Kategorie-Archiv: Archäologie

Mit der ganzen Familie in die Eisenzeit – Archäologie in der Keltenwelt erleben: „Kleidung und Textil“ am 27.-28. Juli 2024

© Keltenwelt am Glauberg
© Keltenwelt am Glauberg

Themenwochenende in der Keltenwelt am Glauberg: Kleider machen Leute! Dieses Sprichwort galt auch schon bei den Kelten. Deshalb stehen die Stoffe und Bekleidung der Eisenzeit im Mittelpunkt der beiden Thementage im Museumsgarten der Keltenwelt. Ob allein, mit Freunden oder samt der ganzen Familie bietet das Wochenende die Möglichkeit  in die Welt der keltischen Textilien und Kleidung einzutauchen. Im Rahmen experimenteller Archäologie wird gezeigt, wie Stoffe einst hergestellt und gefärbt wurden.  An zahlreichen Ständen kann man sich  in die Kunst des Spinnens, Färbens und Brettchenwebens entführen  lassen und sich an den Infoständen über die spannenden wie faszinierenden Arbeitsweisen der Textilarchäologie informieren.

Ein besonderes Highlight sind die verschiedenen Modelle von Gewichtswebstühlen, darunter auch eine „neue Variante“, die mithilfe der experimentellen Archäologie überprüft wird.  Die Experimentalarchäologinnen und -archäologen erklären Schritt für Schritt, wie sie zu ihren neuen Erkenntnissen gelangt sind und wie diese historischen Webgeräte funktionierten. Originalgetreu nach Funden gearbeitete Kleidungsstücke veranschaulichen dabei, dass die Rekonstruktion keltischer Kleidung weit mehr als eine handwerkliche Herausforderung ist.

Für Kinder und Erwachsene bietet die Keltenwelt am Glauberg an Veranstaltungswochenende ein umfangreiches Mitmachprogramm rund um historische textile Techniken an. Es wird gefärbt, gesponnen, geschwungen, gebrochen, gehechelt, kardiert und auch eine eigene Brettchenborte kann selbst gewebt werden – langweilig wird es ganz bestimmt nicht!
Ein spannendes Wochenende in der Welt der keltischen Textilkunst erwartet die Besucher und lässt die Geschichte authentisch lebendig werden.

Zudem erwartet die Besucher im Museum Keltenwelt die Sonder-Ausstellung „Wege durch die Zeit. Geschichte des Glaubergs“,

Infos:
Veranstaltungsort: im Museumsgarten
Veranstaltungszeit: von 10 Uhr bis 18 Uhr
Kosten: Kinder/Jugendliche: 1 EUR, Erwachsene: 4 EUR, unter 6 Jahren frei

Keltenwelt am Glauberg
Archäologisches Landesmuseum Hessen
Hessenarchäologie

Schaurestaurierung des 2000 Jahre alten keltischen Blussus-Grabsteins nach römischen Vorbild im Landesmuseum Mainz

Ausschnitt: Grabstein des Schiffers Blussus und seiner Frau Menimane. Zweiseitig verziert, auf der Rückseite ist die ältestes römische Schiffsdarstellung nördlich der Alpen. © Foto Diether von Goddenthow
Ausschnitt: Grabstein des Schiffers Blussus und seiner Frau Menimane. Zweiseitig verziert, auf der Rückseite ist die ältestes römische Schiffsdarstellung nördlich der Alpen. © Foto Diether von Goddenthow

Der Blussus-Stein, ein ganz besonderer Grabstein einer durch den Handel mit Römern reich gewordenen keltischen Schiffersfamilie aus römischer Zeit, zeigt zugleich die älteste römische Schiffsdarstellung nördlich der Alpen. Dieser international bekannte Stein gehört zu den ganz besonderen Schätzen in den Sammlungen des Landesmuseums Mainz Generaldirektion Kulturelles Erbe Rheinland-Pfalz (GDKE). Er kann nun, dank einer großzügigen Spende des Freundeskreises des Museums restauriert werden. Wer den Restauratoren dabei einmal über die Schultern schauen möchte, ist bis zum 19. Juli 2024 herzlich in die Steinhalle des Landesmuseums Mainz eingeladen. Die Besichtigung ist im Eintrittspreis enthalten.

Direktorin des Landesmuseums Mainz, Dr. Birgit Heide, begrüßt den Vorstand der Freunde des Museums, die Restauratoren und Medienleute. © Foto Diether von Goddenthow
Direktorin des Landesmuseums Mainz, Dr. Birgit Heide, begrüßt den Vorstand der Freunde des Museums, die Restauratoren und Medienleute. © Foto Diether von Goddenthow

Bei einem Pressetermin in der Steinhalle unterstrich die Direktorin des Landesmuseums Mainz, Dr. Birgit Heide, einmal mehr wie notwendig es sei, dass das inzwischen vom Zahn der Zeit entsprechend gezeichnete Steindenkmal zur Erhaltung für nächste Generationen dringend restauriert werden muss: „Der Stein wurde 1848 in Mainz-Weisenau gefunden und hat eine wechselvolle Geschichte hinter sich, die ihre Spuren hinterlassen hat. Umso mehr freut es mich, dass wir dank der großzügigen finanziellen Unterstützung durch den Verein der Freunde des Landesmuseums Mainz den Blussus-Stein von renommierten Restauratoren mit modernsten Methoden reinigen, restaurieren und zugleich wissenschaftlich auf die ursprüngliche Farbfassung untersuchen lassen können.“

Blussus-Stein ist  ein Zeugnis für die Verschmelzung keltischer mit römischer Kultur

Dr. Ellen Riemer, zuständige Archäologin für die Altertümer im Landesmuseum, erläuterte die einzigartige Bedeutung des aus der ersten Hälfte des 1. Jahrhunderts stammenden, doppelseitig verzierten Grabsteins des Schiffers Blussus und seiner Frau Menimane, die keine Römer, sondern Kelten waren,  sich jedoch nach römischen Vorbild einen Grabstein  setzen ließen. Sie demonstrierten damit römische Lebensweise. Vater Blussus habe  für die damalige Zeit mit 75 Jahren ein biblisches Alter erreicht. Sohn Primus habe den Grabstein nach dem Tod seiner Mutter gesetzt, die nach ihrem Mann verstorben sei. „Man sieht so kleine Löcher um ihr Gesicht herum, deswegen nimmt man an, dass zu ihren Lebzeiten als der Mann schon tot war, das Gesicht verdeckt war, weil sie ja noch nicht unter diesem Grabstein gelegen hat.“, so die Archäologin.

