Kategorie-Archiv: Museum Angewandte Kunst

„Was wir sammeln“ vom 25. November 2023 – 7. April 2024 im Museum Angewandte Kunst Frankfurt am Main

image001Von banalen Alltagsgegenständen wie bunten Spülschwämmen, über Bananenaufkleber aus der ganzen Welt, Einwegbesteck und Fahrrädern bis hin zu Leuchtreklamen von bekannten Marken: Mit der Ausstellung Was wir sammeln fragt das Museum Gestalter:innen aus dem Großraum Frankfurt am Main, was und warum sie privat sammeln. Neben den gezeigten Objektsammlungen können Besucher:innen in der Ausstellung die Erzählungen der einzelnen Gestalter:innen nachlesen, die darin auf verschiedene Weise über das Zustandekommen ihrer privaten Sammlungen berichten. Die Objekte haben für die Sammler:innen unterschiedliche Bedeutungen: Sie können Zeitkapseln, Lebensbegleiter, Erinnerungsträger oder einfach nur eine spontane Entdeckung sein. Sammeln stellt somit nicht nur die Frage nach dem Umgang mit Dingen, sondern ist vielmehr ein Kommunikationssystem, ein Zeichensystem, eine gesellschaftliche Sprache.

Die Ausstellung fragt nach Zusammenhängen von Gestaltung und Sammeltätigkeit. Was sammeln Gestalter:innen, die innerhalb ihrer Profession Objekte im Hinblick auf Form, Material, Funktion, Verarbeitung und auf gesellschaftliche oder historische Kontexte untersuchen? Mit dem „Wir“ im Ausstellungstitel wird die Verbindung zwischen Gestalter:innen und Museum verdeutlicht. So sollen Zusammenhänge, Hintergründe und Motivationen des Sammelns thematisiert und Kontextualisierungen über das Museum hinaus ermöglicht werden. Die Ausstellung fragt nach den verschiedenen Aspekten des Sammelns vom privaten Bereich bis hin zur kulturellen Praxis: Was lässt sich über das Sammeln herausfinden? Was lässt sich miteinander teilen?

Ausgangspunkt von Was wir sammeln sind die eigenen Sammlungen des Museum Angewandte Kunst, die in der Geschichte des Hauses teilweise als Übereignung oder Dauerleihgabe privater Sammlungen zu einer permanenten institutionellen Bewahrung, Erforschung und Sichtbarmachung in das Museum aufgenommen wurden. Die Gegenstände einer Sammlung wie dem Museum Angewandte Kunst zeichnen sich durch eine Kombination aus Ästhetik, Funktion und Gebrauch, handwerklicher Qualität, gestalterischem Prozess, Innovation und Experiment, historischem Kontext und kultureller Bedeutung aus. Hieraus formt sich ihre Eigenerzählung und trägt jedes Objekt zugleich zur Erzählung der Geschichte der angewandten Kunst bei. Zur Eigenerzählung eines Objekts gehört auch dessen Provenienz, seine Herkunft – und damit eine geschichtliche Zeugenschaft, haben sich doch verschiedene Akteur:innen wie beispielsweise Sammler:innen in die Geschichte der jeweiligen Objekte eingeschrieben. Objekte, so ließe sich sagen, entsprechen daher einem Gedächtnis, das in den Worten des deutschen Philosophen und Kulturkritikers Walter Benjamin (1892-1940), nicht ein Instrument zur Erkundung der Vergangenheit ist, als vielmehr deren Schauplatz.

Die Ausstellung Was wir sammeln ist eine temporäre Erweiterung der dauerhaft eingerichteten Sammlungspräsentation Elementarteile. Aus den Sammlungen im Museum Angewandte Kunst.

Gestalter:innen: Adrian Nießler, Annette Gloser, Antonia Henschel, Barbara Glasner, Betty Montarou, Burkhard Dämmer, Dorothee Merg, Frank Landau, Franziska Holzmann, Isabel Naegele, Jonathan Radetz, Kai Linke, Katharina Pennoyer, Marica Schaafhausen, Martin Schwember, Mario Lorenz, Markus Frenzl, Markus Weisbeck, Michael Dreher, Moni Port, Peter Eckart, Peter Zizka, Philip Waechter, Sandra Doeller, Sebastian Oschatz, Max Wolf, Mathias Wollin, Stefan Hauser, Tobias Cunz, Volker Albus

Museum Angewandte Kunst
Schaumainkai 17
60594 Frankfurt am Main
Information T +49 69 212 31286 F +49 69 212 30703 info.angewandte-kunst@stadt-frankfurt.de www.museumangewandtekunst.de

Öffnungszeiten
Mo, Do geschlossen
Di, Fr–So 10–18 Uhr Mi 10–20 Uhr
Eintritt 12 Euro, ermäßigt 6 Euro Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren sowie Studierende der Goethe-Universität Frankfurt, der Städelschule und der HfG Offenbach fre

Sonder-Programm vom Museum Angewandte Kunst und Ikonenmuseum beim Frankfurter Museumsuferfest 2023

Im und rund um das Museum Angewandte Kunst Frankfurt erwartet Besucher ein umfangreiches Sonderveranstaltungsprogramm zum Museumsuferfest 2023 © Foto Diether von Goddenthow
Im und rund um das Museum Angewandte Kunst Frankfurt erwartet Besucher ein umfangreiches Sonderveranstaltungsprogramm zum Museumsuferfest 2023 © Foto Diether von Goddenthow

In Kooperation mit dem Museum Angewandte Kunst und der Design FRM gGmbH laden diesen Sommer die Musikbar AMP, das Restaurant Emma Metzler und der Musikverein Jazz Montez wieder zum Musik- und Kulturfestival EL BARRIO DE EUROPA ein.

Mit dem Besten aus Kulinarik, Live-Musik und DJ-Sets entsteht im Park rund um das Museum drei Tage lang ein vielfältiges Freilufterlebnis. Auf einer Bühne im Metzlerpark und auf der Terrasse der Emma Metzler sorgen Livebands und DJs für Musikgenuss vom Feinsten. Im Museumshof bieten Stände ausgewählte internationale Speisen und Getränke an. In zwei Nächten verwandelt sich das Foyer des Museum Angewandte Kunst in einen Club, in dem elektronische Tanzmusik Körper in Bewegung setzt.

Auf einer Bühne im Metzlerpark versorgen Livebands und DJs die Besucher:innen mit einem abwechslungsreichen und spannenden Musikangebot von zeitgenössischem Jazz über Afrobeat bis hin zu lateinamerikanischen Beats. Hier treten neben Jembaa Groove und Daniel Haaksman auch die Holidays Band und Midnight Fire auf, die sich über den Sommer in Frankfurt gegründet und während der Jazz Montez-Veranstaltungsreihe Holidays für Furore gesorgt haben. Auf der Terrasse des Restaurants Emma Metzler runden AMP Resident DJs wie Sedaction, das DJ DUO BUTTMONEY oder Lilosh das vielfältige musikalische Programm ab.

In zwei Nächten entsteht im Foyer des Museum Angewandte Kunst ein Club. Progressive Beats von Cosmic Cherry, 2:cloudy oder Johannes Albert laden dazu ein, bis spät in die Nacht zu tanzen.

Auf dem Food Court im Museumshof bereitet das Restaurant Emma Metzler Yakitori Tacos zu, während Freunde der Emma Metzler weitere Leckereien anbieten: Es gibt Lahmacun von Simplon, lateinamerikanische Arepas von Mein Niko und bestes hausgemachte Eis von Antipodeon Gelato aus dem Nordend. Kaffee wird von Due Mani zubereitet, während Ebb & Flow Keg Wein aus Rheinhessen zapft. Und wie immer auch dabei: legendäre Drinks von der Bar AMP.

Der Werkstattwagen der Bewerbung Frankfurt RheinMain als World Design Capital 2026 wird unter dem Claim Design for Democracy. Atmospheres for a better life Teil von El BARRIO 2023 sein. Um ihn herum entsteht im Hof des Museum Angewandte Kunst eine offene partizipative Werkstatt für alle, in der die Besucher:innen mehr über die Inhalte der Bewerbung erfahren und bei verschiedenen Beteiligungsformaten mitmachen können. Unter anderem werden sie die Möglichkeit haben, ihren eigenen Demokratie-Hocker zu bauen, der nur in einem gemeinschaftlichen Prozess fertiggestellt werden kann.

Das Programm im Überblick

Freitag, 25. August 2023

15–20 Uhr
Infostand am Museum
MUF-Buttons, Kataloge und Designobjekte zum Kauf

Live Bühne im Metzlerpark
19 Uhr Holidays Band
20.30 Uhr Midnight Fire
22 Uhr Daniel Haaksman ft. MALAGÜERA

Terrasse des Restaurants Emma Metzler
18 Uhr Sedaction
21 Uhr DJ DUO BUTTMONEY

Museumshof
16–20 Uhr Demokratie-Hocker bauen und weitere partizipative Angebote am Design for Democracy Werkstattwagen

Clubnacht im Museum (Eintritt: 15 Euro)
23.30 Uhr Cosmic Cherry
2 Uhr 2:cloudy

Samstag, 26. August 2023
16–20 Uhr

Infostand am Museum
MUF-Buttons, Kataloge und Designobjekte zum Kauf

Erdgeschoss Museum
15–17 Uhr Weinprobe mit J.B. Becker, Rheingau
Vier Gruppen je 30 Minuten

17 Uhr Bertolt Meyer, Live-Konzert

Live Bühne im Metzlerpark
15 Uhr Michael Rütten (DJ set)
17 Uhr Holidays Band
18.30 Uhr Midnight Fire
20 Uhr Jembaa Groove
22 Uhr CRAZYMIND (DJ set)

Terrasse des Restaurants Emma Metzler
18 Uhr Minju
21 Uhr Lilosh

Museumshof
16–20 Uhr Demokratie-Hocker bauen und weitere partizipative Angebote am Design for Democracy Werkstattwagen

Clubnacht im Museum (Eintritt: 15 Euro)
23.30 Uhr David Jackson
2 Uhr Johannes Albert

Sonntag, 27. August 2023
11–15 Uhr

Infostand am Museum
MUF-Buttons, Kataloge und Designobjekte zum Kauf
Live Bühne im Metzlerpark
15.00 Riverside Session
17.00 Julie Kuhl & the Lonely Freaks
18.30 Midnight Fire
20.00 Lauer (DJ set)

Terrasse des Restaurants Emma Metzler
16 Uhr lovestoned
20 Uhr Baby Tooth

Museumshof
16–20 Uhr Partizipative Angebote am Design for Democracy Werkstattwagen

Ausstellungen im Museum:
SUMMER SCHOOL (Erdgeschoss)
Elementarteile. Aus den Sammlungen (1. Obergeschoss)
Stilräume. Aus den Sammlungen (Villa Metzler)

Ikonenmuseum:
Sakrale Bilder aus Griechenland, Russland, den Balkanländern und Äthiopien aus einem Zeitraum von fünf Jahrhunderten warten im Ikonenmuseum darauf, von Besucher:innen während des Museumsuferfestes 2023 entdeckt zu werden. Sie erzählen auf vielfältige Art und Weise von den Hoffnungen, Wünschen und Vorstellungen der Menschen, die sie gefertigt haben. Besonderes Highlight in diesem Jahr ist die neu gestaltete äthiopische Sammlung des Ikonenmuseums, die einzigartig in der deutschen Musemslandschaft ist. Kreuze, illuminierte Handschriften, liturgische Objekte und Ikonen zeugen von einer der ältesten christlichen Kulturen der Welt, die heute auch in Frankfurt lebendig gehalten wird.

Mit einer ukrainischen Ikonenmalerin und Kunsthistorikerin können Besucher:innen die faszinierende Welt der Ikonen auch in Führungen in russischer Sprache kennenlernen.

Programm:
Freitag, 25.8.2023:
16 Uhr: Kreuze aus Äthiopien – Kuratorinnenführung durch die neu gestaltete äthiopische Sammlung

Samstag, 26.8.2023:
12 Uhr: Kreuze aus Äthiopien – Kuratorinnenführung durch die neu gestaltete äthiopische Sammlung
14 Uhr: Ikonenführung in russischer Sprache

Sonntag, 27.8.2023:
14 Uhr: Ikonenführung in russischer Sprache

Gesamtprogramm Frankfurter Museumsuferfest 2023

Frankfurt RheinMain auf dem Weg zur „World Design Capital 2026″

Gemeinsam präsentierten Dr. Ina Hartwig, Dezernentin für Kultur und Wissenschaft, Karin Wolff, Geschäftsführerin Kulturfonds Frankfurt RheinMain und Professor Matthias Wagner K, Direktor Museum Angewandte Kunst heute  im Museum Angewandte Kunst Frankfurt erstmalig die umfangreiche Bewerbung von Frankfurt RheinMain um den Titel World Design Capital 2026.
Am 20. Juni 2023 hatte die World Design Organization™ (WDO) mit Sitz in Montreal, Kanada, die Region „Frankfurt RheinMain als eine der zwei Finalisten für den Titel World Design Capital 2026 bekannt gegeben. Neben Riad, Saudi-Arabien hatte sich Frankfurt RheinMain mit dem Claim Design for Democrcacy. Atmospheres for a better life gegen die anderen Bewerber durchgesetzt und damit einen entscheidenden Meilenstein erreicht, den angesehenen Titel zu erhalten. Im Oktober 2023 wird die finale Entscheidung bei der offiziellen WDO Jahreshauptversammlung in Tokio, Japan, bekannt gegeben.

