Programm des 37. Rheinland-Pfalz-Tag (16.-18.06.2023) in Bad Ems vorgestellt

Am Rheinland-Pfalz-Tag wird sich Bad Ems unter anderem rund um das Welterbe "Great Spa Towns of Europe" - und mit seiner römischen Vergangenheit präsentieren. © Foto Diether von Goddenthow
Am Rheinland-Pfalz-Tag wird sich Bad Ems unter anderem rund um das Welterbe „Great Spa Towns of Europe“ – und mit seiner römischen Vergangenheit präsentieren. © Foto Diether von Goddenthow

In 44 Tagen ist es soweit. Vom 16. bis 18. Juni ist der Rheinland-Pfalz-Tag zu Gast in der malerischen Kurstadt Bad Ems. Ministerpräsidentin Malu Dreyer stellte gemeinsam mit Stadtbürgermeister Oliver Krügel und dem Bürgermeister der Verbandsgemeinde Bad Ems-Nassau, Uwe Bruchhäuser, sowie den Medienpartnern das Programm des Landesfestes vor.

„Kaiserbad, Sommerhauptstadt Europas, Weltbad, Klein-Nizza, für Bad Ems gibt es viele passende Umschreibungen. Die Bäderstadt, die seit 2021 als Teil der ‚Great Spa Towns of Europe‘ sogar UNESCO-Welterbe ist, wird mit ihrem idyllischen Stadtbild auf jeden Fall den perfekten Rahmen für das Landesfest bieten. Drei Tage lang erwartet die Besucher und Besucherinnen auf sieben großen Bühnen und über 200 Ständen und Aktionsflächen eine bunte Mischung aus Kultur, Musik, Information, Unterhaltung“, so die Ministerpräsidentin. Als Traditionsfest, das jedes Jahr hunderttausende Gäste anziehe, stehe der Rheinland-Pfalz-Tag für die Vielfalt und Lebensfreude, die das Land und auch Bad Ems auszeichnen. „Ich bin stolz darauf, dass der Rheinland-Pfalz-Tag weiterhin ein kostenfreies und vielfältiges Informations- und Unterhaltungsprogramm für die ganze Familie bietet. Der freie Eintritt gilt auch bei den großen Konzerten“, sagte Ministerpräsidentin Malu Dreyer.

Information und Unterhaltung auf der Landesbühne
Der Rheinland-Pfalz-Tag konzentriert sich auf die drei Themenschwerpunkte Ehrenamtliches Engagement, Tourismus/Standortmarketing sowie Selbsthilfe, Gesundheit, Pflege und Demografie. Sie finden sich in Aktions- und Informationsflächen wieder, in denen sich zahlreiche Vereine, Initiativen und Einrichtungen aus dem ganzen Land präsentieren. Sie alle freuen sich darauf, mit den Gästen direkt ins Gespräch zu kommen und ihr Engagement vorstellen zu können. Ein Höhepunkt ist traditionell der große Festzug am Sonntag mit 60 Zugnummern, den das SWR-Fernsehen überträgt.

Das Land Rheinland-Pfalz betreibt mit dem „Treffpunkt Rheinland-Pfalz – Die Landesbühne“, eine Musikbühne, auf der auch Formate, wie der #Jugendtalk mit Ministerpräsidentin Malu Dreyer, der Frühschoppen der Landesregierung und verschiedene Talks mit Kabinettsmitgliedern zu erleben sein werden. Das Informations- und Unterhaltungsprogramm moderiert Andreas Bockius. Top-Act auf der Landesbühne ist am Sonntagabend der Sänger und Songwriter Max Mutzke.

Bad Ems wird ein guter Gastgeber sein
„Wie wollen wir leben“ – unter diesem spannenden Schwerpunktthema präsentieren sich die Stadt Bad Ems und die Verbandsgemeinde Bad Ems-Nassau gemeinschaftlich als Ausrichter des Rheinland-Pfalz-Tages. „Zusammen mit unseren regionalen Partnern, Bürgerinnen und Bürgern werden wir die faszinierende Geschichte unserer Stadt bis zur Verleihung des Titels „Great Spa Towns of Europe“ im Rahmen von verschiedenen Formaten und Veranstaltungselementen darstellen und die Vielfalt und die Facetten der Region in den Vordergrund stellen. Gemeinsam mit unseren regionalen Partnern, Bürgerinnen und Bürgern und unseren Gästen werden wir ein schönes, aber auch informatives Fest gestalten und einige Antworten zur Leitfrage ‚Wie wollen wir leben‘ präsentieren“, so Stadtbürgermeister Oliver Krügel.

„Unsere Region zeichnet sich durch malerische Orte entlang der Lahn und auf den Höhen von Taunus und Westerwald aus. Kaiserliche Bäderkultur, Weine direkt vom Winzer, heiße Thermalquellen, Wander- und Radwege entlang des „Obergermanisch-Raetischen Limes“ – all‘ das haben wir zu bieten“, so Bürgermeister Uwe Bruchhäuser. „Die Verbandsgemeinde Bad Ems-Nassau lädt ein, Natur und Kultur zu genießen, und ich freue mich, dass wir diese Vielfalt vielen Gästen näherbringen können. Wir freuen uns auf „Sie“. Lassen Sie uns gemeinsam ein tolles Landesfest feiern!“

SWR präsentiert Stars, Musik, Spaß und Action
Der SWR bringt Stars, Musik, Spaß und Action vom 16. bis 18. Juni in die Bäderstadt an der Lahn. Auf der großen Open-Air-Bühne im Kurpark präsentiert der Landessender musikalische Highlights und spannende Gäste aus dem Land. Ulla Fiebig, SWR Landessenderdirektorin RP: „Wir wollen dazu beitragen, dass die Menschen an diesem Wochenende in Bad Ems eine richtig gute Zeit haben. Als SWR sind wir fest verankert in den Regionen und nah dran an dem, was die Bürger und Bürgerinnen bewegt. Auch wir sind hier zu Hause. Der Rheinland-Pfalz-Tag ist für uns eine schöne Gelegenheit, mit den Besucherinnen und Besuchern ins persönliche Gespräch zu kommen, ihnen zuzuhören und über das, was wir als öffentlich-rechtliches Medienhaus tun, zu informieren. Die Gäste können uns und unsere vielfältigen Angebote noch besser kennenlernen und einige der Macherinnen und Macher vor Ort erleben. Wir freuen uns auf diese drei Tage Landesfest.“ Auftakt ist die 90-minütige Livesendung „Rheinland-Pfalz feiert!“ am Freitagabend mit der SWR Big Band, Alice Merton, Kelvin Jones und Anthony Strong, die auch im SWR Fernsehen ausgestrahlt wird. Der Samstag gehört der Musikwelt der achtziger Jahre: Das SWR1 Open Air „Back to the 80s“ katapultiert das Publikum zurück in das Kultjahrzehnt und präsentiert mit Maggie Reilly und Sidney Youngblood gleich zwei Stars aus den Achtzigern. Die „Tina Turner Tribute Show“ vollendet die Bühnenshow mit Pop-Balladen und Rock’n’Roll aus dem Musikjahrzehnt. Am Sonntag gibt es mit der KiKA Show Action zum Mitmachen und Mittanzen für die Kleinsten. Zum Abschluss der Festtage heizt die Partyband „Hit Radio Show“ den Besucherinnen und Besuchern am Sonntagabend noch mal richtig ein.

RPR1. und bigFM erfüllen musikalische Herzenswünsche
„Das Landesfest gehört nach Jahren coronabedingter Absagen endlich wieder zu unseren Veranstaltungs-Höhepunkten. Mit BUZZ, der Original RPR1. Liveband, „Juli“ und „Clock Clock“ auf unserer Bühne erfüllen wir vielen Musikfans in Rheinland-Pfalz einen Herzenswunsch – ein großes, kostenloses Open-Air-Konzert für die ganze Familie in einem wunderschönen Rahmen. Zusätzlich freuen wir uns, allen jungen Besucherinnen und Besuchern des Rheinland-Pfalz-Tages mit einer Karrieremeile dabei zu helfen, den für sie richtigen Job zu finden. Wir freuen uns auf eine tolle Stimmung in Bad Ems“, sagte der Programmchef von RPR1., Andreas Holz.

„bigFM ist stolz, auch in diesem Jahr wieder ein erstklassiges Line Up präsentieren zu können. Nachmittags treten mit Hetti und Noel Andre zwei Newcomer auf. Am Abend übernehmen dann mit Glockenbach und Leony zwei absolute Top Acts die bigFM-Bühne. Wir freuen uns, mit unseren Hörerinnen und Hörern in Bad Ems zu feiern“, so big-FM-Programmchef Patrick Morgan.

Rockland Radio rockt das Landesfest
Nach dem Riesenerfolg beim Landesfest im vergangenen Jahr in Mainz kommt Rockland Radio mit seinem großen Tribute-Festival auch zum Rheinland-Pfalz-Tag nach Bad Ems. „Wir haben uns dazu entschlossen, das Rockland Radio Tribute-Festival fortzuführen und als eines der großen Highlights beim Rheinland-Pfalz-Tag zu etablieren“, erläuterte Rockland Radio Geschäftsführer Steffen Müller die zukünftige Programmpolitik beim Landesfest. So wird beim 37. Rheinland-Pfalz-Tag in Bad Ems auf der Rockland Bühne am Marktplatz die Musik der großen Rock-Giganten wie Queen, Coldplay, AC/DC und Sting für Mega-Stimmung sorgen.

Vier Tribute-Bands wurden von Rockland Radio engagiert. Los geht’s am Freitag mit Welthits von den Hard Rock Pionieren AC/DC sowie ein atemberaubendes Live-Tribute der Pop Rock Band Coldplay. Am Samstag geht es mittags weiter mit einem Live-Auftritt von herrH, einem der populärsten Kinderlieder-Stars Deutschlands. Abends gibt es musikalische Highlights der New-Wave Band The Police, welche mit Frontmann und Rocklegende Sting unvergleichlich wurden. Nach dem Motto „All we hear is radio ga ga“ gibt es zum Abschluss Musik von Queen, den britischen Rockern rund um Weltikone Freddie Mercury.

Verstärkung des ÖPNV Angebots
„Es freut uns, dass wir gemeinsam mit dem Rhein-Lahn-Kreis und dem Zweckverband Schienenpersonennahverkehr Rheinland-Pfalz Nord in bewährt guter Art und Weise ein Rahmenkonzept für eine stressfreie An- und Abreise zum diesjährigen Rheinland-Pfalz-Tag entwickeln konnten. Wir hoffen, dass viele Kunden die ÖPNV-Angebote nutzen und so dazu beitragen, dass das Event auch unter Umweltaspekten ein voller Erfolg wird. Zumal es das Deutschland-Ticket ja nun auch vereinfacht, aus den angrenzenden Bundesländern mit Bus&Bahn anzureisen“, erläuterte Philipp Klee vom Verkehrsverbund Rhein-Mosel GmbH.

Rheinland-Pfalz-Tag ist ein Gemeinschaftsprojekt
„Der Rheinland-Pfalz-Tag ist ein großartiges Gemeinschaftsprojekt, das den Zusammenhalt und die Identität unseres Landes stärkt“, sagte Ministerpräsidentin Malu Dreyer. Das Organisationteam von Stadt, Verbandsgemeinde und den anderen Partnern sei mit seinen Vorbereitungen für das Landesfest im Zeitplan. Selbstverständlich stehe bei allen Planungen die Veranstaltungssicherheit an vorderster Stelle. „Wenn das Wetter mitspielt, rechnen wir über alle drei Veranstaltungstage mit rund 150.000 Besucherinnen und Besuchern.“ Die Ministerpräsidentin dankte den Medienpartnern für das Musik- und Unterhaltungsprogramm, das immer ein besonderer Anziehungspunkt sei. „Mein Dank gilt auch allen Sponsoren, Unterstützern und Mitwirkenden, ohne deren Beitrag oder ehrenamtliches Engagement der Rheinland-Pfalz-Tag nicht möglich wäre“, so Ministerpräsidentin Malu Dreyer.

Der 36. Rheinland-Pfalz-Tag fand 2022 anlässlich des 75-jährigen Jubiläums von Rheinland-Pfalz in der Landeshauptstadt Mainz statt. Davor musste das Landesfest pandemiebedingt zwei Jahre ausfallen. Bad Ems richtet nach 2005 bereits zum zweiten Mal den Rheinland-Pfalz-Tag aus. Aufgrund der gestiegenen Anforderungen an solche Großveranstaltungen findet der Rheinland-Pfalz-Tag nach Bad Ems nicht mehr jährlich, sondern alle zwei Jahre statt. Das nächste Mal ist das Landesfest dann 2025.