Dr. Ellen Riemer, zuständige Archäologin für die Altertümer im Landesmuseum, erläuterte die einzigartige Bedeutung des aus der ersten Hälfte des 1. Jahrhunderts stammenden, doppelseitig verzierten Grabsteins des Schiffers Blussus. © Foto Diether von Goddenthow
Dr. Ellen Riemer, zuständige Archäologin für die Altertümer im Landesmuseum, erläuterte die einzigartige Bedeutung des aus der ersten Hälfte des 1. Jahrhunderts stammenden, doppelseitig verzierten Grabsteins des Schiffers Blussus. © Foto Diether von Goddenthow

Auf der Vorderseite, der Reliefseite, sitzt das Ehepaar bequem auf einer Art Sofa. Der Mann sei in einer typisch keltischen Tracht, dem Cucullus, einem Kapuzenmantel, dargestellt: “Er sitzt breitbeinig und behäbig da, und man sieht auch, dass er reich und stolz ist. Er hält in der Hand einen dicken fetten Geldbeutel“, so Riemer.
Die Tracht seiner neben ihm sitzenden keltischen Frau Menimane, sei in der Archäologie für einen Trachten-Typ, der Menimane-Tracht, namensgebend gewesen. Diese „besteht aus mindestens drei verschiedenen Gewändern, einem Untergewand, einem langen Obergewand und einem Mantel. Alles wird mit mindestens fünf Fibeln zusammengehalten, was man besonders schön sieht, „an der Schulter zum Beispiel und wo der Träger verrutscht ist“.

Menimane hat um den Hals einen Halsreifen, an dem eine Rosette als Schmuck hängt. Auf dem Schoss sind noch die beiden Vorderbeine des kleinen Hündchen zu erkennen. „In der Hand hält sie ein Wollknäuel und eine Spindel mit aufgesponnener Wolle als Zeichen für die Hausfrau.“, erläutert die Archäologin. Und hinter ihr steht ein Junge, wobei die Archäologen noch nicht genau wüssten, so Riemer, ob es der Sohn Primus oder der Sklave Satto sei, „der ja eigentlich auch unter dem Stein liegen müsste“.
Ein weiteres archäologisches Problem sei auch, dass dass der Junge eine sogenannte Bulla um den Hals trägt. „Das ist ein zweiteiliges Amulett. Das tragen aber nur freigeborene, römische Knaben bis sie 16 Jahre alt werden und dann zum Mann werden. Eigentlich dürfte weder Primus, weil er ja Kelte war, noch der Haussklave Satto ein solches Schmuckstück getragen haben“, läutert Riemer.

Bei all diesen Details werde ganz deutlich, „dass das Ehepaar nicht Römer waren, sondern Kelten. Für die Römer waren sie sogenannte „peregrini“ , also Fremde, die das römische Bürgerrecht nicht besaßen, obwohl es eigentlich Einheimische waren“. Sie haben aber versucht, sich ein bisschen an die Römer anzugleichen, einmal, „indem sie ihren Sohn den typisch römischen Namen Primus gaben, und indem sie auch die die Sitte, einen Grabstein auf ihr Grab zu setzen, von den Römern übernommen.“, so Riemer

Reich geworden ist die Familie in ersten Hälfte des 1 Jahrhunderts durch den Handel mit den Römern. „Denn Mainz ist ja aus dem Nichts quasi entstanden, und alle Vorräte mussten von außen herbeigeschafft werden. Und da war man als Schiffer, als Nauta, natürlich auf der richtigen Seite. Man konnte richtig ordentliche Geschäfte mit den Römern machen, und damit ist er wohl auch reich geworden und konnte sich dann einen solchen Grabstein leisten, beidseitig verziert, nochmal besser als die Grabsteine der Römer auf jeden Fall. Und er hat Lothringer Kalkstein verwendet, also einen teuren Import.“, so die Archäologin abschließend.

Behutsame Reinigung des Blussus-Steins

Diplom Restaurator Matthias Steyer  bei seiner Arbeit. © Foto Diether von Goddenthow
Diplom Restaurator Matthias Steyer bei seiner Arbeit. © Foto Diether von Goddenthow

Die Restaurierung des Blussus-Steins hat die Firma Matthias Steyer aus Eppstein-Niederjosbach übernommen. Diplom Restaurator Matthias Steyer und sein Team hatten bereits die Restaurierung der Großen Mainzer Jupitersäule durchgeführt. Das Heikle bei der Reinigung dieses Grabsteins besteht unter anderem darin, nur den Schmutzfilm und nicht darunter liegende – für das menschliche Auge zwar nicht sichtbare aber für die Wissenschaftler wichtige – Farbpigmente mit zu beseitigen. Dafür setzt Diplom-Restaurator Matthias Steyer einen Hochleistungs-Laser, einen sogenannten Zeilenlaser mit einer Leistung von bis zu 1064 Nanometer. Hierbei sauste der Laserstrahl blitzschnell von links- nach rechts hin und her, so der Restaurator. Anhand verschiedener Parameter (Wattstärke von 1 bis 100, Pulsgeschwindigkeit, Breite des Strahls) ließe sich der Reinigungsgrad ganz sensibel ändern. „Es hängt natürlich auch davon ab, was man reinigt, welche Art Stein oder Untergründe, und da muss man die Parameter manchmal verändern, ob man mehr, einen schnelleren Impuls will, oder einen schnelleren Übergang. Damit kann man das genau steuern, was dann abgenommen wird.“, so Steyer. Er schätzt, dass er uns sein Team für die Reinigung dieses Steine eine Woche benötigten. Der Restaurator arbeitet mit einer Laser-Schutzbrille und der Arbeitsbereich ist aus Sicherheitsgründen abgehängt. Der verdampfte Schmutz wird direkt durch eine moderne Abzugsanlage mit Spezialfilter abgesaugt.

