Häuserwände werden zu Leinwänden: Kurzfilmspaziergang mit Hamburger Künstlergruppe in Offenbach am Main // Pop Up Auto und Freiluftkino mitten in Wiesbaden // Filmischer Sprachkurs in der Caligari FilmBühne // Kurzfilme auf Tour im Rhein Main Gebiet
goEast – Festival des mittel- und osteuropäischen Films befasst sich seit jeher über den filmischen Tellerrand hinaus mit den Kulturen seiner Fokusregion. In der Veranstaltungsreihe „Paneuropäisches Picknick“ steht die Kultur Mittel- und Osteuropas an außergewöhnlichen Orten erneut im Mittelpunkt; und zwar im gesamten Rhein-Main-Gebiet.
Kurzfilmwanderung durch Offenbachs Innenstadt
Am Samstag, den 28. August, ist die Hamburger Künstlergruppe „A Wall Is A Screen“ erneut im Rhein-Main-Gebiet zu Gast. Bei einem abendlichen Spaziergang werden Gebäudefassaden in Leinwände verwandelt und bislang (un)bekannte Orte in ein ganz neues Licht gerückt. In diesem Jahr führt die Kurzfilmwanderung durch die Innenstadt von Offenbach am Main. Das Filmprogramm bleibt geheim, wird aber für diesen besonderen Abend speziell ausgewählt und zu einer einmaligen Stadterkundung zusammengeführt.
A Wall is a Screen war bereits im vergangenen September in Wiesbaden-Klarenthal unterwegs. Mit seiner Idee ist der Verein in ganz Deutschland und international aktiv und begeistert das Publikum jedes Mal aufs Neue für den Kurzfilm an ungewöhnlichen Orten. Das Publikum versammelt sich um 21:00 Uhr auf dem Platz vor dem Café am Rathaus in Stadthof 18, Offenbach am Main. Der Eintritt ist frei.
Pop-Up Autokino auf dem Dern’schen Gelände
In der darauffolgenden Woche wird das Dern’sche Gelände mitten in Wiesbaden zu einem ganz speziellen Ort für Filmkunst umgewandelt. Dort, wo sonst der Wochenmarkt stattfindet, baut goEast ein Pop-Up Autokino auf. Das Publikum kommt nicht mit dem eigenen PKW, sondern bucht bis zu drei Plätze in einem der CarSharing Autos von stadtmobil RheinMain. Wer lieber unter freiem Himmel sitzt, kann es sich hingegen in einer Strandliege bequem machen. Der Ton wird mittels Funk an Kopfhörer übertragen. Von Mittwoch, 1. September, bis Freitag, 3. September, sind drei Film-Highlights aus dem Festivalprogramm auf der großen Leinwand zu sehen.
Am Mittwochabend ist der vielfach preisgekrönte Eröffnungsfilm der 21. Festivalausgabe von goEast-Stammgast Adilkhan Yerzhanov zu sehen. In der schwarzen Komödie YELLOW CAT wird der Wunsch des Protagonisten und Ex-Sträflings, in den Bergen seiner kasachischen Heimat ein Kino zu eröffnen, zum perfekten Sinnbild für die lang gehegte Hoffnung der Festivalmacher:innen, das eigene Programm auf großen Leinwänden zu zeigen. Am Donnerstagabend geht es zu den Sternen: Der lyrische Dokumentarfilm SPACE DOGS von Elsa Kremser und Levin Peter geht auf die Spurensuche nach Laika, dem ersten Hund im Weltall, deren Geist in den Straßenhunden Moskaus weiterleben soll – so die Legende. Den Abschluss macht am Freitag, 3. September, die Party-Doku HERE WE MOVE, HERE WE GROOVE von Sergej Kreso mit Balkan-Beats, guter Laune aber auch ernsten Tönen – Protagonist ist der bekannte Musiker, Produzent und Partymacher Robert Šoko. Der Vorverkauf startet am 20. August über www.filmfestival-goEast.de und an der Kinokasse der Caligari FilmBühne.
Caligaris FilmBühne zum Schnupperkurs in Georgisch
Am Montagabend, 6. September, bietet goEast erneut einen besonderen Sprachschnupperkurs an. In Zusammenarbeit mit dem Kulturverein Georgica e.V. wird in der Caligari FilmBühne ein Schnupperkurs in Georgisch angeboten. Vorab wird der biografische Animationsfilm REZO über den im Juli diesen Jahres verstorbenen Theaterregisseur, Drehbuchautor und Künstler Rezo Gabriadze gezeigt. Im Ticketpreis sind sowohl der Film als Kursteilnahme enthalten.
Kurzfilm-Tour durch die Programmkinos im Rhein-Main-Gebiet
Die acht Kurzfilme des RheinMain Kurzfilmpreis waren bereits online zu sehen. Das Programm geht mit eigens für das hiesige Publikum produzierten deutschen Untertiteln auf Tour durch die Programmkinos im Rhein-Main-Gebiet. Zu sehen sind die in den kommenden Wochen Filme in Wiesbaden, Frankfurt, Darmstadt, Gießen und Mainz. Die aktuellen Termine finden Sie online unter www.filmfestival-goEast.de.
Paneuropäisches Picknick
Der Kulturfonds Frankfurt RheinMain fördert die Veranstaltungsreihe Paneuropäisches Picknick im Rahmen des Programms Kultur. Macht. Identität. zum dritten Mal in Folge. Während der Festivalwoche im April wurde der überwiegende Großteil des Programms online angeboten, doch die Begegnungsstätten des Rahmenprogramms eigneten sich am besten als Offline-Konzepte, so war etwas der Ost-Kiosk in der Festivalwoche vor den Toren des Nassauischen Kunstvereins bereits ein Ort zur Begegnung und zum Kennenlernen mittel- und osteuropäischer Kulturen „tief im Westen“.
Alle Veranstaltungen finden gemäß der aktuellen Verordnungen der zuständigen Gesundheitsämter und der Hygienekonzepte des DFF statt.
Der Dokumentarfilm THIS RAIN WILL NEVER STOP (Ukraine, Lettland, Deutschland, Katar 2020, Regie: Alina Gorlova) gewinnt die Goldene Lilie, den auf 10.000 Euro dotierten Hauptpreis der 21. Ausgabe von goEast – Festival des mittel- und osteuropäischen Films in Wiesbaden. Die internationale Jury unter dem Vorsitz von Saodat Ismailova begründete ihre Entscheidung damit, dass Alina Gorlova durch den gewagten Einsatz filmischer Stilelemente den Blick auf einen jungen Mann richtet, der sich in den Konfliktwelten in Syrien und Donbass gefangen sieht. „Gorlovas Vision, äußerlich stoisch und voller Empathie, überschreitet einfache Grenzen, indem sie Bild und Ton als sensorische Erfahrung nutzt“, ergänzt die Jury.
Nahezu alle ursprünglich wieder für das Kino geplanten 92 Festivalfilme aus 38 Ländern mit 32 Deutschlandpremieren und zwei Weltpremieren hat das vom DFF – Deutsches Filminstitut & Filmmuseum veranstaltete goEast in seiner 21. Ausgabe in den digitalen Raum verlagert. Für die zweite Pandemie-Ausgabe von goEast war es den Festivalmacher:innen allerdings nicht genug, ausschließlich eine Mediathek anzubieten. Mitten in Wiesbaden florierte ein Festivalzentrum hinter verschlossenen Türen, das unter Einhaltung von strengen Hygieneauflagen genug Platz für Festivalgäste, zwei Festivalstudios, eine Corona-Teststation des Deutschen Roten Kreuz und eine Action-Art Performance von Dan Perjovschi bot. Auch war es Festivalbesucher:innen im Rahmen des Public Distancing-Programms möglich, den goEast Ost-Kiosk vor dem Nassauischen Kunstverein zu besuchen und sich dort nicht nur mit etwas Verpflegung zwischen den On Demand Streams einzudecken, sondern auch das ein oder andere bunte Blatt aus Mittel- und Osteuropa zu entdecken.
Juja Dobrachkous erhält für ihr Werk BEBIA, À MON SEUL DÉSIR (Georgien, Großbritannien 2020) den auf 7.500 Euro dotierten Preis der Landeshauptstadt Wiesbaden für die Beste Regie. Die Jury würdigt ihren Mut, die Geschichte aus den Augen einer jungen georgischen Frau zu erzählen und dabei Vorurteile, die der Vergangenheit angehören, als generationsübergreifendes Heilmittel zu nutzen. Die visuelle Sprache des Films erschaffe eine individuelle Welt, die die Charakterbilder untermauert und die Handlung vertieft.
Der Film HOW I BECAME A PARTISAN (Slowakische Republik, Tschechische Republik 2021, Regie: Vera Lacková) hat bei goEast seine Weltpremiere gefeiert und kann sich nun schon über seine erste Auszeichnung freuen: den auf 4.000 Euro dotierten Preis für Kulturelle Vielfalt. Der Film „entwickelt sich zu einer bewegenden, persönlichen Reise durch eine nahezu unbekannte Geschichte. Indem sie den Überlebenskampf ihrer Familie während des Zweiten Weltkriegs mit ihren eigenen Erfahrungen als Roma-Angehörige in der heutigen Zeit verbindet, schafft Vera Lacková ein Bild, das in all seinen Aspekten menschlich ist, ohne falsche Kategorisierungen, und das sowohl die Freude an der Familie als auch den Schmerz der systematischen Verfolgung offenbart“, erklärt die Jury.
