„Von der Wiege bis zur Bahre“ – Wiesbadener Museum zeigt die bedeutendsten Genre-Bilder des 19. Jahrhunderts in „Ludwig Knaus Homecoming“ vom 14.02 – 2.08.2020

Die Goldene Hochzeit entsteht über den Jahreswechsel 1858/59 hinaus. Knaus war wieder nach Jahren Pariser Aufenthalte und einer längern Italienreise nach Willingshausen zurückgekehrt, „dort, wo die lauschigen Storchennester sind, wo er seine Landleute findet, die er eben malen kann, wo er seine Heimat hat“. Und er hatte das Glück binnen kürzester Zeit an verschiedenen Festen teilzunehmen, und entsprechendes Material zu finden, alles, was sein  „gemütliches deutsches Genre ausmacht“. Es ist das, was sein  Publikum von ihm erwartet, damit er mit seine Kunst auch entsprechend Käufer findet und  entsprechend seinen Status zu erhalten kann. „Die Goldene Hochzeit“, bereits vor der Ausstellung verkauft,  wird 1959 im Pariser Salon sofort ein  großer Publikumserfolg: „Es ist die Perle der Ausstellung“. Die Kuratoren Rebecca Krämer und Dr. Peter Foster,  Dr. Peter Forster Kustos Sammlungen 14. bis 19. Jh. Leitung Provenienzforschung Koordination Museumspädagogik. © Foto: Diether v Goddenthow
Die Goldene Hochzeit entsteht über den Jahreswechsel 1858/59 hinaus. Knaus war wieder nach Jahren Pariser Aufenthalte und einer längern Italienreise nach Willingshausen zurückgekehrt, „dort, wo die lauschigen Storchennester sind, wo er seine Landleute findet, die er eben malen kann, wo er seine Heimat hat“. Und er hatte das Glück binnen kürzester Zeit an verschiedenen Festen teilzunehmen, und entsprechendes Material zu finden, alles, was sein „gemütliches deutsches Genre ausmacht“. Es ist das, was sein Publikum von ihm erwartet, damit er mit seine Kunst auch entsprechend Käufer findet und entsprechend seinen Status zu erhalten kann. „Die Goldene Hochzeit“, bereits vor der Ausstellung verkauft, wird 1959 im Pariser Salon sofort ein großer Publikumserfolg: „Es ist die Perle der Ausstellung“. Die Kuratoren Rebecca Krämer und Dr. Peter Foster, Dr. Peter Forster Kustos Sammlungen 14. bis 19. Jh. Leitung Provenienzforschung Koordination Museumspädagogik. © Foto: Diether v Goddenthow

Das Hessische Landesmuseum Wiesbaden holt mit der Sonderausstellung „Ludwig Knaus – Homecoming“ (14.02. bis 2. 08.2020) einen der populärsten Künstler des 19. Jahrhunderts zurück in seine Heimatstadt Wiesbaden. Zusammen mit Adolf Menzel galt der Wiesbadener Genremaler Ludwig Knaus als der beste Zeichner und Genre-Maler seiner Zeit. Er malte wie ein Weltmeister, immer mit Skizzenblock oder Stift unterwegs. Er schuf die Vorlage für die berühmteste Druckgrafik des 19. Jahrhunderts, „Die Goldene Hochzeit“. Dieses Ölgemälde, welches nie in Deutschland gezeigt wurde, da es noch vor der Ausstellung 1859 im Pariser Salon nach Amerika verkauft wurde, galt 140 Jahre lang, noch bis vor kurzem als verschollen. Nun ist die „Die Goldene Hochzeit“ erstmals nach Deutschland als Leihgabe zurückgekehrt und mit 70 weiteren erstklassigen Genre-Bildern sowie 100 Zeichnungen und Ölstudien im UG des Landesmuseum Wiesbaden für Kunst und Natur zu sehen, darunter auch das zweitberühmteste Werk „Hoheit auf Reisen“ und das von Theodor Fontane einst so geliebte „Damenbrettspiel“ aus der Nationalgalerie Berlin. Knaus Gemälde und Zeichnungen spiegeln Beobachtungen der Gesellschaft im 19. Jahrhundert wider und geben mit Motiven aus dem Alltag tiefere Einblicke in die Kultur und Geschichte Hessens.