Ursprünglich war der Blussus-Stein farbig

Charleen Hack vom Institut für Klassische Archäologie der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, ist den Farbpigmenten auf der Spur. © Foto Diether von Goddenthow
Charleen Hack vom Institut für Klassische Archäologie der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, ist den Farbpigmenten auf der Spur. © Foto Diether von Goddenthow

Beim Restaurierungsprojekt mit dabei ist die wissenschaftliche Mitarbeiterin des Instituts für Klassische Archäologie der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Charleen Hack, die mit unterschiedlichen Techniken und einem Auflichtmikroskop mit bloßem Auge nicht mehr erkennbare Farbspuren an römischen Steinen auffindet. Tatsächlich soll der Blussus-Stein bei seiner Entdeckung vor 176 Jahren heute nicht mehr sichtbare Farbreste gezeigt haben, die nun wissenschaftlich untersucht werden, damit noch vor der Laser-Reinigung des Steindenkmals mögliche Auswirkungen des Lasers vorab getestet werden können.

Ohne die Freunde des Museums wäre die Restaurierung nicht möglich

„Der Blussus-Stein ist bis heute ein in der Fachwelt begehrtes Anschauungsobjekt und auch bei den Besucherinnen und Besuchern des Landesmuseums ein beliebter Anlaufpunkt. Wir freuen uns daher sehr, dass wir diesem wichtigen Monument durch unsere Förderung zu neuem Glanz verhelfen können,“ so die Vorsitzende des Vereins der Freunde des Landesmuseums Mainz, Elisabeth Kolz. Der Freundeverein, der nächstes Jahr sein 60-jähriges Jubiläum feiern wird, hat nicht nur die 2021 abgeschlossenen Restaurierungsarbeiten an der Großen Mainzer Jupitersäule mit einem namhaften Beitrag unterstützt, sondern gerade in den letzten Jahren bedeutende Ankäufe für die Abteilung Kunstgeschichte ermöglicht. Diese Förderungen unterstützen die Arbeit im Museum auf vielfältige und äußerst wertvolle Weise.

Die Restaurierung findet noch bis zum 19. Juli 2024 bei laufendem Betrieb in der Steinhalle des Landesmuseums Mainz statt. Wir haben das bewusst als Schaurestaurierung für diese Woche vorgesehen, unterstreicht die Museumsdirektorin und freut sich, auf interessierte Besucher.

(Diether von Goddenthow)

Landesmuseum Mainz
Große Bleiche 49-51

Römerwochenende im Landesmuseum Mainz am 13. und 14. Juli 2024 – Erstmals dabei: Römische Schule zum Mitmachen

Römerwochenende im Landesmuseum Mainz am 13. und 14. Juli 2024 I.Römercohorte Opladen mit sehenswerten Vorführungen / Spannende Einblicke in den römischen Alltag / Erstmals dabei: Römische Schule zum Mitmachen © Foto Diether von Goddenthow
Römerwochenende im Landesmuseum Mainz am 13. und 14. Juli 2024 I.Römercohorte Opladen mit sehenswerten Vorführungen / Spannende Einblicke in den römischen Alltag / Erstmals dabei: Römische Schule zum Mitmachen © Foto Diether von Goddenthow

Auf die legendäre Frage „quo vadis“ gibt es für die Fans eines historischen Römerlagers am 13. und 14. Juli 2024 nur eine Antwort – ins Landesmuseum Mainz der Generaldirektion Kulturelles Erbe Rheinland-Pfalz (GDKE). Dann bietet die I. Römercohorte Opladen, die inzwischen schon zu den Stammgästen am Römerwochenende des Landesmuseums zählt, spannende Einblicke und sehenswerte Vorführungen aus dem militärischen Alltag. Und in diesem Jahr feiert die Römertruppe sogar ihr 40-jähriges Bestehen.

Römerwochenende im Landesmuseum Mainz. Archivbild. © Foto Diether von Goddenthow
Römerwochenende im Landesmuseum Mainz. Archivbild. © Foto Diether von Goddenthow

Rund 15 Legionäre nehmen die Besucherinnen und Besucher mit auf eine Zeitreise in das 1. Jahrhundert n. Chr. und präsentieren neben einem römischen Zeltlager römische Handwerkstechniken – vom Feldschmied über Wollverarbeitung bis zum Steinmetz. Auch eine Wahrsagerin wird ihre wundersamen Fähigkeiten unter Beweis stellen.

Römerwochenende im Landesmuseum Mainz. Archivbild. © Foto Diether von Goddenthow
Römerwochenende im Landesmuseum Mainz. Archivbild. © Foto Diether von Goddenthow

Erstmals dabei ist ein Kinder-Mitmach-Programm zum Thema Schule in römischer Zeit. Die „schola romana“ wird geführt von der Leiterin des Stadtmuseums Bad Dürkheim, Dr. Britta Hallmann-Preuß. Tintenfass und Papyrusrolle dürfen keinesfalls fehlen und am Ende kommen sowohl die Großen als auch die Kleinen auf ihre Kosten. Natürlich dürfen auch Erwachsene mit dem Stylus auf Wachstafeln schreiben oder Rechenaufgaben mit dem Abakus lösen.

Das Römerwochenende findet am 13. und 14. Juli 2024 von 10 bis 17 Uhr im Landesmuseum Mainz statt. Es gilt der übliche Museumseintritt von 6 Euro, ermäßigt 5 Euro. Kinder bis einschließlich 6 Jahre haben freien Eintritt.

