Frankfurter Buchmesse: „Die Buchbranche hat den Stresstest Corona bestanden, braucht aber faire Rahmenbedingungen“

© Foto Diether v Goddenthow
© Foto Diether v Goddenthow

Eröffnung der Frankfurter Buchmesse 2021 / Buch fest in der Gesellschaft verankert / Stabile Umsätze in der Pandemie / Vertragsfreiheit für E-Book-Leihe in Bibliotheken muss erhalten bleiben

Die Buchbranche zeigt sich zur Eröffnung der Frankfurter Buchmesse optimistisch und voller Tatendrang: „Wir haben mit der Pandemie einen der größten Stresstests der Geschichte souverän bestanden. Verlage, Buchhandlungen und die Buchlogistik haben mit großem Einsatz und Nähe zu den Kund*innen sichergestellt, dass Bücher auch in herausfordernden Zeiten zu den Menschen kamen“, sagte Karin Schmidt-Friderichs, Vorsteherin des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels, heute bei der Pressekonferenz zur Eröffnung der Frankfurter Buchmesse.

In der Krise habe sich gezeigt, wie fest das Buch in der Gesellschaft verankert sei. Schmidt-Friderichs: „Social distancing wurde nicht zu Distanz zum Buch. Die Menschen haben die Zeit in den eigenen vier Wänden genutzt, um öfter zu lesen. Das Buch erfüllt in herausfordernden Zeiten wichtige Bedürfnisse: Es gibt Antworten auf drängende Fragen – fundiert und in überschaubarem, abgeschlossenem Format. Es weitet den Blick, es eröffnet neue Welten und zeigt uns andere Lebensentwürfe. Es bietet Denkanstöße, gibt Mut und Hoffnung.“

So konnte die Branche das Jahr 2020 mit stabilen Umsätzen abschließen. Auch der Blick auf 2021 stimmt zuversichtlich: Über alle Vertriebswege hinweg hat der Umsatz auf dem Buchmarkt mit Ende der KW 40 (10. Oktober) das Vor-Corona-Niveau eingeholt und liegt 0,7 Prozent über dem Umsatz des Vergleichszeitraums 2019. Somit stehen die Chancen auf ein positives Jahresergebnis gut.

Nach eineinhalb herausfordernden Jahren stünden überall die Zeichen auf Neustart. Die Buchbranche könne die Gesellschaft auf diesem Weg unterstützen und bei der Lösung wichtiger Fragen helfen: „Gelingt es uns, wirksam gegen den menschengemachten Klimawandel vorzugehen? Wie können wir unsere Innenstädte wieder zu lebendigen Orten machen? Welche Lösungen finden wir angesichts bedenklicher politischer Entwicklungen und Einschränkungen der Meinungsfreiheit um uns herum? Schaffen wir mehr Gleichberechtigung für Menschen unabhängig von ihrer Hautfarbe, ihrem Geschlecht, ihrer sexuellen Orientierung, ihrer Herkunft? Alle diese Fragen werden auch in Büchern verhandelt“, so Schmidt-Friderichs.

„Bibliotheken dürfen keine steuerfinanzierte Kostenlos-Plattform für E-Books werden“
Eine entscheidende Frage für die Zukunft der Buchbranche sei die nach der Entwicklung des Urheberrechts. Dieses sei in den vergangenen Jahren zunehmend eingeschränkt worden. Aktuell müsse die Buchbranche befürchten, dass sich die Rahmenbedingungen bei der E-Book-Leihe für sie drastisch verschlechtern. Der Bundesrat hat gefordert, dass Verlage den Bibliotheken künftig alle E-Books ab dem Erscheinungstag für die Ausleihe zur Verfügung stellen müssen. Es bestehe die große Sorge, dass die künftige Bundesregierung diesen Vorschlag aufgreift. Bislang haben Verlage und Autor*innen die Freiheit, einige wenige Bücher erst nach einem gewissen Zeitfenster in die kostenlose Ausleihe zu geben, um sich die ausschlaggebenden Erlöse durch Verkäufe innerhalb der ersten zwölf Monate zu sichern. Wenn Leser*innen ab Markteinführung eines Buchs bereits kostenlos auf die Leihvariante als E-Book zugreifen können, bricht Verlagen und Autor*innen diese kommerzielle Erlösmöglichkeit weg. Während bereits fast die Hälfte des E-Book-Konsums auf Bibliotheken entfällt, machen Verlage schon jetzt nur 6 Prozent ihres E-Book-Umsatzes damit.

Schmidt-Friderichs: „Wir setzen uns für den Erhalt der Vertragsfreiheit bei der E-Book-Leihe in Bibliotheken ein. Autor*innen und Verlage, also diejenigen, die davon – und dafür leben – müssen das auch in Zukunft können. Es kann nicht sein, dass der Staat aus Bibliotheken eine mit Steuergeldern finanzierte E-Book-Plattform mit Kostenlosangebot macht. Ich unterstütze daher mit Nachdruck den Appell der Initiative ,Fair Lesen‘, zu der sich aktuell Autor*innen, Verlage und Buchhandlungen zusammengeschlossen haben. Sie wollen aufzeigen, dass gesetzliche Regelungen wie die einer Zwangslizenz für die E-Book-Ausleihe in Bibliotheken den Buchmarkt gefährden und wichtige Erlösquellen für Autor*innen, Verlage und den Buchhandel zerstören.“

73. Frankfurter Buchmesse: Back to business, aber (noch) nicht back to normal

Eröffnung der Frankfurter Buchmesse findet in der Kongresshalle Frankfurt statt. © Foto Diether v Goddenthow
Die Eröffnung der Frankfurter Buchmesse findet in der Kongresshalle Frankfurt statt. © Foto Diether v Goddenthow

Die kanadische Generalgouverneurin, Ihre Exzellenz Mary May Simon eröffnet die Frankfurter Buchmesse | 2000 Unternehmen aus 80 Ländern sind in den Messehallen präsent | Über 300 Autor*innen stehen im Rampenlicht | Ehrengast Kanada mit erstem hybriden Pavillon | Themenschwerpunkt „Wie wollen wir leben?” | Inter- nationale Branchenleader*innen im Fachprogramm „Frankfurt Studio: Inside Publishing“

2000 ausstellende Unternehmen aus 80 Ländern haben sich unter dem Motto “Re:connect – Welcome back to Frankfurt“ in Frankfurt eingefunden. Über 300 internationale Autor*innen werden in den kommenden Tagen im Rampenlicht stehen und über ihre neuen Romane und Sachbücher, über Debüts, Lyrik oder Reportagen diskutieren. 2000 Medienvertreter*innen aus aller Welt werden über das Geschehen in den Messehallen berichten. „Der Wunsch nach persönlicher Begegnung bringt in diesem Jahr wieder die internationale Buch- und Verlagswelt in Frankfurt zusammen. Die 73. Frankfurter Buchmesse rückt eine Branche in den Mittelpunkt, die sich in der Pandemie als resilient, kreativ und innovativ erwiesen hat. Back to business heißt jedoch noch nicht back to normal: Die Frankfurter Buchmesse wird in diesem Jahr anders aussehen, als wir sie kennen. Trotz der unsicheren Ausgangslage haben sich viele Aussteller*innen und Fachbesucher*innen für eine Teilnahme an der Frankfurter Buchmesse entschieden. Für alle, die in diesem Jahr nicht reisen können, haben wir mit der Frankfurt Conference und den Masterclasses im Vorfeld der Messe und mit „Frankfurt Studio – Inside Publishing“ während der Messetage ein starkes, digitales Fachprogramm im Angebot, in dem viele Branchenleader*innen zu Wort kommen“, sagte der Direktor der Frankfurter Buchmesse, Juergen Boos, bei der Eröffnungspressekonferenz.

© Foto Diether v Goddenthow
© Foto Diether v Goddenthow

„Wir haben mit der Pandemie einen der größten Stresstests der Geschichte souverän bestanden. Verlage, Buchhandlungen und die Buchlogistik haben mit großem Einsatz und Nähe zu den Kund*innen sichergestellt, dass Bücher auch in herausfordernden Zeiten zu den Menschen kamen“, sagte Karin Schmidt-Friderichs, Vorsteherin des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels, heute bei der Pressekonferenz zur Eröffnung der Frankfurter Buchmesse. „Social distancing wurde nicht zu Distanz zum Buch. Die Menschen haben die Zeit in den eigenen vier Wänden genutzt, um öfter zu lesen. Das Buch erfüllt in herausfordernden Zeiten wichtige Bedürfnisse: Es gibt Antworten auf drängende Fragen –fundiert und in überschaubarem, abgeschlossenem Format. Es weitet den Blick, es eröffnet neue Welten und zeigt uns andere Lebenswürfe“, führte die Vorsteherin aus.

Die Durchführung der 73. Frankfurter Buchmesse wurde ermöglicht durch die großzügige finanzielle Unterstützung aus dem Programm NEUSTART KULTUR der Bundesregierung. „Die Pandemie hat existentielle Auswirkungen auf die ganze Messebranche, insofern freuen wir uns, dass die Frankfurter Buchmesse als eine der ersten internationalen Buchmessen wieder stattfinden kann, wenn auch in diesem Übergangsjahr unter veränderten Vorzeichen. 2021 wird die Frankfurter Buchmesse durch die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien aus Mitteln des Programms NEUSTART KULTUR substantiell gefördert. Dadurch konnten wir unseren Aussteller*innen Planungssicherheit gewährleisten. Ein Großteil der Fördersumme ist darüber hinaus in die Umsetzung des Gesundheitskonzeptes, Entwicklung und Weiterentwicklung nachhaltiger Digitalisierungsmaßnahmen und in die Unterstützung der Teilnahme der Aussteller*innen/Besucher*innen geflossen, bzw. ist dafür vorgesehen“, sagte Juergen Boos.

„Nach anderthalb Jahren, in denen Lesestoff noch mehr als sonst Seelennahrung war, setzt die Frankfurter Buchmesse die Segel für einen neuen Aufbruch. Ich danke allen Beteiligten für die Kreativität und Tatkraft, mit der sie die Buchbranche am Leben gehalten und im Großen und Ganzen wohlbehalten durch die Krise gebracht haben. Mir ist bewusst, wie sehr Autorinnen und Autoren, Verlegerinnen und Verleger sowie andere Kreative der Buchbranche unter den Folgen der Pandemie gelitten haben. Umso mehr hoffe ich, dass mit dieser Frankfurter Buchmesse 2021 viele persönliche und unternehmerische Erfolgsgeschichten ihren Anfang oder ihre Fortsetzung finden“, so Staatsministerin Prof. Monika Grütters, Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien.

Frankfurter Buchmesse – mit Sicherheit
Oberste Priorität ist es, den Messebesuch für alle Teilnehmer*innen sicher zu gestalten. Der Zugang zum Messegelände ist nur mit personalisierten Tickets und nach der 3G-Regelung möglich. Der Einlass wird erst nach Überprüfung der entsprechenden Zugangsvoraussetzungen gewährt. Messebesucher*innen müssen nachweisen können, dass sie vollständig geimpft, genesen oder negativ auf Covid19 getestet sind. Informationen zum Hygienekonzept finden sich immer aktualisiert unter buchmesse.de/mit-sicherheit-2021.