Mit einer lobenden Erwähnung hat die Jury CHUPACABRA (Russland 2020, Regie: Grigory Kolomytsev) dafür bedacht, dass der Film als „bemerkenswertes Spielfilmdebüt mit einer klaren Inszenierung und einer wunderbar poetischen Klangkulisse das schon zur Gewohnheit gewordene Verständigungsproblem zwischen Erwachsenen und Kindern offenbart und dabei eine bemerkenswerte schauspielerische Leistung aus dem jungen Protagonisten herausholt.“
Festivalleiterin Heleen Gerritsen freut sich, dass die internationale Jury die drei Hauptpreise des Wettbewerbs an Filmemacherinnen vergeben hat: „Unsere Wettbewerbssektion ist traditionell mit einer Vielzahl großartiger Regisseurinnen vertreten, das ist in diesem Jahr nicht anders. Ob die bereits genannten: Alina Gorlova, Juja Dobrachkous oder Vera Lacková, aber auch alle nicht erwähnten: Lili Horvát, Nora Martirosyan und Marta Popivoda – sie alle tragen zu einem mittel- und osteuropäischen Filmbild bei, das seine Ketten festgefahrener Strukturen und überholter Rollenbilder sprengt. Ich gratuliere allen Preisträger:innen und freue mich auf den Tag, an dem wir ihre Filme wieder gemeinsam und im engen Austausch im Kino erleben dürfen.“
Der Preis der Internationalen Filmkritik FIPRESCI in der Kategorie Spielfilm geht ebenfalls an BEBIA, À MON SEUL DÉSIR (Georgien, Großbritannien 2020). „BEBIA, À MON SEUL DÉSIR ist in seinem ästhetischen und erzählerischen Konzept ein gelungener Coming-of-Age-Film. Aus der Sicht seiner jugendlichen Protagonistin Ariadna, die während einer ungewöhnlichen, mythenbasierten Beerdigung ihrer Großmutter von ihrer Kindheit heimgesucht wird, gelingt Juja Dobrachkous eine originelle Mischung aus Ariadnas Erlebnissen in zahlreichen Rückblenden und den familiären Spannungen, die die Trauerrituale begleiten.“ In der Kategorie Dokumentarfilm gewinnt PLEASE HOLD THE LINE (Österreich 2020, Regie: Pavel Cuzuioc), der „intensive menschliche Beziehungen zeigt, die normalerweise wie einfache alltägliche Interaktionen erscheinen. Er schafft ein tieferes Verständnis für die dargestellte Welt, indem er uns auf eine Reise durch vier europäische Länder mitnimmt und zahlreiche spontane Situationen aufzeichnet. In einem filmischen Raum, der den unterschätzten Berufen im Kommunikationsdienst gewidmet ist, wird uns auch bewusst, dass wir vielleicht zu oft glauben, dass nur Psychologen oder enge Freunde intime Monologe führen können.“
Für ihr dokumentarisches Virtual Reality- und 360°-Projekt THE SPHERES CITY – TANGIBLE UTOPIAS (Rumänien 2021) wird Ioana Mischie mit dem diesjährigen Open Frame Award mit einem Preisgeld über 5.000 Euro, gestiftet von der BHF Bank Stiftung, ausgezeichnet. „Wir erkennen die langfristigen Ambitionen dieses sinnvollen Projekts an, das sich in den folgenden Jahren weiterentwickeln und wachsen wird, indem es Kindern auf so kreative Weise eine Stimme gibt und sie als unsere wahre Hoffnung für unsere globale Zukunft umarmt und feiert“, begründet die Jury ihre Entscheidung. Eine lobende Erwähnung spricht die Jury für #PRISONERSVOICE (Ukraine 2020, Regie: Nikita Bohdanov) aus, der klare und direkte Erzählungen von Aktivisten mit einer dichten Atmosphäre verwebe und so einen intensiven Einblick in eine Welt gewährt, die sonst unbekannt ist.
Den dritten auf 2.500 Euro dotierten und vom Kulturfonds Frankfurt RheinMain gestifteten RheinMain Kurzfilmpreis vergibt eine Jury aus Vertreter:innen von Programmkinos aus dem Rhein-Main-Gebiet an URAL (Deutschland, Russland 2019) von Alla Churikova. „Die Autorin und Regisseurin erzählt von ihrer Kindheit in einer Militärsiedlung am Fuße des Ural. Ihre animierten Erinnerungen verwebt sie mit Aufzeichnungen, Photographien und Tondokumenten ihres Vaters, einem sowjetischen Offizier, der Teil geheimer Nuklearwaffenversuche war. Hierbei gelingt es ihr beide Perspektiven gleichberechtigt auf eine Ebene zu bringen und sie schafft damit gleichsam eine Skizze für ein Epos des 20. Jahrhunderts“, so die Jury. Eine lobende Erwähnung sprach die Jury für MAN (Lettland 2020, Regie: Yulia Timoshkina) als empathisch-poetisches Porträt einer ganz alltäglichen Situation, aus.
Das Renovabis Recherchestipendium für Dokumentarfilmprojekte mit Menschenrechtsschwerpunkt 2021 geht an SECOND HAND WAR von Anna Benner und Eluned Zoe Aiano. Das Stipendium ist auf 3.500 Euro dotiert. Die künstlerische Herangehensweise des Projekts zeigt unterschiedliche Perspektiven von Frauenrollen im Krieg und begibt sich auf die Suche nach Lücken im kollektiven Gedächtnis.
Mit dem goEast Development Award zeichnet die East-West Talent Lab Jury KING MATT THE FIRST von Regisseurin Jaśmina Wójcik und Produzentin Agnieszka Rostropowicz-Rutkowska aus. „Vielleicht sollte es eher QUEEN MATHILDA THE FIRST heißen, denn die charmante und inspirierende Reise, erzählt durch die Augen der Kinderdarstellerinnen Lea und Zoja, beweist großen Phantasiereichtum“, so die Jury in ihrer Begründung. Der goEast Development Award ist auf 3.500 Euro dotiert und wird von Russian Standard Wodka gesponsert.
Mit einer erfrischenden und witzigen Konstellation aus vier ganz unterschiedlichen Charakteren überzeugt SPA von Ieva Šakalytė. Das Projekt erhält den Pitch the Doc Award bei goEast, für den ein zusätzliches Mentoring für die Gewinnerin gesponsert von der gleichnamigen polnischen Plattform.
Die Wahl des goEast Medienpartners 3sat, der seit Beginn des Festivals in jedem Jahr den Ankauf für einen Film des Programms anbietet, fiel für 2021 auf den Wettbewerbsfilm PREPARATIONS TO BE TOGETHER FOR AN UNKNOWN PERIOD OF TIME (Ungarn 2020, Regie: Lili Horvát). Der Film soll 2022 bei 3sat seine TV-Premiere feiern.
Im Angesicht einer weiterhin das öffentliche Leben bestimmenden Pandemie hat goEast auf seine ersten Erfahrungen in der Ausgestaltung eines Online-Festivals aus dem Vorjahr zurückgegriffen, aber dabei weiter Publikumsveranstaltungen verfolgt. Das Autokino und der abendliche Kurzfilmspaziergang werden kurzfristig in den Sommer verschoben. Sobald ersichtlich wird, unter welchen Bedingungen und an welchem Zeitpunkt die Veranstaltungen stattfinden können, veröffentlichen die Festivalmacher:innen entsprechende Informationen auf ihrer Website.
Alle Preisträger:innen im Überblick:
Goldene Lilie für den Besten Film
THIS RAIN WILL NEVER STOP, Ukraine, Lettland, Deutschland, Katar 2020, Regie: Alina Gorlova
Preis der Landeshauptstadt Wiesbaden für die Beste Regie
BEBIA, À MON SEUL DÉSIR, Georgien, Großbritannien 2020, Regie: Juja Dobrachkous
Preis für Kulturelle Vielfalt
HOW I BECAME A PARTISAN / AKO SOM SA STALA PARTIZÁNKOU, Slowakische Republik, Tschechische Republik 2021, Regie: Vera Lacková
Lobende Erwähnung
CHUPACABRA, Russland 2020, Regie: Grigory Kolomytsev
Preis der Internationalen Filmkritik FIPRESCI (Spielfilm)
BEBIA, À MON SEUL DÉSIR, Georgien, Großbritannien 2020, Regie: Juja Dobrachkous
Preis der Internationalen Filmkritik FIPRESCI (Dokumentarfilm)
PLEASE HOLD THE LINE, Österreich 2020, Regie: Pavel Cuzuioc
Open Frame Award
THE SPHERES CITY – TANGIBLE UTOPIAS, Rumänien 2021, Regie: Ioana Mischie
Open Frame Award – Lobende Erwähnung
#PRISONERSVOICE, Ukraine 2020, Regie: Nikita Bohdanov
RheinMain Kurzfilmpreis
URAL, Deutschland 2019, Regie: Alla Churikova
Renovabis Recherchestipendium für Dokumentarfilmprojekte mit Menschenrechtsschwerpunkt
SECOND HAND WAR, Regie: Anna Benner & Eluned Zoe Aiano, Tschechische Republik-Deutschland
goEast Development Award
KING MATT THE FIRST, Produktion: Agnieszka Rostropowicz-Rutkowska, Regie: Jaśmina Wójcik, Polen
Pitch the Doc Award
SPA, Regie: Ieva Šakalytė, Litauen
Nach den ersten hybriden Gehversuchen von goEast – Festival des mittel- und osteuropäischen Films, taucht das vom DFF – Deutsches Filminstitut & Filmmuseum veranstaltete Festival nahezu gänzlich in den Cyberspace ein. Fast alle zuvor in Präsenz geplanten 92 Filme aus 38 Ländern stehen mit insgesamt 32 Deutschlandpremieren und zwei Weltpremieren “On Demand” für das Festivalpublikum zur Verfügung. Zwischen den Filmen laden die Festivalmacher:innen alle virtuellen Besucher:innen dazu ein, beim Ost-Kiosk vor dem Nassauischen Kunstverein vorbeizuschauen, um wieder ein klein wenig Festivalbegegnung erleben zu können – mit Hygienekonzept und auf Abstand.