Das komplette Programm und alle weiteren Infos über: https://rlp-tag.de/de/programm/

“La vie est belle” – Wein & Haute Cuisine – Der 21. Ball des Weines im Wiesbadener Kurhaus präsentiert beste Weine und tut Gutes

© VDP
© VDP

In diesem Jahr feiern Winzerinnen und Winzer, Genießer und
„bon vivants“ zum 21. Mal gemeinsam auf dem Ball des Weines.
Er wurde ins Leben gerufen mit dem Ziel, den deutschen
Spitzenwein zu feiern und ihn glanzvoll in Szene zu setzen.
Der  Ball des Weines hat sich  als feste kulturelle Institution im Rhein-Main-Gebiet etabliert und zählt zu den genussvollsten Bällen
des ganzen Landes.

Am 6. Mai 2023 wird der 21. Ball des Weins in Beisein von Ministerpräsident Boris Rhein eröffnet werden.  Das diesjährige Motto “La vie est belle”  widmet sich ganz der deutsch-französischen (Genuss-)Freundschaft. Entsprechend wird sich das Kurhaus in all seinen Sälen herausputzen und die erwarteten 1500 Gäste zu einer kleinen Zeitreise einladen durch die feudalen Epochen Frankreichs des 17. u. 18. Jahrhunderts  wie man diese heute noch  in etlichen  französischen Palästen oder  Schloss Versailles touristisch erleben kann.   Dabei können die Gäste entlang französischer Alleen wandeln, echte Haute Cuisine genießen und die herkunftsgeprägten “Grands Crus d’Allemagne“, VDP.GROSSES GEWÄCHS® ins Glas bekommen, darunter auch Weine “des Amis” aus dem Elsass, der Provence sowie Bordeaux.

Auch dieses Mal werden die ausschenkenden VDP-Weingüter ihre besten Tropfen,  deutsche Weine von internationaler Größe kredenzen. Die Vielfalt deutscher Weine ist weltweit unerreicht.  Schon immer gelang es dem Ball des Weines des VDP in Wiesbaden, diese Vielseitigkeit, das Bunte, die Verspieltheit und den Genuss in besonderer Art und Weise darzustellen und zu vereinen. Es wird wieder ein  Abend werden, an dem die Weine in einem unvergleichlichen Glanzlicht stehen und so vielen Personen eine wahre Freude bereiten.

Aber mit dem Ball des Weines soll auch wieder Gutes getan werden, und von Not Betroffenen die nötige Unterstützung durch Charity-Projekte und Hilfsaktionen gegeben werden. So wird es auch in diesem Jahr eine  Tombola geben, deren Erlöse sowie weitere eingesammelte  Spenden des Abends  an die zivile Hilfsorganisation STELP mit Sitz in Stuttgart gehen sollen, um mit diesem Geld schnelle und unbürokratische Unterstützung für Menschen in akuter Not zu ermöglichen. Im Fokus steht derzeit die Hilfe für die Menschen, die nach den verheerenden Erdbeben in der Türkei und in Syrien jede Unterstützung gebrauchen können, besonders mit Wohncontainern, sanitären Anlagen sowie psychischer Betreuung, gerade für Kinder.

Informationen Ball des Weines

Rheingau Literatur Preis 2023 geht an Arno Geiger

aus dem Hanser-Verlag
aus dem Hanser-Verlag

Oestrich-Winkel, 03.05.2023 – Den Rheingau Literatur Preis 2023 erhält der Schriftsteller Arno Geiger für sein Buch „Das glückliche Geheimnis“. Die durch das Rheingau Literatur Festival initiierte Ehrung wird in diesem Jahr zum 30. Mal vergeben. Die Auszeichnung ist mit 11.111 Euro und 111 Flaschen besten Rheingau Rieslings dotiert. Das Hessische Ministerium für Wissenschaft und Kunst und der Rheingau Musik Festival e.V. stiften je 5.000 Euro des Preises, der vom Relais & Chateaux Hotel Burg Schwarzenstein um 1.111 Euro ergänzt wird. Die erlesenen Weine stammen aus den herausragenden Kellern des Verbandes Deutscher Prädikatsweingüter Rheingau.

Arno Geiger, 1968 geboren, lebt in Wien und Wolfurt. Sein Werk erscheint bei Hanser, zuletzt „Alles über Sally“ (Roman, 2010), „Der alte König in seinem Exil“ (2011), „Grenzgehen“ (Drei Reden, 2011), „Selbstporträt mit Flusspferd“ (Roman, 2015), „Unter der Drachenwand“ (Roman, 2018), „Der Hahnenschrei“ (Drei Reden, 2019) und „Das glückliche Geheimnis“ (2023). Er erhielt u. a. den Deutschen Buchpreis (2005), den Hölderlin-Preis (2011), den Literaturpreis der Adenauer-Stiftung (2011), den Alemannischen Literaturpreis (2017), den Joseph-Breitbach-Preis (2018), den Bremer Literaturpreis (2019) und den in den Niederlanden vergebenen Europese Literatuurprijs (2019).

Der Rheingau Literatur Preis wird Arno Geiger im Rahmen des diesjährigen Rheingau Literatur Festivals am Sonntag den 24.9. um 11 Uhr auf Burg Schwarzenstein verliehen. Die Laudatio wird Andreas Platthaus (Künstlerischer Leiter des Rheingau Literatur Festivals) halten.

Die Jury begründet ihre Wahl folgendermaßen: „Arno Geigers ‚Mein glückliches Geheimnis‘ ist ein autobiographisches Buch. Das muss man betonen angesichts der Schwemme von autofiktionalen Publikationen. Geiger tritt mit dem Anspruch von unbedingter Wahrhaftigkeit auf, wenn er von einer über Jahrzehnte hinweg verborgen gehaltenen eigenen Leidenschaft erzählt: dem Durchstöbern der Altpapiercontainer in Wien. An den dabei getätigten handschriftlichen Funden schulte der Schriftsteller im Laufe der Zeit seinen Stil, um das Ideal einer möglichst lebensnahen Prosa zu erreichen. ‚Mein glückliches Geheimnis‘ ist nun selbst das beste Beispiel für die daraus resultierende Meisterschaft der lakonischen Schilderung geworden. Das Buch entwickelt übers Erzählen eine Poetik des gesamten Werks von Arno Geiger. Es ist zugleich Selbstauskunft und Gesellschaftsporträt, ein Lehrstück und ein Lesevergnügen.“

Kunst- und Kulturministerin Angela Dorn erklärt: „Literatur hält uns einen Spiegel vor und bietet gleichzeitig einen Zufluchtsort vor Krieg und Krise; sie lässt uns lachen und betroffen zurück, sie bietet Raum für Diskussionen und Fantasie“, so Kunst- und Kulturministerin Angela Dorn. „Mit ‚Das glückliche Geheimnis‘ hat uns Arno Geiger einen Roman geschenkt, der genau diese Vielfalt auf Seiten bannt. Anläufe und Enttäuschungen, Finden und Wegwerfen; Arno Geiger nimmt uns mit auf eine Fahrt durch das Menschsein. Ich gratuliere Arno Geiger herzlich zu dieser Auszeichnung.“

Die Jury des Rheingau Literatur Preises setzt sich unter der Leitung von Andreas Platthaus zusammen aus Prof. Dr. Heiner Boehncke, Dr. Viola Bolduan (ehemalige Feuilletonchefin des Wiesbadener Kuriers), Dr. Alf Mentzer (Literaturredakteur des Hessischen Rundfunks) und Shirin Sojitrawalla (Literatur- und Theaterkritikerin).

Die bisherigen Preisträger waren Stefanie Menzinger, Ulla Berkéwicz, Herbert Maurer, Thomas Meinecke, Hella Eckert, Thomas Lehr, Peter Stamm, Bodo Kirchhoff, Robert Gernhardt, Reinhard Jirgl, Ralf Rothmann, Gert Loschütz, Clemens Meyer, Antje Rávic Strubel, Ursula Krechel, Christoph Peters, Jochen Schimmang, Josef Haslinger, Sten Nadolny, Ralph Dutli, Stephanie Bart, Klaus Modick, Saša Stanišić, Ingo Schulze, Robert Seethaler, Dörte Hansen, Annette Pehnt, Judith Hermann und Katerina Poladjan.

Über das Rheingau Literatur Festival

Zur herbstlichen Weinlese hält zwischen dem 14. und 24. September 2023 wieder ein literarischer Jahrgang Einzug in einmalige Kulturstätten des Rheingaus. Zu den Veranstaltungsorten gehören in diesem Jahr Schloss Vollrads, Kloster Johannisberg, Burg Schwarzenstein, Weingut Baron Knyphausen und Weingut Balthasar Ress, wo die eingeladenen Schriftstellerinnen und Schriftsteller Kostproben aus ihren aktuellen oder noch unveröffentlichten Werken geben. Am 14. September wird das Rheingau Literatur Festival „WeinLese 2023“ unter der
Künstlerischen Leitung von Andreas Platthaus im Kloster Johannisberg in Geisenheim eröffnet.

Der Vorverkauf für das Rheingau Literatur Festival startet am: 10. Mai 2023
Karten- und Infoline: Tel. 0 67 23 / 60 21 70 | https://www.rheingau-literatur-festival.de

Als das Geld waschkörbeweise transportiert werden musste – Sonderausstellung „Inflation 1923. Krieg, Geld, Trauma“ im Historischen Museum Frankfurt eröffnet

Erstmals in Deutschland nimmt eine Sonderausstellung das Krisenjahr der Hyperinflation in den Blick. Die Ausstellung ergründet die Begleiterscheinungen und die vielfältigen Folgen der großen Geldentwertung von 1923 in Deutschland und stellt die Frage nach dem Zusammenhang von Krieg und Inflation – ein Thema mit hochaktuellen Bezügen. Die Vernichtung von Werten und die daraus resultierenden Versorgungskrisen, Produktionseinbrüche und zerstörten Existenzen waren traumatische Erfahrungen, die noch Jahrzehnte nachwirkten. Wer Geld besaß, verlor alles. Einzig der Staat blieb schuldenfrei zurück. © Foto Diether von Goddenthow
Erstmals in Deutschland nimmt eine Sonderausstellung das Krisenjahr der Hyperinflation in den Blick. Die Ausstellung ergründet die Begleiterscheinungen und die vielfältigen Folgen der großen Geldentwertung von 1923 in Deutschland und stellt die Frage nach dem Zusammenhang von Krieg und Inflation – ein Thema mit hochaktuellen Bezügen. Die Vernichtung von Werten und die daraus resultierenden Versorgungskrisen, Produktionseinbrüche und zerstörten Existenzen waren traumatische Erfahrungen, die noch Jahrzehnte nachwirkten. Wer Geld besaß, verlor alles. Einzig der Staat blieb schuldenfrei zurück. © Foto Diether von Goddenthow

Als das Historische Museum Frankfurt die neue Sonderausstellung „Inflation 1923. Krieg, Geld, Trauma“ vor drei Jahren vorzubereiten begann,  schien die Finanz-Welt fast noch  in Ordnung zu sein.  Bundeszentralbank und Europäische Zentralbank sorgten sich eher vor einer zu geringen Inflation mit Gefahr einer Stagnation. Man suchte nach Strategien, um das „Idealziel“ einer „gesunden“ Inflation von   durchschnittlich 2 Prozent im Jahr wieder  zu erreichen, erinnert sich Museums-Direktor Dr. Jan Gerchow an die Planungszeit der Ausstellung.  Dass nun seit Frühjahr 2022 alles anders ist, dass nun die Inflationsrate zeitweise bei über 10 Prozent lag und bislang auf 7,9 Prozent verharrt, das hätte sich niemand vorstellen können. Hierdurch sei  die neue Sonderausstellung  „Inflation 1923. Krieg, Geld, Trauma“ zu einer ungeahnten  Aktualität und Popularität gelangt.

