Kategorie-Archiv: Buchmesse Frankfurt

Die 15. Auflage von Open Books lockt 13.000 Besucherinnen und Besucher zu Lesungen in Frankfurts Innenstadt

Tamara Štainer Debuet-Abend in der Römerhalle des Frankfurter Römers. © Alexander Paul Englert
Tamara Štainer Debuet-Abend in der Römerhalle des Frankfurter Römers. © Alexander Paul Englert

ffm. Das seit 2009 von der Stadt Frankfurt parallel zur Buchmesse veranstaltete Lesefest erfreut sich ungebrochener Beliebtheit. Das neue Format „Debüts im Römer“ am Freitagabend, 20. Oktober, mit 400 Zuschauerinnen und Zuschauer wird aufgrund des großen Erfolgs fortgesetzt. Der Dank der Stadt Frankfurt gilt den zahlreichen kooperierenden Verlagen sowie den gastgebenden Häusern.

113 Lesungen mit rund 170 Mitwirkenden und dies vor vollen Sälen, das war Open Books in diesem Jahr. Nach der glanzvollen Eröffnung in der Deutschen Nationalbibliothek mit dem Blauen Sofa fanden die Lesungen ab dem Buchmessen-Mittwoch, 18. Oktober, rund um den Römer statt. Das Angebot, sich bei kostenfreien Lesungen einen Überblick über die wichtigen Bücher des Herbstes zu verschaffen, wurde dankbar angenommen und zog die Buchmesse an den Abenden in die Stadt hinein. Die Büchertische des unabhängigen Buchhandels verzeichneten sehr gute Verkaufszahlen. Ebenfalls große Resonanz fanden die Gastveranstaltungen mit der Frankfurter Rundschau, der Frankfurter Allgemeinen Zeitung sowie der SWR-Bestenliste und dem Schweizer Buchpreis. Ein Abend zum Gastland Slowenien war ebenso im Programm wie eine Reihe mit Graphic Novels. Zum Abschluss fand wieder in der Deutschen Nationalbibliothek das Kinderprogramm Open Books Kids statt. Am Samstag, 21. Oktober, und am Sonntag, 22. Oktober, stellten zehn Autorinnen und Autoren gebannt lauschenden Kindern ihre neuen Bücher vor. Das Erwachsenenprogramm endete am Samstag, 21. Oktober, mit einem bunten Frankfurt-Abend in der Volksbühne am Großen Hirschgraben. Moderiert wurde er von der Leiterin von Open Books, Sonja Vandenrath, und dem Direktor der Volksbühne, Michael Quast.

Lange Schlange Literaturbegeisterter vor dem Haus am Dom. © Alexander Paul Englert
Lange Schlange Literaturbegeisterter vor dem Haus am Dom. © Alexander Paul Englert

Kultur- und Wissenschaftsdezernentin Ina Hartwig stellt für die Stadt Frankfurt fest: „Im 75. Jahr ihres Bestehens hat die Buchmesse die tiefe Verbundenheit mit der Stadt Frankfurt am Main bekräftigt. Wir sind stolz, Buchmessen-Stadt zu sein und sehen das als Verpflichtung, die Präsenz und Sichtbarkeit von Büchern auch im Stadtraum zu ermöglichen. Das städtische Lesefest Open Books, das in diesem Jahr zum 15. Mal stattfand, ist ein wichtiger Teil unseres Bekenntnisses zur Buchmesse. Ich bin glücklich über die große Resonanz und die vollen Säle mit einem buchbegeisterten Publikum aller Altersklassen. Open Books ist ein Erfolgsmodell, das die Lebendigkeit und Dynamik Frankfurts als Buch- und Literaturstadt eindrucksvoll unter Beweis stellt. Der gute Verlauf in schwierigen Zeiten ermutigt mich.“

Sonja Vandenrath, als Leiterin des Lesefestes, ergänzt: „Die Säle waren übervoll, die Stimmung bei den Lesungen sehr gut und ein aufgeschlossenes Publikum hörte den Autor:innen zu. Die Themen unserer Zeit, die in Literatur und Sachbuch verhandelt werden, wurden konzentriert und auf hohem Niveau diskutiert. Mein persönliches Highlight war unser neues Format ‚Debüts im Römer‘, bei dem in Anlehnung an die Kultveranstaltung ‚Literatur im Römer‘ acht junge Autor:innen ihre ersten Bücher vorstellten und dies im Frankfurter Rathaus vor 400 Leuten. Was für ein Beginn einer literarischen Karriere. Den Verlagen danke ich ganz herzlich für die wunderbare Zusammenarbeit.“

Aufgetreten sind Doris Knecht, Marion Poschmann, Deniz Utlu, Ilija Trojanow, Herfried Münkler, Brigitte Giraud, Rita Falk, Deborah Feldman, Gabriele von Arnim, Elke Heidenreich, Lizzie Doron, Monika Maron, Can Dündar, Terézia Mora, Hans Pleschinski, Sabine Gruber, Dana Vowinckel, Harald Welzer, Florian Illies, Vera Politkowskaja, Christopher Clark, Charlotte Gneuß, Kattie Salié, Aleš Šteger, Reinhold Beckmann, Steffen Mau, Bov Bjerg, Jeannette Walls und viele mehr.

75. Frankfurter Buchmesse endet mit 215.000 Besuchern – internationale Branchentreff beweist seine einzigartige Stellung und wird geprägt von engagiertem politischem Diskurs

Frankfurter  Buchmesse 2023 - Impression von der Agora © Foto Diether von Goddenthow
Frankfurter Buchmesse 2023 – Impression von der Agora © Foto Diether von Goddenthow

Die 75. Frankfurter Buchmesse (18.-22. Oktober 2023) hat ihre einzigartige Stellung als wichtigster internationaler Treffpunkt der Buch- und Medienbranche abermals gezeigt: Mit 105.000 Fachbesuchern (Vorjahr: 93.000) aus 130 Ländern und 110.000 Privatbesuchern (Vorjahr: 87.000) gelang der Frankfurter Buchmesse nach den beiden Coronajahren 2020 und 2021 erneut ein deutlicher Wachstumsschub. Die beiden Publikumstage Samstag und Sonntag lagen bei der Zahl der Besuche um mehr als ein Drittel über dem Jahr 2022. Mehr als 4.000 Ausstellende aus 95 Ländern präsentierten sich in den Hallen. Das früh ausgebuchte Literary Agents & Scouts Centre (LitAg) meldete mit 548 Tischen eine Rekordbelegung. Mit Rechtehändlern aus insgesamt 324 Agenturen und mit über 35.000 Eintritten war das LitAg so frequentiert wie nie zuvor. Mehr als 7.000 Medienvertretern berichteten über die gut 2.600 Veranstaltungen an den Fach- und Publikumstagen.

Bücherwürmer und Literaturfreunde stürmten an den Publikumstagen die Messestände. © Foto Diether von Goddenthow
Bücherwürmer und Literaturfreunde stürmten an den Publikumstagen die Messestände. © Foto Diether von Goddenthow

Juergen Boos, Direktor der Frankfurter Buchmesse, sagt zur Bilanz der Jubiläumsmesse: „Unsere Erfolgsformel lautet Interesse folgt Relevanz. Die Menschen kommen aus aller Welt hierher, weil sie wissen, dass für ihr eigenes Geschäft die Präsenz in Frankfurt unverzichtbar ist. Hinzu kommt die wachsende politische Bedeutung der Frankfurter Buchmesse in Kriegs- und Krisenzeiten, in denen die Verteidigung der Freiheit des Wortes umso wichtiger wird. Salman Rushdie, unser diesjähriger Friedenspreisträger, hat es heute in der Paulskirche eindringlich gesagt: Die Meinungsfreiheit gerät weltweit von allen Seiten unter Druck. Deshalb braucht es nötiger denn je die Buchmesse als internationale Plattform für den freien Austausch von Gedanken. Und nicht zuletzt spielt die persönliche Begegnung zwischen dem Lesepublikum und den Autorinnen und Autoren für uns eine immer wichtigere Rolle. Für diese Begegnungen haben wir im Jubiläumsjahr zahlreiche Angebote geschaffen, die vom Publikum begeistert aufgenommen wurden. Am großen Erfolg der TikTok-Bühne erkennt man, dass die Geschichte der Buchmesse, wie es unser Jubiläumsslogan And the story goes on verspricht, tatsächlich auf neuen wie auf bewährten Wegen weitergeht.“

Karin Schmidt-Friderichs, Vorsteherin des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels, unterstreicht aus der Perspektive der Buchbranche: „Größter Handelsplatz für Bücher, begeisterndes Lesefest und Plattform für Demokratie und Meinungsfreiheit – das alles war die Frankfurter Buchmesse zum 75. Mal. Die Buchbranche hat sich auf der Buchmesse als lebendig, zukunftsgewandt und relevant gezeigt. Offene, gesellschaftliche Debatten in herausfordernden Zeiten gehörten ebenso dazu wie der Austausch über die Branchenthemen von heute und morgen.“

Diskursiver Widerhall der Weltpolitik und gesellschaftlicher Fragestellungen
Ob Klimawandel, Krise der Demokratien oder Kriege: Die internationalen Konflikte fanden einen diskursiven Widerhall auf der Messe. Der Frankfurt Pavilion war als kulturpolitische Bühne mit Debatten zum Nahost-Konflikt, zum Krieg in der Ukraine oder zum Protest der Letzten Generation sehr gut besucht. Der Wesenskern der Buchmesse als Diskursplattform zeigte sich gleich zu Beginn in Rede und Widerrede während der Eröffnungsfeier am Dienstag: Zu starken Reaktionen im Publikum und den Medien führten die Ausführungen des slowenischen Philosophen Slavoj Žižek zum Nahost-Konflikt. Um die ukrainische Buchbranche trotz des russischen Angriffskriegs sichtbar zu halten und ihr internationale Solidarität zu bekunden, wurde ein 200qm Länderstand inklusive eines vielfältigen Bühnenprogramms organisiert.

Ehrengast Slowenien: positive Bilanz

Slowenischer Ehrengastpavilion auf der Frankfurter Buchmesse 2023  © Foto Diether von Goddenthow
Slowenischer Ehrengastpavilion auf der Frankfurter Buchmesse 2023 © Foto Diether von Goddenthow

Der slowenische Gastland-Pavillon auf der Messe erwies sich durch mehr als 70 Veranstaltungen mit Autoren, Dichtern und Denkern aus Slowenien und dem internationalen Literaturbetrieb als absoluter Anziehungspunkt für die Messebesucher. Mit zwei wabenförmigen Auditorien und seiner nachhaltigen Architektur brachte der Pavillon nicht nur das Ehrengastmotto „Waben der Worte“, sondern auch die slowenische Landschaft auf das Messegelände. In der Stadt Frankfurt fanden während der Messe zudem zahlreiche stark besuchte Lesungen, philosophische Debatten, Ausstellungen und ein exklusives Konzert der Band Laibach statt.

Seit Slowenien im Oktober 2022 die „GastRolle“ von Spanien übernahm, wurden bei zahlreichen Veranstaltungen im deutschsprachigen Raum slowenische Autoren, Poeten, Philosophen, Künstlern und Musikeren und ihre Werke vorgestellt. Insgesamt wurden seit Beginn des Ehrengastprojekts rund 100 neue Bücher in deutscher Sprache und zahlreiche Titel in anderen europäischen Sprachen veröffentlicht. Die Ausstellung „Books on Slovenia“ auf der Messe umfasste rund 400 Titel.

Spotlight on: Die Publikumshighlights
Das Messewochenende (20-22. Oktober) bot ein Publikumsprogramm, bei dem die Besuchern internationale Bestseller-Autoren, TV-Stars und Influencern erleben konnten. Bevor Salman Rushdie am Sonntag mit dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels ausgezeichnet wurde, trat er gemeinsam mit Christopher Clark, Lizzie Doron, Cornelia Funke, Thomas Hettche und Amir Gudarzi bei der großen Literaturgala von ARD, ZDF und 3sat auf der Buchmesse auf. Lexi Ryan, Benjamin Lacombe, Motsi Mabuse, Guido Maria Kretschmer, Verona Pooth, SASHA und viele andere begeisterten das Publikum an der Open Stage. Im neuen „Meet the Author“-Areal hatten die Fans die Möglichkeit, u.a. Lucy Score, Rafik Schami, Elke Heidenreich, Mona Kasten und Sarah Sprinz zu begegnen.

Bekannte Autoren wie Deborah Feldman, Boštjan Gombač, Gaby Hauptmann, Axel Scheffler, Dirk Steffens und viele andere haben das Programm des BOOKFEST city 2023 in den Buchhandlungen und Bibliotheken in Frankfurt und Umgebung bereichert. Beim Frankfurt Kids Festival auf dem Messegelände und in der ganzen Stadt konnten junge Buchfans ihre Lieblingsautoren persönlich treffen, spannende Lesungen besuchen und bei Workshops und tollen Mitmachaktionen selbst kreativ werden. Tijen Onaran und Cornelia Funke sowie die Sieger des Deutschen Jugendliteraturpreises 2023 gaben sich im Frankfurt Studio die Ehre. Im Rahmen des Audio-Schwerpunkts konnten die Besucher Harry Potter-Sprecher Rufus Beck, Känguru-Chroniken-Autor Marc-Uwe Kling, Podcasterin Sophie Passmann und Entertainer Helge Schneider live erleben.

Im Rahmen des ersten TikTok Book Awards wurden die Lieblingscreatoren, – autornen, -bücher und -verlage der #BookTok Community ausgezeichnet. Anwesend waren auch bekannte Gesichter wie Otto Waalkes und Sebastian Fitzek.

