Kategorie-Archiv: Museum Wiesbaden

Ein Blick in die August Macke Ausstellung mit Roman Zieglgänsberger

Lesen Sie jetzt den Blogbeitrag von Roman Zieglgänsberger zur neuen Ausstellung August Macke — Paradies! Paradies? auf der Homepage des Museums Wiesbaden.

Das Museum Wiesbaden bringt  Ihnen die Ausstellung nach Hause und hofft, dass sie Ihnen Lust auf ein baldiges Wiedersehen im Museum Wiesbaden macht.

Susanne Kridlos Lieblingsstück

Das Lieblingsstück von Susanne Kridlo aus den Naturhistorischen Sammlungen des Museums ist übrigens ein kleines Stück schwarze Holzkohle. Erfahren Sie hier, was es damit auf sich hat. HIER geht es zum Video

Frank Stella erhält den Jawlensky-Preis der Landeshauptstadt Wiesbaden

Jawlensky Selbstbildnis Foto: Museum Wiesbaden / Bernd Fickert
Jawlensky Selbstbildnis
Foto: Museum Wiesbaden / Bernd Fickert

Zu Ehren des berühmtesten Künstlers der Stadt vergibt die Landeshauptstadt Wiesbaden gemeinsam mit Spielbank und Nassauischer Sparkasse den Alexej von Jawlensky-Preis für das Werk eines zeitgenössischen Künstlers. Der Magistrat erkannte, auf Vorschlag des Museums Wiesbaden und nach positivem Votum des Kuratoriums für den Jawlenskypreis, Frank Stella die Ehrung zu. Er ist der siebte Preisträger nach Agnes Martin, Robert Mangold, Brice Marden, Rebecca Horn, Ellsworth Kelly und Richard Serra. Der Jawlenskypreis ist mit 18.000 Euro dotiert und mit einer Ausstellung im Museum Wiesbaden verbunden. Des Weiteren soll eine Arbeit der Preisträgerin oder des Preisträgers angekauft werden.

Frank Stella (geboren am 12. Mai 1936) ist ein US-amerikanischer Maler, Bildhauer und Objektkünstler. Frank Stella zählt zu den bedeutendsten Repräsentanten der Analytischen Malerei, des Hard Edge und der Farbfeldmalerei, der er sich nach einer Frühphase des Abstrakten Expressionismus zuwandte. Viele seiner Bilder und Reliefs sind gekennzeichnet von farbig leuchtenden Rechteck-, Kreis- oder spitz zulaufenden geometrischen Formen. Seine berühmten „Black Paintings“ kennzeichnen schwarze und daraus abgeleitete metallfarbene Streifen, die jede herkömmliche Vorstellung von Farbe und Form negieren. Seit den 1980er Jahren und bis heute vertritt Frank Stella einen räumlichen Stil abstrakt-dynamischer Elemente.

Ähnlich konsequent wie die bisherigen Träger/innen des Jawlensky-Preises besetzt Stella eine Position in der Kunst der letzten 50 Jahre, die heute bereits zu den Klassikern zählt. Axel Imholz, Kulturdezernent der Landeshauptstadt Wiesbaden, führt hierzu aus: „Mit Frank Stella werden wir zweifelsohne einen der bedeutendsten Gegenwartskünstler bei uns in Wiesbaden zu Gast haben. Frank Stella ist ein weiterer würdiger Träger des Jawlensky-Preises, und ich freue mich schon heute auf die Ausstellung.“

Das Verfahren zur Bestimmung des Preisträgers/der Preisträgerin sieht vor, dass zunächst das Kuratorium eine Jury benennt. Diese wählt dann aus einigen vorgeschlagenen Künstlerinnen und Künstlern, einen Preisträger oder eine Preisträgerin aus. Im Oktober fand die Sitzung des Kuratoriums statt. Hierbei wurde vom Museum Wiesbaden der Vorschlag unterbreitet, in diesem Jahr bei der Verleihung des Jawlensky-Preises einen verkürzten Verfahrensweg zu beschreiten. Zielsetzung ist es, Preisverleihung und Ausstellung, dem Turnus der vergangenen Preisverleihungen folgend, in 2022 durchzuführen. Die Realisierung im „documenta-Jahr“ bringt regelmäßig eine erhöhte Aufmerksamkeit sowie die Chance, die hessische Landeshauptstadt und diese Ausstellung noch stärker überregional/international in den Fokus von Kunstinteressierten zu bringen. Angesichts der aktuellen Situation wurde dem Kuratorium vorgeschlagen, auf die Einberufung einer Jury im herkömmlichen Sinn zu verzichten und sich stattdessen bei der Entscheidungsfindung auf die externe Expertise eines ausgewiesenen Fachmannes (Dr. Holger Broeker/Kunstmuseum Wolfsburg) sowie die interne Expertise des Museums zu berufen und so Frank Stella den kommenden Jawlensky-Preis zuzuerkennen. Die zugehörige Preisträgerausstellung kann 2022 im Museum Wiesbaden stattfinden, wobei eine Kooperation mit dem neuen Museum Reinhard Ernst geplant ist.

Zu diesem Vorschlag hat das Kuratorium ein positives Votum gegeben, auch wenn das verkürzte Verfahren teilweise kritisch bewertet wurde. Der Magistrat hat nun diesem Verfahrensweg und dem Preisträgervorschlag zugestimmt. Abschließend erklärt Kulturdezernent Imholz: „Ich danke sehr herzlich dem Museum Wiesbaden und dem Museum Reinhard Ernst, die es gemeinsam ermöglichen, eine solch hochkarätige Ausstellung in Wiesbaden zu präsentieren. Mein Dank gilt auch der Naspa Wiesbaden und der Spielbank Wiesbaden ohne deren finanzielles Engagement der Jawlenskypreis nicht realisierbar wäre.“

Biografie Frank Stella:
Frank Stella wird am 12. Mai 1936 in Malden, Massachusetts, geboren. 1950 bis1954 studiert er an der Phillips Academy in Andover bei dem abstrakten Maler Patrick Morgan. Anschließend studiert Stella 1954 bis 1958 Geschichte an der Princeton University, wo er auch die offene Malklasse von William C. Seitz besucht. Ab 1958 hat Frank Stella ein Atelier in New York, seinen Lebensunterhalt verdient er als Anstreicher. Die frühen Bilder der New Yorker Zeit orientieren sich am „Abstract Expressionism“. 1958 sieht Frank Stella in der Galerie von Leo Castelli eine Ausstellung Jasper Johns, dessen „Flaggen“- und „Ziel-scheiben“-Bilder ihn beeindrucken. Wenige Monate später wechselt Frank Stella von der gestischen Abstraktion zu einer reduzierten, konzeptuellen Malweise. Es entstehen seine ersten „Black Paintings“, großformatige Leinwände, die mit einem symmetrischen Muster aus schwarzen Streifen bedeckt sind. Bald darauf beginnt Stella auch, die Form der Bildträger der inneren Struktur seiner Bilder anzupassen. Die Leinwand kann nun jede geometrische, später auch asymmetrische Form annehmen. 1960/61 wird daraus die Serie der Aluminium- und Kupferbilder und die „Shaped Canvases“, die den Bildern Frank Stellas Objektcharakter verleihen. Ab 1971 arbeitet Frank Stella an der Serie der „Polish Villages“. Diese großformatigen Collagen aus Papier, Filz, Leinwand, Sperrholz, Resopal und Aluminium, deren Titel sich jeweils auf zerstörte polnische Synagogen beziehen, markieren den Übergang von der Malerei zum Relief. Ab Mitte der 1970er Jahre entstehen große, leuchtend bunte Reliefs, zumeist aus Aluminium und Fiberglas, die aus geometrischen Formen zusammengesetzt sind. Ab 1980 arbeitet Frank Stella auch an umfangreichen Grafikzyklen, etwa den „Circuits“, den „Shards“ oder der Serie der „Cones and Pillars“, letzteren entspricht eine gleichnamige Reliefserie. Ab Anfang der 1990er Jahre erobert der Künstler auch den dreidimensionalen Raum mit plastischen Werken, Relief-Friesen und Außenskulpturen. Frank Stella gilt als einer der bedeutendsten amerikanischen Künstler der Nachkriegszeit, seine Werke werden in zahlreichen großen Ausstellungen gezeigt. Seine letzte große Retrospektive war in Deutschland 2012 in Wolfsburg zu sehen. Frank Stella lebt und arbeitet in New York.