Vor 100 Jahren zerrüttete eine Hyperinflation Deutschland.  Das Historische Museum, das als einziges Museum die Hyperinflation in Deutschland vor 100 Jahren thematisiert, spannt den Bogen vom 14. Jahrhundert, der ersten Inflation in China, bis zur Gegenwart. Es widmet sich dabei dem kollektiven Trauma der Deutschen, die innerhalb kürzester Zeit 1923 und 1948 mit der Währungsreform zweimal ihr Geldvermögen verloren. © Foto Diether von Goddenthow
Das Historische Museum, das als einziges Museum die Hyperinflation in Deutschland vor 100 Jahren thematisiert, spannt den Bogen vom 14. Jahrhundert, der ersten Inflation in China, bis zur Gegenwart. Es widmet sich dabei dem kollektiven Trauma der Deutschen, die innerhalb kürzester Zeit 1923 und 1948 mit der Währungsreform zweimal ihr Geldvermögen verloren. © Foto Diether von Goddenthow

Mit „Inflation 1923. Krieg, Geld, Trauma“ nimmt erstmals in Deutschland eine Sonderausstellung im Kern auch das Krisenjahr der Hyperinflation in den Blick. Die Ausstellung ergründet die Begleiterscheinungen und die vielfältigen Folgen der großen Geldentwertung von 1923 in Deutschland und stellt die Frage nach dem Zusammenhang von Krieg und Inflation – ein Thema mit hochaktuellen Bezügen. Die Vernichtung von Werten und die daraus resultierenden Versorgungskrisen, Produktionseinbrüche und zerstörten Existenzen waren traumatische Erfahrungen, die noch Jahrzehnte nachwirkten. Wer Geld besaß, verlor alles. Einzig der Staat blieb schuldenfrei zurück.

Museums-Direktor Dr. Jan Gerchow wirbt für den hervorragenden Begleit-Katalog zur Ausstellung "Inflations 1923"
Museums-Direktor Dr. Jan Gerchow wirbt für den hervorragenden Begleit-Katalog zur Ausstellung „Inflations 1923″

Bereits 1914 hatte sich die Geldmenge durch die kriegsbedingte Finanzpolitik des Deutschen Reichs und der Reichsbank entscheidend vermehrt. Die Inflation wurde jedoch erst nach der Kriegsniederlage spürbar, als Privatpersonen und Unternehmen ihr in Kriegsanleihen angelegtes Kapital verloren. Damit einher ging auch der Verlust des Vertrauens in den Staat, was eine schwere Hypothek für die junge Weimarer Republik war. Die Belastungen der Friedensbedingungen und der Demobilmachung sowie die 2 Versorgung von Kriegsopfern und Hinterbliebenen verschärften die Situation. Politische Morde und die Besetzung des Ruhrgebietes durch französische und belgische Truppen infolge nichtgeleisteter deutscher Reparationszahlungen führten schließlich zum völligen wirtschaftlichen Zusammenbruch. Eine bewegte Zeit auch für Frankfurt, das 1919 an der Grenze zu den französisch besetzen Gebieten lag, zu denen auch Höchst, Nied und Griesheim gehörten. Die in den folgenden Jahren zunehmende Nahrungsmittel- und Wohnungsverknappung, der Schwarzhandel und die Plünderungen, Streiks und Krawalle prägten sich tief im kollektiven Gedächtnis der Menschen in Frankfurt ein.

© Foto Diether von Goddenthow
© Foto Diether von Goddenthow

Bereits 1914 hatte sich die Geldmenge durch die kriegsbedingte Finanzpolitik des Deutschen Reichs und der Reichsbank entscheidend vermehrt. Die Inflation wurde jedoch erst nach der Kriegsniederlage spürbar, als Privatpersonen und Unternehmen ihr in Kriegsanleihen angelegtes Kapital verloren. Damit einher ging auch der Verlust des Vertrauens in den Staat, was eine schwere Hypothek für die junge Weimarer Republik war. Die Belastungen der Friedensbedingungen und der Demobilmachung sowie die 2 Versorgung von Kriegsopfern und Hinterbliebenen verschärften die Situation. Politische Morde und die Besetzung des Ruhrgebietes durch französische und belgische Truppen infolge nichtgeleisteter deutscher Reparationszahlungen führten schließlich zum völligen wirtschaftlichen Zusammenbruch. Eine bewegte Zeit auch für Frankfurt, das 1919 an der Grenze zu den französisch besetzen Gebieten lag, zu denen auch Höchst, Nied und Griesheim gehörten. Die in den folgenden Jahren zunehmende Nahrungsmittel- und Wohnungsverknappung, der Schwarzhandel und die Plünderungen, Streiks und Krawalle prägten sich tief im kollektiven Gedächtnis der Menschen in Frankfurt ein.

Die Inflationserfahrung wird in der Schau anhand von künstlerischen und literarischen Zeugnissen belegt und immer wieder am Beispiel der Stadt Frankfurt skizziert. Darunter Stimmen der Zeit, Karikaturen aus den zeitgenössischen populären, politischsatirischen Zeitschriften, Fotografien, Plakate und frühe Filmaufnahmen. Das Inflationserleben um 1923 rahmt die Ausstellung mit der Darstellung historischer Teuerungen, dem nachfolgenden Aufstieg Hitlers und einer zweiten Inflation, um anschließend über die Währungsreformen 1948, 1990 und 2001 in die Gegenwart zu führen: Wie sieht es heute mit der Inflation aus?

Ausstellungsrundgang: 

Die Ausstellung gliedert sich in 7 Themenbereiche, die ineinandergreifend behandelt werden:

1. Inflation? Behandelt zentrale Fragestellungen zur Funktion von Geld in einer Volkswirtschaft und verweist neben den grundlegenden Mechanismen der wirtschaftlichen Erscheinung „Inflation“ auch auf ihre Begriffs- und Ideengeschichte.

Was ist eine Inflation? Eine Inflation ist ein ökonomisches Phänomen, das mit steigenden Preisen das Sinken der Kaufkraft des Geldes anzeigt. Inflationen im heutigen Sinn wurden in historischer Zeit als „Teuerung“ erfahren. Teuerungen hatten verschiedene Ursachen. Zumeist bewirkten naturbedingte (Missernte, Dürre, Überflutung) und kriegsbedingte Katastrophen den Preisanstieg. Andererseits gab es schon seit der römischen Antike Teuerungen, die in der Manipulation des Münzwertes begründet waren.© Foto Diether von Goddenthow
Was ist eine Inflation? Eine Inflation ist ein ökonomisches Phänomen, das mit steigenden Preisen das Sinken der Kaufkraft des Geldes anzeigt. Inflationen im heutigen Sinn wurden in historischer Zeit als „Teuerung“ erfahren. Teuerungen hatten verschiedene Ursachen. Zumeist bewirkten naturbedingte (Missernte, Dürre, Überflutung) und kriegsbedingte Katastrophen den Preisanstieg. Andererseits gab es schon seit der römischen Antike Teuerungen, die in der Manipulation des Münzwertes begründet waren.© Foto Diether von Goddenthow

2. Kurze Geschichte der Inflation Zeigt eine historische Übersicht von inflationären Entwicklungen in der Vergangenheit und greift prominente Beispiele heraus. Hier wird u.a. einer der ersten überlieferten Geldscheine (Kuan) aus dem China des 15. Jahrhunderts gezeigt, aber auch auf die schwerwiegendste Phase von Teuerungen des Heiligen Römischen Reiches eingegangen: Die Kipper- und Wipperinflation – eine Phase betrügerischer Münzentwertung in Mitteleuropa – deren Ende im Jahr 1623 sich 2023 zum 400. Mal jährt.

Eine kurze Geschichte der Inflation. © Foto Diether von Goddenthow
Eine kurze Geschichte der Inflation. © Foto Diether von Goddenthow

3. Erster Weltkrieg Beginnt mit der Aufgabe der Goldwährung und der Kriegsfinanzierung durch Anleihen, dem Druck neuer Banknoten und Goldsammlungen. Frankfurt leistete dabei mit 3 ½ Milliarden Mark einen überdurchschnittlich großen Anteil zur Kriegsfinanzierung. Hinzu kamen umfangreiche Spenden von kriegswichtigem Metall sowie Kleidung, Nahrungsmittel und Tabak für die Soldaten. Allerdings gab es seit 1916 diverse Mängelerscheinungen, die zu Preiskontrollen und zur Einführung von Geldersatzmitteln wie Lebensmittelmarken führten.

Werbung für Kriegsanleihen. Diese wurden mit 5 Prozent verzinst und ihre Rückzahlung nach 10 Jahren garantiert. Doch als es soweit war, war das Geld nichts mehr Wert. Der bekannte Frankfurter Mäzen Adolph von Holzhausen, verlor 6,4 Millionen Mark, die er überwiegend in Kriegsanleihen investiert hatte. Die Tragik: Er hatte zuvor  sein Anwesen in Frankfurt versilbert. © Foto Diether von Goddenthow
Werbung für Kriegsanleihen. Diese wurden mit 5 Prozent verzinst und ihre Rückzahlung nach 10 Jahren garantiert. Doch als es soweit war, war das Geld nichts mehr Wert. Der bekannte Frankfurter Mäzen Adolph von Holzhausen, verlor 6,4 Millionen Mark, die er überwiegend in Kriegsanleihen investiert hatte. Die Tragik: Er hatte zuvor sein Anwesen in Frankfurt versilbert. © Foto Diether von Goddenthow

 

4. Wellen der Inflation 1919-1922 Der Bereich zeigt, dass die Geldentwertung schon 1919 stattfand. Und ab diesem Zeitpunkt in drei weiteren Inflationsschüben bei Zwischenphasen relativer Stabilität weiterverlief. Diese Phasen waren von alliierten Reparationsforderungen und politischer Gewalt geprägt. In Frankfurt und anderen Städten kam es zu Krawallen und Plünderungen. Mit der Ermordung des Reichsaußenministers Walther Rathenau im Juni 1922 brachen alle Dämme, und der Dollar stieg von 320 Mark auf 7300 Mark zum Jahresende.

Wellen der Inflation.© Foto Diether von Goddenthow
Wellen der Inflation.© Foto Diether von Goddenthow

5. 1923 Mit Beginn des sogenannten „Ruhrkampfs“ stürzte die deutsche Währung seit Frühjahr 1923 ins Bodenlose. Ab Sommer durften auch die Stadt Frankfurt und hiesige Firmen ihr eigenes Geld drucken. Für Güter und Lebensmittel wurde die Annahme von Geld verweigert. Löhne und Gehälter konnten der Entwertung nicht folgen. Es gab weitere Krawalle und Streiks. Hunger und Elend herrschten angesichts von Waschkörben voll wertlosem Geld. Selbstzeugnisse, Bilder und Medien überliefern die Verzweiflung der Menschen.

6. „Wunder“ der Rentenmark Die Regierung des wirtschaftsliberalen Politikers Gustav Stresemann erreichte eine Stabilisierung der deutschen Währung mit der Einführung der „Rentenmark“ im November 1923. Dies geschah im Umfeld von Aufruhr, Hunger, Arbeitslosigkeit und Separatismus. In München hatte nur wenige Tage zuvor Adolf Hitler mit dem „HitlerPutsch“ einen ersten erfolglosen, aber gewaltvollen Putschversuch gewagt. Die neue „Rentenmark“, eingeführt im Kurs gegen 1 Billion Papiermark, beruhigte die Situation. Die nachhaltige Stabilisierung der Währung erfolgte durch Entlassungen, Lohnkürzungen und einen ausgeglichenen Haushalt.

Der langjährige Kurator,  Dr. Frank-Berger, verabschiedet sich mit seiner letzten Ausstellung Inflation 1923, die er gemeinsam mit Co-Kuratorin Nathalie Angersbach auf die Beine stellte, demnächst in den Ruhestand. © Foto Diether von Goddenthow
Der langjährige Kurator, Dr. Frank-Berger, verabschiedet sich mit seiner letzten Ausstellung Inflation 1923, die er gemeinsam mit Co-Kuratorin Nathalie Angersbach auf die Beine stellte, demnächst in den Ruhestand. © Foto Diether von Goddenthow

7. Mark im Wandel Der NS-Staat produzierte ab 1933 verdeckte Staatsschulden zur staatlichen Arbeitsbeschaffung und vor allem zur Rüstungsfinanzierung unter Erhöhung der Geldmenge. Daraus entstand ab 1945 ein neuerlicher Geldüberhang. Die Reichsmark war wertlos, es herrschten Schwarzmarkt und Tauschhandel, wobei sich die Zigarette als Leitwährung herausstellte. Mit einem Währungsschnitt erfolgte im Juni 1948 die 4 Einführung der DM in den Westzonen. Was überlebte, waren Währungsängste: 1990 beim Anschluss der DDR, 1999/2002 bei der Einführung des Euro und 2022 bei steigender Inflationsrate mit einem Jahresdurchschnitt von 7,9 Prozent.

