Salman Rushdie mit dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels 2023 ausgezeichnet

Karin Schmidt-Friderichs, Vorsteherin des Börsenvereins überreichte Salman Rushdie die Urkunde des Friedenspreis des Deutschen Buchhandels 2023 überreicht. © Foto Tobias Bohm/Börsenverein des Deutschen Buchhandels
Karin Schmidt-Friderichs, Vorsteherin des Börsenvereins überreichte Salman Rushdie die Urkunde des Friedenspreis des Deutschen Buchhandels 2023 überreicht. © Foto Tobias Bohm/Börsenverein des Deutschen Buchhandels

Schriftsteller Salman Rushdie wurde heute vor rund 700 geladenen Gästen in der Frankfurter Paulskirche der Friedenspreis des Deutschen Buchhandels verliehen. Unter den Gästen waren unter anderem auch Kulturstaatsministerin Claudia Roth, Wirtschaftsminister Robert Habeck, Bildungsministerin Bettina Stark-Watzinger und Landwirtschaftsminister Cem Özdemir. Die Laudatio hielt Daniel Kehlmann, deutsch-österreichischer Schriftsteller, Drehbuchautor, Essayist, Literaturkritiker und Dozent.

Dankesrede Salman Rushdies
In seiner Dankesrede beschreibt Rushdie die Suche und die Sehnsucht nach Frieden, der aber, so sagt er, schwer zu schaffen und schwer zu finden sei: „Und doch sehnen wir uns danach, nicht nur nach dem großen Frieden am Ende eines Krieges, sondern auch nach dem kleinen Frieden in unserem eigenen privaten Leben, ein Leben in Frieden mit uns selbst und unserer kleinen Welt.“

In seiner Rede fährt er fort: „Hier sind wir nun versammelt, um über Frieden zu sprechen, wo doch gar nicht weit fort ein Krieg tobt, ein der Tyrannei eines einzelnen Mannes und seiner Gier nach Macht und Eroberung geschuldeter Krieg, ein trauriges Narrativ, dem deutschen Publikum nicht unbekannt. Und in Israel und dem Gazastreifen ist noch ein bitterer Konflikt explodiert. Frieden will mir im Augenblick wie ein dem Rauch der Opiumpfeife entsprungenes Hirngespinst vorkommen.“

Rushdie appelliert in seiner Rede daran, nicht aufzuhören, sich für den Frieden einzusetzen und plädiert dafür, dass „der Friede, so mühselig er auch zu finden ist, so unmöglich es scheinen mag, ihn zu bewahren, dass er, dieses so schwer zu bestimmende Etwas, trotz alledem zu unseren großen Werten zählt, die es leidenschaftlich zu verfolgen gilt“.

Auch über die Freiheit spricht Salman Rushdie, die – so habe er lernen müssen – „eine gleich starke und widersetzliche Reaktion der Kräfte der Unfreiheit provozieren kann.“ Er sagt weiter: Wir leben in einer Zeit, von der ich nicht geglaubt habe, sie erleben zu müssen, eine Zeit, in der die Freiheit – insbesondere die Meinungsfreiheit, ohne die es die Welt der Bücher nicht gäbe – auf allen Seiten von reaktionären, autoritären, populistischen, demagogischen, halbgebildeten, narzisstischen und achtlosen Stimmen angegriffen wird, eine Zeit, in der sich Bildungseinrichtungen und Bibliotheken Zensur und Feindseligkeit ausgesetzt sehen; in der extremistische Religionen und bigotte Ideologien beginnen, in Lebensbereiche vorzudringen, in denen sie nichts zu suchen haben. Und es gibt sogar progressive Stimmen, die sich für eine neue Art von bien-pensant Zensur aussprechen, eine Zensur, die sich den Anschein des Tugendhaften gibt und die viele, vor allem junge Menschen, auch für eine Tugend halten. Von links wie rechts gerät die Freiheit also unter Druck, von den Jungen wie den Alten. Das hat es so bislang noch nicht gegeben und wird durch neue Kommunikationsformen wie das Internet noch komplizierter, da gut gemachte Webpages mitsamt ihren böswilligen Lügen gleich neben der Wahrheit stehen, weshalb es vielen Menschen schwerfällt, das eine vom anderen zu unterscheiden. Außerdem wird in unseren sozialen Medien Tag für Tag die Idee der Freiheit missbraucht, um dem Mob online das Feld zu überlassen, wovon die milliardenschweren Besitzer dieser Plattformen profitieren und was sie zunehmend in Kauf zu nehmen scheinen.“

„Was aber tun wir in Sachen Meinungsfreiheit, wenn sie auf derart vielfältige Weise missbraucht wird? Wir sollten weiterhin und mit frischem Elan machen, was wir schon immer tun mussten: schlechte Rede mit besserer Rede kontern, falschen Narrativen bessere entgegensetzen, auf Hass mit Liebe antworten und nicht die Hoffnung aufgeben, dass sich die Wahrheit selbst in einer Zeit der Lügen durchsetzen kann. Wir müssen sie erbittert verteidigen und sie so umfassend wie möglich definieren, was natürlich heißt, dass wir die freie Rede auch dann verteidigen, wenn sie uns beleidigt, da wir die Meinungsfreiheit sonst überhaupt nicht verteidigen würden. Verlegerinnen und Verleger gehören zu den wichtigsten Wächtern der Meinungsfreiheit.“

Laudatio von Daniel Kehlmann

Daniel Kehlmann beschreibt in seiner Laudatio Salman Rushdie als das „Gegenteil eines weltabgewandten Menschen (…): Was immer in der gärenden Substanz des Weltgeistes geschieht. Er nimmt es vor uns anderen wahr“ und transformiere es „manchmal in offensichtlicher, manchmal auf geheime und nur ihm selbst nachvollziehbare Weise, in Kunst.“ Der Künstler, Humorist und Sätzeschmied sei „unbestritten einer der großen Erzähler der Literaturgeschichte, der vielleicht wichtigste Verteidiger der Freiheit von Kunst und Rede in unserer Zeit – vor allem aber ein weiser, neugieriger, heiterer und gütiger Mensch und somit der würdigste Träger, den es für diese Auszeichnung, die ja als Friedenspreis ausdrücklich nicht nur künstlerische, sondern auch humanistische Größe auszeichnet, überhaupt hätte geben können.“

Rede von Karin Schmidt-Friderichs
Karin Schmidt-Friderichs, Vorsteherin des Börsenvereins, sieht in Rushdie einen Menschen, „der trotz all dem, was ihm widerfahren ist, seine Stimme erhebt und für die Freiheit des Denkens und des Wortes eintritt. Einen Menschen, dem wir weise Worte und Denkanstöße verdanken. Einen Menschen, der mit seinen fiktionalen Geschichten der Realität den Spiegel vor Augen hält. Einen Menschen, von dem wir lernen können, was Mut ist.“

Grußwort von  Mike Josef

Der Frankfurter Oberbürgermeister Mike Josef nennt Rushdie ein Vorbild, das die Werte des Paulskirchenparlaments in die Welt getragen habe: „Der Friedenpreis hat hier seine Heimat gefunden, weil die Paulskirche den Werten der demokratischen Bestrebungen seit 1848 ein Zuhause gibt. Werten wie Menschenrechte, Meinungs- und Pressefreiheit, Frieden und Demokratie. Das Leben und Schaffen des heutigen Preisträgers steht symbolisch für diese Werte Frieden und Meinungsfreiheit.“

Seit 1950 vergibt der Börsenverein des Deutschen Buchhandels zum Abschluss der Frankfurter Buchmesse den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels. Preisträger*innen waren unter anderem Sebastião Salgado, Albert Schweitzer, Astrid Lindgren, Václav Havel, Jürgen Habermas, Susan Sontag, Liao Yiwu, Navid Kermani, Margaret Atwood, Aleida und Jan Assmann und im vergangenen Jahr Serhij Zhadan. Der Preis ist mit 25.000 Euro dotiert.

Grußworte, Laudatio und Dankesrede über: Friedenspreis des Deutschen Buchhandels

Das Buch mit allen Reden der Preisverleihung ist ab dem 20. November 2023 im Buchhandel oder beim MVB-Kundenservice unter kundenservice@mvb-online.de erhältlich (ISBN: 978-3-7657-3442-7, 19,90 Euro).

Schriftstellerin und Moderatorin Thea Dorn erhält auf der Buchmesse den Julius-Campe-Preis 2023 des Hoffmann und Campe Verlags

Die preisgekrönte Schriftstellerin und Moderatorin Thea Dorn, seit 2020 alleinige Gastgeberin des Literarischen Quartetts im ZDF erhielt im Frankfurt Pavilion auf der Frankfurter Buchmesse des Julius Campe-Preise 2023 des Hoffmann und Campe Verlags. © Foto Diether von Goddenthow
Die preisgekrönte Schriftstellerin und Moderatorin Thea Dorn, seit 2020 alleinige Gastgeberin des Literarischen Quartetts im ZDF erhielt im Frankfurt Pavilion auf der Frankfurter Buchmesse des Julius Campe-Preise 2023 des Hoffmann und Campe Verlags. © Foto Diether von Goddenthow

Der Julius-Campe-Preis, den der HOFFMANN UND CAMPE Verlag verleiht, geht in diesem Jahr an die Schriftstellerin und Moderatorin Thea Dorn. Der Preis wurde am 20.10.2023 im Frankfurt Pavilion auf der Frankfurter Buchmesse verliehen von Tim Jung, Verlegerischer Geschäftsführer von Hoffmann und Campe in Beisein des Verlegers Thomas Ganske, Inhaber der Ganske Verlagsgruppe (Hoffmann u Campe, Gräfe und Unzer, Jahreszeiten usw.) Die Laudatio hielt der Publizist Deniz Yücel, Vorsitzender des Pen-Berlin. . Der Preis ist mit 99 Flaschen edlen Weins und des bei HOFFMANN UND CAMPE erschienenen Faksimiles des Manuskripts der »Französischen Zustände« Heinrich Heines dotiert.