Bisherige Preisträgerinnen und Preisträger
1991 Agnes Martin
1998 Robert Mangold
2004 Brice Marden
2007 Rebecca Horn
2012 Ellsworth Kelly
2014 Richard Serra
2020 Frank Stella

Freunde des Museums Wiesbaden

KICK OFF August Macke. Paradies! Paradies? – vom 2. bis 30. November wegen Corona-Schutzmaßnahmen geschlossen

Ausstellungansicht. Foto: Museum Wiesbaden / Bernd Fickert
Ausstellungansicht. Foto: Museum Wiesbaden / Bernd Fickert

Die gestern erst im Museum Wiesbaden eröffnete Ausstellung „August Macke. Paradies! Paradies?“ muss auf Beschluss des hessischen Corona-Kabinetts nach dem ersten Ausstellungswochenende vorübergehend vom 2. bis 30. November 2020 schließen.

„Die Schließung des Museums Wiesbaden wie der anderen Kulturinstitutionen stimmt uns natürlich sehr traurig,“ so Direktor Andreas Henning. „Doch bin ich überzeugt, dass jetzt von uns allen tatsächlich eine große gemeinsame Anstrengung erforderlich ist, damit wir eine verheerende Ausbreitung der Covid-19-Pandemie verhindern. Auch ist es völlig richtig, dass vor allem Kindergärten und Schulen unbedingt geöffnet bleiben müssen, Gottesdienste gefeiert werden sollten und der Handel auch handeln darf. Doch gerade in dieser Zeit wäre es auch wichtig, Seele und Geist des Menschen zu ernähren. Museen sind dafür ausgezeichnete Orte. Und nach allem, was wir wissen, sind es auch sichere Orte, denn man kann jederzeit genügend Abstand zu anderen Gästen wahren. Wir hoffen und wünschen uns daher sehr, dass wir Sie im Dezember wieder im Museum Wiesbaden begrüßen dürfen. Dass Sie hier Anregung und Freude finden, Auf- und Durchatmen können, Sinne und Denken in Schwung bringen.“

Die Werke von August Macke können Sie dann hoffentlich ab Dezember wieder besuchen, die Ausstellung Homecoming — Ludwig Knaus wird aber jetzt nach diesem Wochenende leider frühzeitig beendet. Das letzte Ausstellungswochenende ist es auch für die Studienausstellung Bibliothek der Bäume.

Aktuelle Informationen finden Sie auf unserer Homepage unter www.museum-wiesbaden.de.

Museum Wiesbaden ehrt August Macke (1887–1914) mit fantastischer Jubiläumsausstellung „Paradies! Paradies?“

August Macke (1887 - 1914) Gartenbild 1911. In seinen Bildern unterscheidet August Macke nicht zwischen dem Glück auf dem Land und dem in der Stadt. Die Verbindung von beidem ist der Garten im urbanen Milieu, den der Künstler häufig darstellte.  Foto: Heike v. Goddenthow
August Macke (1887 – 1914) Gartenbild 1911. In seinen Bildern unterscheidet August Macke nicht zwischen dem Glück auf dem Land und dem in der Stadt. Die Verbindung von beidem ist der Garten im urbanen Milieu, den der Künstler häufig darstellte. Foto: Heike v. Goddenthow

 

Im November wegen  Corona-Schutzmaßnahmen geschlossen!

Er galt nicht nur als Maler von Heiterkeit und Harmonie, sondern war Mitbegründer der Künstlergruppe „Blauer Reiter“ um Wassily Kandinsky, Franz Marc, Gabriele Münter, Alexej von Jawlensky und Marianne von Werefkin, und er prägte den Begriff „Rheinischer Expressionismus“. Mit „Paradies! Paradies?“ präsentiert nun das Hessische Landesmuseum Wiesbaden in Kooperation mit dem Bonner Kunstmuseum nach 100 Jahren eine große Jubiläumsausstellung zu Ehren des Expressionisten  August Macke (1887–1914). Gezeigt werden 103 Werke, davon 80 Arbeiten des Künstlers aus sämtlichen Schaffensphasen: von den frühen Anfängen 1906/ 1907, als er in Düsseldorf und Berlin war, bis 1914 zu seinem allzu frühen Tod mit 27 Jahren als Soldat an der Westfront, wenige Wochen nach Ausbruch des Ersten Weltkriegs. Darunter sind 16 Gemälde und Aquarelle, die bereits vor 100 Jahren bei der ersten August-Macke-Gedächtnis-Ausstellung im Wiesbadener Museum präsentiert wurden. Ergänzt wird die Schau mit 23 Werken „Rheinischer Expressionisten“, die von Macke inspiriert wurden.

August Macke, Seiltänzerinnen, 1914. Kunstmuseum Bonn.  Foto: Heike v. Goddenthow
August Macke, Seiltänzerinnen, 1914. Kunstmuseum Bonn. Foto: Heike v. Goddenthow

August Macke sah in erster Linie das Positive im Menschen. Bei ihm war der Mensch nicht von Natur aus böse, sondern hatte durchaus auch seinen Platz im Paradies, einem diesseitigen Paradies. Anders als die meisten Künstlerkollegen seiner Zeit, die sich insbesondere an den menschlichen Abgründen abarbeiteten und das Schöne aus ihren Werken verbannten, erzählen die Arbeiten August Mackes vom Zauber des Alltags und fernen Ländern. Macke, zunächst vom Jugendstil und französischen Impressionismus beeinflusst, gehörte zu den Künstlern, die ein heiteres, ungetrübtes Bild vom Menschen zeigten. Seine Welt sei durch und durch positiv optimistisch, und selbst die Lehrer mochten ihn, obwohl der schlechte Schüler in der Unterprima das Real-Gymnasium wegen schlechter Noten bis auf eine Eins im Zeichnen verlassen musste, so Roman Zieglgänsberger, Kurator der Ausstellung und Kustos Klassische Moderne im Museum Wiesbaden. „Und wenn man durch die Ausstellung geht, sieht man es: Mit jeder Phase seines Werkes ist das Paradies immer wieder Thema“,

Es sei gerade jetzt in diesen Pandemie-Zeiten so wichtig, August Macke zu zeigen, unterstrich Dr. Andreas Henning, Direktor des Museums Wiesbaden, beim Presse-Preview Ende Oktober, kurz vor dem Lockdown. Macke gehöre zu den „Suchenden / Reisenden, die versuchen das Paradies, also die große Einheit  mit allem, was da ist,  wiederzufinden. Natürlich unter modernen Vorzeichen zu Beginn des 20. Jahrhunderts.“, so Henning.

Diese Suche nach dem großen Harmonischen, auch sinnvollen Ganzen könne man erleben, wenn man vor den Bildern von Macke steht. „Und dieses Ganze sollte nicht nur das Innere des Menschen und die Umwelt, sondern alles: Natur, Tiere, Pflanzen, Dinge, Stadt, Modernität und all das umfassen in einem großen harmonischen Ganzen. Und wenn man vor diesen Bildern steht, die von Licht und Farbe ja durchdrungen werden, dann glaube ich, kann man an dieser Synthese die Macke gesucht hat in seinem Werk tatsächlich teilhaben – (…) Vielen Werken dieses Malers entströmen Impulse der Freude und Lebensleichtigkeit, sie scheinen uns regelrecht mit dem Leben versöhnen zu wollen“, so der Museumsdirektor.