Co-Kuratorin Nathalie Angersbach, erläutert die Nachkriegssituation zur Zeit der Zigaretten-Währung und wie in 23 000 Holzkisten die neue Deutsche Mark 1948 heimlich aus den USA nach Frankfurt geschafft wurde, bevor sie ausgegeben werden konnte. © Foto Diether von Goddenthow
Co-Kuratorin Nathalie Angersbach, erläutert die Nachkriegssituation zur Zeit der Zigaretten-Währung und wie in 23 000 Holzkisten die neue Deutsche Mark 1948 heimlich aus den USA nach Frankfurt geschafft wurde, bevor sie ausgegeben werden konnte. © Foto Diether von Goddenthow

 

Öffnungszeiten
Montag geschlossen
Dienstag bis Sonntag: 11 bis 18 Uhr
(Schulklassen können – mit Anmeldung und in Begleitung von Lehrpersonal – von
Dienstag bis Freitag ab 9 Uhr das HMF und das JuM besuchen)
Eintrittspreise
Dauerausstellung: 8 €/4 € ermäßigt
Wechselausstellung: 10 €/5 € ermäßigt
Museum Vollpreis: 12 €/6 € ermäßigt
Kinder und Jugendliche bis 18 Jahre: Eintritt frei!

Ort: Historisches Museum Frankfurt
Saalhof 1, 60311 Frankfurt am Main
Tel. +49 69 212-35599
info@historisches-museum-frankfurt.de
www.historisches-museum-frankfurt.de

Begleitprogramm
Der Numismatiker Dr.-Frank Berger ist der absolute Fachmann für alle Fragen rund ums "Geld", hier erläutert er die Situation der Inflationsfolgen für Frankfurts  ab dem Jahre 1923. © Foto Diether von Goddenthow
Der Numismatiker Dr.-Frank Berger ist der absolute Fachmann für alle Fragen rund ums „Geld“, hier erläutert er die Situation der Inflationsfolgen für Frankfurts ab dem Jahre 1923. © Foto Diether von Goddenthow

Vorträge

Di, 9. Mai, 18.30 Uhr
zugleich Kolloquium des Lehrstuhls für Wirtschaftsund Sozialgeschichte der Goethe-Universität
Die deutsche Hyperinflation von 1923.
Eine kontroverse Geschichte
Sebastian Teupe (Universität Bayreuth)
HMF, Leopold-Sonnemann-Saal, Eintritt 4 €/2 €

Mi, 24. Mai, 18 Uhr
Das Notgeld der Stadt Frankfurt 1917-1923
Eckehard Gottwald
(Frankfurter Numismatische Gesellschaft)
HMF, Leopold-Sonnemann-Saal, Eintritt 4 €/2 €

Mi, 21. Juni, 18 Uhr
Die Kipper und Wipper als publizistisches Ereignis
Ulrich Rosseaux
(Deutsche Bundesbank, Leitung Geldmuseum)
Geldmuseum der Bundesbank, Eintritt frei

Do, 22. Juni, 18.30 Uhr
1.000 Dollar für einen Kompositionsauftrag –
Paul Hindemith 1923
Eine Veranstaltung in Kooperation mit dem
Hindemith Institut Frankfurt
Mit Luitgard Schader (Edition Gesamtausgabe),
Melinda Paulsen (Gesang), Andreas Frese (Klavier)
HMF, Leopold-Sonnemann-Saal, Eintritt 4 €/2 €

Mi, 19. Juli, 18 Uhr
Akteur zwischen zwei Inflationen.
Reichsbankpräsident Hjalmar Schacht
Christopher Kopper (Universität Bielefeld)
Geldmuseum der Bundesbank, Eintritt frei

Mi, 6. September, 18.30 Uhr
„Inflation 2023. Wo stehen wir?“
Podiumsdiskussion mit Falko Fecht (Dt. Bundesbank),
Fritzi Köhler-Geib (KfW), Ulrike Herrmann (taz)
Moderation: Robert von Heusinger (Schufa AG)
HMF, Leopold-Sonnemann-Saal, Eintritt 4 €/2 €

Filmreihe im DFF
Deutsches Filminstitut &
Filmmuseum
„Inflation – Die Auswirkungen von 1923
im Kino der Weimarer Republik”

Di, 2. Mai, 17.30 Uhr
Die freudlose Gasse, 145 Min., DE 1925

Di, 9. Mai, 18 Uhr
Fräulein Raffke (vorab der Kurzfilm „Inflation“),
90 Min., DE 1923

Di, 16. Mai, 18 Uhr
Alles für Geld, 91 Min., DE 1923

Di, 23. Mai, 18 Uhr
Die Stadt ohne Juden, 80 Min., AT 1924

Di, 30. Mai, 18 Uhr
Die Dame mit der Maske, 100 Min., DE 1928
Deutsches Filmmuseum, 10 €/8 €

Zu allen Filmen gibt es eine Einführung und
Klavierbegleitung.
Eine Kooperation mit dem DFF – Deutsches Filminstitut &
Filmmuseum, der Katholischen Akademie Haus am Dom und
der Evangelischen Akademie Frankfurt

Führungen

mit Kurator Dr. Frank Berger und
Co-Kuratorin Nathalie Angersbach
So, 7. Mai, 11.30 Uhr, mit Nathalie Angersbach
So, 7. Mai, 15 Uhr, mit Frank Berger
Fr, 12. Mai, 16 Uhr, mit Frank Berger
So, 16. Juli, 15 Uhr, mit Nathalie Angersbach
So, 3. September, 12 Uhr, mit Nathalie Angersbach

Dialog-Führungen
Fr, 19. Mai, 18 Uhr
„Aufbruch oder Krise – Kleidungsformen der 1920er Jahre“
mit Tom Kauth, Herrenschneider und Kuratorin Maren
Christine Härtel
So, 11. Juni, 15 Uhr
mit Tobias Pohl, Leiter des Zentralbereichs Ökonomische
Bildung, Deutsche Bundesbank und Kurator Frank Berger

So, 25. Juni, 15 Uhr
mit Ulrich Rosseaux, Geldmuseum der Deutschen
Bundesbank und Kuratorin Nathalie Angersbach
Öffentliche Führungen finden jeden Sonntag um 15 Uhr
sowie an weiteren, wechselnden Wochentagen statt.

Die Termine stehen im Veranstaltungskalender unter
www.historisches-museum-frankfurt.de/veranstaltungen
Treffpunkt Museumsfoyer
10 €/5 € zzgl. 3

Handwerk lohnt, auch mental! „Kabinett besucht Talente“: Sozialminister Klose zu Gast bei Schuhmacherei Baumbach in Wiesbaden

Schuhmachermeister Andreas Baumbach (re.) erläuterte Sozialminister Kai Klose (Mitte) und Hauptgeschäftsführer Bernhard Mundschenk die Vorteile des Reparaturbonus für Schuhe.  © Foto: Handwerkskammer Wiesbaden
Schuhmachermeister Andreas Baumbach (re.) erläuterte Sozialminister Kai Klose (Mitte) und Hauptgeschäftsführer Bernhard Mundschenk die Vorteile des Reparaturbonus für Schuhe. © Foto: Handwerkskammer Wiesbaden

Mit der Aktionswoche „Kabinett besucht Talente“ machen die Hessische Landesregierung, die Arbeitsgemeinschaft der Hessischen Handwerkskammern und der Hessische Industrie- und Handelskammertag (HIHK) vom 2. bis 5. Mai auf Chancen und Perspektiven der dualen Berufsausbildung aufmerksam. Im Rahmen dieser Aktionswoche hat Sozial- und Integrationsminister Kai Klose gemeinsam mit Kammerhauptgeschäftsführer Bernhard Mundschenk Schuhmachermeister Andreas Baumbach in Wiesbaden besucht und sich über den Beruf des Maßschuhmachers informiert.

Die Schuhmacherei Baumbach wurde von seinem Urgroßvater bereits im Jahr 1901 in Wiesbaden gegründet. Andreas Baumbach hatte sich nach seiner Ausbildung im Wiesbadener Staatstheater 1994 selbstständig gemacht und sich auf Schuhreparaturen an rahmengenähten Schuhen, Maßschuhe und Schuhpflege spezialisiert. Im Jahr 2012 hat Andreas Baumbach den 1. Bundessieger im Schuhmacherhandwerk und 1. Preisträger im Wettbewerb „Die gute Form im Handwerk“ ausgebildet.

Reparaturbonus für Schuhe

In dem Gespräch mit dem Sozialminister machte Baumbach auch auf seine Petition für einen Bonus für Schuhreparaturen aufmerksam. Eine Reparatur sei immer nachhaltiger als eine Neuanschaffung. Gerade auch wirtschaftlich schwächere Haushalte sollten eine Reparatur dem Neukauf ohne finanzielle Einbußen vorziehen können. Deshalb mache er sich stark für einen Reparaturbonus, der die Hälfte der Kosten für Schuhreparaturen übernehme. Auch Bundesumweltministerin Steffi Lemke habe er schon aufgefordert, den Verbraucher mit Übernahme von 50 Prozent der Schuhreparaturkosten zu fördern, so wie das in Österreich und Thüringen mit dem Reparaturbonus für Elektrogeräte schon umgesetzt werde. In dem mehr als einstündigen Gespräch kamen aber auch die vielen Aspekte des Berufsbildes zur Sprache. Angefangen beim nachhaltigen Werkstoff Leder, über die gesundheitlichen Folgen des immer weiter verbreiteten Bewegungsmangels und problematischer Schuhkonstruktionen bis hin zur Nachhaltigkeit.

Mit Andreas Baumbach hat die Handwerkskammer Wiesbaden auch bereits einen Podcast aufgenommen. Hier spricht der Wiesbadener Schuhmachermeister unter anderem über die Vorteile einer Halbtagsausbildung, was Schuhmacher unter „riestern“ verstehen und warum er Balletttänzer so verehrt und, warum Handwerk auch mental lohnt!
MacherPodcast präsentiert Karrieren von erfolgreichen Handwerkern

Woche der Meinungsfreiheit: 11 starke Stimmen für Freiheit, Demokratie und Debatte

wdm_logo_23_datum_RGB_schwarzAnlässlich der dritten Woche der Meinungsfreiheit, die vom 3. – 10. Mai 2023 stattfindet, enthüllten Irina Sherbakova, Germanistin und Kulturwissenschaftlerin, Dr. Ina Hartwig, Kultur- und Wissenschaftsdezernentin der Stadt Frankfurt am Main, Steffen Decker, Regionalleiter der Ströer Deutsche Städte Medien GmbH und Peter Kraus vom Cleff, Hauptgeschäftsführer des Börsenvereins, ein mobiles 18/1 Plakat mit Irina Sherbakovas Konterfei und ihrer ganz persönlichen Botschaft zur Woche der Meinungsfreiheit. Ort der Enthüllung war der Frankfurter Paulsplatz mit der Paulskirche, der Wiege und dem Symbol der Demokratie in Deutschland, deren 175-jähriges Jubiläum dieses Jahr in Frankfurt gefeiert wird.

Irina Sherbakova ist Gründungsmitglied der Menschenrechtsorganisation Memorial, die 2022 für ihren Kampf gegen Kriegsverbrechen und Menschenrechtsverstöße in Russland mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet wurde.