Der Titel World Design Capital® wird alle zwei Jahre von der WDO vergeben und ist ein international anerkanntes Programm, initiiert aus der Gestaltungsbranche als Würdigung von Städten und Regionen für ihren effektiven Einsatz von Design zur Förderung der kulturellen, wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Entwicklung. In einem einjährigen umfangreichen Veranstaltungsprogramm präsentiert sich die designierte Stadt oder Region als Zentrum für Design, Kreativität und Innovation. Sie wird Teil eines internationalen Netzwerks und erfährt einen starken Zuwachs von Tourist:innen. Die internationale Auszeichnung ging in der Vergangenheit an Städte wie Helsinki, Kapstadt, Lille Métropole, Seoul oder Mexiko City. Diese Städte haben sich zu prominenten Designzentren entwickelt, die noch heute von ihrer Ernennung zur World Design Capital profitieren.

Frankfurt RheinMain hat sich mit dem Claim Design for Democracy. Atmospheres for a better life beworben. Seit über zwei Jahren hat das Team der Projektgesellschaft unter der Leitung von Prof. Matthias Wagner K im Auftrag der Stadt Frankfurt am Main und des Kulturfonds Frankfurt RheinMain die Bewerbung intensiv ausgearbeitet. Die Ende März 2023
abgegebenen Bewerbungsunterlagen beinhalteten eine ausführliche Darstellung der Vision hinter dem Claim, ein Imagevideo über die Region RheinMain und das Thema sowie die Beantwortung eines umfangreichen Fragenkataloges.

Zusammenfassung der Vision hinter dem Claim Design for Democrcacy. Atmospheres for a better life

Frankfurt RheinMain – die Stadt Frankfurt am Main im Verbund mit Städten und Gemeinden der RheinMain-Region – bewirbt sich mit dem Claim Design for Democracy. Atmospheres for a better life um den Titel World Design Capital 2026. Die Bewerbung baut auf umfassende gesellschaftliche Transformationen durch Gestaltung und angewandte Wissenschaften auf, die seit mehr als 550 Jahren den Lebens-, Wirtschaftsund Kulturraum Frankfurt RheinMain auszeichnen. Sie ist sich den Krisen der Jetztzeit bewusst und definiert sie als gute Probleme, die gute gestalterische Lösungen erfordern.

Die Bewerbung setzt auf Visionen, Utopien und entsprechende Narrative als Treiber und Kompass gestalterischen Tuns, auf eine Gestaltung, der die Kraft zur Imagination und die Fähigkeit innewohnt, Erdachtes Wirklichkeit werden zu lassen. Neben herausragenden und interdisziplinären Pilotprojekten sollen experimentelle und modellhafte
Vorhaben ermöglicht werden, die es im kleinen oder großen Maßstab umzusetzen, zu testen und sichtbar zu machen gilt. Und zwar in allen relevanten Bereichen des Zusammenlebens, wie Arbeiten, Bauen, Bildung, Energie, Gesundheit, Industrie, Konsum, Kultur, Mobilität, öffentlicher Raum, Sport und Wohnen.

Design for Democracy bedeutet ein verantwortungsvolles Gestalten zur Erleichterung, Erweiterung, Erhaltung und Intensivierung des Lebens – ein Gestalten guter, partizipativer Lösungen für gute Probleme, die sich aus den Veränderungen der Umwelt, von Technologie, Wirtschaft und Gesellschaft ergeben. Zugleich versteht sich Design for Democracy als eine Bewegung von ganz unterschiedlichen Akteur:innen, die auf eine potenzielle Gestaltbarkeit einer lebenswerten Zukunft setzen. Die bereit sind, glaubhaft neue Möglichkeiten für die Gestaltung von Prozessen, Strukturen und Atmosphären zu entwickeln, die ein AufeinanderZugehen und ein streitbares Miteinander im Hier und Jetzt ermöglichen.

Atmospheres for a better life spielt einerseits ganz konkret auf die Atmosphäre unseres Planeten als Grundlage allen Lebens an. Und andererseits meint Atmosphäre etwas Zwischenmenschliches, Ästhetisches, etwas, das mit Stimmungen, im besten Fall mit einer Resonanzerfahrung zu tun hat. Laden öffentliche Plätze zur Teilhabe, zum Verweilen und zum Austausch ein, kümmern sich die Menschen um sie oder lassen sie ihren Müll liegen, weil die Plätze sie nicht berühren? Dabei gewährleistet erst der öffentliche Raum die physischen und psychischen Bedingungen für öffentliches und privates Handeln, für Begegnung und Erleben von Differenz. Denn hier findet Inklusion von Menschen statt – mit all ihrer Diversität, Verschiedenartigkeit und Heterogenität. Ihn derart zu gestalten, dass er Raum für Interaktionen und Prozesse der Meinungsbildung und Konsensfindung schafft, ist die Herausforderung der kommenden Jahre.

Design for Democracy. Atmospheres for a better life stellt das Versprechen in den Raum, dass ein besseres Leben noch gar nicht erreicht ist. Das Versprechen, dass sich an die Demokratie knüpft, die als Regierungsform die eigene Verbesserungswürdigkeit in ihre Grundlage aufgenommen hat. Das besagte bessere Leben kann dabei nur eines sein, was auch nachfolgenden Generationen ein solches ermöglicht. Die damit einhergehende Verantwortung ist eine, deren Basis auf einem Eigenwillen beruht, weil am eigenen Sein und anhand der eigenen Biografie die Probleme unserer Zeit erspürt werden können. Es ist eine Verantwortung im erweiterten Sinne, sprich in Bezug auf eine andere Person, eine Gruppe oder Gesellschaft. Und weil es bekanntlich glücklicher macht, ins Handeln zu kommen und schöne, gute Dinge zu gestalten.

Design for Democracy. Atmospheres for a better life ist eine Einladung zur aktiven Beteiligung an der Gestaltung der Lebensräume und der freiheitlichen Demokratie – auch als Hoffnung für all jene Menschen, denen diese genommen wurde, gerade genommen wird oder die nach ihr streben.

Zwölf Handlungsfelder
Im Sinne von Design for Democracy. Amospheres for a better life wurden in der Bewerbung zwölf Handlungsfelder definiert, die in der Gestaltung des gesellschaftlichen Miteinanders am drängendsten sind. Sie bestimmen und strukturieren die Basisarbeit als Plattformgeber zur Entwicklung des Programms für das World Design Capital 2026: Arbeiten, Bauen, Bildung, Energie, Gesundheit, Industrie, Konsum, Kultur, Mobilität, öffentlicher Raum, Sport und Wohnen.

Weitere Informationen unter: https://designfrm.de/de/

THEATER DER WELT 2023 im Museum Angewandte Kunst mit „Incubation Pod. Dreaming worlds“ vom 30.06. bis 16.07.2023

Das Festival Theater der Welt lässt im Museum Angewandte Kunst eine große, erlebbare Traumwelt entstehen. Ein vielseitiges Programm mit Workshops, Mitmachangeboten, Führungen, Vor- und Nachgesprächen und vielem mehr lädt Kinder und Jugendliche zum Erkunden ein. © Foto Diether von Goddenthow
Das Festival Theater der Welt lässt im Museum Angewandte Kunst eine große, erlebbare
Traumwelt entstehen. Ein vielseitiges Programm mit Workshops, Mitmachangeboten,
Führungen, Vor- und Nachgesprächen und vielem mehr lädt Kinder und Jugendliche zum
Erkunden ein. © Foto Diether von Goddenthow

Für „Theater der Welt“, dem bedeutendsten internationalen Theaterfestival Deutschlands , verwandelt sich das Museum Angewandte Kunst in Frankfurt – einer der zentralen Treffpunkte des Festivals – in einen Incubation Pod, eine Art große, erlebbare Traumwelt. Die performative Ausstellung läuft vom 29. Juni bis 16. Juli 2023. Am 8. Juli bei der Nacht des Museums, wird das Museum Angewandte Kunst eine ganze Nacht lang geöffnet sein.

Die Intendanten des Festivals, Anna Wagner, Marcus Droß, Matthias Wagner K. und Anselm Weber haben die Programmdirektion an die japanische Festivalmacherin Chiaki Soma übertragen. Zum ersten Mal in seiner Geschichte wird das Festival damit von einer außereuropäischen Programmdirektorin geleitet. Chiaki Soma reagiert mit ihrem kuratorischen Konzept auf die aktuellen Geschehnisse in Europa und der Welt. Gegen die kontinuierlich folgenden Krisen von Pandemie, Klimawandel und bedrohlicher neoimperialistischer Machtpolitik erforschen die eingeladenen Künstler des Festivals neue, von Fürsorge und Verantwortung geprägte Umgangsweisen mit Umwelt, Gesellschaft und Kunst. Zwischen Theater, Tanz, Performance und Installation erschüttern sie binäre Grenzen – zwischen Ost und West, männlich und weiblich, real und virtuell, menschlich und nicht-menschlich. Damit öffnen sie Türen zu anderen Welten, erschließen neue Verbindungen und laden ein, gemeinsam Visionen eines vielschichtigen Miteinanders zu erkunden.

Erfahrungen sammeln mit einer künstlichen körperfremden Meta-Gebärmutter, als sei es ein eigenes Körperteil (Body-B) Das Kollektiv Keiken wurde 2015 von Tanya Cruz, Hana Omori und Isabel Ramos gegründet. „Keiken“ bedeutet aus dem Japanischen übersetzt „Erfahrung“ und diese steht im Zentrum der künstlerischen Praxis des Kollektivs. Aus Filmen, Spielen, Installationen, Extended Realities, Blockchains und Performances bauen sie spekulative Welten, die Realitätswahrnehmu gen durchbrechen. © Foto Diether von Goddenthow
Erfahrungen sammeln mit einer künstlichen körperfremden Meta-Gebärmutter, als sei es ein eigenes Körperteil (Body-B) Das Kollektiv Keiken wurde 2015 von Tanya Cruz, Hana Omori und Isabel Ramos gegründet. „Keiken“ bedeutet aus dem Japanischen übersetzt „Erfahrung“ und diese steht im Zentrum der künstlerischen Praxis des Kollektivs. Aus Filmen, Spielen, Installationen, Extended Realities, Blockchains und Performances bauen sie spekulative Welten, die Realitätswahrnehmu gen durchbrechen. © Foto Diether von Goddenthow

Im Museum Angewandte Kunst können Besucher während des Festivals Theater der Welt an interaktiven Installationen, virtuellen Realitäten, Performances, Workshops und Gesprächen teilnehmen, die die Aspekte des Begriffs Inkubationismus auf einzigartige Weise aufgreifen und zum Nachdenken und Träumen anregen. Das besondere internationale Programm versammelt verschiedene Formen und Ansätze der künstlerischen Verarbeitung, Ritualisierung und Behandlung individueller wie auch geteilter Inkubationszustände, Zeiten der Ungewissheit und des Wartens.

Das tunesische Kollektiv El Warcha steht für Experimentierfreude als Katalysator für Reflexion und Wissensaustausch. Ausgehend von einem großen Engagement für Materialkreisläufe, kreative Umnutzungen und Nachhaltigkeit denken ihre partizipativen, pädagogischen Konzepte Lebensräume neu.  © Foto Diether von Goddenthow
Das tunesische Kollektiv El Warcha. bekannt von der documenta fifteen steht für Experimentierfreude als Katalysator für
Reflexion und Wissensaustausch. Ausgehend von einem großen Engagement für
Materialkreisläufe, kreative Umnutzungen und Nachhaltigkeit denken ihre partizipativen,
pädagogischen Konzepte Lebensräume neu. © Foto Diether von Goddenthow

Die Programmdirektorin Chiaki Soma erklärt den Begriff Inkubationismus in Bezug auf ihr Festivalprogramm wie folgt: „Mit dem Wort Inkubation verbinden sich verschiedene Assoziationen: einerseits das Entstehen von neuem Leben, andererseits die oft beunruhigende Phase vor dem Ausbruch einer Krankheit. Während der anhaltenden Covid19-Pandemie haben viele Menschen in Quarantäne oder in Selbstisolation Inkubationszeiten durchlebt, ohne zu wissen, wie lange diese Zustände andauern und wohin genau sie führen würden. Einige mögen solche Zeiten des Wartens als besonders einschränkend und unproduktiv empfinden. Ich glaube aber, dass uns durch Inkubationserfahrungen (im doppelten Sinne des Wortes) auch etwas bewusst werden könnte. Zum Beispiel, dass wir alle potenzielle Patienten sind, die Fürsorge benötigen. Dass unsere Körper und unser Leben – ebenso wie die Viren – zu einem größeren Ökosystem gehören. Und dass wir daher lernen müssen, nicht-menschliches Leben und den Planeten als Ganzes zu respektieren, und dass unsere kognitiven und sozialen Systeme dringend auf Harmonie und Koexistenz mit allen Dingen auszurichten sind. Wir müssen uns (wieder) an unbestimmte, nichtlineare Zeitlichkeiten gewöhnen. Inkubationszeiten – Zustände der Ungewissheit und des Aussetzens – können auch als generatives Moment verstanden werden, vielleicht sogar als Quelle der Kreativität. Diese Haltung nenne ich Inkubationismus.“

Die Arbeiten der Künstler laden die Besucher ein, in interaktive Installationen und virtuelle Realitäten einzutauchen, regen zum Nachdenken sowie Träumen an und lassen im Museum einen Ort zum Verweilen und Kräfte sammeln entstehen. Eine Vielzahl von Performances, Workshops und Gesprächen runden das vielfältige Programm ab. Neben der Weltpremiere von Echo´s Chamber feiern zwei Arbeiten von Aya Momose Europapremieren.

Rundgang:

ITI Academy Space im Untergeschoss 
Die ITI Academy ist ein Austausch-, Mentoring- und Qualifizierungsprogramm für aufstrebende Künstler und Kuratoren. In vier Modulen wurde bis zum Festival Theater der Welt die Zukunft von Internationalität und Diversität in den Darstellenden Künsten verhandelt. Das Fellowship bietet die Möglichkeit, Wissen zu teilen, die eigene Praxis zu reflektieren, zu vertiefen und nicht zuletzt diese auch sichtbar zu machen.