Jubiläumsaktionen zur 75. Frankfurter Buchmesse
Die 75. Frankfurter Buchmesse zeichnete sich durch viele bunte Jubiläumsaktivitäten auf dem Messegelände und im gesamten Frankfurter Stadtgebiet aus. Ein besonders auffälliger Hingucker war die Aktion „75 Stühle – 75 Geschichten“. 75 Stühle erzählten per QR-Code die Geschichten von Menschen und ihrer Verbindung zur Frankfurter Buchmesse. Mit dabei waren u.a. Michel Friedman, Lina Atfah, Nina George, Volker Türk und Meron Mendel. Im Jubiläumsareal konnten die Besucher ihre persönlichen Glückwünsche hinterlassen. Auch zahlreiche Aussteller hatten sich kreative Beiträge ausgedacht, um der Frankfurter Buchmesse zum Jubiläum zu gratulieren: mit Glückwunschbannern, besonders gestalteten Bücherwänden oder großen Illustrationen am Messestand.

Fachprogramm: Künstliche Intelligenz und internationale Buchmarkt-Trends
Das internationale Fachprogramm bot Weiterbildungs-, Diskussions- und Networking-Veranstaltungen. Großen Raum nahm dabei das Thema Künstliche Intelligenz ein. Vor allem der Ruf nach Transparenz und nach einem gesetzlichen Rahmen, der die Interessen der Urheber schützt, war während der Messetage vernehmbar. Aus der Praxis berichtete Anna Soler-Pont (Pontas Literary Agency, Spanien) im Publishing Perspectives Forum: „Wir haben in unsere Verträge Klauseln über KI aufgenommen, um unsere Kunden zu schützen. Wir möchten beispielsweise, dass menschliche Stimmen unsere Hörbücher aufnehmen.“ Im Executive Talk reflektierte Nihar Malaviya, CEO von Penguin Random House: „Es geht nicht um Mensch gegen Maschine. Es geht um Menschen UND Maschinen. Wie können wir diese Technologie nutzen, um uns zu helfen?“

Die neue Frankfurt International Stage hat sich als der Ort für Veranstaltungen zu Buchmärkten und Brancheninitiativen gleich im ersten Jahr bewährt, wobei sich Asien, der lateinamerikanische Raum sowie europäische Länder besonders aktiv ins Programm eingebracht haben. Die rund 30 größtenteils englischsprachigen Panels und Vorträge zu Themen wie Metadaten, Open Access, Bildung, Independent Publishing oder Nachhaltigkeit erhielten von den internationalen Publishing Professionals viel Aufmerksamkeit.

Am Buchmesse-Wochenende übernahmen Autoren wie Georgi Gospodinow (Bulgarien), Lola Shoneyin (Nigeria), Lynn Cullen (USA) und Diaty Diallo (Frankreich) die Bühne für rund 20 verschiedene Lesungen und Gespräche. Insgesamt besuchten etwa 1.800 Personen die Veranstaltungen der International Stage. Zahlen ähnlicher Größenordnung wurden zum Beispiel aus dem Internationalen Übersetzungszentrum (Halle 4.1) gemeldet, auch die Podien des Forum Bildung (Halle 3.1) waren sehr gut besucht. Der Book-to-Screen Day am Buchmessefreitag ermöglichte einer Vielzahl an Filmschaffenden aus der ganzen Welt den Austausch mit der internationalen Buchbranche.

Alle Videoaufzeichnungen von Veranstaltungen auf der #fbm23 sind in der Mediathek und auf dem YouTube-Kanal der Frankfurter Buchmesse abrufbar.

Salman Rushdie mit dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels 2023 ausgezeichnet

Karin Schmidt-Friderichs, Vorsteherin des Börsenvereins überreichte Salman Rushdie die Urkunde des Friedenspreis des Deutschen Buchhandels 2023 überreicht. © Foto Tobias Bohm/Börsenverein des Deutschen Buchhandels
Karin Schmidt-Friderichs, Vorsteherin des Börsenvereins überreichte Salman Rushdie die Urkunde des Friedenspreis des Deutschen Buchhandels 2023 überreicht. © Foto Tobias Bohm/Börsenverein des Deutschen Buchhandels

Schriftsteller Salman Rushdie wurde heute vor rund 700 geladenen Gästen in der Frankfurter Paulskirche der Friedenspreis des Deutschen Buchhandels verliehen. Unter den Gästen waren unter anderem auch Kulturstaatsministerin Claudia Roth, Wirtschaftsminister Robert Habeck, Bildungsministerin Bettina Stark-Watzinger und Landwirtschaftsminister Cem Özdemir. Die Laudatio hielt Daniel Kehlmann, deutsch-österreichischer Schriftsteller, Drehbuchautor, Essayist, Literaturkritiker und Dozent.

Dankesrede Salman Rushdies
In seiner Dankesrede beschreibt Rushdie die Suche und die Sehnsucht nach Frieden, der aber, so sagt er, schwer zu schaffen und schwer zu finden sei: „Und doch sehnen wir uns danach, nicht nur nach dem großen Frieden am Ende eines Krieges, sondern auch nach dem kleinen Frieden in unserem eigenen privaten Leben, ein Leben in Frieden mit uns selbst und unserer kleinen Welt.“

In seiner Rede fährt er fort: „Hier sind wir nun versammelt, um über Frieden zu sprechen, wo doch gar nicht weit fort ein Krieg tobt, ein der Tyrannei eines einzelnen Mannes und seiner Gier nach Macht und Eroberung geschuldeter Krieg, ein trauriges Narrativ, dem deutschen Publikum nicht unbekannt. Und in Israel und dem Gazastreifen ist noch ein bitterer Konflikt explodiert. Frieden will mir im Augenblick wie ein dem Rauch der Opiumpfeife entsprungenes Hirngespinst vorkommen.“

Rushdie appelliert in seiner Rede daran, nicht aufzuhören, sich für den Frieden einzusetzen und plädiert dafür, dass „der Friede, so mühselig er auch zu finden ist, so unmöglich es scheinen mag, ihn zu bewahren, dass er, dieses so schwer zu bestimmende Etwas, trotz alledem zu unseren großen Werten zählt, die es leidenschaftlich zu verfolgen gilt“.

Auch über die Freiheit spricht Salman Rushdie, die – so habe er lernen müssen – „eine gleich starke und widersetzliche Reaktion der Kräfte der Unfreiheit provozieren kann.“ Er sagt weiter: Wir leben in einer Zeit, von der ich nicht geglaubt habe, sie erleben zu müssen, eine Zeit, in der die Freiheit – insbesondere die Meinungsfreiheit, ohne die es die Welt der Bücher nicht gäbe – auf allen Seiten von reaktionären, autoritären, populistischen, demagogischen, halbgebildeten, narzisstischen und achtlosen Stimmen angegriffen wird, eine Zeit, in der sich Bildungseinrichtungen und Bibliotheken Zensur und Feindseligkeit ausgesetzt sehen; in der extremistische Religionen und bigotte Ideologien beginnen, in Lebensbereiche vorzudringen, in denen sie nichts zu suchen haben. Und es gibt sogar progressive Stimmen, die sich für eine neue Art von bien-pensant Zensur aussprechen, eine Zensur, die sich den Anschein des Tugendhaften gibt und die viele, vor allem junge Menschen, auch für eine Tugend halten. Von links wie rechts gerät die Freiheit also unter Druck, von den Jungen wie den Alten. Das hat es so bislang noch nicht gegeben und wird durch neue Kommunikationsformen wie das Internet noch komplizierter, da gut gemachte Webpages mitsamt ihren böswilligen Lügen gleich neben der Wahrheit stehen, weshalb es vielen Menschen schwerfällt, das eine vom anderen zu unterscheiden. Außerdem wird in unseren sozialen Medien Tag für Tag die Idee der Freiheit missbraucht, um dem Mob online das Feld zu überlassen, wovon die milliardenschweren Besitzer dieser Plattformen profitieren und was sie zunehmend in Kauf zu nehmen scheinen.“

„Was aber tun wir in Sachen Meinungsfreiheit, wenn sie auf derart vielfältige Weise missbraucht wird? Wir sollten weiterhin und mit frischem Elan machen, was wir schon immer tun mussten: schlechte Rede mit besserer Rede kontern, falschen Narrativen bessere entgegensetzen, auf Hass mit Liebe antworten und nicht die Hoffnung aufgeben, dass sich die Wahrheit selbst in einer Zeit der Lügen durchsetzen kann. Wir müssen sie erbittert verteidigen und sie so umfassend wie möglich definieren, was natürlich heißt, dass wir die freie Rede auch dann verteidigen, wenn sie uns beleidigt, da wir die Meinungsfreiheit sonst überhaupt nicht verteidigen würden. Verlegerinnen und Verleger gehören zu den wichtigsten Wächtern der Meinungsfreiheit.“

Laudatio von Daniel Kehlmann

Daniel Kehlmann beschreibt in seiner Laudatio Salman Rushdie als das „Gegenteil eines weltabgewandten Menschen (…): Was immer in der gärenden Substanz des Weltgeistes geschieht. Er nimmt es vor uns anderen wahr“ und transformiere es „manchmal in offensichtlicher, manchmal auf geheime und nur ihm selbst nachvollziehbare Weise, in Kunst.“ Der Künstler, Humorist und Sätzeschmied sei „unbestritten einer der großen Erzähler der Literaturgeschichte, der vielleicht wichtigste Verteidiger der Freiheit von Kunst und Rede in unserer Zeit – vor allem aber ein weiser, neugieriger, heiterer und gütiger Mensch und somit der würdigste Träger, den es für diese Auszeichnung, die ja als Friedenspreis ausdrücklich nicht nur künstlerische, sondern auch humanistische Größe auszeichnet, überhaupt hätte geben können.“

Rede von Karin Schmidt-Friderichs
Karin Schmidt-Friderichs, Vorsteherin des Börsenvereins, sieht in Rushdie einen Menschen, „der trotz all dem, was ihm widerfahren ist, seine Stimme erhebt und für die Freiheit des Denkens und des Wortes eintritt. Einen Menschen, dem wir weise Worte und Denkanstöße verdanken. Einen Menschen, der mit seinen fiktionalen Geschichten der Realität den Spiegel vor Augen hält. Einen Menschen, von dem wir lernen können, was Mut ist.“

Grußwort von  Mike Josef

Der Frankfurter Oberbürgermeister Mike Josef nennt Rushdie ein Vorbild, das die Werte des Paulskirchenparlaments in die Welt getragen habe: „Der Friedenpreis hat hier seine Heimat gefunden, weil die Paulskirche den Werten der demokratischen Bestrebungen seit 1848 ein Zuhause gibt. Werten wie Menschenrechte, Meinungs- und Pressefreiheit, Frieden und Demokratie. Das Leben und Schaffen des heutigen Preisträgers steht symbolisch für diese Werte Frieden und Meinungsfreiheit.“

Seit 1950 vergibt der Börsenverein des Deutschen Buchhandels zum Abschluss der Frankfurter Buchmesse den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels. Preisträger*innen waren unter anderem Sebastião Salgado, Albert Schweitzer, Astrid Lindgren, Václav Havel, Jürgen Habermas, Susan Sontag, Liao Yiwu, Navid Kermani, Margaret Atwood, Aleida und Jan Assmann und im vergangenen Jahr Serhij Zhadan. Der Preis ist mit 25.000 Euro dotiert.

Grußworte, Laudatio und Dankesrede über: Friedenspreis des Deutschen Buchhandels

Das Buch mit allen Reden der Preisverleihung ist ab dem 20. November 2023 im Buchhandel oder beim MVB-Kundenservice unter kundenservice@mvb-online.de erhältlich (ISBN: 978-3-7657-3442-7, 19,90 Euro).

Schriftstellerin und Moderatorin Thea Dorn erhält auf der Buchmesse den Julius-Campe-Preis 2023 des Hoffmann und Campe Verlags

Die preisgekrönte Schriftstellerin und Moderatorin Thea Dorn, seit 2020 alleinige Gastgeberin des Literarischen Quartetts im ZDF erhielt im Frankfurt Pavilion auf der Frankfurter Buchmesse des Julius Campe-Preise 2023 des Hoffmann und Campe Verlags. © Foto Diether von Goddenthow
Die preisgekrönte Schriftstellerin und Moderatorin Thea Dorn, seit 2020 alleinige Gastgeberin des Literarischen Quartetts im ZDF erhielt im Frankfurt Pavilion auf der Frankfurter Buchmesse des Julius Campe-Preise 2023 des Hoffmann und Campe Verlags. © Foto Diether von Goddenthow

Der Julius-Campe-Preis, den der HOFFMANN UND CAMPE Verlag verleiht, geht in diesem Jahr an die Schriftstellerin und Moderatorin Thea Dorn. Der Preis wurde am 20.10.2023 im Frankfurt Pavilion auf der Frankfurter Buchmesse verliehen von Tim Jung, Verlegerischer Geschäftsführer von Hoffmann und Campe in Beisein des Verlegers Thomas Ganske, Inhaber der Ganske Verlagsgruppe (Hoffmann u Campe, Gräfe und Unzer, Jahreszeiten usw.) Die Laudatio hielt der Publizist Deniz Yücel, Vorsitzender des Pen-Berlin. . Der Preis ist mit 99 Flaschen edlen Weins und des bei HOFFMANN UND CAMPE erschienenen Faksimiles des Manuskripts der »Französischen Zustände« Heinrich Heines dotiert.