August Macke, Die Seiltänzer, 1914. Obwohl dieser hoch über den Dächern balanciert, hat man in keinem Moment Angst, dass der nächste Schritt des Akrobaten falsch gesetzt sein könnte, so "fest" fixiert der Künstler seinen Seiltänzer im farblich warm pulsierenden Bild. Foto: Heike v. Goddenthow
August Macke, Die Seiltänzer, 1914. Obwohl dieser hoch über den Dächern balanciert, hat man in keinem Moment Angst, dass der nächste Schritt des Akrobaten falsch gesetzt sein könnte, so „fest“ fixiert der Künstler seinen Seiltänzer im farblich warm pulsierenden Bild. Foto: Heike v. Goddenthow

Die Wucht der Farben, die doppelte, doch letztlich positive Einstellung zum Leben, die Annäherung an die Natur, an die Zusammenhänge von Natur und Mensch, das ist doch etwas, was genau in diese Zeit hineinpasst, so Karin Wolff, Geschäftsführerin des Kulturfonds Frankfurt RheinMain, dessen Fördermittel die Ausstellung erst ermöglichten. Schon bei der Frage, ob wir den Zuschuss genehmigen oder nicht, sei bei ihr die große Frage aufgetaucht, „warum ist seit 50 Jahren diese Ausstellung nicht gezeigt worden?“ Macke malte keine billigen Klischees, keine Harmonie dort, wo keine Harmonie ist, aber doch mit einer durchaus positiven Grundeinstellung“, beglückwünschte Wolff das Wiesbadener Museumsteam zur höchst gelungenen Ausstellung.

Zur Ausstellung
Nach dem Ersten Weltkrieg organisierte August Mackes Ehefrau Elisabeth aus dem Nachlass des Künstlers eine „August Macke Gedächtnis-Ausstellung“ mit über 190 Werken, die im Herbst 1920 auch im Museum Wiesbaden gastierte. Anlässlich dieser vor 100 Jahren durchgeführten umfassenden Retrospektive präsentiert das Museum Wiesbaden erstmals wieder seit 50 Jahren eine Jubiläumsausstellung im RheinMain-Gebiet. Diese sei keine Rekonstruktion der Ausstellung von vor 100 Jahren – allein die damals 190 ausgestellten Werke wieder zu organisieren, „hätte uns technisch auch ein wenig überfordert“, so Kurator Roman Zieglgänsberger. Vielmehr habe man versucht, „Kronzeugen von damals in der Ausstellung zu vereinen: Es sind 16 Werke, kapitale Stücke, unter anderem ‚Der Seiltänzer‘ 1914, gleich wenn man reingeht zur Ausstellung, oder die ‚Afrikanische Landschaft in Tunis‘ und weitere Bilder, die vor 100 Jahren hier gezeigt wurden“.

Auch Neues gibt es zu entdecken, beispielsweise August Macke als Bildhauer. Im Vordergrund die Skulptur "Sitzendes Mädchen" im Hintergrund sein berühmtes Werk "Nacktes Mädchen mit Kopftuch" Foto: Diether v. Goddenthow
Auch Neues gibt es zu entdecken, beispielsweise August Macke als Bildhauer. Im Vordergrund die Skulptur „Sitzendes Mädchen“ im Hintergrund sein berühmtes Werk „Nacktes Mädchen mit Kopftuch“ Foto: Diether v. Goddenthow

In Teil I der Ausstellung (Räume eins bis sechs) wird Mackes stilistische Entwicklung nachvollziehbar: Ausgehend vom impulsiven Impressionismus eines Lovis Corinth, der kurzzeitig in Berlin sein Lehrer war, trug er durch seine Begegnung mit dem Fauvismus und Futurismus in Paris (Henri Matisse, Robert Delaunay) und die Zugehörigkeit zur 1911 in München gegründeten Künstlergruppe „Der Blaue Reiter“ um Wassily Kandinsky und Franz Marc einen entscheidenden Beitrag zum künstlerischen Aufbruch nach der Jahrhundertwende bei.

„Bei dieser rasanten Entwicklung ist wichtig, dass man sich bewusst macht, dass er zur Speerspitze der Avantgarde gehört hat, und dass er als eine eigenständige Stimme ins Orchester dieser offensiven Erneuerer gewählt worden ist“, unterstreicht Zieglgänsberger die herausragende Bedeutung dieses viel zu früh verstorbenen Künstlers.

Man kann hier den Künstler in seiner Vielseitigkeit und Vielschichtigkeit entdecken: Alle Sujets, alle Themen sind vertreten, mit denen sich August Macke auseinandergesetzt hat, angefangen vom Porträt über Gemälde und Zeichnungen von der Familie, Freunden, Landschaften und Stadtansichten bis hin zu verschiedenen Medien, in welchen der Künstler auch tätig war. So werden neben Druckgrafiken und einer Skulptur auch atmosphärische Aquarelle präsentiert, die vom Thuner See in der Schweiz stammen und während der berühmten Reise im April 1914 mit Paul Klee und Louis Moilliet im afrikanisch-orientalischen Tunis entstanden waren.

Teil II der Ausstellung (Räume 7 und 8):

Heinrich Campendonk (1889 - 1957) Stillleben mit zwei Köpfen (1914). Foto: Diether v. Goddenthow
Heinrich Campendonk (1889 – 1957) Stillleben mit zwei Köpfen (1914). Foto: Diether v. Goddenthow

Ausstellungs-Teil II „Rheinischer Expressionismus“ ist der Wirkung des Künstlers auf das „Rheinland“ gewidmet,  eine Zusammenstellung namhafter Vertreter dieses Genres, welches „noch nie im RheinMain-Gebiet thematisiert worden ist“, so Zieglgänsberger. Hier werden die wichtigsten Künstler vorgestellt, die August Macke in Bonn zwischen 1911 und 1914 inspiriert hat, und für die er 1913 in der Bonner Buchhandlung Cohen die Ausstellung  „Rheinische Expressionisten“ organisierte, ein Titel, der zu einer  regelrechten Marke werden sollte. Darunter die Maler Helmuth Macke (ein Cousin von August), Heinrich Nauen, Franz M. Jansen, Hans Thuar, Louis Seel, Hans Mattis-Teutsch  und Heinrich Campendonk. Letzterer kam durch August Macke in unmittelbare Berührung mit den Künstlern der Neuen Künstlervereinigung München und des Blauen Reiters.
Macke war, als er nach Bonn kam,  auch Kunst-Berater und -Kunst-Organisator. Unter anderem  hatte die ersten Ausstellungen der Neuen Künstlervereinigung München und Blauen-Reiter nach Köln vermittelt, so Zieglgänsberger.

Und wenn Macke nicht gefallen wäre?

„Am Ende der Ausstellung tippen wir“, so Zieglgänsberger, „ mit der sehr eindringlichen Otto-Dix-Zeichnung ‚Gasmasken‘, die wirklich 1916 im Schützengraben gezeichnet wurde, die Frage an“: wie August Macke weitergearbeitet hätte, „wenn er an der Front überlebt hätte“. Zwar sei es müßig darüber zu spekulieren, aber wahrscheinlich, dass er womöglich doch sein künstlerisches Prinzip, den Menschen unabdingbar im Paradies verorten zu wollen, überdacht hätte. Wenn er  wohl auch kein Maler der neuen Sachlichkeit geworden wäre, so Zieglgänsberger, „hätte er sicher kreative Lösungen gefunden. August Macke wäre ja, wenn er nicht gefallen wäre, erst 31 Jahre alt gewesen als 1918 der Krieg zu Ende war. In diesem Fall hätte er noch 50 Jahre seines (künstlerischen) Lebens vor sich gehabt, wenn er beispielsweise so alt geworden wäre wie Karl Schmidt-Rottluff (1.12.1884 – 10.08.1974).

So zeigt die Ausstellung letztlich auch, „was Krieg bedeutet, wie der Krieg einfach jeden individuellen Lebensweg, jede Lebensplanung und jedes Lebensschicksal brachial durchkreuzt und abschneidet. Auch das wollen wir deutlich machen, unterstreicht Direktor Henning.