 Die Werkstatt von El Warcha im Erdgeschoss 

Die Werkstatt des tunesischen Künstlerkollektivs El Warcha lädt Besucher  ein, sich hier aufzuhalten und gemeinsam einen kollektiven Ort zu gestalten. © Foto Diether von Goddenthow
Die Werkstatt des tunesischen Künstlerkollektivs El Warcha lädt Besucher ein, sich hier aufzuhalten und gemeinsam einen kollektiven Ort zu gestalten. © Foto Diether von Goddenthow

Die Werkstatt  des tunesischen Kollektivs El Warcha ist eine wandelbare, begeh- und bespielbare Installation aus gefundenen und wiederverwendbaren Materialien im Erdgeschoss des Museums. Der Raum wurde vom tunesischen Künstler:innenkollektiv El Warcha (arab. „die Werkstatt“) im Vorfeld des Festivals gemeinsam mit Kindern und Jugendlichen gestaltet. Als Teil des Incubation Pod dient der Raum als Abenteuerspielplatz, Treffpunkt und Entspannungsraum. Ein gestaltbares Naherholungsgebiet, das alle Besucher:innen einlädt, sich hier aufzuhalten und gemeinsam einen kollektiven Ort zu gestalten, der sich mit jedem Besuch weiterentwickelt und wächst. Abends verwandelt sich die Werkstatt in eine träumerische Landschaft, die vielfältige Veranstaltungen beherbergen wird.

Erstes Obergeschoss im Museum Angewandte Kunst

Videoinstallation Zukhra von Saodat Ismailova 

An der Schnittstelle von intimen persönlichen Erinnerungen und kollektivem historischen Gedächtnis berührt Zukhra Themen wie Trauer, die Auflösung von Grenzen und die Geschichte der Emanzipation von Frauen in Zentralasien. © Foto Diether von Goddenthow
An
der Schnittstelle von intimen persönlichen Erinnerungen und kollektivem historischen
Gedächtnis berührt Zukhra Themen wie Trauer, die Auflösung von Grenzen und die
Geschichte der Emanzipation von Frauen in Zentralasien. © Foto Diether von Goddenthow

In ihrer Videoinstallation verknüpft Saodat Ismailova Bild, Text und Klang zu einer mehrstimmigen Zeiterfahrung und matriarchalen Geschichte. Einer zentralasiatischen Legende nach verschwand eines Tages eine junge Frau und verwandelte sich in den Planeten Venus, den strahlenden Morgenstern, der Frauen noch heute Wünsche erfüllt. An der Schnittstelle von intimen persönlichen Erinnerungen und kollektivem historischen Gedächtnis berührt Zukhra Themen wie Trauer, die Auflösung von Grenzen und die Geschichte der Emanzipation von Frauen in Zentralasien. Auf traditionellen usbekischen Matten ruhend, sehen wir eine schlafende Frau, hören ihren Herzschlag und Klänge aus ihrer Vergangenheit. Das emblematische Bild der Schlafenden, der Träumenden, die allmählich verschwindet, eröffnet die Reise durch die künstlerischen Traumwelten des Incubation Pod.

Interaktive „Gebärmütter“ des Kollektivs Keiken

„Bet(a) Bodies“ sind künstliche Meta-Gebärmütter, die die Besucher, auf einer langen Bank liegend, anlegen können. Eine Erfahrung der dritten Art. © Foto Diether von Goddenthow
„Bet(a) Bodies“ sind künstliche Meta-Gebärmütter, die die Besucher, auf einer langen
Bank liegend, anlegen können. Eine Erfahrung der dritten Art. © Foto Diether von Goddenthow

Die interaktive Installation, die das Kollektiv Keiken eigens für den Incubation Pod gestaltet hat, kombiniert zwei immersive Arbeiten, die Besucher einladen, neue Wahrnehmungs- und Bewusstseinssphären zu erkunden: „Bet(a) Bodies“ sind künstliche Meta-Gebärmütter, die die Besucher, auf einer langen Bank liegend, anlegen können. Die Gebärmütter senden Klangfrequenzen und Vibrationen an den Körper aus. Diese stammen von Tierspezies wie Fledermäusen, Delfinen, Grillen und Fröschen, die über Ultraschall kommunizieren. Als eine Übung in Empathie sollen  die „Bet(a) Bodies“ animalische, instinktive und emotionale Gehirnbereiche aktivieren und  eine wie auch immer geartete Erweiterung des menschlichen Körpers ermöglichen, die uns mit dem Unbekannten verbinden können soll.

Aus dem Bällebad mit einer 360°-VR-Brille Welt erkunden

Im "Bällebad" mit VR-Brille die künstliche Welt neu entdeckten.  © Foto Diether von Goddenthow
Im „Bällebad“ mit VR-Brille die künstliche Welt neu entdeckten. © Foto Diether von Goddenthow

Die meditative Virtual-Reality-Erfahrung Taizōkai ist Teil von Keikens jüngstem Interesse an der Erkundung einer „protopischen“ Welt, die in einer radikal anderen Zeit und einem anderen Raum existiert. Die Besucher sind eingeladen, in einem Bällebad liegend und mit einer 360°-Brille in die Entstehungsgeschichte dieser sich ständig weiterentwickelnden protopischen Welt einzutauchen. Diese neue Welt kann eigenständig erkundet werden und die Umgebung eröffnet den Raum für Vorstellungen von einer Existenz, die anders ist, als all das, was wir über den Körper und unsere Gesellschaft wissen. Taizōkai ist die Fortführung von Keikens Forschungen zur Morphogenese – dem biologischen Prozess, durch den ein Organismus seine Form entwickelt – und deren Beziehung zu Bewusstsein, Spiritualität und der Vorstellung von zukünftigen Welten.

Schoot Echo’s Chamber  – Kognitionen in eigener Blase von Boogaert/Vander  – Weltpremiere

Boogaert/VanderSchoot Echo’s Chamber – Weltpremiere. © Foto Diether von Goddenthow
Boogaert/VanderSchoot Echo’s Chamber – Weltpremiere. © Foto Diether von Goddenthow

Körper schwingen und klingen. Selbst dann, wenn es still zu sein scheint. Weit entfernt von jenen leeren Echokammern, in denen Menschen von Algorithmen nur mit dem gefü ttert werden, was sie schon kennen und hören wollen, erforschen Boogaerdt/VanderSchoot (BVDS) „Echos Kammer“ als offenen, poetischen, mythologischen Raum der Begegnung und der Portale. Aus unterirdischen Pilzgeflechten erwächst hier ein Wesen, weder Mann n och Frau, weder Tier noch Pflanze: Pan, Actaeon, Dionysos, Osiris oder Grüner Mann – ein Wesen, das schon immer da gewesen ist und stets im Werden begriffen ist.

In ihrer eigens für den Incubation Pod entwickelten immersiven Rauminstallation, zelebrieren BVDS zusammen mit Klara Alexova meditative Live-Sound-Sessions und Klangbäder für das Publikum.

Neben der Installation Echo’s Chamber wird es an den folgenden Terminen Performances mit dem gleichnamigen Titel geben: 30. Juni, 20–23 Uhr; 1. Juli, 19–22 Uhr; 2. Juli, 16 Uhr; 7. Juli, 19, 22 Uhr; 8. Juli, 21, 23, 1 Uhr; 9. Juli, 16 Uhr

Tickets können für 20 Euro/ 15 Euro ermäßigt unter folgendem Link erworben werden: https://theaterderwelt.de/echos-chamber-performance-2/
Am 30. Juni ist die Performance im Rahmen der Eröffnung kostenlos.

Am 8. Juli, Nacht des Museums,  findet um 19 Uhr  im Museum Angewandte Kunst ein Szenografischer Salon mit den Künstlern von BvdS, Meiro Koizumi und Saeborg statt.

Zweites Obergeschoss im Museum Angewandte Kunst

Aya Momose Jokanaan

Der abgeschlagene Kopf von Johannes dem Täufer liegt auf dem Silbertablett. © Foto Diether von Goddenthow
Der abgeschlagene Kopf von Johannes dem Täufer liegt auf dem Silbertablett. © Foto Diether von Goddenthow

Der abgeschlagene Kopf von Johannes dem Täufer liegt auf dem Silbertablett, doch Salome fleht ihn ekstatisch an, sie anzuschauen. In ihrer Videoinstallation Jokanaan verarbeitet Aya Momose diese berühmte Opernszene: Während ein Mann seinen Mund und Körper zum intensiven Opernsoundtrack bewegt, werden diese Bewegungen mittels Motion -CaptureVerfahren digitalisiert und auf die computergenerierte Fantasiefigur einer Frau übertragen. In der Gegenüberstellung beider Körper und ihrer Gesten entsteht zeitweise die Illusion einer spannungsgeladenen Liebesbeziehung. Doch wo verorten sich hier die Emotionen?

Aya Momose Social Dance

Aya Momoses dokumentarische Video-Arbeit Social Dance. © Foto Diether von Goddenthow
Aya Momoses dokumentarische Video-Arbeit Social Dance. © Foto Diether von Goddenthow

Aya Momoses dokumentarische Video-Arbeit Social Dance verarbeitet die persönlichen Erfahrungen und Formen von Sprache einer tauben Tänzerin. Aufgebracht unterhält sich eine im Bett liegende Frau mit ihrem Ex-Partner. Worte sind nicht zu hören: Die Konversation wird in Gebärdensprache geführt. Es ist eine emotionale und bewegte Szene. Verständigungslücken und Missverständnisse entstehen. Dabei stehen die Hände als Sprachrohr und Spiegel innerster Gedanken und Gefühle im Mittelpunkt. Indem sie Intimität, Vertrauen und Akzeptanz vermitteln, können sie Beziehungen stärken.

Aya Momose Performing Acupuncture

Aya Momose taktile Therapie-Performance. 6 Besucher können jeweils teilhaben. © Foto Diether von Goddenthow
Aya Momose taktile Therapie-Performance. 6 Besucher können jeweils teilhaben. © Foto Diether von Goddenthow

Was wünschen oder stellen wir uns vor, wenn Akupunkturnadeln in unsere Körper eindringen? Im Incubation Pod zeigt Aya Momose eine taktile Therapie-Performance, in der Körper zur Bühne werden. Für jede Sitzung werden sechs Personen eingeladen, sich auf eine Liege zu legen und um die hundertfünfzig diagnostizierende Fragen zu beantworten. Währenddessen, performen ausgebildete Akupunkteur:innen die therapeutische Behandlung – ohne Worte, sondern mit taktiler Kommunikation durch Hände und Nadeln. Während im Zuge der COVID-19-Pandemie Körpernähe und Berührungen in vielen Teilen der Welt zum Tabu wurden, wagt die japanische Künstlerin mit dieser Performance die Kontaktaufnahme über die Akupunkturnadel. Dabei lotet sie die Grenzen zwischen Bewusstem und Unbewusstem, Schmerz und Vergnügen, Behandlung und Sinnlichkeit aus. Die Videoinstallation fängt diese performative Therapiesession in einer intimen Nahaufnahme ein und erlaubt dem Betrachter eine psychologische Erleichterung.

Die Performances finden an folgenden Terminen statt: 1. Juli, 14, 16, 18, 20, 22 Uhr; 2. Juli, 12, 14, 16 Uhr; 7. Juli, 16, 18, 20, 22 Uhr; 8. Juli, 14, 16, 18, 20, 22 Uhr; 9. Juli, 12, 14, 16 Uhr
Tickets können für 47 Euro/ 29 Euro ermäßigt unter folgendem Link erworben werden: https://theaterderwelt.de/performing-acupuncture-performance/

Meiro Koizumi Prometheus Unbound – Europapremiere
In der VR-Trilogie von Meiro Koizumi, wird der Mythos von Prometheus, der das Feuer vom Himmel stahl und es der Menschheit schenkte zum Ausgangspunkt für eine Erkundung der Spannungen zwischen Mensch und Technologie. Der zweite Teil greift Aischylos‘ Der entfesselte Prometheus auf, die Fortsetzung seines Stücks Der gefesselte Prometheus, von dem nur wenige Fragmente erhalten sind. Ob sich Prometheus mit Zeus versöhnt, ob und wie er befreit wird, bleibt ungewiss. Meiro Koizumi denkt die antiken Fragmente für den zweiten Teil seiner Prometheus-Trilogie weiter – als interaktive Performance für die pandemische Gegenwart. Menschliche Avatare, ihre Körper, ihr Geflüster und ihre (Alb-)Träume erfüllen den virtuellen und physischen Raum. Darin erklingen di e Stimmen junger Arbeitsmigrant:innen, die in Japan während der COVID-19-Pandemie festsaßen, gefangen im Ungewissen. Es sind diese menschlichen Paradoxien der Gegenwart, die Prometheus Unbound als „entfesselter Traum“ erfahrbar macht.

Metzlerpark, Museum Angewandte Kunst
Meiro Koizumi Prometheus the Fire-Bringer – Europapremiere Immer tiefer dringen Menschen mithilfe von Technologien in die Geheimnisse des Körpers vor. Auf den Spuren des antiken Prometheus-Mythos erkundet der Künstler Meiro Koizumi mit modernsten Medien die Grenzen des Erfahrbaren. Seine neueste performative Installation lädt dazu ein, sich in kleinen Inkubationskokons auf die Reise in einen unendlichen Wald zu begeben – eine Rückkehr zur Erde. Geleitet von der Stimme eines Kindes tauchen Besucher einzeln in eine virtuelle Realität ein, wo sich schließlich Tastsinn und Körperwahrnehmung verändern. Mit Prometheus the Fire-Bringer (Prometheus der Feuerbringer) vollendet Koizumi das letzte Kapitel seiner neofuturistischen Prometheus – VR-Trilogie und erschafft darin eine Zukunftsmythologie, in der sich Mensch, Technik und Natur ineinander auflösen.
Die Performance findet an folgenden Terminen im Metzlerpark am Museum Angewandte Kunst statt: 5. Juli, 16–19 Uhr; 6. Juli, 14–17 Uhr; 7. Juli, 16–22 Uhr; 8. Juli, 16–22 Uhr; 9. Juli, 11–14 Uhr Beginn alle 30 Min.
Tickets können für 10 Euro/ 8 Euro ermäßigt unter folgendem Link erworben werden: https://theaterderwelt.de/prometheus-the-fire-bringer/

Die Lange Nacht im Museum Angewandte Kunst
Am 8. Juli wird das Museum eine ganze Nacht lang geöffnet sein.