Tim Jung, Geschäftsführer des Hoffmann und Campe Verlages überreicht Thea Dorn die Preisurkunde mit folgendem Text (Auszug): "Als heutige Gastgeberin des Literarischen Quartetts bietet Thea Dorn der Literatur eines der wichtigsten öffentlichen Foren und leistet damit einen entscheidenden Beitrag für das kulturelle Leben in Deutschland, für Meinungsvielfalt und für einen offenen Diskurs, der für den Erhalt der Demokratie unverzichtbar ist ...", © Foto Diether von Goddenthow
Tim Jung, Geschäftsführer des Hoffmann und Campe Verlages überreicht Thea Dorn die Preisurkunde mit folgendem Text (Auszug): „Als heutige Gastgeberin des Literarischen Quartetts bietet Thea Dorn der Literatur eines der wichtigsten öffentlichen Foren und leistet damit einen entscheidenden Beitrag für das kulturelle Leben in Deutschland, für Meinungsvielfalt und für einen offenen Diskurs, der für den Erhalt der Demokratie unverzichtbar ist …“, © Foto Diether von Goddenthow

Der Preis, so Jung, werde an Persönlichkeiten und Institutionen verliehen, die sich auf herausragende Weise literaturkritische und literaturvermittelnde Verdienste erworben haben. Als heutige Gastgeberin des Literarischen Quartetts böte Thea Dorn der Literatur eines der wichtigsten öffentlichen Foren und leiste damit einen entscheidenden Beitrag für das kulturelle Leben in Deutschland für Meinungsvielfalt und für einen offenen Diskurs, der für den Erhalt unserer Demokratie unverzichtbar sei, sagte Jung. In Zeiten schwindender Toleranz und einer zunehmend deformierten Debattenkultur stehe Thea Dorn für einen Austausch von Meinungen, Sichtweisen und Ideen, der den Idealen der Aufklärung folge: „Sie ermöglicht es einem großen Publikum, an einem Gespräch über Literatur teilzuhaben, dessen elementarer Wert für unsere Gesellschaft in Orientierung, Erkenntnis, gegenseitiger Akzeptanz und einem tieferen Verständnis unserer Welt besteht“, so der HoCa-Geschäftsführer. Im Rahmen Ihrer Sendung praktiziere Thea Dorn eine tolerante Streitbarkeit. Literatur sei ihr nicht nur Anlass zum Disput, sondern sie sorge, wie Hamburgs Kultursenator Dr. Carsten Brosda seinem Buch „Die Kunst der Demokratie“ einmal schrieb, „für fortwährende lebendige Aufbegehrung, bei der die Vernunft in der Vielheit ihrer Stimmen liegt“.

Jung kritisiert Schließung von Goethe-Instituten und Literatursendungen im ÖRR
Wir lebten in Zeiten, in denen Austausch und Verständigung, das Suchen und Finden von Brücken über Terror, Kriege, Staatsgrenzen und Denkhorizonte hinweg gleich notwendiger denn je seien. Ausgerechnet in solch einer Zeit, in der Brückenbauen über Denkhorizonte hinweg zu bauen, oft so schwer vorstellbar wäre, „müssen wir gemeinsam erleben, dass es das Auswärtige Amt für eine gute Idee hält, Goethe-Institute zu schließen, und wir erleben auch, wie innerhalb der ARD der Bayerische Rundfunk mit Verweis auf angebliche Rezeptionsgewohnheiten seiner jüngeren Zielgruppe etablierte Kultursendungen einstellen will“, kritisiert Jung die Politik und den ÖRR. Dies sei ein fatales Signal, auch an andere Sender und Anstalten des Öffentlich Rechtlichen Rundfunks. „Der öffentlich rechtliche Bildungsauftrag besteht nicht darin, Hörer nach ihrer Lieblingslektüre zu befragen, oder Redakteure Klappentexte vorlesen zu lassen, sondern darin, eine Jugend und eine Gesellschaft ernstzunehmen, die in höllisch komplizierten Zeiten lebt, und die ein Anspruch darauf hat, profund, klug und komplex informiert zu werden.“
Bei Thea Dorn sei Literatur ist kein Beiwerk als Einspieler oder Lückenfüller. Literatur brauche eigene Räume Formate, um wie etwa im Literarischen Quartett, ihre besondere Wirkung zu entfalten. Dort dürften wir Thea Dorn „als Garantin eines Diskurses erleben, der anschaulich vermittelt, dass unterschiedliche Meinungen keinesfalls ein Problem, sondern etwas Vergnügliches und Erhellendes sind.“ Wir erlebten die Preisträgerin Thea Dorn als scharfsinnige, unbestechliche und erkenntnisgeleitete Anwältin der Literatur, die in besonderer Weise für Meinungsvielfalt und Diskurs stünde, Widersprüche gelassen aushielte und profunde wie fundierte Urteile fälle. Vor allem sei sie mutig. Während das ZDF 1989 die „Satanischen Verse“ von Salman Rushdie nicht im Literarischen Quartett besprechen wollte, habe man es „Thea Dorn zu verdanken, dass das im vergangenen Jahr nachgeholt wurde, als sichtbares Zeichen dafür, dass wir die Meinungsfreiheit und die Kunstfreiheit, egal wie archaisch der Terror ist, dem wir begegnen, niemals preisgeben dürfen und auch niemals preisgeben werden.“, lobte Jung die Preisträgerin.

Deniz Yücel: „Dorn habe Beitrag zur Rettung der Literaturkritik geleistet“

Laudator Deniz Yücel, Präsident PEN-Berlin, studierte an der Freien Universität Berlin Politikwissenschaften. Er arbeitete als Redakteur bei der Wochenzeitung Jungle World und der tageszeitung (taz). 2015 ging er als Korrespondent der Welt in die Türkei. Für seine Arbeit wurde Yücel mehrfach ausgezeichnet, u.a. mit dem Theodor-Wolff-Preis. »Agentterrorist« ist sein drittes  Buch. © Foto Diether von Goddenthow
Laudator Deniz Yücel, Präsident PEN-Berlin, studierte an der Freien Universität Berlin Politikwissenschaften. Er arbeitete als Redakteur bei der Wochenzeitung
Jungle World und der tageszeitung (taz). 2015 ging er als Korrespondent der Welt in die Türkei. Für seine Arbeit wurde Yücel mehrfach ausgezeichnet, u.a. mit dem Theodor-Wolff-Preis. »Agentterrorist« ist sein drittes Buch. © Foto Diether von Goddenthow

In seiner Laudatio bekräftigte Publizist Deniz Yücel die Ausführungen seines Vorredners: Thea Dorn habe „nicht nur einen wichtigen Beitrag zur Rettung der Literaturkritik geleistet. Sie hat der Literatur eine letzte massentaugliche Bühne geboten, und somit, sich um die Rettung der zeitgenössischen Literatur selbst verdient gemacht.“ Wo sonst sollten junge Menschen lernen, und sich ältere daran erinnern wie großartig, wie aufwühlend, aufregend, aufheiternd und vieles mehr das Lesen von Literatur sein kann, als bei Ihnen ‚Frau Dorn, sagte Yücel, der zudem ein wenig aus dem Nähkästchen seines von freundschaftlicher Distanz und respektvoller Nähe geprägtes Kollegenverhältnisses zur Preisträgerin erzählte, „die sich in große Fragen unserer Zeit einmischt, meistens in schreibender essayistischer Weise, zuweilen auch, da hätte ich beinahe auch aktivistisch gesagt, in einer praktischen Weise“. So erlebte er Kollegin Dorn bei der Gründung von PEN-Berlin. https://penberlin.de/

Thea Dorn: „Literatur nicht zum sensibilitätsgerechten Save-Space umbauen“
Der Dank der Preisträgerin galt vor allem auch ihren Mitstreitern im Literarischen Quartett: „Ohne Sie, ohne Euch wäre ich nichts in diesem Quartett.“ Aber seit einiger Zeit, „endgültig seit dem 7. Oktober, seit den Pogromen der Hamas gegen die israelische Bevölkerung, fällt es mir doch zunehmend schwer, Literarisches, Literaturkritisches oder meinetwegen auch Literaturvermittlung business as usual zu betreiben“. Zu stark sei der Eindruck, dass die Welt, wie wir sie kannten, keinen verlässlichen Grund mehr dafür gäbe, und immer häufiger habe sie beim Aufwachen Friedrich Hölderin Zeilen vom „wunderbaren Sehnen dem Abgrund zu“ präsent.

Tim Jung, Geschäftsführer des Hoffmann und Campe Verlages, Preisträgerin Thea Dorn, Laudator Deniz Yücel, Thomas Ganske, Verleger und Inhaber der Ganske Verlagsgruppe (Hoffmann u Campe, Gräfe und Unzer, Jahreszeiten usw.) bei der Preisverleihung des Julius-Campe-Preises 2023 im Frankfurt Pavilion auf der Frankfurter Buchmesse.  © Foto Diether von Goddenthow
Tim Jung, Geschäftsführer des Hoffmann und Campe Verlages, Preisträgerin Thea Dorn, Laudator Deniz Yücel, Thomas Ganske, Verleger und Inhaber der Ganske Verlagsgruppe (Hoffmann u Campe, Gräfe und Unzer, Jahreszeiten usw.) bei der Preisverleihung des Julius-Campe-Preises 2023 im Frankfurt Pavilion auf der Frankfurter Buchmesse. © Foto Diether von Goddenthow

Was solle „die Kunst der Worte, wenn die freiheitliche Welt von einem Fieber nach dem anderen geschüttelt“ werde, und „die Menschen in ihrer Verwirrung immer häufiger Scharlatanen“ zuliefen, die „außer Irrationalität, Autoritarismus, Ressentiments und Gewalt nichts, aber auch gar nichts in ihrem Besteckkasten haben“?, so Dorn. Was solle die Kunst der Worte, „wenn die äußeren Feinde der freiheitlichen Welt die Waffen aus den Arsenalen holen, und mit größter Brutalität einsetzen? Welche ihrer vielen Stimmen soll Literatur ergeben, wenn Waffen, nein nicht sprechen, sondern töten und zerstören. Und wenn die Hoffnung, Freiheit ließe sich allein mit Worten verteidigen ins Reich des Irrationalen der Träumerei gehört, und einzig der Schmerz bleibt.“, sagte die Preisträgerin sichtlich erschüttert von den derzeitigen Entwicklungen.
In solchen Zeiten möge selbst „der idealistischste versponnenste oder ironisch abgebrühteste Literat erkennen, dass es Zeit ist, ebenso klar wie leidenschaftlich für Menschenrechte und Demokratie für Vernunft und Zivilität Partei zu ergreifen, wie Thomas Mann es vor 100 Jahren getan hat. Dies bedeute aber nicht, so Dorn, „dass wir die Literatur selbst moralisch aufladen sollten. Der Kampf um Menschlichkeit und das Humane muss in der gesellschaftlichen Wirklichkeit ausgetragen werden. Irrationalität, Ressentiment und Hass“ ließen sich nicht mit moral sensitivity bekämpfen“. Denn nichts werde real besser, „wenn wir heute als beleidigend empfundene Wörter aus Werken der Vergangenheit tilgen oder in Romanen der Gegenwart Professoren vergangener Jahrhunderte vorsichtshalber von Studierenden reden lassen“. Bisweilen dränge sich der Campe-Preisträgerin der Verdacht auf, dass es „Ausdruck objektiver Verzagtheit“, ja ein „hilfloses Zum-Wohle-handeln“ sei, „wenn angesichts einer bedrohlicher gewordenen Welt mit Eifer daran gearbeitet“ werde, „wenigstens die Kunst, Literatur zum sensibilitätsgerechten Save-Space umzubauen“.