Römerwochenende im Landesmuseum Mainz. Archivbild. © Foto Diether von Goddenthow
Römerwochenende im Landesmuseum Mainz. Archivbild. © Foto Diether von Goddenthow

Landesmuseum Mainz
Große Bleiche 49-51

Archäologische Fachbibliothek im LEIZA Mainz eröffnet

Leibniz-Zentrum für Archäologie (LEIZA) © Foto Diether von Goddenthow
Leibniz-Zentrum für Archäologie (LEIZA) © Foto Diether von Goddenthow

Mainz. Eine beeindruckende Sammlung archäologischer Fachliteratur erwartet Besucherinnen und Besucher in der neuen Bibliothek des Leibniz-Zentrums für Archäologie (LEIZA) am Ludwig-Lindenschmit-Forum 1 in der südlichen Altstadt. Auf über 9.000 Metern Bücherregalen finden sich Werke von der Altsteinzeit bis ins Hochmittelalter. Die Bibliothek, einer der größten archäologischen Spezialbibliotheken Europas, umfasst 210.000 analoge und digitale Medieneinheiten und bietet über 60 Leseplätze. Während der Öffnungszeiten von Montag bis Freitag zwischen 9.00 Uhr und 17.30 Uhr können kostenlose Leseausweise beantragt werden.

Nach der Einweihung des LEIZA-Neubaus im vergangenen Jahr und intensiver Vorbereitungszeit steht die vollständig ausgestattete Bibliothek nun auch der Öffentlichkeit zur Verfügung. „Bei der Planung und Gestaltung waren uns Funktionalität und eine angenehme Arbeitsatmosphäre sehr wichtig, und die Umsetzung ist an dieser Stelle durchaus gelungen“, erläutert die Leiterin der Bibliothek Annette Frey und ergänzt: „Neben Forschenden und Studierenden unterstützen wir auch wissbegierige Archäologie-Interessierte bei Recherchen und bieten bedarfsgerechte Beratungsangebote an. Das Bibliotheksteam des LEIZA freut sich seinen Besuchern eine der umfassendsten Spezialsammlungen Europas anbieten zu können“.

BibliothekEingangsbereich © Foto Sven_Hasselbach
BibliothekEingangsbereich © Foto Sven_Hasselbach

Als für die Öffentlichkeit zugängliche Präsenzbibliothek können die Medien vor Ort an den Arbeitsplätzen eingesehen werden. Eine Ausleihe ist nicht möglich. Die nach neuesten Standards ausgestattete Bibliothek verfügt über zwei Lesesäle mit 64 Leseplätzen. Die jeweils mit Leseleuchten, Steckdosen und USB-Anschlüssen ausgestatteten Arbeitsplätze sind für sechs bis acht Personen pro Tischgruppe ausgelegt. Für einen Besuch der Bibliothek kann der Haupteingang des LEIZA am Ludwig-Lindenschmit-Forum 1 genutzt werden. Die zu den öffentlichen Bereichen gehörende Fachbibliothek befindet sich im 1. Obergeschoss.

Über 170 Jahre gesammeltes archäologisches Wissen in modernem Ambiente

Die seit der Gründung des Instituts 1852 angelegte Bibliothek hat die Aufgabe, Forschende mit entsprechender Literatur und Informationen zu versorgen. Sie stellt Spezialliteratur bereit und beschafft auf Wunsch ausgewählte Literatur. Neben digitalen und analogen Zeitschriften können in der Bibliothek auch Ausstellungskataloge, Lexika, Monographien, Sammelwerke, Tagungsbände oder unterschiedlichste Reihen eingesehen werden. Die Sammelschwerpunkte liegen unter anderem bei Themen, wie Byzantinische Archäologie, Römische Archäologie, Archäologie in China, Eisenzeit in Europa, Pompeji, naturwissenschaftliche Archäologie und archäologische Restaurierung.

Weiterführende Links

 Arbeitsbereich Bibliothek und Archiv des LEIZA

Führung im Archäologischen Museum am 12. Mai: Varus in Frankfurt? Kurioses aus 200 Jahren Forschung

Gesichtshelm eines römischen Soldaten aus Nida, Frankfurt am Main-Heddernheim, 2. Hälfte 3. Jahrhundert nach Christus,  © AMF, Foto: U. Dettmar
Gesichtshelm eines römischen Soldaten aus Nida, Frankfurt am Main-Heddernheim, 2. Hälfte 3. Jahrhundert nach Christus, © AMF, Foto: U. Dettmar

ffm. In einer Führung am Sonntag, 12. Mai, zeigt Carsten Wenzel, Kustos für Provinzialrömische Archäologie, kuriose Fundstücke aus Frankfurts römischer Vergangenheit und erläutert ihre Geschichte. Die Führung ist für Familien mit Kindern ab circa neun Jahren geeignet und beginnt um 11 Uhr im Foyer des Archäologischen Museums in dert Karmelitergasse 1.

Sie gehören auf den ersten Blick vielleicht nicht unbedingt zu den Highlights in der Ausstellung des Archäologischen Museums Frankfurt, aber diese Objekte bieten Stoff für spannende Geschichten: So auch der römische Grabstein im Kreuzgang des Karmeliterklosters, von dem man bei seiner Entdeckung vor über 300 Jahren annahm, er sei für den Sohn des Varus errichtet worden – jenes Feldherrn also, der eine der größten Niederlagen der römischen Geschichte zu verantworten hatte. Oder der in Frankfurt-Heddernheim gefundene Gesichtshelm eines römischen Reitersoldaten, der neben Alec Guinness und Omar Sharif eine „Hauptrolle“ in Hollywoods für lange Zeit letztem großartigen Monumentalfilm spielte. Mehr zu diesen kuriosen Episoden aus Frankfurts römischer Vergangenheit berichtet Wenzel, Kustos für Provinzialrömische Archäologie, den Besucherinnen und Besuchern bei dieser Führung. Die Führungsgebühr beträgt fünf Euro sowie ermäßigt drei Euro. Kinder bis 18 Jahre und die Freunde des Archäologischen Museums Frankfurt zahlen nur die ermäßigte Führungsgebühr.