Ausstellungs-Impression August Macke "Paradies! Paradies?" Foto: Diether v. Goddenthow
Ausstellungs-Impression August Macke „Paradies! Paradies?“ Foto: Diether v. Goddenthow

Basis des  Ausstellungs-Projektes ist die enge Zusammenarbeit mit dem Kunstmuseum Bonn und seine Leihgabe wichtiger Schlüsselwerke, so Henning. „Im Gegenzug bilden eine Reihe unserer Hauptwerke Alexej von Jawlenskys, zu dem August Macke in engem Kontakt stand, dort die Basis für eine große Präsentation dieses Künstlers. Ein großer Dank gilt auch dem Kulturfonds RheinMain, der mit seiner Förderung gerade jetzt maßgeblich zur Aufrechterhaltung des kulturellen Lebens beiträgt.“

(Diether v. Goddenthow / Rhein-Main.Eurokunst)

Die ursprüngliche Laufzeit der Ausstellung: 30. Oktober 2020 – 14 Februar 2021, wird aufgrund des gegenwärtigen Lockdown bis zum 30. Nov. 2020  unterbrochen. Informieren Sie sich aktuell über die Öffnung des Museums nach dem Lockdown:
https://museum-wiesbaden.de/covid-19
https://museum-wiesbaden.de/august-macke

Weitere Infos: https://www.freunde-museum-wiesbaden.de/news/interview-mit-roman-zieglgaensberger/

paradies-paradies-cover-160Sehr empfehlenswert  ist der Begleitband zur Ausstellung:  Roman Zieglgänsberger (Hrsg.) August Macke. Paradies! Paradies?, Mit Beiträgen von Sibylle Discher, Peter Forster, Tanja Pirsig-Marshall und Roman Zieglgänsberger. 192 Seiten mit ca. 150 Abb. Michael Imhof Verlag GmbH & Co. KG, ISBN 978-3-7319-1008-4, Museums-Preis 24,90, Euro, im Handel 29,95 Euro.

Freier Eintritt ins Museum Wiesbaden am ersten Samstag im Monat – Lebensmenschen

Marianne von Werefkin und Alexej von Jawlensky in ihrem Atelier auf Gut Blagodat, 1893. Foto: Alexej von Jawlensky-Archiv S.A., Muralto
Marianne von Werefkin und Alexej von Jawlensky in ihrem Atelier auf Gut Blagodat, 1893. Foto: Alexej von Jawlensky-Archiv S.A., Muralto

Das Museum Wiesbaden lädt am Samstag, 4. Juli 2020 wieder bei freiem Eintritt zum Besuch der aktuellen Sonderausstellungen und Sammlungspräsentationen ein. Im Fokus steht die Expressionistische Schau „Lebensmenschen – Alexej von Jawlensky und Marianne von Werefkin“ mit einem Screening im Vortragssaal.

Seit Juni kann das Museum Wiesbaden unter den geltenden Hygienemaßnahmen und Abstandsregelungen seine Freien Samstage wieder ermöglichen. Für junge Gäste bis 12 Jahre hat das Museum Wiesbaden eine Überraschung parat: Die „MuWi Wundertüten“ stehen an der Museumskasse kostenfrei zur Begleitung ihres Besuchs bereit. Führungen oder Sonderveranstaltungen können am 4. Juli nicht stattfinden. Ein besonderes Angebot am bevorstehenden Termin ist die Vorführung einer Dokumentation zum Künstlerpaar Alexej von Jawlensky und Marianne von Werefkin, den Protagonisten der „Lebensmenschen“-Schau. Der Begleitfilm (Länge: ca. 60 min) zur Ausstellung ist am freien Samstag jeweils um 11, 13 und 15 Uhr im Vortragssaal zu sehen. „Der Filmbeitrag ist wirklich sehenswert, denn er erweitert die Lebensmenschen-Schau um viele Details zum Leben der beiden Künstler. Wichtige Lebensdaten und Ereignisse werden in der Dokumentation begleitend zur Ausstellung nochmal eingehend thematisiert“, sagt Kurator Dr. Roman Zieglgänsberger.

Alexej von Jawlensky und Marianne von Werefkin zählen zu den führenden Künstlerpositionen des Expressionismus und waren entscheidend für die Entwicklung der künstlerischen Moderne. Bislang wurde die Partnerschaft dieser „Lebensmenschen“ jedoch kaum erforscht. Das Museum Wiesbaden präsentiert mit der großangelegten Retrospektive erstmals das Œuvre des Künstlerpaars Jawlensky und Werefkin, Seite an Seite in einer gemeinsamen Schau. Darüber hinaus und neben den Dauerausstellungen in Bereichen Kunst und Natur, wartet das Museum mit einem abwechslungsreichen Ausstellungsprogramm auf: Die Schau „Schmetterlingen auf der Spur“ lädt große und kleine Gäste dazu ein, zu Detektiven der Natur zu werden und die detailgetreuen Illustrationen Johann Brandstetters zu studieren. Mit über 500 verschiedenen Schmetterlingen und 50 Schmetterlingsstudien und Aquarellen gibt die Ausstellung einen eindrucksvollen Einblick in die Artenvielfalt der tag- und nachtaktiven Tiere. Mit dem „Homecoming“ der Werke des Wiesbadener Genremalers Ludwig Knaus werden die Betrachterin und den Betrachter in das historische Landleben in Hessen entführt: Rund 70 Gemälde und 100 Zeichnungen spiegeln Knaus‘ Beobachtung der Gesellschaft im 19. Jahrhundert in Motiven des Alltags wider. Jan Thomas‘ „Bats and Saints“-Intervention tritt in einen außergewöhnlichen und beeindruckenden Dialog mit den mittelalterlichen Exponaten im Kirchensaal und den Alten Meistern und in der Studienausstellung „Bibliothek der Bäume“ können Besucherinnen und Besucher Formen, Farben und Früchte von 240 verschiedenen Holzarten entdecken und vergleichen.

Um längere Wartezeiten am Eingang oder an der Kasse zu verhindern, werden die Besucherinnen und Besucher gebeten, ihren Besuch auf 90 Minuten zu beschränken. Zudem gilt weiterhin für alle Gäste des Hauses ab 6 Jahren die Pflicht, einen Mund-Nasen-Schutz oder ein „Visier“ zu tragen. Der Zutritt zur Filmvorführung ist kostenfrei und nur mit Anmeldung vor Ort möglich (max. 28 Gäste).

Museum Wiesbaden
Hessisches Landesmuseum für Kunst und Natur
Friedrich-Ebert-Allee 2, 65185 Wiesbaden

Ein Jahr „Jugendstil. Schenkung F. W. Neess“ – Museum Wiesbaden zieht Bilanz des ersten Ausstellungsjahrs mit Neuerwerbungen

Impression "Ein Jahr 'Jugendstil. Schenkung F. W. Neess' im Museum Wiesbaden" © Foto: Diether v. Goddenthow
Impression „Ein Jahr ‚Jugendstil. Schenkung F. W. Neess‘ im Museum Wiesbaden“ © Foto: Diether v. Goddenthow

Am 28. Juni 2020 jährt sich zum ersten Mal der Jahrestag der Jugendstil-Schenkung von Ferdinand Wolfgang Neess an das Museum Wiesbaden. Zu seinem 90. Geburtstag, wurde seine Sammlung unter dem Namen „Jugendstil. Schenkung F. W. Neess“ feierlich im Museum eröffnet und findet seitdem breite Aufmerksamkeit beim Publikum und in den internationalen Medien. Das Museum konnte seinen Sammlungsschwerpunkt durch die Schenkung substanziell erweitern. Gemeinsam mit dem Sprudelhof in Bad Nauheim und der Mathildenhöhe in Darmstadt stellt die internationale Sammlung sowohl eine wichtige Ergänzung für diesen kulturgeschichtlichen Zeitraum in Hessen als auch auf der Landkarte des Jugendstils dar. Der Jugendstil speiste sich stilistisch und inhaltlich aus den Formen der Natur und verbindet somit ideal die Sammlungen für Kunst und Natur des Zweispartenhauses in Wiesbaden.

Die Präsentation der größten europäische Privatsammlung des Jugendstils, Art Nouveau und Symbolismus‘, wurde im Museum Wiesbaden ganz im Sinne des Geistes der damaligen Künstler als Gesamtkunstwerk inszeniert. Als gelebte Einheit werden Gläser, Keramiken, Möbel, Lampen und Gemälde als untrennbare Verbindung von Kunst und Leben gemeinsam gezeigt. Die Innovationskraft dieser Kunstrichtung zeigt sich auch in der künstlerischen Nutzung der modernen Elektrizität, indem Skulpturen illuminiert und funktional nutzbar gemacht und Lampen zu gläserneren leuchtenden Kunstwerken wurden. Einen besonderen Kern bildet in der Präsentation die permanente Beleuchtung der Lampen sowie der Lichtinstallationen der Räume, um die für den Jugendstil besondere Bedeutung der Lichtatmosphäre hervorzuheben.

