Kategorie-Archiv: Pen-Zentrum Darmstadt

Hermann Kesten-Preis an Günter Wallraff – Cem Özdemir hält Laudatio. Hermann Kesten-Förderpreis an Lina Attalah/„Mada Masr“

Günter Wallraff, Frankfurter Buchmesse 2018, Weltempfang, Diskussion "Das freie Wort unter Druck" - Untersuchung des PEN-Zentrums und des Instituts für Medienforschung der Universität Rostock.  © Foto: Diether v. Goddenthow
Günter Wallraff, Frankfurter Buchmesse 2018, Weltempfang, Diskussion „Das freie Wort unter Druck“ – Untersuchung des PEN-Zentrums und des Instituts für Medienforschung der Universität Rostock. © Foto: Diether v. Goddenthow

Darmstadt / Wiesbaden, 29. Juli 2020. Furchtlos für die Meinungsfreiheit gegen alle Widerstände: Der Hermann Kesten-Preis des deutschen PEN-Zentrums geht 2020 an den Autor Günter Wallraff. Die Auszeichnung ist mit 10.000 Euro dotiert. Der Grünen-Politiker Cem Özdemir übernimmt die Laudatio. Die unabhängige ägyptische Online-Zeitung „Mada Masr“ und ihre Chefredakteurin Lina Attalah erhalten den Hermann Kesten-Förderpreis. Die Verleihung beider Preise findet am 19. November um 19 Uhr im Kleinen Haus des Staatstheaters Darmstadt statt. Durch den Abend führt der Jurist, Publizist und Moderator Michel Friedman.

Ralf Nestmeyer, Vizepräsident des deutschen PEN-Zentrums: „Mit Günter Wallraff ehren wir einen der engagiertesten deutschen Autoren der letzten Jahrzehnte. Mit bewundernswertem Mut und großem persönlichem Einsatz hat er sich immer wieder für die Meinungsfreiheit sowie für politisch verfolgte Autorinnen und Autoren wie beispielsweise Salman Rushdie oder Julian Assange eingesetzt. Seine Lebensleistung verdient unsere aufrichtige Bewunderung.“

Hessens Kunst- und Kulturministerin Angela Dorn ergänzt: „Günter Wallraff ist ein Phänomen. Er zeigte uns die fragwürdigen Recherche-Methoden des Boulevard-Journalismus, ließ uns erschreckend tief blicken in die menschenverachtenden Arbeitsbedingungen eines so genannten Gastarbeiters, nahm uns mit in den harten Alltag von Paketdienstleistern und Flugpersonal. Es gibt das schwedische Wort ,wallraffa‘ für verdecktes journalistisches Arbeiten und das Grundsatzurteil ,Lex Wallraff‘, das solches Vorgehen juristisch schützt. In einer Zeit, in der leider Journalistinnen und Journalisten immer mehr angefeindet werden, ist sein mutiges Aufzeigen von Missständen ein Vorbild. Für ebenso unerschrocken halte ich Chefredakteurin Lina Attalah und ihr Redaktionsteam. Sie berichten kritisch über ihre Entwicklungen in Ägypten und wehren sich gegen Zensur und Einschüchterungen. Der Preisträger und die Preisträgerin lassen uns hinsehen, wenn Unrecht geschieht, und stoßen Veränderungen an. Ich gratuliere ihnen herzlich zur Auszeichnung.“

Günter Wallraff hat mit Reportagen über diverse Großunternehmen, die BILD-Zeitung, die Lebenssituation türkischer Gastarbeiter sowie über Obdachlose und Rassismus wirkungsvoll politische und gesellschaftliche Missstände angeprangert. Wiederholt ist der Schriftsteller in die Türkei gereist und hat die Freilassung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Tageszeitung „Cumhuriyet“ sowie anderer inhaftierter Medienschaffender gefordert. Zuletzt hat er die Initiative www.assange-helfen.de ins Leben gerufen, die medienwirksam für die Entlassung des inhaftierten WikiLeaks-Gründers Julian Assange eintritt.