Ludwig Knaus Selbstportrait © Museum Wiesbaden Foto: Bernd Fickert
Ludwig Knaus Selbstportrait © Museum Wiesbaden Foto: Bernd Fickert

Der gebürtige Wiesbadener Künstler Ludwig Knaus wurde nach einer Ausbildung an der Düsseldorfer Akademie zu einem der führenden Genre- und Porträtmalern des 19. Jahrhunderts. Von 1852 bis 1860 lebte Knaus in Paris, wo seine Arbeiten bereits 1852 erste Erfolge verzeichneten und fortan auf dem internationalen Kunstmarkt, vor allem nach Frankreich und Amerika, vertrieben wurden. Die Stadt Wiesbaden, zu der Knaus immer eine enge Beziehung pflegte, „schmückte“ sich im 19. Jahrhundert gerne mit dem Künstler. Aufgrund seiner hohen Preise konnte das Museum zu Knaus‘ Lebzeiten jedoch nur zwei seiner begehrten Gemälde, Brautschau (1864) und Die Frühlingsidylle (1895), zu Sonderkonditionen erwerben. Zahlreiche von Knaus‘ Arbeiten sind in seinem Atelierhaus in der Schönen Aussicht 7 in Wiesbaden entstanden. Nach seiner Rückkehr aus Frankreich mit einer Zwischenstation in Wiesbaden wurde Knaus 1874 auf eine Professur an die Akademie der Künste in Berlin berufen, wo er bis zu seinem Lebensende 1910 lebte. Heute befinden sich die Gemälde von Ludwig Knaus in zahlreichen deutschen Museen, ebenso wie in Amerika und weiteren europäischen Sammlungen.

Das Damenbrettspiel, zeigt Ludwigs Knaus Vater mit seinem Schwiegervater. Theodor Fontane liebte das Werk. © Foto: Diether v Goddenthow
Das Damenbrettspiel, zeigt Ludwigs Knaus Vater mit seinem Schwiegervater. Theodor Fontane liebte das Werk. © Foto: Diether v Goddenthow

Während Knaus‘ Zeitgenossen sich der Kunst des Impressionismus verschrieben, galt Knaus‘ künstlerisches Interesse der realitätsnahen Darstellung von Szenen aus dem Alltag, darunter vor allem Taufen, Hochzeiten, Feste oder Ernten. „Mir sagt aber das ausdrucksvolle lebendige Genre entschieden besser zu, wo man sich für die Individualitäten interessiert, wo die Leute sprechen und handeln und in intimer Beziehung zu einander stehen“. Ludwig Knaus, 21.12.1857 Die Genremalerei von Ludwig Knaus bildet zahlreiche Stationen und Bereiche des Lebens ab: von der Kindheit bis zum Tod oder vom Arbeitsalltag bis zu den Existenzen außerhalb der bürgerlichen Norm. Vor allem war der Wiesbadener aber auch ein Porträtist und Zeichnungen bildeten für Knaus die Grundlage, sich der Realität zu nähern und sie zu erfassen. Knaus Œuvre zeichnet sich insbesondere durch den Anspruch des Künstlers aus, möglichst wirklichkeitstreue Darstellungen der Menschen in poetischer Form zu fertigen. Ihn interessierten Szenen zwischenmenschlicher Begegnungen. Darstellungen mit vielen Figuren sind typisch für seine Kompositionen.

Ludwig Knaus Impression © Foto: Diether v Goddenthow
Ludwig Knaus Impression © Foto: Diether v Goddenthow

