Kategorie-Archiv: Bundesbank

Als das Geld waschkörbeweise transportiert werden musste – Sonderausstellung „Inflation 1923. Krieg, Geld, Trauma“ im Historischen Museum Frankfurt eröffnet

Erstmals in Deutschland nimmt eine Sonderausstellung das Krisenjahr der Hyperinflation in den Blick. Die Ausstellung ergründet die Begleiterscheinungen und die vielfältigen Folgen der großen Geldentwertung von 1923 in Deutschland und stellt die Frage nach dem Zusammenhang von Krieg und Inflation – ein Thema mit hochaktuellen Bezügen. Die Vernichtung von Werten und die daraus resultierenden Versorgungskrisen, Produktionseinbrüche und zerstörten Existenzen waren traumatische Erfahrungen, die noch Jahrzehnte nachwirkten. Wer Geld besaß, verlor alles. Einzig der Staat blieb schuldenfrei zurück. © Foto Diether von Goddenthow
Erstmals in Deutschland nimmt eine Sonderausstellung das Krisenjahr der Hyperinflation in den Blick. Die Ausstellung ergründet die Begleiterscheinungen und die vielfältigen Folgen der großen Geldentwertung von 1923 in Deutschland und stellt die Frage nach dem Zusammenhang von Krieg und Inflation – ein Thema mit hochaktuellen Bezügen. Die Vernichtung von Werten und die daraus resultierenden Versorgungskrisen, Produktionseinbrüche und zerstörten Existenzen waren traumatische Erfahrungen, die noch Jahrzehnte nachwirkten. Wer Geld besaß, verlor alles. Einzig der Staat blieb schuldenfrei zurück. © Foto Diether von Goddenthow

Als das Historische Museum Frankfurt die neue Sonderausstellung „Inflation 1923. Krieg, Geld, Trauma“ vor drei Jahren vorzubereiten begann,  schien die Finanz-Welt fast noch  in Ordnung zu sein.  Bundeszentralbank und Europäische Zentralbank sorgten sich eher vor einer zu geringen Inflation mit Gefahr einer Stagnation. Man suchte nach Strategien, um das „Idealziel“ einer „gesunden“ Inflation von   durchschnittlich 2 Prozent im Jahr wieder  zu erreichen, erinnert sich Museums-Direktor Dr. Jan Gerchow an die Planungszeit der Ausstellung.  Dass nun seit Frühjahr 2022 alles anders ist, dass nun die Inflationsrate zeitweise bei über 10 Prozent lag und bislang auf 7,9 Prozent verharrt, das hätte sich niemand vorstellen können. Hierdurch sei  die neue Sonderausstellung  „Inflation 1923. Krieg, Geld, Trauma“ zu einer ungeahnten  Aktualität und Popularität gelangt.

Vor 100 Jahren zerrüttete eine Hyperinflation Deutschland.  Das Historische Museum, das als einziges Museum die Hyperinflation in Deutschland vor 100 Jahren thematisiert, spannt den Bogen vom 14. Jahrhundert, der ersten Inflation in China, bis zur Gegenwart. Es widmet sich dabei dem kollektiven Trauma der Deutschen, die innerhalb kürzester Zeit 1923 und 1948 mit der Währungsreform zweimal ihr Geldvermögen verloren. © Foto Diether von Goddenthow
Das Historische Museum, das als einziges Museum die Hyperinflation in Deutschland vor 100 Jahren thematisiert, spannt den Bogen vom 14. Jahrhundert, der ersten Inflation in China, bis zur Gegenwart. Es widmet sich dabei dem kollektiven Trauma der Deutschen, die innerhalb kürzester Zeit 1923 und 1948 mit der Währungsreform zweimal ihr Geldvermögen verloren. © Foto Diether von Goddenthow

Mit „Inflation 1923. Krieg, Geld, Trauma“ nimmt erstmals in Deutschland eine Sonderausstellung im Kern auch das Krisenjahr der Hyperinflation in den Blick. Die Ausstellung ergründet die Begleiterscheinungen und die vielfältigen Folgen der großen Geldentwertung von 1923 in Deutschland und stellt die Frage nach dem Zusammenhang von Krieg und Inflation – ein Thema mit hochaktuellen Bezügen. Die Vernichtung von Werten und die daraus resultierenden Versorgungskrisen, Produktionseinbrüche und zerstörten Existenzen waren traumatische Erfahrungen, die noch Jahrzehnte nachwirkten. Wer Geld besaß, verlor alles. Einzig der Staat blieb schuldenfrei zurück.