Als Mitbegründerin und Chefredakteurin von „Mada Masr“ (https://madamasr.com/en), einer unabhängigen ägyptischen Online-Zeitung, setzt sich die 1983 geborene Lina Attalah aktiv für den Kampf gegen die Einschränkung des unabhängigen Journalismus in ihrem Land ein. Sie veröffentlichte Artikel in „Al-Masry Al-Youm“, „Cairo Times“, „The Daily Star“ und dem „Christian Science Monitor“ sowie für die Nachrichtenagentur „Thomson Reuters“. Lina Attalah gehört zu den wichtigsten kritischen Stimmen in der ägyptischen Medienlandschaft. Mehrfach war sie Repressalien ausgesetzt. Bereits im November 2019 wurde sie kurzzeitig von ägyptischen Sicherheitsdiensten inhaftiert und im Juni 2020 erneut von den Behörden bei ihrer Arbeit behindert und eingeschüchtert.

Der Hermann Kesten-Preis würdigt Persönlichkeiten, die sich im Sinne der Charta des internationalen PEN in besonderer Weise für verfolgte und inhaftierte Schriftsteller und Journalistinnen einsetzen. Zu den bisherigen Preisträgerinnen und Preisträgern gehören Günter Grass, Anna Politkowskaja, Liu Xiaobo, Can Dündar und Erdem Gül sowie Gioconda Belli. Erstmals im Jahre 2000 stiftete das Hessische Ministerium für Wissenschaft und Kunst ein Preisgeld in Höhe von 10.000 Euro. Der Hermann Kesten-Förderpreis, welcher alle zwei Jahre verliehen wird, ist mit 3.000 Euro dotiert, die ebenfalls vom Hessischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst bereitgestellt werden. Weitere Informationen: www.pen-deutschland.de/de/kesten-preis/

Das deutsche PEN-Zentrum ist mit seinem Geschäftssitz in Darmstadt eine von weltweit über 150 Schriftstellervereinigungen, die im PEN International zusammengeschlossen sind. PEN steht für Poets, Essayists, Novelists. Die ursprünglich 1921 in England gegründete Vereinigung hat sich als Anwalt des freien Wortes etabliert und gilt als Stimme verfolgter und unterdrückter Schriftstellerinnen und Schriftsteller. Der deutsche PEN begleitet mit Initiativen und Veranstaltungen das literarische Leben in der Bundesrepublik. Er bezieht Stellung, wenn er die Meinungsfreiheit, gleich wo, in Gefahr sieht. Er mischt sich ein, wenn im gesellschaftlichen Bereich gegen den Geist seiner Charta verstoßen wird.

siehe auch:
Freiheit für das Wort
Nie wieder kriechen

PEN fordert Freispruch für philippinische Journalistin Maria Ressa und ernennt sie zum PEN-Ehrenmitglied

© World Economic Forum, Foto von Sikarin Thanachaiary
© World Economic Forum, Foto von Sikarin Thanachaiary

In seiner gestrigen Pressemitteilung gibt das deutsche PEN-Zentrum in Darmstadt seinen Protest gegen die Verurteilung der Journalistin und Autorin Maria Ressa, eine der bekanntesten Kritikerinnen des Präsidenten Duterte, bekannt und ernennt sie zum PEN-Ehrenmitglied. Das Vorgehen des despotischen Regimes gegen kritische Personen setzt ein fatales Zeichen für die Meinungsfreiheit und zeigt, wie wenig Tabus für die philippinische Regierung im Umgang mit politischen Gegnern gelten, so PEN.

„Mit Maria Ressa soll eine der wichtigsten Journalistinnen des Landes zum Verstummen gebracht werden. Das Urteil gegen Ressa ist einzig politisch motiviert und ein weiterer Schlag gegen die Pressefreiheit auf den Philippinen“, erklärt Ralf Nestmeyer, Vizepräsident und Writers-in-Prison-Beauftragter des deutschen PEN.

Die vielfach mit Preisen ausgezeichnete Ressa ist Mitbegründerin und Chefredakteurin der Nachrichtenwebsite „Rappler“, die für ihre investigativen Recherchen bekannt ist. Am 15. Juni 2020 wurde sie auf Grundlage eines Gesetzes gegen Cyberkriminalität, in dem viele einen Eingriff in die Pressefreiheit sehen, wegen „Verleumdung im Netz“ verurteilt. Geklagt hatte ein Unternehmer, der sich in seinem Ruf geschädigt sah. In dem fraglichen Artikel, der noch vor Inkrafttreten des neuen Gesetzes veröffentlicht wurde, wurde aus einem Geheimdienstbericht zitiert, der den Geschäftsmann mit Mord und Drogenhandel in Verbindung bringt. Ressa sowie einem weiteren Redakteur drohen bis zu sechs Jahre Haft.