Ehrengast Kanada: Singular Plurality – Singulier Pluriel

© Foto Diether v Goddenthow
© Foto Diether v Goddenthow

Im Anschluss an die Pressekonferenz konnten Medienvertreter*innen den Ehrengast-Pavillon im Forum, Ebene 1 vorab besichtigen. Er wird am Dienstagabend offiziell von der kanadischen Generalgouverneurin, Ihrer Exzellenz Mary May Simon eröffnet: Besucher*innen erwartet ein Parcours durch eine Installation, die mit den Elementen kanadischer Landschaft spielt – Wasser, Licht, Mineralien, Erde, Gebirge, Luft. Der Pavillon, zu dem es in diesem Jahr erstmalig auch ein virtuelles Pendant gibt, führt die Kreativität und Vielfalt der kanadischen Literatur- und Kulturszene vor Augen. Insgesamt 60 kanadischen Autor*innen und Illustrator*innen gestalten das kanadische Literaturprogramm – darunter acht herausragende Literat*innen, die Kanada in diesem Jahr vor Ort in Frankfurt vertreten werden: Michael Crummey, Michel Jean, Dany Laferrière, Catherine Mavrikakis, Paul Seesequasis, Vivek Shraya, Kim Thúy und Nancy Vo.

Impression aus dem Kanada-Pavillion. © Foto Diether v Goddenthow
Impression aus dem Kanada-Pavillion. © Foto Diether v Goddenthow

Neben Lesungen und interaktiven Formaten dieser acht Künstler*innen auf dem Messegelände werden über 50 Autor*innen an einer Vielzahl virtueller Veranstaltungen teilnehmen; dies beinhaltet auch virtuelle Auftritte von Margaret Atwood und Joséphine Bacon bei der Eröffnungsfeier. Das Programm bildet nicht nur die Größe des Gastlandes, sondern auch seine kulturelle, sprachliche und traditionelle Vielfalt ab. Unter dem Motto Singular Plurality werden die Themen „Sprache und Kultur“, „Indigene, politische und soziale Fragen“, „Raum und Territorien“, „Kinder- und Jugendliteratur“, „Frauen in der Literatur“, „LGBTQ2-Perspektiven“ und „Umwelt“ behandelt. Die „Books on … Canada“ Ausstellung im Ehrengast-Pavillon zeigt knapp 400 Neuerscheinungen zu Kanada aus 165 Verlagen.

Am 20. Oktober präsentiert der Ehrengast die „Canada Night“ in der Festhalle – ein Abend mit literarischen Diskussionsrunden, an denen Autor*innen und Illustrator*innen sowohl virtuell aus der Ferne als auch vor Ort auf der Bühne teilnehmen werden. Während der Messewoche wird Kanada darüber hinaus in ganz Frankfurt sein Kulturprogramm präsentieren. Darunter Projektionen, interaktive Aktivitäten und Illuminationen, die Kanadas Singular Plurality hervorheben.

Zum ersten Mal in der Geschichte der Buchmesse wird Kanada die Welt auch in einem virtuellen Ehrengastpavillon willkommen heißen. Der virtuelle Pavillon stellt ein Gemeinschaftsprojekt dar, das die kanadische Literatur zusammen mit dem digitalen Know-how der kanadischen Kreativ- und Technologiebranche präsentiert. buchmesse.de/themen-programm/ehrengast-kanada.

Themenschwerpunkt „Wie wollen wir leben?“
Wie ein roter Faden zieht sich die Frage „Wie wollen wir leben?“ durch das Programm der diesjährigen Buchmesse. Auf der ARD-Buchmessenbühne in der Festhalle finden 75 prominent besetzte Veranstaltungen zu Themen wie Gerechtigkeit, Nachhaltigkeit, Diversität, Wohnen und Arbeiten sowie Bildung und Digitalisierung statt. Auftreten werden Stefan Aust, Alina Bronsky, Bülent Ceylan, Jenny Erpenbeck, Elke Heidenreich, Julia Franck, Hallgrímur Helgasson, Prof. Dietrich Grönemeyer, Carolin Kebekus, Mai Thi Nguyen-Kim, Helen Macdonald, die LiBeraturpreisträgerin Pilar Quintana, Nicole Seifert, Edgar Selge, Colm Tóibín, Sahra Wagenknecht und viele andere.

Auch ARTE greift dieses zentrale Thema in einer Dokumentation auf und lädt unterschiedliche Protagonist*innen ein, gemeinsam in kurzer Zeit eine Vision zu entwickeln. Die Teilnehmenden kommen aus den Bereichen Kunst, Kultur, Wissenschaft, Wirtschaft, Innovation und Bildung. Mit dabei sind: Sophia Fritz, Dmitry Glukhovsky, Katharina Grosse, Francis Kéré, Raul Krauthausen, Van Bo Le-Mentzel, Mithu Sanyal und Daniel Schreiber, Regie führt Isabell Šuba. ARTE begleitet sie und den Entstehungsprozess in der Sendung „Wie wollen wir leben?“ (Ausstrahlung am 23. Oktober 2021, um 23.10 Uhr, im Rahmen des Programmschwerpunkts zur Frankfurter Buchmesse). Das Projekt wurde heute auf der Eröffnungspressekonferenz der Frankfurter Buchmesse vorgestellt.

Antje Rávik Strubel erhält den Deutschen Buchpreis 2021 für ihren Roman „Blaue Frau“

Die Gewinnerin des Deutschen Buchpreises 2021 ist Antje Rávik Strubel. Sie erhält die Auszeichnung für ihren Roman „Blaue Frau“ (S. Fischer). Karin Schmidt-Friderichs, Vorsteherin des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels, gratuliert und überreicht der Gewinnerin die Preisurkunde.
Die Gewinnerin des Deutschen Buchpreises 2021 ist Antje Rávik Strubel. Sie erhält die Auszeichnung für ihren Roman „Blaue Frau“ (S. Fischer). Karin Schmidt-Friderichs, Vorsteherin des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels, gratuliert und überreicht der Gewinnerin die Preisurkunde.

 

Die Begründung der Jury:
„Mit existenzieller Wucht und poetischer Präzision schildert Antje Rávik Strubel die Flucht einer jungen Frau vor ihren Erinnerungen an eine Vergewaltigung. Schicht um Schicht legt der aufwühlende Roman das Geschehene frei. Die Geschichte einer weiblichen Selbstermächtigung weitet sich zu einer Reflexion über rivalisierende Erinnerungskulturen in Ost- und Westeuropa und Machtgefälle zwischen den Geschlechtern.

Antje Rávik Strubel © Foto Diether v Goddenthow
Antje Rávik Strubel © Foto Diether v Goddenthow

In einer tastenden Erzählbewegung gelingt es Antje Rávik Strubel, das eigentlich Unaussprechliche einer traumatischen Erfahrung zur Sprache zu bringen. Im Dialog mit der mythischen Figur der Blauen Frau verdichtet die Erzählerin ihre eingreifende Poetik: Literatur als fragile Gegenmacht, die sich Unrecht und Gewalt aller Verzweiflung zum Trotz entgegenstellt.“

Der Jury für den Deutschen Buchpreis 2021 gehören an: Knut Cordsen (Kulturredakteur, Bayerischer Rundfunk), Bettina Fischer (Leiterin Literaturhaus Köln), Anja Johannsen (Leiterin Literarisches Zentrum Göttingen), Richard Kämmerlings (Literarischer Korrespondent, Die Welt), Sandra Kegel (Ressortleiterin Feuilleton, Frankfurter Allgemeine Zeitung), Beate Scherzer (Buchhändlerin, Proust Wörter + Töne) und Anne-Catherine Simon (Feuilleton-Redakteurin, Die Presse).

„Der Deutsche Buchpreis schafft Aufmerksamkeit für die aktuelle deutschsprachige Literatur – auch in herausfordernden Zeiten. Die gute Nachricht ist: Menschen lesen wieder mehr Bücher, das Bedürfnis nach neuen Perspektiven und Geschichten ist in der Pandemie gewachsen. Über eine Vielzahl an Kanälen hat der Deutsche Buchpreis den Romanen des Jahres eine Bühne geboten und das Gespräch über die Fragen, die sie verhandeln, befördert. Die Verleihung des Preises heute wird das Gespräch weiter anfachen. Ich danke der unabhängigen Jury, den Förderern und Partnern, ohne die der Preis nicht möglich wäre, sowie den teilnehmenden Verlagen und Autor*innen“, sagt Karin Schmidt-Friderichs, Vorsteherin des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels.

Für die Auszeichnung waren außerdem nominiert:
Norbert Gstrein: Der zweite Jakob (Carl Hanser), Monika Helfer: Vati (Carl Hanser), Christian Kracht: Eurotrash (Kiepenheuer & Witsch), Thomas Kunst: Zandschower Klinken (Suhrkamp) und Mithu Sanyal: Identitti (Carl Hanser).

Antje Rávik Strubel erhält ein Preisgeld von 25.000 Euro; die fünf Finalist*innen erhalten jeweils 2.500 Euro. Die Preisträgerin wurde in mehreren Auswahlstufen ermittelt. Die sieben Jurymitglieder haben seit Ausschreibungsbeginn 230 Titel gesichtet, die zwischen Oktober 2020 und dem 21. September 2021 erschienen sind. Aus diesen Romanen wurde eine 20 Titel umfassende Longlist zusammengestellt. Daraus haben die Juror*innen sechs Titel für die Shortlist gewählt.

Mit dem Deutschen Buchpreis 2021 zeichnet die Stiftung Buchkultur und Leseförderung des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels den deutschsprachigen Roman des Jahres aus. Hauptförderer des Deutschen Buchpreises ist die Deutsche Bank Stiftung, weitere Partner sind die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien sowie die Stadt Frankfurt am Main. Die Deutsche Welle unterstützt den Deutschen Buchpreis bei der Medienarbeit im In- und Ausland.

Unter dem Hashtag #buchpreisbloggen stellen 20 Literaturblogger*innen die nominierten Titel 2021 vor. Die Rezensionen werden unter www.deutscher-buchpreis-blog.de veröffentlicht und über die Social-Media-Kanäle des Deutschen Buchpreises geteilt. Auf der Webseite und den Social-Media-Kanälen des Deutschen Buchpreises vermitteln zudem Videoporträts einen Eindruck von den nominierten Werken und ihren Autor*innen.