Émile Gallé 1846 - 1904 Tischlampe mit Farndekor. Überfangglas geätzt, Schmiedeeisenmontierung. © Foto: Diether v. Goddenthow
Émile Gallé 1846 – 1904 Tischlampe mit Farndekor. Überfangglas geätzt, Schmiedeeisenmontierung. © Foto: Diether v. Goddenthow

„Die herausragende Qualität der Objekte, die vielfach ikonische Werke dieser Zeit wie Alfons Muchas Skulptur ‚La Nature‘ enthält, trägt ihren Teil zu einem einzigartigen Kunsterlebnis bei. Dank der Schenkung konnte das Museum seinen bisherigen Sammlungsschwerpunkt zur Kunst des 19. Jahrhunderts fulminant erweitern und den Übergang vom 19. Jahrhundert zur Kunst der klassischen Moderne im 20. Jahrhundert präzisieren“, resümiert Museumsdirektor Dr. Andreas Henning und begrüßt zudem den Zuwachs an Internationalität: „Einem Museum der Landeshauptstadt Hessens würdig, trägt die Sammlung zur Schärfung seines internationalen Profils bei. Besonders die Objekte des Art Nouveau in der Sammlung verdeutlichen, welche bedeutende Rolle Frankreich für diese Bewegung innehatte. Kein anderes Museum außerhalb Frankreichs weist eine solche Fülle an Kunstwerken aus dieser Zeit auf. Die Sammlung macht das Museum Wiesbaden zu einem Zentrum des Art Nouveau in Deutschland.“

Durchdrungen vom Geist der Weltausstellung 1900 in Paris, der Wiener Sezessionsbewegung als auch der deutschen Reformbewegung stellt die Präsentation mit ihren mehr als 500 Objekten qualitativ als auch quantitativ einen zentralen Querschnitt des weltweiten Jugendstils dar. Der Jugendstil gilt als letzte gemeinsame internationale Kunstsprache.

Kustos und Ausstellungsmacher Dr. Peter Forster bedauert, dass die erste Jubiläumsfeier nur still und ohne den Stifter und Sammler begangen werden kann: „Am Jahrestag wäre der Sammler Ferdinand Wolfgang Neess 91 Jahre geworden und liebend gerne hätte das Museum seinen Geburtstag mit ihm feierlich begangen. Zu unser großen Trauer ist dies durch seinen Tod am 26. Januar 2020 nicht möglich. In seiner Sammlung lebt er jedoch weiter und auch die Sammlung selbst lebt weiter. Seine Ehefrau Danielle Neess fühlt sich der Sammlung weiterhin sehr verpflichtet und unterstützt das Museum in großzügiger und tatkräftiger Weise.“

Zahlreiche der gezeigten Exponate wurden auf der Pariser Weltausstellung ausgestellt. © Foto: Diether v. Goddenthow
Zahlreiche der gezeigten Exponate wurden auf der Pariser Weltausstellung ausgestellt. © Foto: Diether v. Goddenthow

So gelangten nach der Eröffnung ein Originalplakat von Alfons Mucha Österreich auf der Weltausstellung in Paris und ein großformatiges Gemälde von Friedrich König ‚Der Tod und das Mädchen‘ als Dauerleihgabe in das Museum. Einen weiteren Höhepunkt bilden eine Tischleuchte ‚Danseuse à l’écharpe‘ und eine Skulptur ‚Danseuse aux Cothurnes‘ von Agathon Léonard. Beide Tanz-Figuren wurden für einen fünfzehnteiligen Tafelaufsatz aus Porzellan entworfen, der auf der Pariser Weltausstellung 1900 mit einer Goldmedaille prämiert wurde. Die beiden beeindruckenden Fassungen in vergoldeter Bronze, eine Hommage an die um die Jahrhundertwende gefeierten neuen Ausdruckstanzbewegungen, werden in Wiesbaden erstmals zum 91. Geburtstag des Mäzens präsentiert. Neben der Sammlungspräsentation jährt sich auch das Jugendstiljahr in Wiesbaden, an dem sich zahlreiche Institutionen in Wiesbaden beteiligt und die maßgeblich dazu beigetragen haben, den Blick auf den Jugendstil in Wiesbaden zu öffnen.

Auch in den Besucherzahlen spiegelt sich die Neugier der Gäste und das Interesse an der vielseitigen Kunstströmung wieder. Am Eröffnungstag der Sammlung durfte das Museum über 1000 Besucherinnen und Besucher in seiner neuen Jugendstil-Sammlung willkommen heißen. Seitdem zieht es – nun auch als Mitglied der European Art Nouveau Route und Dank der engen Zusammenarbeit mit dem Wiesbadener Stadtmarketing – zahlreiche Gäste aus dem In- und Ausland in die Sammlung.

Dr. Peter Forster, Kustos Alte Meister und Jugendstil Sammlung F.W. Neess führt durch die auch brillant präsentierte Jugendstilausstellung Hier erläutert er die große Bodenvase mit Masken, deren Besonderheit in der Entwicklung der sich an der französischen Kunstkeramit orientierenden Steinzeugserie Grès-Bijou lag. © Foto: Diether v. Goddenthow
Dr. Peter Forster, Kustos Alte Meister und Jugendstil Sammlung F.W. Neess führt durch die auch brillant präsentierte Jugendstilausstellung Hier erläutert er die große Bodenvase mit Masken, deren Besonderheit in der Entwicklung der sich an der französischen Kunstkeramit orientierenden Steinzeugserie Grès-Bijou lag. © Foto: Diether v. Goddenthow

„Die Bilanz ein Jahr lang Jugendstil im Museum Wiesbaden gestaltet sich auf allen Ebenen als hoch erfreulich und wird begleitetet von Zustiftungen. Dem Beispiel Neess folgend haben sich Sammler angeschlossen und werden als Vermächtnisse geschlossene Keramik- und Glaskonvolute von Royal Dux und Joh. Loetz-Witwe dem Museum zukommen lassen. Als Fazit kann festgehalten werden: Der Jugendstil hat sich in Wiesbaden etabliert, Dank Ferdinand Wolfgang Neess,“ dankt Forster dem Engagement des verstorbenen Sammlers sowie den Bürgerinnen und Bürger.

Weitere Informationen:Museum Wiesbaden

Ort:
Museum Wiesbaden
Hessisches Landesmuseum für Kunst und Natur
Friedrich-Ebert-Allee 2,
65185 Wiesbaden

„Von der Wiege bis zur Bahre“ – Wiesbadener Museum zeigt die bedeutendsten Genre-Bilder des 19. Jahrhunderts in „Ludwig Knaus Homecoming“ vom 14.02 – 2.08.2020

Die Goldene Hochzeit entsteht über den Jahreswechsel 1858/59 hinaus. Knaus war wieder nach Jahren Pariser Aufenthalte und einer längern Italienreise nach Willingshausen zurückgekehrt, „dort, wo die lauschigen Storchennester sind, wo er seine Landleute findet, die er eben malen kann, wo er seine Heimat hat“. Und er hatte das Glück binnen kürzester Zeit an verschiedenen Festen teilzunehmen, und entsprechendes Material zu finden, alles, was sein  „gemütliches deutsches Genre ausmacht“. Es ist das, was sein  Publikum von ihm erwartet, damit er mit seine Kunst auch entsprechend Käufer findet und  entsprechend seinen Status zu erhalten kann. „Die Goldene Hochzeit“, bereits vor der Ausstellung verkauft,  wird 1959 im Pariser Salon sofort ein  großer Publikumserfolg: „Es ist die Perle der Ausstellung“. Die Kuratoren Rebecca Krämer und Dr. Peter Foster,  Dr. Peter Forster Kustos Sammlungen 14. bis 19. Jh. Leitung Provenienzforschung Koordination Museumspädagogik. © Foto: Diether v Goddenthow
Die Goldene Hochzeit entsteht über den Jahreswechsel 1858/59 hinaus. Knaus war wieder nach Jahren Pariser Aufenthalte und einer längern Italienreise nach Willingshausen zurückgekehrt, „dort, wo die lauschigen Storchennester sind, wo er seine Landleute findet, die er eben malen kann, wo er seine Heimat hat“. Und er hatte das Glück binnen kürzester Zeit an verschiedenen Festen teilzunehmen, und entsprechendes Material zu finden, alles, was sein „gemütliches deutsches Genre ausmacht“. Es ist das, was sein Publikum von ihm erwartet, damit er mit seine Kunst auch entsprechend Käufer findet und entsprechend seinen Status zu erhalten kann. „Die Goldene Hochzeit“, bereits vor der Ausstellung verkauft, wird 1959 im Pariser Salon sofort ein großer Publikumserfolg: „Es ist die Perle der Ausstellung“. Die Kuratoren Rebecca Krämer und Dr. Peter Foster, Dr. Peter Forster Kustos Sammlungen 14. bis 19. Jh. Leitung Provenienzforschung Koordination Museumspädagogik. © Foto: Diether v Goddenthow