Eine Ehrenmitgliedschaft im deutschen PEN wird Menschen als Akt der Solidarität verliehen, die außerhalb Deutschlands aufgrund ihres schriftstellerischen oder künstlerischen Wirkens und ihres Eintretens für die Freiheit des Wortes verfolgt werden. Zu den Ehrenmitgliedern gehörten Václav Havel und Liu Xiaobo, aktuell u.a. Anabel Hernández sowie Ahmet Altan, Raif Badawi und Li Bifeng, die sich immer noch in Haft befinden.

Info zu PEN 
Das deutsche PEN-Zentrum ist mit seinem Geschäftssitz in Darmstadt eine von weltweit über 150 Schriftstellervereinigungen, die im PEN International zusammengeschlossen sind. PEN steht für Poets, Essayists, Novelists. Die ursprünglich 1921 in England gegründete Vereinigung hat sich als Anwalt des freien Wortes etabliert und gilt als Stimme verfolgter und unterdrückter Schriftstellerinnen und Schriftsteller. Der deutsche PEN begleitet mit Initiativen und Veranstaltungen das literarische Leben in der Bundesrepublik. Er bezieht Stellung, wenn er die Meinungsfreiheit, gleich wo, in Gefahr sieht. Er mischt sich ein, wenn im gesellschaftlichen Bereich gegen den Geist seiner Charta verstoßen wird.

PEN für mehr literarische Kindersendungen im öffentlich-rechtlichen Rundfunk

© WDR
© WDR

Nach einer Analyse des PEN-Zentrum Darmstadt werden Literarische Kindersendungen  im öffentlich-rechtlichen Rundfunk immer weiter zurückgedrängt. Beim sehr erfolgreichen Ohrenbär, vom RBB produziert und bisher vom NDR und WDR übernommen, ist der WDR ausgeschieden. Jetzt will auch noch der NDR folgen, der außerdem sein erfolgreiches Kinderprogramm Mikado einstellen möchte. Der saarländische Rundfunk hatte früher eine vergleichbare Kindersendung mit kleinen Erzählungen, sie gibt es schon lange nicht mehr. Diese Reihe ließe sich leider fortsetzen.

Das PEN-Zentrum Deutschland bedauert diese Entwicklung außerordentlich. Durch narrative Sendungen im Funk wird bei den jungen Hörern ästhetisches Empfinden geschult, sie werden mit aktuellen Stoffen vertraut gemacht, entwickeln Empathie und lernen vor allem zuzuhören. Eine Eigenschaft, die gerade für eine demokratische Gesellschaft unverzichtbar ist. Die Lesekompetenz, nicht zuletzt die Leselust, sind bei den Kindern in den letzten Jahren deutlich gesunken. Phantasievolle Geschichten im Radio wirken diesem Abwärtstrend entgegen.

Das deutsche PEN-Zentrum wendet sich insgesamt gegen den Abbau der literarischen Anteile in Hörfunk- und Fernsehprogrammen, also auch im Kinder- und Jugendbereich. Die ausschließliche Verlagerung ins Digitale, in die Audiotheken und ins Netz ist keine akzeptable Lösung. Hörfunk ist in erster Linie Funk und nicht Podcast. Wir fordern das Gegenteil der derzeitigen Politik: Den Ausbau der Literatursendungen – auch für Kinder und Jugendliche. Alle Sender sind gefordert, insbesondere der NDR und der WDR. Der Ohrenbär muss unbedingt in der bewährten Weise unter Führung des RBB fortgesetzt werden!

PEN schlägt Unterstützung der Buchbranche durch Verdoppelung des Ankaufsetats öffentlicher Bibliotheken vor

Mediathek - Stadtbücherei Wiesbaden. © Foto: Diether v. Goddenthow
Mediathek – Stadtbücherei Wiesbaden. © Foto: Diether v. Goddenthow____

In einer Presseverlautbarung fordert das deutsche PEN-Zentrum die Bundesregierung, die Bundesländer sowie die Kommunen dazu auf, ihr Ankaufsbudget für Bücher in allen öffentlichen Bibliotheken in diesem Jahr zu verdoppeln. Die dafür nötigen finanziellen Mittel sollten möglichst zeitnah bewilligt und aus dem jeweiligen Länder- und Bundeshaushalt zur Verfügung gestellt werden, um die Kommunen zu entlasten. Dadurch könnte der Bibliotheksbestand von der Belletristik über die Kinder- bis zur Fachliteratur in besonderer Weise erneuert, erweitert und verdichtet werden.