Tim Jung, Geschäftsführer des Hoffmann und Campe Verlages überreicht Thea Dorn die Preisurkunde mit folgendem Text (Auszug): "Als heutige Gastgeberin des Literarischen Quartetts bietet Thea Dorn der Literatur eines der wichtigsten öffentlichen Foren und leistet damit einen entscheidenden Beitrag für das kulturelle Leben in Deutschland, für Meinungsvielfalt und für einen offenen Diskurs, der für den Erhalt der Demokratie unverzichtbar ist ...", © Foto Diether von Goddenthow
Tim Jung, Geschäftsführer des Hoffmann und Campe Verlages überreicht Thea Dorn die Preisurkunde mit folgendem Text (Auszug): „Als heutige Gastgeberin des Literarischen Quartetts bietet Thea Dorn der Literatur eines der wichtigsten öffentlichen Foren und leistet damit einen entscheidenden Beitrag für das kulturelle Leben in Deutschland, für Meinungsvielfalt und für einen offenen Diskurs, der für den Erhalt der Demokratie unverzichtbar ist …“, © Foto Diether von Goddenthow

Der Preis, so Jung, werde an Persönlichkeiten und Institutionen verliehen, die sich auf herausragende Weise literaturkritische und literaturvermittelnde Verdienste erworben haben. Als heutige Gastgeberin des Literarischen Quartetts böte Thea Dorn der Literatur eines der wichtigsten öffentlichen Foren und leiste damit einen entscheidenden Beitrag für das kulturelle Leben in Deutschland für Meinungsvielfalt und für einen offenen Diskurs, der für den Erhalt unserer Demokratie unverzichtbar sei, sagte Jung. In Zeiten schwindender Toleranz und einer zunehmend deformierten Debattenkultur stehe Thea Dorn für einen Austausch von Meinungen, Sichtweisen und Ideen, der den Idealen der Aufklärung folge: „Sie ermöglicht es einem großen Publikum, an einem Gespräch über Literatur teilzuhaben, dessen elementarer Wert für unsere Gesellschaft in Orientierung, Erkenntnis, gegenseitiger Akzeptanz und einem tieferen Verständnis unserer Welt besteht“, so der HoCa-Geschäftsführer. Im Rahmen Ihrer Sendung praktiziere Thea Dorn eine tolerante Streitbarkeit. Literatur sei ihr nicht nur Anlass zum Disput, sondern sie sorge, wie Hamburgs Kultursenator Dr. Carsten Brosda seinem Buch „Die Kunst der Demokratie“ einmal schrieb, „für fortwährende lebendige Aufbegehrung, bei der die Vernunft in der Vielheit ihrer Stimmen liegt“.

Jung kritisiert Schließung von Goethe-Instituten und Literatursendungen im ÖRR
Wir lebten in Zeiten, in denen Austausch und Verständigung, das Suchen und Finden von Brücken über Terror, Kriege, Staatsgrenzen und Denkhorizonte hinweg gleich notwendiger denn je seien. Ausgerechnet in solch einer Zeit, in der Brückenbauen über Denkhorizonte hinweg zu bauen, oft so schwer vorstellbar wäre, „müssen wir gemeinsam erleben, dass es das Auswärtige Amt für eine gute Idee hält, Goethe-Institute zu schließen, und wir erleben auch, wie innerhalb der ARD der Bayerische Rundfunk mit Verweis auf angebliche Rezeptionsgewohnheiten seiner jüngeren Zielgruppe etablierte Kultursendungen einstellen will“, kritisiert Jung die Politik und den ÖRR. Dies sei ein fatales Signal, auch an andere Sender und Anstalten des Öffentlich Rechtlichen Rundfunks. „Der öffentlich rechtliche Bildungsauftrag besteht nicht darin, Hörer nach ihrer Lieblingslektüre zu befragen, oder Redakteure Klappentexte vorlesen zu lassen, sondern darin, eine Jugend und eine Gesellschaft ernstzunehmen, die in höllisch komplizierten Zeiten lebt, und die ein Anspruch darauf hat, profund, klug und komplex informiert zu werden.“
Bei Thea Dorn sei Literatur ist kein Beiwerk als Einspieler oder Lückenfüller. Literatur brauche eigene Räume Formate, um wie etwa im Literarischen Quartett, ihre besondere Wirkung zu entfalten. Dort dürften wir Thea Dorn „als Garantin eines Diskurses erleben, der anschaulich vermittelt, dass unterschiedliche Meinungen keinesfalls ein Problem, sondern etwas Vergnügliches und Erhellendes sind.“ Wir erlebten die Preisträgerin Thea Dorn als scharfsinnige, unbestechliche und erkenntnisgeleitete Anwältin der Literatur, die in besonderer Weise für Meinungsvielfalt und Diskurs stünde, Widersprüche gelassen aushielte und profunde wie fundierte Urteile fälle. Vor allem sei sie mutig. Während das ZDF 1989 die „Satanischen Verse“ von Salman Rushdie nicht im Literarischen Quartett besprechen wollte, habe man es „Thea Dorn zu verdanken, dass das im vergangenen Jahr nachgeholt wurde, als sichtbares Zeichen dafür, dass wir die Meinungsfreiheit und die Kunstfreiheit, egal wie archaisch der Terror ist, dem wir begegnen, niemals preisgeben dürfen und auch niemals preisgeben werden.“, lobte Jung die Preisträgerin.

Deniz Yücel: „Dorn habe Beitrag zur Rettung der Literaturkritik geleistet“

Laudator Deniz Yücel, Präsident PEN-Berlin, studierte an der Freien Universität Berlin Politikwissenschaften. Er arbeitete als Redakteur bei der Wochenzeitung Jungle World und der tageszeitung (taz). 2015 ging er als Korrespondent der Welt in die Türkei. Für seine Arbeit wurde Yücel mehrfach ausgezeichnet, u.a. mit dem Theodor-Wolff-Preis. »Agentterrorist« ist sein drittes  Buch. © Foto Diether von Goddenthow
Laudator Deniz Yücel, Präsident PEN-Berlin, studierte an der Freien Universität Berlin Politikwissenschaften. Er arbeitete als Redakteur bei der Wochenzeitung
Jungle World und der tageszeitung (taz). 2015 ging er als Korrespondent der Welt in die Türkei. Für seine Arbeit wurde Yücel mehrfach ausgezeichnet, u.a. mit dem Theodor-Wolff-Preis. »Agentterrorist« ist sein drittes Buch. © Foto Diether von Goddenthow

In seiner Laudatio bekräftigte Publizist Deniz Yücel die Ausführungen seines Vorredners: Thea Dorn habe „nicht nur einen wichtigen Beitrag zur Rettung der Literaturkritik geleistet. Sie hat der Literatur eine letzte massentaugliche Bühne geboten, und somit, sich um die Rettung der zeitgenössischen Literatur selbst verdient gemacht.“ Wo sonst sollten junge Menschen lernen, und sich ältere daran erinnern wie großartig, wie aufwühlend, aufregend, aufheiternd und vieles mehr das Lesen von Literatur sein kann, als bei Ihnen ‚Frau Dorn, sagte Yücel, der zudem ein wenig aus dem Nähkästchen seines von freundschaftlicher Distanz und respektvoller Nähe geprägtes Kollegenverhältnisses zur Preisträgerin erzählte, „die sich in große Fragen unserer Zeit einmischt, meistens in schreibender essayistischer Weise, zuweilen auch, da hätte ich beinahe auch aktivistisch gesagt, in einer praktischen Weise“. So erlebte er Kollegin Dorn bei der Gründung von PEN-Berlin. https://penberlin.de/

Thea Dorn: „Literatur nicht zum sensibilitätsgerechten Save-Space umbauen“
Der Dank der Preisträgerin galt vor allem auch ihren Mitstreitern im Literarischen Quartett: „Ohne Sie, ohne Euch wäre ich nichts in diesem Quartett.“ Aber seit einiger Zeit, „endgültig seit dem 7. Oktober, seit den Pogromen der Hamas gegen die israelische Bevölkerung, fällt es mir doch zunehmend schwer, Literarisches, Literaturkritisches oder meinetwegen auch Literaturvermittlung business as usual zu betreiben“. Zu stark sei der Eindruck, dass die Welt, wie wir sie kannten, keinen verlässlichen Grund mehr dafür gäbe, und immer häufiger habe sie beim Aufwachen Friedrich Hölderin Zeilen vom „wunderbaren Sehnen dem Abgrund zu“ präsent.

Tim Jung, Geschäftsführer des Hoffmann und Campe Verlages, Preisträgerin Thea Dorn, Laudator Deniz Yücel, Thomas Ganske, Verleger und Inhaber der Ganske Verlagsgruppe (Hoffmann u Campe, Gräfe und Unzer, Jahreszeiten usw.) bei der Preisverleihung des Julius-Campe-Preises 2023 im Frankfurt Pavilion auf der Frankfurter Buchmesse.  © Foto Diether von Goddenthow
Tim Jung, Geschäftsführer des Hoffmann und Campe Verlages, Preisträgerin Thea Dorn, Laudator Deniz Yücel, Thomas Ganske, Verleger und Inhaber der Ganske Verlagsgruppe (Hoffmann u Campe, Gräfe und Unzer, Jahreszeiten usw.) bei der Preisverleihung des Julius-Campe-Preises 2023 im Frankfurt Pavilion auf der Frankfurter Buchmesse. © Foto Diether von Goddenthow

Was solle „die Kunst der Worte, wenn die freiheitliche Welt von einem Fieber nach dem anderen geschüttelt“ werde, und „die Menschen in ihrer Verwirrung immer häufiger Scharlatanen“ zuliefen, die „außer Irrationalität, Autoritarismus, Ressentiments und Gewalt nichts, aber auch gar nichts in ihrem Besteckkasten haben“?, so Dorn. Was solle die Kunst der Worte, „wenn die äußeren Feinde der freiheitlichen Welt die Waffen aus den Arsenalen holen, und mit größter Brutalität einsetzen? Welche ihrer vielen Stimmen soll Literatur ergeben, wenn Waffen, nein nicht sprechen, sondern töten und zerstören. Und wenn die Hoffnung, Freiheit ließe sich allein mit Worten verteidigen ins Reich des Irrationalen der Träumerei gehört, und einzig der Schmerz bleibt.“, sagte die Preisträgerin sichtlich erschüttert von den derzeitigen Entwicklungen.
In solchen Zeiten möge selbst „der idealistischste versponnenste oder ironisch abgebrühteste Literat erkennen, dass es Zeit ist, ebenso klar wie leidenschaftlich für Menschenrechte und Demokratie für Vernunft und Zivilität Partei zu ergreifen, wie Thomas Mann es vor 100 Jahren getan hat. Dies bedeute aber nicht, so Dorn, „dass wir die Literatur selbst moralisch aufladen sollten. Der Kampf um Menschlichkeit und das Humane muss in der gesellschaftlichen Wirklichkeit ausgetragen werden. Irrationalität, Ressentiment und Hass“ ließen sich nicht mit moral sensitivity bekämpfen“. Denn nichts werde real besser, „wenn wir heute als beleidigend empfundene Wörter aus Werken der Vergangenheit tilgen oder in Romanen der Gegenwart Professoren vergangener Jahrhunderte vorsichtshalber von Studierenden reden lassen“. Bisweilen dränge sich der Campe-Preisträgerin der Verdacht auf, dass es „Ausdruck objektiver Verzagtheit“, ja ein „hilfloses Zum-Wohle-handeln“ sei, „wenn angesichts einer bedrohlicher gewordenen Welt mit Eifer daran gearbeitet“ werde, „wenigstens die Kunst, Literatur zum sensibilitätsgerechten Save-Space umzubauen“.

„Geben wir das ‚Faire des Politischen‘, was des Politischen ist, und lassen wir dem eigentümlichen Nebenreich der Literatur, was der Literatur ist: Streiten wir für eine bessere, friedlichere, zivilere Welt und bewahren wir uns die Literatur als einen Raum, in dem die Trauer, der Zorn oder auch das Gelächter über die Unrettbarkeit der Welt ihren Platz haben. Niemand sagt, dass dies einfach ist, aber wenigstens wir Literaturmenschen sollten in finsteren Zeiten den Verlockungen der Vereinfachungen widerstehen“, gab die Preisträgerin zu Bedenken.

(Diether von Goddenthow /Rhein-Main.Eurokunst)

Biografie Thea Dorn (ZDF)
Mit der März-Ausgabe 2020 ist Thea Dorn erstmalig alleinige Gastgeberin der Sendung „Das Literarische Quartett“: Flankiert von drei illustren Gästen. Ihr Ziel ist es, die „Glut der Leselust“ beim Zuschauer neu zu entfachen. Bereits seit März 2017 gehörte sie neben Volker Weidermann und Christine Westermann zum festen Stamm der sechsmal im Jahr ausgestrahlten Sendung. Sie moderierte die Sendung „Literatur im Foyer“ im SWR-Fernsehen. 1970 geboren, studierte sie Philosophie und Theaterwissenschaften in Frankfurt, Wien und Berlin und arbeitete als Dozentin und Dramaturgin. Sie schrieb eine Reihe preisgekrönter Romane und Bestseller , u.a. „Die Hirnkönigin“ (1999), Theaterstücke, Drehbücher und Essays,u.a. „Die neue F-Klasse – Wie die Zukunft von Frauen gemacht wird“ (2006), mit Richard Wagner den Sachbuch-Bestseller „Die deutsche Seele“ (2011). Sie kuratierte unter dem Motto „Hinaus ins Ungewisse!“ das „forum:autoren“ beim Literaturfest München 2012. Der Film „Männertreu“, zu dem sie das Drehbuch schrieb, wurde 2014 mit dem „Deutschen Fernsehpreis“ als bester Fernsehfilm des Jahres und 2015 mit dem Grimme-Preis ausgezeichnet. 2016 erschien ihr Roman „Die Unglückseligen“, 2018 „deutsch, nicht dumpf: Ein Leitfaden für aufgeklärte Patrioten“. 2021 ihr aktueller Roman „Trost: Briefe an Max“.

Infos: Das Literarische Quartett

Das Literarische Quartett Lesestoff zur Frankfurter Buchmesse

Die heute Abend startende 75. Frankfurter Buchmesse lenkt Fokus auf Menschlichkeit in Krisenzeiten

© Foto Diether von Goddenthow
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Menschlichkeit in Krisenzeiten: Die 75. Frankfurter Buchmesse wendet sich gegen Kriege und Gewalt, führt aktuelle Debatten, lädt ein zur Begegnung mit Autoren aus aller Welt und heißt Slowenien als Ehrengast willkommen.

