Schreiben als tödliches Risiko: PEN veröffentlicht Caselist 2019

Pressemitteilung, Darmstadt, 7. Mai 2020. Das deutsche PEN-Zentrum hat die Caselist des PEN International, seiner internationalen Dachorganisation, für das letzte Jahr veröffentlicht. Die Statistik verzeichnet 212 aktualisierte Übergriffe auf Schriftsteller, Journalistinnen und Verleger. Zwei Autoren wurden in Zusammenhang mit ihrer Arbeit getötet, die anderen durch Gefängnisstrafen und Gewalt schikaniert. 18 Schriftstellerinnen und Schriftsteller, die zu Haftstrafen verurteilt oder gegen die Verfahren eingeleitet wurden, kamen wieder frei, darunter Oleg Senzow, für den sich der deutsche PEN besonders eingesetzt hatte.

„Durch die poetische Kraft ihrer Worte verkörpern Schriftstellerinnen und Autoren eine stete Bedrohung für alle despotischen und demokratiefeindlichen Regime dieser Welt. Der dichterischen Freiheit und ihrer kritischen Botschaft begegnet man mit Inhaftierung und Folter, aber gerade dies offenbart die Angst und Hilflosigkeit der Machthaber. Trotz roher Gewalt darf es Fundamentalisten, Terroristen und Kriminellen nicht gelingen, das Recht auf Meinungsfreiheit zu brechen. Alle inhaftierten Autoren benötigen unsere grenzenlose Solidarität“, erklärt Ralf Nestmeyer, Vizepräsident und Writers-in-Prison-Beauftragter des deutschen PEN.

Hinsichtlich der Ermordung des irakischen Schriftstellers Alaa Mashthob Abboud und der nordirischen Journalistin Lyra McKee 2019 konnte jeweils ein klarer Zusammenhang zu ihrem Beruf hergestellt werden. Bei einigen weiteren Fällen liegt der Verdacht nahe, dass auch sie aufgrund ihrer schriftstellerischen oder journalistischen Arbeit umgebracht wurden, wenngleich das Motiv nicht eindeutig nachgewiesen werden konnte. Um kritische Stimmen zum Schweigen zu bringen, greifen die Behörden am häufigsten zu langjährigen Haftstrafen bzw. Untersuchungshaft, unter teils absurden Vorwürfen. Von den insgesamt 67 Autorinnen und Autoren, die auf diese Weise mundtot gemacht werden sollten, entfielen allein auf die chinesische Volksrepublik 21. Auch in zahlreichen weiteren Ländern schränkten Behörden durch Freiheitsstrafen die Meinungsfreiheit drastisch ein. Weltweit standen 37 Schriftsteller 2019 vor Gericht, mindestens zehn von ihnen in der Türkei, darunter die Schriftstellerin Aslı Erdoğan, derzeit Gast im Writers in Exile-Programm des deutschen PEN-Zentrums.

Die vollständige Caselist, welche jährlich die Informationen zu aktuellen Fällen bündelt und aktualisiert, mitsamt Länderberichten, Informationen zur Writers-in-Prison-Arbeit des PEN sowie der weltweiten Situation der Meinungsfreiheit ist abrufbar auf der Internetseite des deutschen PEN unter https://bit.ly/3fn629F.