Bedingt durch die Einschränkungen der Corona-Krise sind viele Verlage, Buchhandlungen sowie Autorinnen und Autoren unverschuldet in eine finanziell prekäre Lage geraten, die häufig existenzbedrohend ist. Obwohl die Bedeutung der Kultur von staatlicher Seite immer wieder betont wird, kommen viele der aufgelegten Hilfsprogramme oft nicht an. Außerdem sind die Lebenssituationen und Einkommensverhältnisse der Solo-Kulturschaffenden individuell sehr verschieden, so dass die zugesagten finanziellen Hilfen nicht alle Betroffenen erreichen.

„Eine Erhöhung des Ankaufsetats der öffentlichen Bibliotheken wäre ein in seiner Art einmaliges kulturelles Hilfsprogramm, von dem die gesamte Buchbranche in Deutschland profitieren würde. Darüber hinaus wäre es ein wunderbares Zeichen, um die Bedeutung der Lesekultur als Teil einer bundesweiten Bildungsoffensive hervorzuheben und diesen einzigartigen Standortfaktor in Deutschland nachhaltig zu stärken“, so Ralf Nestmeyer, PEN-Vizepräsident.

PEN protestiert gegen geplante Einstellung der NDR-Sendung „Bücherjournal“

buecherjournalndrDarmstadt, 13. Mai 2020. Das deutsche PEN-Zentrum unterstützt den von Rainer Moritz, Leiter des Literaturhauses Hamburg und Mitglied des deutschen PEN, initiierten offenen Brief gegen die Einstellung der NDR-Sendung „Bücherjournal“ an den Intendanten des Norddeutschen Rundfunks, Joachim Knuth.

Dem NDR zufolge werde der Sender in den kommenden vier Jahren insgesamt 300 Millionen Euro einsparen müssen. Neben dem seit über dreißig Jahren existierenden TV-Magazin „Bücherjournal“ sollen zahlreiche weitere Sendungen eingestellt werden.

„Statt bewährte Sendungen einzustellen, sollte die Literaturberichterstattung ausgebaut werden“, betont PEN-Generalsekretär Heinrich Peuckmann. „Der Rückgang der Lesekultur wird inzwischen vielfach beklagt. Diesen Trend nicht nur zu stoppen, sondern Leselust zu wecken, ist eine wichtige Aufgabe für die öffentlich-rechtlichen Sender. Insofern ist die Einstellung des ‚Bücherjournals‘ ein fatales Zeichen.“

Nach Rainer Moritz sind PEN-Präsidentin Regula Venske sowie Isabel Bogdan, Mitglied des deutschen PEN und stellv. Vorstandsvorsitzende des Literaturhaus-Vereins Hamburg, Erstunterzeichnerinnen des offenen Briefes, der sich im Wortlaut der Anlage entnehmen lässt.

Schreiben als tödliches Risiko: PEN veröffentlicht Caselist 2019

Pressemitteilung, Darmstadt, 7. Mai 2020. Das deutsche PEN-Zentrum hat die Caselist des PEN International, seiner internationalen Dachorganisation, für das letzte Jahr veröffentlicht. Die Statistik verzeichnet 212 aktualisierte Übergriffe auf Schriftsteller, Journalistinnen und Verleger. Zwei Autoren wurden in Zusammenhang mit ihrer Arbeit getötet, die anderen durch Gefängnisstrafen und Gewalt schikaniert. 18 Schriftstellerinnen und Schriftsteller, die zu Haftstrafen verurteilt oder gegen die Verfahren eingeleitet wurden, kamen wieder frei, darunter Oleg Senzow, für den sich der deutsche PEN besonders eingesetzt hatte.

„Durch die poetische Kraft ihrer Worte verkörpern Schriftstellerinnen und Autoren eine stete Bedrohung für alle despotischen und demokratiefeindlichen Regime dieser Welt. Der dichterischen Freiheit und ihrer kritischen Botschaft begegnet man mit Inhaftierung und Folter, aber gerade dies offenbart die Angst und Hilflosigkeit der Machthaber. Trotz roher Gewalt darf es Fundamentalisten, Terroristen und Kriminellen nicht gelingen, das Recht auf Meinungsfreiheit zu brechen. Alle inhaftierten Autoren benötigen unsere grenzenlose Solidarität“, erklärt Ralf Nestmeyer, Vizepräsident und Writers-in-Prison-Beauftragter des deutschen PEN.