Die 75. Frankfurter Buchmesse (18.-22. Oktober 2023) bietet in ihrem Jubiläumsjahr ein kulturell wie politisch hochkarätiges Programm – als Forum der Literatur und der gesellschaftlichen Debatten. Eröffnet wird das international größte Zusammentreffen in der Publishing-Branche am heutigen Dienstag, den 17. Oktober, von der slowenischen Staatspräsidentin Nataša Pirc Musar. Eine philosophische und eine literarische Festrede auf der Eröffnungsfeier halten der Autor und Philosoph Slavoj Žižek sowie die Lyrikerin und Publizistin Miljana Cunta. Auch der Oberbürgermeister der Stadt Frankfurt, Mike Josef, die hessische Staatsministerin für Wissenschaft und Kunst, Angela Dorn und die Vorsteherin des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels, Karin Schmidt-Friderichs, sprechen während der Eröffnungsfeier.

Jürgen Boos, Direktor der Frankfurter Buchmesse. © Foto Diether von Goddenthow
Jürgen Boos, Direktor der Frankfurter Buchmesse. © Foto Diether von Goddenthow

Juergen Boos, Direktor der Frankfurter Buchmesse, äußerte sich auf der heutigen Pressekonferenz zur Situation einer von gleichzeitigen Krisen verunsicherten Welt: „Die Welt ist aus den Fugen geraten. Wir haben die Krise des Klimawandels und die Krise der westlichen Demokratien. Wir erleben seit über anderthalb Jahren Putins Angriffskrieg gegen die Ukraine. Und seit dem 7. Oktober einen neuen, schrecklichen Höhepunkt der Gewalteskalation durch den Terrorkrieg der Hamas gegen Israel. Wir sind entsetzt. Bei der Frankfurter Buchmesse geht es immer um Menschlichkeit, im Zentrum steht die menschliche Begegnung. Diese Menschlichkeit ist am 7. Oktober durch den Angriff der Hamas-Terroristen auf Israel abermals zerbrochen. Unser Mitgefühl gilt den Menschen, deren Angehörige Opfer dieses Gewaltexzesses wurden, und allen Menschen in Israel und Palästina, die unter dem Krieg leiden.”

In zahlreichen Veranstaltungen werden während der fünf Messetage die drängendsten Themen aus Politik und Gesellschaft in den Fokus gerückt. Als Gastrednerin der heutigen Eröffnungspressekonferenz erläuterte die britische Wissenschaftsjournalistin und Buchautorin Gaia Vince (Das nomadische Jahrhundert) den Zusammenhang zwischen dem Klimawandel und einer bereits einsetzenden globalen Migrationsbewegung. Auf der kulturpolitischen Hauptbühne im ikonischen Frankfurt Pavilion diskutieren u.a. Claudia Roth, (Bundesbeauftragte für Kultur und Medien), Deniz Yücel (PEN Berlin), Irina Scherbakowa (Schriftstellerin, Mitgründerin der Menschenrechtsorganisation Memorial), Dmitri Glukhovsky (russischer Bestseller-Autor im Exil) und Meron Mendel (Bildungsstätte Anne Frank).

Frankfurt Pavilion auf der Agora der Frankfurter Buchmesse. © Foto Diether von Goddenthow
Frankfurt Pavilion auf der Agora der Frankfurter Buchmesse. © Foto Diether von Goddenthow

Auf der International Stage widmen sich Experten der Vereinten Nationen dem Klimawandel und regen unter dem Titel „The era of global boiling – what can we do?“ den Schritt von der Analyse zur Aktion an. Auch die Klima-Aktivistin und Mitgründerin der „Letzten Generation“, Lea Bonasera, ist in Frankfurt zu Gast. Sie ist neben anderen Aktivistinnen Teil des Programms „SHEROES – Streiterinnen für die Zukunft“ auf der Literaturbühne von ARD, ZDF und 3sat. Zu den geladenen Autorinnen gehören in diesem Jahr des weiteren die ehemalige Femen-Aktivistin Zana Ramadani und die KI-Expertin Mina Saidze.

Fans guter Geschichten und literarischer Live-Begegnungen können sich in diesem Jahr auf eine Menge Highlights freuen. Im Bereich Frankfurt Audio, in dem es ums Hörbuch und um Podcasts geht, sind so bekannte Stimmen zu hören wie die von Rufus Beck (Harry Potter) und Marc-Uwe Kling (Känguru-Chroniken). Zum ersten Mal kommt der reichweitenstarke Politik-Podcast Lage der Nation in den Saal Harmonie des Congress Centers (CMF). Philip Banse und Ulf Buermeyer nehmen dort bei „Lage Live“ vor rund 2.000 Zuschauern eine neue Folge ihres Erfolgsformats auf. Ebenfalls im CMF wird es eine von ARD, ZDF und 3sat kuratierte Literaturgala mit Christopher Clark, Lizzie Doron, Cornelia Funke, Amir Gudarzi und Thomas Hettche geben. Der diesjährige Friedenspreisträger des Deutschen Buchhandels, Salman Rushdie, hat ebenfalls seine Teilnahme an der Gala zugesagt. Täglich von 10.00 bis 18.00 Uhr werden auf der Literaturbühne von ARD, ZDF und 3sat literarische Neuheiten präsentiert. Moderatoren wie Bärbel Schäfer, Denis Scheck, Knut Cordsen, Mona Ameziane, Thea Dorn, Katty Salié, Jo Schück, Vivian Perkovic und Gert Scobel treffen auf illustre Autoren.

Klangvolle Namen der Kinder- und Jugendliteratur versammelt das Frankfurt Kids Festival von Freitag bis Sonntag auf verschiedenen Bühnen des Messegeländes. Zu den Stars, die sich angekündigt haben, gehören neben Margit Auer und Cornelia Funke auch Benjamin Lacombe und Ursula Poznanski. Der runde Geburtstag Otfried Preußlers (er wäre am 20. Oktober 2023 100 Jahre alt geworden) wird ebenfalls gebührend gefeiert. Bei so viel literarischer Prominenz darf die Möglichkeit zu Signierstunden nicht fehlen: Das Meet the Author Areal in Halle 4.1 ist die neue Eventlocation für die Begegnung zwischen Autoren und Fans auf Augenhöhe.

Ehrengast der diesjährigen Frankfurter Buchmesse (18.-22. Oktober 2023) ist Slowenien (Bild: Standmodell). Das Spektrum der bisherigen Gäste reicht von Neuseeland über Norwegen, Litauen, Brasilien, Flandern und den Niederlanden zu Indien und Indonesien. 2022 präsentierte sich Spanien als Ehrengast; Italien wird 2024 und die Philippinen 2025 in Frankfurt erwartet.
Ehrengast der diesjährigen Frankfurter Buchmesse (18.-22. Oktober 2023) ist Slowenien (Bild: Standmodell). Das Spektrum der bisherigen Gäste reicht von Neuseeland über Norwegen, Litauen, Brasilien, Flandern und den Niederlanden zu Indien und Indonesien. 2022 präsentierte sich Spanien als Ehrengast; Italien wird 2024 und die Philippinen 2025 in Frankfurt erwartet.

Großes Ehrengast-Kino verspricht das Organisationsteam des slowenischen Buchmesse-Auftritts. Rund 75 Autoren und Kreative aus dem erst seit 32 Jahren eigenständigen Nationalstaat gehören zur Delegation. Dazu kommen mehr als 30 ausstellende Verlage und Institutionen, eine Illustrator*innen-Ausstellung und ein umfangreiches Programm mit mehr als 70 Veranstaltungen im Ehrengast-Pavillon. Zu den Höhepunkten dort gehört ein Gespräch, das Messedirektor Juergen Boos mit UEFA-Präsident Aleksander Čeferin führen wird. Literarisch steht die Lyrik im Mittelpunkt des slowenischen Auftritts, unter dem Motto „Waben der Worte“. Einen zweiten Schwerpunkt im Ehrengast-Programm bilden Wissenschaft und Philosophie. Mit Spannung zu erwarten ist das von dem Buchwissenschaftler Miha Kovač kuratierte Fachprogramm, das sich interdisziplinär mit dem Thema „Higher Level Reading“ befasst. Kultureller Höhepunkt im Ehrengast-Programm wird das Konzert von Sloweniens berühmtester Band Laibach, die „Alamut – Historische Sinfonie” in der Jahrhunderthalle aufführt. Das interkulturelle Werk basiert auf einem 1938 erschienenen Roman Vladimir Bartols.

75 Stühle, 75 Geschichten, die per QR-Code auf an den Stühlen angehängten Kärtchen abgerufen werden können. © Foto Diether von Goddenthow
75 Stühle, 75 Geschichten, die per QR-Code auf an den Stühlen angehängten Kärtchen abgerufen werden können. © Foto Diether von Goddenthow

Aus Anlass ihres Jubiläums wird die 75. Frankfurter Buchmesse mit besonderen Aktionen auf sich aufmerksam machen und die Bürger der Stadt Frankfurt in die Feier „ihrer“ Buchmesse einbeziehen. Unter dem Claim „And the story goes on“ verbindet die Kampagne Erinnerungen an historische Meilensteine mit dem Ausblick auf die nächsten Kapitel. Im öffentlichen Raum werden verschiedene Motive seit Wochen in vielfältigen Werbeformaten ausgespielt. Werbeflächen an Bussen und Bahnhöfen sprechen potenzielle Besucher*innen und Passanten im gesamten Stadtgebiet an, während die Positionierung am Flughafen und Hauptbahnhof ankommende Passagiere und Fahrgäste willkommen heißt. 75 öffentliche Bücherschränke der Stadt tragen seit Ende September das diesjährige FBM-Branding.

Besondere Sicherheitsmaßnahmen – Für Taschenkontrollen Zeit einplanen

Das Thema Sicherheit hat bei der Frankfurter Buchmesse höchste Priorität. Um die Sicherheit auf der größten internationalen Buchmesse zu gewährleisten, stimmt sich das Team der Frankfurter Buchmesse eng mit verschiedenen Partnern ab: der Polizei Hessen, der Messe Frankfurt und einem von ihr beauftragten Sicherheitsunternehmen sowie der städtischen Feuerwehr und den Rettungsdiensten. Die Sicherheitsvorkehrungen werden stets an die jeweils aktuelle Lage angepasst, um das Miteinander auf dem Messegelände zu regeln.

Besucher sollten sich auf Taschenkontrollen an allen Eingängen zum Messegelände einstellen und dies in ihrer Zeitplanung mitberücksichtigen. Taschenmesser, Waffen, Nachbildungen von Waffen („Anschein-Waffen“) und auch Reizsprays sind auf dem Messegelände verboten. Auch wird dazu geraten, sperrige Gepäckstücke wie Rucksäcke oder Trolleys zuhause zu lassen, um den Umfang der Taschenkontrollen zu reduzieren.

Frankfurter Buchmesse

Tonio Schachinger erhält den Deutschen Buchpreis 2023 für „Echtzeitalter“

Tonio Schachinger erhält den Deutschen Buchpreis 2023 für „Echtzeitalter“ überreicht von Karin Schmidt-Friderichs, Vorsteherin des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels. © Foto Diether von Goddenthow
Tonio Schachinger erhält den Deutschen Buchpreis 2023 für „Echtzeitalter“ überreicht von Karin Schmidt-Friderichs, Vorsteherin des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels. © Foto Diether von Goddenthow

Der Preisträger des Deutschen Buchpreises ist Tonio Schachinger. Er erhält die Auszeichnung für seinen Roman „Echtzeitalter“ (Rowohlt Verlag).

Klappentext
„Ein elitäres Wiener Internat, untergebracht in der ehemaligen Sommerresidenz der Habsburger, der Klassenlehrer ein antiquierter und despotischer Mann. Was lässt sich hier fürs Leben lernen? Till Kokorda kann weder mit dem Kanon noch mit dem snobistischen Umfeld viel anfangen. Seine Leidenschaft ist das Gamen, konkret: das Echtzeit-Strategiespiel Age of Empires 2. Nach dem Tod seines Vaters wird für ihn aus dem Hobby eine Notwendigkeit. Ohne dass jemand aus seinem Umfeld davon wüsste, ist Till mit fünfzehn eine Online-Berühmtheit, der jüngste Top-10-Spieler der Welt. Nur: Wie real ist so ein Glück? Im Abschlussjahr 2020 kommt für Till, in der Schule und im Leben, alles noch einmal anders als gedacht.“

Die Begründung der Jury:

Tonio Schachinger, geboren 1992 in New Delhi, studierte Germanistik an der Universität Wien und Sprachkunst an der Universität für Angewandte Kunst Wien. Nicht wie ihr, sein erster Roman, stand 2019 auf der Shortlist zum Deutschen Buchpreis, war für den Rauriser Literaturpreis nominiert und wurde mit dem Förderpreis des Bremer Literaturpreises ausgezeichnet. Tonio Schachinger lebt in Wien. (Text Rowohlt-Verlag). © Foto Diether von Goddenthow
Tonio Schachinger, geboren 1992 in New Delhi, studierte Germanistik an der Universität Wien und Sprachkunst an der Universität für Angewandte Kunst Wien. Nicht wie ihr, sein erster Roman, stand 2019 auf der Shortlist zum Deutschen Buchpreis, war für den Rauriser Literaturpreis nominiert und wurde mit dem Förderpreis des Bremer Literaturpreises ausgezeichnet. Tonio Schachinger lebt in Wien. (Text Rowohlt-Verlag). © Foto Diether von Goddenthow

„Auf den ersten Blick ist Tonio Schachingers ,Echtzeitalter‘ ein Schulroman. Auf den zweiten viel mehr als das: ein Gesellschaftsroman, der das Aufwachsen seines Helden Till an einer Wiener Eliteeinrichtung beschreibt, an der die künftigen Leistungsträger*innen mit reaktionärem Drill und bildungsbürgerlichen Idealen aufs Leben vorbereitet werden. Aus dieser repressiven Umgebung, verkörpert durch den mephistophelischen Lehrer Dolinar, flüchtet sich Till in die Welt des Gaming. Mit feinsinniger Ironie spiegelt Schachinger die politischen und sozialen Verhältnisse der Gegenwart: Aus gebildeten Zöglingen spricht die rohe Gewalt. Die Welt der Computerspiele bietet einen Ort der Fantasie und Freiheit. Auf erzählerisch herausragende und zeitgemäße Weise verhandelt der Text die Frage nach dem gesellschaftlichen Ort der Literatur.“

Der Jury für den Deutschen Buchpreis 2023 gehören an: Shila Behjat (Journalistin und Publizistin), Heinz Drügh (Goethe-Universität Frankfurt am Main), Melanie Mühl (Frankfurter Allgemeine Zeitung), Lisa Schumacher (Steinmetz’sche Buchhandlung, Offenbach), Jurysprecherin Katharina Teutsch (Freie Kritikerin), Florian Valerius (Gegenlicht Buchhandlung, Trier), Matthias Weichelt (Zeitschrift Sinn und Form).