Archäologisches Museum Frankfurt

Internationale Reenactmentmesse (IRM2024) in der RömerWelt Rheinbrohl 20. u. 21. April 2024

IRM2024-Plakat-red600 250Am 20. und 21. April 2024 findet in der RömerWelt am caput limitis in Rheinbrohl wieder die Internationale Reenactmentmesse IRM statt. An mehr als zwei Dutzend Ständen auf der Freifläche, in den Umgängen und im Veranstaltungsraum des Museums sind vielfältige Replikate, Nachfertigungen und Kopien archäologischer Fundstücke und historischer Gegenstände von der Steinzeit bis zum Ende des 19. Jahrhunderts zu sehen und zum Teil auch zu erwerben. Neben Textilien und Zubehör für Textilarbeiten, vom pflanzengefärbten Garn bis hin zu handgewebten und handgenähten Kleidungsstücken nach historischen Vorlagen, werden vorbildgetreue Tonwaren, Glasperlen und Glasgefäße, Lederwaren und allerlei authentische Kuriositäten auf dem Programm stehen.

Ergänzend zu den in der RömerWelt als Saisonhighlight überregional bekannten RömerTagen im Mai bietet die Internationale Reenactmentmesse IRM2024 einen Überblick über die aktuelle „Hard- und Software“ zur Darstellung von mehr als 5.000 Jahren Menschheitsgeschichte. Neben dem ganztägig an den Messeständen präsentierten Replikaten wird es wieder ein attraktives Vortragsprogramm geben, in dem einige Aussteller ihre Schwerpunkte vorstellen.
Die IRM hat sich als internationaler „Szenetreffpunkt“ für Geschichtsdarsteller aller Epochen, Archäologen und Museumsmitarbeitern etabliert. Weitere Informationen, das Vortragsprogramm sowie eine detaillierte Ausstellerübersicht der IRM2024 sind auf der Webseite http://www.reenactmentmesse.de einsehbar.

Weitere Infos zur Römerwelt

Römische Mosaike aus Mainz – Dr. Jens Dolata referiert einführend über die archäologische Revision der Mosaikfunde im Landesmuseum Mainz

Ausschnitt aus dem Orpheus-Mosaik im Landesmuseum Mainz. © Foto: Diether von Goddenthow
Ausschnitt aus dem Orpheus-Mosaik im Landesmuseum Mainz. © Foto: Diether von Goddenthow

Es war der damals bedeutendste derartige Fund aus dem römischen Mainz: Bei Bauarbeiten in der Badergasse, im Herzen der Mainzer Altstadt, trafen Archäologen der damaligen Archäologischen Denkmalpflege 1995 auf die Überreste eines außergewöhnlichen Mosaikbodens einer römischen Stadtvilla des 2./3. Jahrhunderts, die in Teilen ausgegraben werden konnte.

Ausgehend vom Fund dieses Orpheus-Mosaiks, das aktuell im Marstall des Landesmuseums Mainz der Generaldirektion Kulturelles Erbe (GDKE) ausgestellt wird, erforscht die Landesarchäologie gerade alle überlieferten Fundstellen römischer Mosaike aus Mainzer Stadtvillen. Zum Forschungsstand bietet Dr. Jens Dolata, stellvertretender Außenstellenleiter der Landesarchäologie Mainz, einen einführenden Vortrag an mit dem Titel „Pavimenta tessellata Mogontiacenses – Erste Einblicke in die archäologische Revision der Mosaikfunde aus dem römischen Mainz“. Der Vortrag läuft am 30. Januar 2024 um 18 Uhr als Hybrid-Veranstaltung im Landesmuseum Mainz.

Für Dolata bietet die eingehende Beschäftigung mit den Fundorten und Befunden der Überreste stattlicher Schmuckfußböden neue und überraschende Einblicke in prächtige Wohnausstattungen im römischen Mainz. In seinem Vortrag beleuchtet er nicht nur Baukontexte, vergesellschaftete Funde und besondere Erhaltungssituationen, sondern erklärt auch Bildmotive und ordnet sie ein. Dabei sind die aus viereckigen Stückchen oder Würfelchen, lateinisch tessellae, erstellten Mosaike für Dolata „ganz besondere Fundstücke, die unseren Blick auf außergewöhnliche Häuser von Mogontiacum lenken.“

Die Präsentation von römischen Mosaiken im Marstall ist ein gemeinsam vom Landesmuseum Mainz und der Landesarchäologie Mainz durchgeführtes Projekt, das unter anderem aufzeigen soll, dass auch in Mainz in römischer Zeit repräsentative Stadtvillen vorhanden waren.

Der Vortrag wird als Hybrid-Veranstaltung durchgeführt. Es besteht demnach die Möglichkeit, in Präsenz teilzunehmen oder der Veranstaltung in digitaler Form zu folgen.

Da die Zahl der Teilnehmenden begrenzt ist, wird um eine Anmeldung bis 29. Januar 2024, 12 Uhr, per E-Mail unter anmeldung@gdke.rlp.de gebeten, die Platzvergabe erfolgt in der Reihenfolge der Anmeldungen. Der Zugangslink wird den Teilnehmenden nach Anmeldeschluss per E-Mail zugeschickt. Die Teilnahme ist kostenfrei.

Landesausstellung „Der Untergang des römischen Reichs” gewinnt Red Dot Design Award

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Die große Landesausstellung ‚Der Untergang des Römischen Reiches‘ ist mit dem Red Dot Design Award 2023 ausgezeichnet worden. Die Jury würdigte das Projektteam der Agentur Duncan McCauley, das vom Rheinischen Landesmuseum Trier beauftragt wurde, für das Ausstellungsdesign.

„Die Verleihung des renommierten Red Dot Design Awards für die Untergang-Ausstellung ist hochverdient und unterstreicht die herausragende Qualität der Landesausstellung in Trier, die 2022 über 200.000 Besucherinnen und Besucher anlockte. Ich gratuliere den Macherinnen und Machern herzlich. Die Auszeichnung macht einmal mehr Lust auf 2025, wenn in Trier die nächste Landesausstellung über den Kaiser, Feldherrn und Philosophen Marc Aurel ihre Tore öffnet“, sagte Innenminister Michael Ebling.