Sie steht mit ihrer Meinung und ihrem Plakat stellvertretend für 11 Persönlichkeiten aus Gesellschaft, Medien und Literatur, die mit ihren Gesichtern und ihren starken, eigenständigen Meinungen für eine lebendige Debattenkultur eintreten. Weitere Testimonials kommen u.a. von der Autorin Tupoka Ogette, dem Autor Sebastian Fitzek, der Friedensnobelpreisträgerin Maria Ressa und dem Friedenspreisträger Liao Yiwu. Die Plakate sind Teil einer Kampagne, die durch die großzügige Unterstützung von Ströer während der Woche der Meinungsfreiheit bundesweit auf über 3750 digitalen Screens von Ströer zu sehen sein wird.

v.l.n.r.: Dr. Ina Hartwig, Peter Kraus vom Cleff, Irina Sherbakova, Steffen Decker
v.l.n.r.: Dr. Ina Hartwig, Peter Kraus vom Cleff, Irina Sherbakova, Steffen Decker

In ihrem Statement zur Eröffnung blickte Frankfurts Kultur- und Wissenschaftsdezernentin Dr. Ina Hartwig auf ein paar Meilensteine der Geschichte der Meinungsfreiheit zurück: „1849 entschied das Paulskirchenparlament, die Meinungsfreiheit in Deutschland zum verbrieften Grundrecht zu machen: Artikel IV der Paulskirchenverfassung schrieb sie fest. Auch, wenn die Verfassung niemals Rechtskraft erlangte, war dies ein Meilenstein der Demokratiegeschichte. Knapp 175 Jahre später gilt es, nicht wieder dahinter zurückzufallen: Unsere Demokratie ist heute mehr denn je gefordert, die Meinungsfreiheit gegen vielseitige Bedrohungen zu verteidigen. Die Woche der Meinungsfreiheit bietet eine ideale Gelegenheit, sich dies zu vergegenwärtigen.“

Und jetzt, wo wir seit der Gründung der Bundesrepublik Deutschland und Verabschiedung des Grundgesetztes endlich eine rechtlich verbriefte  Meinungsfreiheit haben, muss diese Meinungsfreiheit aktiv verteidigt werden, weil sie nicht selbstverständlich ist. Wörtlich sagte Kraus vom Cleff, Hauptgeschäftsführer des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels:
„Dass Menschen ihre Meinung öffentlich und frei aussprechen können, ist keine Selbstverständlichkeit: Der völkerrechtswidrige Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine, die aktuelle Lage im Iran sowie Unterdrückung und Krieg in vielen weiteren Regionen der Welt führen uns das leider täglich vor Augen. Deswegen müssen wir uns auch weiterhin stark machen für Frieden, Demokratie und die freie Meinungsäußerung. Ich freue mich, dass wir so viele großartige Stimmen für die Kampagne gewinnen konnten, die mit ihren persönlichen Botschaften die Meinungsvielfalt in unserer Gesellschaft abbilden und für sie einstehen. Ein großer Dank geht an unserenPartner Ströer für die Unterstützung bei diesem wichtigen Thema.“

Inzwischen sind bereits rund 60 Organisationen und Unternehmen dem Bündnis für Meinungsfreiheit beigetreten!

Die „Woche der Meinungsfreiheit“ stellt vom 3. bis 10. Mai 2023 die Bedeutung der Meinungsfreiheit und lebendiger Debatten für eine freie, demokratische Gesellschaft in den öffentlichen Fokus. Vom Internationalen Tag der Pressefreiheit am 3. Mai bis zum Tag der Bücherverbrennung in Deutschland am 10. Mai organsiert ein breites gesellschaftliches Bündnis unter dem Claim #MehrAlsMeineMeinung bundesweit über 60 Veranstaltungen, Aktionen und Kampagnen. Das Bündnis wurde vom Börsenverein des Deutschen Buchhandels initiiert und besteht aus rund 60 Organisationen und Unternehmen: von Amnesty International über das PEN-Zentrum Deutschland und Reporter ohne Grenzen bis hin zu Eintracht Frankfurt. Viele Buchhandlungen, Verlage, Presseverkaufsstellen und Medien beteiligen sich bundesweit an der Aktionswoche. Inhaltliche Basis ist die „Charta der Meinungsfreiheit“, die Bürger*innen unterzeichnen können. Unterstützt wird das Bündnis durch die „Frankfurter Agenturallianz“, – 14 Kreative, die sich größtenteils pro bono für die Woche der Meinungsfreiheit engagieren.

Weitere Informationen: Woche der Meinungsfreiheit

goEast Festival des mittel- und osteuropäischen Films ging mit großer Preisverleihung zu Ende.

Das diesjährige goEast-Festivalmotiv, das Sie auch auf 'dem Umschlag dieses Programmhefts wiederfinden, zeigt eine Szene aus der DDR im Jahr 1971: In der beliebten Disko im Ostberliner Alextreff" tanzen die Menschen, umarmen und unterhalten sich. Auch das soll es 2023 wieder bei goEast geben: Partys, Filmtalks und sogar eine Schifffahrt mit Lesungen, Begegnungen und Performances am 1. Mai,
Das diesjährige goEast-Festivalmotiv, das Sie auch auf ‚dem Umschlag dieses Programmhefts wiederfinden, zeigt eine Szene aus der DDR im Jahr 1971: In der beliebten Disko im Ostberliner Alextreff“ tanzen die Menschen, umarmen und unterhalten sich. Auch das soll es 2023 wieder bei goEast geben: Partys, Filmtalks und sogar eine Schifffahrt mit Lesungen, Begegnungen und Performances am 1. Mai,

Die 23. Ausgabe von goEast – Festival des mittel- und osteuropäischen Films verwandelte die Landeshauptstadt Wiesbaden erneut in ein abwechslungsreiches Zentrum zum kulturellen Austausch in den Kinosälen und an vielen weiteren (unerwarteten) Orten in der gesamten Rhein-Main-Region. Die Preisverleihung in der Caligari FilmBühne bildete den Abschluss einer ereignisreichen und emotionalen Festivalwoche bei goEast. Nach sieben Tagen voller Filmkunst, Virtual Reality, Workshops, zahlreichen Diskussionen, Vorträgen, Filmgesprächen und Ausstellungen, bei der 110 Filme gezeigt wurden und mehr als 350 Gäste aus der internationalen Filmbranche Wiesbaden besuchten, wurden die Siegerfilme des Wettbewerbs, aus dem East-West Talent Lab und dem RheinMain Kurzfilmwettbewerb gekürt, und Preise im Gesamtwert von 27.500 Euro verliehen.

REMEMBER TO BLINK (Per arti, Litauen 2022) , Regie: Austėja Urbaitė, Produzentin: Živile Gallego gewinnt die mit 10.000 Euro dotierte Goldene Lilie bei der 23. Ausgabe von goEast – Festival des mittel- und osteuropäischen Films in Wiesbaden. In diesem psychologischen Drama muss sich das französische Paar Jacqueline und Leon den Herausforderungen nach der Adoption eines Geschwisterpaares aus Litauen stellen. Als eine litauische Studentin als Eingewöhnungshilfe eingesetzt wird, entwickeln sich in der Familie tiefgehende Spannungen. Die internationale Jury unter dem Vorsitz von Rada Šešić begründete ihre Entscheidung wie folgt: „Dieser Film untersucht Adoption und Mutterschaft anhand der komplexen Machtdynamik zwischen zwei Frauen und der Vorstellungen von Ost und West und erinnert uns daran, dass die kolonialen Praktiken, die wir geerbt haben, oft wieder auftauchen und das heutige Leben beeinflussen.“.

Der Regisseur Titas Laucius gewann mit PARADE (Litauen, 2022) den Preis der Landeshauptstadt Wiesbaden für die Beste Regie, der mit 7.500 Euro dotiert ist. Im Zentrum der schwarzen Komödie steht eine Blaskapelle und die sich überschlagende Ereignisse im Leben ihrer Leiterin. „Ein bemerkenswert selbstbewusstes Debüt mit einem feinen Gespür für die Komik gescheiterter Beziehungen und die institutionellen Regeln, die Menschen aneinander binden, und einer phänomenalen weiblichen Hauptdarstellerin, Rasa Samuolyte.“, so die Begründung der Jury.

WE WILL NOT FADE AWAY (Ukraine, Frankreich, Polen, 2023) der Regisseurin Alisa Kovalenko wurde mit dem zum zweiten Mal von der Central and Eastern European Online Library ausgelobten CEEOL Preis für den besten Dokumentarfilm, der mit 4.000 Euro dotiert ist, ausgezeichnet. Der Coming-of-Age-in-War Dokumentarfilm beschäftigt sich mit einer Gruppe in Donbass aufwachsender Jugendliche, die von einer Reise in den Himalaya träumen. „Dieser Dokumentarfilm bringt die lebendigen Träume und Ambitionen von Teenagern aus einer Kleinstadt auf die Leinwand, die in einem brutalen Umfeld enttäuschter Hoffnungen und gefangener Leben gefangen sind, und zeigt eine bemerkenswerte Fähigkeit, sich auf ihre Geschichten und Hoffnungen einzulassen, sie zu verstehen und sie uns nahe zu bringen.“, so die Begründung der Jury.

Mit einer lobenden Erwähnung wurde THIS IS WHAT I REMEMBER (Kirgisistan, Japan, Niederlande, Frankreich, 2022) von Aktan Arym Kubat preisgekrönt. Das Gesellschaftsporträt eines Gastarbeiters, der sein Gedächtnis verloren hat, in einer postsowjetischen Realität. „Ein scheinbar stiller und doch bildgewaltiger Film, der von innen herausbrüllt und von der Macht der Liebe im göttlichen Sinne handelt, um schwindende soziale Werte und traditionelle Wurzeln wiederzubeleben, mit einem ausgeprägten Gespür für die sich zuspitzende Umweltkrise und wunderbaren Hauptdarstellern, sowohl dem Regisseur als auch seinem Sohn.“, begründete die Jury.

Der Preis der Internationalen Filmkritik FIPRESCI in der Kategorie Spielfilm ging ebenfalls an REMEMBER TO BLINK (Litauen, 2022) der Regisseurin Austėja Urbaitė mit folgender Jurybegründung: „für die sorgfältige und intensive Art, ein heikles Thema wie die Erfüllung des weiblichen Wunsches nach Mutterschaft und Familie zu beschreiben. Der Film behandelt auf dramatische Weise die Konfrontation zwischen den Kulturen und die Probleme internationaler Kinderadoptionen.“.

In der Kategorie Dokumentarfilm zeichnete die FIPRESCI-Jury, deren Mitglieder Davide Magnisi, Živa Emeršič und Tina Waldeck waren, MOTHERLAND (Mutterland, Schweden, Ukraine, Norwegen, 2022) des Regieduos Alexander Mihalkovich und Hanna Badziaka aus. Die Begründung der Jury lautete: „für die mutige Enthüllung der Gewalt und Korruption in der belarusischen Armee durch die Geschichte von Müttern, die versuchen, die Schuldigen vor Gericht zu bringen. Ungeachtet des Scheiterns ihrer Versuche vermittelt der Film eine starke Botschaft über die Kraft der Menschlichkeit und des Widerstands.“

Die lobende Erwähnung beim vom Kulturfonds Frankfurt RheinMain geförderte RheinMain Kurzfilmpreis geht an ARALKUM (Uzbekistan, 2022) von Daniel Asadi Faezi und Mila Zhluktenko. „Eine poetische Reise ins Land des ausgetrockneten Lebens, die uns an die grausamen Konsequenzen menschlicher Gier erinnert. Mit starken ästhetischen Bildern gelingt den Filmemacher:innen eine bewegende Warnung vor der endgültigen Zerstörung der Natur.“, so die Jury.

Der RheinMain Kurzfilmpreis geht an NO NATION WITHOUT CULTURE (KEINE NATION OHNE KULTUR, Tschetschenien, 2022) von Vladlena Sandu. „Mit klaren und präzisen Bildern bringt die Regisseurin beeindruckende Beobachtungen aus einer Stadt, die man fast vergessen hat, in die Welt – und macht damit die Zerstörung der Seele einer Kultur sichtbar. Ein hochaktueller Schrei aus einer zum Schweigen gebrachten Gesellschaft.“, so die Jury.

Im East-West Talent Lab, das mit Unterstützung von Renovabis und Goethe Institut durchgeführt wurde, fand das Project Market Pitch vor einer dreiköpfigen Jury statt. Die Jury: „wir sind begeistert von der Energie ihres Projekts und freuen uns, dies ankündigen zu können: Der Pitch the Doc Award geht an ASHES TO ASHES, DUST TO SIDE CHICKS (Kasachstan) von Intizor Otaniyozaova. „Angeregt durch Beyonce begibt sich die Regisseurin auf die Suche nach dem Mosaik ihrer Abstammung, um sich selbst und ihre Stimme wiederzufinden. Die Entdeckungen, die sie auf ihrer Reise macht, werden ihr eigenes Wachstum beeinflussen.“, so die Jury.

THE SIGH OF MEMORY (Kirgisistan) von Gulzat Egemberdieva wird mit dem mit 3.500 Euro dotierten Renovabis Forschungstipendium ausgezeichnet. “Damit möchten wir eine Filmemacherin unterstützen, die noch ganz am Anfang ihres neuesten Films steht. Wir freuen uns sehr auf Gulzat Egemberdieva, die die Geschichte des Opiumhandels in Zentralasien von der frühen Sowjetzeit bis heute nachzeichnet.“. Der Seufzer der Erinnerung erzählt aus einer einzigartigen Perspektive und mit einem außergewöhnlichen Zugang und wendet sich der Vergangenheit zu, um zu verstehen, wie dieses Problem noch immer in der Gegenwart nachhallt.

