Kategorie-Archiv: Bistum Mainz

Einer der prominentesten deutschen Katholiken, Kardinal Lehmann, ist tot

Karl Kardinal Lehmann während seines Dankes für die Wilhelm Leuschner-Medaille als höchste Auszeichnung des Landes Hessen 2016 © Foto: Diether v. Goddenthow
Karl Kardinal Lehmann während seines Dankes für die Wilhelm Leuschner-Medaille als höchste Auszeichnung des Landes Hessen 2016 © Foto: Diether v. Goddenthow

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Ministerpräsidentin Malu Dreyer: Kardinal Lehmann wird uns fehlen

„Rheinland-Pfalz trauert um Karl Kardinal Lehmann. 33 Jahre hat er als Bischof von Mainz gewirkt und Maßstäbe für einen weltoffenen Katholizismus gesetzt. Weit über die Grenzen seines Bistums hinaus wurde ihm wegen seines festen Glaubens, seines beeindruckenden theologischen Wissens, seiner ökumenischen Offenheit, seines gesellschaftlichen Engagements und seiner menschlichen Warmherzigkeit Respekt, Anerkennung und auch Zuneigung entgegen gebracht. In seinem fast einundzwanzigjährigen Wirken als Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz hat er die katholische Kirche in Deutschland entscheidend mitgeprägt und in der Weltkirche in herausragender Weise repräsentiert.

Bei seiner Weihe zum Bischof im Mainzer Dom am 2.10.1983 hatte Kardinal Lehmann sein neues Amt unter den Wahlspruch „Steht fest im Glauben“ („State in fide“) gestellt. Diesem Appell des Apostels Paulus an die Gemeinde in Korinth ist er während seines jahrzehntelangen Wirkens in Wort und Tat mehr als gerecht geworden. Er stand in Treue zur Kirche, aber vor allen Dingen zu den Menschen. Karl Kardinal Lehmann hatte stets ein offenes Ohr für ihre Sorgen und Anliegen. Für ihn galt der Grundsatz, dass die Kirche dort mitanpackt, wo Hilfe gebraucht wird. Auch in der Flüchtlingskrise hat er Maßstäbe für Nächstenliebe gesetzt. Wer ihm begegnete, konnte erfahren, dass er es ernst meint mit dem, was er verkündet.

Er hat Brücken gebaut zwischen verschiedenen Konfessionen, zwischen verschiedenen Religionen und auch zwischen Kirche und Politik.

Karl Kardinal Lehmann wusste um die Zeichen der Zeit. Er hat die Konflikte in Kirche und Gesellschaft benannt und die weltweiten Herausforderungen erkannt. In seiner Haltung, Schwangeren im Gewissenskonflikt kirchlich beizustehen, stellte er sich an die Seite der Frauen und riskierte den Konflikt mit Rom. Wichtige Themen hat er immer wieder aufgegriffen und sich in christlicher Verantwortung mit ihnen auseinandergesetzt. Dabei war er der Politik immer ein kritischer und wichtiger Mahner und Ratgeber. Auch in schwierigen Zeiten hat er klare Positionen bezogen und Mut zum Umdenken gemacht.

Glaubensstärke und Humor, Intellekt und Gelassenheit, diese seltene Kombination hat Kardinal Lehmann ausgezeichnet. Ich bin ihm für viele gute Gespräche und Anregungen sowie den vertrauensvollen Austausch mit der Landesregierung sehr dankbar.

Rheinland-Pfalz trauert um einen großartigen Menschen und eine herausragende Persönlichkeit. Bischof Dr. Kohlgraf und allen Gläubigen im Bistum Mainz spreche ich mein aufrichtiges Beileid aus.“

Auch Mainz trauert um seinen Ehrenbürger

 

Oberbürgermeister Michael Ebling: „Wir trauern um den Mainzer Ehrenbürger Karl Kardinal Lehmann. Kardinal Lehmann war eine hochgebildete Persönlichkeit, die in herausfordernden Zeiten Orientierung geben konnte und stets durch seine Warmherzigkeit und Empathie als Mensch zu überzeugen wusste.