Weitere Informationen und Termine der Preisträgerin können abgerufen werden unter: www.deutscher-buchpreis.de

Prof. Herbert Landau, Dr. Hermann Otto Solms, Ottilia Geschka und Zeynep Kallmayer erhalten die Wilhelm Leuschner-Medaille 2021

Wiesbaden. Mit der Wilhelm Leuschner-Medaille 2021 werden ausgezeichnet: der ehemalige Richter des Bundesverfassungsgerichts Prof. Herbert Landau aus Wilgersdorf, der ehemalige Bundestagsvizepräsident Dr. Hermann Otto Solms aus Lich, die ehemalige Staatsekretärin und Oberbürgermeisterin von Rüsselsheim am Main Ottilia Geschka und die leitende Krankenschwester Zeynep Kallmayer aus Frankfurt am Main. Das hat der Hessische Ministerpräsident Volker Bouffier am Freitag in Wiesbaden mitgeteilt. „Diese vier Persönlichkeiten erhalten die höchste Auszeichnung des Landes Hessen, die Wilhelm Leuschner-Medaille. Sie haben sich in höchstem Maße für die demokratische Gesellschaft und ihre Mitmenschen eingesetzt.“, sagte Bouffier. Die Verleihung der Wilhelm Leuschner-Medaille wird am 1. Dezember, dem Hessischen Verfassungstag, im Kurhaus Wiesbaden stattfinden.

„Prof. Herbert Landau hat sich lebenslang für die Einhaltung von Recht und Gesetz eingesetzt. Recht zu sprechen war seine Lebensaufgabe“, sagte Bouffier. Als Richter am Bundesverfassungsgericht habe Landau eine Reihe von bedeutenden Senatsentscheidungen als Berichterstatter vorbereitet. Beispielhaft seien die Verfahren zur Untreue, zur Sicherungsverwahrung sowie zum kirchlichen Arbeitsverhältnis genannt. „Prof. Landau hatte in seinem Leben immer einen großen Bezug zum Land Hessen und hat auch die hessische Landespolitik als Staatssekretär der Justiz mitbestimmt“, so der Ministerpräsident. Prof. Herbert Landau begann seine berufliche Tätigkeit als Richter am Amtsgericht Dillenburg. 1985 folgte eine Abordnung an das Bundesministerium der Justiz, von wo er ein Jahr später in die Verwaltung des Deutschen Bundestages wechselte. Nach einer kurzzeitigen Rückkehr an das Amtsgericht Dillenburg wurde Prof. Herbert Landau 1987 in das Hessische Ministerium der Justiz als Persönlicher Referent des Ministers abgeordnet. Auf die Ernennung zum Richter am Oberlandesgericht im Jahr 1988 folgte 1991 die Ernennung zum Leitenden Oberstaatsanwalt, verbunden mit der Übertragung der Leitung der Staatsanwaltschaft Limburg an der Lahn. 1996 wurde Prof. Landau zum Richter am Bundesgerichtshof ernannt und war dort als Ermittlungsrichter und Beisitzer im 1. Strafsenat tätig. Von 1999 bis 2005 kehrte er in das Hessische Ministerium der Justiz als Staatsekretär zurück. Prof. Herbert Landau wurde am 28. September 2005 zum Richter des Bundesverfassungsgerichts ernannt und war dort bis zu seinem Ausscheiden, am 20. Juli 2016, Mitglied des Zweiten Senats. Seit 2006 ist Prof. Landau Honorarprofessor an der Universität Marburg. Nach der Auszeichnung mit dem Großen Verdienstkreuz mit Stern und Schulterband des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland in 2016 erhält der ehemalige Bundesverfassungsrichter Prof. Landau für sein langjähriges Wirken und seine Verdienste die Wilhelm Leuschner-Medaille.

Ebenfalls mit der höchsten Auszeichnung des Landes Hessen ausgezeichnet wird der ehemalige Bundestagsvizepräsident Hermann Otto Prinz zu Solms-Hohensolms-Lich aus Lich. Der gelernte Bankkaufmann und Diplom-Ökonom bekommt die Wilhelm Leuschner-Medaille für sein gesamtes politisches Lebenswerk verliehen. „Hermann Otto Solms hat sich über 50 Jahre unermüdlich für unser Gemeinwesen engagiert“, unterstrich Bouffier. Seit 1971 ist Solms Mitglied der FDP, deren Bundesschatzmeister er von 1987 bis 1999, 2004 bis 2011 und 2013 bis 2020 war. Er ist seit dem 19. September 2020 Ehrenvorsitzender. Zudem war Solms von 1980 bis 2013 Mitglied des Deutschen Bundestages und ist dies erneut seit 2017 bis zu seinem Ausscheiden am Ende dieser Legislaturperiode. Im Deutschen Bundestag war er von 1985 bis 1991 stellvertretender Vorsitzender und vom 15. Januar 1991 bis zum 26. Oktober 1998 schließlich Vorsitzender der FDP.-Bundestagsfraktion. Nach der Bundestagswahl 1998 wurde er am 26. Oktober 1998 in das Amt des Vizepräsidenten des Deutschen Bundestages gewählt, das er bis Oktober 2013 ausübte. Als Vizepräsident durfte er eine historische Funktion wahrnehmen: Am 1. Juli 1999 schloss er die letzte reguläre Bundestagssitzung im Plenarsaal des Bonner Bundeshauses. Bei der letzten Bundestagswahl im September 2021 kandidierte Solms nicht mehr. „Hermann Otto Solms ist ein hochgeschätzter Politiker. Er hat sich mit großem Geschick und Weitsicht für seine Heimat Hessen auf Bundesebene und in der Kommunalpolitik eingesetzt. Es ist mir eine Freude, ihn für sein politisches Wirken und sein hohes Engagement in den vergangenen Jahrzehnten mit der Wilhelm Leuschner-Medaille auszuzeichnen“, unterstrich Bouffier.

Mit der Wilhelm Leuschner-Medaille wird auch die erste Oberbürgermeisterin in der Geschichte Hessens, die frühere Oberbürgermeisterin von Rüsselsheim, Ottilia Geschka, bedacht. Die Kinderkrankenschwester aus Mittelhessen trat 1968 in die CDU ein, saß in der Gemeindevertretung von Bauschheim, später im Kreistag von Groß-Gerau. Von 1978 bis 1987 und von 1991 bis 1993 gehörte sie dem Hessischen Landtag an, zuletzt als stellvertretende Vorsitzende der CDU-Fraktion. Die CDU-Politikerin Geschka habe sich in hohem Maße politisch engagiert, unter anderem als langjährige stellvertretende Landesvorsitzende und Generalsekretärin der Hessischen CDU. Als Staatssekretärin und erste Bevollmächtige für Frauenangelegenheiten im Kabinett einer Hessischen Landesregierung von 1987 bis 1991 habe sie den Frauen eine „starke Stimme“ gegeben. „Ottilia Geschka hat es aufgrund ihrer Verdienste um das Land Hessen und für das Einstehen der Frauenrechte und als Preisträgerin des Elisabeth-Selbert-Preises 2013 besonders verdient, die höchste Auszeichnung des Landes zu bekommen“, so Bouffier.

Vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie erhält in diesem Jahr zudem eine Frau die Wilhelm Leuschner-Medaille, die stellvertretend für die vielen Bürgerinnen und Bürger des Landes Hessen steht, die durch die Pandemie beruflich vor enorme Herausforderungen gestellt wurden und im Pflegebereich eine herausragende psychische und physische Leistung vollbracht haben: die leitende Krankenschwester Zeynep Kallmayer aus Frankfurt am Main. Zeynep Kallmayer leitet seit dem Jahr 2012 die Station C1 Intensiv, des Universitätsklinikums Frankfurt am Main. „Zeynep Kallmayer hat sich in der Corona-Pandemie als eine der tragenden Säulen in ihrer beruflichen Position erwiesen und rund ein Drittel aller Corona-Patienten Hessens in der Klinik der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main unermüdlich und aufopferungsvoll betreut und gepflegt. Sie steht damit repräsentativ für unzählige Bedienstete in den hessischen Krankenhäusern und Intensivstationen, die in der Corona-Pandemie einen über das übliche Maß hinausgehenden und unglaublichen beruflichen Einsatz absolviert haben“, machte Bouffier deutlich. „Dass wir diese Pandemie so gut meistern, ist Menschen wie Zeynep Kallmayer zu verdanken, die an ihre Grenzen gehen, Übermenschliches leisten und sich für ihre Mitmenschen aufopfern. Im Verlauf der Pandemie hat sich Zeynep Kallmayer durch ihre wahrlich intensive Arbeit auf eine ganz besondere Art und Weise um unsere Gesellschaft verdient gemacht. Die Wilhelm Leuschner-Medaille verleihe ich ihr daher in großer Anerkennung sowie mit Dank und Respekt vor ihrer außergewöhnlichen Leistung.“

Hintergrund
Die Wilhelm Leuschner-Medaille ist die höchste Auszeichnung des Landes Hessen und wird traditionell am hessischen Verfassungstag verliehen. Es werden Personen geehrt, die sich im Geiste Wilhelm Leuschners hervorragende Verdienste um die demokratische Gesellschaft und ihre Einrichtungen erworben haben. Wilhelm Leuschner war einer der wichtigsten hessischen Widerstandskämpfer gegen das Nazi-Regime. Nach dem Attentat auf Adolf Hitler am 20. Juli 1944 wurde er zum Tode verurteilt und am 29. September 1944 in Berlin-Plötzensee hingerichtet. Der ehemalige Ministerpräsident Georg-August Zinn stiftete die Medaille am 29. September 1964, dem 20. Todestag Leuschners. 1965 wurde sie zum ersten Mal verliehen.

Die Verleihung des Deutschen Buchpreises 2021 audiodigital und per Stream live erleben

Literaturbegeisterte können am Bildschirm dabei sein, wenn der Roman des Jahres gekürt wird: Die Verleihung des Deutschen Buchpreises wird am 18. Oktober 2021 um 18 Uhr auf www.deutscher-buchpreis.de live aus dem Frankfurter Römer übertragen.

Gleichzeitig senden Deutschlandfunk und Deutschlandfunk Kultur die Veranstaltung live über den Sonderkanal „Dokumente und Debatten“ im Digitalradio und als Stream auf www.deutschlandradio.de/debatten.

Der Stream der Preisverleihung ist auch über die Webseite der Frankfurter Buchmesse www.buchmesse.de erreichbar.

Der Deutsche Buchpreis begleitet die Veranstaltung außerdem auf Twitter: www.twitter.com/buchpreis, Hashtag: #dbp21.

Mit dem Deutschen Buchpreis zeichnet die Stiftung Buchkultur und Leseförderung des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels den deutschsprachigen Roman des Jahres aus. Hauptförderer der Auszeichnung ist die Deutsche Bank Stiftung, weitere Partner sind die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien sowie die Stadt Frankfurt am Main.