Das Hessische Landesmuseum Wiesbaden holt mit der Sonderausstellung „Ludwig Knaus – Homecoming“ (14.02. bis 2. 08.2020) einen der populärsten Künstler des 19. Jahrhunderts zurück in seine Heimatstadt Wiesbaden. Zusammen mit Adolf Menzel galt der Wiesbadener Genremaler Ludwig Knaus als der beste Zeichner und Genre-Maler seiner Zeit. Er malte wie ein Weltmeister, immer mit Skizzenblock oder Stift unterwegs. Er schuf die Vorlage für die berühmteste Druckgrafik des 19. Jahrhunderts, „Die Goldene Hochzeit“. Dieses Ölgemälde, welches nie in Deutschland gezeigt wurde, da es noch vor der Ausstellung 1859 im Pariser Salon nach Amerika verkauft wurde, galt 140 Jahre lang, noch bis vor kurzem als verschollen. Nun ist die „Die Goldene Hochzeit“ erstmals nach Deutschland als Leihgabe zurückgekehrt und mit 70 weiteren erstklassigen Genre-Bildern sowie 100 Zeichnungen und Ölstudien im UG des Landesmuseum Wiesbaden für Kunst und Natur zu sehen, darunter auch das zweitberühmteste Werk „Hoheit auf Reisen“ und das von Theodor Fontane einst so geliebte „Damenbrettspiel“ aus der Nationalgalerie Berlin. Knaus Gemälde und Zeichnungen spiegeln Beobachtungen der Gesellschaft im 19. Jahrhundert wider und geben mit Motiven aus dem Alltag tiefere Einblicke in die Kultur und Geschichte Hessens.

Ludwig Knaus Selbstportrait © Museum Wiesbaden Foto: Bernd Fickert
Ludwig Knaus Selbstportrait © Museum Wiesbaden Foto: Bernd Fickert

Der gebürtige Wiesbadener Künstler Ludwig Knaus wurde nach einer Ausbildung an der Düsseldorfer Akademie zu einem der führenden Genre- und Porträtmalern des 19. Jahrhunderts. Von 1852 bis 1860 lebte Knaus in Paris, wo seine Arbeiten bereits 1852 erste Erfolge verzeichneten und fortan auf dem internationalen Kunstmarkt, vor allem nach Frankreich und Amerika, vertrieben wurden. Die Stadt Wiesbaden, zu der Knaus immer eine enge Beziehung pflegte, „schmückte“ sich im 19. Jahrhundert gerne mit dem Künstler. Aufgrund seiner hohen Preise konnte das Museum zu Knaus‘ Lebzeiten jedoch nur zwei seiner begehrten Gemälde, Brautschau (1864) und Die Frühlingsidylle (1895), zu Sonderkonditionen erwerben. Zahlreiche von Knaus‘ Arbeiten sind in seinem Atelierhaus in der Schönen Aussicht 7 in Wiesbaden entstanden. Nach seiner Rückkehr aus Frankreich mit einer Zwischenstation in Wiesbaden wurde Knaus 1874 auf eine Professur an die Akademie der Künste in Berlin berufen, wo er bis zu seinem Lebensende 1910 lebte. Heute befinden sich die Gemälde von Ludwig Knaus in zahlreichen deutschen Museen, ebenso wie in Amerika und weiteren europäischen Sammlungen.

Das Damenbrettspiel, zeigt Ludwigs Knaus Vater mit seinem Schwiegervater. Theodor Fontane liebte das Werk. © Foto: Diether v Goddenthow
Das Damenbrettspiel, zeigt Ludwigs Knaus Vater mit seinem Schwiegervater. Theodor Fontane liebte das Werk. © Foto: Diether v Goddenthow

Während Knaus‘ Zeitgenossen sich der Kunst des Impressionismus verschrieben, galt Knaus‘ künstlerisches Interesse der realitätsnahen Darstellung von Szenen aus dem Alltag, darunter vor allem Taufen, Hochzeiten, Feste oder Ernten. „Mir sagt aber das ausdrucksvolle lebendige Genre entschieden besser zu, wo man sich für die Individualitäten interessiert, wo die Leute sprechen und handeln und in intimer Beziehung zu einander stehen“. Ludwig Knaus, 21.12.1857 Die Genremalerei von Ludwig Knaus bildet zahlreiche Stationen und Bereiche des Lebens ab: von der Kindheit bis zum Tod oder vom Arbeitsalltag bis zu den Existenzen außerhalb der bürgerlichen Norm. Vor allem war der Wiesbadener aber auch ein Porträtist und Zeichnungen bildeten für Knaus die Grundlage, sich der Realität zu nähern und sie zu erfassen. Knaus Œuvre zeichnet sich insbesondere durch den Anspruch des Künstlers aus, möglichst wirklichkeitstreue Darstellungen der Menschen in poetischer Form zu fertigen. Ihn interessierten Szenen zwischenmenschlicher Begegnungen. Darstellungen mit vielen Figuren sind typisch für seine Kompositionen.

Ludwig Knaus Impression © Foto: Diether v Goddenthow
Ludwig Knaus Impression © Foto: Diether v Goddenthow

Oftmals besitzt die idyllisch anmutende Genremalerei aber auch soziakritisches Potential. Ludwig Knaus malte Gesellschaftsbilder, die als Spiegel der Gesellschaft des 19. Jahrhunderts aus der Sicht Knaus‘ gesehen werden können. Beispielsweise leisten seine Darstellung von Festen und Landschaften um Willingshausen herum einen Beitrag zur Herausbildung der hessischen Identität, da sie Aufschluss über Trachten und Bräuche geben. Ebenfalls muss betont werden, dass Knaus als typischer Vertreter des 19. Jahrhunderts gängige Vorurteile aufzugreifen, diese entsprechend darzustellen und zu bedienen wusste. Dazu gehörten Themen und Darstellungen, die aus Sicht der bürgerlichen Gesellschaft Minderheiten, exotische Motive und Randgruppen zum Gegenstand hatten. Beispielsweise erzielte seine Präsentation der sich außerhalb der gesellschaftlichen Norm bewegenden Zigeuner in Paris große Erfolge. Knaus zeigte in seinen Genrebildern auch Szenen aus dem jüdischen Kulturkreis, wie beispielsweise das Gemälde Salomonische Weisheit (1878), bei der er die gängigen Vorurteile seiner Zeit aufgriff. Großer Beliebtheit im In- und Ausland erfreuten sich seine Darstellungen der ländlichen Bevölkerung. Ein Schlüsselwerk des 19. Jahrhunderts, Die Goldene Hochzeit (1858), zeigt ein familiäres, generationenübergreifendes Fest aus der hessischen Schwalm. Für die damalige Gesellschaft und die Käuferschaft wirkten die Schwälmer Landleute als Einheit fernab einer aus den Fugen geratenen industrialisierten Welt.