Aus Boogaert/VanderSchoot Echo’s Chamber – Weltpremiere. Im ersten Obergeschoss. © Foto Diether von Goddenthow
Aus Boogaert/VanderSchoot Echo’s Chamber – Weltpremiere. Im ersten Obergeschoss. © Foto Diether von Goddenthow

Von der Dämmerung bis zum Morgengrauen sind die Besucher:innen eingeladen, in einen Zustand zwischen Schlaf und Wachsein, Traum und Wirklichkeit, Krankheit und Heilung, Tod und Wiedergeburt einzutauchen. Die Werke der internationalen Künstler:innen, die während des Festivals im Museum Angewandte Kunst präsentiert werden, sind die ganze Nacht hindurch erfahrbar. Boogaert/VanderSchoot’s Echo’s Chamber wird mit einer Live-Sound-Session aktiviert und ein speziell kuratiertes Live-Programm begleitet durch die langen Stunden der Nacht. Zum Sonnenuntergang eröffnen Hanna Launikovich und Laura Waltz das nächtliche Geschehen mit ihrer Performance Spellbound. Diese immersive Klangerfahrung erforscht die transformative Kraft der Hexerei als feministische Praxis, die Heilung, Veränderung und die Rückgewinnung des eigenen Körpers in einer patriarchalischen Gesellschaft bedeuten kann. Ab Mitternacht verwandelt sich Die Werkstatt in eine träumerische Landschaft, in der ein umfangreiches Ambient-Musikprogramm stattfindet. Museum of No Art eröffnet diese Reise mit einem Live-Set mit Stimme, Sampler, Synthesizer, Klarinette und Effekten, gefolgt von den Sounds von Awkward Guest, Valeska und Zwist. Nach Sonnenaufgang startet der Tag mit Colonastics, einem Fitness-Workout der Choreographin Joana Tischkau. Für Getränke und Snacks wird die ganze Nacht über gesorgt sein.

  • 21.15 Uhr Spellbound (Performance) Hanna Launikovich & Laura Waltz Treffpunkt: Eingang Museum Angewandte Kunst
  • 22–24 Uhr Spellbound (Performance/Live-Set) Hanna Launikovich & Laura Waltz ITI Academy Space, Erdgeschoss Museum Angewandte Kunst
  • 23 Uhr (extra Ticket erforderlich) Echo’s Chamber (Performance) Boogaerdt/VanderSchoot 1. Obergeschoss Museum Angewandte Kunst
  • 24 Uhr Museum of No Art (Live Set) Die Werkstatt, Erdgeschoss Museum Angewandte Kunst
  • 1 Uhr Awkward Guest (DJ Set) Die Werkstatt, Erdgeschoss Museum Angewandte Kunst
  • 1 Uhr (extra Ticket erforderlich) Echo’s Chamber (Performance) Boogaerdt/VanderSchoot 1. Obergeschoss Museum Angewandte Kunst
  • 2 Uhr Valeska (DJ Set) Die Werkstatt, Erdgeschoss Museum Angewandte Kunst
  • 4 Uhr Zwist (DJ Set) via SoundCloud Die Werkstatt, Erdgeschoss Museum Angewandte Kunst
  • 5.30 Uhr Colonastics (Workout/Performance) Joana Tischkau Foyer Museum Angewandte Kunst

Der Eintritt ist während der langen Nacht am 8. Juli ab 22.00 Uhr kostenfrei. Nur für die Performance Echo’s Chamber von Boogaerdt/VanderSchoot müssen Extratickets erworben werden.

Ort:
Museum Angewandte Kunst
Schaumainkai 17
60594 Frankfurt am Main

Öffnungszeiten ab dem 30. Juni 2023
Mo, geschlossen
Di, Do–Fr 12–18 Uhr
Mi 12–20 Uhr
Sa–So 10–18 Uhr
Sondertermine
30.6. 18–24 Uhr
1.7. 10–24 Uhr
7.7. 12–24 Uhr
8.7. 10–6 Uhr morgens am 9.7

Details zur Eröffnung und Programmkalender

„Incubation Pod. Dreaming worlds“ im Rahmen von „Theater der Welt 2023″ im Museum Angewandte Kunst Frankfurt

© Theater der Welt (ITI)
© Theater der Welt (ITI)

Das bedeutendste internationale Theaterfestival Deutschlands – Theater der Welt – kehrt nach fast 40 Jahren wieder in die Region Frankfurt Rhein-Main zurück und zeigt vom 29. Juni bis 16. Juli 2023 faszinierende Theater-, Tanz-, Performance- und installative Kunstformate.

 

 

Programmheft Theater der Welt 2023

Die 16. Ausgabe des Festivals findet in Frankfurt und Offenbach statt – initiiert und realisiert von den drei Frankfurter Kulturinstitutionen Künstler:innenhaus Mousonturm, Museum Angewandte Kunst und Schauspiel Frankfurt – sowie dem Amt für Kulturmanagement der Stadt Offenbach als assoziiertem Partner. Die Intendantinnen und Intendanten des Festivals, Anna Wagner, Marcus Droß, Matthias Wagner K und Anselm Weber haben die Programmdirektion an die japanische Festivalmacherin Chiaki Soma übertragen. Zum ersten Mal in seiner Geschichte wird das Festival damit von einer außereuropäischen Programmdirektorin geleitet. Chiaki Soma reagiert mit ihrem kuratorischen Konzept auf die aktuellen Geschehnisse in Europa und der Welt.

Für Theater der Welt verwandelt sich das Museum Angewandte Kunst – einer der zentralen Treffpunkte des Festivals – in einen Incubation Pod, eine Art große, erlebbare Traumwelt. Hier können Besucherinnen und Besucher an interaktiven Installationen, virtuellen Realitäten, Performances, Workshops und Gesprächen teilnehmen, die die Aspekte des Begriffs Inkubationismus auf einzigartige Weise aufgreifen und zum Nachdenken und Träumen anregen. Das besondere internationale Programm versammelt verschiedene Formen und Ansätze der künstlerischen Verarbeitung, Ritualisierung und Behandlung individueller wie auch geteilter Inkubationszustände, Zeiten der Ungewissheit und des Wartens. Die Programmdirektorin Chiaki Soma erklärt den Begriff Inkubationismus in Bezug auf ihr Festivalprogramm wie folgt:

„Mit dem Wort Inkubation verbinden sich verschiedene Assoziationen: einerseits das Entstehen von neuem Leben, andererseits die oft beunruhigende Phase vor dem Ausbruch einer Krankheit. Während der anhaltenden Covid19-Pandemie haben viele Menschen in Quarantäne oder in Selbstisolation Inkubationszeiten durchlebt, ohne zu wissen, wie lange diese Zustände andauern und wohin genau sie führen würden. Einige mögen solche Zeiten des Wartens als besonders einschränkend und unproduktiv empfinden. Ich glaube aber, dass uns durch Inkubationserfahrungen (im doppelten Sinne des Wortes) auch etwas bewusst werden könnte. Zum Beispiel, dass wir alle potenzielle Patientinnen und Patienten sind, die Fürsorge benötigen. Dass unsere Körper und unser Leben – ebenso wie die Viren – zu einem größeren Ökosystem gehören. Und dass wir daher lernen müssen, nicht-menschliches Leben und den Planeten als Ganzes zu respektieren, und dass unsere kognitiven und sozialen Systeme dringend auf Harmonie und Koexistenz mit allen Dingen auszurichten sind. Wir müssen uns (wieder) an unbestimmte, nichtlineare Zeitlichkeiten gewöhnen. Inkubationszeiten – Zustände der Ungewissheit und des Aussetzens – können auch als generatives Moment verstanden werden, vielleicht sogar als Quelle der Kreativität. Diese Haltung nenne ich Inkubationismus.

Inkubationismus wird Bezugspunkt für Gespräche und kritische Auseinandersetzungen sein, während wir jeden einzelnen künstlerischen Beitrag gemeinsam mit den Künstlerinnen und Künstlern reflektieren und dabei Wege in noch unbekannte Zukünfte entdecken wollen. Diese gedankliche Rahmung ermöglicht es uns außerdem, Verbindungen herzustellen zwischen den internationalen Programminhalten und den Orten des Festivals, zwischen Künstlerinnen und Künstlern und Publikum sowie zwischen den prä- und post-pandemischen Zeiten.

Die Projekte der Festivalkünstler werden sich dem Konzept des Inkubationismus in unterschiedlichen Formen widmen. Beispielsweise wird sich das Museum Angewandte Kunst – eines der Zentren des Festivals – in eine große Inkubationskapsel verwandeln, wo tagsüber und nachts – einmal sogar bis zum Morgengrauen (am 8. Juli) – atmosphärische Räume, Zeremonien und Performances der Kontemplation, des Träumens, der Heilung und der Re-Generation zu erleben sein werden. Dieses eigens kuratierte Kunstprogramm heißt Incubation Pod. Dreaming worlds.“

Im Museum Angewandte Kunst werden die Arbeiten von folgenden Künstlerinnen und Künstlern zu sehen sein: Trajal Harrell (Zürich, Athen), Saodat Ismailova (Tashkent,Paris) Keiken (London, Berlin), BvdS (Amsterdam), Aya Momose (Tokio), Meiro Koizumi (Yokohama) und El Warcha (Tunis)

Deutschlands bedeutendstes Theaterfestival nach 40 Jahren in der Region Frankfurt Rhein-Main – vom 29.06. bis 16.07.2023

© Theater der Welt (ITI)
© Theater der Welt (ITI)

Das bedeutendste internationale Theaterfestival Deutschlands kehrt nach fast 40 Jahren wieder in die Region Frankfurt Rhein-Main zurück und zeigt vom 29. Juni bis 16. Juli 2023 faszinierende Theater-, Tanz-, Performance- und installative Kunstformate. 

Ende der 1970er Jahre vom Internationalen Theaterinstitut – Zentrum Deutschland (ITI) initiiert, macht das Festival seitdem alle drei Jahre in jedes Mal wechselnden Städten und Regionen Deutschlands wegweisende Leistungen und ästhetische Entwicklungen des Theaters aus aller Welt erlebbar. Es gilt daher als eines der weltweit bedeutendsten Ereignisse der internationalen Theaterszene.

Programmheft Theater der Welt 2023

Zum Festival:

Am 29. Juni eröffnet im Capitol Theater in Offenbach am Main die 16. Ausgabe des bedeutenden Internationalen Theaterfestivals Theater der Welt. Bis zum 16. Juli werden an 10 Spielorten in Frankfurt und Offenbach 36 internationale Neuproduktionen und Gastspiele aus den Bereichen Theater, Tanz und Performance zu erleben sein. Innovative Erzählformen laden darüber hinaus mittels VR/AR Technologien alle Altersgruppen dazu ein, fiktive Räume und neue Erfahrungswelten zu erkunden.

Das Festival ist vom Internationalen Theaterinstitut – Zentrum Deutschland initiiert und wird von den Frankfurter Kulturinstitutionen Künstler*innenhaus Mousonturm, Museum Angewandte Kunst und Schauspiel Frankfurt in Kooperation mit dem Amt für Kulturmanagement der Stadt Offenbach veranstaltet.

Im Mittelpunkt der von der Tokioter Dramaturgin Chiaki Soma kuratierten Festivalausgabe stehen unerwartete ästhetische, immersive, akustische und räumliche Erfahrungen, sowie eine Vervielfältigung thematischer und künstlerischer Perspektiven. Chiaki Soma lädt uns ein ins „Theater der Welten”.

Eine wesentliche Bedeutung kommt weiblichen Perspektiven zu, wie in Satoko Ichiharas satirischem Musikdrama „Die Bakchen. Holstein-Milchkühe“, mit dem das Festival am 29.6. im Capitol Theater in Offenbach eröffnet wird. Genüsslich und humorvoll dekonstruiert Ichihara darin die patriarchalen Erzählungen von Sexualität und Fortpflanzung im Kontext einer scheinbar alltäglichen häuslichen Szenerie.

Während für ihr Musikdrama die gleichnamige griechische Tragödie von Euripides als Grundlage dient, nutzt Ichihara für ihr Puppenspiel „Yoroboshi: Der Schwächling“ Motive aus der japanischen Legende Shuntokumaru und interpretiert sie aus queerer Perspektive so, dass Zuschreibungen von Gut und Böse ins Wanken kommen. „Yoroboshi: Der Schwächling“ wird eigens für Theater der Welt 2023 produziert und feiert am letzten Wochenende des Festivals im Schauspiel Frankfurt, Kammerspiel am 14. 7. seine Uraufführung.

Der preisgekrönte Filmregisseur Apichatpong Weerasethakul hingegen ermöglicht den Besucherinnen und Besuchern mit seiner visuell intensiven Arbeit „A Conversation with the Sun (VR)“ einen Blick in innere Bildwelten. Ausgestattet mit einer VR-Brille und begleitet vom musikalischen Arrangement des Komponisten Ryuichi Sakamoto bewegen sich die Besucherinnen und Besucher in der Alten Schlosserei in Offenbach wie in einem Schwebezustand zwischen virtueller Realität und einem (kollektiven) Wachtraum.

Nach dem Erleben der Pandemie und angesichts der gewaltigen Krisen der Gegenwart haben wir als Gesellschaft Zeit und Körperlichkeit ganz neu erfahren und kartiert. Mit der existentielle Themen berührenden Produktion „ANGELA (a strange loop)“ am 1. + 2.7. im Schauspiel Frankfurt rücken die Regisseurin Susanne Kennedy und der Multimedia Künstler Markus Selg ganz nah an das Leben ihrer Protagonistin heran und untersuchen, welche Spuren sich im Leben Einzelner sammeln und was es bedeutet, ein Mensch zu sein.