Die Wahl des goEast Medienpartners 3sat, der seit Beginn des Festivals in jedem Jahr den Ankauf für einen Spielfilm des Wettbewerbs anbietet, fiel 2023 auf JANUARY (Janvāris, Lettland, Litauen, Polen, 2022) mit der Begründung: „Die Stärke von Viesturs Kairišs‘ Film liegt in seiner unaufdringlichen Vielschichtigkeit. Er weitet sich von der unsicheren Suche eines jungen Mannes nach seiner Bestimmung in seinen Beziehungen wie in seinen künstlerischen Ambitionen zu einer kraftvollen, ausdrucksstarken Beschreibung des lettischen Kampfes für die Unabhängigkeit 1991. Privates Verhalten (zwischen Opportunismus und Protest), moralische Integrität und politische Aktion werden in ihrer Verschränkung, aber auch in ihren Widersprüchen deutlich, und beleuchten damit in der Tradition von Krzysztof Kieślowski subtil ein Stück weit die Gegenwart, ohne allerdings einfache Antworten zu geben. Formal spielt der Film geschickt mit verschiedenen analogen Bildformaten und Archivmaterial und erinnert eindrucksvoll an die Bedeutung von lettischen Filmemachern wie Juris Podnieks und Andris Slapinš und ihren Anteil als Künstler im Kampf um Unabhängigkeit und Demokratie. Der Film soll zum goEast Festival 2024 bei 3sat seine TV-Premiere feiern.

Die 23. Ausgabe von goEast – Festival des mittel- und osteuropäischen Films fand vom 26. April bis 02. Mai in Wiesbaden statt. Zu den Höhepunkten gehörten neben einem abwechslungsreichen Wettbewerb und intensiven Begegnungen im Kino die Besuche international gefeierter Filmemacher:innen wie Radu Jude, und das Porträt Jasmila Žbanićs inklusive ihrer Anwesenheit beim Festival. Das Symposium, das unter dem Titel „Decolonizing the (Post)- Soviet Screen“ lief, erfreute sich einer sehr regen Teilnahme von Gästen aus dem In- und Ausland. Mit dem Cinema Archipelago, einem Rahmenprogramm, das über die klassische Kinoerfahrung hinausgeht, betrat das Festival, gefördert vom Kulturfonds Frankfurt RheinMain, zum zweiten Mal einen außerfilmischen Boden und ermöglichte u.a. eine erfolgreiche Ausstellung namens ILLUSTRATORS_NATIVE und Diskussionsrunden, die indigenen Aktivismus in ehemaligen Sowjetrepubliken thematisierten.

Alle Preisträger:innen noch einmal im Überblick:

1.Goldene Lilie für den Besten Film
REMEMBER TO BLINK (PER ARTI, LITAUEN, 2022, Regie: Austėja Urbaitė, Produzent: Živile Gallego

2. Preis der Landeshauptstadt Wiesbaden für die Beste Regie
PARADE (PARADAS, Litauen, 2022) Regie: Titus Laucius

3. CEEOL Preis für den besten Dokumentarfilm
WE WILL NOT FADE AWAY (MY NE ZGASNIEMO, Ukraine, Frankreich, Polen, 2023, Regie: Alisa Kovalenko

4. Lobende Erwähnung der internationalen Jury
THIS IS WHAT I REMEMBER (ESIMDE, Kirgisistan, Japan, Niederlande, Frankreich, 2022), Regie: Aktan Arym Kubat

5. Preis der Internationalen Filmkritik FIPRESCI (Spielfilm)
REMEMBER TO BLINK (PER ARTI, Litauen, 2022), Regie: Austėja Urbaitė

6. Preis der Internationalen Filmkritik FIPRESCI (Dokumentarfilm)
MOTHERLAND (MUTTERLAND, Schweden, Ukraine, Norwegen, 2022), Regie: Aleksander Mihalkovich, Hanna Badziaka

7. Lobende Erwähnung RheinMain Kurzfilmpreis
ARALKUM (Uzbekistan, 2022), Regie: Daniel Asadi Faezi und Mila Zhluktenko

9. . Pitch the Doc-Award
ASHES TO ASHES, DUST TO SIDE CHICKS, Kazakhstan, Regie: Intizor Otaniyozaova

RheinMain Kurzfilmpreis

NO NATION WITHOUT CULTURE, Tschetschenien, 2022, Regie: Vladlena Sandu

10. Renovabis-Recherchestipendium

THE SIGH OF MEMORY, Kirgisistan, Regie: Gulzat Egemberdieva

11 3sat-Ankauf

JANUARY (Janvāris, Lettland, Litauen, Polen, 2022), Regie: Viesturs Kairišs‘s your new text block with first paragraph.

Weitere Infos über https://www.filmfestival-goeast.de/

„Ernst Ludwig Kirchner. Stationen“ – Auf den Spuren der Einheit von Mensch und Natur – Internationale Tage Ingelheim, ab 30.04.2023

Erstmals wird das künstlerische Schaffen von Ernst Ludwig Kirchner (1880–1938) in einer monografischen Ausstellung im Rahmen der Internationalen Tage in Ingelheim präsentiert.  Ausstellungsimpression. Ernst Ludwig Kirchner Badende am Strand von Fehmarn, 1913. Die nackten badenden Frauen verschmelzen hier beinahe mit dem Strand und dem Meer unter dem mächtigen Baum als Metapher der ursprünglichen Einheit von Mensch und Natur, die Kirchner stehts suchte, und teilweise hier auf der Südostseite von Fehmarn, fand. Fehmarn war sozusagen  seine "Südsee-Insel". © Foto Diether von Goddenthow
Erstmals wird das künstlerische Schaffen von Ernst Ludwig Kirchner (1880–1938) in einer monografischen Ausstellung im Rahmen der Internationalen Tage in Ingelheim präsentiert. Ausstellungsimpression. Ernst Ludwig Kirchner Badende am Strand von Fehmarn, 1913. Die nackten badenden Frauen verschmelzen hier beinahe mit dem Strand und dem Meer unter dem mächtigen Baum als Metapher der ursprünglichen Einheit von Mensch und Natur, die Kirchner stehts suchte, und teilweise hier auf der Südostseite von Fehmarn, fand. Fehmarn war sozusagen seine „Südsee-Insel“. © Foto Diether von Goddenthow

Vom 30. April bis 9. Juli 2023 zeigt das Kunstforum Ingelheim – Altes Rathaus im Rahmen der Internationalen Tage Ingelheim die Sonderausstellung „Ernst Ludwig Kirchner.Stationen“.

Schon lange habe er Ernst Ludwig Kirchner als „prägende Figur des deutschen Expressionismus“ eine Ausstellung widmen wollen, freut sich der langjährige Leiter der Ingelheimer Tage Dr. Ulrich Luckhardt, dass es nun doch noch geklappt hat. Denn immer sei etwas dazwischen gekommen, zunächst die von ihm begleitete Renovierung und Erweiterung des Alten Rathauses zum „Kunstforum Ingelheim“,  und schließlich Corona. Jetzt aber, kurz bevor er  in Rente ginge und die Leitung der Ingelheimer Tage im Sommer 2023 an seine Nachfolgerin Dr. Katharina Henkel übergebe, sei sein Herzenswunsch doch noch in Erfüllung gegangen: Gemeinsam mit der Kuratorin Dagmar Lott ist ihm erstmals gelungen, das künstlerische Schaffen von Ernst Ludwig Kirchner (1880 – 1938) in einer monografischen Ausstellung im Rahmen der Internationalen Tage in Ingelheim zu präsentieren. Mit über 90 Werken – Zeichnungen, Aquarellen, Druckgrafik und einigen beispielhaften Gemälden sowie einer Medienstation mit rund 11 000 abrufbaren Skizzen – werden Einblicke in die wichtigsten Stationen eines der einflussreichsten Künstler in Deutschland gewährt. Die Präsentation ist für die Räumlichkeiten im Kunstforum Ingelheim – Altes Rathaus konzipiert und zeigt in fünf Ausstellungsräumen, die sich über drei Etagen verteilen, fünf für Kirchner und seine Kunst einschneidende Stationen. Das gesteckte Ziel, mit der Ingelheimer Ausstellung „Ernst Ludwig Kirchner. Stationen“ Kirchners künstlerisches Werk und Leben mit prägnanten Beispielen von höchster Qualität sichtbar zu machen, ist bestens gelungen. Ausgewählt wurden Motivgruppen, denen sich Kirchner in der jeweiligen Entstehungszeit besonders intensiv widmete und die seine thematische wie stilistische Entwicklung exemplarisch verdeutlichen.

Ausstellungsrundgang:

Die Media-Station im 2. Obergeschoss ermöglicht den digitalen Zugriff auf 11 000 Skizzen von Ernst Ludwig  Kirchner. © Foto Diether von Goddenthow
Die Media-Station im 2. Obergeschoss ermöglicht den digitalen Zugriff auf 11 000 Skizzen von Ernst Ludwig Kirchner. © Foto Diether von Goddenthow

Die Ausstellung erschließt sich am besten chronologisch, beginnend mit Station 1 im Untergeschoss, endend mit Station 5 im zweiten Obergeschoss (ein Aufzug sorgt für Barrierefreiheit). Im Foyer des 2. Obergeschosses befindet sich zudem die Medienstation mit annähernd 11 000 eingescannten Skizzen aus Kirchners Skizzenbüchern, die per Touch-Screen abgerufen werden können.

1.Das Atelier als Ort der Freiheit

Die erste Station heißt Dresden: Das Atelier als Ort der Freiheit. Kirchner ist Architekturstudent, in Wohngemeinschaft mit seinen Kommilitonen Fritz Bleyl und Erich Heckel. Später stößt Karl Schmidt Rottluff dazu. „Die haben“, so Kuratorin Dagmar Lott, „einen wundervollen Lehrer Fritz Schuhmacher“, der ihnen an der reformorientierten Hochschule Dresden das Freihandzeichnen lehrt und ihnen Friedrich Nietzsches „Also sprach Zarathustra“ und „die Gedanken von Freiheit und auch von Reduktion“ vermittelt, „sozusagen als junger Mensch aus der wilhelminischen Gesellschaft auszubrechen“.

Ernst Ludwig Kirchner's Reigen der "Nackten" beginnt mit dem "Paar" von 1908, gefolgt von "Zwei nackte Mädchen" von 1909 usw. © Foto Diether von Goddenthow
Ernst Ludwig Kirchner’s Reigen der „Nackten“ beginnt mit dem „Paar“ von 1908, gefolgt von „Zwei nackte Mädchen“ von 1909 usw. © Foto Diether von Goddenthow

Ganz im Geiste der „Jugend- und Lebensreformbewegung“, ihre tatsächlichen schöpferischen Gestaltungskräfte zu befreien, verlassen die jungen Leute ihr Architekturstudium, um Künstler zu werden, freie Künstler.  Kirchner hat bereits sein Architektur-Vor-Diplom  zum Thema Friedhofsgestaltung in der Tasche.  Aber ihr Freiheitsdrang, zur eigentlichen Bestimmung des Menschen vorzudringen, ist stärker. „Das lässt sich in der damaligen Gesellschaft natürlich eigentlich nur in intimen Raum des Ateliers ausleben, und so entstehen diese Ateliersszenen, wie sie in diesem großen Raum 1 zu sehen sind, in denen diese jungen Menschen nackt, ganz frei , sich undressiert von akademischen Vorgaben bewegen und zeichnen“, erklärt die Kuratorin bei der Presseführung.

Besonders in den großformatigen Blättern sehe man Kirchners talentierten Schwung im Gestus, der auch frei sei von akademischen Vorgaben, so Lott. Kirchners „Figuren werden mit großer Bewegung auf das Blatt gelegt, womit eine Natürlichkeit erzeugt werde, die eben zum krassen Gegensatz zu den damaligen Akademievorgaben stünde und eben diesen Freigeist-Willen der jungen Menschen zum Ausdruck bringe“, so Lott.