Ihn zeichnete vor allem seine Offenheit für die Menschen aus. In einer Zeit, in der so viele, nicht mehr offen sind, in der sich viele gar nicht mehr bemühen, einander zu verstehen, in der die Schranken nicht nur an die Grenzen, sondern auch in manche Köpfe zurückkehren, werden wir diese Eigenschaft wohl mit am meisten vermissen.

Karl Kardinal Lehmann war damit Vorbild, vor allem aber auch immer Anstoßgeber für Debatten: in der Weltkirche, in Deutschland und in Mainz. Große Anerkennung gilt seiner Leistung als Brückenbauer zwischen Kirche und Gesellschaft sowie als verlässlicher und konstruktiver Partner im Dialog mit den anderen christlichen und nichtchristlichen Religionsgemeinschaften.

Er hat die an ihn gerichteten Erwartungen als Wegweiser, Brückenbauer und Moderator nicht nur erfüllt, sondern auf vielfache Weise übertroffen. Hohe theologische Kompetenz und persönliche Glaubwürdigkeit verbanden sich in seiner Person auf überzeugende Weise und strahlten weit über unsere Stadtgrenzen hinaus. Wir werden ihn sehr vermissen.“

Ministerpräsident Volker Bouffier zum Tod
des früheren Mainzer Bischofs Karl Kardinal Lehmann

„Kardinal Lehmann wird dieser Welt als authentischer Repräsentant und Erneuerer der katholischen Kirche fehlen“

Wiesbaden. Der Hessische Ministerpräsident Volker Bouffier hat mit Betroffenheit auf den Tod des früheren Bischofs von Mainz, Karl Kardinal Lehmann, reagiert. „Kardinal Lehmann wird dieser Welt als authentischer Repräsentant und Erneuerer der katholischen Kirche fehlen. Er wirkte 33 Jahre in der Diözese Mainz und prägte damit eine Ära im Bistum. Mit seiner humorvollen, bodenständigen und den Menschen zugewandten Art hat er viele Menschen erreicht und in den Dialog eingebunden. Durch sein herausragendes theologisches Wissen und seine Ausstrahlung hat er dem Bistum und seinen Gläubigen weit über die Grenzen hinaus eine geachtete Stimme verliehen. Mit Beharrlichkeit hat Kardinal Lehmann den Geist der Ökumene, das Zusammenführen von katholischer und evangelischer Kirche, wahrhaft gelebt und war als Bischof ein hochgeschätzter Ansprechpartner in der Gesellschaft für Fragen und Nöte der Zeit. Über die Parteigrenzen hinweg war Lehmann auch für die Politik in Hessen und auf Bundesebene ein geistig und geistlich bereichernder Gesprächspartner. Ich trauere aufrichtig um ihn“, sagte der Ministerpräsident.

„Insbesondere als Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz hat er wichtige gesellschaftliche Impulse gegeben und war auch in Rom beim Vatikan hoch angesehen. Nicht nur die Menschen in Hessen haben ihn tief ins Herz geschlossen und seine Arbeit wertgeschätzt – Karl Kardinal Lehmann war ein Glücksfall für den deutschen Katholizismus und das Bistum Mainz. Seine Verdienste werden auch nach seinem Tod in guter Erinnerung bleiben“, sagte Ministerpräsident Bouffier, der dem Bistum sein tief empfundenes Beileid aussprach.

Karl Lehmann war von Juni 1983 bis Mai 2016 Bischof des Bistums Mainz, dessen Gebiet in Rheinland-Pfalz und Hessen liegt. Von 1987 bis 2008 war er zudem Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz. Für seine Verdienste für die Demokratie und den Rechtsstaat erhielt Lehmann im Jahr 2016 die Wilhelm Leuschner-Medaille als höchste Auszeichnung des Landes Hessen sowie 2009 den Hessischen Kulturpreis.
Abschied von Kardinal Lehmann Domradio.de

Hessenschau

Kardinal Lehmanns grandioser Abschied zum 80. Geburtstag am Pfingstmontag, 16. Mai 2016 im Mainzer Dom u. Rheingoldhalle