„Geben wir das ‚Faire des Politischen‘, was des Politischen ist, und lassen wir dem eigentümlichen Nebenreich der Literatur, was der Literatur ist: Streiten wir für eine bessere, friedlichere, zivilere Welt und bewahren wir uns die Literatur als einen Raum, in dem die Trauer, der Zorn oder auch das Gelächter über die Unrettbarkeit der Welt ihren Platz haben. Niemand sagt, dass dies einfach ist, aber wenigstens wir Literaturmenschen sollten in finsteren Zeiten den Verlockungen der Vereinfachungen widerstehen“, gab die Preisträgerin zu Bedenken.

(Diether von Goddenthow /Rhein-Main.Eurokunst)

Biografie Thea Dorn (ZDF)
Mit der März-Ausgabe 2020 ist Thea Dorn erstmalig alleinige Gastgeberin der Sendung „Das Literarische Quartett“: Flankiert von drei illustren Gästen. Ihr Ziel ist es, die „Glut der Leselust“ beim Zuschauer neu zu entfachen. Bereits seit März 2017 gehörte sie neben Volker Weidermann und Christine Westermann zum festen Stamm der sechsmal im Jahr ausgestrahlten Sendung. Sie moderierte die Sendung „Literatur im Foyer“ im SWR-Fernsehen. 1970 geboren, studierte sie Philosophie und Theaterwissenschaften in Frankfurt, Wien und Berlin und arbeitete als Dozentin und Dramaturgin. Sie schrieb eine Reihe preisgekrönter Romane und Bestseller , u.a. „Die Hirnkönigin“ (1999), Theaterstücke, Drehbücher und Essays,u.a. „Die neue F-Klasse – Wie die Zukunft von Frauen gemacht wird“ (2006), mit Richard Wagner den Sachbuch-Bestseller „Die deutsche Seele“ (2011). Sie kuratierte unter dem Motto „Hinaus ins Ungewisse!“ das „forum:autoren“ beim Literaturfest München 2012. Der Film „Männertreu“, zu dem sie das Drehbuch schrieb, wurde 2014 mit dem „Deutschen Fernsehpreis“ als bester Fernsehfilm des Jahres und 2015 mit dem Grimme-Preis ausgezeichnet. 2016 erschien ihr Roman „Die Unglückseligen“, 2018 „deutsch, nicht dumpf: Ein Leitfaden für aufgeklärte Patrioten“. 2021 ihr aktueller Roman „Trost: Briefe an Max“.

Infos: Das Literarische Quartett

Das Literarische Quartett Lesestoff zur Frankfurter Buchmesse

Hessischer Film- und Kinopreis 2023 in der Alten Oper Frankfurt verliehen

© Foto Diether von Goddenthow
© Foto Diether von Goddenthow

Nach drei Jahren Pandemiepause fand das erste Mal wieder die Verleihung des 34. Hessischen Film- und Kinopreises am Freitagabend wieder in der Alten Oper Frankfurt statt.

Der Ehrenpreis des Hessischen Ministerpräsidenten ging an die Schauspielerin und Präsidentin der Deutschen Filmakademie Alexandra Maria Lara, die sich live von Dreharbeiten auf Fuerteventura in die Alte Oper schalten ließ, um den Preis entgegenzunehmen. In Vertretung von Ministerpräsident Boris Rhein verlas Ministerin Dorn die Begründung: „Alexandra Maria Lara ist eine herausragende Schauspielerin, die mit ihrer Präsenz und ihrem Können das Publikum weltweit begeistert. Sie verkörpert die Vielfalt und die Qualität des deutschen Films und ist ein Vorbild für junge Talente. In zahlreichen Filmrollen unterschiedlicher Genres hat sie in nationalen und internationalen Produktionen mit ihrer außergewöhnlichen Darstellungskraft und ihrem Charisma überzeugt und ihr Talent unter Beweis gestellt. Dass ihr der deutsche Film am Herzen liegt, unterstreicht Alexandra Maria Lara auch durch die Tatsache, dass sie als Präsidentin der Deutschen Filmakademie seit 2022 gemeinsam mit Florian Gallenberger Verantwortung übernommen hat und das Ansehen des deutschen Films fördern will.“

Alexandra Maria  Lara © Foto Sisleyparisoffical /Hessisches Ministerium für Wissenschaft und Kunst
Alexandra Maria Lara © Foto Sisleyparisoffical /Hessisches Ministerium für Wissenschaft und Kunst

Der mit 7.500 Euro dotierte Newcomerpreis, über dessen Vergabe die Kunst- und Kulturministerin entscheidet, ging an den deutsch-iranischen Filmemacher, Drehbuchautor, Kameramann, Cutter und Produzenten Behrooz Karamizade. „Er ist ein Multitalent: auf dem Regiestuhl, hinter der Kamera und am Schneidetisch. Dadurch hat er ein feines Gespür für Details. Er schaut sehr genau hin und legt behutsam den Kern der Geschichten frei, die er erzählt. In seiner Arbeit als Regisseur mit den Schauspielerinnen und Schauspielern ist er einfühlsam; damit wirken seine Filme absolut authentisch“, begründete Ministerin Dorn ihre Entscheidung. „Der Nachwuchspreis will Aufmerksamkeit auf Menschen legen, die gerade im Durchbruch sind. Es geht um Innovation, Potenzial und Talent. All das verkörpert Behrooz Karamizade.“

Die Jury des Hessischen Film- und Kinopreises vergab zudem einen Sonderpreis an den Dokumentarfilm „Das Kino sind wir“ von Livia Theuer, der die Geschichte einer ganz besonderen hessischen Kulturinstitution erzählt: Er feiert den Filmladen in Kassel und die engagierten Menschen dahinter. Der Film, so die Jury, „ist sich ganz sicher, dass es nicht nur, aber natürlich immer auch die Filme sind, die das Kino beleben und immer wieder neu erfinden. Der Filmladen in Kassel ist nicht nur Kinogeschichte, er ist Kinozukunft. Livia Theuer schafft es mit ihrem Dokumentarfilm, Lust aufs Kino zu machen.“ Der Sonderpreis ist undotiert.

„Wir sind froh, dass wir die Welt des Films und des Kinos wieder feiern können und vor allem die vielen Menschen, die dort arbeiten, die kreativ sind, die sich engagieren. Dass dieses Feiern wieder möglich ist, zeigt, dass wir die Pandemie hinter uns gelassen haben“, erklärte Kunstministerin Angela Dorn. „Dabei ist mir wichtig, dass es nicht nur um schöne Fotos auf dem Roten Teppich und ein bisschen Glamour geht, sondern wie immer beim Hessischen Film- und Kinopreis auch um den Diskurs über gesellschaftlich hoch relevante Themen. Gerade angesichts von Krisen und Kriegen ist es wichtig, dass wir in eine Verständigung miteinander kommen statt in eine zunehmende Polarisierung. Gut gemachte, künstlerisch hochwertige und sorgfältig recherchierte Filme ermöglichen einen differenzierten Blick auf die Welt. Sie zeigen uns eine Vielfalt der Perspektiven und lassen auch die zu Wort kommen, die zu selten Gehör finden – auch mit strittigen Thesen, das gehört dazu. Mutige Filme und die Kunstform Kino fördern wir als Land Hessen mit beträchtlichen Mitteln. Der Filmpreis soll zusätzliche Aufmerksamkeit auf besondere Leistungen lenken. Deshalb verschicken wir nicht einfach Schecks oder Urkunden, sondern veranstalten ein Fest: für den Film und die Menschen, die ihn lieben.“

  • Weitere Gewinner:
    Spielfilm: „Vamos a la Playa“ von Bettina Blümner. Nominiert waren außerdem „Was man von hier aus sehen kann“ von Aron Lehmann und „Leere Netze“ von Behrooz Karamizade. Der Gewinner erhält 18.000 Euro Preisgeld, alle drei Nominierten je 4.000 Euro Nominierungsgeld.
  • Dokumentarfilm: „Einzeltäter Teil 3: Hanau“ von Julian Vogel. Nominiert waren außerdem „Das Kino sind wir“ von Livia Theuer und „Fitness California“ von Nadine Zacharias. Der Gewinner erhält 18.000 Euro Preisgeld, alle drei Nominierten je 4.000 Euro Nominierungsgeld.
  • Kurzfilm: „Zelle 5 – Eine Rekonstruktion” von Mario Pfeifer. Nominiert waren außerdem: „Emo Doc“ von Chao Wu und „Als Gottes Blut auf die Schultern der Kinder tropfte“ von Aria Azizi. Der Gewinner erhält 7.000 Euro Preisgeld, alle drei Nominierten je 1.000 Euro Nominierungsgeld.
  • Hochschulabschlussfilm: Dokumentarfilm „Work in Transition“ von Emiliano Proietti, Hochschule RheinMain. Nominiert waren außerdem der Animationsfilm „Vom Duft der roten Beete und den Menschen, die ewig leben“ von Petra Stipetic und Maren Wiese, Kunsthochschule Kassel und der Dokumentarfilm „Von dem, was bleibt“ von Johanna Groß, Kunsthochschule Kassel. Der Gewinner erhält 7.000 Euro Preisgeld, alle drei Nominierten je 1.000 Euro Nominierungsgeld.
  • Drehbuch: „Jumoke“ von Oliver Hardt. Außerdem nominiert waren „Goldfisch im Dunkeln“ von Kimia Eyzad Panah und „Paws“ von Lukas Rinker. Der Gewinner erhält 7.000 Euro Preisgeld, alle drei Nominierten je 1.000 Euro Nominierungsgeld.
  • Schauspieler-Preis des Hessischen Rundfunks
  • Ensemble: Der Cast von „Was man von hier aus sehen kann“
  • Hauptrolle: Petra Schmidt-Schaller (in „Ein Schritt zum Abgrund“). Außerdem nominiert waren: Nina Kunzendorf (in „Das Mädchen von früher“) und Xidir Koder Alian (in „Asbest“).
  • Nebenrolle: Brigitte Hobmeier (in „Tatort: Murot und das Paradies“). Außerdem nominiert waren: Anatole Taubman (in „Asbest“) und Lana Cooper (in „Martha Liebermann – Ein gestohlenes Leben“).
  • Der Preis des hr ist undotiert.