„Jedes Jahr ist der Deutsche Buchpreis ein Kaleidoskop aktueller Themen und Thesen. Er fördert die besonderen, außergewöhnlichen Werke zutage und gibt guten Geschichten den nötigen Raum zur Entfaltung. Für uns als Leser*innen macht er die Vielfalt und Lebendigkeit der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur erlebbar und beeindruckt uns im besten Fall so, dass wir mit unserer Begeisterung andere anstecken und das Gespräch über Literatur befeuern“, sagt Karin Schmidt-Friderichs, Vorsteherin des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels.

Für die Auszeichnung waren außerdem nominiert:
Terézia Mora: Muna oder Die Hälfte des Lebens (Luchterhand Literaturverlag, August 2023), Necati Öziri: Vatermal (claassen, Juli 2023), Anne Rabe: Die Möglichkeit von Glück (Klett-Cotta, März 2023), Sylvie Schenk: Maman (Carl Hanser Verlag, Februar 2023), Ulrike Sterblich: Drifter (Rowohlt Hundert Augen, Juli 2023).

Tonio Schachinger erhält ein Preisgeld von 25.000 Euro; die fünf Finalist*innen erhalten jeweils 2.500 Euro. Der Gewinnertitel wurde in mehreren Auswahlstufen ermittelt. Die sieben Jurymitglieder haben seit Ausschreibungsbeginn 196 Titel gesichtet, die zwischen Oktober 2022 und September 2023 erschienen sind. Aus diesen Romanen wurde eine 20 Titel umfassende Longlist zusammengestellt. Daraus hat die Jury sechs Titel für die Shortlist gewählt. Die Preisverleihung fand im Kaisersaal des Frankfurter Römers statt.

Mit dem Deutschen Buchpreis 2023 zeichnet die Stiftung Buchkultur und Leseförderung des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels den deutschsprachigen Roman des Jahres aus. Hauptförderer des Deutschen Buchpreises ist die Deutsche Bank Stiftung, weitere Partner sind die Frankfurter Buchmesse und die Stadt Frankfurt am Main. Die Deutsche Welle unterstützt den Deutschen Buchpreis bei der Medienarbeit im In- und Ausland.

Open Books: „Uns geht es um Frankfurt als Buch- und Literaturstadt“ Sonja Vandenrath, die Leiterin des städtischen Literaturreferates, im Interview

Literatur im Römer, etwa 1985, © Institut für Stadtgeschichte, Bestand S7FR Nr. 3602, Foto: Georg Kumpfmüller
Literatur im Römer, etwa 1985, © Institut für Stadtgeschichte, Bestand S7FR Nr. 3602, Foto: Georg Kumpfmüller

ffm. Sonja Vandenrath arbeitet seit 2006 im Frankfurter Kulturamt und leitet dort seit 2013 das Literaturreferat. In dieser Eigenschaft organisiert sie mit einem vierköpfigen Team „Open Books“, das Lesefest zur Frankfurter Buchmesse, die dieses Jahr ihren 75. Geburtstag begeht. Im Gespräch mit Ulf Baier schildert sie Hintergründe und Entwicklungsgeschichte dieses großen Festivals.

Frau Dr. Vandenrath, lassen Sie uns im Jubiläumsjahr der Buchmesse kurz zurückblicken. Wie ist es dazu gekommen, dass die Stadt einen eigenen Beitrag leistet?

SONJA VANDENRATH: Das begann Mitte der 70er Jahre. Die Idee war so einfach wie schlüssig: Die großartigen Autorinnen und Autoren, die aus der ganzen Welt nach Frankfurt zur Buchmesse kommen, abends in der Stadt lesen zu lassen. Schon damals ging es darum, die eher spröde Wasserglas-Lesung in ein mehrdimensionales Erlebnis zu verwandeln, das Event avant la lettre sozusagen. Bestes Beispiel ist unter der Ägide von Hilmar Hoffmann entstandene Idee eines „Literatur-Circus“, der in den Römerhallen stattfand. Aus diesem Format wurde dann „Literatur im Römer“, die Keimzelle von OPEN BOOKS.

Aber „Literatur im Römer“ gibt es doch weiterhin. Das müssen Sie uns kurz erklären.

VANDENRATH: Richtig. „Literatur im Römer“ ist die erste literarische Großveranstaltung Deutschlands. Kult beim Publikum und bei den Autorinnen und Autoren sowieso. Die Leute sitzen zwei Stunden bester Laune auf harten Apfelweinbänken, um an einem Abend acht neue Romane vorgestellt zu bekommen. Ich kann nur sagen: Chapeau! In diesem Jahr findet erstmalig „Debüts im Römer“ im gleichen Format statt, kurze Auftritte auf großer Bühne in der Römerhalle. Eines der acht Erstlingswerke, die wir an dem Abend vorstellen, nämlich „Vatermal“ von Necati Öziri, steht aktuell auf der Shortlist des Deutschen Buchpreises.

Wie kam es dann zu OPEN BOOKS?

Portraitfoto von Sonja Vandenrath, © Foto: Alexander Paul Englert
Portraitfoto von Sonja Vandenrath, © Foto: Alexander Paul Englert

VANDENRATH: OPEN BOOKS haben wir gestartet als der Suhrkamp Verlag erklärte, nach Berlin zu ziehen. Die hiesigen Verlage waren schon vor 2009 mit dem Wunsch an die Stadt herangetreten, so etwas wie „Leipzig liest“, das parallel zur Leipziger Buchmesse stattfindet, auch in Frankfurt zu veranstalten. Nach der Suhrkamp-Causa habe ich mich dann hingesetzt und mir ein Lesefest zur Buchmesse rund um den Römer ausgedacht. Eine DIN-A4-Seite, das war‘s. Es sollte viel Frankfurt drin sein, Bücher aller Sparten umfassen und hochprofessionell in Planung und Durchführung. Ein Lesefest der kurze Wege, in dem sich jede und jeder ganz nach Gusto sein eigenes Programm zusammenstellen kann. Unsere Aufgabe als Orga-Team ist bis heute, die Qualität jeder Veranstaltung zu garantieren. Daran hängt die Bereitschaft der Verlage, ihre Autorinnen und Autoren bei uns zu präsentieren.

Was ist das Besondere an OPEN BOOKS?

VANDENRATH: 115 Lesungen aus neuen Büchern an vier Tagen und das bei freiem Eintritt. Ein Programm, das einen Überblick über die neuen Titel des Herbstes bietet und zwar quer durch alle Sparten. Das reicht vom Roman des Jahres über das aktuelle Sachbuch bis zur Graphic Novel und dem Kinderbuch bei OPEN BOOKS Kids. Um etwas Struktur zu schaffen, haben wir die Sparten auf die Veranstaltungsorte aufgeteilt. So hat etwa das Sachbuch im Haus am Dom seinen festen Platz. Wir sind also ein Buchfest und kein Literaturfestival. Die Signiergelegenheit im Anschluss an die Lesung ermöglicht ein kurzes persönliches Gespräch mit den Autorinnen und Autoren, in diesem Jahr rund 150. Von den vielen Bücherverkäufen bei unseren Lesungen profitiert wiederum der unabhängige Buchhandel in Frankfurt, der die Büchertische stellt. Viel Win-win also.

Lassen Sie uns über das Frankfurt-Spezifische sprechen. Warum leistet die Stadt Frankfurt sich diesen Aufwand?

VANDENRATH: In Frankfurt, der Goethestadt, steckt viel Buch mit der internationalen Buchmesse als Markenkern, umrahmt vom Deutschen Buchpreis und dem Friedenspreis. Das weiß niemand besser als unsere Kultur- und Wissenschaftsdezernentin Dr. Ina Hartwig, die dafür einsteht. Aber auch an den 360 restlichen Tagen ist Frankfurt Buch- und Literaturstadt. Hier sind wichtige Verlage ansässig, leben großartige Autorinnen und Autoren und experimentiert eine tolle junge Literaturszene. Der Börsenverein des Deutschen Buchhandels, als Schaltstelle des deutschen Buchmarktes, hat seinen Hauptsitz in der Braubachstraße, der Mediacampus bildet den buchhändlerischen Nachwuchs aus, die Deutsche Nationalbibliothek hütet und bewahrt unsere Bücher, es gibt die älteste Poetikdozentur und den ersten Stadtschreiberpreis und nicht zu vergessen, das großartige Romantikmuseum neben Goethes Geburtshaus. Ich finde den Begriff des Labors etwas abgehangen, aber irgendwie trifft er auf Frankfurt dann doch zu, weil diese Stadt wie ein verdichtetes literarisches Feld so viel Instanzen des Buchbetriebs auf engem Raum verbindet.

Das klingt zuerst einmal abstrakt. Könnten Sie das konkreter fassen?

VANDENRATH: Stimmt (lacht). Lassen Sie es mal so sagen: Wir glauben an die Zukunft des Buches und der Lesekultur, die im digitalen Zeitalter mehr denn je Orte und Räume für Begegnung und Austausch braucht. Die Frankfurter Buchmesse vereint dies alles in sich und das macht sie so zukunftsweisend. Was 1949 als bescheidene Bücherschau in der unter Hochdruck wiederaufgebauten Paulskirche begann, ist bis heute eine Erfolgsgeschichte ohne gleichen. Die Handels- und Bürgerstadt Frankfurt und die Buchmesse, das ist eine Wahlverwandtschaft. Die Kulturdezernentin bekennt sich in Reden und Statements klar zur Zukunft der Buchmesse und dies wieder sehr deutlich in diesem Jahr aus Anlass des 75-jährigen Jubiläums. Das Lesefest OPEN BOOKS als Bühne für das Buch ist Teil dieses Bekenntnisses.

Das klingt nach sehr viel Erfolg. Die Medienbranche ist im Umbruch und die Digitalisierung in aller Munde. Wie sehen Sie die Zukunft des von Ihnen entwickelten Veranstaltungsformates?

VANDENRATH: OPEN BOOKS bietet viel Zeitdiagnose. Die Bücher verhandeln Gegenwart, ob mit literarischen Mitteln oder als Sachbuch. Das Publikum kann bei Lesungen und Diskussionen die Themen und Stoffe entdecken, die den Buchherbst bestimmen. Was mich sehr freut, ist, dass wir vermehrt ein junges Publikum erreichen, das auch mal auf dem Boden sitzt, wenn die Räume zu voll sind.

Wie finden denn die Leute das, was sie interessiert und wer kommt so?

VANDENRATH: Wir haben ein Programmfaltblatt, das überall ausliegt, und natürlich unsere Website openbooks-frankfurt.de. Am Anfang von OPEN BOOKS haben die Leute häufig mal hier mal dort reingehört und sich überraschen lassen. Inzwischen zupfen sie sich gezielt die Titel aus dem Programm, die sie besonders interessieren. Immer mehr Leute kommen auch von außerhalb Frankfurts, natürlich aus der gesamten Rhein-Main-Region, aber auch von weiter her, um sich dann gleich einen schönen Frankfurt-Tag zu machen. Heute rief jemand sogar aus London an, was jetzt allerdings nicht so oft vorkommt (lacht). Wenn ich mir das große Publikumsinteresse an OPEN BOOKS anschaue, die vollen Säle, die Schlangen vor den Signiertischen, der Trubel zwischen den Lesungen und die vibrierende Atmosphäre insgesamt, dann ist mir um die Buchkultur nicht bange. Oder um Jochen Hörisch zu zitieren, „Die Gutenberg Galaxie hört nicht auf zu enden“.

Interview: Ulf Baier

Weitere Informationen zu allen Veranstaltungen von Open Books 2023 gibt es online unter openbooks-frankfurt.de

Keine Ware wie jede andere: Die Buchmesse findet 2023 zum 75. Mal statt – Von kleinsten Nachkriegsanfängen zur größten Bücherschau der Welt

So fing es nach dem 2. Weltkrieg mit der Frankfurter Buchmesse wieder an: Spartanisch, aber funktional: Die Warenpräsentation Buchmesse in der Paulskirche im Jahr 1950, © Institut für Stadtgeschichte, Bestand S7Z Nr. 1950-95, Foto: Wolfgang Voigt
So fing es nach dem 2. Weltkrieg mit der Frankfurter Buchmesse wieder an: Spartanisch, aber funktional: Die Warenpräsentation der zweiten Buchmesse in der Paulskirche im Jahr 1950, © Institut für Stadtgeschichte, Bestand S7Z Nr. 1950-95, Foto: Wolfgang Voigt

ffm. Die Stadt lag in Trümmern. Wer zur Buchmesse wollte, kam an Schutthalden und Ruinen vorbei, auch wenn die Aufräumarbeiten schon vorangeschritten und die Zeichen des Aufbruchs unverkennbar waren. Wie die erneuerte rote Sandsteinfassade der Paulskirche, die man als erstes historisches Gebäude in Frankfurt am Main nach dem Zweiten Weltkrieg wiederaufgebaut hatte. Es war pünktlich fertig geworden, um 1948 dort die Zusammenkunft der Nationalversammlung 100 Jahre zuvor zu feiern: steinernes Symbol einer demokratischen Tradition, an die anzuknüpfen nach den zwölf verheerenden Jahren des Nationalsozialismus ein Gebot der Stunde war.