Festivalleiterin Heleen Gerritsen hat auf einer Online-Pressekonferenz am heutigen Freitag das Programm aus goEast On Demand, Mediathek und weiteren Public Distancing Veranstaltungen vorgestellt.
“Beim Festivaljubiläum im vergangenen Jahr kamen wir aufgrund der Pandemie und eines erfolgreichen hybriden Festivalkonzepts in den Genuss von acht Monaten goEast statt nur einer Woche. Dieses Jahr kehrt das Festival aber zu seiner ursprünglichen Dauer zurück”, sagte Ellen Harrington, Direktorin des DFF.
“Ein echter Kinobesuch bleibt uns zwar weiter verwehrt, dafür bietet goEast noch mehr Onlineprogramm. Erstmals lässt sich das spannende Symposium, in diesem Jahr zum Filmschaffen Zentralasiens, vollständig digital erleben. Ich freue mich sehr darüber, dass das Festivalteam nicht den Kopf in den Sand gesteckt hat und stattdessen Wege gefunden hat, trotzdem noch Publikumsveranstaltungen anzubieten, selbst wenn es sich dabei auf Treffen mit Abstand vor dem Ost-Kiosk beschränkt”, ergänzte Harrington.
Im Wettbewerb konkurrieren erneut 16 Spiel- und Dokumentarfilme um die Hauptpreise des Festivals. Die Wettbewerbsjury selbst erhält die Möglichkeit, die Filmbeiträge in der Caligari FilmBühne auf der großen Leinwand zu bewerten und vergibt die „Goldene Lilie“ für den Besten Film, den Preis für die Beste Regie der Landeshauptstadt Wiesbaden und den Preis für Kulturelle Vielfalt – jetzt wieder mit dem dafür vorgesehenen Preisgeld von jeweils bis zu 10.000 Euro.
„Als thematischen Schwerpunkt sehen wir in diesem Jahr eine Rückkehr zu Partisan:innengeschichten im Wettbewerb. Das ist ein wichtiges Thema in der mittel- und osteuropäischen Filmlandschaft, das teilweise auch mythologisiert wird und in den aktuellen Filmen in unserem Programm nun aus neuen Blickwinkeln betrachtet wird – zum Beispiel aus der Sicht weiblicher Partisan:innen, oder auch aus der Roma-Perspektive”, sagt Festivalleiterin Heleen Gerritsen.
“Es ist natürlich schade, dass diese Filme nicht für alle Interessierte auf der großen Leinwand erlebbar werden, denn natürlich gehören sie da eigentlich hin. Trotzdem sind wir in diesem Jahr kompromissbereiter und arbeiten deshalb mit dem VoD-Anbieter filmwerte zusammen, um nahezu das komplette goEast Programm On Demand zur Verfügung zu stellen”, so Gerritsen. Das Filmangebot auf goEast On Demand ist gegen eine Leihgebühr von 6,50 Euro pro Programmpunkt im Festivalzeitraum vom 20. bis 26. April 2021 erhältlich. Nach der Ausleihe steht ein Film für 48 Stunden zum Abruf zur Verfügung.
Axel Imholz, Kulturdezernent der Landeshauptstadt Wiesbaden, lobt die Anstrengungen der goEast Festivalleitung, selbst unter schwer planbaren Bedingungen, auf jede Eventualität vorbereitet zu sein. Erneut kann goEast nicht als Festival der Begegnungen zwischen den Menschen im Rhein-Main-Gebiet und aus Mittel- und Osteuropa stattfinden. Trotzdem sei es dank Festivalleiterin Heleen Gerritsen und ihrem Team möglich, das Programm in nahezu vollständigem Umfang online zu erleben. Etwa den goEast Wettbewerb mit zahlreichen Deutschlandpremieren oder dem goEast Porträtgast 2020 und diesjährigen Berlinale-Gewinner Radu Jude, der für das Festivalpublikum eine exklusive “Anti-Oscarnacht” kuratiert. „Ich lade das Publikum ein, das goEast On Demand Angebot ausgiebig zu nutzen und goEast Filme, Diskussionen und Ausstellungen von zu Hause aus zu genießen. Kultur macht auch in einer Pandemie keine Pause. Das zeigt sich in der gewohnt starken Filmauswahl. Ich freue mich auf diesen wichtigen Einblick in die Kulturen unserer östlichen Nachbarn, hoffe aber, dies so bald wie möglich wieder im Kino tun zu können“, betont der Kulturdezernent.
Wie lassen sich interkulturelle Begegnungen schaffen, wo Abstandsregelungen die Menschen und Kulturen auseinanderhalten? Das Paneuropäische Picknick sucht in seinem dritten Jahr Antworten auf diese Frage und beweist, dass gemeinsames Erleben von (Film-)Kultur auch mit Abstand möglich ist. Etwa am waschechten K67 Ost-Kiosk, den goEast als Festivaltreffpunkt unter freiem Himmel vor dem Nassauischen Kunstverein installiert. Oder beim abendlichen Kurzfilmspaziergang, der im Mai durch das nächtliche Offenbach führt und Filme auf Häuserwänden erlebbar macht. „Der politische Diskurs in Europa ist zunehmend geprägt von Spannungen, die nicht zuletzt durch das Aufkeimen populistischer und nationalistischer Strömungen gefördert werden”, sagte Karin Wolff, Geschäftsführerin des Kulturfonds Frankfurt RheinMain. “Die Pandemie hat dem Zusammenleben und Zusammenhalt innerhalb der europäischen Grenzen zusätzlich zugesetzt, sodass Gelegenheiten zum interkulturellen Austausch immer wertvoller werden. Das diesjährige Paneuropäische Picknick von goEast – Festival des mittel- und osteuropäischen Films fungiert hier als Brückenbauer, es verbindet die Filmschaffenden aus Mittel- und Osteuropa und stärkt somit den Blick auf die vielen Gemeinsamkeiten. Gleichzeitig werden insbesondere die vielfältigen Verflechtungen Osteuropas und der Rhein-Main-Region ins Bewusstsein gerufen. Gerne leisten wir daher auch mit dem RheinMain Kurzfilmpreis einen Beitrag zu diesem einzigartigen Festival.”
Der Open Frame Award für Virtual Reality kommt dem experimentellen Charakter seiner Wettbewerbsbeiträge noch näher und findet selbst in einem virtuellen Raum statt. Dafür wurde die Caligari FilmBühne in Virtual-Reality nachempfunden. Auch ohne Headsets ist das virtuelle Caligari zugänglich: Am heimischen PC wird so trotz allem ein wenig Festivalflair aufkommen. Zusätzlich bietet goEast in diesem Jahr einen VR-Headsetverleih an, den das Festival in Kooperation mit dem Lichter Filmfest anbietet.
Hier finden Sie das komplette Programm für die 21. Ausgabe von goEast – Festival des mittel- und osteuropäischen Films!
Neue Formen, neues Format und eine neue Art des Kinos – den Open Frame Award erleben // VR Headsets to go // Public Distancing in Wiesbaden: Das Autokino und der Ost-Kiosk // blogEast ist zurück
In der vierten Ausgabe des Open Frame Award setzt goEast – Festival des mittel- und osteuropäischen Films seine Reise durch neue Formen und Formate entlang klassischer Kinoerfahrungen fort. So innovativ der Wettbewerb experimenteller 360°-Filme und interaktiver Virtual Reality-Projekte ist, bisher war er dem breiten Publikum nur eingeschränkt zugänglich, da die Projekte nur mit speziellen Headsets an festen Ausstellungsorten des Festivals sichtbar wurden. Jetzt haben Georgy Molodtsov, Kurator des Open Frame Awards, und die goEast Festivalmacher:innen zusätzliche Wege geschaffen, die Wettbewerbsprojekte zu erkunden.
Neue Formen, neues Format und eine neue Art des Kinos – den Open Frame Award erleben
So wird es in diesem Jahr dank einer digitalen Ausstellung in frameVR erstmals möglich sein, sich online einen Überblick über die Projekte zu verschaffen sowie erste Eindrücke zu sammeln. Georgy Molodtsov bietet täglich Online-Führungen durch die Ausstellung an, für die keine zusätzliche Hard- oder Software notwendig ist, lediglich ein Internetbrowser. Die Teilnehmer:innen können sich per Chat miteinander austauschen und im Ausstellungsraum miteinander interagieren. Nach einer Registrierung lässt sich sogar das eigene Erscheinungsbild anpassen. Zusätzlich bietet goEast zwischen dem 21. und 25. April jeweils von 18:00 Uhr an geführte Touren von Open Frame Award Künstlern und dem Kurator durch alle virtuellen Spielstätten des Festivals im sozialen Netzwerk VRrOOM. Die Führungen werden auch live auf YouTube übertragen. In Zusammenarbeit mit dem Lichter Filmfest in Frankfurt stellt goEast Virtual Reality Erfahrungen to go zur Verfügung. Im Festivalzentrum im Museum Wiesbaden verleiht goEast VR Headsets, die mit einer leicht verständlichen Anleitung mit nach Hause genommen werden können. Hierfür ist keine vorherige VR Erfahrung nötig. Darüber hinaus kooperiert goEast mit HTC VIVE’s Viveport und ermöglicht kostenfreien Zugang zu ausgewählten interaktiven Open Frame Award Projekten für jeden, der bereits VR-Hardware sein Eigen nennt. Hierfür schafft HTC VIVE’s Viveport einen eigens dafür vorgesehenen Erlebnisraum, der ab dem 20. April auf viveport.com/goeast2021 abrufbar sein wird. “Im vergangenen Jahr mussten wir neue Ideen entwickeln, wie wir den Open Frame Award selbst bei Ausgangssperren und mit Reisebeschränkungen präsentieren können. Es war so naheliegend wie erfolgreich, experimentelle 360° Filme und interaktive Virtual Reality Projekte auch in virtuellen Welten zu präsentieren”, so Georgy Molodtsov. “In diesem Jahr wollen wir den Wettbewerb zugänglicher machen und den Open Frame Award mit der weltweiten VR Community sowie mittel- und osteuropäischen Künstler:innen verbinden.” Die virtuellen Spielstätten von goEast, darunter die Caligari FilmBühne VR und die goEast VRoof Top Lounge dienen erneut als Treffpunkte für Nominierte des Open Frame Award und Festivalgäste. Die Veranstaltungsorte wurden für die 20. Ausgabe von goEast im vergangenen Jahr von Georgy Molodtsov und dem ehemaligen Open Frame Award Gewinner und VR-Künstler Dennis Semionov in Zusammenarbeit mit dem Social-XR-Kulturhub VRrOOM – einer Broadcast-Plattform für Kunst, Unterhaltung und kulturelle Veranstaltungen, geschaffen. Dieses Jahr werden die Veranstaltungsorte „renoviert“ und mit zusätzlichen Funktionen ausgestattet. Das Caligari VR wird wieder als Location für eine eher ungewöhnliche Preisverleihung mit Augenzwinkern dienen, bei der alle Teilnehmer:innen mit unterschiedlichen Avataren auftreten können, von exklusiven goEast-Skins bis hin zu Tauben und Hamstern.