Hinsichtlich der Ermordung des irakischen Schriftstellers Alaa Mashthob Abboud und der nordirischen Journalistin Lyra McKee 2019 konnte jeweils ein klarer Zusammenhang zu ihrem Beruf hergestellt werden. Bei einigen weiteren Fällen liegt der Verdacht nahe, dass auch sie aufgrund ihrer schriftstellerischen oder journalistischen Arbeit umgebracht wurden, wenngleich das Motiv nicht eindeutig nachgewiesen werden konnte. Um kritische Stimmen zum Schweigen zu bringen, greifen die Behörden am häufigsten zu langjährigen Haftstrafen bzw. Untersuchungshaft, unter teils absurden Vorwürfen. Von den insgesamt 67 Autorinnen und Autoren, die auf diese Weise mundtot gemacht werden sollten, entfielen allein auf die chinesische Volksrepublik 21. Auch in zahlreichen weiteren Ländern schränkten Behörden durch Freiheitsstrafen die Meinungsfreiheit drastisch ein. Weltweit standen 37 Schriftsteller 2019 vor Gericht, mindestens zehn von ihnen in der Türkei, darunter die Schriftstellerin Aslı Erdoğan, derzeit Gast im Writers in Exile-Programm des deutschen PEN-Zentrums.

Die vollständige Caselist, welche jährlich die Informationen zu aktuellen Fällen bündelt und aktualisiert, mitsamt Länderberichten, Informationen zur Writers-in-Prison-Arbeit des PEN sowie der weltweiten Situation der Meinungsfreiheit ist abrufbar auf der Internetseite des deutschen PEN unter https://bit.ly/3fn629F.

Schnell, unbürokratisch, effizient – Deutscher PEN fordert in der Krise Grundeinkommen für Solo-Selbstständige in der Kultur

Darmstadt, 19. März 2020. Das PEN-Zentrum Deutschland unterstützt die Forderung des Deutschen Kulturrates nach einem schnellen und unbürokratischen Nothilfeprogramm für die Kultur. Die Schriftstellerorganisation begrüßt das Versprechen der Staatsministerin für Kultur und Medien, Monika Grütters, sich über den bestehenden Haushalt hinaus dafür einzusetzen, zusätzliche Mittel für Kultur und Medien als Nothilfe zur Verfügung zu stellen. Begrüßenswert ist auch, dass die Kulturministerkonferenz der Länder sich der Forderung nach einem Notfallfonds bereits angeschlossen hat und dass einzelne Landesregierungen hier bereits tätig werden und unbürokratische Verfahren planen.

Gleichwohl wird es Härtefälle geben, nicht erfassbare Einbußen und andere Einkommenslücken aufgrund der Pandemie. Das PEN-Zentrum Deutschland unterstützt deshalb die Petition der Berliner Modedesignerin Tonia Merz nach einem bedingungslosen Grundeinkommen für Solo-Selbständige in der Kulturbranche für einen Zeitraum von sechs Monaten. Die Solo-Selbständigen in den unterschiedlichen Kunstsparten, die auf Honorarbasis arbeiten, sind durch die derzeitigen Schließungen, Ausfälle und Absagen besonders betroffen. Nach ersten Umfragen brechen zwischen 80 und 100% der Einnahmen weg.

„‚Wo aber Gefahr ist, wächst das Rettende auch‘, dichtete Friedrich Hölderlin, dessen 250. Geburtstag wir in diesem Jahr feiern. Für Künstlerinnen und Künstler und die vielen sogenannten ‚Freien‘ in der Kultur- und Kreativwirtschaft wird es existentiell notwendig sein, dass ‚das Rettende‘ in diesem Fall von der Politik kommt“, so die Präsidentin des deutschen PEN, Regula Venske. „Letztlich kommt es aber jetzt auf die Solidarität der gesamten Bevölkerung an, um diese Krise gemeinsam zu meistern.“