Kardinal Lehmann Foto Diether v. Goddenthow © massow-picture
Kardinal Lehmann Foto Diether v. Goddenthow © massow-picture

Schulz: „Eine Institution in Deutschland“
80. Geburtstag von Kardinal Lehmann gefeiert / Papst hat Rücktritt angenommen

Mainz. Vertreter aus Kirche, Wissenschaft, Politik, Medien und Gesellschaft haben den Mainzer Bischof, Kardinal Karl Lehmann, anlässlich seines 80. Geburtstages am Pfingstmontag, 16. Mai, gewürdigt. Aus diesem Anlass fanden ein Festgottesdienst im Mainzer Dom mit 1.200 Gästen sowie ein Festakt in der Mainzer Rheingoldhalle mit 1.500 Gästen statt. Zudem gab der Apostolische Nuntius, Erzbischof Dr. Nikola Eterović, am Ende des Gottesdienstes bekannt, dass Papst Franziskus das Rücktrittsgesuch von Kardinal Lehmann angenommen hat. Dies wurde auch um 12.00 Uhr offiziell durch den Vatikan verkündet. Damit ist der Mainzer Bischofsstuhl ab Dienstag, 17. Mai, vakant.

Laudationes von Martin Schulz und Thomas Söding

Der Präsident des Europäischen Parlaments, Martin Schulz, würdigte Kardinal Lehmann als eine „Institution in Deutschland“, die „viel Wegweisendes geleistet“ habe. „Kardinal Lehmann gibt Orientierung in Zeiten großer Orientierungslosigkeit. Er lebt das Gebot der Nächstenliebe sichtbar, während mancherorts der kalte Egoismus Konjunktur hat. Er baut Brücken, wo andere Gräben vertiefen“, sagte Schulz in seiner Festansprache in der Rheingoldhalle. Schulz erinnerte daran, dass Lehmann in einer Zeit geboren wurde, „in der totalitäre und rassistische Ideologien auf unserem Kontinent Hochkonjunktur hatten“. Wie viele andere seiner Generation sei Lehmann „ein mutiger, weltoffener, zuversichtlicher, ja ein so wunderbarer Mensch geworden. Sie haben das Gute in sich und Sie spenden vielen Menschen Trost, wenn sie verzagt sind.“

Er wünsche sich, dass „wir von Ihnen lernen“, sagte Schulz. „Dass wir wieder erkennen mögen, dass wir Demokratien in und mit diesem Europa geschaffen haben, und alle Menschen so die Chance auf ein freies und glückliches Leben bekommen, während der Rückfall in nationale Egoismen in einer erneuten Katastrophe enden könnte.“ Weiter sagte Schulz: „Ich wünsche mir, dass wir uns von Ihrer Zuversicht anstecken lassen. Dass wir also anpacken, wenn uns dieses Europa manchmal ärgert, wir es dann aber besser machen, also noch gerechter, noch demokratischer und noch freier und es nicht ablehnen. Dies sollten wir mit Freude und Zuversicht tun und nicht mit einer Rhetorik, die schlechtgelaunt alle Fehler bei den Anderen und bei Minderheiten sucht. Ich wünsche mir, dass wir den Glauben an uns selbst wiederfinden und bin mir sicher, dass Sie, lieber Kardinal Lehmann, dabei uns allen ein wichtiges Vorbild sein können.“

Dr. Thomas Söding, Professor für Neutestamentliche Exegese an der Ruhr-Universität Bochum, würdigte in seiner Festansprache den Theologen Karl Lehmann. „Sie nutzen Ihre bischöfliche Autorität nicht, um die Theologie in die Schranken zu weisen, sondern um ihr ein Forum zu geben. Erst lernen, dann lehren – das ist Ihre Devise: mit einem großen Herzen und einem klaren Kopf“, sagte Söding. Lehmann sei „Priester und Professor“ gewesen: „Sie haben als einer der führenden Theologen den akademischen gegen den episkopalen Katheder getauscht – nicht aus Frust, sondern mit Lust. Sie sind der akademischen Profession nach Philosoph und Dogmatiker, verstehen aber die pastorale Praxis nicht nur als Bewährungsfeld, sondern auch als Entdeckungsort der Theologie.“ Sein theologisches Denken sei von den „Realitäten des Lebens“ geprägt, seine Fähigkeit, Menschen anzusprechen, „ein theologisches Kriterium erster Güte“. „Was bei anderen Anekdote bliebe, wird bei Ihrem Bischof zum Argument, weil er ein theologisches Koordinatensystem ausgebildet hat, das es ihm erlaubt, menschliche Erfahrungen mit der Suche nach Gott zu verbinden“, sagte Söding.