„Wir freuen uns mit und für die Gestalterinnen und Gestalter der Landesausstellung über den Red Dot Award. Wer die Ausstellung in Trier gesehen hat, konnte die thematische Atmosphäre in jedem einzelnen Raum spüren. Die kreativen Köpfe hinter der Ausstellungsgestaltung haben es verdient, für ihre hervorragende Leistung anerkannt zu werden“, so auch die Generaldirektorin der GDKE, Dr. Heike Otto. Das Rheinische Landesmuseum Trier war einer von drei Ausstellungsorten der Landesausstellung und ist Teil der Generaldirektion Kulturelles Erbe Rheinland-Pfalz (GDKE). Museumsdirektor Dr. Marcus Reuter sagte: „Wir gratulieren Duncan McCauley und seinem Team zum Red Dot Award. Die Ausstellung hat die Thematik rund um den Untergang des Römischen Reiches spannend und anschaulich präsentiert. Unsere Ausstellungsgäste waren von der Gestaltung begeistert.“

„Die Arbeit an diesem Projekt war eine faszinierende Möglichkeit, das Römische Reich als Hauptfigur in einer dramatischen Tragödie des Untergangs in einer unvergesslichen Ausstellung zu zeigen. Man konnte regelrecht fühlen, wie die einzigartigen Exponate in den stimmungsvollen Räumen für die Besucherinnen und Besucher erlebbar wurden“, freute sich auch Noel McCauley, Geschäftsführer von Duncan McCauley.

Triumph Herrmanns über die römische Armee. Gemälde Johann Heinrich Tischbein. © Foto: Diether von Goddenthow
Triumph Herrmanns über die römische Armee. Gemälde Johann Heinrich Tischbein. © Foto: Diether von Goddenthow

Der Red Dot ist eine Auszeichnung für hohe Designqualität. Nur an Projekte und Marken, die mit ihrer guten Gestaltungsqualität und kreativen Leistung überzeugen, vergibt die internationale Jury das begehrte Qualitätssiegel. Designer, Agenturen und Unternehmen können einzelne Kommunikationsprojekte und Kreativarbeiten in einer oder mehreren der 18 Kategorien in der Sparte „Communication Design“ einreichen.

Die Landesausstellung „Der Untergang des Römischen Reiches“ fand vom 25. Juni bis zum 27. November 2022 in den drei großen Trierer Museen, dem Rheinischen Landesmuseum Trier, dem Museum am Dom Trier und dem Stadtmuseum Simeonstift Trier statt. An drei verschiedenen Standorten widmeten sich die Museen mit circa 700 Exponaten, darunter nationale und internationale Spitzenleihgaben, verschiedenen Aspekten rund um die Endzeit der einstigen römischen Weltmacht.

Flügelwesen aus Vorzeit und Mythos – Taschenlampenführung in den Spezialsammlungen der Johannes Gutenberg-Universität

Attisch-rotfiguriger Kelchkrater; um 350 v. Chr.; Antikensammlung Klassische Archäologie der JGU, Inv. 178 Foto/©: Angelika Schurzig / JGU
Attisch-rotfiguriger Kelchkrater; um 350 v. Chr.; Antikensammlung Klassische Archäologie der JGU, Inv. 178 Foto/©: Angelika Schurzig / JGU

Die Johannes Gutenberg-Universität Mainz verfügt über 30 spezielle Lehr- und Forschungssammlungen aus allen Wissenschaftsdisziplinen. Zwei dieser Sammlungen öffnen am 1. Februar 2024 ihre Türen: Ab 18 Uhr zeigen die Geowissenschaften und die Klassische Archäologie in einer Taschenlampenführung ausgewählte Exponate rund um das Thema „Flügel“. Die einstündige Führung ist öffentlich (Jugendliche ab 14 Jahren in Begleitung) und kostenfrei. Aufgrund der begrenzten Teilnehmerzahl ist eine Anmeldung erforderlich – bis zum 29. Januar 2024 einfach per E-Mail an kgrimm@uni-mainz.de oder schollme@uni-mainz.de.

Referenten werden sein: Prof. Dr. Kirsten Grimm, vom Institut für Geowissenschaften, und Dr. Patrick Schollmeyer, vom Institut für Altertumswissenschaften – Arbeitsbereich Klassische Archäologie, beide an der Johannes Gutenberg-Universität.
Wann: Donnerstag, 1. Februar 2024, 18:00-19:00 Uhr
Wo: Johannes Gutenberg-Universität Mainz – Treffpunkt: auf dem Gutenberg-Campus vor dem Naturwissenschaftlichen Hörsaalgebäude („Muschel“), Johann-Joachim-Becher-Weg 21, 55128 Mainz
Veranstalter: Universitätssammlungen der Johannes Gutenberg-Universität Mainz
Weitere Infos:
https://www.ub.unimainz.de/de/universitaetssammlungen

Neue Ursaurierart bei Kusel (Pfalz) entdeckt – Forscher tauften ihn Stenokranio (Schmalschädler)

Lebensrekonstruktion des Kuseler Ursauriers Stenokranio. Dr. Frederik Spindler, Kipfenberg
Lebensrekonstruktion des Kuseler Ursauriers Stenokranio. Dr. Frederik Spindler, Kipfenberg

Wie das rheinland-pfälzische Innenministerium mitteilt hat ein internationales Forscherteam um das Urweltmuseum Geoskop bei Kusel im Auftrag von Erdgeschichte-Experten der Generaldirektion Kulturelles Erbe (GDKE) Rheinland-Pfalz zwischen Kaiserslautern und Trier eine neue Ursaurierart nachgewiesen. Das nach seiner speziellen Kopfform Stenokranio („Schmalschädler“) benannte Tier wurde bis zu anderthalb Meter lang, hatte einen großen, flachen Schädel mit vielen spitzen Zähnen und ernährte sich von Fischen und anderen Ursauriern. Es lebte vor knapp 300 Millionen Jahren und war eines der größten Raubtiere seiner Zeit.

„Zu Lebzeiten von Stenokranio lag die Pfalz nahe des Äquators und war Teil eines riesigen Gebirgstals, das sich von Lothringen bis Frankfurt am Main erstreckte und eine tropische Fluss- und Seenlandschaft beherbergte. Im Bereich des heutigen Remigiusbergs bei Kusel mündete damals ein großer Fluss in einen etwa 70 Kilometer langen See. Dieses Flussdelta bevölkerte die neu entdeckte Ursaurierart. Es ist faszinierend, dass wir heute erstmals Überreste dieses urzeitlichen Rheinland-Pfälzers finden und dadurch Erkenntnisse über eine längst vergangene Epoche erlangen“, sagte Innenminister Michael Ebling.