Das zweitwichtigste Werk, das Ludwig Knaus  für Hessen hergestellt hat, ist „Die Hoheit auf Reisen“ von 1867. Es ist  ebenfalls zum ersten Mal in Deutschland und zeigt eine politische Reaktion auf die Übernahme der Preußen von Hessen-Nassau. Dargestellt wird, „wie die neue Regentschaft durch ein Dorf oder daran vorbei läuft. Die ganzen Hessen schauen sich das an und sie reagieren im Prinzip auf das, was da neu ist, und ist dieses erste Beschnuppern, was Knaus hier sehr gut und einträglich eben darstellt“, so Krämer.© Museum Wiesbaden Foto: Bernd Fickert
Das zweitwichtigste Werk, das Ludwig Knaus für Hessen hergestellt hat, ist „Die Hoheit auf Reisen“ von 1867. Es ist ebenfalls zum ersten Mal in Deutschland und zeigt eine politische Reaktion auf die Übernahme der Preußen von Hessen-Nassau. Dargestellt wird, „wie die neue Regentschaft durch ein Dorf oder daran vorbei läuft. Die ganzen Hessen schauen sich das an und sie reagieren im Prinzip auf das, was da neu ist, und ist dieses erste Beschnuppern, was Knaus hier sehr gut und einträglich eben darstellt“, so Krämer.© Museum Wiesbaden Foto: Bernd Fickert

Die Ausstellung Ludwig Knaus – Homecoming (14.02.–02.08.2020) rückt zentrale Hauptwerke aus dem Werk Knaus‘, die bereits zu Lebzeiten des Malers nach Amerika verkauft wurden, in den Fokus. Ausgehend von bedeutenden Leihgaben aus dem Grohmann Museum in Milwaukee, Wisconsin sowie dem Milwaukee Art Museum und dem Arnot Art Museum New York, die eigens für das Ausstellungsprojekt nach Hessen zurückkehren, ist die Ausstellung in thematische Bereiche gegliedert. Rund 70 Gemälde und 100 Zeichnungen und Ölstudien stellen das Werk des Wiesbadener Genremalers auf 350 Quadratmetern Ausstellungsfläche vor. Der Rundgang thematisiert den Kreislauf des Lebens von der Wiege bis zur Bahre unter besonderer Berücksichtigung der Werke aus Amerika. Die Arbeitsweise des Künstlers wird durch Zeichnungen und Studien wie aber auch durch authentische hessische Kostüme dokumentiert. Die Ausstellung verdeutlicht anhand der Hauptwerke von Ludwig Knaus, dessen Name damals in aller Munde war, welchen hohen Stellenwert er für die Kunst des 19. Jahrhunderts besaß. Heute hingegen gilt er weitestgehend als vergessen. Eine Auswahl von hessischen Trachtenkostümen aus dem Nachlass des Künstlers ergänzen die Schau.

Zur Ausstellung erscheint der Katalog „Ludwig Knaus – Homecoming“ im Deutschen Kunstverlag, (ISBN: 978-3-422-98280-2).

Die Ausstellung steht unter der Schirmherrschaft des Hessischen Ministerpräsidenten Volker Bouffier.

Gefördert durch den Kulturfonds Frankfurt RheinMain und die Ernst von Siemens Stiftung.

Hessisches Landesmuseum für Kunst und Natur
Friedrich-Ebert-Allee 2
65185 Wiesbaden
www.museum-wiesbaden.de

Hessen trauert um Kunstsammler Ferdinand Neess

Ferdinand Neess  ©  Foto: Diether  v Goddenthow
Ferdinand Neess © Foto: Diether v Goddenthow

Ministerpräsident Volker Bouffier und Kunst- und Kulturministerin Angela Dorn: „Ferdinand Neess hat allen Hessen ein Geschenk gemacht – seine Selbstlosigkeit dient als Vorbild“
Hessen trauert um den Kunstsammler Ferdinand Neess, der am Sonntag im Alter von 90 Jahren verstorben ist. Neess hatte dem Land Hessen im Frühjahr 2017 seine einzigartige Jugendstil-Sammlung geschenkt, die im Landesmuseum in Wiesbaden zu sehen ist. „Ferdinand Neess hat den Hessinnen und Hessen und allen, die Wiesbaden besuchen, mit seiner Sammlung ein großartiges Geschenk gemacht – wir alle werden ihm immer dankbar sein“, erklärten Ministerpräsident Volker Bouffier und Kunst- und Kulturministerin Angela Dorn heute in Wiesbaden. „Dass jemand, der die Kunst so liebt und mit ihr lebt, sich von diesen Werken trennt und sie der Allgemeinheit zur Verfügung stellt, zeugt von einer Selbstlosigkeit, die als Vorbild dienen kann. Ein großer Mann ist von uns gegangen.“

„Dank der Großzügigkeit von Ferdinand Neess kann das Museum Wiesbaden eine der bedeutendsten europäischen Privatsammlungen des Jugendstils und des Symbolismus zeigen“, erklärte Ministerpräsident Bouffier, der den Kunstsammler im Oktober 2019 mit der Georg-August-Zinn-Medaille des Landes Hessen ausgezeichnet hatte. „Diese Kunstwerke werden noch viele künftige Generationen beeindrucken. Wir verstehen das Andenken an Ferdinand Neess auch als Verpflichtung, sie zu erhalten, zu zeigen und daran zu erinnern, wem wir diesen Kunstgenuss zu verdanken haben.“ Die Sammlung umfasst mehr als 500 Kunstwerke. Ihr Wert wird mit 42 Millionen Euro beziffert.

„Ich bin sehr froh, dass Ferdinand Neess die Einrichtung der Sammlung im eigens dafür umgebauten Südflügel des Museums Wiesbaden im vergangenen Jahr noch erleben konnte, einen Tag nach seinem 90. Geburtstag“, so Kunstministerin Dorn. „Der Stifter hat mehr als 40 Jahre lang Kunst und Leben eng miteinander verbunden, ganz im Geiste der Stilrichtung, die er sammelte. Er hat ein Gesamtkunstwerk geschaffen, das die Grenzen zwischen Leben und Kunst schließlich aufheben sollte –wir, die wir daran teilhaben dürfen, danken ihm und seiner Frau Danielle herzlich.“

„Die Landeshauptstadt Wiesbaden trauert um Ferdinand Wolfgang Neess. Er hat uns 2017 reich beschenkt, indem er dem Landesmuseum seine einmalige Jugendstilsammlung vermacht hat, die seither kunstbegeisterte Menschen aus der ganzen Welt in unser Museum lockt. Für immer sind wir ihm von Herzen dankbar; sein Andenken werden wir in großen Ehren halten“, so Oberbürgermeister Gert-Uwe Mende und Kulturdezernent Axel Imholz.

Verleihung der August-Zinn Medaille

Jugendstil-Sammlung Ferdinand Nesses im Hessischen Landesmuseum Wiesbaden

Dr. Andreas Henning, Experte für alte Meister aus Dresden, wird neuer Direktor des Landesmuseums Wiesbaden

„Ich bin sehr froh, dass wir Dr. Andreas Henning für Wiesbaden gewinnen konnten“, erklärt die hessische Kunst- und Kulturministerin Angela Dorn.© Foto: Diether v Goddenthow
„Ich bin sehr froh, dass wir Dr. Andreas Henning für Wiesbaden gewinnen konnten“, erklärt die hessische Kunst- und Kulturministerin Angela Dorn.© Foto: Diether v Goddenthow

Wiesbaden. Kunst- und Kulturministerin Angela Dorn hat heute Dr. Andreas Henning als künftigen Direktor des Hessischen Landesmuseums Wiesbaden der Öffentlichkeit vorgestellt. Der gebürtige Berliner ist derzeit Kurator für italienische Malerei und stellvertretender Direktor an der Gemäldegalerie Alte Meister der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden und wird zum 1. März 2020 die Nachfolge von Dr. Alexander Klar antreten.

„Ich bin sehr froh, dass wir Dr. Andreas Henning für Wiesbaden gewinnen konnten“, erklärt die hessische Kunst- und Kulturministerin Angela Dorn. „Seine fachliche Versiertheit und große Erfahrung spricht aus zahlreichen Sonderausstellungen, Forschungs- und Vermittlungsprojekten. Seine Leitungskompetenz hat er unter anderem als Stellvertretender Direktor in Dresden unter Beweis gestellt. Ganz besonders gefallen haben uns in der Auswahlkommission seine engagierten Ideen dazu, wie sich ein neues Publikum für das Museum begeistern lässt. Wir haben den Eindruck gewonnen, dass er ein gutes Gespür dafür hat, wo er die Leute abholen kann, die vielleicht noch nicht oder nur selten ins Museum gehen. Dieser Aspekt ist mir sehr wichtig, denn aus meiner Sicht haben Kunst und Kultur eine zentrale Rolle für unsere Demokratie, und deshalb sollen unsere Schätze zugänglich für alle sein. Dafür wollen wir Schwellen senken und mehr erklären. Unter anderem in diesem so wichtigen Bereich der Vermittlung erwarte ich von Herrn Dr. Henning viele gute Ideen. Er hat spannende Ansätze dafür, wie sich neue Medien für die Vermittlung nutzen lassen und wie die beiden großen Schwerpunkte des Landesmuseums, Kunst und Naturgeschichte, enger verzahnt werden können.“ Herr Dr. Klar hinterlasse ein gut bestelltes Haus, aber sie sei sicher, dass Dr. Henning mit seiner großen Erfahrung  den begonnenen Weg mit viel Schwung fortführen werde, so die Ministerin.