Lehmanns Amtszeit als Theologe, Bischof und Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz sei ein „Charakteristikum“ der Bonner und Berliner Republik gewesen: „Es spiegelt die große Bedeutung der Theologie in der Kirche seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil. Es gibt der Ökumene starken Auftrieb. Es schadet der politischen Kultur in Deutschland nicht, zu sehen, dass auch Katholiken denken können, und dass sie bis zu ihren höchsten Repräsentanten auf eine ethisch sensible und spirituell aufgeschlossene Rationalität setzen, die sich in einer pluralistischen Demokratie verständlich machen kann.“ Lehmann stehe für eine „aufgeklärte Theologie“, „die der Politik hilft, sich auf das zu konzentrieren, was sie kann und soll, weil sie davon entlastet wird, sich selbst legitimieren zu müssen.“

Grußworte von Nuntius Eterović, Kardinal Marx und Kirchenpräsident Jung

Vor dem Festakt war im Mainzer Dom ein festliches Pontifikalamt gefeiert worden. Der Apostolische Nuntius, Erzbischof Eterović, überbrachte Lehmann den Dank des Papstes. „Als Vertreter des Obersten Pontifex drängt es mich, Ihnen im Namen des Bischofs von Rom und Hirten der Universalkirche für den beachtlichen Dienst zu danken, den Sie für den Stuhl Petri und die Kongregationen der römischen Kurie und Organe des Heiligen Stuhls geleistet haben“, sagte Eterović in seinem Grußwort.

Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, München, würdigte Lehmann als einen engagierten Bischof und Seelsorger, Theologen und Menschenfreund. „Du hast epochale Umbrüche unseres Landes und in der Kirche miterlebt und mitgestaltet. Wir empfinden großen Respekt und große Dankbarkeit angesichts Deines Wirkens, mit dem Du die Herzen der Menschen erreicht und die Kirche Deutschlands nachhaltig geprägt hast. Wer Dich kennt und erlebt, der erfährt eine große menschliche Verbindlichkeit – einen Menschen, der zuhört und durch seine Umsicht und geistliche Klugheit Vorbild für viele geworden ist“, sagte Marx. Die Deutsche Bischofskonferenz sei Kardinal Lehmann dankbar für dessen aufopferungsvollen, bis an den Rand der physischen Kräfte gehenden Dienst. Weit über die Landesgrenzen hinaus habe Lehmann ein leuchtendes Beispiel für eine lebendige Kirche Deutschlands gegeben. Er fügte hinzu: „Ich habe viel von Dir gelernt und bewundere Deine theologische Brillanz, aber auch Deinen Humor und immer wieder Deine Menschenfreundlichkeit. Für das neue Lebensjahrzehnt wünsche ich Dir Gottes reichen Segen und hoffe, dass Du der Kirche in Deutschland noch lange als Vorbild im Glauben und als Wegbegleiter zur Seite stehst.“