Künstlerische Positionen, die auf ganz unterschiedliche Weise mit Zuständen des Übergangs, der Ungewissheit und der Verletzlichkeit, aber auch der Überwindung des menschlichen Körpers umgehen, werden im Museum Angewandte Kunst zu sehen sein, einem der zentralen Treffpunkte des Festivals. Es verwandelt sich während Theater der Welt in einen Incubation Pod, eine Art große Inkubationskapsel, in der Besucherinnen und Besucher verschiedene künstlerische Ideen, Räume und Welten erkunden können. Hier können sie interaktive Installationen, virtuelle Realitäten, Perfomances, Workshops und Gespräche erleben, die die Aspekte des Begriffs Inkubationismus auf einzigartige Weise aufgreifen und zum Nachdenken und Träumen anregen. An zwei Wochenenden ist das Museum bis spät in die Nacht hinein geöffnet, um einen ausgedehnten, traumwandlerischen Besuch der verschiedenen künstlerischen Welten zu ermöglichen.

Mit der Reihe Young Worlds möchte das Festival ein großes Anliegen einlösen und Räume für die Sichtweisen von Kindern, Jugendlichen und jungen Zuschauerinnen und Zuschauern schaffen. In über zehn poetischen, politischen sowie partizipativen Theaterstücken und Performances stehen die Ideen, Gestaltungen und Vorstellungen der Lebenswelten junger Menschen im Fokus. Herzlichst eingeladen sind auch die Allerjüngsten im Alter von 0-1 Jahren zum Gastspiel „Scoop. Theater für Babys“ der Regisseurin und Autorin Koleka Putuma aus Kapstadt, das Babys und ihre Bezugspersonen auf einer spielerisch-visuellen Theaterreise mit sinnlichen Eindrücken bezaubert. Zu erleben in der Wetter- und Klima-Werkstatt in Offenbach am 7.7.+ 8.7. und im Mousonturm 9.7. + 10.7.

Die Gruppe Mammalian Diving Reflex/Darren O‘Donnell aus Toronto hingegen erobert mit Offenbacher Jugendlichen die nächtliche Stadt, und zwar an Orten, die den Jugendlichen etwas bedeuten. Gestartet wird an der Wetter- und Klima-Werkstatt am 7.7. + 8.7. + 14.7 + 15.7.

Der Vorverkauf für Theater der Welt 2023 startet am 30. 3. um 12:00 Uhr. Tickets für das Gastspielprogramm können unter theaterderwelt.de erworben werden.

Beim Kauf von Tickets für fünf Veranstaltungen erfolgt ein Rabatt von 10%.

Ausführliche Informationen zu Tickets und Ermäßigungen finden Sie auf theaterderwelt.de. Der Ticketverkauf für „Incubation Pod. Dreaming worlds“ beginnt am 8. 5.

Hintergrund:

„Theater der Welt 2023“ in Frankfurt-Offenbach, ein Festival des Internationalen Theaterinstituts (ITI), wird veranstaltet vom Künstler*innenhaus Mousonturm, dem Schauspiel Frankfurt und Museum Angewandte Kunst, in Kooperation mit dem Amt für Kulturmanagement der Stadt Offenbach.

Gefördert durch die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien, das Hessische Ministerium für Wissenschaft und Kunst, die Stadt Frankfurt am Main – Dezernat für Kultur und Wissenschaft und den Kulturfonds Frankfurt RheinMain. Mit freundlicher Unterstützung durch die Aventis Foundation, das Goethe-Institut und die Stiftung Polytechnische Gesellschaft Frankfurt am Main. Das Vermittlungsprogramm wird gefördert durch die Crespo Foundation. Hauptsponsorin ist ING.

Internationales TheaterInstitut (ITI)

Als Teil der UNESCO-Organisation International Theatre Institute (ITI) engagiert sich das ITI – Zentrum Deutschland für den internationalen Austausch und die freie Entwicklung der darstellenden Künste. Als Träger des Festivals Theater der Welt ist das ITI mit verschiedenen Formaten vertreten: Im Foyer des Museum Angewandte Kunst ist die Ausstellung „Aufspüren, aufräumen, aufdecken“ zum Archiv des 40-jährigen Festivals Theater der Welt erlebbar. Die 20 Fellows der ITI Academy gestalten vom 08. bis 15. Juli 2023 mit Installationen, Workshops, Gesprächen und künstlerischen Interventionen die Academy Week, die mit der Jahrestagung des ITI am 15. Juli 2023 abschließt. Zwischen den Vorstellungen von Ultimate Safari (Flinn Works & Asedeva) findet am 08. Juli die Verleihung des ITI Preises 2023, der jährlich die Arbeit transnational wirkender Künstler*innen würdigt, an Flinn Works statt. Im Rahmen von theateruebersetzen.de bietet das ITI eine Einführung zu Herausforderungen von Transfer und Übertitelung für Festivals am Beispiel der Produktion Yoroboshi von Satoko Ichihara und mit touring artists werden künstlerisch-diskursive und administrative Herausforderungen beleuchtet, mit denen Theaterschaffende konfrontiert sind, die neu nach Deutschland kommen.

 

Die Sammlung von Maximilian von Goldschmidt-Rothschild 28. Januar – 4. Juni 2023

© Foto Diether von Goddenthow
© Foto Diether von Goddenthow

Als erstes Museum überhaupt, widmet sich das Museum Angewandte Kunst Frankfurt vom  28. Januar – 4. Juni 2023 in der Ausstellung „Die Sammlung von Maximilian von Goldschmidt-Rothschild“ dem berühmten Frankfurter Privatsammler und Mäzen und seiner Kunstsammlung. In der Aufarbeitung der Sammlung spiegelt sich Maximilian von Goldschmidt-Rothschilds Lebensweg und seine spätere als ein von den Nazis verfolgten und enteigneten Juden wider, beinahe wohl beispielhaft für andere jüdische Sammler. Im Fokus der hervorragend von Dr. Katharina Weiler und Prof. Matthias Wagner K kuratierten Ausstellung stehen daher der NS-verfolgungsbedingte Verkauf der Sammlung an die Stadt Frankfurt am Main im Jahre 1938, die anschließende Übereignung ihrer kunsthandwerklichen Stücke an das Museum für Kunsthandwerk (heute Museum Angewandte Kunst), und die Rückgabe eines Großteils der Sammlung an die rechtmäßigen Erben nach dem Zweiten Weltkrieg.

Die für das Museum Angewandte Kunst in der Erarbeitung und Ausführung aufwendigste Ausstellung präsentiert die Sammlung von Maximilian von GoldschmidtRothschild und ihre Biographie im Spiegel der Geschichte des Museum Angewandte Kunst. Dabei stützt sie sich mit einer kritischen Betrachtung der eigenen Institutionsgeschichte auf die jüngsten Ergebnisse der Provenienzforschung am Museum. Diesbezüglich präsentiert und hinterfragt die Ausstellung Objekte der Sammlung, die sich noch heute im eigenen Bestand befinden. Zudem kommen erlesene internationale Leihgaben aus namhaften Museen und aus dem Privatbesitz hinzu: seltene Kirchenschätze, wertvolle Skulpturen und frühneuzeitliches Kunsthandwerk (Gefäße, Silberpokale, Bestecke, Majoliken, Email-Gläser, Porzellane, Miniaturen und Schnupftabakdosen), aber auch erlesene altmeisterliche Gemälde sowie Louis XV. Möbel. Die Kontextualisierung der Kunstobjekte und der Sammlungsgeschichte im Spannungsfeld von „Leerstelle“ und „Rekonstruktion“ bietet hierbei den ästhetischen Ausgangspunkt. Die Ausstellung ist für Frankfurt am Main von besonderer (kunst)historischer Relevanz und (kultur)historischer Brisanz und stellt gleichzeitig erstmals zeitgenössische globale Zusammenhänge zwischen den Exponaten und ihrer Provenienz her.

Biografie und Sammlung

Trinkschale und ein Hippocamp als Trinkgefäß, Silber vergoldet um 1590–1600 © Los Angeles County Museum of Art© Foto Diether von Goddenthow
Trinkschale (li) und ein Hippocamp als Trinkgefäß, Silber vergoldet um 1590–1600 © Los Angeles County Museum of Art© Foto Diether von Goddenthow

Mayer Benedikt Hayum Goldschmidt wurde am 20. Juni 1843 in die jüdische Frankfurter Bankiersfamilie Goldschmidt-Kassel geboren. Ab 1855 trug er den Namen Maximilian B.H. Goldschmidt. Er trat 1862 in das Bankhaus „B. H. Goldschmidt“ seines Vaters ein und führte dieses später gemeinsam mit seinem Bruder Adolf B. H. Goldschmidt (1838–1918). Sie etablierten ihre Privatbank zu einer Zeit, in der die Freie Stadt Frankfurt noch die Bürgerrechte aller Jüdinnen und Juden beschränkte.

Durch die Heirat mit Minna Caroline (Minka) von Rothschild (1857–1903) wurde er 1878 ein Teil jener jüdischen Familie, die durch ihre erfolgreichen Bankgeschäfte eines der größten Vermögen ihrer Zeit erwirtschaftete. Das Paar hatte fünf Kinder. Nach dem Tod seines Schwiegervaters, Wilhelm Carl Freiherr von Rothschild (1828–1901), führte er dessen Familienzweig in Frankfurt weiter. Als sein Nachfolger wurde er 1902 zum kaiserlich und königlich österreichisch-ungarischen Generalkonsul ernannt.

Seine einfache Adelung 1903 erlaubte die Namensführung „von Goldschmidt-Rothschild“. Kaiser Wilhelm II. (1859–1941) erhob ihn  schließlich 1907 in den preußischen Freiherrnstand. Er war die einzige Person jüdischer Herkunft, der solch eine Nobilitierung zuteil wurde. Durch seine herausragende Laufbahn galt er 1912 als reichster Jude in Preußen und viertreichster Preuße insgesamt. Seine gesellschaftliche Stellung bewahrte jedoch weder ihn noch seine Familie ab 1933 vor der antisemitischen Verfolgung durch die Nationalsozialisten.

Maximilian von Goldschmidt-Rothschild baute seine mehr als 1.500 Objekte umfassende Kunstsammlung gegen Ende des 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts auf. Zu seinen Sammelschwerpunkten zählten unter anderem kunstvolle Trinkgefäße in Tiergestalt und antike Bronzeplastiken, kostbare Kirchenschätze und seltene Bestecke, dekorative Emailgläser und wertvolles Porzellan, exquisite Miniaturen und ausgefallene Tabatieren sowie erlesene französische Möbel aus dem 18. Jahrhundert. In den Räumen des RothschildPalais, das er mit seiner Familie bewohnte, platzierte er seine Kunstobjekte auf individuelle Weise.

Historisches Foto: Mitteltrakt des einstigen Palais Rothschild in der Bockenheimer Straße 10 Frankfurt a. Main.  © Foto Diether von Goddenthow
Historisches Foto: Mitteltrakt des einstigen Palais Rothschild in der Bockenheimer Straße 10 Frankfurt a. Main. © Foto Diether von Goddenthow

Maximilian von Goldschmidt-Rothschild pflegte seine Kunstsammlung neben seinen sozialen, gesellschaftlichen und kulturellen Aktivitäten. Er verwaltete einige der zahlreichen Goldschmidt’schen und Rothschild’schen wohltätigen Stiftungen in Frankfurt und war auch im Vorstand der 1877 gegründeten „Freiherr Anselm Salomon von Rothschild’schen Stiftung zur Förderung des Kunstgewerbes“ seiner Schwiegermutter Mathilde von Rothschild (1832– 1924) tätig. Ebenfalls 1877 wurde in Frankfurt der Mitteldeutsche Kunstgewerbe-Verein gegründet, der wiederum das Kunstgewerbemuseum (Museum Angewandte Kunst) eröffnete. Die Rothschild’sche Stiftung legte den Grundstock für die Kunstgewerbeschule, die der Verein 1879 mit Unterstützung der Polytechnischen Gesellschaft gründete. Maximilian von Goldschmidt-Rothschild förderte den Verein und das Museum durch Schenkungen sowie als Leihgeber ausgewählter Kunstobjekte für Ausstellungen.

1933 wurde Maximilian von Goldschmidt-Rothschild 90 Jahre alt. Im selben Jahr begannen die Nationalsozialisten auf der Grundlage antisemitischer Verordnungen systematisch mit der Entrechtung der als Juden und Jüdinnen verfolgten Bürgerinnen und Bürger. Der Nationalsozialismus erzwang damit auch das Ende des Frankfurter Kunst- und Kulturlebens, das jüdische Kunstsammelnde, Händlerinnen und Händler sowie Mäzenatinnen und Mäzene bis dahin geprägt hatten. Maximilian von Goldschmidt-Rothschild kündigte 1935 seine Mitgliedschaft im Mitteldeutschen Kunstgewerbe-Verein und folgte damit einem großen Schwund jüdischer Mitglieder.

Im Alter von 95 Jahren sah er sich gezwungen, sein Palais am 5. September 1938 für 620.000,– Reichsmark deutlich unter Wert an die Stadt Frankfurt zu verkaufen. Er bewohnte fortan nur noch wenige Räume des Palais gegen eine hohe jährliche Miete von 25.000,– Reichsmark, blieb aber zunächst Eigentümer seiner Kunstsammlung.

Verlust versus Aneignung der Sammlung

Die „Verordnung über die Anmeldung des Vermögens von Juden“ zwang Maximilian von Goldschmidt-Rothschild 1938 dazu, seine wertvolle Kunstsammlung schätzen zu lassen. In seinem Interesse sollte ihr Wert möglichst niedrig angesetzt werden, um seine erzwungenen Abgaben zu minimieren. Er beauftragte zwei Taxatoren, deren Schätzsumme bei insgesamt 2.552.030,– Reichsmark lag. Verkaufen wollte er seine Sammlung jedoch nicht.