"In einer Zeit, wo wir uns von der virtuellen Welt vereinnahmen lassen, ist der Wechsel in eine analoge Welt wichtig, weil ich mich  in der Auseinandersetzung mit dem realen Objekt neu  selbst erfahren kann", so  Dr. Andreas Henning © Foto: Diether v Goddenthow
„In einer Zeit, wo wir uns von der virtuellen Welt vereinnahmen lassen, ist der Wechsel in eine analoge Welt wichtig, weil ich mich in der Auseinandersetzung mit dem realen Objekt neu selbst erfahren kann“, so Dr. Andreas Henning © Foto: Diether v Goddenthow

„Ich freue mich auf die Zusammenarbeit mit dem gesamten Team des Museums Wiesbaden, denn dieses Haus steht für Inspiration“, sagt Dr. Andreas Henning. Er habe durchaus  Respekt vor den  großen Spuren, die Dr. Alexander Klar und sein Vorgänger hinterlassen haben. „Die Qualität und die Breite der Sammlungen faszinieren mich, und zwar Kunstwerke wie Naturobjekte gleichermaßen. Diese beiden Sammlungsschwerpunkte formen den ganz besonderen Charakter des Museums. Sie sollten deshalb auch Ausgangspunkt und Ziel der Museumsarbeit sein, wobei ich mit allen Beteiligten die Strahlkraft der Dauerausstellungen weiter steigern und zugleich nach vielfältigen Wegen der Zugänglichkeit suchen möchte. Zudem ist es mir ein Anliegen, Kunst und Natur noch mehr miteinander ins Gespräch zu bringen. Darin sehe ich die Chance, dass das Museum Wiesbaden sich immer wieder in aktuelle Fragen der Gegenwart einbringen kann und als Ort der Reflexion fungiert“, so Dr. Henning, der  Museen in heutiger Zeit durchaus auch als eine Art „Analoge Schutzräume“ definiert, in der  Menschen, die sich dort auf reale Objekte und Kunst einließen,  vor dem Hintergrund ihres virtuellen Gefordertseins durchaus  neue Wahrnehmungs-Prozesse entwickeln und zu einer Art neuen Willensaktivität und  (Selbst-/Ich-)Erkenntnissen gelangen könnten.

Selbstverständlich werde er auch die Digitalisierung voranbringen. Die digitale Plattform sei die Visitenkarte des Museums. Allerdings begreife er das Digitale immer „nur“ als Weg ins Museum, so Dr. Henning. Bereits 2007 hatte der Kustos für Alte Meister in Dresden den damaligen Second-Life-Hype erfolgreich genutzt, um die Gemäldegalerie Alter Meister 1 : 1 als Online Collection ins Netz zu stellen, wodurch viele, auch eher museumsferne User erfolgreich in die Gemäldegalerie gelockt werden konnten,  sich  auf die Gemälde  einfach mal in echt einzulassen.
Mit solchen und vielen weiteren Ansätzen, etwa beispielsweise stärker naturwissenschaftlich Interessierte mit speziellen Museumsangeboten auch für die Kunst zu gewinnen und umgekehrt,  oder mit gezielten Berufssparten-Angeboten über eine verstärkte  Zusammenarbeit mit Wiesbadener Behörden usw.,  möchte der künftige Direktor gemeinsam mit dem eingespielten Wiesbadener Museumsteam neue Formate für noch mehr Publikums-Frequenz entwickeln.

(Diether v. Goddenthow)

Biographisches

Dr. Andreas Henning, geb. 1969, studierte Kunstgeschichte und Germanistik; seine Promotion schloss er 2002 an der FU Berlin ab. Nach Stationen an der Casa di Goethe in Rom und der Staatsgalerie Stuttgart ist er seit 2004 Kurator für italienische Malerei der Gemäldegalerie Alte Meister der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden. Seine Museumskompetenz stellte er u. a. in zahlreichen Sonderausstellungen, Forschungs- und Vermittlungsprojekten und als Vertreter des Direktors der Gemäldegalerie Alte Meister unter Beweis. Sein Portefeuille an Ausstellungen umspannt Renaissance bis Gegenwart, darunter „Captured Emotions“ am J. Paul Getty Museum in Los Angeles sowie „Georg Baselitz – Dresdner Frauen“ und die Jubiläumsausstellung zum 500. Geburtstag von Raffaels „Sixtinischer Madonna“ in den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden. Seine wissenschaftliche Expertise führte ihn u. a. als Museum Fellow an die Bibliotheca Hertziana / Max-Planck-Institut für Kunstgeschichte in Rom und als Senior Fellow an das Center for Advanced Study in the Visual Arts in Washington DC.
Hessisches Landesmuseum für Kunst und Natur
Friedrich-Ebert-Allee 2, 65185 Wiesbaden
Fon 0611 ⁄ 335 2170, Fax 0611 ⁄ 335 2192

Laufende Ausstellungen

Am 2. Nov. freier Eintritt ins Museum Wiesbaden für alle Bereiche – im Foyer Schwerpunkt „Insektenhotels“ –

Blick in die Studienausstellung © Museum Wiesbaden, Foto: Bernd Fickert
Blick in die Studienausstellung © Museum Wiesbaden, Foto: Bernd Fickert

Jeden ersten Samstag des Monats sind alle aktuellen Sonderausstellungen und Sammlungspräsentationen Ausstellungen im Museum Wiesbaden bei freiem Eintritt zu besuchen, so auch am 2. November.

Dieses Mal liegt dabei der Fokus auf den Naturhistorischen Sammlungen mit der Studienausstellung „Auf Staatsbesuch im Insektenreich“. In Kooperation mit dem Tier- und Pflanzenpark Fasanerie entstehen Insektenhotels im Museumsfoyer.

Die Dauerausstellung der Naturhistorischen Sammlungen „Ästhetik der Natur“ schlägt eine Brücke zwischen Kunst und Natur. Das Beobachten und Beschreiben der Natur steht dabei im Mittelpunkt. Auf den Spuren der Erd- und Evolutionsgeschichte wird die formenreiche und farbenprächtige Vielfalt der Natur präsentiert. Ein besonderer Fokus liegt am eintrittsfreien Samstag auf den staatenbildenden Insekten, denn uns Menschen sind unterschiedlichste Staatsformen geläufig und nur wenigen davon vertrauen wir uns gerne an. Eine bewusste Entscheidung für oder gegen eine bestimmte Form der arbeitsteiligen Gemeinschaft findet in der Natur dagegen selten statt. Die Studienausstellung „Auf Staatsbesuch im Insektenreich“ führt in das komplexe und spannende Thema der Insektenstaaten ein.

Um 12 Uhr und 12.45 Uhr haben Besucherinnen und Besucher die Möglichkeit, an Familienführungen durch die Studienausstellung teilzunehmen. Ein besonderer Gast in der Wandelhalle ist der Tier- und Pflanzenpark Fasanerie mit einem Aktionsstand. Kleine und große Gäste können zwischen 12 und 15 Uhr Lebensräume für soziale Insekten bauen und ihre Insektenhotels anschließend im eigenen Garten errichten.

Um 15 Uhr wird eine öffentliche Führung zum Thema „Tiere in der Kunst“ angeboten. Parallel dazu können Kinder von 11 bis 15 Uhr am Maltisch im Museumsfoyer selber kreativ tätig werden und ihre Eindrücke auf Papier festhalten.

Die Sonderausstellungen „Jetzt! Junge Malerei in Deutschland“ (bis 19. Januar 2020), „Mit fremden Federn“ (bis 8. März 2020) sowie die Dauerausstellungen können bei freiem Eintritt besucht werden.

Ermöglicht in Kooperation mit den Freunden des Museums Wiesbaden e. V.

© Foto: Diether v Goddenthow
© Foto: Diether v Goddenthow

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65185 Wiesbaden
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Zur Zeit zu sehen im Museum Wiesbaden