Der Kirchenpräsident der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN), Dr. Volker Jung, erinnerte an das ökumenische Engagement Lehmanns: „Wie kein anderer hat Kardinal Karl Lehmann die Ökumene in Deutschland ein halbes Jahrhundert vorangetrieben und geprägt. Ihm ist zu verdanken, dass außerordentlich wichtige ökumenische Erklärungen erschienen sind – wie das gemeinsame Sozialwort der Deutschen Bischofskonferenz und der Evangelischen Kirche in Deutschland aus dem Jahr 1997 und die Gemeinsame Erklärung zur Rechtfertigungslehre im Jahr 1999.“ Dr. Hildegard Dziuk, Geschäftsführende Vorsitzende der Diözesanversammlung des Bistums Mainz, überbrachte dem Kardinal die Glückwünsche der diözesanen Räte. „Wenn wir zurückschauen, merken wir: Es war gut, mit Ihnen auf dem Weg zu sein. Es war leicht, durch Türen zu gehen, die Sie bereits geöffnet hatten. Viele Wege haben Sie geebnet, viele Unwegsamkeiten ausgeräumt, immer wieder den rechten Weg gewiesen: für unsere Gesellschaft, unsere Kirche, für jeden Einzelnen von uns. Wir können allenfalls ahnen, wie viel Einsatz dahinter steckt, wie viel Kraft es Sie gekostet hat – und Ihnen von Herzen dafür danken.“

Hauptzelebrant des Gottesdienstes war Kardinal Lehmann; Konzelebranten waren neben Erzbischof Eterović und Kardinal Marx unter anderen Erzbischof Stephan Burger, Freiburg, Bischof Dr. Ulrich Neymeyr, Erfurt, Weihbischof Professor Dr. Peter Henrici SJ, Brig/Schweiz, der Mainzer Weihbischof Dr. Udo Markus Bentz, der Mainzer Generalvikar Prälat Dietmar Giebelmann und der Mainzer Domdekan Prälat Heinz Heckwolf. Musikalisch gestaltet wurde der Gottesdienst, der live vom SWR in der ARD übertragen wurde, vom Mainzer Domchor und den Mainzer Dombläsern unter Leitung von Domkapellmeister Karsten Storck und Domkantor Michael Kaltenbach; die Domorgel spielte Domorganist Daniel Beckmann. Der Gottesdienst war auch auf den Mainzer Liebfrauenplatz übertragen worden, wo rund 1.000 Gläubige den Gottesdienst mitfeierten.

Predigt von Kardinal Lehmann

Glauben heiße, „Gottes Liebe annehmen und empfangen, sich auf ihn einlassen und uns seinem Wort öffnen“, sagte Kardinal Lehmann in seiner Predigt. „Wenn wir annehmen, dass Gott wirklich die Welt, also alle Menschen ohne Vorbedingungen und Ausnahmen liebt, dann können wir auch auf viele Menschen, zu denen wir kein Verhältnis haben, anders zugehen. Vielleicht können wir sie mit größerer Zuversicht betrachten, wenn wir wissen, dass sie nicht einfach hoffnungslos verloren sind, sondern trotz gegenteiliger Erfahrungen Gottes Sonne auch auf sie scheint. Dies könnte unser Verhältnis zu vielen Menschen verbessern und uns offener stimmen für einen wohlwollenden Blick auch auf sie“, sagte Lehmann.

„Damit wir auf den Wegen Gottes gehen, müssen wir achtsam bleiben auf seine Worte und Winke. Dabei wissen wir nicht alles von vornherein. Aber Gottes Geist wird uns inspirieren, besonders wenn wir trotz allen Suchens nicht weiterwissen“, betonte der Kardinal weiter. Abschließend sagte er: „Diesen Glauben, den ich für kostbarer halte als alles andere, auch wenn wir selbst immer wieder versagen, habe ich als Priester, Theologe und als Bischof lebendig zu verkünden gesucht. Zum Pfingstfest gehört besonders diese Bereitschaft zur Sendung und zum Zeugnis in alle Welt bis in alle Winkel hinein.“

Festakt in der Rheingoldhalle – Grußworte von Bouffier, Dreyer und Ebling

Beim Festakt in der Mainzer Rheingoldhalle, die von der ZDF-Journalistin Barbara Hahlweg moderiert und live im Sender Phoenix übertragen wurde, wurden drei weitere Grußworte gesprochen. Malu Dreyer, Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz, würdigte Lehmann als Brückenbauer, der „Grenzen überschreitet“ und immer den „konstruktiven Dialog zwischen den christlichen Konfessionen, den verschiedenen Religionen und zwischen Kirche und Politik“ gesucht habe. „Sie, verehrter Herr Kardinal, stehen für ein bejahendes Christentum, eines, das Weltoffenheit und Dialog nicht nur predigt, sondern auch aktiv lebt. Sie sind ein Kardinal für alle. Für Katholiken, für Protestanten, für Anders- und Nichtgläubige. Menschen jeglicher Herkunft und Religion schätzen Ihre menschliche, humorvolle, warmherzige Art“, sagte Dreyer und dankte Lehmann zudem für „viele persönliche Gespräche und wertvolle Anregungen“.