Spätrömischer Netzbecher kehrt nach Restaurierung im Römisch-Germanischen Zentralmuseum nach Frankreich zurück

Der in Frankreich - mehr als „Scherbenhaufen - ausgegrabene einzigartige spätrömische Netzbecher kehrt nach fünfmonatigen Restaurierungsarbeiten durch Spezialisten des Römisch-Germanischen Zentralmuseums in Mainz wieder in seine Heimat zurück.© Foto  Diether v Goddenthow
Der in Frankreich – mehr als „Scherbenhaufen – ausgegrabene einzigartige spätrömische Netzbecher kehrt nach fünfmonatigen Restaurierungsarbeiten durch Spezialisten des Römisch-Germanischen Zentralmuseums in Mainz wieder in seine Heimat zurück.© Foto Diether v Goddenthow

Mainz. Fünf Monate dauerte die komplexe Bearbeitung eines sogenannten Diatretglases durch die Restaurierungswerkstätten am Römisch-Germanischen Zentralmuseum, Leibniz Forschungsinstitut für Archäologie (RGZM). Der stark fragmentierte, aber nahezu vollständig erhaltene, gläserne Netzbecher stammt aus spätrömischer Zeit und wurde 2020 bei Grabungsarbeiten im französischen Autun entdeckt. In einer Feierstunde am 7. Oktober 2021 gab die Generaldirektorin des RGZM, Prof. Dr. Alexandra W. Busch das einzigartige Glasgefäß zurück in die Obhut von Dr. Carole Fossurier und Nicolas Tisserand des Institut National de Recherches Archéologiques Préventives (Inrap).[/caption]

Außergewöhnlicher Fund und Erhaltungszustand „Im Frühjahr erhielten wir eine Anfrage der verantwortlichen Kolleginnen und Kollegen aus Frankreich, die um Unterstützung bei der Restaurierung baten. Wir waren von dem außergewöhnlichen Fund, dem Erhaltungszustand und dem Kooperationsangebot sofort begeistert“, erinnert sich Alexandra W. Busch. „Mitarbeiterinnen des RGZM haben in den letzten anderthalb Jahrzehnten zahlreiche Diatretgläser restauriert und beforscht und sich somit eine exzellente Expertise für dieses Unterfangen erworben.” ergänzt Busch. „Dass dieses bedeutende Kulturgut Frankreich überhaupt verlassen durfte, ist wirklich eine Besonderheit. Wir freuen uns sehr über das große Vertrauen, das in unsere Arbeit gesetzt wurde“, so die Generaldirektorin des RGZM zu den französischen Gästen bei der Feierstunde im Museum für Antike Schifffahrt.

Nicolas Tisserand, der mit der wissenschaftlichen Bearbeitung beauftragte Archäologe des Inrap, zeigt sich hocherfreut über das gelungene Ergebnis: “Die Kooperation mit den Kolleginnen und Kollegen des RGZM verlief hervorragend und die Qualität der geleisteten Arbeit, insbesondere von Katja Broschat, der Spezialistin für diese Gläser ist wirklich erstklassig. Dass wir sie und Frau Dr. Höpken vom Landesdenkmalamt des Saarlands für eine wissenschaftliche Zusammenarbeit gewinnen konnten, freut mich sehr.”

“Dieser besondere Fund hat uns alle sehr überrascht, und wir sind überaus gespannt, wie sich die Forschungsergebnisse in die Gesamtbetrachtung der Nekropole einfügen.” ergänzt Carole Fossurier, die die Ausgrabungen im vergangenen Jahr leitete.

(v.l.n.r.): Dr. Constanze Höpken (Landesdenkmalamt Saarland), Christian Eckmann, Prof. Dr. Alexandra W. Busch (RGZM), Dr. Carole Fossurier und Nicolas Tisserand (Inrap) bei der feierlichen Übergabe im Museum für Antike Schifffahrt. © Foto  Diether v Goddenthow
(v.l.n.r.): Dr. Constanze Höpken (Landesdenkmalamt Saarland), Christian Eckmann, Prof. Dr. Alexandra W. Busch (RGZM), Dr. Carole Fossurier und Nicolas Tisserand (Inrap) bei der feierlichen Übergabe im Museum für Antike Schifffahrt. © Foto Diether v Goddenthow

Filigranes Luxusgefäß mit Inschrift – „Lebe glücklich“

Diatretgläser gehörten zu den ultimativen Luxusgütern der römischen Elite und ihre Fundorte liegen weit verstreut zwischen England und Tunesien, zwischen Portugal und Afghanistan. Bislang sind etwa 100 dieser filigranen Gefäße bekannt, aber nur wenige weisen einen derart guten Erhaltungszustand auf, wie das Exemplar aus Autun. Es stammt aus einer Bestattung einer ab dem 3. Jh. n. Chr genutzten spätrömischen Nekropole aus dem Umfeld der antiken Stadt Augustodunum. Das Diatretglas war das einzige erhaltene Objekt in einem der Sarkophage, deponiert im Bereich der Füße des Bestatteten.
Bei dem Gefäß handelt es sich um eine Schale, deren Glaskörper von einem filigranen gläsernen Netz und einem sogenannten Kragen mit Eierstabverzierung sowie einer Inschrift umfangen wird. In elegant
gestalteten Buchstaben ist in Latein zu lesen „VIVAS FELICITER“ – „Lebe glücklich“.
Das “reparierte” C
Bei der Untersuchung der kunstvoll gearbeiteten Dekoration fiel ein ungewöhnliches Detail auf: Bereits in der Antike gingen Teile des Buchstabens „C“ aus der Inschrift verloren. „Ganz offensichtlich hat man sich aber um eine Korrektur des Schadens bemüht“, erklärt Christian Eckmann, Leiter des Kompetenzbereichs Restaurierung und Konservierung (RGZM). Die Untersuchung ergab, dass vermutlich heißes Glas aufgeschmolzen und dieses nach dem Erkalten erneut in Form des Buchstabens „C“ geschliffen wurde. Dieses Verfahren erwies sich jedoch als wenig erfolgreich, denn „bereits vor der Beigabe des Diatretglases in das Grab ging der Buchstabe, vermutlich aufgrund thermischer Spannungen, erneut verloren“, erläutert Christian Eckmann und ergänzt: „Dieses Gefäß ist wirklich eine kleine archäologische Sensation. Von den heute bekannten Diatretgläsern ist ein Großteil lediglich in Form einzelner oder einer geringen Zahl von Fragmenten erhalten. Auf einen solchen Fund mussten wir daher auch lange warten, ein im Erhaltungszustand vergleichbares Diatretglas wurde zuletzt vor über 45 Jahren in Montenegro entdeckt!“

RGZM

18. exground youth days 13 Lang- und Kurzfilme aus aller Welt – 13.–17. November 2021

18-youth-day-exground-34-2021_160Die 18. Ausgabe der exground youth days, der Jugendfilmsektion von exground filmfest, wird vom 13. bis 17. November 2021 stattfinden. Insgesamt sieben Lang- und sechs Kurzfilme konkurrieren im Internationalen Jugendfilm-Wettbewerb um Preisgelder von 4.000 EUR. In der vielfältigen Langfilm-Auswahl sind in der diesjährigen Ausgabe vier von sieben Filmen von Frauen gedreht worden, während im gesamten Wettbewerb Filme aus elf Ländern gezeigt werden.

 

Internationaler Jugendfilm-Wettbewerb: junge Protagonisten – ernste Theme

Eröffnet wird der Wettbewerb am 13. November um 17.30 Uhr mit dem Film ANY DAY NOW (Finnland 2020) von Hamy Ramezan. Das Migrationsdrama verfolgt den liebevollen Alltag der Familie Mehdipour, speziell des 13-jährigen Ramin, die in einem finnischen Flüchtlingsheim leben. Zwischen der steten Angst vor einem negativen Asylbescheid und den Freuden und Unsicherheiten des Heranwachsens zeichnet der Film das herzergreifende Porträt einer Gemeinschaft, in der Hoffnung groß geschrieben wird.

© Aamu Film Compan
© Aamu Film Compan

Cristiane Oliveiras THE FIRST DEATH OF JOANA (LA PRIMEIRA MORTE DE JOANA, Brasilien/Frankreich 2021) verfolgt die 13-jährige Joana auf der Fährte ihrer Großtante Rosa. Diese ist im Alter von 70 Jahren gestorben, ohne je mit einem Mann ausgegangen zu sein – Joana will verstehen, warum. Doch auf den Spuren von Rosa beginnt Joana auch viel über sich selbst zu lernen.

In der Community in Dina Dumas SISTERHOOD (SESTRI, Mazedonien/Kosovo/ Montenegro 2021) dreht sich alles um Likes, Follower und digitale Reichweite in den sozialen Medien. Vollkommen entfremdet von der realen Welt und echten zwischen­menschlichen Beziehungen, müssen sich die beiden Freundinnen Jana und Maya mit den Folgen ihres manipulativen Verhaltens auseinandersetzen und lernen, Verantwortung zu übernehmen.

Kurzfilme bei den exground youth days

Im Internationalen Jugendfilm-Wettbewerb blicken sechs internationale Kurzfilme, die jeweils vor einem Langfilm gezeigt werden, auf die Lebenswelten jugendlicher Protagonisten. Zum dritten Mal vergibt die Jugendjury einen Preis für den besten Kurzfilm, dotiert mit 500 EUR und gestiftet vom Wiesbadener Kinofestival e. V.

In der Kurzdokumentation GIRLSBOYSMIX (MEISJESJONGENSMIX, Niederlande 2020) von Lara Aerts porträtiert die Regisseurin das intersexuelle Kind Wen Long. Ohne ein Blatt vor den Mund zu nehmen, prangert das aufgeweckte Kind hier Vorurteile an und spricht über die eigenen Unsicherheiten.

© Projekor
© Projekor

Auch in der Animation ALL THOSE SENSATIONS IN MY BELLY (SVE TE SENZACIJE U MOM TRBUHU, Kroatien/Portugal 2020) wird die geschlechtliche Identität jenseits eines binären Geschlechterverständnisses thematisiert. In einem dynamischen und farbenfrohen Zeichenstil erzählt Regisseur Marko Dješka die Geschichte von Transfrau Matia, die sich nach nichts mehr sehnt als einer liebevollen Beziehung.

LIONESS (LEEUWIN, Niederlande 2020) von Philip Besamusca feiert im Rahmen der exground youth days Deutschlandpremiere. Mit viel Respekt wird hier das Dilemma der minderjährigen Sylvie inszeniert, die schwanger in einer Jugendeinrichtung lebt und eine Entscheidung für die Zukunft ihres ungeborenen Kindes treffen muss.

Im Wiesbadener Jugendfilm-Wettbewerb haben einheimische 12- bis 18-jährige Regietalente die Chance, ihre Werke zum ersten Mal auf der großen Leinwand zu präsentieren. Der mit Sach- und Geldpreisen von 650 EUR dotierte Wettbewerb wird am 13. November um 15 Uhr die diesjährigen exground youth days eröffnen, nachdem er im Vorjahr leider coronabedingt ausfallen musste.

Weitere Infos zu den exground youth days finden sich auf dem Flyer.

Innenminister Lewentz eröffnet Kunstprojekt „Inszenierte Antike“ der Initiative Römisches Mainz e.V. (IRM) in der Römerpassage

Inszenierte Antike, Römersteine © Thomas Brenner
Inszenierte Antike, Römersteine
© Thomas Brenner

Innenminister Roger Lewentz hat am Freitag das Kunstprojekt „Inszenierte Antike“ der Initiative Römisches Mainz e.V. in der Römerpassage eröffnet. Damit präsentiert die Initiative Römisches Mainz das einzigartige römische Erbe der Stadt Mainz in einer völlig neuen, faszinierenden und aufregenden Form.