Kinopreis
Hauptpreisträger mit je 20.000 Euro Preisgeld: Mal seh’n-Kino (Frankfurt), Filmladen Kassel, Traumstern Kino in Lich. Weitere Preise nicht gewerbliche Kinos: Murnau Filmtheater (Wiesbaden), Filmforum Höchst (Frankfurt), Filmkreis – Das Unikino in Darmstadt, Kino Pupille (Frankfurt), Kommunales Kino Weiterstadt, naxos.Kino (Frankfurt), KiezKino (Kassel), Kino des Deutschen Filmmuseums (Frankfurt) und Caligari FilmBühne (Wiesbaden). Gewerbliche Kinos: Casablanca Art House (früher Kult Kinobar, Bad Soden), BALi-Kinos Kassel, Harmonie (Frankfurt), programmkinorex (Darmstadt), Capitol Arthousekino-Center (Marburg), Lichtspielhaus Lauterbach, Cinéma (Frankfurt), Kronberger Lichtspiele. Die Anerkennungen gehen an das Eldorado (Frankfurt) und den Filmklubb Offenbach.

Zu einer neuen Tradition soll das Filmpreis-Wochenende werden: Die ausgezeichneten Filme werden am 21. und 22. Oktober im Cinéma Frankfurt, in der FilmBühne Bad Nauheim, im programmkino rex in Darmstadt und im Capitol Kino in Witzenhausen gezeigt. Das Cinéma Frankfurt macht den 22. Oktober zum Filmpreis-Sonntag: Ab 11 Uhr laufen die Siegerfilme aller Kategorien.

https://wissenschaft.hessen.de/kultur-erleben/der-hessische-film-und-kinopreis/hessischer-film-und-kinopreis-2023

Goethe-Institut in Straßburg vor dem Aus – Mainzer Landesregierung setzt sich für den Erhalt ein

Mit großem Bedauern hat Ministerpräsidentin Malu Dreyer auf die angekündigte Schließung der Außenstelle des Goethe-Instituts in Straßburg reagiert: „Gerade in diesen Zeiten, in denen Deutschland und Frankreich als Partner noch enger zusammenarbeiten müssen, ist eine kulturelle Verbindungsstelle für das wechselseitige Verständnis unabdingbar. Das gilt besonders in der Grenzregion zu unseren französischen Nachbarn. Ich teile die Bedenken unserer französischen Freunde und Freundinnen wie auch der deutsch-französischen Gesellschaften. Rheinland-Pfalz hat die Gipfelpräsidentschaft der Großregion deshalb haben wir einen konstruktiven Vorschlag an die Staatsministerin des Auswärtigen Amtes gemacht, wie zumindest eine Anlaufstelle des Goethe-Instituts in Straßburg für Veranstaltungen, Gesprächsrunden oder Lesungen erhalten werden kann“, so Ministerpräsidentin Malu Dreyer. „Ein solches Büro wäre auch ein wichtiges politisches Signal zum Stellenwert, den wir dem interkulturellen Austausch mit unseren unmittelbaren Nachbarn beimessen. So haben wir es im Übrigen auch vor wenigen Jahren im Aachener Vertrag festgehalten. Wir müssen eine Präsenz des Goethe-Instituts in Straßburg erhalten“, unterstrich die Ministerpräsidentin.

Das Goethe-Institut hatte mitgeteilt, im Zuge von Einsparungsauflagen und Umstrukturierungen den Standort Straßburg zu schließen. Dort bestand bislang eine Nebenstelle ohne Sprachkurse.

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck beim Jahresempfang der Wirtschaft 2024 in der Rheingoldhalle

Dr. Robert Habeck, Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz  © BMWK / Dominik Butzmann
Dr. Robert Habeck, Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz © BMWK / Dominik Butzmann

Die Industrie- und Handelskammer Rheinhessen teilt mit, dass Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck zum Jahresempfang der Wirtschaft am 25. Januar 2024 in die Rheingoldhalle nach Mainz kommt: Er sei der Hauptredner bei dem Mainzer Großereignis, das als größter Jahresempfang der regionalen Wirtschaft in Deutschland gilt.

Für die anschließende Podiumsdiskussion mit den Spitzen aus Wirtschaft und Freien Berufen hat Ministerpräsidentin Malu Dreyer zugesagt. Veranstalter sind 15 Kammern und Institutionen des Mittelstands, des Handwerks, der Freien Berufe und der Landwirtschaft aus Rheinland-Pfalz. Nirgendwo sonst treten so viele landesweite und regionale Institutionen gemeinsam an die Öffentlichkeit. Erwartet werden mehrere tausend Gäste aus Wirtschaft, Wissenschaft, Politik und Kultur.

Impression vom Jahresempfang 2023 © Foto Diether von Goddenthow
Impression vom Jahresempfang 2023 © Foto Diether von Goddenthow

„Wir freuen uns sehr, dass der Bundeswirtschaftsminister und die Ministerpräsidentin bei unserem Jahresempfang in den Dialog mit der Wirtschaft gehen“, sagt IHK-Hauptgeschäftsführer Günter Jertz im Namen aller Veranstalter. „Angesichts der ständigen Krisen ist es gerade jetzt wichtig, im Gespräch zu bleiben. Denn die großen Herausforderungen unserer Zeit können wir nur gemeinsam lösen.“

Beim Jahresempfang der Wirtschaft kommen in der rheinland-pfälzischen Landeshauptstadt Unternehmerinnen und Unternehmer aus Betrieben und Berufen aller Branchen und Größen zusammen – und in den Dialog mit Spitzenpolitikerinnen und Spitzenpolitikern aus Bund und Land sowie Repräsentanten der Region.

Die Kooperation begann im Jahr 2000 mit sechs beteiligten Kammern und dem rheinland-pfälzischen Ministerpräsidenten Kurt Beck als Gastredner. Seither waren Bundeskanzler Gerhard Schröder und – dreimal – Bundeskanzlerin Angela Merkel zu Gast, Bundeskanzler Olaf Scholz stand 2019 als Finanzminister am Rednerpult. Dialogpartner waren ebenso die Bundeswirtschaftsminister Clement, Glos und Brüderle, die Parteivorsitzenden Westerwelle, Beck und Gabriel sowie EU-Kommissar Günther Oettinger. Zum Thema „Zeitenwende und deutsche Lebenslügen“ sprach im vergangenen Jahr der langjährige ZDF-Chefredakteur Dr. Peter Frey die Keynote.

Mit mehreren tausend Gästen aus der mittelständischen Wirtschaft zählt der Jahresempfang zu den Großereignissen in der rheinland-pfälzischen Landeshauptstadt mit bundesweiter Strahlkraft.

Dahinter stehen folgende 15 Kammern und Institutionen der Wirtschaft, des Handwerks, der Freien Berufe und der Landwirtschaft:

Architektenkammer Rheinland-Pfalz
Handwerkskammer Rheinhessen
Industrie- und Handelskammer für Rheinhessen
Ingenieurkammer Rheinland-Pfalz
Landesärztekammer Rheinland-Pfalz
Landesapothekerkammer Rheinland-Pfalz
Landespflegekammer Rheinland-Pfalz
Landespsychotherapeutenkammer Rheinland-Pfalz
Landestierärztekammer Rheinland-Pfalz
Landeszahnärztekammer Rheinland-Pfalz
Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz
Pfälzische Rechtsanwaltskammer Zweibrücken
Rechtsanwaltskammer Koblenz
Steuerberaterkammer Rheinland-Pfalz
Wirtschaftsprüferkammer in Rheinland-Pfalz

(IHK Rheinhessen)

Wie die Klimakrise das Recht herausfordert – Podiumsdiskussion u. Vortragsreihe an der Goethe-Universität Frankfurt

Eine öffentliche Podiumsdiskussion und zwei Vortragsreihen mit internationalen Experten widmen sich dem Thema Klimakrise und Recht, insbesondere Strafrecht.

Welche Rolle spielt das Recht in der ökologischen Krise? Und was hat es mit dem neuen Begriff „Klimastrafrecht“ in strafrechtswissenschaftlichen Debatten auf sich? Gemeinsamer Auftakt der beiden Vortragsreihen „Klima vor Gericht“ sowie „Klimakrise und Strafrecht“ an der Goethe-Universität ist eine Podiumsdiskussion über den „Klimaaktivismus der Letzten Generation“.

FRANKFURT. Wie sind die Klimaproteste der „Letzten Generation“ strafrechtlich zu beurteilen? Nicht erst die Debatten über die Legalität oder Legitimität der politischen Praxis dieser Klimaschutzbewegung machen deutlich, dass die Klimakrise im Recht, und genauer noch: im Strafrecht Fragen aufwirft. Darauf weist nicht zuletzt ein neuer Begriff im Strafrecht hin: das Klimastrafrecht, das als Klimaschutzstrafrecht verstanden wird. Doch kann und wenn ja wie das Strafrecht das Klima schützen? Und umfassender noch: Welche Recht(e) gibt es in der ökologischen Krise? Zwei Vortragsreihen mit internationalen Experten aus Rechtswissenschaft, Kriminologie und Soziologie gehen diesen und weiteren Fragen nach.