Der hessische Ministerpräsident Volker Bouffier lobte die „intellektuelle Brillanz“ und „unerschütterliche Zuversicht“ Lehmanns. „Kardinal Lehmann war ein Glücksfall für die Gläubigen im Bistum Mainz, für die Katholische Kirche und die Menschen in unserem Land“, sagte Bouffier. Lehmann sei aufgrund seines Gespürs für politisches Handeln ein „geschätzter Gesprächspartner der Politik“ gewesen. Der Kardinal sei ein „Volksbischof“ gewesen, „beliebt, aber nicht beliebig“. „Sie waren in der Lage, Antworten auf den gesellschaftlichen Wandel zu geben“, sagte der hessische Ministerpräsident. Michael Ebling, Oberbürgermeister der Stadt Mainz, sagte, dass Lehmann als Ehrenbürger die Attribute verkörpere, „die man auch von den Beschreibungen der Gutenbergstadt Mainz als Hort der Lebensfreude kennt: weltoffen, tolerant, leben und leben lassen“. „Die Mainzerinnen und Mainzer haben Sie durch Ihre zugewandt-bescheidene, unprätentiöse Art ins Herz geschlossen“, sagte Ebling.

Darüber hinaus wurden während des Festaktes Videobotschaften gezeigt von Bundeskanzlerin Angela Merkel, dem baden-württembergischen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann, dem ehemaligen Ministerpräsidenten sowohl von Rheinland-Pfalz als auch von Thüringen, Bernhard Vogel, von Bischof i.R. Wolfgang Huber, ehemaliger Ratsvorsitzender der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), sowie von Jürgen Klopp, Teammanager des FC Liverpool und früherer Trainer von Mainz 05, und von Moderator Thomas Gottschalk.

Musikalisch gestaltet wurde der Festakt von einem Bistumschor, dem Bläserchor Heidesheim (Leitung: Zena Becker) sowie einem Trio (Klavier: Thomas Gabriel, Kontrabass: Nicola Vock, Schlagzeug: Simon Zimbardo) unter der Gesamtleitung von Diözesankirchenmusikdirektor Thomas Drescher. Ein Geburtstagsständchen brachte die Kinder- und Jugendkantorei St. Georg, Bensheim, unter der Leitung von Regionalkantor Gregor Knop zu Gehör. Außerdem hatte der Seligenstädter Regionalkantor Thomas Gabriel für den Festakt eigens eine Geburtstagskantate im barocken Stil getextet und komponiert.

Im Foyer der Rheingoldhalle gab es für die Gäste die Möglichkeit, sich in Gratulationsbücher einzutragen. Die Abteilung Öffentlichkeitsarbeit hatte ein Briefmarkenset mit vier Kardinalsmotiven drucken lassen und präsentierte so genannte VR-Brillen (Virtuelle Realität), mit denen ein virtueller Dom-Rundgang möglich ist. Zudem wurde die Sonderausgabe der Bistumszeitung „Glaube und Leben“ anlässlich des 80. Geburtstages von Kardinal Lehmann verteilt; an einem Büchertisch der Abteilung Publikationen konnten die Gäste unter anderem die drei neu erschienenen Bücher von Kardinal Lehmann erwerben.

Dankeswort von Kardinal Lehmann – Geschenke des Bistums

In seinem Schlusswort dankte Lehmann allen, die bei der Vorbereitung des Festes mitgeholfen hatten, sowie seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und Weggefährten im Bistum Mainz. An die Menschen im Bistum Mainz gewandt sagte er: „Ein herzliches Vergelt’s Gott sage ich allen Brüdern und Schwestern im Bistum Mainz. Ich danke Ihnen, dass Sie mich so lange ertragen und auch großzügig über Fehler und Versagen hinweggesehen haben.“ Zudem benannte der Kardinal „grundsätzliche Anliegen“ seines Dienstes, wie die Theologie, die Ökumene, Europa, oder auch die Bewahrung der Schöpfung.