Zum Welttag der Pressefreiheit am 3. Mai rufen Börsenverein, Pen u. Reporter ohne Grenzen auf zur Freiheit für die verfolgten Kultur- und Medienschaffenden in der Türkei! #FreeWordsTurkey

freiheit-des-wortes2Gemeinsamer Appell von Börsenverein des Deutschen Buchhandels, PEN-Zentrum Deutschland und Reporter ohne Grenzen zum Internationalen Tag der Pressefreiheit am 3. Mai

„Mit großer Besorgnis beobachten wir, dass sich die Situation von Kultur- und Medienschaffenden in der Türkei trotz der Freilassung von Aslı Erdoğan und Deniz Yücel nicht verbessert hat. Zahlreiche neue Inhaftierungen und Urteile sowie die politische Entwicklung der letzten Monate zeigen, dass die Meinungs- und Pressefreiheit in der Türkei weiter akut bedroht sind. Zum Internationalen Tag der Pressefreiheit rufen wir dazu auf, diese Missstände nicht länger hinzunehmen: Unsere bedrohten, verfolgten und inhaftierten Kolleginnen und Kollegen brauchen unsere Solidarität und Hilfe!

Erst in der vergangenen Woche wurden Mitarbeiter der Zeitung Cumhuriyet, eines der letzten unabhängigen Medien in der Türkei, auf Basis haltloser Vorwürfe zu teils langen Haftstrafen verurteilt. Vor zwei Wochen hat die Türkei erneut Haftbefehl gegen einen deutsch-türkischen Medienmitarbeiter erlassen, Adil Demirci. Die Anklagen gegen die deutschen Journalisten Deniz Yücel und Mesale Tolu bestehen weiter. Tolu darf die Türkei immer noch nicht verlassen. Viele wichtige Vertreter der türkischen Kulturlandschaft sind in Haft, wie etwa der Verleger und Förderer zivilgesellschaftlicher Initiativen Osman Kavala. Er sitzt seit fast fünf Monaten ohne Anklageschrift im Gefängnis.

Die vorgezogenen Wahlen am 24. Juni werden erneut unter dem Ausnahmezustand stattfinden, der kürzlich zum siebten Mal verlängert wurde. Damit wird der Wahlkampf inmitten unverminderter Repression abgehalten. Eine freie Berichterstattung und ungehinderte öffentliche Debatte sind unter diesen Rahmenbedingungen undenkbar. Regierungskritische und unabhängige Stimmen brauchen in dieser Situation mehr denn je unsere Unterstützung und Solidarität – gerade auch die Stimmen, die keine große internationale Aufmerksamkeit genießen.

Wie in der Türkei gehen Machthaber in zahlreichen anderen Ländern gegen kritischen Journalismus, gegen Autorinnen und Autoren, Verlage und Buchhandlungen vor. Ob in China, Saudi-Arabien, Ägypten oder in unserer Nachbarschaft in Ungarn oder Polen: In vielen Regionen der Welt sind die Meinungs-, Presse- und Informationsfreiheit eingeschränkt. Oft ist es die Freiheit des Wortes, die als erstes stirbt. Denn Despoten fürchten nichts mehr als das frei gesprochene Wort. Es ist die Grundlage einer freien und demokratischen Gesellschaft.

Wir fordern, dass die Repressionen gegenüber Kultur- und Medienschaffenden in der Türkei und anderen Teilen der Welt beendet und inhaftierte Kolleginnen und Kollegen umgehend freigelassen werden. Von der Bundesregierung und der EU-Kommission fordern wir mit Nachdruck, dass sie sich stärker für die Opfer staatlicher Willkür einsetzen und konsequent Position für die Freiheit des Wortes beziehen. Sie ist ein Menschenrecht und nicht verhandelbar. Lassen Sie uns gemeinsam dafür eintreten!“

Börsenverein des Deutschen Buchhandels, PEN-Zentrum Deutschland und Reporter ohne Grenzen

Frankfurt am Main / Berlin / Darmstadt, 2. Mai 2018

Über den Börsenverein des Deutschen Buchhandels:
Der Börsenverein des Deutschen Buchhandels ist die Interessenvertretung der deutschen Buchbranche gegenüber der Politik und der Öffentlichkeit. Er wurde 1825 gegründet und vertritt die Interessen von rund 5.000 Buchhandlungen, Verlagen, Zwischenbuchhändlern und anderen Medienunternehmen. Der Kultur- und Wirtschaftsverband veranstaltet die Frankfurter Buchmesse, vergibt den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels sowie den Deutschen Buchpreis. Zudem setzt er sich für die Meinungs- und Publikationsfreiheit ein und engagiert sich in der Leseförderung. www.boersenverein.de