Ausstellungs-Impression "Die Sammlung von Maximilian von Goldschmidt-Rothschild" © Foto Diether von Goddenthow
Ausstellungs-Impression „Die Sammlung von Maximilian von Goldschmidt-Rothschild“ © Foto Diether von Goddenthow

In der Pogromnacht vom 9. auf den 10. November 1938 trennte er sich schließlich in einer verzweifelten Lage drohenden Terrors durch antisemitische Übergriffe hastig von seiner Sammlung. Der Oberbürgermeister der Stadt Frankfurt bot ihm am Telefon als Kaufpreis die verhältnismäßig niedrige Schätzsumme an. Die Stadt Frankfurt überwies den Betrag teilweise auf ein Sperrkonto, auf das er keinen Zugriff hatte. Nachdem Museumsmitarbeiter eine Inventarliste erstellt hatten, wurde die Sammlung Goldschmidt-Rothschild auf drei Frankfurter Museen verteilt. Das Museum für Kunsthandwerk (Museum Angewandte Kunst) erhielt rund 1.350 kunsthandwerkliche Objekte, die Städtische Galerie (Städel) 71 Gemälde und das Liebieghaus 85 Kleinplastiken.

Unterschiedliche Akteure waren 1938 am Erwerb der Sammlung Goldschmidt-Rothschild beteiligt. Sie rückten den Kauf nach Ende des Zweiten Weltkriegs ins Licht des Kunstschutzes und legitimierten ihr Handeln im Zuge des legalisierten Raubes an den Frankfurter Jüdinnen und Juden. Ihre Aussagen standen im Spannungsverhältnis von widersprüchlicher Erzählung und fragwürdiger Erinnerung. Die Darstellung des NSverfolgungsbedingten Verlusts der Sammlung aus der persönlichen Perspektive Maximilian von Goldschmidt-Rothschilds wurde hingegen nicht überliefert. Er erlebte die Auflösung seiner Sammlung als einsamer Mieter nur noch weniger Räume des RothschildPalais.

Der Bestand des Museums für Kunsthandwerk wuchs ab 1938 durch Neuerwerbungen aus NS-verfolgungsbedingten Abgaben stark an. Die Sammlung Goldschmidt-Rothschild nahm dabei eine beispiellose Rolle ein. 1939 ernannte der nationalsozialistische Oberbürgermeister der Stadt Frankfurt, Friedrich Krebs (1894–1961), das Rothschild-Palais in der Bockenheimer Landstraße 10 zum „Museum für Kunsthandwerk, Abteilung II“. Unter der Leitung von Museumsdirektor Walter Mannowsky (1881–1958) dekorierten Museumsmitarbeiter die einstigen Privaträume nach stilgeschichtlichen Kriterien um. Neben Stücken aus der Sammlung Goldschmidt-Rothschild wurden darin auch Silbergegenstände öffentlich zur Schau gestellt, die Frankfurter Jüdinnen und Juden bei der Städtischen Darlehensanstalt abgeben mussten. Maximilian von Goldschmidt-Rothschild wohnte bis zu seinem Tod am 15. März 1940 im Alter von 96 Jahren als Mieter in der Bockenheimer Landstraße 10.

Frankfurter Nachkriegszeit

Während des Zweiten Weltkriegs lagerte das Museum die Sammlung GoldschmidtRothschild aus, um sie vor einer Zerstörung durch Bomben zu bewahren. Ab 1945 dienten im schwer zerbombten Frankfurt zahlreiche Teppiche und Möbel aus der Sammlung Goldschmidt-Rothschild zur Ausstattung amerikanischer Offizierswohnungen. Andere fanden in der Dienstwohnung oder im Dienstzimmer des neu ernannten Oberbürgermeisters Kurt Blaum (1884–1970) sowie im Gästehaus der Stadt Frankfurt Verwendung. Letztere erwarb für diese Zwecke nach dem Rückgabeanspruch durch die Erben von Maximilian von Goldschmidt-Rothschild und nach Abschluss einer Vergleichsvereinbarung am 16. Mai 1949 insgesamt 17 Teppiche im damaligen Wert von 25.000, – Deutschen Mark. Zwölf dieser Teppiche befinden sich noch heute im Besitz des Museum Angewandte Kunst.

Restitution

Ausstellungs-Impression "Die Sammlung von Maximilian von Goldschmidt-Rothschild" © Foto Diether von Goddenthow
Ausstellungs-Impression „Die Sammlung von Maximilian von Goldschmidt-Rothschild“ © Foto Diether von Goddenthow

Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs bemühten sich die Erben von Maximilian von Goldschmidt-Rothschild im Zuge der Wiedergutmachung um die Rückgabe der Kunstsammlung. Die Stadt Frankfurt und die Museumsdirektoren versuchten dagegen vehement, eine Rückgabe zu verhindern. Die Parteien einigten sich schließlich am 16. Mai 1949 auf eine Vergleichsvereinbarung. Damit waren alle gegenseitigen Ansprüche hinsichtlich der Sammlung Goldschmidt-Rothschild abgegolten. Die Stadt Frankfurt restituierte den Großteil aller Objekte. Die Erben ließen diese anschließend über den Kunsthandel in New York verkaufen. Sie fanden und finden bis heute den Weg in Museen und Privatsammlungen rund um den Globus. Im Besitz des Museum Angewandte Kunst sind insgesamt 68 eindeutig identifizierte Objekte aus der Sammlung Goldschmidt-Rothschild verblieben; bei drei weiteren Stücken ist die Provenienz aus der Sammlung wahrscheinlich. Darunter ist jedoch nur in 18 Fällen ein rechtmäßiger Erwerb in den Nachkriegsj ahren eindeutig belegt. Über eine faire und gerechte Lösung hinsichtlich der übrigen 53 Objekte stehen die Stadt Frankfurt, das Museum Angewandte Kunst und die Erbberechtigten von Maximilian von Goldschmidt-Rothschild derzeit im Dialog.

Multimedia-App

Die Multimedia-Stationen in der Ausstellung wurden von Schauspieler:innen des Schauspiels Frankfurt eingesprochen. Außerdem gibt es ab sofort eine Museumsapp, die den Grundstein für einen in die Zukunft reichenden Erinnerungspfad legt. Hier können sich Besucher:innen anhand von virtuellen und auditiven Elementen und Augmented Reality („erweiterte Realität“) die Geschichte von Maximilian von Goldschmidt-Rothschilds Sammlung teilweise selbst rekonstruieren sowie Zusatzinformationen in die museale Gegenwart projizieren. Eine Außenstation zeigt mithilfe der App das ehemalige Rothschild-Palais im Stadtraum, genauer im Rothschildpark.

Katalog Zur Ausstellung

Die Sammlung von Maximilian von Goldschmidt-Rothschild wird Ende April 2023 ein umfangreicher Ausstellungskatalog in jeweils deutscher und englischer Sprache erscheinen. Vier Kapitel widmen sich erstmals eingehend der Biographie des erfolgreichen Bankiers und großzügigen Philanthropen Maximilian von Goldschmidt-Rothschild (1843– 1940) (Andrea C. Hansert), erforschen ausführlich die Geschichte seiner berühmten Kunstsammlung (Katharina Weiler), beleuchten detailliert die Umstände ihres NS – verfolgungsbedingten Verlusts bzw. ihrer Aneignung durch die Stadt Frankfurt und das Museum für Kunsthandwerk im Nationalsozialismus (Lieve Brocke), und werfen einen kritischen Blick auf die Institutionsgeschichte und das Verhalten der Frankfurter Museumsdirektoren im Zuge der Restitution der Sammlung in den Nachkriegsjahren (Matthias Wagner K). Neben neuesten Forschungsergebnissen zur Provenienz von 129 Objekten aus der einstigen Sammlung bildet der Katalog auch erstmalig die Fülle an historischen Fotografien der meisten der rund 1.500 Sammlungsobjekte ab. Bei Interesse kann eine Mail mit gewünschter Stückzahl und in gewünschter Sprache an mvgr-katalog@stadt-frankfurt.de gesendet werden.

Ort

Museum Angewandte Kunst
Schaumainkai 17
60594 Frankfurt am Main
Information T +49 69 212 31286 F +49 69 212 30703 info.angewandte-kunst@stadt-frankfurt.de www.museumangewandtekunst.de

Öffnungszeiten
Mo, Do geschlossen
Di, Fr–So 10–18 Uhr Mi 10–20 Uhr
Eintritt 12 Euro, ermäßigt 6 Euro Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren sowie Studierende der Goethe-Universität Frankfurt, der Städelschule und der HfG Offenbach fre

„Internationaler Hochhaus Preis 2022/23″ für das weltweit innovativste Hochhaus „Quay Quarter Tower in Sydney“

Peter Cachola Schmal, Direktor des Deutschen Architekturmuseums, mit Dr. Matthias Danne, Stellvertretender Vorsitzender des Vorstandes der DekaBank sowie den Preisträgern Kim Herforth Nielsen, Gründer und Creative Director von 3XN, und Fred Holt, 3XN-Partner und australischer Büroleiter, bei der Pressevorbesichtigung durch die Sonderausstellung Best High-Rises – Internationaler Hochhaus Preis 2022/23 des Deutschen Architektur-Museums als Gast im Museum Angewandte Kunst Frankfurt vom 10.November 2022 bis  22. Januar 2023. © Foto: Diether von Goddenthow
Peter Cachola Schmal, Direktor des Deutschen Architekturmuseums, mit Dr. Matthias Danne, Stellvertretender Vorsitzender des Vorstandes der DekaBank sowie den Preisträgern Kim Herforth Nielsen, Gründer und Creative Director von 3XN, und Fred Holt, 3XN-Partner und australischer Büroleiter, bei der Pressevorbesichtigung durch die Sonderausstellung Best High-Rises – Internationaler Hochhaus Preis 2022/23 des Deutschen Architektur-Museums als Gast im Museum Angewandte Kunst Frankfurt vom 10.November 2022 bis 22. Januar 2023. © Foto: Diether von Goddenthow

Gestern Abend wurde der mit 50.000 Euro und einer Statuette des international renommierten Künstlers Thomas Demand dotierte „Internationale Hochhaus Preis 2022/23″ an die Architekten Kim Herforth Nielsen (Gründer und Creative Director von 3XN) und Fred Holt (3XN-Partner und australischer Büroleiter) für das weltweit innovativste Hochhaus, den Quay den Quarter Tower in Sydney, Australien, überreicht.
Die feierliche Verleihung erfolgte in der Frankfurter Paulskirche durch Mike Josef (Dezernent für Planen, Wohnen und Sport der Stadt Frankfurt am Main in Vertretung für Kulturdezernentin Dr. Ina Hartwig), Dr. Matthias Danne (Stellvertretender Vorsitzender des Vorstandes der DekaBank) und Peter Cachola Schmal (Direktor des Deutschen Architekturmuseums).

Der Internationale Hochhaus Preis wird seit 2004 alle zwei Jahre von der Stadt Frankfurt am Main, dem Deutschen Architekturmuseum (DAM) und der DekaBank vergeben – jetzt wurde er – nach einer Corona-Pause – zum zehnten Mal verliehen und feiert somit Jubiläum. Er begleitet seit Anfang des Jahrtausends den weltweit andauernden Boom der architektonischen Paradedisziplin des 21. Jahrhunderts.
Während der Preisverleihung wurden auch die übrigen vier Finalisten geehrt:

  • Vancouver House (Vancouver, Kanada) von BIG – Bjarke Ingels
    Group, Kopenhagen, Dänemark / New York NY, USA
  • TrIIIple Towers (Wien, Österreich) von Henke Schreieck Architekten,
    Wien, Österreich
  • The Bryant (New York NY, USA) von David Chipperfield Architects,
    London, Großbritannien
  • Singapore State Courts (Singapur) von Serie Architects, London,
    Großbritannien + Multiply Architects, Singapur mit CPG Consultants,
    Singapur
Ausstellungsansicht: Best High-Rises – Internationaler Hochhaus Preis 2022/23 des Deutschen Architektur-Museums zu Gast im Museum Angewandte Kunst Frankfurt vom 10.November 2022 bis  22. Januar 2023. © Foto: Diether von Goddenthow
Ausstellungsansicht: Best High-Rises – Internationaler Hochhaus Preis 2022/23 des Deutschen Architektur-Museums zu Gast im Museum Angewandte Kunst Frankfurt vom 10.November 2022 bis 22. Januar 2023. © Foto: Diether von Goddenthow

Aus über 1.000 Hochhäusern, die innerhalb der letzten zwei Jahre weltweit fertiggestellt wurden, hatte das Deutsche Architekturmuseum (DAM) 34 herausragende Gebäude aus 13 Ländern nominiert. Eine internationale Jury aus Expertinnen und Experten aus Architektur- und Ingenieurpraxis, Lehre und den Partnern des IHP (DekaBank, Stadt Frankfurt am Main und
Deutsches Architekturmuseum) – unter der Leitung von Sven Thorissen (Architekt MVRDV, Rotterdam) – wählte aus den Nominierten die fünf Finalisten und den Gewinner. Auf dem Weg zur Entscheidung ging es der Jury in erster Linie darum, wie die Hochhausarchitektur Verantwortung für die Umwelt und zukünftige Generationen übernehmen könne, weshalb dem Aspekt der Nachhaltigkeit die höchste Bewertungspriorität eingeräumt wurde.