„Neue und einfallsreiche künstlerische Impulse tragen dazu bei, dem einzigartigen römischen Erbe die notwendige Achtsamkeit und Aufmerksamkeit zu schenken und damit der Stadtentwicklung der Römerstadt Mainz eine neue Dynamik zu geben. Das neue Kunstprojekt der Initiative Römisches Mainz geht genau diesen Weg und nutzt dabei die zeitgenössische Kunst als Vermittler“, so der für das kulturelle Erbe des Landes Rheinland-Pfalz zuständige Innenminister Roger Lewentz bei der Eröffnung in der Römerpassage.

Gemeinsam mit dem Künstler Thomas Brenner soll die „Inszenierte Antike“ erlebbar werden, die mitten in der stark frequentierten Römerpassage die römischen Monumente in den Alltag und das Bewusstsein der Besucherinnen und Besucher rückt. Brenner, der mit den Mitteln der Inszenierten Photographie arbeitet, erstaunt und begeistert nicht nur mit seinen schwebenden Kunstwerken, er lädt auch zum Anhalten und Nachdenken ein.

„Es ist müßig sich zu beklagen, dass angeblich zu wenige Menschen zu den römischen Denkmälern gehen. Besser ist es, die Aufmerksamkeit mit neuen Mitteln auf sie zu lenken und sei es, dass diesmal die Denkmäler zu den Menschen kommen. Sie sind nun in der Römerpassage sichtbar und schlagen Alarm: mit den Mitteln der Inszenierten Photographie“, so Prof. Christian Vahl, Vorstandsvorsitzender der Initiative Römisches Mainz e.V.

Die Initiative Römisches Mainz will gemeinsam mit dem Künstler Thomas Brenner Orte römischer Geschichte in Mainz mithilfe eines Kunstprojektes neu und aufregend interpretieren. Die im Foyer der Römerpassage schwebenden Photographien erreichen dadurch eine der Zeit enthobene Präsenz. Auch hinter den Glasfronten der Schaufenster finden sich großformatige Photographien, denen sich der Betrachter nicht entziehen kann, die Halt gebieten. Es sind bekannte Orte (u.a. Römisches Theater, Drususstein, Gräberstraße, Zollhafen, Römertor, Aquädukt-Römersteine), die in der Inszenierung von Thomas Brenner anfangen, neue Geschichten zu erzählen.

„Mit seinen opulent ausstaffierten Fotoarbeiten erweckt der Künstler Thomas Brenner“, so Dr. Martin Henatsch, Rektor der Kunsthochschule Mainz, „die römischen Relikte in unserer Stadt zu surreal-phantastischem Leben. Seine aufwendig inszenierten Fotografien sind lebensfrohe bis skurrile Aktualisierungen der antiken Zeugnisse, die ihm als Projektionsflächen seiner künstlerischen Phantasien dienen und doch immer Anknüpfungspunkte an deren historische Bedeutung bereithalten. Brenner holt die altehrwürdigen Stätten mit der Präsentation seiner Fotografien inmitten des Einkaufszentrums Römerpassage im wahrsten des Wortes aus dem antiken Jenseits in den Alltag heutiger Lebensrealität und verleiht ihnen mit seiner Interpretation neue Aufmerksamkeit.“

Nach Ende der Ausstellung in der Römerpassage werden die Arbeiten an anderen Standorten, in Mainz und weiteren Städten, unter anderem als Projektionen an Hauswänden zu sehen sein.

Prof. Christian Vahl bedankte sich im Anschluss an die Eröffnung im Namen des Vorstands der Initiative Römisches Mainz e.V. bei allen Sponsoren: „Ohne deren großzügige Unterstützung wäre eine Realisierung dieses aufwendigen Projekts nicht möglich gewesen. Unser Dank gilt der Stadt Mainz, der Akademiestiftung Stefan Schmitz, dem Tourismusfonds e.V. Mainz, Peter Karrié und der Mainzer Kunst Galerie.“

„Ja, wenn das Malen nicht wäre?“ – Die Frankfurter Schirn zeigt umfassende Retrospektive der Malerin Paula Modersohn-Becker

Paula Modersohn Becker: Selbstbildnis am 6. Hochzeitstag. Es ist das erste Akt-Selbstporträt einer Künstlerin überhaupt, die einen  Babybauch zeigt. Sie ist jedoch nicht schwanger. Der gewölbte Bauch soll nur eine Möglichkeit und auf Venusdarstellungen von Lucas Cranach oder Botticellis Geburt der Venus anspielen, so Dr. Ingrid Pfeiffer, Kuratorin der Ausstellung, beim Presserundgang. © Foto  Diether v Goddenthow
Paula Modersohn Becker: Selbstbildnis am 6. Hochzeitstag (25. Mai 1906). Es ist das erste Akt-Selbstporträt einer Künstlerin überhaupt, die einen Babybauch zeigt. Sie ist jedoch nicht schwanger. Der gewölbte Bauch soll nur eine Möglichkeit zeigen und auf Venusdarstellungen von Lucas Cranach oder Botticellis Geburt der Venus anspielen, so Dr. Ingrid Pfeiffer, Kuratorin der Ausstellung, beim Presserundgang. © Foto Diether v Goddenthow

Die Schirn Kunsthalle Frankfurt präsentiert  vom 8. Oktober 2021 bis 6. Februar 2022  die Avant­garde der Malerin Paula Modersohn-Becker  (1876–1907), einer deutschen Künstlerin der Klassischen Moderne, die wie keine andere in der öffentlichen Wahrnehmung solch legendären Status erreicht hat. In einer umfassenden Retrospektive wird gezeigt, wie entschieden sie sich über gesellschaftliche und künstlerische Konventionen ihrer Zeit hinwegsetzte und zentrale Tendenzen der Moderne vorwegnahm. In ihrem kurzen Leben schuf sie ein umfassendes und facettenreiches Œuvre, das über 100 Jahre zur Projektionsfläche wurde und bis heute fasziniert. Die Ausstellung versammelt in Frankfurt 116 ihrer Gemälde und Zeichnungen aus allen Schaffensphasen, darunter Hauptwerke, die heute als Ikonen der Kunstgeschichte gelten, etwa das Selbstbildnis am 6. Hochzeitstag (1906). Präsentiert wird ein aktueller Blick auf das Werk dieser frühen Vertreterin der Avantgarde. In der nach prägnanten Serien und Bildmotiven gegliederten Präsentation stehen insbesondere auch Modersohn-Beckers außergewöhnlicher Malduktus und ihre künstlerischen Methoden im Fokus, die zu einer vielfältigen Rezeption ihres Schaffens beitrugen.

Ausstellungs-Impresssion. „Paula Modersohn-Becker fasziniert bis heute: Während die einen sie als populäre Malerin von Kinderbildnissen, Müttern, Bauern und norddeutscher Landschaft schätzen, wird sie von anderen als Ausnahmekünstlerin der Moderne gefeiert und neben Cézanne und Picasso gestellt. Gerade diese Vielstimmigkeit ihrer Rezeption war für die Schirn Anlass, unser Publikum einzuladen, ihr Werk in Frankfurt in seiner Gesamtheit neu zu betrachten.“, Dr. Philipp Demandt, Direktor der Schirn Kunsthalle Frankfurt. © Foto:  Heike v Goddenthow
Ausstellungs-Impresssion. „Paula Modersohn-Becker fasziniert bis heute: Während die einen sie als populäre Malerin von Kinderbildnissen, Müttern, Bauern und norddeutscher Landschaft schätzen, wird sie von anderen als Ausnahmekünstlerin der Moderne gefeiert und neben Cézanne und Picasso gestellt. Gerade diese Vielstimmigkeit ihrer Rezeption war für die Schirn Anlass, unser Publikum einzuladen, ihr Werk in Frankfurt in seiner Gesamtheit neu zu betrachten.“, Dr. Philipp Demandt, Direktor der Schirn Kunsthalle Frankfurt. © Foto: Heike v Goddenthow

Gemessen an ihrem umfangreichen Oeuvre mit allein rund 734 Gemälden und 1500 Zeichnungen, das Paula Modersohn-Becker nach nur 10- bis 14jähriger Schaffensperiode hinterließ, als sie mit 31 Jahren im November 1907 einer Embolie erlag, war Malen für sie mehr als Kunst, war Lebenselixier, bedeutet ihr Glückseligkeit: „Du lebst ja überhaupt. Du Glückliche, lebst intensiv, das heißt: Du malst. Ja, wenn das Malen nicht wäre?“, schrieb Paula Becker, 21jährig, im Juli 1897 in ihr Tagebuch.

Ihr Talent entdeckte Paula Becker zufällig als 16jährige bei privatem Zeichenunterricht für höhere Töchter während eines Aufenthaltes bei ihrer Tante Marie Hill auf dem englischen Landsitz „Castle Malwood“ in Wiley nahe Londons. Eigentlich sollte sie, so der Wunsch des Vater, dort den letzten Schliff in gesellschaftlichem Umgang und Haushaltsführung erhalten, um ihre Chancen auf eine gute Partie zu erhöhen. Doch ihre Tante Hill, angetan von der Begabung ihrer Nichte Paula, meldete sie in der privaten St. John’s Wood Art School in London an. Hier erwarb sie ihr erstes handwerkliches Grundgerüst: »Ich habe dort alle Tage Stunden von 10–4 Uhr. Zuerst zeichne ich nur, und zwar ganz einfache Arabesken usw. Mache ich darin Fortschritte, so zeichne ich in Kohle nach griechischen Modellen. […] Sollte ich noch weiter kommen, so zeichne und male ich nach lebendigen Modellen.« (an die Eltern, 21.10.1892).«  (Brief an die Eltern, 21.10.1892, Quelle: Paula Modersohn-Stiftung)

Ausstellungs-Impression Paula Modersohn Becker © Foto Diether v Goddenthow
Ausstellungs-Impression Paula Modersohn Becker © Foto Diether v Goddenthow

Hier reifte auch ganz zum Leidwesen ihrer Eltern der  Entschluss, Berufsmalerin zu werden. 1893 wieder zurück in Bremen, absolvierte sie den Eltern zuliebe zwar ein zweijähriges Lehrerinnen-Seminar mit Examen 1895. Doch ihr Lehrerinnen-Examen und Vaters Vorschlag, wenigstens als Kunstlehrerin zu arbeiten, konnten Paula nicht von ihrem Entschluss abbringen, Berufsmalerin zu werden. Während dieser ganzen Zeit hatte sie nebenher Mal- und Zeichenunterricht bei dem Bremer Maler Bernhard Wiegandt genommen.