Gemeinsame Auftaktveranstaltung der Reihen ist die öffentliche Podiumsdiskussion am
19. Oktober 2023, 18 Uhr
„Klimaaktivismus der Letzten Generation – Zur Legalität und Legitimität einer politischen Praxis

mit Prof. Dr. Thomas Fischer (Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof a.D.), Prof. Dr. Katrin Höffler (Universität Leipzig), Dr. Daria Bayer (Goethe- Universität Frankfurt am Main) und Dr. Jens Marquardt (Technische Universität Darmstadt). Es moderiert Prof. Dr. Doris Schweitzer (Goethe- Universität Frankfurt am Main)

im Hörsaalzentrum der Goethe-Universität, HZ 1
Theodor W. Adorno Platz 5
60323 Frankfurt am Main

Die Veranstaltung wird auf Zoom übertragen:
https://uni-frankfurt.zoom-x.de/j/62812280120?pwd=aEdDelVacUdZK2w1K09MSmZweGV1QT09
Kenncode: 891211

Weitere Informationen:
https://contrust.uni-frankfurt.de/event/klimaaktivismus-der-letzten-generation-zur-legalitaet-und-legitimitaeteiner-politischen-praxis/

Zwei Vortragsreihen zum Thema Recht und ökologische Krise setzen die Auseinandersetzung mit aktuellen Debatten fort: Grundsätzliche und umfassende Fragen des Rechts stellt die Vortragsreihe „KLIMA VOR GERICHT/CLIMATE CONTESTED. INTERDISZIPLINÄRE PERSPEKTIVEN AUF RECHT(E) IN DER ÖKOLOGISCHEN KRISE“.

Die digitale Vortragsreihe „KLIMAKRISE UND STRAFRECHT“ konzentriert sich dagegen auf strafrechtliche Aspekte des Themas und führt Referenten aus dem In- und Ausland zusammen, um in drei Themenblöcken ausgewählte Aspekte etwa aus dogmatischen, kriminologischen und rechtstheoretischen Perspektiven zu beleuchten. In den Themenblöcken geht es um das Klimaschutzstrafrecht, die Klimaproteste sowie strafrechtliche Grundlagen.

Die Vortragsreihen im Einzelnen

I.
Vortragsreihe „KLIMA VOR GERICHT/CLIMATE CONTESTED.
INTERDISZIPLINÄRE PERSPEKTIVEN AUF RECHT(E) IN DER ÖKOLOGISCHEN KRISE“
Jeweils 18 Uhr, Campus Westend, Hörsaalzentrum, HZ 6, Theodor-W.-Adorno-Platz 1
sowie per Zoom
https://uni-frankfurt.zoom-x.de/j/65079807777?pwd=RDdVUjdXT2FteG1wTGFvUUNnZ2JTZz09
Kenncode: 401979

29. November 2023
Prof. Dr. Dr. hc. mult. Susanne Baer, LL.M. (Richterin des Bundesverfassungsgerichts a.D., Humboldt-Universität zu Berlin)
Die Konstitution des Klimas, oder: Was Verfassungsgerichte (nicht) zu sagen haben

12. Dezember 2023
Dr. Miriam Saage-Maaß (Legal Director beim European Center for Constitutional and Human Rights) und Kläger:innen aus Pari Island,
Wer zahlt die Zeche? Wie Entschädigungsklagen zu einer gerechteren Verteilung der Kosten der Klimakrise beitragen können

23. Januar 2024
Prof. Dr. Louis Kotzé (Faculty of Law, North-West University, South Africa) Courts, Climate Litigation, and the Evolution of Earth System Law

Weitere Informationen:
https://contrust.uni-frankfurt.de/klima-vor-gericht-climate-contested/

II.
Vortragsreihe „KLIMAKRISE UND STRAFRECHT“
Die Vorträge finden jeweils um 10.15 Uhr online statt. Link und weitere Informationen:
https://contrust.uni-frankfurt.de/veranstaltungen-2/klimakrise-und-strafrecht/

„Klimastrafrecht im engeren Sinne – Klimaschutzstrafrecht“

23. Oktober 2023
Philipp-Alexander Hirsch (MPI Freiburg)
Klimastrafrecht und materieller Unrechtsbegriff – Probleme einer liberalen Strafrechtsbegründung angesichts der Herausforderungen des Klimawandels

30. Oktober 2023
Rob White (University of Tasmania)
Climate Change Criminology

6. November 2023
Christoph Burchard (GU Frankfurt, ConTrust, Normative Orders)
Kritik des Klimaschutzstrafrechts

20. November 2023
Nicolai von Maltitz (LMU München)
Klimastrafrecht – Ein Rechtsbegriff der Zukunft

27. November 2023
Finn-Lauritz Schmidt (GU Frankfurt, ConTrust)
Alternativloses Klimaschutzstrafrecht? – Klimakatastrophismus und Exzeptionalisierungen des Strafrechts als Treiber in eine imaginative Sackgasse

„Klimastrafrecht im weiteren Sinne – hier: Klimaproteste“

4. Dezember 2023
Daria Bayer (GU Frankfurt)
Letzte Generation – Kriminelle Vereinigung oder radikaldemokratische Bewegung?

11. Dezember 2023
Matthias Jahn (GU Frankfurt)
Strafverfassungsrechtliche Fragen des Klimaaktivismus

18. Dezember 2023
Susanne Beck (LU Hannover)
Klimaproteste aus der Perspektive des Rechts – Hannovers Verständigung mit der „Letzten Generation“

„Klimawandel und Strafrecht – Grundlagen“
15. Januar 2024
Bijan Fateh-Moghadam (Universität Basel)
Das Klima des Strafrechts – Warum Zukunftssicherung mit den Mitteln des Strafrechts so schwierig ist

22. Januar 2024
Benno Zabel (GU Frankfurt)
Freiheit und Gewalt. Die Klimakrise als Krise des Rechts?

29. Januar 2024
Klaus Günther (GU Frankfurt, ConTrust, Normative Orders)
(Straf-)Recht und Zeit in der Klimakrise

5. Februar 2024
Juliane Engel / Thomas Hickler (GU Frankfurt)
Folgen des Klimawandels und Gerechtigkeit

12. Februar 2024
Christoph Burchard / Finn-Lauritz Schmidt (GU Frankfurt, ConTrust, Normative Orders)
Abschlussbesprechung und Ausblick

Veranstaltet werden die Reihen vom Forschungszentrum „Normative Ordnungen“, der Forschungsinitiative „ConTrust – Vertrauen im Konflikt“ und dem Institut für Kriminalwissenschaften und Rechtsphilosophie der Goethe-Universität.

Die heute Abend startende 75. Frankfurter Buchmesse lenkt Fokus auf Menschlichkeit in Krisenzeiten

© Foto Diether von Goddenthow
© Foto Diether von Goddenthow

Menschlichkeit in Krisenzeiten: Die 75. Frankfurter Buchmesse wendet sich gegen Kriege und Gewalt, führt aktuelle Debatten, lädt ein zur Begegnung mit Autoren aus aller Welt und heißt Slowenien als Ehrengast willkommen.

Die 75. Frankfurter Buchmesse (18.-22. Oktober 2023) bietet in ihrem Jubiläumsjahr ein kulturell wie politisch hochkarätiges Programm – als Forum der Literatur und der gesellschaftlichen Debatten. Eröffnet wird das international größte Zusammentreffen in der Publishing-Branche am heutigen Dienstag, den 17. Oktober, von der slowenischen Staatspräsidentin Nataša Pirc Musar. Eine philosophische und eine literarische Festrede auf der Eröffnungsfeier halten der Autor und Philosoph Slavoj Žižek sowie die Lyrikerin und Publizistin Miljana Cunta. Auch der Oberbürgermeister der Stadt Frankfurt, Mike Josef, die hessische Staatsministerin für Wissenschaft und Kunst, Angela Dorn und die Vorsteherin des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels, Karin Schmidt-Friderichs, sprechen während der Eröffnungsfeier.

Jürgen Boos, Direktor der Frankfurter Buchmesse. © Foto Diether von Goddenthow
Jürgen Boos, Direktor der Frankfurter Buchmesse. © Foto Diether von Goddenthow

Juergen Boos, Direktor der Frankfurter Buchmesse, äußerte sich auf der heutigen Pressekonferenz zur Situation einer von gleichzeitigen Krisen verunsicherten Welt: „Die Welt ist aus den Fugen geraten. Wir haben die Krise des Klimawandels und die Krise der westlichen Demokratien. Wir erleben seit über anderthalb Jahren Putins Angriffskrieg gegen die Ukraine. Und seit dem 7. Oktober einen neuen, schrecklichen Höhepunkt der Gewalteskalation durch den Terrorkrieg der Hamas gegen Israel. Wir sind entsetzt. Bei der Frankfurter Buchmesse geht es immer um Menschlichkeit, im Zentrum steht die menschliche Begegnung. Diese Menschlichkeit ist am 7. Oktober durch den Angriff der Hamas-Terroristen auf Israel abermals zerbrochen. Unser Mitgefühl gilt den Menschen, deren Angehörige Opfer dieses Gewaltexzesses wurden, und allen Menschen in Israel und Palästina, die unter dem Krieg leiden.”

In zahlreichen Veranstaltungen werden während der fünf Messetage die drängendsten Themen aus Politik und Gesellschaft in den Fokus gerückt. Als Gastrednerin der heutigen Eröffnungspressekonferenz erläuterte die britische Wissenschaftsjournalistin und Buchautorin Gaia Vince (Das nomadische Jahrhundert) den Zusammenhang zwischen dem Klimawandel und einer bereits einsetzenden globalen Migrationsbewegung. Auf der kulturpolitischen Hauptbühne im ikonischen Frankfurt Pavilion diskutieren u.a. Claudia Roth, (Bundesbeauftragte für Kultur und Medien), Deniz Yücel (PEN Berlin), Irina Scherbakowa (Schriftstellerin, Mitgründerin der Menschenrechtsorganisation Memorial), Dmitri Glukhovsky (russischer Bestseller-Autor im Exil) und Meron Mendel (Bildungsstätte Anne Frank).

