FPÖ eintrat.
Montag, 17. April, 18 Uhr
AMERICAN PASSAGES
Österreich 2011. R: Ruth Beckermann
Dokumentarfilm. 120 Min. 35mm. OmU
Die Frage nach dem Zustand Amerikas treibt Ruth Beckermann von New York aus quer über den Kontinent, durch elf Bundesstaaten in Wohnblöcke, wo die Menschen viele Kinder und wenig Geld haben, auf Partys, in Gefängnisse und zu Memorials, in Privathäuser, die von der Pfändung bedroht sind, in Gerichtssäle, Universitäten, in ein Casino. Und an die vielen Nicht- Orte dazwischen: Diner, Tankstellen, Highways. Sie führt Gespräche über den Irakkrieg, über Alltag, Träume, Utopien. Herausgekommen ist ein Passagenwerk, eine Projektionsfläche, die von den Kinobesucher/innen mit eigenen Amerikabildern bespielt und ergänzt wird.
Mittwoch, 19. April, 20:30 Uhr
Sonntag, 23. April, 18 Uhr
ZORROS BAR MIZWA
Österreich 2006. R: Ruth Beckermann
Dokumentarfilm. 90 Min. DCP. Dt./engl./heb. OmU
Der Film begleitet vier zwölfjährige Jugendliche in Wien, Tom, Sharon, Moishy und Sophie, die sich auf ihre Bar Mizwa vorbereiten. Ein religiöses Zeremoniell, das einen Schnitt und einen Übergang im Leben markiert und Gelegenheit für ein großes Fest mit Familie und Freunden bietet. Zugleich ist ZORROS BAR MIZWA ein Film über das Wiener Judentum in seiner gesamten ethnischen und religiösen Vielfalt: Moishy kommt aus einer orthodoxen Familie, Sharon hat georgische Eltern mit sephardischen Wurzeln, Sophies Familie ist völlig assimiliert, und Tom hat einen jüdischen und einen nicht-jüdischen Elternteil.
Mit Einführung von Kathrin Schön (Jüdisches Museum) am Sonntag, 23 April
Freitag, 21. April, 20:30 Uhr
Donnerstag, 27. April, 18 Uhr
THOSE WHO GO THOSE WHO STAY
Österreich 2013. R: Ruth Beckermann
Dokumentarfilm. 75 Min. DCP
Der Film erzählt vom Unterwegssein in der Welt und im eigenen Lebenslauf. Beckermann greift eine Reihe von Motiven ihrer bisherigen Arbeiten auf, fügt neue hinzu, verwebt ihr privates und politisches Interesse mit einer allgemeineren Bewegung: der der Migration, der Veränderung, der Fremde. Das führt sie kreuz und quer durch Europa und rund ums Mittelmeer: nigerianische Asylwerber/innen in Sizilien, gealterte Emigrant/innen in Paris, die jungen verschleierten Frauen von Alexandria, der arabische Musiker im Gelobten Land. Fäden, Tücher und Textilien tauchen immer wieder auf wie Lesezeichen in einem Gewebe aus Reise- und Fluchtbewegungen.