Virtuelle Veranstaltungsorte, ein 360°-Theater, einzigartige virtuelle Theateraufführungen, Nominierten-Pitchings und die Open Frame Award Ceremony können über die XR VRrOOm-Welt auf der kostenlosen Plattform VRChat besucht werden. Für das beste Erlebnis werden ein VR-Headset sowie ein PC-System empfohlen, aber das Event ist auch für die meisten Nutzer über den PC zugänglich, wie jedes Videospiel.
Der Open Frame Award wird erneut von der BHF Bank Stiftung und der Adolf und Luisa Haeuser Stiftung für Kunst und Kulturpflege gefördert und mit einem Preisgeld von 5.000 Euro dotiert.
Eine internationale Jury entscheidet über die Vergabe des Open Frame Award. In diesem Jahr besteht die Jury aus Jimmy Cheng, Director of Content bei Digital Domain in Hongkong, Maria Courtial, Mitbegründerin und Geschäftsführerin von Faber Courtial, einem der führenden VR- und VFX-Studios in Deutschland sowie Michel Reilhac, Studienleiter am Venice Biennale College Cinema and VR sowie Gründer und Co-Kurator von Venice VR.
Public Distancing in Wiesbaden: Das Autokino und der Ost-Kiosk
Auch wenn nahezu alle 92 Filme der diesjährigen Ausgabe von goEast über ein On Demand-Programm abrufbar werden, hat das Festivalteam einen Weg gefunden, kulturelle Veranstaltungen vor Ort anzubieten. Zum Public Distancing gehört ein Autokino auf dem Dern’schen Gelände in Wiesbaden sowie ein Ost-Kiosk.
Das Autokino ist in Deutschland nach dessen Hochphase in den 1970er Jahren sehr in den Hintergrund gerückt. Durch die Pandemie sind Autokinos allerdings als Ort des Filmerlebnisses wieder im Kommen. goEast wird in Zusammenarbeit mit stadtmobil RheinMain vor einem Pop-up-Autokino vorgeparkte Autos anbieten. So müssen die Besucher:innen nicht ihr eigenes Fahrzeug mitbringen und können sich einfach zurücklehnen. Drei mittel- und osteuropäische Filmabende lassen sich so in gründlich desinfizierten Autos genießen. Das goEast Autokino wird folgende Filme zeigen:
YELLOW CAT (Kasachstan/Frankreich, 2020) am 21. April um 20:00 Uhr
SPACE DOGS (Österreich/Deutschland, 2019) am 22. April um 20:00 Uhr
HERE WE MOVE, HERE WE GROOVE (Niederlande, 2020) am 23. April um 20:00 Uhr
Vor einem Besuch im Autokino und nach jeder On Demand-Vorführung zu Hause sollte ein Besuch im goEast Ost-Kiosk nicht fehlen. Beim vom Kulturfonds Frankfurt RheinMain geförderten Paneuropäischen Picknick wird der goEast Ost-Kiosk auch unter Pandemie-Bedingungen zu einem Treffpunkt. Festivalbesucher:innen können mit Abstand zusammenkommen und sich über das Festivalprogramm austauschen. Darüber hinaus bietet der Kiosk Kaffeespezialitäten, Snacks zum Mitnehmen und vielleicht sogar Cocktail-Specials to go, die von Russian Standard vorgemixt werden. Zusätzlich beschallt ein Kiosk-Radio die vorbeikommenden Spaziergänger:innen mit mittel- und osteuropäischen Klangeindrücken. So wird der Ost-Kiosk zu einem Kaleidoskop mittel- und osteuropäischer Begegnungen, einem Ziel, dem sich goEast seit jeher als Brückenbauer zwischen Ost und West verschrieben hat.
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blogEast kehrt als Treffpunkt für an mittel- und osteuropäischer (Film-)Kultur Interessierte zurück. Der Blog wurde ursprünglich während der ersten Corona-Welle als solidarisches Sprachrohr für Kreative aus ganz Europa ins Leben gerufen. Im Vorfeld und während des Festivals werden Blogbeiträge veröffentlicht, die sowohl filmische als auch politische und gesellschaftliche Facetten der aktuellen Situation beleuchten, aber auch eine Möglichkeit bieten, sich einmal von der allgegenwärtigen Diskussion über Infektionszahlen und Impffortschritte abzulenken. blogEast wird vom goEast-Team redaktionell betreut und begleitet das digitale Festival in Wiesbaden.
blogEast ist unter folgendem Link erreichbar: blogEast
Hier finden Sie daskomplette Programm für die 21. Ausgabe von goEast – Festival des mittel- und osteuropäischen Films.
goEast – Festival des mittel- und osteuropäischen Films wird vom DFF – Deutsches Filminstitut & Filmmuseum veranstaltet und von zahlreichen Partnern unterstützt. Hauptförderer sind die HessenFilm und Medien GmbH, die Landeshauptstadt Wiesbaden, der Kulturfonds Frankfurt RheinMain, die BHF BANK Stiftung, die Adolf und Luisa Haeuser-Stiftung für Kunst und Kulturpflege, Renovabis und der Deutsch-Tschechische Zukunftsfonds. Medienpartner sind u.a. 3sat, Deutschlandfunk Kultur und die Frankfurter Allgemeine Zeitung.
Partisan:innen, Provinzen und Post-Sozialismus – Der Wettbewerb bei goEast // goEast begrüßt seine Wettbewerbsjury in Wiesbaden
In weniger als einem Monat startet die 21. Ausgabe des von DFF – Deutsches Filminstitut & Filmmuseum veranstalteten goEast – Festival des mittel- und osteuropäischen Films (20. bis 26. April). Die Festivalmacher:innen bieten ihrem Publikum zwar nahezu alle 92 Festivalfilme online an, unterstreichen mit Jury- und Pressevorführungen im Kino aber auch die Bedeutung des Festivals als Branchenevent. Mit dem Herzstück des Festivals, dem Wettbewerb, bietet goEast einem breiten Publikum die Chance, Höhepunkte des aktuellen mittel- und osteuropäischen Films näher kennenzulernen. Eine internationale Jury sowie die Filmkritiker-Jury FIPRESCI vergeben die Preise. Eine besondere Ehre: die mit 10.000 Euro dotierte „Goldene Lilie“ als Hauptpreis des Wettbewerbs von goEast.
Die Filme des Wettbewerbs werden in Zusammenarbeit mit dem VoD-Anbieter filmwerte online zur Verfügung gestellt. Gespräche mit den Filmschaffenden während der Festivalwoche runden das Programm des Wettbewerbs ab. Die aufgezeichneten Filmtalks werden im Anschluss an die jeweiligen Gespräche jeden Tag ab 15:00 Uhr auf der Website von goEast abrufbar sein. Pressevorführungen der Wettbewerbsfilme finden entlang geltender Bestimmungen zum Infektionsschutz der Landesregierung Hessen im Kino des DFF statt.
Partisan:innen, Provinzen und Post-Sozialismus – Der Wettbewerb bei goEast
Die Wettbewerbsbeiträge stammen aus dem gesamten post-sozialistischen Raum Mittel- und Osteuropas, sowie aus den Ländern der ehemaligen Sowjetunion, und halten den Zuschauer:innen in Partisanengeschichten, dem Aufeinandertreffen indigener Kulturen und Mehrheitsgesellschaften und dem Kontrast aus Landleben und Großstadt einen Spiegel aktueller Facetten mittel- und osteuropäischer Gesellschaften vor. goEast zeigt diverse Filme mit zahlreichen Deutschlandpremieren auf Augenhöhe miteinander, welche die Vielfältigkeit ihrer Produktionsländer repräsentieren.