Kim Herforth Nielsen, Gründer und Creative Director von 3XN, dankte allen Projektbeteiligten: „Der Quay Quarter Tower ist das wichtigste Transformationsprojekt, das 3XN jemals abgeschlossen hat – ein Projekt, das ohne einen ehrgeizigen Kunden und ein großartiges Team nicht möglich gewesen wäre. Im Zentrum Sydneys wurde ein bestehender Turm, der einerzeitgemäßen Nutzung nicht mehr entsprach, in eine neue Form und einen neuen Charakter verwandelt. Somit wurde seine Lebensdauer bis weit in die Zukunft verlängert. Heute stoßen viele Türme aus der Mitte und dem Endedes 20. Jahrhunderts an die Grenzen ihrer Funktionsfähigkeit. Uns ist bewusst, dass wir nicht abreißen und neu bauen können, wie wir es in der Vergangenheit getan haben. Der Quay Quarter Tower ist der Beweis dafür, dass ein architektonischer Wandel in großem Maßstab möglich ist. Wir freuen uns sehr über diese Auszeichnung. Sie würdigt diesen Meilenstein der Architektur, die mutige und visionäre Arbeit so vieler Menschen. Zudem unterstreicht sie, wie wichtig es ist, die Zukunft der gebauten Umwelt neu zu denken.“

Dr. Matthias Danne, Stellvertretender Vorsitzender des Vorstandes der DekaBank, betonte: „Der Quay Quarter Tower ist eine städtebauliche Bereicherung für Sydney. Das Hochhaus steht für eine gelungene Transformation eines klassischen Büroturms in ein modernes, den höchsten Ansprüchen genügendes Gebäude. Besonders beeindruckend ist das innovative Konzept, die Baustruktur des Bestandsgebäudes größtenteils zu erhalten und damit den CO2-Fußabdruck signifikant zu reduzieren. Damit ist der Quay Quarter Tower zukunftsweisend und ein Vorreiter für eine nachhaltigere und ressourcenschonendere Architektur.“

Frankfurts Planungsdezernent Mike Josef erläuterte: „Der Internationale Hochhauspreis feiert in diesem Jahr sein Jubiläum: Er wird zum zehnten Mal in der Frankfurter Paulskirche an das weltweit innovativste Hochhaus vergeben. Er ist damit über die Jahre zu einem Gradmesser der globalen Hochhausentwicklung geworden und genießt internationale Anerkennung. Dafür möchte ich unseren Partnern, der DekaBank und dem Deutschen Architekturmuseum, sehr herzlich danken. Frankfurt am Main ist die richtige Stadt, um diesen Preis zu vergeben: Unsere Skyline ist nicht nur ein Markenzeichen, die gesamte Top Ten der höchsten Hochhäuser Deutschlands steht in der Mainmetropole – und unsere Skyline wächst in den nächsten Jahren weiter.“

Peter Cachola Schmal, Direktor des Deutschen Architekturmuseums (DAM), erklärte: „In naher Zukunft wird die Welt etwa drei Milliarden Menschen unter 18 Jahren unterbringen müssen, das entspricht der gesamten Weltbevölkerung im Jahr 1930. Das bedeutet, dass wir unsere Städte nachverdichten müssen. Um dies zu erreichen, müssen wir schlicht und einfach höher bauen. Das wird der Normalfall werden. Der Quay Quarter Tower in Sydney ist höher als sein Vorgängergebäude und bietet auf der gleichen Grundfläche mehr Raum. Gleichzeitig wird die Kohlenstoffeinsparung maximiert. Eine Win-win-Situation.“

Ausstellung Best High-Rises – Internationaler Hochhaus Preis 2022/23

Ausstellungsansicht: Best High-Rises – Internationaler Hochhaus Preis 2022/23 des Deutschen Architektur-Museums zu Gast im Museum Angewandte Kunst Frankfurt vom 10.November 2022 bis  22. Januar 2023. © Foto: Diether von Goddenthow
Ausstellungsansicht: Best High-Rises – Internationaler Hochhaus Preis 2022/23 des Deutschen Architektur-Museums zu Gast im Museum Angewandte Kunst Frankfurt vom 10.November 2022 bis 22. Januar 2023. © Foto: Diether von Goddenthow

Die Ausstellung Best High-Rises – Internationaler Hochhaus Preis 2022/23, die das Deutsche Architekturmuseum (DAM) vom 10. November 2022 bis 22. Januar 2023 als Gast im Museum Angewandte Kunst (MAK) in Frankfurt am Main zeigt, umfasst neben dem Preisträger und den Finalisten alle nominierten Projekte. Die Ausstellung stellt alle nominierten Bauten vor. Der Preisträger Quay Quarter Tower in Sydney von 3XN und die Finalisten Vancouver House in Vancouver von BIG – Bjarke Ingels Group, The Bryant in New York City von David Chipperfield Architects, TrIIIple Towers in Wien von Henke Schreieck Architekten und Singapore State Courts in Singapur von Serie+Multiply mit CPG Consultants werden anhand von Modellen, großformatigen Fotos, Zeichnungen, Texten und Filmen in der Ausstellung dokumentiert. Das ganze kann nachgelesen und vertieft werden im gleichnamigen Katalog zur Ausstellung (s.unten)

Ausstellungseröffnung ist heute Mittwoch, 9. November 2022:
17 Uhr Kurzvorträge der Finalisten
19 Uhr Eröffnungsreden
Ausstellungsdauer: 10. November 2022 bis 22. Januar 2023
Ort: Museum Angewandte Kunst
Schaumainkai 17
60594 Frankfurt am Main

Öffnungszeiten
Mo geschlossen, Di, Do–Fr 12–18 Uhr, Mi 12–20 Uhr, Sa–So 10-18 Uhr
Eintritt
3 Euro, ermäßigt 1 Euro

 

Katalog zur Ausstellung
Katalog Best High-Rises 2022_23Best High-Rises 2022/23
The International High-Rise Award / Internationaler Hochhaus Preis
Hrsg: Peter Körner / Peter Cachola Schmal / Jennifer Dyck
Jovis Verlag, Berlin
Deutsch-Englisch, Hardcover, 21 x 27 cm

 

152 Seiten, zahlreiche Farb- und SW-Abbildungen
ISBN 978-3-86859-766-0
11.2022
29,- EUR im Museumsshop, 34,- EUR im Buchhandel

 

Quay Quarter Tower, Sydney, Australien Preisträger Internationaler Hochhaus Preis 2022/23

Quay den Quarter Tower in Sydney, Australien, von den Architekten Kim Herforth Nielsen und  Fred Holt des dänischen Architekturbüros 3XN-Partner © Foto Phil Noller
Quay den Quarter Tower in Sydney, Australien, von den Architekten Kim Herforth Nielsen und Fred Holt des dänischen Architekturbüros 3XN-Partner © Foto Phil Noller

Der Quay Quarter Tower ist ein identitätsstiftender Bestandteil der Neuentwicklung von Sydneys Circular Quay Area, dem zentralen Geschäftsviertel. Dieses grenzt unmittelbar an die Sydney Cove an, die Bucht hinter dem berühmten Opernhaus. An seinem Standort befand sich bisher ein klassischer Büroturm, der nicht mehr den heutigen Ansprüchen genügte. Man entschied sich gegen einen Abriss, wie er sonst meist üblich ist, und integrierte stattdessen große Teile der bestehenden Tragstruktur in ein neues Hochhaus. So konnte man zwei Drittel der Träger, Stützen und Geschossplatten sowie fast den kompletten Kern aus den 1970er-Jahren erhalten. Diese Hauptaspekte des radikalen Nachhaltigkeitskonzepts führten, verglichen mit einem vollständigen Abriss und herkömmlichen Neubau, zu einer Einsparung von fast 12.000 Tonnen Kohlenstoff.

Die auskragenden Module der Fassade, die sich um die fünf Blöcke des Turms wickeln, reduzieren die Sonneneinstrahlung im Quay Quarter Tower um bis zu 30 Prozent. So konnte unter anderem auf interne Jalousien verzichtet und zugleich die unvergleichliche Aussicht auf den Hafen gewährleistet werden. Zudem entstanden durch die Aufstockung des Bestands, die Erweiterung der einzelnen Stockwerke und durch das neue Sockelgebäude 45.000 Quadratmeter an zusätzlicher Geschossfläche. Das Grundstück kann damit an diesem prominenten Ort viel effizienter genutzt werden.

Die formale Kubatur des Hochhauses resultiert aus den Licht- und Blickverhältnissen sowie den baurechtlichen Auflagen. Das Gebäude ist in fünf übereinandergestapelte Blöcke gegliedert – die Etagen innerhalb dieser fünf Einheiten sind zum Hafen hin durch mehrstöckige Atrien miteinander verbunden. Durch die gedrehte Anordnung der Blöcke öffnen sich die Atrien an deren Basis zu vier begrünten Außenterrassen, die sich über die gesamte Gebäudehöhe verteilen.

Um nicht nur die Aussicht auf das Nachbargebäude zu ermöglichen, sondern auch das Leben und die Dynamik des umliegenden Viertels sowie den Blick auf die Harbour Bridge einzufangen, verschieben sich die unteren Etagen an der Nordfassade des Turms nach Westen. Mit zunehmender Höhe rückt die Nordfassade der Blöcke nach Osten und ermöglicht so weitläufige Ausblicke auf den Hafen, insbesondere auf das Opernhaus, die Harbour Bridge und den Botanischen Garten.

Durch das Aufbrechen des repetitiven Prinzips autonomer Büroetagen werden neue Möglichkeiten für menschliche Interaktion geschaffen. Somit fungieren die Atrien und Terrassen als Gemeinschaftsräume zur beruflichen Vernetzung, für soziale Begegnungen sowie für Veranstaltungen und Erholung. Indem diese Bereiche zusätzliches Tageslicht in die Stockwerke leiten, den Mieter:innen Frischluft und eine hervorragende Aussicht bieten, wird für ein gesundes Arbeitsumfeld mit hoher Aufenthaltsqualität gesorgt.

Um das Hochhaus in Zukunft möglichst langfristig nutzen zu können, bieten die 2.000 Quadratmeter großen Etagen flexible Grundrisse, die je nach Bedarf angepasst werden können. Arbeitswelten sowohl mit Einzel- als auch Großraumbüros sind möglich. Dazu kann die Größe der Atrien auf Mieterwünsche abgestimmt werden, indem Etagen geschlossen oder entfernt werden. So können die von den Architekten als „Dörfer“ bezeichneten Atrien auf wechselnde Team- oder Unternehmensgrößen reagieren Auf der Straßenebene fügt sich die den gesamten Block einnehmende Sockelzone des Quay Quarter Towers harmonisch in das städtische Umfeld ein. Zugänge an allen Seiten des Grundstücks vernetzen das Hochhaus mit seinen Nachbargebäuden. Die große Eingangshalle des Turms und die offene Struktur des Sockels wirken dabei nicht nur einladend, sondern machen sich zudem das angenehme Klima Sydneys zu Nutzen. Neben den 4.000 Quadratmetern Einzelhandelsflächen auf drei Ebenen laden die öffentlich zugänglichen Grünflächen sowie ein Dachcafé inmitten der dicht bebauten Umgebung zum Verweilen im Freien ein. Durch die Kombination von Büro und Einzelhandel sowie dem vielfältigen Freizeitangebot wird die innerstädtische Nachbarschaft aufgewertet und über den Arbeitstag hinaus belebt. Gleichzeitig entstehen unerwartete urbane Rückzugsorte inmitten der Hochhauslandschaft.

Architekten: 3XN, Kopenhagen, Dänemark
Bauherrschaft: AMP Capital, Sydney, Australien
Funktion: Büros, Einzelhandel
Höhe: 206 m
Fertigstellung: April 2022
Standort: Sydney, Australien

CONTACT ZONES Murat Adash, Céline Berger, Syowia Kyambi 8. Oktober 2022 – 15. Januar 2023

Kyambi lädt ihr Publikum in eine metaphorische Welt ein, in der sich Mangroven sowohl Kaspale als auch dem Publikum anbieten, um auf die Mehrdimensionalität von Zeit und Raum hinzuweisen. Mangroven, die gleichzeitig Grenzen und extraterritoriale Kartenknotenpunkte darstellen, sind ein beispielhafter Index für die Abkehr von einer singulären Wurzelidentität und fordern uns auf, stattdessen den Vielfältigkeiten, Verbindungen und Ansammlungen zu folgen, die rhizomatische Wurzelsysteme bilden. © Foto: Diether von Goddenthow
Kyambi lädt ihr Publikum in eine metaphorische Welt ein, in der sich Mangroven sowohl Kaspale als auch dem Publikum anbieten, um auf die Mehrdimensionalität von Zeit und Raum hinzuweisen. Mangroven, die gleichzeitig Grenzen und extraterritoriale Kartenknotenpunkte darstellen, sind ein beispielhafter Index für die Abkehr von einer singulären Wurzelidentität und fordern uns auf, stattdessen den Vielfältigkeiten, Verbindungen und Ansammlungen zu folgen, die rhizomatische Wurzelsysteme bilden. © Foto: Diether von Goddenthow

CONTACT ZONES – Murat Adash, Céline Berger, Syowia Kyambi ist ein Kooperationsprojekt des Max-Planck-Instituts für empirische Ästhetik (MPIEA) in Frankfurt am Main mit dem Museum Angewandte Kunst. Ausgangspunkt für die Ausstellung ist das Artist-in-ResidenceProgramm INHABIT des MPIEA, in dessen Rahmen Gastkünstler:innen unterschiedlicher Disziplinen im Dialog und Austausch mit Wissenschaftler:innen des Forschungsinstituts arbeiten.

Das Residence-Format hat keine thematische oder konzeptionelle Vorgabe. Jede Edition ist geprägt durch die jeweiligen Gastkünstler:innen und deren Begegnungen, Dialoge und Kooperationen. Die Ausstellung mit den Künstler:innen Murat Adash, Céline Berger und Syowia Kyambi zeigt die künstlerischen Arbeiten, die während ihrer Residencies 2021/2022 und im Umfeld des Forschungsinstituts entstanden sind.