Vom 18. bis 23. September 1949 veranstaltete der Hessische Verleger- und Buchhändlerverband im Umgang des geschichtsträchtigen Rundbaus eine Bücherschau mit 205 Ausstellern. Sie mussten sich jeweils mit zwei Quadratmetern Standfläche begnügen. Alle sind gleich und sollen es künftig auch bleiben – eine bestechende Idee, die nur der Wirklichkeit nicht lange standhielt.

Für die Frankfurter Buchmesse war 1949 kein absoluter Neubeginn. Sie konnte auf eine mindestens fünf Jahrhunderte währende und zumeist erfreuliche Geschichte des Austauschs geistiger Produkte zurückblicken. Im 15. und 16. Jahrhundert war die Stadt im Buchhandel konkurrenzlos, hier wurden die Schriften des Humanismus verkauft. Die Bücher kamen in Fässern.

Über teure Übernachtungsangebote, unfreundliche Wirte, durch die Gassen ziehende Menschenmassen, geschäftigen Trubel, dem niemand entfliehen konnte, und ausufernde Saufgelage berichteten damals die Zeitgenossen. Auch hier lassen sich Verbindungslinien zur Gegenwart ziehen. Die Buchmesse avancierte bald nach ihrer Wiedererstehung zur großen Literaturbetriebsfeier, „Gate crashing“ wurde zum Buchmessen-Sport mit dem Ziel, die Partys der großen Verlage zu entern, Freibierorgien wie auf den legendären Feiern des Eichborn-Verlags in den achtziger und neunziger Jahren des vorigen Säkulums kontrastierten das Bild von den feinsinnigen Büchermenschen.

Da die Besitzverhältnisse an der Paulskirche im Jahr 1949 noch nicht geklärt waren und sich die evangelische Synode als Hausherrin verstand, stellte sie als Bedingung für die Bücherschau, dass dort keine, wie es hieß, „antireligiösen Schriften“ auslagen. Nur widerwillig ließen sich die Veranstalter darauf ein. In einer knappen Woche besuchten 14.000 Menschen die Veranstaltung, die einmal zur weltgrößten ihrer Art werden und als Medienmesse an den Fachbesucher- und Publikumstagen bis zu 300.000 Interessierte anziehen sollte.

Nach der Währungsreform 1948 musste die Lust am Buch erst wieder geweckt werden, andere Bedürfnisse hatten Vorrang. Dass es eine ganz besondere Ware ist, behielt die Buchmesse auch später im Auge. Sie versuchte, die Balance zwischen Kommerz und Kultur zu halten, den Fokus aufs Literarische zu legen und die Kraft des Wortes, wann immer es um Freiheit geht, herauszustellen. Auch wenn den Beteiligten klar war, dass nicht alles, was zwischen zwei Buchdeckel gepresst wurde, höchste Ansprüche erfüllte, aber oft gerade deshalb versprach, ein Bestseller zu werden.

Die zweite Ausgabe der Buchmesse 1950, nun schon vom Börsenverein des Deutschen Buchhandels organisiert, ging als „Rheumamesse“ in die Annalen ein: In den Römerhallen, die neben der Paulskirche als Ausstellungsort dienten, war es feucht und kalt, und der Wind pfiff durch die Ritzen des vom Bombenhagel schwer beschädigten Gemäuers. Dennoch ging die Erfolgsgeschichte weiter. Die beginnende Internationalisierung war unverkennbar, 100 Verlage aus Westeuropa und Amerika zeigten ihre Druckwerke.

1951 schließlich nahm die Buchmesse jene Form an, die bis heute Bestand hat: Sie zog in die Messehallen, und erstmals wurde der Friedenspreis des Deutschen Buchhandels verliehen, Albert Schweitzer bekam ihn, Bundespräsident Theodor Heuss hielt die Laudatio. Von da an fand die Festlichkeit an jedem Messesonntag statt, ein Termin, an dem sich das kulturelle Selbstverständnis der Bundesrepublik artikulierte und gelegentlich heftige Kontroversen entzündeten. Eine Feier des geschriebenen Worts, ein Hochamt des Intellekts, förmlich wie ein Staatsakt: Die Verleihung des Friedenspreises in der Paulskirche ist eine der wenigen Gelegenheiten, in denen Emphase und Demokratie, Feierlichkeit und Sachlichkeit, Erhabenheit und Nüchternheit einen Einklang bilden, in dem seinerzeit so etwas wie die Identität der jungen Demokratie aufschien.

© Foto Diether von Goddenthow
© Foto Diether von Goddenthow

Die Buchmesse wurde zu einem Ereignis, das weit über die Stadtgrenzen hinaus strahlte und innerhalb ihrer zu einem Festival ausgebaut wurde. Es gab immer mehr Rahmenveranstaltungen, die ganze Stadt brummte zu Buchmesse-Zeiten vor Aktivitäten, Schwerpunktthemen, und schließlich wurden Gastland-Auftritte eingeführt. Das führte häufig zu einer Umorientierung des Markts, der sich Literaturen aus anderen Ländern widmete und etliche übersetzte Werke anbot.

Der sorgenvolle Blick auf den Zustand der Branche und das Leseverhalten, auf neue Medien und ihre Nutzung, gehörten von Anbeginn dazu. Adorno mokierte sich 1959 bei einem Gang über die Messe darüber, dass auf belletristischen Werken reißerische Cover-Bilder prangten, um den kommerziellen Erfolg eines Buchs zu sichern. Und als das E-Book aufkam, wurde besonders vernehmlich vom Ende des Buchs, wie wir es kannten, geraunt. Es existierte weiter.

Mit der Digitalisierung änderten sich die Kommunikationsformen so radikal wie allenfalls noch nach der Einführung des Buchdrucks. Die Messe passte sich an. Ungeahnte Vermarktungsmöglichkeiten taten sich auf. Aber auch nie dagewesene Chancen, Wissen und Werte zu verbreiten. Mittlerweile dominieren angesichts von Unterhaltungsexzessen und Manipulationen unvorhersehbaren Ausmaßes kulturpessimistische Sichtweisen den Diskurs übers Digitale. Die Buchmesse aber, wie schon in ihren Anfängen nach wie vor der Aufklärung und der Freiheit des Worts verpflichtet, setzt weiter auf die Potentiale der vernetzten Welt. Um die zunächst viel zu euphorische Hoffnung auf Demokratisierung, die mit den elektronischen Medien und dem Internet verbunden war, neu zu beflügeln.

Frankfurter Buchmesse

Deutscher Buchpreis 2023: Shortlist entdecken – Preisverleihung erleben

Welcher der sechs nominierten Titel wird der Roman des Jahres? Am Montag wird die Entscheidung der Jury verkündet. Wer die Preisverleihung im Frankfurter Römer miterleben möchte, kann am 16. Oktober 2023 ab 18 Uhr den Livestream auf www.deutscher-buchpreis.de verfolgen.

Gleichzeitig senden Deutschlandfunk und Deutschlandfunk Kultur die Veranstaltung live über den Sonderkanal „Dokumente und Debatten“ im Digitalradio und als Stream auf www.deutschlandradio.de/debatten. Der Stream der Preisverleihung ist auch über die Webseite der Frankfurter Buchmesse www.buchmesse.de erreichbar.

Die Finalisten kennenlernen
Verschiedene Angebote laden ein, die ausgewählten Romane zu entdecken.

Dank der Kooperation des Deutschen Buchpreises mit dem Deutschen Zentrum für barrierefreies Lesen (dzb lesen) sind alle Bücher der Shortlist sowie viele der 20 nominierten Romane barrierefrei zugänglich. Das dzb lesen prüfte alle nominierten Titel des Preisjahres 2023 auf Barrierefreiheit und stellte den Verlagen individuelle Prüfberichte mit Empfehlungen zur Optimierung zur Verfügung. Eine Liste aller barrierefrei erhältlichen Titel des Deutschen Buchpreises 2023 findet sich unter https://www.medibus.info/.

Die Deutsche Welle, Medienpartner des Deutschen Buchpreises, produziert kurze Filme zum Kennenlernen der Shortlist-Autor*innen und ihrer Titel. Diese sind über die Seite des Deutschen Buchpreises abrufbar: https://www.deutscher-buchpreis.de/videos

Auszüge aus den Shortlist-Titeln in englischer Übersetzung und ein englischsprachiges Dossier zur Shortlist werden auf dem Internetportal www.new-books-in-german.com präsentiert.

Mit dem Deutschen Buchpreis zeichnet die Stiftung Buchkultur und Leseförderung des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels den deutschsprachigen Roman des Jahres aus. Hauptförderer des Deutschen Buchpreises ist die Deutsche Bank Stiftung, weitere Partner sind die Frankfurter Buchmesse und die Stadt Frankfurt am Main.

Die Buchmesse 2023 und der November im Literaturhaus Frankfurt

© Foto Diether von Goddenthow
© Foto Diether von Goddenthow

Alle Veranstaltungen unter:
http://literaturhaus-frankfurt.de/programm/kalender/

Streamingtickets sind erhältlich zu 5 Euro über den Kartenshop buchbar und 70 h nutzbar.

Oktober 2023

Die Veranstaltung findet als Hybridveranstaltung statt.
Montag 09.10.23 / 19.30 h
Frankfurt-Premiere! Kathrin Röggla: Laufendes Verfahren
Moderation: Martín Steinhagen
Saalticket 12 / 8 Euro / Streamingticket 5 Euro / Streaming-Abo 50 Euro (25 VA)

Der NSU-Prozess und unsere Teilhabe daran
„Kein Schlussstrich!“ Das war die Forderung vieler Stimmen aus der Nebenklage nach dem Urteil des NSU-Prozesses. Denn was wurde aufgeklärt? Wie viel politisch versprochen? Was genau passiert mit einem Prozess, um dessen Grenzen gestritten wird? Wer beobachtet die dritte Gewalt bei ihrer Arbeit, wenn es um rassistischen Terror und den Angriff auf unsere Demokratie geht? Kathrin Röggla, die preisgekrönte österreichische Autorin und Wahl-Berlinerin, erzählt in ihrem Roman „Laufendes Verfahren“ (S. Fischer) nicht in der Vergangenheitsform von einem abgeschlossenen Fall. Sie nimmt die Perspektive eines „Wir“ ein, das oben auf den Zuschauerrängen sitzt. Ein Buch über die aktive Teilhabe all der Menschen, die das Gericht zu einem lebendigen Ort der Demokratie machen. Das Gespräch moderiert der Journalist Martín Steinhagen.

AUSVERKAUFT! Die Veranstaltung findet nur vor Ort statt.
Junges Literaturhaus – Workshops für 3. & 4. Klassen
Dienstag & Mittwoch 10. & 11.10.23 / 9 h & 11 h
Jörg Bernardy: Gedankenflieger. Philosophieren mit Kindern
Klassenticket 75 Euro

Autor und Philosoph Jörg Bernardy philosophiert mit Kindern zum Thema „Was ist Zeit?“
Das Literaturhaus Frankfurt wird erneut zum Flugplatz im Rahmen des erfolgreichen Bildungsangebots „Gedankenflieger“, das am Literaturhaus Hamburg entwickelt wurde. Ausgehend von Bilderbuchgeschichten und unterstützt von einem speziell für „Gedankenflieger“ konzipierten Magazin wird altersgerecht philosophiert. Zwischendurch wird gebastelt, gemalt und geschrieben. Die Workshops laden dazu ein, ohne Bewertung eigene Gedanken zu entwickeln, zu formulieren und zur Diskussion zu stellen. Welche Werte teilen die Kinder mit anderen? Wie lassen sie andere Meinungen gelten? Die Gedankenflieger-Workshops richten sich jeweils an eine Klasse und dauern 90 Minuten. Anmeldung unter junges@literaturhaus-frankfurt.de.

In Kooperation mit Gedankenflieger und mit freundlicher Förderung der Bundeszentrale für politische Bildung. Das Junge Literaturhaus wird unterstützt von der Dr. Marschner Stiftung und der Cronstett- und Hynspergischen evangelischen Stiftung.

Die Veranstaltung findet als Hybridveranstaltung statt.
Dienstag 10.10.23 / 19.30 h
Andrej Kurkow: Samson und das gestohlene Herz
Moderation: Arine Wick (hr)
Saalticket 12 / 8 Euro / Streamingticket 5 Euro / Streaming-Abo 50 Euro (25 VA)

Freiheit ist wichtiger als Stabilität.
Satire in Kriegszeiten. Der Kriminalroman „Samson und Nadjeschda“, der im Kiew des Jahres 1919 spielt, ist ein exzellentes Beispiel dafür. Sein Schöpfer Andrej Kurkow, gebürtiger Kiewer und bis heute mit seiner Familie in der Ukraine lebend, ist spätestens seit seinem Roman „Picknick auf dem Eis“ einer der wichtigsten zeitgenössischen ukrainischen Autoren. In seinem neuen Fall, „Samson und das gestohlene Herz“ (Diogenes, aus dem Russischen von Johanna Marx und Claudia Zecher), soll der junge sowjetische Polizist Samson wegen illegaler Fleischverkäufe ermitteln. Wie nebenbei wird aber auch vom Versuch der Kommunisten erzählt, die Ukraine nach der Oktoberrevolution zur Republik zu machen. Ein Abend über lösbare Fälle und unlösbare Konflikte. Denn seit der Kriegserweiterung durch Putins Russland ist Kurkow einem großen Publikum hierzulande auch als ein differenzierender, politischer Kopf bekannt. Das Gespräch mit dem Schriftsteller führt die Moderatorin und TV-Autorin Ariane Wick vom Hessischen Rundfunk (Hessenschau).