Partisan:innengeschichten sind eine wichtige Grundlage im osteuropäischen Gesellschaftskontext und traditionell auch in den Filmkulturen, wo der Partisanefilm ein Genre für sich darstellte. Zeitgenössische Partisan:innengeschichten im Film drücken unter anderem den Widerstand gegenrechte Tendenzen aus. In LANDSCAPES OF RESISTANCE (Serbien, Deutschland, Frankreich 2021) wird eine der ersten Partisaninnen Serbiens auf ihrer gedanklichen Reise in die Vergangenheit begleitet. Die Schilderungen von Marta Popivoda über ihren Widerstand im Konzentrationslager Auschwitz machen dabei deutlich, dass Faschismus auch in der heutigen Zeit noch eine akute Bedrohung darstellt. Ein Widerstandskämpfer war auch der Großvater von Vera Lacková, die sich auf eine persönliche Spurensuche in die Geschichte ihrer Roma-Familie begibt und dabei heutzutage noch auf viel Ablehnung stößt. Als Roma-Regisseurin in Tschechien hat sie ihre Erlebnisse in HOW I BECAME A PARTISAN (Tschechische Republik, Slowakei 2020) filmisch festgehalten. Der Film feiert bei goEast am 22. April seine Weltpremiere, die die Regisseurin mit einem Podcast begleiten wird. Mit dem historischen Partisanendrama IN THE DUSK (Litauen, Frankreich, Tschechische Republik, Serbien, Portugal, Lettland 2020) präsentiert Šarūnas Bartas sein neuestes Werk bei goEast erstmals in Deutschland. In der düsteren Erzählung vom Kampf gegen sowjetische Truppen in Litauen im Jahr 1948 setzt sich der Regisseur kritisch mit dem Mythos der “Waldbrüder” auseinander, was in seinem Heimatland zu heftigen Kontroversen geführt hat.
Eine weitere Reihe von Wettbewerbsbeiträgen stellt das Spannungsfeld zwischen indigenen Kulturen und Mehrheitsgesellschaften dar. Dazu gehört der Dokumentarfilm LIVE OF IVANNA (Russland, Norwegen, Finnland 2021), in dem das Leben in der Stadt dem des seit der Sowjetzeit von Ausgrenzung bedrohten Nomadenlebens indigener Völker in Sibirien gegenübersteht. Machtkämpfe unter Männern in Lappland, und daraus resultierende Konflikte für die Protagonisten zeigen sich in dem unter der Regie von Veiko Õunpuu, einem der bekanntesten Regisseure in ganz Estland, produzierten Nordic Western THE LAST ONES (Estland, Finnland, Niederlande 2020). Eine schwarzhumorige Herangehensweise an die Thematik wählt der preisgekrönte Regisseur und goEast Stammgast Adilkhan Yerzhanov in ULBOLSYN (Kasachstan, Frankreich 2020). Darin geht die gleichnamige Protagonistin Ulbolsyn gegen die Zwangsheirat ihrer jüngeren Schwester vor und stemmt sich so mit aller Macht gegen provinzielle Traditionen, die sich aber selbst gegen ein Militärkommando durchzusetzen scheinen.
Zwischen Hinterland und Großstadtfilm zeigt sich ein besonderer Kontrast im Wettbewerb. Der urbane Raum in Budapest in 35mm-Bildern ist das Setting einer dramatischen Liebesgeschichte in PREPARATIONS TO BE TOGETHER FOR AN UNKNOWN PERIOD OF TIME (Ungarn 2020): Nachdem eine Frau ihre Medizinkarriere in den USA aufgibt und für ihren Geliebten nach Budapest zurückkehrt, leugnet dieser, sie überhaupt zu kennen. Ihre Verzweiflung wandelt sich daraufhin immer mehr zu einer obsessiven Liebe. Familiäre Begegnungen des ländlichen Raums hingegen treten in BILESUVAR (Aserbaidschan, Frankreich 2020) und CHUPACABRA (Russland 2020) hervor. In letzterem versucht ein Junge, seinen familiären Problemen mit der Flucht in eine selbstgeschaffene Fantasiewelt zu entkommen. In vielen ländlich geprägten Regionen ist die fehlende Kommunikationsinfrastruktur weiterhin ein großes Problem. BITTE WARTEN (Österreich 2020) begleitet die unerwarteten Helden Alltags: Kabeltechniker. Der Dokumentarfilm beleuchtet diesen oft unbeachtete Beruf und die Wichtigkeit von Kommunikation, ohne di ein modernes Leben in eher ländlichen geprägten Regionen der Ukraine, Moldawien, Rumänien oder Bulgarien nahezu unmöglich erscheint. Eine Fortsetzung eines schwarzhumorigen Spiels zwischen Film und Wirklichkeit ermöglicht Vitaly Suslin mit PAPIER-MACHE (Russland 2020), in dem der unwahrscheinliche Filmheld und ewige Pechvogel Ivan Lashin in einem Provinzdrama erneut sich selbst spielt und mit vergangenen Darlehensgeschäften klarkommen muss. Statt dem Verschwimmen von Realität und Fiktion widmet sich das realpolitische Drama SHOULD THE WIND DROP (Frankreich, Armenien, Belgien 2020) von Nora Matrirosyan einem Flughafen, der in ein politisches Tauziehen gerät, das schließlich über die Legitimität des nicht anerkannten Staates Bergkarabach/Arzach entscheiden könnte. HOLY FATHER (Rumänien 2020) und die Hommage des Regisseurs Ivan Ramljak an seinen Freund, den Amateurfotograf Marko in ONCE UPON A YOUTH (Kroatien 2020) zeigen schließlich intime dokumentarische Perspektiven auf das eigene Leben des Filmschaffenden.
Ein zusätzliches Kontrastverhältnis, allerdings auf einer visuellen Ebene, eröffnen die Schwarz-Weiß-Filme THIS RAIN WILL NEVER STOP (Ukraine, Deutschland, Lettland, Katar 2020) von Alina Gorlova, der den Donbas-Konflikt auf beeindrückender Weise mit Flüchtlingsproblematik und dem Leben im Exil verbindet, und der Debütfilm von Juja Dobrachkous BEBIA, À MON SEUL DÉSIR (Georgien, Vereinigtes Königreich 2020), der seine junge Protagonistin auf eine atmosphärische Reise in die Vergangenheit schickt.
goEast begrüßt seine Wettbewerbsjury in Wiesbaden
goEast freut sich auch dieses Jahr, international tätige Branchenvertreter:innen in der Wettbewerbsjury begrüßen zu dürfen. Allen voran die Künstlerin und Regisseurin Saodat Ismailova, die sich seit 2020 in diversen Initiativen zeitgenössischer Kunst in Taschkent engagiert und aktiv an zahlreichen Filmprojekten beteiligt ist. Ihr Spielfilm CHILLA sowie einige ihrer experimentelleren Werke, werden im Rahmen des diesjährigen Symposiums gezeigt. Die aus Weißrussland stammende Produzentin und Filmemacherin Volia Chajkouskaya (u.a. THE ROAD MOVIE) ist nicht nur Gründerin ihrer eigenen Produktionsfirma, sondern mit dem Northern Lights in Belarus auch des zweitgrößten Filmfestivals ihres Heimatlandes. Der Dokumentarfilmemacher Thomas Heise ist Mitglied der Europäischen Filmakademie und doziert an mehreren Hochschulen im Bereich Film und Fernsehen. Für seine Dokumentarfilme erhielt er mehrfach Auszeichnungen, unter anderem den Deutschen Dokumentarfilmpreis für HEIMAT IST EIN RAUM AUS ZEIT (Deutschland 2019). Mit von der Partie ist außerdem die preisgekrönte Schauspielerin, Regisseurin und Roma-Aktivistin Alina Șerban, die 2018 ihr Heimatland Rumänien in Cannes vertrat und 2020 den Deutschen Schauspielpreis für ihren Film GYPSY QUEEN (Deutschland, Österreich 2019) gewann. Filmkritiker Jay Weissberg schreibt seit 2003 für das amerikanische Magazin Variety und verfügt über reichlich Erfahrung als Jurymitglied bei Filmfestivals. Seit 2015 ist er künstlerischer Leiter des Stummfilmfestivals in Pordenone. Die Wettbewerbsjury wird alle Wettbewerbsfilme, soweit es möglich wird, in der Caligari FilmBühne sichten und bewerten.
goEast – Festival des mittel- und osteuropäischen Films wird vom DFF – Deutsches Filminstitut & Filmmuseum veranstaltet und von zahlreichen Partnern unterstützt. Hauptförderer sind die HessenFilm und Medien GmbH, die Landeshauptstadt Wiesbaden, der Kulturfonds Frankfurt RheinMain, die BHF BANK Stiftung, die Adolf und Luisa Haeuser-Stiftung für Kunst und Kulturpflege, Renovabis und der Deutsch-Tschechische Zukunftsfonds. Medienpartner sind u.a. 3sat, Deutschlandfunk Kultur und die Frankfurter Allgemeine Zeitung.
“Leben verlangt mutige Entscheidungen” – Mut zur Vielfalt des Films in der Sektion Bioskop// Der Open Frame Award öffnet die Augen für innovative Formen des Kinos
Die Festivalmacher:innen von goEast – Festival des mittel- und osteuropäischen Films stellen mit Bedauern fest, dass die gefassten Öffnungsperspektiven für den Kultursektor im April erneut kein Live-Festival ermöglichen – mit Kinovorführungen vor Ort und Begegnungen zwischen den Festivalbesucher:innen. Aber Absagen kommt für goEast nicht in Frage und darum hat das von DFF – Deutsches Filminstitut & Filmmuseum veranstaltete Festival in Wiesbaden ein umfangreiches Online- und On Demand-Programm zusammengestellt. Im Festivalzeitraum vom 20. bis 26. April 2021 werden nahezu alle Festivalfilme On Demand über die Website von goEast in Deutschland angeboten. Dafür arbeitet das Festival erstmals mit dem VoD-Anbieter filmwerte zusammen. Akkreditierte erhalten freien Zugang zum Filmangebot. Über weitere Konditionen des On Demand Programms informiert goEast auf seiner Website und im Programmheft.
Die Wettbewerbsbeiträge werden soweit möglich mindestens für die Jury in der Caligari FilmBühne gezeigt. Wenn es das Infektionsgeschehen zulässt, werden die Vorstellungen im Caligari und zusätzlich im Kino des DFF auch für eine geringe Anzahl an Branchen- und Pressevertreter:innen geöffnet. Als Publikumsveranstaltungen bleiben das Autokino auf dem Dern’schen Gelände in der Wiesbadener Innenstadt und der K67 Kiosk vor dem Nassauischen Kunstverein bestehen.