Frankfurt Pavilion auf der Agora der Frankfurter Buchmesse. © Foto Diether von Goddenthow
Frankfurt Pavilion auf der Agora der Frankfurter Buchmesse. © Foto Diether von Goddenthow

Auf der International Stage widmen sich Experten der Vereinten Nationen dem Klimawandel und regen unter dem Titel „The era of global boiling – what can we do?“ den Schritt von der Analyse zur Aktion an. Auch die Klima-Aktivistin und Mitgründerin der „Letzten Generation“, Lea Bonasera, ist in Frankfurt zu Gast. Sie ist neben anderen Aktivistinnen Teil des Programms „SHEROES – Streiterinnen für die Zukunft“ auf der Literaturbühne von ARD, ZDF und 3sat. Zu den geladenen Autorinnen gehören in diesem Jahr des weiteren die ehemalige Femen-Aktivistin Zana Ramadani und die KI-Expertin Mina Saidze.

Fans guter Geschichten und literarischer Live-Begegnungen können sich in diesem Jahr auf eine Menge Highlights freuen. Im Bereich Frankfurt Audio, in dem es ums Hörbuch und um Podcasts geht, sind so bekannte Stimmen zu hören wie die von Rufus Beck (Harry Potter) und Marc-Uwe Kling (Känguru-Chroniken). Zum ersten Mal kommt der reichweitenstarke Politik-Podcast Lage der Nation in den Saal Harmonie des Congress Centers (CMF). Philip Banse und Ulf Buermeyer nehmen dort bei „Lage Live“ vor rund 2.000 Zuschauern eine neue Folge ihres Erfolgsformats auf. Ebenfalls im CMF wird es eine von ARD, ZDF und 3sat kuratierte Literaturgala mit Christopher Clark, Lizzie Doron, Cornelia Funke, Amir Gudarzi und Thomas Hettche geben. Der diesjährige Friedenspreisträger des Deutschen Buchhandels, Salman Rushdie, hat ebenfalls seine Teilnahme an der Gala zugesagt. Täglich von 10.00 bis 18.00 Uhr werden auf der Literaturbühne von ARD, ZDF und 3sat literarische Neuheiten präsentiert. Moderatoren wie Bärbel Schäfer, Denis Scheck, Knut Cordsen, Mona Ameziane, Thea Dorn, Katty Salié, Jo Schück, Vivian Perkovic und Gert Scobel treffen auf illustre Autoren.

Klangvolle Namen der Kinder- und Jugendliteratur versammelt das Frankfurt Kids Festival von Freitag bis Sonntag auf verschiedenen Bühnen des Messegeländes. Zu den Stars, die sich angekündigt haben, gehören neben Margit Auer und Cornelia Funke auch Benjamin Lacombe und Ursula Poznanski. Der runde Geburtstag Otfried Preußlers (er wäre am 20. Oktober 2023 100 Jahre alt geworden) wird ebenfalls gebührend gefeiert. Bei so viel literarischer Prominenz darf die Möglichkeit zu Signierstunden nicht fehlen: Das Meet the Author Areal in Halle 4.1 ist die neue Eventlocation für die Begegnung zwischen Autoren und Fans auf Augenhöhe.

Ehrengast der diesjährigen Frankfurter Buchmesse (18.-22. Oktober 2023) ist Slowenien (Bild: Standmodell). Das Spektrum der bisherigen Gäste reicht von Neuseeland über Norwegen, Litauen, Brasilien, Flandern und den Niederlanden zu Indien und Indonesien. 2022 präsentierte sich Spanien als Ehrengast; Italien wird 2024 und die Philippinen 2025 in Frankfurt erwartet.
Ehrengast der diesjährigen Frankfurter Buchmesse (18.-22. Oktober 2023) ist Slowenien (Bild: Standmodell). Das Spektrum der bisherigen Gäste reicht von Neuseeland über Norwegen, Litauen, Brasilien, Flandern und den Niederlanden zu Indien und Indonesien. 2022 präsentierte sich Spanien als Ehrengast; Italien wird 2024 und die Philippinen 2025 in Frankfurt erwartet.

Großes Ehrengast-Kino verspricht das Organisationsteam des slowenischen Buchmesse-Auftritts. Rund 75 Autoren und Kreative aus dem erst seit 32 Jahren eigenständigen Nationalstaat gehören zur Delegation. Dazu kommen mehr als 30 ausstellende Verlage und Institutionen, eine Illustrator*innen-Ausstellung und ein umfangreiches Programm mit mehr als 70 Veranstaltungen im Ehrengast-Pavillon. Zu den Höhepunkten dort gehört ein Gespräch, das Messedirektor Juergen Boos mit UEFA-Präsident Aleksander Čeferin führen wird. Literarisch steht die Lyrik im Mittelpunkt des slowenischen Auftritts, unter dem Motto „Waben der Worte“. Einen zweiten Schwerpunkt im Ehrengast-Programm bilden Wissenschaft und Philosophie. Mit Spannung zu erwarten ist das von dem Buchwissenschaftler Miha Kovač kuratierte Fachprogramm, das sich interdisziplinär mit dem Thema „Higher Level Reading“ befasst. Kultureller Höhepunkt im Ehrengast-Programm wird das Konzert von Sloweniens berühmtester Band Laibach, die „Alamut – Historische Sinfonie” in der Jahrhunderthalle aufführt. Das interkulturelle Werk basiert auf einem 1938 erschienenen Roman Vladimir Bartols.

75 Stühle, 75 Geschichten, die per QR-Code auf an den Stühlen angehängten Kärtchen abgerufen werden können. © Foto Diether von Goddenthow
75 Stühle, 75 Geschichten, die per QR-Code auf an den Stühlen angehängten Kärtchen abgerufen werden können. © Foto Diether von Goddenthow

Aus Anlass ihres Jubiläums wird die 75. Frankfurter Buchmesse mit besonderen Aktionen auf sich aufmerksam machen und die Bürger der Stadt Frankfurt in die Feier „ihrer“ Buchmesse einbeziehen. Unter dem Claim „And the story goes on“ verbindet die Kampagne Erinnerungen an historische Meilensteine mit dem Ausblick auf die nächsten Kapitel. Im öffentlichen Raum werden verschiedene Motive seit Wochen in vielfältigen Werbeformaten ausgespielt. Werbeflächen an Bussen und Bahnhöfen sprechen potenzielle Besucher*innen und Passanten im gesamten Stadtgebiet an, während die Positionierung am Flughafen und Hauptbahnhof ankommende Passagiere und Fahrgäste willkommen heißt. 75 öffentliche Bücherschränke der Stadt tragen seit Ende September das diesjährige FBM-Branding.

Besondere Sicherheitsmaßnahmen – Für Taschenkontrollen Zeit einplanen

Das Thema Sicherheit hat bei der Frankfurter Buchmesse höchste Priorität. Um die Sicherheit auf der größten internationalen Buchmesse zu gewährleisten, stimmt sich das Team der Frankfurter Buchmesse eng mit verschiedenen Partnern ab: der Polizei Hessen, der Messe Frankfurt und einem von ihr beauftragten Sicherheitsunternehmen sowie der städtischen Feuerwehr und den Rettungsdiensten. Die Sicherheitsvorkehrungen werden stets an die jeweils aktuelle Lage angepasst, um das Miteinander auf dem Messegelände zu regeln.

Besucher sollten sich auf Taschenkontrollen an allen Eingängen zum Messegelände einstellen und dies in ihrer Zeitplanung mitberücksichtigen. Taschenmesser, Waffen, Nachbildungen von Waffen („Anschein-Waffen“) und auch Reizsprays sind auf dem Messegelände verboten. Auch wird dazu geraten, sperrige Gepäckstücke wie Rucksäcke oder Trolleys zuhause zu lassen, um den Umfang der Taschenkontrollen zu reduzieren.

Frankfurter Buchmesse

Begeisterung für große Musik: Mainzer Meisterkonzerte gehen in die 40. Spielzeit

mainzer-musiksommer(rap) Klassik-Ikonen wie Isabelle Faust, Pietari Inkinen, Christian Tetzlaff und der norwegische Geigenstar Henning Kraggerud sind in der Jubiläumssaison vom 28.10.23 bis 18.5.2024 in der Mainzer Rheingoldhalle zu erleben

Vielfalt und Offenheit, auch für Unkonventionelles, haben in den vergangenen 39 Jahren die Mainzer Meisterkonzerte geprägt – und tun dies auch in der neuen Saison. „Mit den drei Veranstaltungen im Herbst gehen die Mainzer Meisterkonzerte in die 40. Spielzeit. Seit 1984 sind sie über alle Fährnisse der Zeit hinweg fester Bestandteil des Mainzer Kulturlebens. Sie haben auch in der neuen Saison den Ehrgeiz, höchsten Ansprüchen gerecht zu werden und ein Highlight am Kulturstandort der Landeshauptstadt Mainz zu sein“, betont die Kulturdezernentin der Landeshauptstadt Mainz, Marianne Grosse.

Saisonstart mit Norweger Henning Kraggerud als Komponist und Solist und Werken von Wolfgang Amadeus Mozart am 28. Oktober

Unter dem Motto „Zwei Klassik-Genies“ starten die Mainzer Meisterkonzerte am 28. Oktober 2023 mit Wolfgang Amadeus Mozart und Henning Kraggerud in die 40. Saison: Unsterblichen Ruhm hat Mozart durch die Jupiter-Sinfonie erlangt – ihr Name zeichnet die Großartigkeit seines musikalischen Genies nach! Auch Mozarts „Prager“ erklingt beim ersten Meisterkonzert. Ein radikales Stück, von dem ein Augenzeuge berichtet: „Ein wahres Meisterwerk, das die Seele zur Erwartung irgendetwas Erhabenem stimme.“ Ebenso radikal, wie die musikalische Dichtung „Equionox“, des großen norwegischen Geigers und Komponisten Henning Kraggerud, der einen Lobpreis an die „Tag-und Nacht-Gleiche“, den Zustand völliger Harmonie auf unserer Erde in Töne gegossen hat. Gemeinsam mit dem weltbekannten Philosophen und Buchautor von „Sophies Welt“, Jostein Gaarder, wurde die melodisch aufgeladene, einnehmende Musik Kraggeruds 2014 aus der Taufe gehoben. Der Norweger, der in seiner Heimat wie ein Popstar gefeiert wird, spielt den Solopart in Begleitung des Staatsorchesters Rheinische Philharmonie und unter der Leitung des amerikanischen Chefdirigenten Benjamin Shwartz.
(„Zwei Klassik-Genies“, 28.10.23, 19.30 Uhr, Rheingoldhalle).