Über das PEN-Zentrum Deutschland:
Das PEN-Zentrum Deutschland ist eine der weltweit über 140 Schriftstellervereinigungen, die im PEN International vereint sind. Die drei Buchstaben stehen für die Wörter Poets, Essayists, Novelists. Der PEN wurde 1921 in England als literarischer Freundeskreis gegründet. Schnell hat er sich über die Länder der Erde ausgebreitet und sich als Anwalt des freien Wortes etabliert – er gilt als Stimme verfolgter und unterdrückter Schriftsteller und Schriftstellerinnen. www.pen-deutschland.de

Über Reporter ohne Grenzen:
Reporter ohne Grenzen (ROG) dokumentiert Verstöße gegen die Presse- und Informationsfreiheit weltweit und alarmiert die Öffentlichkeit, wenn Journalisten und deren Mitarbeiter in Gefahr sind. Die Organisation setzt sich für mehr Sicherheit und besseren Schutz von Journalisten ein. Sie kämpft online wie offline gegen Zensur, gegen den Einsatz sowie den Export von Zensur-Software und gegen restriktive Mediengesetze. Das ROG- Nothilfereferat unterstützt verfolgte Journalisten und ihre Familien – zum Beispiel, indem es zerstörte oder beschlagnahmte Ausrüstung ersetzt, Anwalts- oder Arztkosten übernimmt. Bei Lebensgefahr im Heimatland hilft ROG bei der Suche nach einem sicheren Aufnahmeland. Der deutsche Verein Reporter ohne Grenzen e.V. besteht seit 1994 und ist Teil der 1985 gegründeten internationalen Organisation Reporters sans frontières mit Hauptsitz in Paris und einem weltweiten Korrespondentennetz. www.reporter-ohne-grenzen.de

Dorothea Grünzweig erhält Kurt Sigel-Lyrikpreis des deutschen PEN

Der deutsche PEN zeichnet die Lyrikerin Dorothea Grünzweig mit dem Kurt Sigel-Lyrikpreis aus. „Es ist die Unschärfe der Wirklichkeit, von der Dorothea Grünzweig in ihrer hochpoetischen, rhythmischen Sprache berichtet. Durch die Feinheit der Sprachbilder gelingt es ihr, uns Tod, Trauer, Verlassenheit und die wuchernde Natur neu sehen zu lassen“, so die Einschätzung der Jury, der Nora Bossong, Hans Thill und Herbert Wiesner angehören.

Stifter des mit 4.000 € dotierten Preises, den der deutsche PEN alle zwei Jahre ausschreibt, ist der Frankfurter Schriftsteller Kurt Sigel, der sich als Autor von Romanen, Erzählungen, Gedichtbänden und von Büchern in hessischer Mundart, teilweise mit eigenen Zeichnungen und Cartoons illustriert, einen Namen gemacht hat. Der Preis wird am 26. April 2018 im Rahmen der PEN-Jahrestagung in Göttingen verliehen. Die Laudatio hält Herbert Wiesner.

In der Begründung der Jury heißt es weiterhin: „Dorothea Grünzweigs fein komponierten Texte überzeugen gerade in den kleinen Wendungen und Umwendungen der Sprache, in ihrer Findigkeit und Originalität. In leichten Abweichungen vom Gewohnten eröffnen sich so neue Blicke, ‚Einschlupflöcher‘ in unsere Wirklichkeit. Es ist ein Singen von einer Welt, die zwischen Verschwinden und Lebendigkeit changiert und darin ihr Geheimnis offen hält.“

Das Hessische Staatstheater Wiesbaden ruft zur Solidarität mit dem Schriftsteller Dogan Akhanli auf – PEN bittet um Spenden

Foto: Diether v. Goddenthow © atelier-goddenthow
Foto: Diether v. Goddenthow © atelier-goddenthow

Am Samstag wurde der deutsche Schriftsteller Dogan Akhanli auf Ersuchen der türkischen Behörden während seines Spanienurlaubs inhaftiert. Ihm wird vorgeworfen, Mitglied einer terroristischen Vereinigung zu sein. Inzwischen ist er dank Intervention des Außenministeriums wieder auf freien Fuß, darf aber Madrid nicht verlassen.