Darüber hinaus stellt goEast erneut ein Online-Veranstaltungsprogramm zur Verfügung. Hierfür richtet goEast ein Festivalstudio im Museum Wiesbaden ein, von wo Filmgespräche mit den Filmschaffenden der Wettbewerbssektion aufgezeichnet, Diskussionsrunden und Panels des Symposiums und auch Veranstaltungen des East-West Talent Lab gestreamt werden. Darüber hinaus werden auch die Masterclass mit Péter Lichter und Márió Z. Nemes und die Anti-Oscar-Nacht mit dem diesjährigen Gewinner des Goldenen Bären der Berlinale, Radu Jude, und dem Action-Künstler Dan Perjovschi online erlebbar.
“Leben verlangt mutige Entscheidungen” – Mut zur Vielfalt des Films in der Sektion Bioskop
Die Sektion Bioskop bietet ost- und mitteleuropäische Filmproduktionen, denen auch abseits eines Premierenzwangs eine Bühne gebührt. Altmeister:innen wie Vitaly Mansky, Laila Pakalnina, Renata Litvinova, Jasmila Zbanić, Filip Remunda und Vít Klusák sind genauso vertreten, wie experimentellere Werke. In GORBACHEV. HEAVEN (Gorbačovs. Paradize, Lettland, Tschechische Republik 2020) fasst Dokumentarfilmer Vitaly Mansky die Entscheidung, ein “Gespräch mit einem Verrückten”, wie Mikhail Gorbachev es selbst nennt, zu suchen und trifft den inzwischen 89-jährigen ehemaligen Staatsmann. Es entsteht eine persönliche, humoristische wie auch reflektierte Reise durch die Vergangenheit. UN-Übersetzerin Aida, die Protagonistin des oscarnominierten QUO VADIS, AIDA? (Bosnien und Herzegowina, Österreich, Rumänien, Niederlande, Deutschland, Polen, Frankreich, Norwegen 2020), kämpft in den Tagen vor dem Massaker im bosnischen Srebrenica im Jahr 1995 für das Überleben ihrer Familie.
Wo sich in Russland die Menschen verlassen fühlen und als einzigen Ausweg den direkten Appell an Präsident Wladimir Putin sehen, knüpft THE FOUNDATION PIT (Kotlovan, Russland 2020) von Andrey Gryazev an. Der Found-Footage-Film sammelt virtuelle Stimmen der russischen Bevölkerung aus dem Internet, die wie Bittsteller:innen am Zarenhof erscheinen und sich vom Präsidenten persönlich Hilfe bei ihren Problemen erwarten. Etwas leichtere Kost bietet THE NORTH WIND (Severnyj Veter, Russland 2021) von Kultschauspielerin Renata Litvinova. Der Champagner fließt in Strömen und das dekadente Werk erinnert manchmal an Tschechows Theaterstücke oder an eine post-apokalyptische Variation von Luchino Viscontis DIE VERDAMMTEN. Gänzlich märchenhaft wird es mit IN THE MIRROR (Spoguli, Lettland, Litauen 2020), in dem die ehemalige Jury-Präsidentin von goEast, Laila Pakalniņa, Schneewittchen neu interpretiert und die Geschichte komplett aus der Selfie-Perspektive präsentiert. Ähnlich humorvoll erzählt Abdulkhai Zokirovs THE BUS (Tadschikistan 2020) von einer bunt zusammengewürfelten Busgesellschaft, die sich auf eine Odyssee ins Ungewisse begibt. Lebensverändernde Umstände und eine Suche nach Erlösung beschreitet ONCE UPON A TIME IN POLAND (Jak Bůh Hledal Karla, Tschechische Republik, Polen, Slowakei 2020) von Vít Klusák und Filip Remunda. Das Regie-Duo gilt als Tschechiens Antwort auf Michael Moore oder The Yes Men. Kein Wunder, dass das existenzialistische Roadmovie, das den Katholizismus Polens unter die Lupe nimmt, in Teilen wie ein Film im Film scheint. Ikonisch und emanzipiert tritt letztendlich GLORY TO THE QUEEN (Georgien, Österreich, Serbien 2020) im Bioskop auf. Das Porträt über die vier Schachmeisterinnen Nona Gaprindaschwili, Nana Alexandria, Maia Tschiburdanidze und Nana Iosseliani lässt sich auch als wahre Geschichte im Vergleich zur Netflix-Serie THE QUEEN’S GAMBIT sehen.
Der Open Frame Award öffnet die Augen für innovative Formen des Kinos
Der wohl innovativste Wettbewerb bei goEast, in dem jährlich mittel- und osteuropäische Virtual Reality- und 360-Grad-Filmprojekte um einen von der BHF Bank Stiftung ausgelobten Preis und 5.000 Euro konkurrieren, hat bereits im ersten Corona-Jahr die vermeintlichen Einschränkungen durch die Pandemie als Chance verstanden. So präsentierten der russische VR-Künstler und Gewinner des Open Frame Award 2018, Denis Semionov und Kurator Georgy Molodtsov virtuelle Spielstätten für den Wettbewerb. 2021 kehren das Caligari VR und die goEast VRoof Top Lounge zurück und werden für den virtuellen Teil von goEast sogar noch weiterentwickelt. Erreichbar werden die digitalen Spielorte von goEast über eine VR-Brille oder auch über einen handelsüblichen PC.
Im Programm des Open Frame Award erkunden die Filmschaffenden innovative Formen der Erzählkunst, die von poetischen Experimenten bis hin zu interaktiven Sinneserfahrungen reichen. Stets vermengen sich dabei Realität und virtueller Raum zu einer neuen Erfahrung für die Teilnehmer:innen. DEEP DIVE (Polen 2020) von Milosz Hermanowicz verbindet wilde Natur mit schmerzhaften Verlusterfahrungen in einem 360-Grad-Spielfilm, der einer Vision natürlicher Erzählweisen folgt. Extreme Umstände gipfeln auch in der interaktiven VR-Erfahrung DISLOCATION (Dislokacije, Kroatien 2020) in Momenten der Entfremdung, in denen Erinnerungen an ein verlorenes Zuhause langsam zu verfallen drohen. Dagegen besinnt sich HOREKU. THE STORIES OF TUHARD TUNDRA (Russland 2021) von Anna Tolkacheva auf die dokumentarische Betrachtung von Rentieren, Schlittenhunden und Netflix-Serien. Aus der Sicht des beliebten und zahmen Tieres Horeku, wird das eindrückliche Leben einer modernen Nomadenfamilie in der Tundra dargestellt. #PRISONERSVOICE (Ukraine 2020) von Nikita Bohdanov verfolgt als Augmented Reality und Virtual Reality 360-Grad-Dokumentarfilm die drei ukrainischen Aktivisten Oleg Sentsov, Oleksandr Kolchenko und Volodmymyr Balukh, die mithilfe der VR-Software Oculus Quill von ihren unrechtmäßigen Inhaftierungen in Russland erzählen. Ganz im Gegenteil dazu steht als Animationsfilm die interaktive VR-Erfahrung NIGHTSSS (Polen 2021) von Weronika Lewandowska und Sandra Frydrysiak, die mit Poesie, Tanz und dem lautmalerischen Trend Autonomous Sensory Meridian Response (ASMR) den eigenen Körper und die Vorstellungskraft im virtuellen Raum ganz neu erlebbar machen. Kindliche Vorstellungskraft nutzt dagegen THE SPHERES CITY – TANGIBLE UTOPIAS (Rumänien 2021) als Inspiration, um Odysseen durch Stadtszenarien vielschichtiger Zukunftsgesellschaften zu inszenieren. Mit TX REVERSE 360° (Österreich, Deutschland 2019) entdeckt der Open Frame Award weitere experimentelle Sphären durch visuelle Kollisionen von Traum und Realität im Kino.
Hier geht’s zum kompletten Programmfür die 21. Ausgabe von goEast – Festival des mittel- und osteuropäischen Films.
Kurz, kürzer, anarchisch – Der RheinMain Kurzfilmpreis und die Anarcho Shorts bei goEast // Schwungvolle Balkan Beats // Masterclass Experimentalfilm mit Péter Lichter und Márió Z. Nemes
Der Film YELLOW CAT (Zheltaya Koshka, Kasachstan/Frankreich 2020) vom langjährigen goEast-Wegbegleiter Adilkhan Yerzhanov ist der Eröffnungsfilm von goEast – Festival des mittel- und osteuropäischen Films (20. bis 26. April). In einer Deutschlandpremiere zeigt das vom DFF – Deutsches Filminstitut & Filmmuseum veranstaltete Festival dabei die von Komik und Tragik durchzogene Roadmovie-Geschichte Kermeks, der dank eines zweifelhaften Deals aus dem Gefängnis entlassen wird. In der düsteren Realität der Außenwelt tritt er fortan die Flucht ins Kino an. Kermek träumt von einem eigenen Bergkino und will die Welt des Verbrechens endgültig hinter sich lassen. Allerdings entdeckt er dabei, dass sein Weg in die Freiheit an einen Gangsterboss geknüpft ist, für den er zur Wiedergutmachung arbeiten soll.
Mit dem jüngsten Beschluss des Bund-Länder-Gipfels (3. März 2021) zum weiteren Vorgehen in der Corona-Pandemie besteht eine Perspektive für Kinoöffnungen, an der sich goEast orientieren wird. Die Festivalmacher:innen verfolgen weiter mit Optimismus ein hybrides Festival und hoffen auf Präsenzveranstaltungen bei entsprechenden Inzidenzwerten. Unabhängig von diesen Entwicklungen werden Onlineformate und ein On Demand Programm vorbereitet.