Ein Novum: Meisterkonzerte veranstalten das traditionelle Neujahrskonzert am 1. Januar 2024 in Kooperation mit der Deutschen Radio Philharmonie des SWR/SR

„In der 40. Auflage der Meisterkonzerte feiern wir ein Novum: Erstmals am 1. Januar 2024 veranstalten wir das traditionsreiche Neujahrskonzert mit dem SWR/SR-Orchester, der Deutschen Radio Philharmonie aus Kaiserslautern und Saarbrücken“, so Kulturdezernentin Marianne Grosse. Am Pult seines Orchesters steht der „Bayreuther-Ring“-Dirigent des Jahres 2023, der charismatische Finne Pietari Inkinen, der unter anderem die weltbekannte „Schicksals-Sinfonie“ Ludwig van Beethovens zur Aufführung bringt.

„Swinging Christmas“ am 23. Dezember 2023 und das legendäre Mammutwerk „Die Alpensinfonie“ von Richard Strauss am 25. Februar 2024 mit dem SWR Symphonieorchester

Amerikanisch, bunt und ausgelassen geht es kurz vor Weihnachten am 23. Dezember 2023 mit „Swinging Christmas“ zu, wenn Frank Dupree & sein Trio mit der Deutschen Staatsphilharmonie den vibrierenden Sound des Jazz aus Gershwins „Rhapsodie in Blue“ zum Klingen bringt, oder Duke Ellington und Billy Strayhorn Tschaikowskis „Nussknacker“ auf den Kopf stellen. Zudem stehen am diesem Abend Eigenarrangements des Pianisten und Dirigenten Frank Dupree von Christmas Songs wie „White Christmas“ auf dem Programm.
Nach vierjähriger Pause bereichert das SWR Symphonieorchester die Meisterkonzerte mit einem hochkarätigen Gastspiel: Rein klassisch, sehr monumental und ganz dem Spirit der Romantisierung der Natur verschrieben, bringt der große Klangkörper „Eine Alpensinfonie“ von Richard Strauss zur Aufführung, welche dieser, beeindruckt vom Anblick des Alpenpanoramas und der in ihm aufkommenden Stimmung, in Garmisch-Partenkirchen komponierte. Die Leitung übernimmt der ehemalige Chefdirigent des hr-Sinfonieorchesters Andrés Orozco-Estrada.
(„Eine Alpensinfonie“, 25.02.2024, 19.30 Uhr, Rheingoldhalle).

Die Mainzer Meisterkonzerte
Die Mainzer Meisterkonzerte werden präsentiert von der Landeshauptstadt Mainz und Mainz Klassik – Die Agentur mit Unterstützung des Landes Rheinland-Pfalz. Besonders intensiv widmen sie sich der großen Sinfonik, aber auch den Repertoire-Raritäten. Künstler-Legenden wie Pinchas Zukerman und Rudolf Buchbinder sind ebenso bei den Mainzer Meisterkonzerten zu Gast wie die großen Namen der Klassikszene und junge Künstler auf dem Weg zur Weltspitze.
Die Konzertprogramme schöpfen aus der ganzen Fülle und Vielfalt, die die klassische Musik bereithält: Neben dem klassisch-romantischen Kernrepertoire haben auch Neu- und Wiederentdeckungen sowie zeitgenössischen Musik und vom Konzertbetrieb vernachlässigte Musikwerke ihren Platz in den Konzertprogrammen der Meisterkonzerte.

Informationen, Abonnements und Einzelkarten:
www.mainz-klassik.de
Telefon: 06249 – 80 57 77 4
und bei allen bekannten Vorverkaufsstellen.

Kartenpreise: 18 – 52 Euro
Abonnements: 89 – 240 Euro
Freikarte Kind: Je Konzertbesucher ist ein Kind in Begleitung (bis 16 Jahre) frei!
NEU: Schüler, Studierende (bis 27 Jahre), Azubis und finanziell Bedürftige zahlen nur 25%.

Tonio Schachinger erhält den Deutschen Buchpreis 2023 für „Echtzeitalter“

Tonio Schachinger erhält den Deutschen Buchpreis 2023 für „Echtzeitalter“ überreicht von Karin Schmidt-Friderichs, Vorsteherin des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels. © Foto Diether von Goddenthow
Tonio Schachinger erhält den Deutschen Buchpreis 2023 für „Echtzeitalter“ überreicht von Karin Schmidt-Friderichs, Vorsteherin des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels. © Foto Diether von Goddenthow

Der Preisträger des Deutschen Buchpreises ist Tonio Schachinger. Er erhält die Auszeichnung für seinen Roman „Echtzeitalter“ (Rowohlt Verlag).

Klappentext
„Ein elitäres Wiener Internat, untergebracht in der ehemaligen Sommerresidenz der Habsburger, der Klassenlehrer ein antiquierter und despotischer Mann. Was lässt sich hier fürs Leben lernen? Till Kokorda kann weder mit dem Kanon noch mit dem snobistischen Umfeld viel anfangen. Seine Leidenschaft ist das Gamen, konkret: das Echtzeit-Strategiespiel Age of Empires 2. Nach dem Tod seines Vaters wird für ihn aus dem Hobby eine Notwendigkeit. Ohne dass jemand aus seinem Umfeld davon wüsste, ist Till mit fünfzehn eine Online-Berühmtheit, der jüngste Top-10-Spieler der Welt. Nur: Wie real ist so ein Glück? Im Abschlussjahr 2020 kommt für Till, in der Schule und im Leben, alles noch einmal anders als gedacht.“

Die Begründung der Jury:

Tonio Schachinger, geboren 1992 in New Delhi, studierte Germanistik an der Universität Wien und Sprachkunst an der Universität für Angewandte Kunst Wien. Nicht wie ihr, sein erster Roman, stand 2019 auf der Shortlist zum Deutschen Buchpreis, war für den Rauriser Literaturpreis nominiert und wurde mit dem Förderpreis des Bremer Literaturpreises ausgezeichnet. Tonio Schachinger lebt in Wien. (Text Rowohlt-Verlag). © Foto Diether von Goddenthow
Tonio Schachinger, geboren 1992 in New Delhi, studierte Germanistik an der Universität Wien und Sprachkunst an der Universität für Angewandte Kunst Wien. Nicht wie ihr, sein erster Roman, stand 2019 auf der Shortlist zum Deutschen Buchpreis, war für den Rauriser Literaturpreis nominiert und wurde mit dem Förderpreis des Bremer Literaturpreises ausgezeichnet. Tonio Schachinger lebt in Wien. (Text Rowohlt-Verlag). © Foto Diether von Goddenthow

„Auf den ersten Blick ist Tonio Schachingers ,Echtzeitalter‘ ein Schulroman. Auf den zweiten viel mehr als das: ein Gesellschaftsroman, der das Aufwachsen seines Helden Till an einer Wiener Eliteeinrichtung beschreibt, an der die künftigen Leistungsträger*innen mit reaktionärem Drill und bildungsbürgerlichen Idealen aufs Leben vorbereitet werden. Aus dieser repressiven Umgebung, verkörpert durch den mephistophelischen Lehrer Dolinar, flüchtet sich Till in die Welt des Gaming. Mit feinsinniger Ironie spiegelt Schachinger die politischen und sozialen Verhältnisse der Gegenwart: Aus gebildeten Zöglingen spricht die rohe Gewalt. Die Welt der Computerspiele bietet einen Ort der Fantasie und Freiheit. Auf erzählerisch herausragende und zeitgemäße Weise verhandelt der Text die Frage nach dem gesellschaftlichen Ort der Literatur.“

Der Jury für den Deutschen Buchpreis 2023 gehören an: Shila Behjat (Journalistin und Publizistin), Heinz Drügh (Goethe-Universität Frankfurt am Main), Melanie Mühl (Frankfurter Allgemeine Zeitung), Lisa Schumacher (Steinmetz’sche Buchhandlung, Offenbach), Jurysprecherin Katharina Teutsch (Freie Kritikerin), Florian Valerius (Gegenlicht Buchhandlung, Trier), Matthias Weichelt (Zeitschrift Sinn und Form).

„Jedes Jahr ist der Deutsche Buchpreis ein Kaleidoskop aktueller Themen und Thesen. Er fördert die besonderen, außergewöhnlichen Werke zutage und gibt guten Geschichten den nötigen Raum zur Entfaltung. Für uns als Leser*innen macht er die Vielfalt und Lebendigkeit der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur erlebbar und beeindruckt uns im besten Fall so, dass wir mit unserer Begeisterung andere anstecken und das Gespräch über Literatur befeuern“, sagt Karin Schmidt-Friderichs, Vorsteherin des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels.

Für die Auszeichnung waren außerdem nominiert:
Terézia Mora: Muna oder Die Hälfte des Lebens (Luchterhand Literaturverlag, August 2023), Necati Öziri: Vatermal (claassen, Juli 2023), Anne Rabe: Die Möglichkeit von Glück (Klett-Cotta, März 2023), Sylvie Schenk: Maman (Carl Hanser Verlag, Februar 2023), Ulrike Sterblich: Drifter (Rowohlt Hundert Augen, Juli 2023).

Tonio Schachinger erhält ein Preisgeld von 25.000 Euro; die fünf Finalist*innen erhalten jeweils 2.500 Euro. Der Gewinnertitel wurde in mehreren Auswahlstufen ermittelt. Die sieben Jurymitglieder haben seit Ausschreibungsbeginn 196 Titel gesichtet, die zwischen Oktober 2022 und September 2023 erschienen sind. Aus diesen Romanen wurde eine 20 Titel umfassende Longlist zusammengestellt. Daraus hat die Jury sechs Titel für die Shortlist gewählt. Die Preisverleihung fand im Kaisersaal des Frankfurter Römers statt.