Um sich und ihrer neuen „befreiten“ Kunst mehr Gewicht zu verleihen, proklamierten die jungen Rebellen ihren Freiheits- und Führungsanspruch sowie ihre Opposition gegenüber der akademischen Kunst durch die Gründung der „Künstlergruppe Brücke“ am 7. Juni 1905 in Dresden. „Name und Signet sollen ihren Weg zu neuen Ufern symbolisieren und zudem auf einen Satz Nietzsches zurückgehen: ‘Was groß ist am Menschen, das ist, daß er eine Brücke und kein Zweck ist‘“ (zit.n.:Dagmar Lott in Ausstellungskatolg: Ernst Ludwig Kirchner. Stationen, München 2023, S.16)

Ernst Ludwig Kirchner Frauen im Atelier 1910 /1911 © Foto Diether von Goddenthow
Ernst Ludwig Kirchner Frauen im Atelier 1910 /1911 © Foto Diether von Goddenthow

Zum  unkonventionellen Arbeiten gehört auch, dass man keine professionellen Modelle im Atelier hat, sondern das die Freundinnen und Freunde oder auch man selbst durchaus Modell ist.

Gleich in der 1. Station gibt es ganz wichtige Werke aus dieser frühen Schaffensphase Kirchners. „Und wir haben  eine Inkunabel der Kunstgeschichte, nicht nur abgebildet auf dem Katalog zur Ausstellung, sondern auch hier aus einer Privatsammlung“. Dabei handelt es sich um die Lithografie: „Dodo mit japanischen Schirm‘,“. Dodo steht für Doris Grosse, der  Lebensgefährtin Kirchners in Dresdner Zeit. Die Lithographie eine von 6 Exemplaren, die 1909 entstanden, erklärt Dr. Ulrich Luckhardt. Jedes Exemplar sei anders, da Kirchner diese Farbtinktur von einem einzigen Stein (Tuffstein) gemacht habe. Bei diesem Exemplar zeige sich die Farbigkeit besonders schön.

Ein Unikat „Dodo mit japanischen Schirm", 1909, eine farblich besonders gut erhaltene Lithographie , erklärt Dr. Ulrich Luckhardt, seit 10 Jahren, Leiter der Ingelheimer Tage. © Foto Diether von Goddenthow
Ein Unikat „Dodo mit japanischen Schirm“, 1909, eine farblich besonders gut erhaltene Lithographie , erklärt Dr. Ulrich Luckhardt, seit 10 Jahren, Leiter der Ingelheimer Tage. © Foto Diether von Goddenthow

Im Verlauf der Zeit verwischen Atelier- und Privatleben der jungen Künstler zusehends. Es ist ein „Schaffen aus dem Eros heraus“, so Koll, das einigen Künstlern in dieser Zeit wichtig sei, und das eben die Kunst revolutionieren soll aus dem Gefühl heraus, unter Ausschaltung der Ratio und der Ausschaltung der zivilisierten Vernunft zu schaffen. Die Libertinage des reinen Umgangs zwischen Mann und Frau spiele eine große Rolle, und die Freiheit, die man sich im Atelier eben nehme, um frei schaffen zu können. Nicht selten, so behauptete Kirchner, verschmelzen Liebes- und Schaffensakt. (Koll ebenda, S.18).

Ernst Ludwig Kirchner. Paar im Atelier 1910 © Foto Diether von Goddenthow
Ernst Ludwig Kirchner. Paar im Atelier 1910 © Foto Diether von Goddenthow

Es geht um die Unmittelbarkeit des Schaffens,  um noch einmal an eine vorzivilisierte Form des Kunstschaffens zurück zu finden. Dieses Zurückgehen zum ursprünglichen Schaffen, zum Ursprünglichen des Menschseins überhaupt, symbolisieren insbesondere auch die archaischen Artefakte mit ethnologischen Vorbildern, mit afrikanischer oder pazifischer Kunst, festgehalten in Druckgrafiken wie: „Sitzender weiblicher Akt auf geschnitzten Sessel, 1910“ und „Sam und Milly im Atelier sitzend“, 1910. Der „geschnitzte Sessel“ ist ein Hocker aus Kamerun.
Sam und Milly,  beide in Dresden in einer  Völkerschau aufgetreten,  faszinierten Kirchner in ihrer Ursprünglichkeit unglaublich. Er habe sich „von der Ursprünglichkeit dieser Weiblichkeit persönlich leiten lassen. Er hat die beiden ins Atelier eingeladen. Er hat sie gezeichnet, er hat sie gemalt, und er sie fotografiert, und sie waren über einen gewissen Zeitraum Teil seines Ateliers“, so Luckhardt. Kirchner habe immer wieder beobachtet, wie sie so ungezwungen wie nur irgend möglich, und ungekünstelt sich bewegt und verhalten haben.

2.Station: Berlin. Straßenszenen

1911 zieht es Kirchner nach Berlin. Sein Brücke-Kollege Max Pechstein war ihm schon vorangegangen, Heckel und Schmidt-Rottluff folgen nach. Dort gibt es viele neue Kunstforen, und vor allen Dingen Galeristen, auch Privatsammler, die sich für moderne Kunst interessieren. Es ist die Faszination der Großstadt, in der es Kirchner aus dem Atelier nach draußen zieht, er sich ins Getümmel schmeißt, und das unmittelbare, pulsierende Leben der Straße, die Energie dort aufsaugt.

Ernst Ludwig Kirchner Fünf Kokotten auf der Straße 1913/1914 © Foto Diether von Goddenthow
Ernst Ludwig Kirchner Fünf Kokotten auf der Straße 1913/1914 © Foto Diether von Goddenthow

„In Berlin sind die Straßen und die Modernität, die sich dort abspielt, und die Bewegung, dieser Puls der Großstadt, sein Thema“, so Lott. Kirchner entdeckt die Passanten auf den Straßen, und beobachtet, so Luckardt, dass die Passanten durchaus auf der Straße ihrer Tätigkeit nachgehen, als Kokotte, als Prostituierte, und die Männer, die als potentielle Freier diese Kokotten – wie in „Straßenszene“ (1913) festgehalten –  umschwärmen. Kirchner hält seine Eindrücke in rasch dahin geworfenen in Skizzen fest, erklärt der Kurator. Diese fast kaum lesbaren blassen Zeichnungen, insgesamt um die 11 000, seien für Kirchner Ausgangspunkt für weitere Ausarbeitungen, teilweise als  Rohrfederzeichnung , teilweise mit dem Pinsel, auch farbig und  teilweise als Druck, so Luckhardt.

In Berlin verändert Kirchner merklich seinen Stil, der jetzt kantiger, eckiger und nervöser ist, und „nicht mehr der fließende, runde, liebliche, an Jugendstil erinnernde Strich der Dresdner Zeit“, erzählt Luckhardt. Ein Highlight der Ausstellung, und absoluter Höhepunkt in Kirchners Werk ist der seltene Druck „Fünf Kokotten auf der Straße“ (1913/1914). Kirchner sei es exzellent geglückt, diese Nervosität eins zu eins umzusetzen bei seiner direkten Zeichnung auf Stein. Seine Berliner Straßenszenen (1913/1914) zeigen zudem das Denken, das Kirchners Freund Alfred Döblin später in seinem Roman „Berlin Alexanderplatz“ festhält.

  1. Station: Fehmarn. Einheit von Mensch und Natur
Kuratorin Dagmar Lott im Hintergrund Ernst Ludwig Kirchner "Badende Frauen zwischen weißen Steinen"1912- Diese Badebilder entstanden praktisch alle auf der Insel Fehmarn. © Foto Diether von Goddenthow
Kuratorin Dagmar Lott im Hintergrund Ernst Ludwig Kirchner „Badende Frauen zwischen weißen Steinen“1912- Diese Badebilder entstanden praktisch alle auf der Insel Fehmarn. © Foto Diether von Goddenthow

Parallel zum pulsierenden Berliner Leben entflieht Kirchner immer wieder mit Lebensgefährtin Erna dieser Großstadt jeweils für mehrere Wochen im Sommer  auf die Insel Fehmarn. Es ist eine Flucht aus diesem Getümmel der Zivilisation, und ein sich erden, das hier wieder stattfindet. Beide Pole bedient Kirchner in dieser Zeit. Fehmarn sei so etwas wie Kirchners Südsee gewesen, erzählt Luckhardt. Während seine Brücke-Kollegen Max Pechstein, Paul Gauguin oder Emil Nolde in die Südsee reisen, reicht ihm der Südosten Fehmarns, um  Formen von Ursprünglichkeit wieder zu erleben. Auf dem touristisch weitgehend noch unerschlossenen Inselteil eröffnen sich ihm immer wieder Momente der ersehnten Einheit von Mensch und Natur, die miteinander verschmelzen. „Kirchner nutzt nahezu jede Gelegenheit, um seine Freundin zu zeichnen oder zu malen, zumeist unbekleidet, am Strand, im Wasser, allein oder mit anderen. (…)  Es sind die Tage der Fehmarn-Aufenthalte, die zu einer Veränderung der Beziehung zu Erna, aber offensichtlich auch in seiner künstlerischen Einstellung führten.“ (Koll ebenda, S.21/22)  Auf Fehmarn „nähert Kirschner sich der Landschaft, der Vegetation, den Alleen, den Bäumen, die er ebenso, ja fast mit ekstatischen Strichen zu Kompositionen zeichnet, die er dann auch ähnlich ekstatisch in Holzschnitt umsetzt“, erklärt  Luckhardt. Das raue Wetter und das Treiben der Badenden inspirieren Kirchner  zu einer großen Anzahl von Zeichnungen und Druckgrafiken, die zum wichtigsten Teil seines gesamten Schaffens zählen, und beispielhaft in der Ausstellung gezeigt werden.. Kirchner hat auf Fehmarn auch viel fotografiert, einige Aufnahmen sind im Ausstellungs- Katalog abgedruckt.

  1. Station: Krise
Ernst Ludwig Kirchner als Rekrut bei der Kavallerie. Kriegs- und Todesangst waren Auslöser seiner Krise. © Foto Diether von Goddenthow
Ernst Ludwig Kirchner als Rekrut bei der Kavallerie. Kriegs- und Todesangst waren Auslöser seiner Krise. © Foto Diether von Goddenthow

Mit Ausbruch des Ersten Welt-Krieges 1914 endet abrupt Kirchners Ostsee-Idylle, da Fehmarn zur Militärzone erklärt wird, so dass das Künstlerpaar die Insel verlassen muss.  Hierdurch gerät er in eine schwere psychisches Krise. Der Einfluss der Krise auf Kirchners Schaffen ist Thema von Station 4.  Kirchner, zunächst eher überrascht vom Kriegsausbruch, entwickelt zunehmend extreme Ängste, als Soldat eingezogen und im Krieg getötet zu werden. Er meldet sich jedoch  freiwillig zum Kriegsdienst, weil er  hofft, damit  die Waffengattung selbst auswählen zu können, vielleicht Sanitäter oder Kriegsmaler oder irgend so etwas werden zu können, um vom direkten Fronteinsatz verschont zu bleiben. Stattdessen aber landet Kirchner bei der berittenen Kavallerie. Die kurze Militärzeit wird für ihn ein Martyrium, welches er mit Morphium ähnlichen Schlafmitteln (Veronal) und Alkohol (Absinth) zu betäuben versucht. Infolge dessen entwickelt er eine Psychose. Für den Militärdienst inzwischen völlig unbrauchbar, wird er vom Dienst befreit und nacheinander in verschiedene Sanatorien eingeliefert. Diese bieten ihm erst mal einen Schutzraum.

Ernst Kirchner Kopf eines Kranken Selbstbildnis eines Kranken. Grauenhaft! © Foto Diether von Goddenthow
Ernst Kirchner Kopf eines Kranken Selbstbildnis eines Kranken. Grauenhaft! © Foto Diether von Goddenthow

Innerhalb seines  künstlerischen Schaffens stellt diese Phase der Krise eine Zäsur dar. Als Patient von Sanatorien in Königstein im Taunus, in Berlin Charlottenburg und zuletzt in  Kreuzlingen am Bodensee, dokumentiert der Künstler mit eindringlichen Selbstbildnissen seine desolate innere Verfassung. Im Holzschnitt „Kopf des Kranken. Selbstbildnis als Kranker“ (1917) wird sein „Ausnahmezustand“ dargestellt durch anatomisch verdrehte, tiefkerbige und als Holzringe gezeichnete Gesichtszüge.  Seine verkrampften Hände  deuten auf Lähmungen hin, unter denen er litt.