Im Rahmen der Inszenierung von Verdis Requiem an der Oper Köln 2011 berichtete Akhanli von seiner ersten Verhaftung, als er 2010 seinen todkranken Vater in der Türkei besuchen wollte. Dogan Akhanli erzählte auf der Bühne von schrecklichen Haftbedingungen, von Willkür und von den Demütigungen, die er im Gefängnis erlebte. Er erzählte von seinen Ängsten, seiner Wut und von seiner Verzweiflung.

Nach sechs Monaten musste die türkische Staatsanwaltschaft die absurde Anklage wegen eines Raubmords fallen lassen, und Akhanli konnte zurück in seine Heimat, nach Deutschland. Wer um diese traumatisierende Erfahrung weiß, kann ansatzweise erahnen, was die erneute Inhaftierung – nun auf EU Gebiet – für Dogan Akhanli bedeutet.

Alles, was der sechzigjährige Autor begangen hat, ist, sich für einen offenen Umgang mit der türkischen Geschichte einzusetzen. Die nun gegen ihn erhobenen Anschuldigungen entbehren jeglicher Grundlage.

Das Hessische Staatstheater fordert die spanischen Behörden auf, Dogan Akhanli umgehend nach Deutschland ausreisen zu lassen und fordert die deutsche Bundesregierung auf, alles zu tun, damit der deutsche Staatsbürger nicht doch noch in die Türkei ausgeliefert wird, und es protestierst aufs Schärfste gegen diese menschenverachtende und willkürliche Handlungsweise der türkischen Regierung.

Spendenaufruf zugunsten des von der Auslieferung an die Türkei bedrohten deutschen Schriftstellers Doğan Akhanlı

Wie durch die Medien in den vergangenen Tagen ausführlich berichtet, betreibt die türkische Regierung ein Auslieferungsverfahren gegen den deutschen Autor türkischer Herkunft Doğan Akhanlı. Ein Madrider Gericht hat Doğan Akhanlı zwar die Untersuchungshaft erspart, doch darf er bis zur gerichtlichen Entscheidung Spanien nicht verlassen und muss sich bei der Madrider Polizei wöchentlich melden. Dieser Zwangsaufenthalt des Ehepaars Akhanlı, der zunächst einmal bis zu 40 Tage dauern kann, sowie die Kosten für seinen deutschen und seinen spanischen Anwalt müssen durch Doğan Akhanlı getragen werden. Dabei handelt es sich um Kosten, die die finanziellen Möglichkeiten der Familie übersteigen.

Das Auslieferungsbegehren ist unserer Überzeugung nach allein politisch motiviert aufgrund der kritischen Haltung Doğan Akhanlıs gegenüber dem gegenwärtigen türkischen Regime sowie seines Einsatzes für das Erinnern an den Völkermord gegen die Armenier im Jahr 1915, ein Verbrechen, das in der Türkei nicht als solches bezeichnet werden darf. Doğan Akhanlı wurde u.a. mit dem Menschenrechtspreis des evangelischen Kirchenkreises Köln sowie durch das Bündnis für Demokratie und Toleranz ausgezeichnet. Seine Projekte sind außerdem durch die Bundesstiftung Erinnerung, Verantwortung und Zukunft gefördert worden.

Aus diesem Grund bitten wir um Spenden für Doğan Akhanlı. Die gespendeten Gelder werden ausschließlich für die im Zusammenhang mit dieser gerichtlichen Auseinandersetzung entstehenden Kosten verwendet. Sollte ein Überschuss verbleiben, würde der Betrag dem Writers-in-Prison-Programm des PEN-Zentrums Deutschland zugutekommen, in dem wir uns für verfolgte und inhaftierte Autoren und Journalisten einsetzen, nicht zuletzt für die beängstigend vielen Kolleginnen und Kollegen in der Türkei.

Spenden können unter dem Stichwort: „Dogan Akhanli“ an das PEN-Zentrum Deutschland e.V. gerichtet werden.
Unsere Bankverbindung dafür lautet:

Volksbank Darmstadt-Südhessen eG
IBAN: DE22 5089 0000 0058 9207 11
BIC: GENODEF1VBD

Das PEN-Zentrum Deutschland ist als gemeinnützig anerkannt. Spenden können steuerlich geltend gemacht werden, wir stellen auf Wunsch eine Spendenbescheinigung aus.