Auch die Generaldirektorin der GDKE, Dr. Heike Otto, zeigte sich ob der Neuentdeckung begeistert. „Die beiden fossilen Schädel wurden bereits 2013 und 2018 entdeckt und auch mithilfe von Ehrenamtlichen ausgegraben. Ein internationales Forscherteam konnte diese dann präparieren und nun die Beschreibung einer neuen Art vornehmen. Der sensationelle Fund führt uns den erdgeschichtlichen Reichtum unserer Region eindrucksvoll vor Augen“, so Otto.

Stenokranio besetzte die ökologische Nische der späteren Krokodile. Es war ein Amphib, das im Wasser und an Land leben konnte. Als Fisch- und Fleischfresser, dürfte er als Lauerjäger im Flachwasser und am Ufer von Seen und Flüssen seiner Beute nachgestellt haben. Neben frühen Vorläufern der Säugetiere gehörte Stenokranio zu den größten bekannten Raubtieren seiner Zeit.

Stenokranio ist Teil der ältesten gut belegten Ursauriergemeinschaft Europas, die vom Remigiusberg bei Kusel in der Westpfalz stammt. An Vierfüßern wurden aus dem pfälzischen Fossilvorkommen bisher Reste von drei weiteren Ursaurierarten (Cryptovenator hirschbergeri, Remigiomontanus robustus, Trypanognathus remigiusbergensis) beschrieben, deren nächste Verwandtschaft im heutigen Südwesten der USA und in Thüringen beheimatet war. Die „Ursaurier“ haben nichts mit den Dinosauriern zu tun, sondern lange vor diesen gelebt. Die ersten Dinosaurier traten etwa 60 Millionen Jahre nach Stenokranio auf.

Ein Teil der Fossilien ist bereits in die Dauerausstellung des Urweltmuseums Geoskop bei Thallichtenberg (Landkreis Kusel) integriert und damit der Öffentlichkeit zugänglich. Geplant ist der Bau eines lebensgroßen Modells von Stenokranio.

Fakten zu Ursaurier Stenokranio

Um welches Tier handelt es sich?
Stenokranio war ein Amphib, also ein Tier, das im Wasser und an Land leben konnte. Die Vermehrung erfolgte durch Laichen im Wasser.

Wie viel und welches Fossilmaterial gibt es?
Die Beschreibung der neuen Art beruht auf zwei fossilen Schädeln, 25 und 27 Zentimeter lang. Von dem größeren Exemplar gibt es zusätzlich Teile der Wirbelsäule und des Schultergürtels.

Wo wurden die fossilen Reste gefunden?
Fundort ist der Remigiusberg bei Kusel in der Westpfalz (Landkreis Kusel, Rheinland-Pfalz). Der Fundort befindet sich auf dem Betriebsgelände eines aktiven Steinbruchs (Hartsteinwerk Rammelsbach der Basalt AG, Linz am Rhein). Der Steinbruch fördert ein Hartgestein zur Herstellung von Straßen- und Gleisbettschotter. Fossilführend sind die Deckschichten über dem Hartgestein. Zutritt zum Betriebsgelände und zur Fundstelle sind nur mit schriftlicher Genehmigung der Basalt AG möglich.

Wer und wann wurden die Fossilien entdeckt?
Die Fossilien wurden 2013 (großes Exemplar als Zufallsfund; Entdecker: Dr. Jan Fischer) und 2018 (kleineres Exemplar bei einer wissenschaftlichen Grabung des Urweltmuseums GEOSKOP; Entdecker: ehrenamtlicher Grabungshelfer Hans-Rieder
Matzenbacher) entdeckt.

Wo, wann und von wem wurden die Fossilien präpariert?

Präparation des 2018 entdeckten Schädels durch den geowissenschaftlichen Präparator Larry Rinehart aus Albuquerque/New Mexico. im GEOSKOP
Präparation des 2018 entdeckten Schädels durch den geowissenschaftlichen Präparator Larry Rinehart aus Albuquerque/New Mexico. im GEOSKOP

Das große Exemplar wurde 2014, das kleinere Exemplar 2018 vom geowissenschaftlichen Präparator Larry Rinehart aus Albuquerque/New Mexico ehrenamtlich im Urweltmuseum GEOSKOP bei Kusel präpariert. Eine Nachpräparation des kleineren Schädels zur wissenschaftlichen Beschreibung erfolgte 2019/2020 durch Georg Sommer, geowissenschaftlicher Präparator des Naturhistorischen Museums Schloss Bertholdsburg, in Schleusingen/Thüringen.

Wann hat das Tier gelebt?
Die Fundschichten sind knapp 300 Millionen Jahre alt und werden in das ausgehende Erdaltertum, genauer in den Grenzbereich der erdgeschichtlichen Systeme Karbon und Perm gestellt.

Wie heißen die Fundschichten?
Die Stenokranio-Fossilien wurden in Ablagerungsgesteinen der sogenannten Remigiusberg-Formation, Basis des Rotliegend im Saar-Nahe-Becken, gefunden.

Weiß man, wie die Tiere zu Tode gekommen sind?
Nein. Die bisher bekannten fossilen Reste von Stenokranio stammen von zerfallenen Skeletten, die am Ufer eines Sees (größeres Exemplar) und im Flachwasser eines Sees (kleineres Exemplar) im Schlamm begraben worden sind. Es ist möglich, dass beide Tiere eines natürlichen Todes gestorben und im Laufe der Zeit zerfallen und teilweise fortgespült worden sind.

Wie groß und schwer konnten die Tiere werden?
Stenokranio konnte schätzungsweise bis zu 1,5 Meter lang werden. Das am nächsten verwandte Tier, Eryops megacephalus aus den USA, erreichte Schädellängen von bis zu 60 Zentimeter und Körperlängen von bis zu drei Metern. Das Körpergewicht der großen amerikanischen Tiere wird auf 160 Kilogramm geschätzt. Das größte bekannte Exemplar von Stenokranio könnte bis zu 70 Kilogramm Lebendgewicht aufgewiesen haben.