Kurz, kürzer, anarchisch – Der RheinMain Kurzfilmpreis und die Anarcho Shorts bei goEast
In seine dritte Runde startet der RheinMain Kurzfilmpreis bei goEast. Der vom Kulturfonds Frankfurt RheinMain unterstützte Wettbewerb zeichnet den besten Kurzfilmbeitrag mit einem Preisgeld von 2.500 Euro aus. Eine Jury bestehend aus Leiter:innen von Programmkinos aus der Region entscheidet über den Gewinnerfilm. Filmfreunden eröffnet sich hier ein breites Spektrum kurzweiliger Unterhaltung, angefangen bei intimen Alltagsschilderungen in HAVE YOU SEEN THAT MAN? (L-aţi văzut pe omul ăla?, Rumänien 2019) bis hin zu essayistisch-dokumentarischen Werken wie Julia Pelkas FAT KATHY (Gruba Kaśka, Polen 2019), in denen Muscheln der Bevölkerung Warschaus Schutz vor Giftanschlägen geben. Auf eine Suche nach einem Sinn begeben sich die Charaktere in MAN (Lettland 2020) und FIGURANT (Tschechische Republik 2019). In letzterem überzeugt der französische Darsteller Denis Lavant mit seinem unverwechselbaren mimischen Können. Eher experimenteller Natur mutet der Animationsfilm MY GALACTIC TWIN GALACTION (Russland 2020) von Sasha Svirsky an, dessen abgedrehte intergalaktische Erzählung von einem Beat unterlegt ist, der Ohrwurmpotenzial hat. Weibliche Filmbilder zeichnen SISTERS (Ukraine 2019), URAL (Deutschland 2019) und BAD NIGHT STORY (Bajka na niespokojny sen, Polen 2019): Sie erkunden den Anti-Feminismus in der Ukraine, religiöse Gedanken eines jungen Mädchens vor ihrer Kommunion sowie die Schuldgefühle einer russischen Migrantin, deren Vater an sowjetischen Atomwaffentests beteiligt war. Im Anschluss an goEast tourt die Kurzfilmrolle erneut durch die Programmkinos in der Region.
Von KI-gesteuerter Rapmusik wie in TREMENDOUS CREAM (Russland 2020) bis zur Tetris spielenden Nachtschicht in NIGHT SHIFT (Lettland 2019) bietet das Programm der Anarcho Shorts mit radikalen Entwürfen wie nie all das, was in den letzten Monaten des Lockdowns untersagt war: Da versucht ein Außenamts-Mitarbeiter Russlands in HIGH-RISE (Russland 2020), 20 Kilogramm Kokain verschwinden zu lassen und verstreut das weiße Pulver kurzerhand mitten in der Stadt. MY FAT ARSE AND I (Polen 2020) erkundet kritisch extreme Schönheitsideale, die in einer Einladung ins Königreich der schmalen Hintern gipfeln. Tierische Welten lassen sich mit der Hahnenoper COCKPERA (Kroatien 2020), der parasitären Freundschaftsgeschichte LOVE IS JUST A DEATH AWAY (Tschechische Republik 2019) oder BEST ANIMAL VIDEOS (Polen 2019) entdecken. In letzterem freundet sich ein mehr als menschlicher Schwan mit einem Nikotinproblem mit einer Katze an, die sich mit anzüglichen Internetvideos über Wasser hält.
Schwungvolle Balkan Beats
Für wilde Partys ist es in Corona-Zeiten noch zu früh. Ganz ohne Dancefloor soll goEast dieses Jahr nicht bleiben und taucht mit dem Dokumentarfilm HERE WE MOVE, HERE WE GROOVE (Niederlande 2020) von Sergej Kreso als Party-Ersatz in die rhythmischen Balkan Beats von DJ Robert Šoko ein, der seit den frühen 1990ern westliche Musikeinflüsse mit elektronischer Balkanmusik vermischt. Der Film steht für ein Europa als Schmelztiegel der Kulturen und folgt Šoko auf seinen eigenen Spuren als jugoslawischer Flüchtling auf einer Reise aus Berlin zurück zu seinen Wurzeln, wo heute Flüchtlinge aus Syrien und Afghanistan den gleichen Traum wie er einst verfolgen. Dabei sammelt der DJ neue musikalische Einflüsse, die er in seine Balkan Beats verwebt.
Masterclass Experimentalfilm mit Péter Lichter und Márió Z. Nemes
Das Hungarofuturistische Manifest war im Jahr 2017 eine Reaktion auf Einschränkungen der Pressefreiheit, den Angriff auf die Wissenschaft und zivile Initiativen unter der ungarischen FIDESZ-Regierung mit Viktor Orbán an der Spitze. Ein aktiver Teil der an den Afrofuturismus angelehnten Künstler:innen-Bewegung ist der Dichter Márió Z. Nemes, dessen Werk Barokk Femina als Vorlage für den gleichnamigen Experimentalfilm von Péter Lichter dient. BAROKK FEMINA (Ungarn 2020) läuft in der Sektion BIOSKOP bei goEast. Im Rahmen der Masterclass sprechen Lichter und Nemes über ihre Zusammenarbeit, das unabhängige Filmemachen in Ungarn und die vielschichtige dadaistische Herangehensweise für den Film, der sich aus Archivmaterial, Nachrichtenbildern, Hollywoodkino und Videospielen zusammensetzt.
goEast – Festival des mittel- und osteuropäischen Films wird vom DFF – Deutsches Filminstitut & Filmmuseum veranstaltet und von zahlreichen Partnern unterstützt. Hauptförderer sind die HessenFilm und Medien GmbH, die Landeshauptstadt Wiesbaden, der Kulturfonds Frankfurt RheinMain, die BHF BANK Stiftung, die Adolf und Luisa Haeuser-Stiftung für Kunst und Kulturpflege, Renovabis und der Deutsch-Tschechische Zukunftsfonds. Medienpartner sind u.a. 3sat, Deutschlandfunk Kultur und die Frankfurter Allgemeine Zeitung.
Das komplette Programm für die 21. Ausgabe von goEast – Festival des mittel- und osteuropäischen Films wird Ende März veröffentlicht.
60 Jahre bemannte Raumfahrt – Hommage an Yuri Gagarin // Pop-up Kultur im Paneuropäischen Picknick // Anti-Oscarabend mit Radu Jude und Dan Perjovschi
Wiesbaden/Frankfurt. Als der russische Kosmonaut Yuri Gagarin am 12. April 1961 vom kasachischen Weltraum-bahnhof Tyuratam aus den ersten bemannten Weltraumflug der Menschheitsgeschichte unternimmt, solle er beim Start schlicht “Los geht’s!” (“Поехали”) gerufen haben. Heute dient der Ausruf als beliebter Trinkspruch. goEast – Festival des mittel- und osteuropäischen Films nimmt den 60. Jahrestag der Erdumrundung Gagarins zum Anlass, im April mit einem eigenen Weltraum-Programm abzuheben. Die Besucher:innen des von DFF – Deutsches Filminstitut & Filmmuseum veranstalteten Festivals können sich dabei auf Filme aus allen Himmelsrichtungen Mittel- und Osteuropas freuen.
Yuri Gagarin: Modellbürger, Pilot, Sohn des sowjetischen Volkes und Familienvater. Im Propagandafilm UNSER GAGARIN (Nash Gagarin, UdSSR 1971) wurde der 10. Jahrestag der ersten Erdumrundung gefeiert. goEast zeigt den Film in einem Doppelprogramm mit Artavazd Pelechyans UNSER JAHRHUNDERT (Nash Vek, UdSSR 1983), ein Found-Footage Filmgedicht über technologischen Fortschritt und menschliche Hybris im 20. Jahrhundert. Auch wegweisende osteuropäische Science-Fiction-Klassiker finden ihren Weg ins Programm, so etwa IKARIE XB 1 (Tschechoslowakei 1963) von Jindřich Polák, in dem der Zusammenhalt einer Raumschiffcrew auf dem Weg zu einem erdähnlichen Planeten auf die Probe gestellt wird. goEast präsentiert dabei die restaurierte Fassung von 2016, die erstmals das für den Genreklassiker ursprünglich vorgesehene Ende zeigt. Die Grenzen der Wirklichkeit und überdies menschlicher Zusammenarbeit überschreitet der DEFA-Film DER SCHWEIGENDE STERN (DDR/Polen 1959) von Kurt Maetzig nach einer Romanvorlage von Stanisław Lem. Im Film entdecken Wissenschaftler:innen eine kosmische Nachricht von der Venus, die in einer radioaktiven Drohung für den Erdplaneten gipfelt. Einen frühen Einblick in den Science-Fiction-Film liefert AELITA – DER FLUG ZUM MARS (Aelita/UdSSR 1924) von Yakov Protazanov, der die marxistische Ideologie bis zum roten Planeten katapultiert. In diesem Stummfilm, der auf einem gleichnamigen Roman von Aleksey Tolstoy basiert, entbrennt ein intergalaktischer Klassenkampf zwischen einer aristokratischen Marsbevölkerung und der sowjetischen Arbeiterschicht auf der Erde. Statt den Spuren Gagarins folgt SPACE DOGS (Österreich/Deutschland 2019) von Elsa Kremser und Levin Peter der Erinnerung an den ersten Vierbeiner im Weltall. Die russische Hündin Laika hat ihre Reise 1957 zwar nicht überlebt, ihr wird allerdings nachgesagt, dass ihr Geist heute noch in den Straßenhunden Moskaus weiterlebt. Zahlreiche Kurzfilme und ein Gesprächspanel runden das Programm ab.