Was  Kirchner aber auszeichne, sei, so Luckhardt, seine Klarheit im Kopf. Kirchner habe in dieser Zeit sogar einen farbigen Holzschnitt-Zyklus zu »Peter Schlemihls wundersame Geschichte« des romantischen Dichters Adelbert von Chamisso gefertigt. Kirchner gab Peter Schlemihl, mit dem er sich identifiziert, sein Gesicht. Die Geschichte: Schlemihl verkauft  an graue Männchen seinen Schatten, entledigt sich hierdurch seiner  Persönlichkeit, wird zu einem Niemand, ungeliebt und einsam.

Titelblatt zu Schlemihls wundersamer Geschichte, Holzschnitt, 1915 © Foto Diether von Goddenthow
Titelblatt zu Schlemihls wundersamer Geschichte, Holzschnitt, 1915 © Foto Diether von Goddenthow

All diese Stationen „Der Verkauf des Schattens“, „Die Geliebte“, „Kämpfe“ (Qual der Liebe)“, „Schlemihl mit der Einsamkeit des Zimmers“ usw.  illustriert Kirchner mittels farbiger Drucke. Nur die letzte Episode, die positive Wendung in Peter Schlemihls Leben, als dieser seinen Schatten und damit sein Leben wieder zurück erhält, lässt er aus. Kirchner  interpretiert die Geschichte aus seinem schlimmen Zustand heraus, in dem eine gute Fügung nicht vorkommt. Für Kirchner gibt es also keine Erlösung wie für Schlemihl.

Ernst Ludwig Kirchner. Selbstbildnis im Morphiumrausch, 1917. Tusche. © Foto Diether von Goddenthow
Ernst Ludwig Kirchner. Selbstbildnis im Morphiumrausch, 1917. Tusche. © Foto Diether von Goddenthow

Von seiner ausweglos empfundenen Verzweiflung zeugen all seine schrecklichen Selbstporträts, etwa -„Selbstbildnis im Morphiumrausch“ oder „Selbstbildnis im Tanz mit dem Tod“. (1917). „Das sind unglaubliche Zeugnisse einer Selbstwahrnehmung als Kranker und als ein Leidender und als ein Gefährdeter“, so Luckhardt.Übrigens reihte sich Kirchner  mit seinen Selbstbildnissen ein in eine Galerie berühmter „Einzelgänger“,  die er in den Sanatorien in Königsstein und Kreuzlingen porträtierte. Darunter waren der Architekt Henry van de Velde, der Komponist Otto Klemperer, der Schriftsteller Carl Sternheim und die Psychiater Ludwig Biswanger und Oskar Kohnstamm.

  1. Station: Davos. Die neue Lebenswelt
Ernst Ludwig Kirchner. Stafelalp. Gesamtansicht-Alpaufzug, 1918. Dass Kirchner ausgerechnet die Stafelalp für seine Erholung wählte, lag an dem Umstand, der er hierauf mit Pferdefuhrwerken gelangte, da er für einen Fußmarsch dorthin  zu schwach und gelähmt war. © Foto Diether von Goddenthow
Ernst Ludwig Kirchner. Stafelalp. Gesamtansicht-Alpaufzug, 1918. Dass Kirchner ausgerechnet die Stafelalp für seine Erholung wählte, lag an dem Umstand, der er hierauf mit Pferdefuhrwerken gelangte, da er für einen Fußmarsch dorthin zu schwach und gelähmt war. © Foto Diether von Goddenthow

Erst in der Schweizer Bergwelt, ab 1917 auf der Stafelalp nahe Davos-Frauenkirch, findet Kirchner, zeitweise an Händen und Beinen gelähmt, nach längeren Aufenthalten Ruhe und neue Inspiration. Vorgesehen für einen längeren Aufenthalt mietet er mit seiner Lebensgefährtin Erna Schilling im  September 1918 in der Hofgruppe „In den Lärchen“ ein Haus. Zunächst an Armen und Beinen gelähmt, beobachtet er, umgeben von der mächtigen Bergwelt, das einfache Leben seiner Nachbarn. Überwältigt von der Mächtigkeit der Natur, fernab vom Kunstgeschehen, entstehen hier monumentale Gebirgslandschaften und weitere zahlreiche Bilder vom Leben der Menschen und ihrer Tiere. Kirchners Stil beruhigt sich, und er findet zu einer neuen Farbigkeit. 1920 kann seine Lebensgefährtin Anna Schilling sein Atelier in Deutschland auflösen und nach Davos-Frauenkirch umziehen mit Druckpresse, Werkarchiv, exotischen Einrichtungsgegenständen.

Die Heilkraft der Bergwelt – Kirchners neue Schaffensphase

Ernst Ludwig Kirchner Wintermondnacht (Langmatte bei Monduntergang), 1919. Farbholzschnitt. © Foto Diether von Goddenthow
Ernst Ludwig Kirchner Wintermondnacht (Langmatte bei Monduntergang), 1919. Farbholzschnitt. © Foto Diether von Goddenthow

Mit der  Übersiedlung in diese völlig andere, ihn jetzt umgebende  Hochgebirgs-Umgebung „findet Kirchner zu neuer Schaffenskraft und einer Motivik, die sein Naturerlebnis und die Beziehung zu den Einheimischen ins Zentrum rücken, die das Naturerlebnis und die ihn umgebenden Menschen miteinander verbindet“, so Luckhardt.

In Station 5 der Ausstellung werden wichtige Schlüsselwerke wie „Drei Wege, Stafelalp“ (2017), „Winternacht“ (1919), „Wettertannen“ (1919) u.ä. aus den frühen Jahren  Kirchners  in Davos gezeigt, „wo er als kranker Mann hinkommt, und dann aber doch noch ein eigenständiges Spätwerk entwickelt. Auch diese Schaffensphase ist geprägt von der Suche nach dem Ursprünglichen, nach dem Einklang von Mensch und Natur. Auch  in Davos ist es  wieder die Vegetation, aber dieses Mal sind es die Bergwälder, die Bauern, ihre Tiere und die Farbwelten, die er in Zeichnungen, Holzschnitten und Drucken festhält“, so Luckhardt.

Dr. Ulrich Luckhardt zeigt auf die kleinen Menschen unter dem großen Dach der  "Wettertannen", 1919 als Symbol für die Verschmelzung von Mensch und Natur. © Foto Diether von Goddenthow
Dr. Ulrich Luckhardt zeigt auf die kleinen Menschen unter dem großen Dach der „Wettertannen“, 1919 als Symbol für die Verschmelzung von Mensch und Natur. © Foto Diether von Goddenthow

„Er beobachtet nicht nur, sondern solche Situationen wie sie hier im Holzschnitt und in der Zeichnung zu sehen sind, zeigt, dass es eine Welt ist, die ihn berührt, die ihn zum Schaffen bringt. Wie es im Atelier der Eros war, ist es jetzt das Naturerlebnis, die Größe, die Erhabenheit der Natur, die ihn zum Schaffen bringt“, ist auch für Dagmar Koll ein Phänomen. Es erscheint fast wie ein Wunder, bedenkt man, dass dieser Mann 2017 zum Teil so gelähmt war, dass er nicht mehr  laufen konnte.

Gefühle von Ausweglosigkeit  treiben Kirchner in den Selbstmord

Aber es nimmt dennoch mit ihm alles ein trauriges, und ein zu frühes Ende. Denn Kirchner beobachtet natürlich seit 1933 die politischen Vorgänge in Deutschland. Er kann es nicht fassen, dass er nun nicht mehr ein wichtiger, sondern ein sogenannter entarteter Künstler ist, dessen Werke aus Museen entfernt und einige davon auf sogenannten Schauen „entarteter Kunst“ präsentiert wurden. Seine Ängste kumulieren , insbesondere als 1938  Gerüchte umgehen, dass die Deutschen nach dem sogenannten Anschluss Österreichs eventuell auch in die Schweiz einmarschieren. Hier wäre es also dann auch nicht mehr sicher. Kirchner gerät in Panik,  greift wieder zu Alkohol, wieder zu Morphium-ähnlichen Medikamenten, und er verfällt wieder in eine Art Psychose, die ihn schließlich in den Selbstmord treibt. Seine Ängste sind  nachvollziehbar, wenn man weiß, dass das Zentrum einer kleinen nationalsozialistischen Bewegung in der Schweiz ganz in seiner Nähe von Davos war. Aus Sorge, auch sie könne Opfer werden, hatte Kirchner versucht,  seine Lebensgefährtin Erna zum Selbstmord als bessere Alternativ zu überreden. Das lehnte diese jedoch ab. Kirchner erschoss sich am 15. Juni 1938 vor seinem Haus und wird auf dem Davoser Waldfriedhof beigesetzt.

„Es ist eine Situation der Ausweglosigkeit, das haben wir versucht, auch im Katalog darzustellen, Kirchner hat deswegen so viele Stationen immer wieder ausprobiert, um sich selbst künstlerisch weiterzuentwickeln, aber natürlich auch mit der Sehnsucht, ein bedeutender deutscher Künstler zu sein. Er ist immer wieder  an Orte gegangen, wo er sein Potential entwickeln konnte, und an diesem Punkt 1938 in Davos sah er keinen Ausweg mehr. Also es war kein selbstdestruktiver Akt, sondern es war diese Situation: Keine weitere Station mehr vor sich zu haben.“, analysiert  Koll  seine Beweggründe. In dieser letzten Phase werden seine Zeichnungen und Drucke wieder düsterer.

Mit der Ausstellung „Ernst Ludwig Kirchner. Stationen“ verabschiedet sich Dr. Ulrich Luckhardt nach über 10 Jahren von den Internationalen Tagen in den Ruhestand. Seine Nachfolge mit der Leitung wird zum 1. Juli 2023 Dr. Katharina Henkel übernehmen, die bereits Anfang dieses Jahres ihre Tätigkeit offiziell aufgenommen hat.

(Diether von Goddenthow /Rhein-Main.Eurokunst)

kunstforum-ingelheim-(c)-diether-von-goddenthowErnst Ludwig Kirchner. Stationen
30. April bis 9. Juli 2023
Kunstforum Ingelheim – Altes Rathaus
François-Lachenal-Platz 1,
55218 Ingelheim am Rhein

Öffnungszeiten
Dienstag, Mittwoch, Donnerstag und Freitag
11.00 bis 18.30 Uhr

Samstag, Sonntag und Feiertag
11.00 bis 18.00 Uhr

Montag geschlossen
(außer an Feiertagen)

Internationale Tage Ingelheim

Katalog
katalog-Cover-Ernst-ludwig-krichner-stationen-2023Diesen Katalog sollte man unbedingt zur Ausstellung dazu nehmen, um weitere Hintergrundinformationen über Ernst Ludwig Kirchners Schaffen und Leben zu erfahren, und in der Ausstellung Gesehenes nochmal nachlesen und vertiefen zu können. Oder: Man liest vorher darin, und geht dann durch die Ausstellung.

Der Katalog kann praktisch wie ein Ausstellungsführer verwendet werden. Mit über 90 zumeist farbigen Zeichnungen, Aquarellen, Druckgrafik und Gemälden von Ernst Ludwig Kirchner (1880–1938) werden Einblicke in die wichtigsten Werkgruppen und Lebensetappen eines der bedeutendsten und einflussreichsten Künstler in Deutschland gewährt. Darunter: Atelierbilder, Straßenszenen, Badende, Selbstporträts und bäuerlich geprägte Bergwelt.
Gut verständliche Texte in komprimierter Form gehen dabei Fragen nach, wie sich Kirchners Lebensstationen, geographische Veränderungen und neue Motivgruppen in seinem Werk niederschlagen? Der reich bebilderte Band veranschaulicht den engen Zusammenhang von Orts- und Themenwechsel in seinem Oeuvre: Dresden als Impuls der Freiheit für die künstlerische Entwicklung des jungen Kirchner und Berlin als Inspiration für seine berühmten Straßenszenen, Fehmarn als Idylle einer Sehnsucht nach Einheit von Mensch und Natur, der erste Weltkrieg als Phase von Krise und Sanatoriumsaufenthalten und schließlich Davos als neue Lebenswelt.

Ernst Ludwig Kirchner. Stationen. Hg. Ulrich Luckhardt mit Beiträgen von M. Hoffmann, D. Lott, U. Luckhardt, K. Müller, T. Röske, A. Soika

176 Seiten, 100 Abbildungen in Farbe
21 x 27 cm, gebunden
erschienen im Hirmer-Verlag München,
34,90 Euro
ISBN: 978-3-7774-4198-6