Was heutzutage vielleicht nicht mehr sehr revolutionär klingt, war Ende des 19. Jahrhunderts für Frauen eine absolute berufliche Sackgasse: Denn Frauen konnten weder an öffentlichen Kunstakademien studieren, noch durften sie an öffentlichen Kunst-Wettbewerben der Akademien teilnehmen. Für Frauen blieb nur die Möglichkeit, sich an privaten – recht teuren –  Kunstschulen einzuschreiben.

Als Paula Becker von der  Zeichen- und Malschule des Vereins der Berliner Künstlerinnen und Kunstfreundinnen hörte, die 1867 von wohlhabenden Damen der Gesellschaft gegründet wurde, immatrikulierte sich Paula Becker im Oktober 1896 für ein eineinhalbjähriges Studium. Dies unterbrach die angehende Berufsmalerin nur mit gelegentlichen Reisen zu Verwandten und für Studienaufenthalte in Worpswede, wo sie Fritz Mackensen unterrichtete.  Gefördert wurde sie von den Eltern und reichen Verwandten, wobei die einen Paula Becker finanziell unterstützten und die anderen, wie ihre Tante Paula Rabe  in der Perleberger Straße 23, sie bei sich frei wohnen ließen.

Um fachlich anerkannt und mit öffentlichen Kunstschulen /Akademien konkurrenzfähig zu sein,  wurde in der Berliner Kunstschule des Vereins der Berliner Künstlerinnen und Kunstfreundinnen  nach einem strikten akademischen Curriculum unterrichtet. So wurden neben Zeichenkursen auch die verschiedenen künstlerischen Techniken und Genres wie Landschafts-, Porträt- und Blumenmalerei sowie theoretische Fächer wie Perspektive, Anatomie und Kunstgeschichte angeboten. Revolutionär war:  ab 1875 gab es eine Akt-Klasse, zu der nur angehende Berufsmalerinnen wie Paula zugelassen waren. Im Unterschied zu London und Paris, verfügte die Berliner Kunstschule in einem eigens errichteten Gebäude in bester Lage der Potsdamer Straße über sechs 90 Quadratmeter große Studiensäle. Wie eine Getriebene studierte Paula rund um die Uhr, besuchte Vorträge, und die wenige freie Zeit nutzte sie für Museumsbesuche, dazwischen auch Reisen  nach Hindelang im Allgäu mit Stationen in München zum Besuch der Pinakothek und der Schackgalerie.

Bereits 1898 in Worpswede entstanden die zwei lebensgroßen Akte in Kohle Stehender weiblicher Akt im Profil nach rechts und Stehender männlicher Akt nach links. Wie diese lebensgroßen Männerakte einmal mehr belegen, beherrschte Paula Modersohn-Becker  auch die akademische Malweise perfekt. © Foto:  Heike v Goddenthow
Bereits 1898 in Worpswede entstanden die zwei lebensgroßen Akte in Kohle Stehender weiblicher Akt im Profil nach rechts und Stehender männlicher Akt nach links. Wie diese lebensgroßen Männerakte einmal mehr belegen, beherrschte Paula Modersohn-Becker auch die akademische Malweise perfekt. © Foto: Heike v Goddenthow

Ab 1898 war Paula Becker ganz in die Künstlerkolonie Worpswede gezogen, lebte und arbeitete dort, unterbrochen durch vier längere Aufenthalte in Paris. Trotz fehlender weiblicher Vorbilder und auch während ihrer Ehe ab Mai 1901 mit dem Worpsweder Landschaftsmaler Otto Modersohn verfolgte sie mit großer Disziplin ihre eigenständige künstlerische Entwicklung. Sie war fasziniert von Rembrandt, Velazquez, Verrocchio, Dürer, Hans Baldung, dem Meister von Meßkirch und Goya und vielen anderen. Ihre Werke entstanden in oft einsamer Auseinandersetzung mit der älteren Kunstgeschichte und aktuellen Tendenzen der Kunst, die sie in der französischen Metropole studierte. In großen Werkserien umkreist sie ein wiederkehrendes Repertoire von Bildmotiven: Einen besonderen Schwerpunkt stellen Porträts und Selbstporträts dar, weitere zentrale Werkkomplexe sind Kinderbildnisse, Darstellungen von Mutter mit Kind, Bäuerinnen und Bauern, Akte, Landschaften aus Worpswede und Paris sowie Stillleben. Dabei fand sie zu überzeitlichen, allgemeingültigen Bildern und unabhängigen Darstellungen. Ihre Arbeiten sind rigoros, bisweilen radikal anders als die ihrer Zeitgenossen. Dem hohen eigenen Anspruch der Künstlerin steht der ihr zu Lebzeiten völlig ausbleibende äußere Erfolg gegenüber. Bis zu ihrem frühzeitigen Tod verkaufte sie lediglich vier Bilder, was aber auch zeigt, dass sie, ein Kind aus großbürgerlichen Verhältnisse, nicht wirklich existentiell auf Bildverkäufe angewiesen war.

Erst nach ihrem Tod wurde ihr Werk als Entdeckung gefeiert, gesammelt und ausgestellt, dabei in seiner Ambivalenz vielfach vereinnahmt.

 

THEMEN UND WERKE DER AUSSTELLUNG

Die Ausstellung ist in folgende Themen-Schwerpunkte gegliedert: Selbstporträts, Porträts von Familie und Freunden, Kinderbilder, Aktdarstellungen, Mutter und Kind, Paris-Zeichnungen, Bauern und Bäuerinnen in Worpswede, Landschafen, Nahsicht und Stilleben..

Selbstporträts

Paula Modersohn Becker: Selbstbildnis mit-Rose (1905)  © Foto  Diether v Goddenthow
Paula Modersohn Becker: Selbstbildnis mit-Rose (1905) © Foto Diether v Goddenthow

Ein besonderer Fokus im Schaffen Paula Modersohn-Beckers liegt auf der Darstellung des Menschen, dem Porträt. Insbesondere ihre Selbstporträts sind eines ihrer wichtigsten künstlerischen Experimentierfelder und bilden den Auftakt der Ausstellung in der Schirn. Zu sehen ist eine Auswahl dieser malerisch und stilistisch höchst unterschiedlichen Werkgruppe, die ihre gesamte Entwicklung spiegelt und als fortwährender Akt der künstlerischen Selbstvergewisserung diente. Bereits in dem frühen Selbstbildnis (um 1898) wird ihre zentrale malerische Methode sichtbar: die Nahsicht. Das Bildfeld wird komplett ausgefüllt, indem das Gesicht der Künstlerin nah herangerückt ist. Während ihres zweiten Aufenthalts in Paris 1903 fand Modersohn-Becker in der Frontalität römisch-ägyptischer Mumienporträts im Louvre eine Form der Verallgemeinerung, die in der Verbindung von direkter Nähe und zeitlosen Elementen ihren künstlerischen Bestrebungen entsprach und die sie u.a. in Selbstbildnis mit weißer Perlenkette (1906), Selbstbildnis mit rotem Blütenkranz und Kette (1906/07) oder Selbstbildnis mit Zitrone (1906/07) aufgriff. Auch die pastose Malweise der in der Technik der Enkaustik angefertigten und mit dem Spachtel aufgetragenen antiken Vorbilder prägte Modersohn-Beckers Schaffen. Ab 1898 und vermehrt ab 1902 bevorzugte sie eine besonders matte Tempera, deren Oberfläche sie in einigen Fällen mit dem Pinselstiel bearbeitete. Mehr als die Hälfte ihrer Selbstporträts entstand 1906/07, als sie sich – getrennt von Otto Modersohn – in Paris aufhielt und ihren Weg als Künstlerin suchte. Sieben davon zeigen die Malerin halb oder ganz entkleidet. Eine Sonderrolle nimmt das Selbstbildnis am 6. Hochzeitstag (1906) ein, der erste bekannte Selbstakt einer Künstlerin und zum Zeitpunkt der Entstehung nicht ausstellbar. Das komplexe Werk liefert zahlreiche Anspielungen auf kunsthistorische Vorläufer und deutet diese zu einer um 1900 äußerst gewagten Selbstdarstellung um. Nackt und mit angedeuteter Schwangerschaft stellt sich Modersohn-Becker selbstbewusst und feminin dar – doppelt potent als Künstlerin und als Frau.

 

Porträts von Familie und Freunden

Paula Modersohn Becker. Bildnis Rainer Maria Rilke (Mai/Juni 1906) © Foto  Diether v Goddenthow
Paula Modersohn Becker. Bildnis Rainer Maria Rilke (Mai/Juni 1906) © Foto Diether v Goddenthow

Neben den Selbstbildnissen zeigt die Ausstellung Porträts von Personen aus dem persönlichen Umfeld der Künstlerin in Worpswede und Paris, u.a. von Otto Modersohn, Rainer Maria Rilke, der zu den wenigen und wichtigen Unterstützern der Künstlerin zu Lebzeiten zählte, von der Bildhauerin Clara Rilke-Westhoff oder der befreundeten Helene Hoetger.

 

Kinderbilder

Paula Modersohn Becker. Brustbild eines Mädchens in der Sonne vor weiter Landschaft (1897)  © Foto  Diether v Goddenthow
Paula Modersohn Becker. Brustbild eines Mädchens in der Sonne vor weiter Landschaft (1897) © Foto Diether v Goddenthow

Viele Figurenbilder von Paula Modersohn-Becker kennzeichnet eine unverwechselbare Mischung aus Nähe und Distanz, aus Naturalismus und Symbolhaftigkeit, mit der diese auf die Ebene des Überzeitlichen und Allgemeingültigen gehoben werden. Diese Darstellungsweise charakterisiert auch ihre einzigartigen Kinderbildnisse sowie ihre Mutter-Kind-Bilder. Mit insgesamt über 400 Arbeiten von meist bäuerlichen Kindern bilden diese im Werk Modersohn-Beckers die größte Gruppe. Die Auswahl an Kindermotiven in der Schirn verdeutlicht, mit welch großer Intensität sich die Künstlerin diesem im späten 19. Jahrhundert besonders beim bürgerlichen Publikum beliebten Sujet widmete. Allerdings verzichtete Paula Modersohn-Becker vollkommen auf die damals übliche idealisierende Darstellung. Ihre Kinder erscheinen als autonome Individuen, fremd und entrückt, in nah herangerückten Bildausschnitten, präsent und intim. In den letzten Jahren ihres Schaffens werden sie zu überzeitlichen Sinnbildern und mit Beigaben wie Früchten und Blumen in phantastischen Bildräumen zu Repräsentanten einer umfassenden Naturmystik. Diese Stilisierung erreicht in Mädchenakt mit Blumenvasen (1906/07), das geprägt ist von Paul Gauguins Tahiti-Motiven, einen Höhepunkt.