Pop-up Kultur im Paneuropäischen Picknick
Zum dritten Mal wird goEast mit Unterstützung vom Kulturfonds Frankfurt RheinMain mit dem Paneuropäischen Picknick zum Brückenbauer zwischen Menschen, Kulturen und Regionen. Die Programmreihe steht ganz im Zeichen einer Kunstaktion aus dem Jahr 1989, als ein Picknick an der österreichisch-ungarischen Grenze dazu führte, dass selbst die starrsten aller Ländergrenzen für ein paar Stunden geöffnet wurden. Um die Begegnungen der Kulturen auch unter Pandemiebedingungen zu gewährleisten, bietet das Paneuropäische Picknick genug Raum für ein Kennenlernen trotz Distanz. So wird osteuropäische Kioskkultur gefeiert. Ein waschechter Pop-up-Kulturkiosk, Modell K67, wird in der Wiesbadener Innenstadt ein Sammelsurium mittel- und osteuropäischer Kulturgegenstände bieten.
Mit dem Kurzfilmspaziergang kehrt außerdem erneut ein Filmprogramm unter freiem Himmel auf die Häuserwände im Rhein-Main-Gebiet zurück. In Zusammenarbeit mit der Hamburger Künstlergruppe „A Wall is a Screen“ erkundet das Programm aus osteuropäischen Kurzfilmen in diesem Jahr das abendliche Offenbach am Main.
Der Rhein-Main Kurzfilmpreis mit acht ausgewählten Beiträgen aus Mittel- und Osteuropa begibt sich auf eine Reise durch die Programmkinos im Rhein-Main-Gebiet. Dem geht die Auszeichnung eines Kurzfilms durch eine Jury, bestehend aus Leiter:innen der regionalen Lichtspielhäuser, mit einem Preisgeld von 2.500 Euro voraus.
Zusätzlich bietet das Paneuropäische Picknick im besten Fall ein Autokino in Wiesbaden, eine Ausstellung mit Videokunst aus Zentralasien, eine Auseinandersetzung mit audiovisuellen Protestformen in Belarus sowie erneut eine Masterclass und Sprachkurse zur einfachen Verständigung in mittel- und osteuropäischen Kulturkreisen.
Anti-Oscarabend mit Radu Jude und Dan Perjovschi
Ein besonderes Highlight des Rahmenprogramms ereignet sich an einem eigens für goEast kuratierten Anti-Oscarabend am 25. April 2021. Während in Los Angeles noch letzte Hand am roten Teppich angelegt wird, gestaltet der rumänische Regisseur und goEast Porträtgast aus dem Vorjahr, Radu Jude, im Museum Wiesbaden einen anspruchsvollen Filmabend ohne Glamour, aber dafür mit Substanz und Wodka. Umrahmt wird das Programm durch eine Action-Kunst-Ausstellung des rumänischen Künstlers Dan Perjovschi, der an fünf Festivaltagen seine berühmten Wandmalereien an verschiedenen Orten im Museum Wiesbaden umsetzt und seine Sicht auf die Academy Awards schildert.
21. goEast – Festival des mittel- und osteuropäischen Films (20. bis 26. April 2021) // goEast Symposium 2021: „Zentralasien enthüllen“ // Nachwuchs ohne Grenzen – Jetzt anmelden zum East-West Talent Lab
Wiesbaden/Frankfurt. Die künstlerische Vielfalt des Filmschaffens in Mittel- und Osteuropa präsentiert das vom DFF – Deutsches Filminstitut & Filmmuseum veranstaltete goEast – Festival des mittel- und osteuropäischen Films vom 20. bis 26. April 2021, und zwar nicht nur online, sondern nach Möglichkeit wieder dort, wo sie hingehört – vor Ort und in den Kinos im Rhein-Main Gebiet. Im vergangenen Jahr hat goEast erstmals mit einem hybriden und entzerrten Festivalprogramm auf die pandemiebedingt schwierige Situation für die Kulturbranche reagiert. Für die 21. Ausgabe von goEast streben die Festivalmacher:innen unter Einhaltung von Hygienemaßnahmen eine Rückkehr ins Kino an. Zusätzlich bieten Online-Veranstaltungsangebote möglichst vielen Freunden des zu oft noch unentdeckten Kinos aus Mittel- und Osteuropa ein (Film-)Kulturerlebnis der besonderen Art.
„Zentralasien enthüllen“ – goEast Symposium
Fünf Republiken Zentralasiens feiern in diesem Jahr 30 Jahre Unabhängigkeit und stehen gleichzeitig vor großen Herausforderungen. goEast widmet sich im Symposium “Zentralasien enthüllen” der Filmkultur in Kasachstan, Kirgisistan, Usbekistan, Tadschikistan und Turkmenistan. Mit Vorlesungen, Diskussionen und einem Filmprogramm kuratiert von Expert:innen wie Prof. Dr. Birgit Beumers vom Lehrstuhl für Slavische Literaturen und Kulturen der Universität Passau und Joël Chapron, Beauftragter für Zentralasien und Russland der Filmfestspiele Cannes, eröffnet das Festival ein Fenster in eine Filmlandschaft, die bisher zwar bei goEast vertreten war, doch nie im Mittelpunkt stand.
Vor allem der Einfluss der Sowjetunion auf die filmhistorische Entwicklung der Region seit 1922 steht im Fokus dieses Symposiums. Mit dem Kino sollten die wilden Gebiete Zentralasiens gebändigt und analphabetische Völker von den Errungenschaften des sowjetischen Regimes überzeugt werden. Exemplarisch für das Gebaren der UdSSR als Kolonialmacht stehen dabei frühe Kulturfilme wie Vladimir Erofeevs PAMIR. DACH DER WELT (Krysha mira, UdSSR, 1927) oder Viktor Turins TURKSIB (UdSSR, 1929).
In den ersten Dekaden nach dem Zweiten Weltkrieg galten die Staaten Zentralasiens als Sprungbrett für junge Filmschaffende aus Moskau und Kiew. In dieser Zeit gab es aber auch erste Konflikte im Spannungsfeld zwischen sowjetischer Zugehörigkeit und nationaler Identität. Das Publikum wendete sich zusehends einheimischen Genreproduktionen zu, wie Shukhrat Abbassovs usbekisch-sprachige Komödie DARÜBER SPRICHT DIE GANZE NACHBARSCHAFT (Mahallada duv-duv gap, UsSSR, 1960) oder auch Ali Hamroyevs OHNE ANGST (Bez strakha, UsSSR, 1972). Letzterer behandelt als „roter Western“ den Hujum, also die gewaltsame Entschleierung der Frauen, und dokumentiert die Zerrissenheit der Frau in Zentralasien zwischen Fortschritt und Tradition.
Mit dem Zusammenbruch des Ostblocks wandten sich die Länder Zentralasiens vom sowjetischen Wertesystem ab und versuchten, zu ihren Wurzeln zurückzukehren, ohne dabei auf nationale Werte zu achten. Das hatte zur Folge, dass ethnische und religiöse Gruppen, nomadische und sesshafte, Anhänger von Tengrismus und Islam zusammengewürfelt wurden, um eine „Nation“ zu bilden. Die entstehenden Konflikte spiegeln sich heute in kuriosen, ernsten und auch parodistischen Filmen wider.
Ein besonderes Augenmerk des Symposiums richtet goEast auch auf die Kasachische Neue Welle und ihren Einfluss in der Region in den Wendejahren und frühen 2000ern. Neben der Aufarbeitung der Sowjetzeit in Yusup Razykovs ORATOR (Voiz, Usbekistan, 1999) widmen sich Filme in dieser Zeit modernen Formen der Brautentführung wie in Ernest Abdyzhaparovs KLARE KÜHLE (Boz salkyn, Kirgisistan, 2007), der Erinnerungskultur wie Saodat Ismailovas 40 TAGE SCHWEIGEN (Chilla, Usbekistan, 2014) oder dem Bruch mit traditionellen Genderrollen wie Abai Kulbais STRIZH (Kasachstan, 2007). Trotz Weiterentwicklung, Wiederaufbau und Unabhängigkeit der Filmindustrien in Zentralasien, gibt es heute große Unterschiede zwischen den nationalen Kinematographien. So beleuchtet das Symposium auch die Tatsache, dass etwa Kasachstan eine der am weitest entwickelten Filmindustrien in der Region bietet, während jene in Turkmenistan praktisch stillsteht.
Nachwuchs ohne Grenzen
Noch bis 1. März haben junge Filmschaffende die Möglichkeit, sich für das East-West Talent Lab anzumelden. Das Nachwuchsprogramm von goEast richtet sich an Filmschaffende aus Mittel- und Osteuropa sowie aus Deutschland, die ihre aktuellen Projekte weiterentwickeln und sich untereinander vernetzen wollen. Aufgerufen sind sowohl Regisseur:innen mit ersten Projekten als auch Produzent:innen ohne eigene Projekte. Das Programm unterstützt insgesamt 30 Nachwuchstalente, die sich nach einem intensiven Programm aus Workshops zu Filmfinanzierung, Verleihstrategien oder Stoffentwicklung im Rahmen eines öffentlichen Pitches einer dreiköpfigen Expertenjury stellen. Das innovativste Projekt erhält den mit 3.500 Euro dotierten goEast Development Award. An ein Dokumentarfilmprojekt mit Schwerpunkt auf Menschenrechtsthemen wird überdies ein ebenfalls mit 3.500 Euro dotiertes Recherchestipendium verliehen. „Das East-West Talent Lab hat im vergangenen Jahr gezeigt, dass Nachwuchsförderung selbst unter Pandemiebedingungen funktioniert. Mit virtuellen Workshops und zahlreichen Videokonferenzen hat das Team von goEast wertvolle Erfahrungen gesammelt, auf die in Zukunft zurückgegriffen werden kann. Trotzdem gehört es zur Förderung der jungen Talente aus Mittel- und Osteuropa natürlich mit dazu, sich auch von Angesicht zu Angesicht zum persönlichen Austausch zu treffen. Ich bin vorsichtig optimistisch, dass das in diesem Jahr wieder möglich wird“, sagt Andrea Wink, Koordinatorin des Nachwuchsprogramms bei goEast.