Jede dieser Arbeiten hat einen anderen Schwerpunkt und spiegelt einen individuellen Zugang auf das wissenschaftliche Umfeld wider, worauf auch der Ausstellungstitel verweist: „Contact Zones“ steht für den Umgang mit einer unterschiedlichen Kultur von Wissen und beschreibt die Herausforderung in den Dialog zu treten und eine gemeinsame Sprache zu formulieren. Bezeichnet der Begriff „Contact Zone“ in den Kulturwissenschaften soziale Räume, in denen Kulturen aufeinandertreffen, bezieht er sich im Kontext von INHABIT auf den Raum der Interaktion zwischen Kunst und Wissenschaft Die gezeigten Arbeiten lassen sich auf unterschiedliche Weise mit dem Ausstellungstitel in Verbindung bringen: Während Murat Adash in seiner performativen Praxis die Veror tung von Körpern im Raum verhandelt, untersucht Céline Berger in ihrem Experimentalfilm die Ästhetik des Messens und der Quantifizierung an der Schnittstelle von Körpern und Geräten. Syowia Kyambi wiederum regt – inspiriert vom Ökosystem und der Morphologie von Mangroven – in ihrer multimedialen Installation ein rhizomatisches Denken an.

Die Künstler

Murat Adash

Murat Adash in seiner Installation vor einem seiner sich durch Bewegung entgrenzenden Körpern. © Foto: Diether von Goddenthow
Murat Adash in seiner Installation vor einem seiner sich durch Bewegung entgrenzenden Körpern. © Foto: Diether von Goddenthow

Murat Adash wurde 1985 in Hanau geboren. Er absolvierte einen MFA in Visual Arts an der School of the Art Institute of Chicago und promov iert zurzeit mit einem praxisorientierten Forschungsprojekt zum Thema Camouflage und Choreografie am Goldsmiths, University of London. Adash entwickelt in seiner künstlerischen Praxis performative und choreografische Arbeiten, die im Zusammenspiel mit einem erweiterten Mediengebrauch (Performance, Video, Text, Klang und Installation) das Verhältnis und die Beziehungen von Körperlichkeit und Räumlichkeit untersuchen. Durch eine auf Bewegung basierende Praxis schafft er Choreografien, die versuchen, den flüchtigen Charakter physischer Grenzen zu erforschen – insbesondere im Hinblick auf die dynamischen Konturen zwischen Körpern und den Räumen, in denen sie zusammenkommen.

Murat Adash  Installations-Impression. © Foto: Diether von Goddenthow
Murat Adash Installations-Impression. © Foto: Diether von Goddenthow

Die in der Ausstellung gezeigte Arbeit Correspondance (Surface) reiht sich als fünftes Kapitel in die Serie ein und beschäftigt sich als szenografisches, choreographisches und filmisches Experiment mit dem Grenz – und Übergangsbereich des Körpers im Raum. In der multimedialen Installation und den Live – Performances wird die Idee von Camouflage als dynamischer Prozess zwischen Körpern und Räumen als Neuansatz erarbeitet.

Céline Berger

Céline Berger
Céline Berger

Céline Berger wurde 1973 in Saint-Martin-d’Hères (Frankreich) geboren. Sie studierte zunächst Physik und Materialwissenschaften und war von 1997 bis 2008 für vers chiedene internationale Mikroelektronik-Unternehmen als Produktions- und Projektingenieurin tätig. 2012 absolvierte sie ein Postgraduales Studium an der Kunsthochschule für Medien Köln. Berger setzt sich in ihrer künstlerischen Arbeit mit den Sprach- und Bildwelten des täglichen Berufslebens in unterschiedlichen Arbeitskontexten auseinander. Im Zentrum ihres künstlerischen Schaffens steht die Untersuchung der spezifischen Abläufe, Gesten und Verhaltensmuster, die den Arbeitsalltag in Unternehmensstrukturen charakterisieren.

Alles Schöne ist im Kopf - Szene aus Film zur Begehren des Messens © Foto: Diether von Goddenthow
Alles Schöne ist im Kopf – Szene aus Film zur Begehren des Messens © Foto: Diether von Goddenthow

Ihre filmischen und installativen Arbeiten werfen dabei einen kritischen Blick auf die Räume und Architekturen, in denen Arbeitsabläufe stattfinden. Ihre hier gezeigte Arbeit And I measure beschäftigt sich mit dem wissenschaftlichen Begehren des Messens und der Transformation von Daten in Zahlen und Grafiken. Es ist eine kritische Befragung der Situation des Experiments – den Vorrichtungen und Schnittstellen als Orte, an denen sich Erfahrungen und Körpervorgänge in Messungen und Daten verwandeln.

Syowia Kyambi

Syowia Kyambi
Syowia Kyambi

Syowia Kyambi wurde 1979 in Nairobi (Kenia) geboren. Sie erwarb einen BFA von der School of the Art Institute of Chicago und einen MFA vom Transart Institute (akkreditiert von der Universität Plymouth, UK). Kyambi setzt sich in ihrer künstlerischen Praxis mit Fragen des Geschlechts, der Erinnerung und Identität im Kontext von kolonialer Geschichte und kulturellen Machtstrukturen auseinander. Ihre Arbeiten untersuchen, wie die Gegenwart von historischen Konstruktionen beeinflusst wird und wie die Vergangenheit Vorstellungen und Ideen von der Zukunft formt. Fragen danach, was erinnert und archiviert wird, und welche Erzählungen von Objekten, Körpern und Geschichten dominieren, sind Ausgangspunkt für ihre künstlerische Praxis und Ansatz, alternative Erzählungen einer normativen Geschichtsschreibung entgegenzusetzen. 2018 erschuf Kyambi die fiktive gesellschaftskritische Figur Kaspale als künstlerisches Instrument, um in politische und kulturelle Kontexte, Architekturen und Aktivitäten zu intervenieren. Ihre hier gezeigte Arbeit Origins ist Teil einer Werkserie, in der Kyambi die vielen Leben von Kaspale erforscht. Sie bezieht sich nicht auf einen externen Kontext, sondern richtet sich nach innen auf den Ursprung der Figur und Persona, mit der sie eine Scheinwelt aus vergangenen Zukünften und verschlungenen (Un-)Möglichkeiten aufgebaut hat. Kyambi lädt ihr Publikum in eine metaphorische Welt ein, in der sich Mangroven sowohl Kaspale als auch dem Publikum anbieten, um auf die Mehrdimensionalität von Zeit und Raum hinzuweisen. Mangroven, die gleichzeitig Grenzen und extraterritoriale Kartenknotenpunkte darstellen, sind ein beispielhafter Index für die Abkehr von einer singulären Wurzelidentität und fordern uns auf, stattdessen den Vielfältigkeiten, Verbindungen und Ansammlungen zu folgen, die rhizomatische Wurzelsysteme bilden.

Das Max-Planck-Institut für empirische Ästhetik
Das Max-Planck-Institut für empirische Ästhetik wurde 2013 gegründet und erforscht, wie künstlerische und ästhetische Praktiken und Präferenzen funktionieren und was für eine Bedeutung sie für Individuen und Gesellschaften haben. Es ist zurzeit weltweit die einzige Forschungseinrichtung, die ganz der interdisziplinären, sowohl die Geistes – wie die Naturwissenschaften einbeziehenden Grundlagenforschung zu ästhetischer Wahrnehmung und Bewertung gewidmet ist. Das Institut steht dabei vor der Herausforderung, Hypothesen, Theorien und Modelle aus sehr unterschiedlichen Disziplinen integrativ weiterzuentwickeln, insbesondere aus der Psychologie, den traditionellen Poetiken der einzelnen Künste, der Musik-, Kunst- und Literaturwissenschaft, der philosophischen Ästhetik, der Biologie, der Soziologie und den Neurowissenschaften. Mission und Ausrichtung des Instituts sind von der Annahme geprägt, dass Fortschritte in Richtung einer integrativen ästhetischen Theorie nur in systematischer Grundlagenforschung und in interdisziplinärer Zusammenarbeit erreichbar sind.

Museum Angewandte Kunst
Schaumainkai 17
60594 Frankfurt
069 212 34037
info.angewandte-kunst@stadt-frankfurt.de
www.museumangewandtekunst.de

E. R. Nele. Zeitzeugenschaft 24. September 2022 – 1. Januar 2023 im Museum Angewandte Kunst Frankfurt

Grafik: Bureau Sandra Doeller
Grafik: Bureau Sandra Doeller

„Wer nur in Bewegung ist, verliert die Orientierung, wer immer nur das Ganze sieht, geht des Teils verlustig, wer immer nur sucht, verliert sich am Horizont, und wer immer nur findet, überlässt sich dem Zufall“, sagte Jean-Christopher Ammann (1939–2015) bei der Rede zur Einweihung der Skulptur Walking Man von E. R. Nele im Jahr 2001. Der große Kunstkenner, Ausstellungsmacher und Museumsdirektor sagte dies in Anbetracht der eingefrorenen Bewegung des eine Stange tragenden Hochseilartisten auf einem stählernen Seil.

E. R. Nele, so scheint es, wenn man mit ihr spricht, sie erlebt, war immer in Bewegung, hellwach, und hat immer wieder geistesgegenwärtig innegehalten bei besonderen Momenten im Zeitgeschehen, und dabei nie die Orientierung verloren: Denn nie hat sie sich einem künstlerischen Dogma unterworfen, hat sich stilistisch festgelegt oder dieses intuitive Zusammenspiel von Wahrnehmung der Welt als reflexiver Zeitzeugenschaft, Auge und Hand jemals aufgegeben. Sie gehört einer Künstler:innengeneration an, die noch mit dem Erleben des Krieges und seiner Folgen in ihren Kindheits- und Jugendjahren die Verfasstheit des Menschen, die Conditio humana, im Sinne von Hannah Arendt nicht als etwas Festgelegtes versteht, sondern im Gegenteil, dieses Bedingtsein als die Ermöglichung von Freiheit begreift. Und so verwundert es nicht, wenn sich im Werk der 1932 in Breslau Geborenen sehr vielseitige Begabungen artikulieren und seither von ihr als einer der vielseitigsten Künstler:innen und Gestalter:innen gesprochen wird.

e.r.nele Hiroshima Pferd © Foto: Diether von Goddenthow
e.r.nele Hiroshima Pferd © Foto: Diether von Goddenthow

Einen Einblick in dieses vielfältige Schaffen können die Besucher:innen in der Studioausstellung E. R. Nele. Zeitzeugenschaft gewinnen, die das Museum Angewandte Kunst E. R. Nele anlässlich ihres 90. Geburtstages ausrichtet. Im Ausstellungsraum wird eine Art Wohnsituation hergestellt, die ihre gestalteten Möbel in Form von einem Sofa sowie einer Sitzgruppe mit Tisch und Stühlen und Leuchten zeigt. Aus diesem Raum im Raum haben die Besuchenden die Möglichkeit, einen Blick auf die umstehenden Skulpturen der Künstlerin zu werfen – wie ein Blick in ihr Atelier. So erinnert nicht zuletzt die gewählte blaue Wandfarbe an ihr Haus und Atelier in Frankfurt. Durch die Raumkonstellation soll nachempfunden werden können, wie eng Leben und Werk bei E. R. Nele miteinander verbunden sind. Sie selbst sagt: „Kunst ist eine Form des Lebens.“

Als Designerin schuf sie in den 1960er Jahren für die Kasseler Firma bodeform moderne Wohnlandschaften, Sofas und Sessel, die in Form und Funktion variabel, weil flexibel um- und aufbaubar sind. Sie entwarf für die Niederlassung der Detmolder Firma Temde in Sevelen, Schweiz, mehr als 80 Lampen – Stehleuchten, Tischleuchten, Deckenleuchten, Wandleuchten –, die sich bewusst von den zuvor starren Formen der zumeist aus Holz gefertigten Leuchten in Material, Eleganz und klarer Linienführung vehement unterschieden. Sie entwarf und fertigte Tische, Schmuck und selbst Besteckkollektionen und immer scheint es, als ob all diese Objekte, und ein jedes als Teil für sich betrachtet, nur eine weitere skulpturale Möglichkeits-Ausformung darstellt. Was hier erkennbar wird, und sich als Quintessenz des gestalterischen und künstlerischen Schaffens E. R. Neles ausfiltern lässt, ist, dass alles, was sie schafft, aus einem beziehungsreichen Wechselspiel von Boden- und Wandarbeiten und autonomen Objekten im Raum besteht.

E. R. Nele Zeitzeugenschaft - Ausstellungsimpression mit der Gruppe "walking men" © Foto: Diether von Goddenthow
E. R. Nele
Zeitzeugenschaft – Ausstellungsimpression mit der Gruppe „walking men“ © Foto: Diether von Goddenthow

Lampen und Wohninterieur zu entwerfen, hat etwas, jedenfalls bei E. R. Nele, mit dem Schaffen von Emotionen zu tun, nicht minder emotionsgeladen ist, wie sie immer wieder aufs Neue die menschliche Figur als zentrales Thema ihres Schaffens zur Ansicht bringt. Denn bei weitem nimmt das figürliche Motiv in ihrem Lebenswerk den größten Part ein, zumeist in metallener Ausführung, immer aber mit Blick auf die psychische und physische Verletzbarkeit des Menschen. Neles Figuren entstehen auf dem Skizzenblock und entwickeln sich erst nach und nach zu haptischen Wesen, die mal zeichenhaft und erstaunlich zweidimensional bleiben oder zu Gestalten werden, die aus gewickeltem, gefaltetem oder gehämmerten Stahl bestehen. Viele bleiben unbehandelt, einige werden bunt.

Viele der Themen, denen sie sich zugewandt hat und noch immer zuwendet, haben an Aktualität nichts verloren. Denn noch immer werden Künstler:innen, Dichter:innen und Journalist:innen bedroht, inhaftiert und getötet, existieren Antisemitismus und Rassismus und noch immer geht neben dem menschengemachten Klimawandel von den Atomwaffenarsenalen verschiedenster Staaten die größte Bedrohung für die Menschheit aus.

Museum Angewandte Kunst
Schaumainkai 17
60594 Frankfurt
www.museumangewandtekunst.de