Wo hat das Tier gelebt? Wie muss man sich den Lebensraum vorstellen?
Zu Lebzeiten von Stenokranio lag die Pfalz nahe dem Äquator und war Teil eines riesigen (100 x 300 Kilometer großen) Gebirgstals, das von Lothringen bis Frankfurt/M. und vom Hunsrück bis fast nach Karlsruhe reichte. Das Gebirgstal (geologisch: Lothringen-Saar-Nahe-Becken) war eine tropische Fluss- und Seelandschaft. Im Bereich des heutigen Remigiusbergs mündete damals ein großer Fluss in einen etwa 70 Kilometer langen See. Am Ufer dieses Sees bzw. im Delta des besagten Flusses hat Stenokranio gelebt.

Wie hat das Tier gelebt?
Stenokranio hat die ökologische Nische der erst seit dem Erdmittelalter auftretenden Krokodile besetzt. Es war ein Amphib, das im Wasser und an Land leben konnte. Die Vermehrung erfolgte im Wasser. Die Jungtiere werden überwiegend im Wasser, die erwachsenen Tiere im Wasser und an Land gelebt haben. Stenokranio war ein Fischund Fleischfresser, der als Lauerjäger im Flachwasser und am Ufer von Seen und Flüssen seiner Beute nachgestellt haben dürfte. Neben frühen Vorläufern der Säugetiere, wie den fleischfressenden Rückensegelsauriern, gehörte Stenokranio zu den größten bekannten Raubtieren seiner Zeit. Die Konstruktion seiner Kiefer ermöglichte kein Zerschneiden (oder Kauen) von Beute. Beutetiere wurden gepackt, mit den spitzen Zähnen und den vergrößerten Reißzähnen im Gaumen festgehalten und vermutlich mehr oder weniger im Ganzen heruntergeschlungen.

Was passiert nun mit den Fossilien? Wie geht es weiter?
Ein Teil der Fossilien ist bereits in die Dauerausstellung des Urweltmuseums GEOSKOP integriert und damit der Öffentlichkeit zugänglich. Geplant ist der Bau eines lebensgroßen Modells von Stenokranio. Alle Fossilien, das Modell und gegebenenfalls virtuelle Animationen sollen später in einer neuen Dauerausstellung zu den „Kuseler Ursauriern“ im GEOSKOP präsentiert werden.

Warum wird das Tier als Ursaurier bezeichnet?
Der Begriff „Ursaurier“ ist eine populäre Sammelbezeichnung für die Vierfüßer des Erdaltertums. Der Begriff schließt Amphibien und Reptilien ein, hat aber keine wissenschaftliche Bedeutung und hat auch nichts mit den Dinosauriern zu tun. Die „Ursaurier“ haben vor den Dinosauriern gelebt. Die ersten Dinosaurier haben etwa 60 Millionen Jahre nach Stenokranio in der Mittleren Trias gelebt.

Wo genau ist die Position von Stenokranio im Stammbaum der vierfüßigen Wirbeltiere?
Stenokranio gehört zur Familie der Eryopiden, die relativ großwüchsige, nach Gestalt und Lebensweise krokodilähnliche Amphibien des ausgehenden Erdaltertums vereint. Die Eryopiden gehören zur Gruppe der Temnospondyli, die die artenreichste Gruppe an Amphibien des Erdaltertums repräsentiert und wahrscheinlich auch die Vorläufer der heutigen Amphibien einschließt.

Wem gehören die Fossilien?
Nach dem Denkmalschutzgesetz des Landes Rheinland-Pfalz werden erdgeschichtliche Objekte von wissenschaftlicher Bedeutung mit ihrer Entdeckung Eigentum des Landes Rheinland Pfalz. Entsprechende Funde werden in der Landessammlung für Naturkunde in Mainz inventarisiert.

Wer hat welchen Anteil an der Arbeit?

Der 2018 gefundene Schädel von Stenokranio. Urweltmuseum GEOSKOP, Thallichtenberg
Der 2018 gefundene Schädel von Stenokranio. Urweltmuseum GEOSKOP, Thallichtenberg

Die wissenschaftlichen Forschungen und Ausgrabungen im Steinbruch am Remigiusberg bei Kusel erfolgen unter der Leitung des Urweltmuseums GEOSKOP im Auftrag und in Kooperation mit der Generaldirektion Kulturelles Erbe Rheinland-Pfalz/ Referat Erdgeschichte. Finanzielle und logistische Hilfe stellt das Hartsteinwerk Rammelsbach der Basalt AG zur Verfügung. Die Ausgrabungen werden von ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern aus der Pfalz und dem Saarland unterstützt.
Die präparatorischen und konservatorischen Arbeiten an den Fossilien sowie die wissenschaftliche Auswertung erfolgen im Urweltmuseum GEOSKOP.  Die Beschreibung und Illustration der Fossilien sowie die Analyse der verwandtschaftlichen Beziehungen zu altersgleichen Amphibien wurden von den Spezialisten für fossile Amphibien der Gruppe der Eryopiden in Schleusingen/Thüringen, am Naturkundemuseum Berlin und am New Mexico Museum of Natural History in Albuquerque/New Mexico durchgeführt.

Was macht diesen Fund so spannend?
Eryopiden, die nach dem besonders großen amerikanischen Vertreter Eryops benannte Familie von Amphibien des späten Erdaltertums, werden in Saurierbüchern oft zusammen mit Rückensegelechsen als typisch amerikanische Lebensgemeinschaft der Vordinosaurierzeit dargestellt. Die Funde vom Remigiusberg belegen, dass große krokodilartige Amphibien zusammen mit den auffälligen Rückensegelechsen und anderen aus Nordamerika bekannten Ursaurierformen auch auf dem Gebiet des heutigen Deutschlands existiert haben.

Quelle  – Originalarbeit: Werneburg, R., Witzmann, F., Rinehart, L., Fischer, J. & Voigt, S. (2024): A new eryopid temnospondyl from the Carboniferous-Permian boundary of Germany. – Journal of Paleontology, doi: 10.1017/jpa.2023.58.