 

Mutter und Kind-Darstellungen

Paula Modersohn Becker. Säugling mit der Hand der Mutter (1903). © Foto  Diether v Goddenthow
Paula Modersohn Becker. Säugling mit der Hand der Mutter (1903). © Foto Diether v Goddenthow

In ihren Mutter-Kind-Darstellungen beschäftigte sich Modersohn-Becker mit einem Motiv, das vor ihr kaum systematisch bearbeitet wurde, und entwickelte zahlreiche Varianten. Auf realistische Ausarbeitungen folgte später eine Vereinfachung und Monumentalisierung. Vor dem Hintergrund der Lebensreformbewegung und der auch von der Künstlerin praktizierten Nacktkultur wird der unbekleidete Körper wie in den Selbstbildnissen zum Träger einer pantheistischen und matriarchalen Ideenwelt, die sich wie in Mutter mit Kind auf dem Arm, Halbakt II (Herbst 1906) mit einer ikonenhaften Statuarik verbindet.

 

Paris-Zeichnungen

Paula Modersohn-Becker zeichnete in allen Phasen ihres Schaffens und hinterließ ein umfangreiches grafisches Konvolut. Die teils skizzenhaften Pariser Stadtansichten mit typischen Motiven wie Seine-Brücken, der Kathedrale Notre-Dame und Menschengruppen zeugen von ihrer in jahrelanger Übung erworbenen Routine.

 

Aktdarstellungen

Paula Modersohn Becker. Stehender weiblicher Akt nach halbrechts, auf einen Hocker gestützt (um 1906).  © Foto  Diether v Goddenthow
Paula Modersohn Becker. Stehender weiblicher Akt nach halbrechts, auf einen Hocker gestützt (um 1906). © Foto Diether v Goddenthow

In Paris nahm sie regelmäßig Unterricht im Aktzeichnen an den für Frauen zugänglichen Akademien von Colarossi und Julian. Gegen akademische Konventionen und Restriktionen für Künstlerinnen zeichnete sie häufig unbekleidete Männer wie Frauen, wählte ungewöhnliche Posen und bewies schon in frühen Arbeiten ihren eigenwilligen Blick. Bereits 1898 in Worpswede entstanden die zwei lebensgroßen Akte in Kohle Stehender weiblicher Akt im Profil nach rechts und Stehender männlicher Akt nach links.

 

Bauern und Bäuerinnen in Worpswede

Paula Modersohn Becker. Alte Armenhäuslerin (1905). © Foto Diether v Goddenthow
Paula Modersohn Becker. Alte Armenhäuslerin (1905). © Foto Diether v Goddenthow

Eine Besonderheit in Modersohn-Beckers OEuvre sind die Porträts der Worpsweder Dorfbewohnerinnen und -bewohner, unter denen sich die Künstlerin neben Kindern und Müttern häufig betagte Bäuerinnen und Bauern als Modelle suchte. Anders als die Künstler der 1889 gegründeten Worpsweder Malerkolonie, bestehend aus Fritz Mackensen, Otto Modersohn, Hans am Ende, Carl Vinnen und Heinrich Vogeler, die eine genrehafte Darstellung favorisierten, ließ Modersohn-Becker ländliche Umgebung und Tätigkeiten zugunsten einer zeitlos-symbolischen Darstellung in den Hintergrund treten. Dabei verlieh sie den Porträtierten ein hohes Maß an Würde, ohne Alter, Grobheit und Armut zu verklären. Zwischen 1903 und 1907 entstand die Serie der meist großformatigen Armenhäuslerinnen, die zu ihren monumentalen Hauptwerken zählt. Immer wieder griff sie auf dieselben Personen zurück, insbesondere „Mutter Schröder“ wie in Alte Armenhäuslerin (um 1905) oder Armenhäuserin (1906). Schwer, statisch, zeitlos und mit riesigen Händen erscheint sie wie eine Göttin aus einer fernen vorchristlichen Kultur. Die Schirn zeigt als besondere Leihgabe aus dem Detroit Institute of Arts auch das durch seinen farblich ungewöhnlichen Bildaufbau bemerkenswerte Hauptwerk Alte Bäuerin mit auf der Brust gekreuzten Händen (1907), das fünf Jahre nach Modersohn-Beckers Tod 1912 in der ersten großen Avantgardeausstellung in Deutschland gemeinsam mit Werken von Vincent van Gogh und Paul Gauguin gezeigt wurde.

 

Landschafen

Paula Modersohn Becker Birkenbilder (um 1900)   © Foto:  Heike v Goddenthow
Paula Modersohn Becker Birkenbilder (um 1900) © Foto: Heike v Goddenthow

Neben den figürlichen Darstellungen widmete sich Modersohn-Becker der Landschaftsmalerei und dem Stillleben. In ihrer reduzierten und abstrahierten Auffassung von Landschaft zeigt sich ihr künstlerisches Konzept sowie ihr Mut zum „Ungefälligen“ und „Herben“. Trotz der vernichtenden Kritik des konservativen Malers Arthur Fitger zu ihrer ersten Ausstellung 1899 in der Kunsthalle Bremen, bei der sie unter anderem einige Landschaften präsentierte, setzte Modersohn-Becker ihre Sicht und Malweise unbeirrt fort.

Paula Modersohn Becker. Mond über Landschaft  (1900) © Foto  Diether v Goddenthow
Paula Modersohn Becker. Mond über Landschaft (1900) © Foto Diether v Goddenthow

Während der ersten Ehejahre teilte sie mit Otto Modersohn noch Vorlieben wie die engen Bildausschnitte der Birken im Hochformat, die an japanische Rollbilder erinnern. In der rigorosen Vereinfachung und der kontrastarmen Farbigkeit, die sich besonders in den nächtlichen Mondlandschaften wie Mond über Landschaft (1900) zu fast monochromen Farbflächen steigert, ging sie jedoch weit über zeitgenössische Darstellungen hinaus. So verzichtete sie – anders als Otto Modersohn und Fritz Overbeck in Worpswede oder Walter Leistikow in Berlin – auf sämtliche Details und Binnenstrukturen sowie Lichteffekte und erzielte eine stumpfe Farbigkeit und matte Oberflächen durch die von ihr eingesetzte Temperatechnik.

 

Stilleben

Paula Modersohn Becker. Impression der vorletzten Station: Stillleben. © Foto Diether v Goddenthow
Paula Modersohn Becker. Impression der vorletzten Station: Stillleben. © Foto Diether v Goddenthow

Mit ihren Stillleben, von denen die meisten zwischen 1905 und 1907 entstanden, wandte sich Modersohn-Becker einem bevorzugten Experimentierfeld der Avantgarde von Gustave Courbet, Odilon Redon, Paul Cézanne oder Henri Matisse zu, das in Worpswede nur vereinzelt von Heinrich Vogeler aufgegriffen wurde.

Paula Modersohn Becker. Stillleben mit Goldfischglas“ (1906) © Foto:  Heike v Goddenthow
Paula Modersohn Becker. Stillleben mit Goldfischglas“ (1906) © Foto: Heike v Goddenthow

Wie Cézanne wählte sie ein sich wiederholendes Repertoire von Gegenständen. Doch unterscheiden sich ihre statisch monumentalen Kompositionen wie Stillleben mit Kürbis (um 1905) deutlich durch die dichte materielle Malweise. Als neutrale, unverfängliche Motive zählten sie nach ihrem Tod zu den zunächst am häufigsten gesammelten und ausgestellten Werken.

 

Nahsicht

Eine ungewöhnliche, in der zeitgenössischen Kunst beispiellose Methode entwickelte Paula Modersohn-Becker durch das extreme Heranrücken und den Anschnitt ihrer Bildmotive. Die Ausstellung versammelt Arbeiten wie Hand mit Blumenstrauß (um 1902), Katze in einem Kinderarm (um 1903) oder Kind an der Mutterbrust (um 1904), bei denen diese Nahsicht geradezu an einen fotografischen „Zoom“ erinnert – obwohl die Fotografie um 1900 noch gar nicht so weit entwickelt war –, womit sie einen Effekt von Unmittelbarkeit und zugleich erzählerisches Potenzial entfaltet.

Ausstellungs-Impression Paula Modersohn Becker © Foto Diether v Goddenthow
Ausstellungs-Impression Paula Modersohn Becker © Foto Diether v Goddenthow

KATALOG PAULA MODERSOHN-BECKER herausgegeben von Ingrid Pfeiffer. Mit einem Vorwort von Philipp Demandt sowie Beiträgen von Simone Ewald, Anna Havemann, Inge Herold, Ingrid Pfeiffer, Karin Schick, Rainer Stamm und Wolfgang Werner. Deutsche und englische Ausgabe je 220 Seiten, 180 Abb., 24 × 29 cm, Hardcover, Hirmer Verlag, ISBN 978-3-7774-3722-4 (deutsch), ISBN 978-3-7774-3723-1 (englisch), 35 € (SCHIRN), 45 € (Buchhandel).

BEGLEITHEFT PAULA MODERSOHN-BECKER. Eine Einführung in die Ausstellung, herausgegeben von der Schirn Kunsthalle Frankfurt. Auf ca. 40 Seiten werden die wichtigsten Arbeiten der Ausstellung vorgestellt und die kulturhistorischen Zusammenhänge dargelegt. Ab 12 Jahren, 7,50 € einzeln, im Klassensatz 1 € pro Heft (ab 15 Stück).

AUDIOGUIDE Zur Ausstellung steht ein kostenloser Audioguide, gesprochen von der Satirikerin, Autorin und Moderatorin Sophie Passmann, zum Download für das eigene Mobiltelefon zur Verfügung. Ab 8. Oktober unter www.schirn.de/audioguide

ORT SCHIRN KUNSTHALLE FRANKFURT, Römerberg, 60311 Frankfurt

DAUER 8. Oktober 2021 – 6. Februar 2022

INFORMATION www.schirn.de E-MAIL welcome@schirn.de TELEFON +49.69.29 98 82-0 FAX +49.69.29 98 82-240

EINTRITT 12 €, ermäßigt 10 €; freier Eintritt für Kinder unter 8 Jahren

ONLINE ZEITTICKETS Zeitfenstertickets zur Ausstellung sind im Vorverkauf im Onlineshop erhältlich unter www.schirn.de/tickets

SCHUTZ- UND HYGIENEMASSNAHMEN Um den Ausstellungsbesuch auch während der Corona-Pandemie sicher zu gestalten, wurden in Abstimmung mit den zuständigen Behörden umfassende Schutz- und Hygienemaßnahmen entwickelt. Weitere Informationen unter www.schirn.de/corona

OPEN BOOKS, Literatur im Römer und OPEN BOOKS KIDS – Das Lesefest der Stadt Frankfurt zur Buchmesse bei freiem Eintritt vom 19. bis 23. Oktober

Logo-e1599671063355-450x250OPEN BOOKS, das große Lesefest der Stadt Frankfurt zur Buchmesse, findet 2021 vom 19. bis 23. Oktober statt: Bei 112 Veranstaltungen stellen 150 Autorinnen und Autoren aus Deutschland und der Welt ihre neuen Bücher des Herbstes an 11 Veranstaltungsorten vor. U.a. sind Sarah Biasini, Richard Powers, Julia Franck, Eva Menasse, Daniela Krien, Heinz Rudolf Kunze, Jenny Erpenbeck, Herfried Münkler, Johanna Adorján, Peter Wohlleben, Sigrid Nunez, Sasha Marianna Salzmann, Ralph Bollmann und Kim Thúy zu Gast.