Das Literaturhaus Frankfurt im Schauspiel Frankfurt
Die Veranstaltung findet nur vor Ort statt.
Mittwoch 18.10.23 / 18 h
Rafik Schami: Wenn du erzählst, erblüht die Wüste
Saalticket 26 / 12 Euro

Alle sind gebannt: Große Bühne, großer Erzähler
Niemand erzählt seine Bücher wie Rafik Schami. Die Bühne ist groß und leer. Schami tritt auf. Sein neues Buch in der Hand. Er legt es gleich beiseite. Und sieht seinem Publikum in die Augen. Dann beginnt Schami zu erzählen, bewegt sich im Fluss seiner Sätze. „Wenn du erzählst, erblüht die Wüste“ (Hanser) ist eine arabische Erzählung von Karam, einem Kaffeehauserzähler, der auszog, um eine Prinzessin zu heilen. Allabendlich versammelt er erzählfreudige Menschen im Palast, um die junge Frau durch die schönsten Geschichten ins Leben zurückzuholen: von Mut und Feigheit, von Freundschaft und Feindschaft, von der Liebe und der Weisheit des Herzens. Es ist Schamis Hommage an die freie Rede, an „Tausendundeine Nacht“.

Eine Veranstaltung des Literaturhauses Frankfurt in Kooperation mit dem Schauspiel Frankfurt. Karten ebendort.

Das Literaturhaus Frankfurt im Schauspiel Frankfurt
AUSVERKAUFT! Die Veranstaltung findet nur vor Ort statt.
Mittwoch 18.10.23 / 20 h
Helge Schneider: Stepptanz
Saalticket 26 / 12 Euro

Ein neuer Fall für Kommissar Schneider
Helge Schneider ist Jazzmusiker, Komiker, Autor und schlicht ein Phänomen mit Hang zur Anarchie. Sein neuer Krimi „Stepptanz“ reiht sich ein in die wilde Folge von Fällen wie „Der Scheich mit der Hundehaarallergie“ oder „Zieh dich aus, du alte Hippe“ (alle KiWi). Der Mühlheimer Universalkünstler selbst sagt: „Die Recherchen waren aufwändiger, als ich mir vorgestellt hatte, denn das Schreiben war ein brutaler Wettlauf zwischen meiner Story und der Realität, die ja in atemberaubendem Tempo voranschreitet. Grismann, was für ein Intelligenzverbrecher! Johnny Espelkamp, was für ein dumpfer Mörder! Jerry Vogel, was für ein faszinierender, aber undurchsichtiger Tanzlehrer. Und der Kommissar Schneider – zu welch grandiosem Spürhund ist dieser Mann im Alter noch aufgestiegen!“ Unglaubliche Entwicklungen, packende Kriminalliteratur, 100% Helge Schneider.

Eine Veranstaltung des Literaturhauses Frankfurt in Kooperation mit dem Schauspiel Frankfurt. Karten ebendort.

Das Literaturhaus Frankfurt im Schauspiel Frankfurt
Die Veranstaltung findet nur vor Ort statt.
Donnerstag 19.10.23 / 19.30 h
Daniel Kehlmann: Lichtspiel
Moderation: Katharina Teutsch (freie Kritikerin)
Saalticket 26 / 12 Euro

Ein beeindruckender Roman über Kunst und Verstrickung
Ein deutschsprachiger Star-Autor, dessen Stoffe immer wieder aufs Neue überraschen: Daniel Kehlmann. Zum Erscheinen seines jüngsten Buches um Kunst, Macht, Schönheit, Verstrickung und Barbarei bittet das Literaturhaus den Autor auf die Bühne des Schauspiels. „Lichtspiel“ (Rowohlt) ist ein Roman, in dessen Zentrum der Kinoregisseur G.W. Pabst steht. Stumm- wie Tonfilm, beides hat er erlebt und geprägt, etwa mit „Die weiße Hölle vom Piz Palü“ und „Die Dreigroschenoper“ von 1931. Mit Greta Garbo und Asta Nielsen hat er gearbeitet. In Kaliforniens grellem Licht, wohin er vor den Nazis geflohen ist, findet sich Pabst wenig zurecht. Doch der Propagandaminister in Berlin will das österreichische Filmgenie haben, er kennt keinen Widerspruch, und er verspricht viel. Es moderiert die Literaturkritikerin und Jurysprecherin des Deutschen Buchpreises 2023 Katharina Teutsch.

Eine Veranstaltung des Literaturhauses Frankfurt in Kooperation mit dem Schauspiel Frankfurt. Karten ebendort.

Die Veranstaltung findet nur vor Ort statt.
Donnerstag 19.10.23 / 21 h
Frankfurter Buchmesse: Pop-Up-Empfang #WIRMACHENBUECHER
Musik: Reverend Dabeler
Eintritt frei / Anmeldung für Gastgeber unter www.literaturhaus-frankfurt.de.

Großer Mitmach-Empfang des Netzwerks der Literaturhäuser
Von allen, für alle. Das Netzwerk der Literaturhäuser in Deutschland, Österreich und der Schweiz lädt in die Empfangs- und Prosit-Zone. Nach den großen Hits 2018, 2019 und dem Wiedererstarken 2022 ist die Buchbranche aufs Neue eingeladen zum Empfang auf Augenhöhe. Verlage, Autorinnen, Leser, Kritikerinnen, Buchhändler, Übersetzerinnen – kurz, alle Büchermacher kommen zusammen. #WIRMACHENBUECHER knipst das Licht an. Die Einladung zum Mitmach-Empfang lautet: Werdet selbst Gastgeber unter Gastgebern. Alles, was es braucht, sind Empfangsstände. Und die gibt es im Literaturhaus, mobil und bestehend aus Bierkiste, Besenstiel und Banner mit eurem Branding, das Starter-Set ab 70 Euro, für alle, die die Geberlaune in sich spüren. Schwung und Musik vom Rhodes Piano kommen vom Reverend Dabeler, live und mittenmang.

#WIRMACHENBUECHER ist ein Pop-up-Empfang des Netzwerks der Literaturhäuser für die
ganze Branche und offen für alle, die Bücher lieben. Von 21.00 bis 01.00 Uhr. Der Eintritt ist
frei. Anmeldung für Gastgeber unter www.literaturhaus-frankfurt.de.

Das Literaturhaus Frankfurt und das ZEITmagazin im Schauspiel Frankfurt
Die Veranstaltung findet nur vor Ort statt.
Freitag 20.10.23 / 19.30 h
Alice Hasters: Identitätskrise
Moderation: Sascha Chaimowicz (ZEITmagazin)
Saalticket 20 / 12 Euro

Zweifel als Beginn gesellschaftlicher Neuerfindung
Die Autorin, Moderatorin und Speakerin Alice Hasters hat ein Buch über die Ängste unserer Gegenwart geschrieben. Nach dem großen Erfolg ihrer autobiografisch geprägten Analyse über Alltagsrassismus in Deutschland („Was weiße Menschen nicht über Rassismus hören wollen aber wissen sollten“) gibt sie jetzt mit „Identitätskrise“ einen Ausblick auf Chancen (beide hanserblau). Denn ja, unsere Gesellschaft befindet sich in einem Selbstfindungsdilemma. Alle Systeme, die Sicherheit, Zukunft und Gerechtigkeit versprachen, scheinen versagt zu haben. Eher herrschen Zweifel und Verunsicherung. Identitätskrisen haben einen schrecklichen Ruf. Sie sind anstrengend für alle Beteiligten. Doch sie sind unbedingt notwendig, sagt Hasters. Nur so können sich Menschen und Gesellschaften weiterentwickeln. Die Moderation übernimmt der Chefredakteur des ZEITmagazin Sascha Chaimowicz.

Eine Veranstaltung des Literaturhauses Frankfurt in Kooperation mit dem ZEITmagazin und dem Schauspiel Frankfurt. Karten ebendort.

Die Veranstaltung findet nur vor Ort statt.
Freitag 20.10.23 / 21 h
Hotlist-Preise 2023. Vorstellung der Bücher des Jahres und Preisverleihung
Moderation: Anna Engel (hr2-kultur)
Eintritt: Hotlist & Party 9 Euro

Hotlist: Hot Books!
Endlich. Im Literaturhaus wird am Freitag der Buchmessewoche wieder die Unabhängigkeit gefeiert. Es kommen die Verlegerinnen, Autoren, Bewunderer und Leserinnen unabhängiger Verlage zusammen, um den jährlichen Preis der Hotlist zu vergeben. Die Hotlist versammelt die zehn bemerkenswertesten Bücher aus unabhängigen Verlagen – fast 200 Verlage reichen dafür ein Buch ein. Eine Zahl, die für Vielfalt und Qualität steht und für das Korrektiv, das die Unabhängigen für die gesamte Buchbranche sind. Ihr Idealismus und ihr Entdeckungsgeist sind Voraussetzung für einen Buchmarkt mit Zukunft. Vorgestellt werden die zehn Hotlist-Titel und bekannt gegeben wird der Preisträgerverlag des Jahres. Außerdem wird der Dörlemann ZuSatz, ein Preis für unabhängige Verlage, verliehen. Durch die Preisverleihung führt die hr2-Moderatorin Anna Engel. Im Anschluss findet die große Party der Independent Verlage und des Literaturhauses statt.

Die Hotlist 2023 ist erschienen:
• Albino Verlag: David Santos Donaldson, Grönland, Roman
• Berenberg Verlag: Margherita Costa, Christine Wunnicke (Hg.), Die schöne Frau bedarf der Zügel nicht, Porträt und Werkauswahl
• edition.fotoTAPETA: Haska Shyyan, Hinter dem Rücken, Roman
• hochroth Verlag: Franziska Winkler (Hg.), handverlesen, Gebärdensprachpoesie in Lautsprache
• Karl Rauch Verlag: Viktor Gallandi, Kaspar, Roman
• Kookbooks: Yevgeniy Breyger, Frieden ohne Krieg, Gedichte
• Limmat Verlag: Charles Ferdinand Ramuz, Sturz in die Sonne, Roman
• MaroVerlag: Verónica Gerber Bicecci, Leere Menge, Roman
• Spector Books: Don Mee Choi, DMZ Kolonie, Lyrik
• Wieser Verlag: Michel Jean (Hg.), Wapke, Anthologie indigener Autoren und Autorinnen

Eine Veranstaltung des Literaturhauses Frankfurt, des Vereins der Hotlist und des Netzwerks unabhängiger Verlage.

Die Veranstaltung findet nur vor Ort statt.
Freitag 20.10.23 / 22 h
Party der Independents und des Literaturhauses
Die unabhängigen Verlage und das Literaturhaus laden zum großen Tanz
DJanes: Antje Keil & Katharina Schmidt aka keilschmidt
Eintritt: Hotlist & Party 9 Euro

Hotlist: Hot People, hot Dance!
Im Anschluss an die Verleihung des Hotlist-Preises 2023 laden die unabhängigen Verlage gemeinsam mit dem Literaturhaus zur Party der Independents. Pils und Puls der Branche. Am DJ-Reglement die vielverehrten DJanes Antje Keil (Lektorin) & Katharina Schmidt (Illustratorin) alias keilschmidt. Leut, es ist Zeit. Die Messegänge waren lang und groß. Schmeißt eure Jacken auf die Garderoben, und auf den Fluren lasst die Hüften los. Wer jetzt im Haus tanzt, wird auf lange bleiben.

Eine Veranstaltung des Literaturhauses Frankfurt und des Netzwerks unabhängiger Verlage.

Alle Veranstaltungen unter:
http://literaturhaus-frankfurt.de/programm/kalender/

Streamingtickets sind erhältlich zu 5 Euro über den Kartenshop buchbar und 70 h nutzbar.

Übrigens: Alle (Streaming-)Tickets sowie das Streaming-Abo (25 Veranstaltungen für 50 Euro) sind dann auch im Webshop erhältlich: https://literaturhaus-frankfurt.reservix.de/events

Streamingtickets sind erhältlich zu 5 Euro bis Veranstaltungsbeginn über den Kartenshop buchbar und 70 h nutzbar.

November 2023

Die Veranstaltung findet als Hybridveranstaltung statt.
Junges Literaturhaus – Schullesung ab Klasse 7
Freitag 03.11.23 / 10.30 h
Tania Witte: Einfach nur Paul
Saalticket 3 Euro / Klassenticket Stream 50 Euro

Wer bin ich?
Wenn es so einfach wäre, „Einfach nur Paul“ (Arena) zu sein. Denn in Pauls Leben läuft alles schief. Aber am Ende doch alles richtig. Doch wer hat gesagt, dass das Leben unkompliziert ist? Paul liebt Amira, die seine Gefühle nicht erwidert. Er ist Frontmann in ihrer Band, obwohl sie besser singen kann und er eigentlich davon träumt, DJ zu sein. Und jedes Gespräch mit seinem Vater endet im Streit. Als er erfährt, dass er nicht das biologische Kind seiner Eltern ist, zieht ihm das vollends den Boden unter den Füßen weg. Er fängt an, seine Mutter zu suchen, und lernt schmerzhaft, dass die Erfüllung seiner Sehnsüchte nicht der einzige Weg zum Glück ist. Die Schriftstellerin, Journalistin und Spoken-Word-Performerin Tania Witte erzählt mit großer Sensibilität, authentisch von Identität, Toleranz und dem Erwachsenwerden zwischen binären und nicht-binären Geschlechterbildern.