Oftmals besitzt die idyllisch anmutende Genremalerei aber auch soziakritisches Potential. Ludwig Knaus malte Gesellschaftsbilder, die als Spiegel der Gesellschaft des 19. Jahrhunderts aus der Sicht Knaus‘ gesehen werden können. Beispielsweise leisten seine Darstellung von Festen und Landschaften um Willingshausen herum einen Beitrag zur Herausbildung der hessischen Identität, da sie Aufschluss über Trachten und Bräuche geben. Ebenfalls muss betont werden, dass Knaus als typischer Vertreter des 19. Jahrhunderts gängige Vorurteile aufzugreifen, diese entsprechend darzustellen und zu bedienen wusste. Dazu gehörten Themen und Darstellungen, die aus Sicht der bürgerlichen Gesellschaft Minderheiten, exotische Motive und Randgruppen zum Gegenstand hatten. Beispielsweise erzielte seine Präsentation der sich außerhalb der gesellschaftlichen Norm bewegenden Zigeuner in Paris große Erfolge. Knaus zeigte in seinen Genrebildern auch Szenen aus dem jüdischen Kulturkreis, wie beispielsweise das Gemälde Salomonische Weisheit (1878), bei der er die gängigen Vorurteile seiner Zeit aufgriff. Großer Beliebtheit im In- und Ausland erfreuten sich seine Darstellungen der ländlichen Bevölkerung. Ein Schlüsselwerk des 19. Jahrhunderts, Die Goldene Hochzeit (1858), zeigt ein familiäres, generationenübergreifendes Fest aus der hessischen Schwalm. Für die damalige Gesellschaft und die Käuferschaft wirkten die Schwälmer Landleute als Einheit fernab einer aus den Fugen geratenen industrialisierten Welt.

Das zweitwichtigste Werk, das Ludwig Knaus  für Hessen hergestellt hat, ist „Die Hoheit auf Reisen“ von 1867. Es ist  ebenfalls zum ersten Mal in Deutschland und zeigt eine politische Reaktion auf die Übernahme der Preußen von Hessen-Nassau. Dargestellt wird, „wie die neue Regentschaft durch ein Dorf oder daran vorbei läuft. Die ganzen Hessen schauen sich das an und sie reagieren im Prinzip auf das, was da neu ist, und ist dieses erste Beschnuppern, was Knaus hier sehr gut und einträglich eben darstellt“, so Krämer.© Museum Wiesbaden Foto: Bernd Fickert
Das zweitwichtigste Werk, das Ludwig Knaus für Hessen hergestellt hat, ist „Die Hoheit auf Reisen“ von 1867. Es ist ebenfalls zum ersten Mal in Deutschland und zeigt eine politische Reaktion auf die Übernahme der Preußen von Hessen-Nassau. Dargestellt wird, „wie die neue Regentschaft durch ein Dorf oder daran vorbei läuft. Die ganzen Hessen schauen sich das an und sie reagieren im Prinzip auf das, was da neu ist, und ist dieses erste Beschnuppern, was Knaus hier sehr gut und einträglich eben darstellt“, so Krämer.© Museum Wiesbaden Foto: Bernd Fickert

Die Ausstellung Ludwig Knaus – Homecoming (14.02.–02.08.2020) rückt zentrale Hauptwerke aus dem Werk Knaus‘, die bereits zu Lebzeiten des Malers nach Amerika verkauft wurden, in den Fokus. Ausgehend von bedeutenden Leihgaben aus dem Grohmann Museum in Milwaukee, Wisconsin sowie dem Milwaukee Art Museum und dem Arnot Art Museum New York, die eigens für das Ausstellungsprojekt nach Hessen zurückkehren, ist die Ausstellung in thematische Bereiche gegliedert. Rund 70 Gemälde und 100 Zeichnungen und Ölstudien stellen das Werk des Wiesbadener Genremalers auf 350 Quadratmetern Ausstellungsfläche vor. Der Rundgang thematisiert den Kreislauf des Lebens von der Wiege bis zur Bahre unter besonderer Berücksichtigung der Werke aus Amerika. Die Arbeitsweise des Künstlers wird durch Zeichnungen und Studien wie aber auch durch authentische hessische Kostüme dokumentiert. Die Ausstellung verdeutlicht anhand der Hauptwerke von Ludwig Knaus, dessen Name damals in aller Munde war, welchen hohen Stellenwert er für die Kunst des 19. Jahrhunderts besaß. Heute hingegen gilt er weitestgehend als vergessen. Eine Auswahl von hessischen Trachtenkostümen aus dem Nachlass des Künstlers ergänzen die Schau.

Zur Ausstellung erscheint der Katalog „Ludwig Knaus – Homecoming“ im Deutschen Kunstverlag, (ISBN: 978-3-422-98280-2).

Die Ausstellung steht unter der Schirmherrschaft des Hessischen Ministerpräsidenten Volker Bouffier.

Gefördert durch den Kulturfonds Frankfurt RheinMain und die Ernst von Siemens Stiftung.

Hessisches Landesmuseum für Kunst und Natur
Friedrich-Ebert-Allee 2
65185 Wiesbaden
www.museum-wiesbaden.de