Wie immer werden die wichtigsten Neuerscheinungen des Herbstes im Bereich der deutschsprachigen Belletristik und Lyrik, des Sachbuches, der Graphic Novels und der internationalen Literatur präsentiert. 70 Verlagshäuser aus Deutschland, Österreich und der Schweiz nutzen die Möglichkeit, ihre Novitäten einem breiten Publikum vorzustellen. Das Kulturamt Frankfurt am Main ist Veranstalter von OPEN BOOKS und trifft eine Auswahl aus den Vorschlägen der Verlage.

Nach dem großen Zuspruch im vergangenen Jahr unter Corona-Bedingungen setzt OPEN BOOKS auch in diesem Jahr auf Präsenzveranstaltungen mit Publikum bei freiem Eintritt – selbstverständlich unter Berücksichtigung der geltenden Verordnungen und Empfehlungen zum Infektionsschutz. Um möglichst vielen Interessierten den Besuch der Veranstaltungen zu ermöglichen, findet das Lesefest, das traditionell rund um den Frankfurter Römerberg und in der neuen Altstadt ausgerichtet wird, auch in ausgewählten Räumen in der Innenstadt aus.

Dr. Sonja Vandenrath, Fachbereichsleiterin Literatur im Kulturamt Frankfurt am Main u. verantwortliche Organisatorin des Lesefests OPEN BOOKS und Dr. Ina Hartwig, Kultur- und Wissenschaftsdezernentin der Stadt Frankfurt, präsentierten in der Evangelischen Akademie das OPEN BOOKS –Programm 2021. © Foto Alexander Paul Englert
Dr. Sonja Vandenrath, Fachbereichsleiterin Literatur im Kulturamt Frankfurt am Main u. verantwortliche Organisatorin des Lesefests OPEN BOOKS und Dr. Ina Hartwig, Kultur- und Wissenschaftsdezernentin der Stadt Frankfurt, präsentierten in der Evangelischen Akademie das OPEN BOOKS –Programm 2021. © Foto Alexander Paul Englert

Die Kultur- und Wissenschaftsdezernentin der Stadt Frankfurt, Dr. Ina Hartwig, stellt fest: „OPEN BOOKS findet auch in diesem Jahr mit über 100 Buchvorstellungen vor Publikum statt. Das ist eine wichtige Botschaft, die von der Buch- und Literaturstadt Frankfurt an die Buchbranche, aber auch an die breite Öffentlichkeit ausgeht. Mit dem Lesefest schaffen wir auch in diesem Jahr Räume für neue Bücher aller Sparten und bieten Orte der Begegnung von Autorinnen und Autoren mit ihren Lesern. Dies alles verdichtet an wenigen Tagen und mit einem breiten Angebot, in dem für jeden Geschmack und jede Altersklasse etwas dabei ist. Mit OPEN BOOKS bekennen wir uns als Stadt Frankfurt zur Buchkultur, die einen unverzichtbaren Platz in der Ausverhandlung gesellschaftlicher Prozesse innehat. Das Lesefest steht fest an der Seite der Frankfurter Buchmesse, die das Gravitationszentrum der Buch- und Literaturstadt Frankfurt bildet.“

Dr. Sonja Vandenrath, die das Lesefest OPEN BOOKS verantwortet, ergänzt: „OPEN BOOKS ist mehr denn je ein Gemeinschaftswerk: Deshalb danke ich den Verlagen, die bei uns ihre Autor*innen des Herbstes vorstellen, ebenso wie den vielen neuen Partnern, die wir in den letzten Jahren dazu gewonnen haben. Dazu gehört seit zehn Jahren das Blaue Sofa, mit dem wir gemeinsam das Lesefest eröffnen. Seitdem sind eine große Anzahl neuer Kooperationspartner, wie der Börsenverein des Deutschen Buchhandels mit seiner Reihe ‚Zwischen Zeilen‘, hinzugekommen. So entstehen Synergieeffekte, die das Programm bereichern. OPEN BOOKS aber bleibt das Lesefest der offenen Türen im Herzen der Buch- und Literaturstadt Frankfurt.“

Zur Eröffnung von OPEN BOOKS 2021 findet im großen Saal der Deutschen Nationalbibliothek der erste öffentliche Auftritt des/der am Abend zuvor gekürten Preisträgers/in des Deutschen Buchpreises statt. Die Eröffnung wird in Zusammenarbeit von Bertelsmann, ZDF und Deutschlandfunk Kultur gemeinsam mit der Stadt Frankfurt und der Deutschen Nationalbibliothek durchgeführt.

Das Blaue Sofa von Bertelsmann, ZDF, Deutschlandfunk Kultur und 3sat kommt bereits zum zehnten Mal zu Open Books und gehört damit zu den verlässlichsten Partnern des Frankfurter Lesefestes.

Die Premiere am 11. Oktober 2011 begann mit einem wahren Tusch: Zu Gast waren der damalige Friedenspreisträger Boualem Sansal, das erste Supermodel Veruschka von Lehndorff, die dänische Autorin Janne Teller, Steinunn Sigurðardóttir aus dem damaligen Gastland Island sowie Eugen Ruge, der Gewinner des Deutschen Buchpreises 2011. Damit wollten die Partner des Blauen Sofas und die Stadt Frankfurt eine literarische Brücke zwischen der Literarturstadt und der Buchmesse bauen. In den vergangenen zehn Jahren wirkten insgesamt 49 bekannte Autorinnen und Autoren an dieser Literatur-Gala mit, darunter Christian Berkel, John Burnside, Leon de Winter, Didier Eribon, Ken Follett, Joachim Gauck, Wladimir Klitschko, Connie Palmen, Martin Walser sowie die Frankfurter Schriftsteller Eva Demski und Bodo Kirchhoff. Eine Konstante über den Zeitraum bildet der erste öffentliche Auftritt der/des Gewinners/in des Deutschen Buchpreises nach der montäglichen Preisverleihung im Frankfurter Römer.

Im Jubiläumsjahr werden wieder die oder der Buchpreisträger/in 2021 den Abend eröffnen. Außerdem sprechen Sasha Marianna Salzmann („Im Menschen muss alles herrlich sein“, Suhrkamp), Gert Loschütz („Besichtigung eines Unglücks“, Schöffling & Co.) und Per Leo (“Tränen ohne Trauer“, Klett-Cotta) über ihre Novitäten. Die Gespräche werden moderiert von Wiebke Porombka und René Aguigah (Deutschlandfunk Kultur), Cécile Schortmann (3sat) und Sonja Vandenrath, der Literaturreferentin der Stadt Frankfurt.

PK-OPEN-BOOKS-2021_Alexander-Paul-EnglertAuch in diesem Jahr sind Kinderbücher ein wichtiger Teil des städtischen Lesefestes. Am 23. und 24. Oktober stellt OPEN BOOKS KIDS in Zusammenarbeit mit der Deutschen Nationalbibliothek eine Auswahl der Neuerscheinungen für Kinder im Alter von 5 bis 12 Jahren vor. Bei acht Lesungen präsentieren Philipp Waechter, Fee Krämer, Alex Rühle, Sven Gerhardt, Lena Hach, Martin Muser, Mara Andeck mit Phine Wolff sowie Markus Orths ihre Bücher.

Erneut finden drei Veranstaltungen der Reihe „Zwischen Zeilen“ des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels in der St. Katharinenkirche statt: Von Mittwoch, 20. Oktober bis Freitag, 22. Oktober, jeweils um 18 Uhr, werden Texte gelesen, deren Existenz keine Selbstverständlichkeit darstellt, weil autoritäre Gesellschaftssysteme, Umweltkatastrophen, Armut, Krieg, Flucht oder repressive Strukturen ihr Entstehen erschweren. Im Rahmen von OPEN BOOKS lesen Sulaiman Addonia, Tsitsi Dangarembga, John von Düffel, Jenny Erpenbeck, Felicitas Hoppe, Hasnain Kazim, Moritz Rinke, Sasha Marianna Salzmann und Najem Wali als eine Art Solidaritätsbekundung aus den Werken ihrer Kolleginnen und Kollegen und tragen dazu bei, deren Stimmen hörbar zu machen. Jeder Abend widmet sich einem besonderen Thema: Liebe woanders, selbstbestimmte Fremdheit und Zeitenwende.

Literatur im Römer ist die älteste literarische Großveranstaltung und ein Publikumsliebling seit Beginn. In Kooperation mit hr2-kultur präsentiert das Kulturamt Frankfurt in den Römerhallen die wichtigsten deutschsprachigen Romane des Herbstes. Am Messe-Mittwoch sind Henning Ahrens, Tomi Garder, Felicitas Hoppe, Eva Menasse, Peter Stamm, Natascha Wodin, Katharina Volckmer und Ulf Erdmann Ziegler zu Gast, am Donnerstag kommen John von Düffel, Jenny Erpenbeck, Julia Franck, Franz Hohler, Sven Regener, Sasha Marianna Salzmann, Ferdinand Schmalz und Edgar Selge. Die Gespräche führen am Mittwoch Insa Wilke und Gerwig Epkes, am Donnerstag moderieren Cécile Schortmann und Martin Maria Schwarz.

Platzkarten sind für alle Veranstaltungen erforderlich und auf www.openbooks-frankfurt.de oder über FrankfurtTicket (www.frankfurtticket.de, T. 069-1340400) buchbar. Der Eintritt ist bis auf die Eröffnungsveranstaltung (19.10.2021) und Teil der Bewegung (23.10.2021) frei. Je Ticket fällt eine Servicegebühr in Höhe von 1,20 € an, die direkt bei der Buchung gezahlt wird. Für die Veranstaltungen von OPEN BOOKS KIDS fallen keine Buchungsgebühren an, ein kostenfreies Platzticket ist aber für jeden Gast notwendig. Die Eröffnungsveranstaltung, beide Literatur im Römer-Veranstaltungen und einige weitere Termine sind bereits ausgebucht.

  • Eröffnung OPEN BOOKS mit dem Blauen Sofa: Dienstag, 19. Oktober, 20 Uhr
  • OPEN BOOKS Mittwoch bis Samstag, jeweils 16 bis 21 Uhr, einige wenige Veranstaltungen enden gegen 21.30 Uhr
  • OPEN BOOKS KIDS Samstag, 23. Oktober, 12 bis 16 Uhr sowie Sonntag, 24. Oktober, 10.30 bis 17.30 Uhr
  • Literatur im Römer Mittwoch, 20. Oktober und Donnerstag, 21. Oktober, 20 bis 22 Uhr

OPEN BOOKS ist eine Kooperation des Kulturamts Frankfurt am Main mit deutschsprachigen Verlagen und den Veranstaltungsorten und wird gefördert im Rahmen von Neustart Kultur der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien durch den Deutschen Literaturfonds e.V.

www.openbooks-frankfurt.de
#OPENBOOKS2021