Mit dem Deutschen Buchpreis 2023 zeichnet die Stiftung Buchkultur und Leseförderung des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels den deutschsprachigen Roman des Jahres aus. Hauptförderer des Deutschen Buchpreises ist die Deutsche Bank Stiftung, weitere Partner sind die Frankfurter Buchmesse und die Stadt Frankfurt am Main. Die Deutsche Welle unterstützt den Deutschen Buchpreis bei der Medienarbeit im In- und Ausland.

Open Books: „Uns geht es um Frankfurt als Buch- und Literaturstadt“ Sonja Vandenrath, die Leiterin des städtischen Literaturreferates, im Interview

Literatur im Römer, etwa 1985, © Institut für Stadtgeschichte, Bestand S7FR Nr. 3602, Foto: Georg Kumpfmüller
Literatur im Römer, etwa 1985, © Institut für Stadtgeschichte, Bestand S7FR Nr. 3602, Foto: Georg Kumpfmüller

ffm. Sonja Vandenrath arbeitet seit 2006 im Frankfurter Kulturamt und leitet dort seit 2013 das Literaturreferat. In dieser Eigenschaft organisiert sie mit einem vierköpfigen Team „Open Books“, das Lesefest zur Frankfurter Buchmesse, die dieses Jahr ihren 75. Geburtstag begeht. Im Gespräch mit Ulf Baier schildert sie Hintergründe und Entwicklungsgeschichte dieses großen Festivals.

Frau Dr. Vandenrath, lassen Sie uns im Jubiläumsjahr der Buchmesse kurz zurückblicken. Wie ist es dazu gekommen, dass die Stadt einen eigenen Beitrag leistet?

SONJA VANDENRATH: Das begann Mitte der 70er Jahre. Die Idee war so einfach wie schlüssig: Die großartigen Autorinnen und Autoren, die aus der ganzen Welt nach Frankfurt zur Buchmesse kommen, abends in der Stadt lesen zu lassen. Schon damals ging es darum, die eher spröde Wasserglas-Lesung in ein mehrdimensionales Erlebnis zu verwandeln, das Event avant la lettre sozusagen. Bestes Beispiel ist unter der Ägide von Hilmar Hoffmann entstandene Idee eines „Literatur-Circus“, der in den Römerhallen stattfand. Aus diesem Format wurde dann „Literatur im Römer“, die Keimzelle von OPEN BOOKS.

Aber „Literatur im Römer“ gibt es doch weiterhin. Das müssen Sie uns kurz erklären.

VANDENRATH: Richtig. „Literatur im Römer“ ist die erste literarische Großveranstaltung Deutschlands. Kult beim Publikum und bei den Autorinnen und Autoren sowieso. Die Leute sitzen zwei Stunden bester Laune auf harten Apfelweinbänken, um an einem Abend acht neue Romane vorgestellt zu bekommen. Ich kann nur sagen: Chapeau! In diesem Jahr findet erstmalig „Debüts im Römer“ im gleichen Format statt, kurze Auftritte auf großer Bühne in der Römerhalle. Eines der acht Erstlingswerke, die wir an dem Abend vorstellen, nämlich „Vatermal“ von Necati Öziri, steht aktuell auf der Shortlist des Deutschen Buchpreises.

Wie kam es dann zu OPEN BOOKS?

Portraitfoto von Sonja Vandenrath, © Foto: Alexander Paul Englert
Portraitfoto von Sonja Vandenrath, © Foto: Alexander Paul Englert

VANDENRATH: OPEN BOOKS haben wir gestartet als der Suhrkamp Verlag erklärte, nach Berlin zu ziehen. Die hiesigen Verlage waren schon vor 2009 mit dem Wunsch an die Stadt herangetreten, so etwas wie „Leipzig liest“, das parallel zur Leipziger Buchmesse stattfindet, auch in Frankfurt zu veranstalten. Nach der Suhrkamp-Causa habe ich mich dann hingesetzt und mir ein Lesefest zur Buchmesse rund um den Römer ausgedacht. Eine DIN-A4-Seite, das war‘s. Es sollte viel Frankfurt drin sein, Bücher aller Sparten umfassen und hochprofessionell in Planung und Durchführung. Ein Lesefest der kurze Wege, in dem sich jede und jeder ganz nach Gusto sein eigenes Programm zusammenstellen kann. Unsere Aufgabe als Orga-Team ist bis heute, die Qualität jeder Veranstaltung zu garantieren. Daran hängt die Bereitschaft der Verlage, ihre Autorinnen und Autoren bei uns zu präsentieren.

Was ist das Besondere an OPEN BOOKS?

VANDENRATH: 115 Lesungen aus neuen Büchern an vier Tagen und das bei freiem Eintritt. Ein Programm, das einen Überblick über die neuen Titel des Herbstes bietet und zwar quer durch alle Sparten. Das reicht vom Roman des Jahres über das aktuelle Sachbuch bis zur Graphic Novel und dem Kinderbuch bei OPEN BOOKS Kids. Um etwas Struktur zu schaffen, haben wir die Sparten auf die Veranstaltungsorte aufgeteilt. So hat etwa das Sachbuch im Haus am Dom seinen festen Platz. Wir sind also ein Buchfest und kein Literaturfestival. Die Signiergelegenheit im Anschluss an die Lesung ermöglicht ein kurzes persönliches Gespräch mit den Autorinnen und Autoren, in diesem Jahr rund 150. Von den vielen Bücherverkäufen bei unseren Lesungen profitiert wiederum der unabhängige Buchhandel in Frankfurt, der die Büchertische stellt. Viel Win-win also.

Lassen Sie uns über das Frankfurt-Spezifische sprechen. Warum leistet die Stadt Frankfurt sich diesen Aufwand?

VANDENRATH: In Frankfurt, der Goethestadt, steckt viel Buch mit der internationalen Buchmesse als Markenkern, umrahmt vom Deutschen Buchpreis und dem Friedenspreis. Das weiß niemand besser als unsere Kultur- und Wissenschaftsdezernentin Dr. Ina Hartwig, die dafür einsteht. Aber auch an den 360 restlichen Tagen ist Frankfurt Buch- und Literaturstadt. Hier sind wichtige Verlage ansässig, leben großartige Autorinnen und Autoren und experimentiert eine tolle junge Literaturszene. Der Börsenverein des Deutschen Buchhandels, als Schaltstelle des deutschen Buchmarktes, hat seinen Hauptsitz in der Braubachstraße, der Mediacampus bildet den buchhändlerischen Nachwuchs aus, die Deutsche Nationalbibliothek hütet und bewahrt unsere Bücher, es gibt die älteste Poetikdozentur und den ersten Stadtschreiberpreis und nicht zu vergessen, das großartige Romantikmuseum neben Goethes Geburtshaus. Ich finde den Begriff des Labors etwas abgehangen, aber irgendwie trifft er auf Frankfurt dann doch zu, weil diese Stadt wie ein verdichtetes literarisches Feld so viel Instanzen des Buchbetriebs auf engem Raum verbindet.

Das klingt zuerst einmal abstrakt. Könnten Sie das konkreter fassen?

VANDENRATH: Stimmt (lacht). Lassen Sie es mal so sagen: Wir glauben an die Zukunft des Buches und der Lesekultur, die im digitalen Zeitalter mehr denn je Orte und Räume für Begegnung und Austausch braucht. Die Frankfurter Buchmesse vereint dies alles in sich und das macht sie so zukunftsweisend. Was 1949 als bescheidene Bücherschau in der unter Hochdruck wiederaufgebauten Paulskirche begann, ist bis heute eine Erfolgsgeschichte ohne gleichen. Die Handels- und Bürgerstadt Frankfurt und die Buchmesse, das ist eine Wahlverwandtschaft. Die Kulturdezernentin bekennt sich in Reden und Statements klar zur Zukunft der Buchmesse und dies wieder sehr deutlich in diesem Jahr aus Anlass des 75-jährigen Jubiläums. Das Lesefest OPEN BOOKS als Bühne für das Buch ist Teil dieses Bekenntnisses.

Das klingt nach sehr viel Erfolg. Die Medienbranche ist im Umbruch und die Digitalisierung in aller Munde. Wie sehen Sie die Zukunft des von Ihnen entwickelten Veranstaltungsformates?

VANDENRATH: OPEN BOOKS bietet viel Zeitdiagnose. Die Bücher verhandeln Gegenwart, ob mit literarischen Mitteln oder als Sachbuch. Das Publikum kann bei Lesungen und Diskussionen die Themen und Stoffe entdecken, die den Buchherbst bestimmen. Was mich sehr freut, ist, dass wir vermehrt ein junges Publikum erreichen, das auch mal auf dem Boden sitzt, wenn die Räume zu voll sind.

Wie finden denn die Leute das, was sie interessiert und wer kommt so?

VANDENRATH: Wir haben ein Programmfaltblatt, das überall ausliegt, und natürlich unsere Website openbooks-frankfurt.de. Am Anfang von OPEN BOOKS haben die Leute häufig mal hier mal dort reingehört und sich überraschen lassen. Inzwischen zupfen sie sich gezielt die Titel aus dem Programm, die sie besonders interessieren. Immer mehr Leute kommen auch von außerhalb Frankfurts, natürlich aus der gesamten Rhein-Main-Region, aber auch von weiter her, um sich dann gleich einen schönen Frankfurt-Tag zu machen. Heute rief jemand sogar aus London an, was jetzt allerdings nicht so oft vorkommt (lacht). Wenn ich mir das große Publikumsinteresse an OPEN BOOKS anschaue, die vollen Säle, die Schlangen vor den Signiertischen, der Trubel zwischen den Lesungen und die vibrierende Atmosphäre insgesamt, dann ist mir um die Buchkultur nicht bange. Oder um Jochen Hörisch zu zitieren, „Die Gutenberg Galaxie hört nicht auf zu enden“.

Interview: Ulf Baier

Weitere Informationen zu allen Veranstaltungen von Open Books 2023 gibt es online unter openbooks-frankfurt.de