Das Junge Literaturhaus wird unterstützt von der Dr. Marschner Stiftung und der Cronstett- und Hynspergischen evangelischen Stiftung.

Die Veranstaltung findet als Hybridveranstaltung statt.
Montag 06.11.23 / 19.30 h
Bonnie Garmus: Eine Frage der Chemie
Moderation (dt./engl.): Margarete von Schwarzkopf
Lesung deutscher Text: Anna Böger
Saalticket 12 / 8 Euro ausverkauft!
Streamingticket 5 Euro vorhanden / Streaming-Abo 50 Euro

Chemie heißt Veränderung der Zustände.
„Eine Frage der Chemie“ (Piper) war der große Publikums-, Verlags- wie auch Kritikererfolg der letzten Monate. Denis Scheck jubelte: „Dieser Debütroman vereinigt Tiefgang mit Witz! Ein großer, kluger literarischer Spaß – und ein anrührender Familienroman.“ Elizabeth Zott, die Heldin darin, ist eine Frau mit dem Auftreten eines Menschen, der nicht durchschnittlich ist und es nie sein wird. Doch es ist 1961, und die Frauen tragen Hemdblusenkleider. Niemand traut ihnen zu, Chemikerin zu werden. Als bald Alleinerziehende steht sie irgendwann in der TV-Show „Essen um sechs“. Für Elizabeth Zott ist Kochen Chemie. Und Chemie bedeutet bekanntlich Veränderung der Zustände. Übersetzt hat den Roman das Übersetzerduo Ulrike Wasel und Klaus Timmermann, bekannt durch die Übertragung des Bestsellers „Der Gesang der Flusskrebse“. Das Gespräch mit der amerikanischen Autorin moderiert die Literaturkritikerin Margarete von Schwarzkopf. Deutscher Text: Anna Böger.

Mit freundlicher Unterstützung des US-Generalkonsulats Frankfurt.

Die Veranstaltung findet als Hybridveranstaltung statt.
Montag 13.11.23 / 19.30 h
Väter. Ein Abend mit Fikri Anıl Altıntaş, Paul Brodowsky und Christian Dittloff
Moderation: Lena Bopp (F.A.Z.)
Saalticket 9 / 6 Euro / Streamingticket 5 Euro / Streaming-Abo 50 Euro (25 VA)

Söhne und Väter: Männlichkeitsbilder
It’s toxic, baby! Väter – das Verhältnis zu ihnen ist schon immer ein besonderes, selten unbelastet. Das macht die Auseinandersetzung mit Vaterfiguren zu einem unerschöpflichen Quell für Literatur. An diesem Abend kommen drei Autoren zusammen, die in ihren Büchern offen, berührend und erhellend über ihre Väter, eigene Vaterschaft, Prägungen, letztlich über ihren Weg zu den Männern, die sie heute sind oder sein wollen, geschrieben haben. So erzählt Fikri Anıl Altıntaş in „Im Morgen wächst ein Birnbaum“ (btb) radikal ehrlich über seine Erfahrungen als nicht-weißer muslimisch gelesener Mann. Paul Brodowsky reflektiert in seinem Roman „Väter“ (Suhrkamp) transgenerationelle familiäre Muster. Und Christian Dittloff rechnet in „Prägung“ (Berlin Verlag) autofiktional mit dem Patriarchat und seinen auch popkulturellen Erscheinungsformen seit den 80er Jahren ab. Es moderiert die F.A.Z.-Literaturredakteurin Lena Bopp.

Die Veranstaltung findet als Hybridveranstaltung statt.
Dienstag 14.11.23 / 19.30 h
Krimiabend mit Andreas Pflüger: Wie Sterben geht
Moderation: Christoph Schröder
Saalticket 12 / 8 Euro / Streamingticket 5 Euro / Streaming-Abo 50 Euro (25 VA)

Thriller der Extraklasse: Wie Spannung geht
Auf dem Höhepunkt des Kalten Kriegs verlässt die Analystin Nina Winter ihren sicheren Schreibtisch beim BND, um sich als Führungsoffizierin eines russischen Top-Agenten in Moskau zu profilieren. Es ist die Chance ihres Lebens. Sie muss es nur schaffen, am Leben zu bleiben. Andreas Pflüger, „einer der besten Thriller-Autoren weltweit“ (Krimibestenliste), erzählt wortgewaltig und mit großer Aktualität von der Welt der Spionage und Gegenspionage Anfang der Achtziger. Und wer könnte das besser als einer, dem der ehemalige Chef der BKA-Spionageabwehr ein präzises Wissen um die Strukturen internationaler Geheimdienste bescheinigt? „Wie Sterben geht“ (Suhrkamp) ist Pflügers sechster Roman, nach u.a. der preisgekrönten Trilogie um die blinde Elitepolizistin Jenny Aaron. Angefangen hat das Schreiben für den im Saarland Aufgewachsenen mit Drehbüchern, für viele „Tatort“-Folgen ebenso wie die Schlöndorff-Filme „Der neunte Tag“ und „Strajk“. Das Gespräch mit dem Autor führt der freie Literaturkritiker Christoph Schröder.

Die Veranstaltung findet als Hybridveranstaltung statt.
Donnerstag 16.11.23 / 19.30 h
Uwe Timm: Alle meine Geister
Moderation: Torsten Hoffmann
Saalticket 12 / 8 Euro / Streamingticket 5 Euro / Streaming-Abo 50 Euro (25 VA)

Die Entdeckung der ersten Jahre
In seinem neuen Buch „Alle meine Geister“ (KiWi) erzählt Uwe Timm von seinen Lehrjahren als Kürschner im Hamburg der fünfziger Jahre. Von kuriosen Erlebnissen im Beruf und der Welt der Mode, von besonderen Freundschaften und den Büchern, die sein Leben verändert haben. Ein Erinnerungsbuch und eine Fibel des Aufbruchs. Ein sprechendes Zeitbild, ein Initiationsroman der Liebe, des Lesens, des Arbeitens und des Träumens von einem anderen Leben. Das Gespräch mit dem Autor, der spätestens durch die Novelle „Die Entdeckung der Currywurst“ oder den Kinderroman „Rennschwein Rudi Rüssel“ berühmt wurde, führt der Literaturwissenschaftler Torsten Hoffmann (Universität Stuttgart).

Das Literaturhaus Frankfurt im Deutschen Architekturmuseum
Mittwoch 22.11.23 / 18.00 h Abfahrt Bustour / 19.30 h Veranstaltungsbeginn
ACHT ORTE – Acht Autor*innen I
Eckhart Nickel & Anna Yeliz Schentke
14 / 10 Euro (Kombiticket Bus & Veranstaltung ausverkauft)
9 / 6 Euro (Veranstaltung vorhanden)

Frankfurter Begegnungen zwischen Architektur und Literatur
Von der Jahrhunderthalle ganz im Westen bis zur Riederwaldsiedlung im Osten: Acht Autor*innen nehmen bekannte und noch zu entdeckende Orte und Viertel Frankfurts in den Fokus. Ihre literarischen Betrachtungen präsentieren sie im Deutschen Architekturmuseum (DAM). Zuvor aber geht es mit dem Bus gemeinsam an die jeweiligen Orte. Zum Auftakt zum Bockenheimer Campus sowie zum Paternoster im I.G. Farben-Haus. Ausgewählt haben diese Orte Eckhart Nickel, der 2022 mit „Spitzweg“ (Piper) auf der Shortlist des Deutschen Buchpreises stand, und Anna Yeliz Schentke, die mit ihrem Debüt „Kangal“ (S. Fischer) für denselben Preis nominiert war. Im Anschluss an den Busausflug und die Lesung gibt es bei einem Getränk Gelegenheit zum Gespräch.

Veranstaltungsort: DAM Ostend, Henschelstraße 18.
Abfahrt Bustour: 18 h. Lesungsbeginn: 19.30 h ebendort.

Ein Projekt des Literaturhauses Frankfurt in Kooperation mit dem Deutschen Architekturmuseum. Mit freundlicher Unterstützung der Aventis Foundation und des Kulturamtes Frankfurt am Main. In Zusammenarbeit mit hr2-kultur, dem Kulturradio des Hessischen Rundfunks.

Die Veranstaltung findet als Hybridveranstaltung statt.
Donnerstag 23.11.23 / 19.30 h
Verleihung des Literaturpreises 2023 der Jürgen Ponto-Stiftung an Charlotte Gneuß: für „Gittersee“
Laudatio: Lena Gorelik
Saalticket 7 / 4 Euro / Streamingticket 5 Euro / Streaming-Abo 50 Euro (25 VA)

Laudatio, Preisverleihung und Lesung
Die Jürgen Ponto-Stiftung zur Förderung junger Künstler vergibt seit 1978 jährlich einen Förderpreis an junge deutschsprachige Autorinnen und Autoren, die an ihrem ersten Buchmanuskript arbeiten und eine besondere literarische Begabung erkennen lassen. Der Preis ist mit 15.000 Euro dotiert. Geehrt wurden bisher unter anderen Einar Schleef, Miku Sophie Kühmel, Deniz Ohde und zuletzt Kim de l´Horizon. 2023 zeichnet die Jürgen Ponto-Stiftung Charlotte Gneuß für den Debütroman „Gittersee“ aus (S. Fischer). Die Jury des Literaturpreises der Jürgen Ponto-Stiftung, bestehend aus der Literaturvermittlerin und Autorin Emily Grunert, der Autorin Lena Gorelik und Literaturhausleiter Hauke Hückstädt, ist überzeugt: „Charlotte Gneuß, die ab sofort zu den Besten der jüngsten Generation deutschsprachiger Autorinnenschaft zu rechnen ist, beweist: Die Geschichte lehrt, aber ihre Schüler belehren nicht.“ Ein Abend mit einer Laudatio von Lena Gorelik, mit Preisverleihung und mit einer Lesung von Charlotte Gneuß.

Die Veranstaltung findet als Hybridveranstaltung statt.
Junges Literaturhaus – Schullesung ab Klasse 4
Mittwoch 29.11.23 / 10.30 h
Susan Schädlich & Michael Stang: Mensch!
Saalticket 3 Euro / Klassenticket Stream 50 Euro

Eine Zeitreise durch unsere Evolution
Die spannendste Geschichte überhaupt ist doch eigentlich die Geschichte der Menschen. Woher kommen wir? Wer sind unsere Vorfahren? Wie lebten wir früher? Was wissen wir eigentlich über die etwa 7 Millionen Jahre Menschheitsgeschichte? Susan Schädlich und Michael Stang erzählen es uns. Gemeinsam mit der Comiczeichnerin Bea Davies haben sie „Mensch!“ (Carlsen) entwickelt. Ein von Expertinnen und Experten geprüftes illustriertes Sachbuch, das gleichzeitig eine aufregende und wahnwitzige Graphic Novel ist. Es erzählt die spannenden Zeitreisen von Tali, der mit seinem kleinen digitalen Begleiter, der KI-Zeitmaschine XYZO, auf der Suche nach seinen Vorfahren ist. Im Literaturhaus machen die Veterinärmedizinerin und Wissenschaftsjournalistin Susan Schädlich und der Anthropologe und Wissenschaftsjournalist Michael Stang unsere Geschichte anschaulich und beantworten die Fragen der Kinder.
Das Junge Literaturhaus wird unterstützt von der Dr. Marschner Stiftung und der Cronstett- und Hynspergischen evangelischen Stiftung.

Die Veranstaltung findet als Hybridveranstaltung statt.
Mittwoch 29.11.23 / 19.30 h
Monika Helfer: Die Jungfrau
Moderation: Sandra Kegel (F.A.Z.)
Saalticket 12 / 8 Euro / Streamingticket 5 Euro / Streaming-Abo 50 Euro (25 VA)

Die Meisterin der Lebenserinnerungen
Monika Helfer, preisgekrönte Autorin, die mit ihren Romanen „Die Bagage“, „Vati“ und „Löwenherz“ bereits manch einen Einblick in ihre eigene Familiengeschichte gewährt hat, entführt uns nun mit „Die Jungfrau“ (alle Hanser) in die Welt der jahrzehntelangen Freundschaft zweier Frauen. Gloria und Moni, beste Jugendfreundinnen, die im Mief der sechziger Jahre aufwachsen, finden nach einem halben Jahrhundert erneut zueinander. Und Gloria offenbart Moni ein Lebensgeheimnis. Monika Helfer und F.A.Z.-Feuilletonchefin Sandra Kegel im Gespräch über die Bedeutung von Freundschaft und die Suche nach Selbstbestimmung.
In Kooperation mit dem Journal Frankfurt.

Das Literaturhaus Frankfurt zu Gast im Schauspiel Frankfurt
Donnerstag 30.11.23 / 19.30 h
Navid Kermani: Das Alphabet bis S
Moderation: Andreas Platthaus (F.A.Z.)
Saalticket 24 / 12 Euro / Karten ab 07.10. bzw. 10.10.23

Verlust. Erkenntnis. Neuanfang.
Navid Kermani, Träger des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels, verwebt auf virtuose Weise grundlegende Themen wie Geschlecht, Krieg und Vergänglichkeit mit dem Alltäglichen. In „Das Alphabet bis S“ (Hanser) begleiten wir eine Schriftstellerin, die sich auf dem Höhepunkt ihres Erfolgs befindet, jedoch gleichzeitig mit den Tiefpunkten des Lebens konfrontiert wird. Das Scheitern ihrer Ehe, der Verlust ihrer Mutter und die Infragestellung ihres Status als öffentliche Intellektuelle werfen existenzielle Fragen auf. Kermani verwebt auf virtuose Weise grundlegende Themen wie Geschlecht, Krieg und Vergänglichkeit mit dem Alltäglichen. Das Gespräch mit dem Autor moderiert der F.A.Z.-Literaturchef Andreas Platthaus. Karten unter www.schauspielfrankfurt.de.

Eine Veranstaltung in Kooperation mit dem Schauspiel Frankfurt.