So sagte er unter anderem: „Wir wollen unseren Glauben öffentlich begründen und auch durch Argumente verteidigen. Wir haben keine Angst vor geistigen Auseinandersetzungen. Wir brauchen Mut freilich nach allen Dimensionen und wollen uns redlich den Anfragen unserer Zeitgenossen stellen.“ Und weiter: „Wir müssen von Gott so reden, dass er wirklich ein Geheimnis bleibt. Wir bleiben im Gespräch mit anderen Religionen, verteidigen dabei aber ganz besonders die personale Freiheit des Menschen und die Menschenwürde, nicht zuletzt die Religionsfreiheit für alle.“ Das vereinigte Europa bezeichnete Lehmann als „reales und auch bleibendes Hoffnungszeichen“. Der Klimawandel, die Schonung der Ressourcen der Erde, Konsumismus und Änderung unseres Lebensstils seien die „Themen der nächsten Zukunft“, betonte Lehmann. „Ich bin überzeugt, dass wir im Sinne einer Generationengerechtigkeit die Maßstäbe unseres Lebens überprüfen müssen. Glaube und Theologie geben uns eine große Ermutigung zur Beachtung dieser Sorge.“ Lehmann mahnte, sich nicht „in einem immer größeren Besitzstreben“ zu verlieren und in „irdische Güter“ zu verkrallen: „In diesem Sinne müssen wir alle damit leben, zu manchen Gewohnheiten und Gütern, die wir nicht so unbedingt brauchen, wie wir meinen, etwas in Distanz zu treten.“ Der Verzicht nehme nicht, „er gibt“, sagte der Kardinal.

Am Ende des Festaktes stellten Generalvikar Giebelmann und Domdekan Heckwolf die Geschenke des Bistums vor. Zum einen einen neuen Priestersitz für Lehmanns Hauskapelle (eine so genannte Sedilie), zum anderen eine Webcam: Sie ist auf dem Dach des Erbacher Hofes in Mainz installiert und zeigt unter der Internet-Adressewww.karlscam.de (oder auch: www.domcam-mainz.de) alle zehn Minuten ein neues Bild vom Mainzer Dom. Ansonsten hatte der Kardinal auf persönliche Geschenke verzichtet und um eine Spende für die Stiftung Hoher Dom zu Mainz oder den Flüchtlingsfonds des Bistums Mainz gebeten. Auch die Kollekte des Festgottesdienstes geht zu gleichen Teilen an die Stiftung Hoher Dom zu Mainz und den Flüchtlingsfonds.

Zahlreiche Gäste aus Kirche, Wissenschaft, Politik, Medien und Gesellschaft

Zu dem Festgottesdienst und dem Festakt waren zahlreiche Vertreter aus Kirche, Politik, Medien und Gesellschaft gekommen. Neben den vier Kardinälen Reinhard Marx, Walter Kasper, Friedrich Wetter und Karl-Josef Rauber waren vierzehn deutsche Ortsbischöfe gekommen sowie 20 Weihbischöfe und Emeriti. Von evangelischer Seite waren neben Jung auch die früheren EKD-Ratsvorsitzenden Wolfgang Huber, Manfred Kock und Klaus Engelhardt gekommen. Aus den Reihen der Politik nahmen neben Staatsministern, Oberbürgermeistern, Landräten und Abgeordneten aus Hessen und Rheinland-Pfalz auch der Präsident des Deutschen Bundestages, Nobert Lammert, und der Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Volker Kauder, an den Feierlichkeiten teil. Von Seiten der Medien waren unter anderen der Chefredakteur des ZDF, Thomas Bellut, und die Landessenderdirektorin des SWR, Dr. Simone Schellberg, zu Gottesdienst und Festakt gekommen. Das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) wurde von seinem Präsidenten,  Thomas Sternberg, vertreten.

am (MBN)