Museums-Direktor Dr. Jan Gerchow wirbt für den hervorragenden Begleit-Katalog zur Ausstellung "Inflations 1923"
Museums-Direktor Dr. Jan Gerchow wirbt für den hervorragenden Begleit-Katalog zur Ausstellung „Inflations 1923″

Bereits 1914 hatte sich die Geldmenge durch die kriegsbedingte Finanzpolitik des Deutschen Reichs und der Reichsbank entscheidend vermehrt. Die Inflation wurde jedoch erst nach der Kriegsniederlage spürbar, als Privatpersonen und Unternehmen ihr in Kriegsanleihen angelegtes Kapital verloren. Damit einher ging auch der Verlust des Vertrauens in den Staat, was eine schwere Hypothek für die junge Weimarer Republik war. Die Belastungen der Friedensbedingungen und der Demobilmachung sowie die 2 Versorgung von Kriegsopfern und Hinterbliebenen verschärften die Situation. Politische Morde und die Besetzung des Ruhrgebietes durch französische und belgische Truppen infolge nichtgeleisteter deutscher Reparationszahlungen führten schließlich zum völligen wirtschaftlichen Zusammenbruch. Eine bewegte Zeit auch für Frankfurt, das 1919 an der Grenze zu den französisch besetzen Gebieten lag, zu denen auch Höchst, Nied und Griesheim gehörten. Die in den folgenden Jahren zunehmende Nahrungsmittel- und Wohnungsverknappung, der Schwarzhandel und die Plünderungen, Streiks und Krawalle prägten sich tief im kollektiven Gedächtnis der Menschen in Frankfurt ein.

© Foto Diether von Goddenthow
© Foto Diether von Goddenthow

Bereits 1914 hatte sich die Geldmenge durch die kriegsbedingte Finanzpolitik des Deutschen Reichs und der Reichsbank entscheidend vermehrt. Die Inflation wurde jedoch erst nach der Kriegsniederlage spürbar, als Privatpersonen und Unternehmen ihr in Kriegsanleihen angelegtes Kapital verloren. Damit einher ging auch der Verlust des Vertrauens in den Staat, was eine schwere Hypothek für die junge Weimarer Republik war. Die Belastungen der Friedensbedingungen und der Demobilmachung sowie die 2 Versorgung von Kriegsopfern und Hinterbliebenen verschärften die Situation. Politische Morde und die Besetzung des Ruhrgebietes durch französische und belgische Truppen infolge nichtgeleisteter deutscher Reparationszahlungen führten schließlich zum völligen wirtschaftlichen Zusammenbruch. Eine bewegte Zeit auch für Frankfurt, das 1919 an der Grenze zu den französisch besetzen Gebieten lag, zu denen auch Höchst, Nied und Griesheim gehörten. Die in den folgenden Jahren zunehmende Nahrungsmittel- und Wohnungsverknappung, der Schwarzhandel und die Plünderungen, Streiks und Krawalle prägten sich tief im kollektiven Gedächtnis der Menschen in Frankfurt ein.

Die Inflationserfahrung wird in der Schau anhand von künstlerischen und literarischen Zeugnissen belegt und immer wieder am Beispiel der Stadt Frankfurt skizziert. Darunter Stimmen der Zeit, Karikaturen aus den zeitgenössischen populären, politischsatirischen Zeitschriften, Fotografien, Plakate und frühe Filmaufnahmen. Das Inflationserleben um 1923 rahmt die Ausstellung mit der Darstellung historischer Teuerungen, dem nachfolgenden Aufstieg Hitlers und einer zweiten Inflation, um anschließend über die Währungsreformen 1948, 1990 und 2001 in die Gegenwart zu führen: Wie sieht es heute mit der Inflation aus?

Ausstellungsrundgang: 

Die Ausstellung gliedert sich in 7 Themenbereiche, die ineinandergreifend behandelt werden:

1. Inflation? Behandelt zentrale Fragestellungen zur Funktion von Geld in einer Volkswirtschaft und verweist neben den grundlegenden Mechanismen der wirtschaftlichen Erscheinung „Inflation“ auch auf ihre Begriffs- und Ideengeschichte.

Was ist eine Inflation? Eine Inflation ist ein ökonomisches Phänomen, das mit steigenden Preisen das Sinken der Kaufkraft des Geldes anzeigt. Inflationen im heutigen Sinn wurden in historischer Zeit als „Teuerung“ erfahren. Teuerungen hatten verschiedene Ursachen. Zumeist bewirkten naturbedingte (Missernte, Dürre, Überflutung) und kriegsbedingte Katastrophen den Preisanstieg. Andererseits gab es schon seit der römischen Antike Teuerungen, die in der Manipulation des Münzwertes begründet waren.© Foto Diether von Goddenthow
Was ist eine Inflation? Eine Inflation ist ein ökonomisches Phänomen, das mit steigenden Preisen das Sinken der Kaufkraft des Geldes anzeigt. Inflationen im heutigen Sinn wurden in historischer Zeit als „Teuerung“ erfahren. Teuerungen hatten verschiedene Ursachen. Zumeist bewirkten naturbedingte (Missernte, Dürre, Überflutung) und kriegsbedingte Katastrophen den Preisanstieg. Andererseits gab es schon seit der römischen Antike Teuerungen, die in der Manipulation des Münzwertes begründet waren.© Foto Diether von Goddenthow

2. Kurze Geschichte der Inflation Zeigt eine historische Übersicht von inflationären Entwicklungen in der Vergangenheit und greift prominente Beispiele heraus. Hier wird u.a. einer der ersten überlieferten Geldscheine (Kuan) aus dem China des 15. Jahrhunderts gezeigt, aber auch auf die schwerwiegendste Phase von Teuerungen des Heiligen Römischen Reiches eingegangen: Die Kipper- und Wipperinflation – eine Phase betrügerischer Münzentwertung in Mitteleuropa – deren Ende im Jahr 1623 sich 2023 zum 400. Mal jährt.

Eine kurze Geschichte der Inflation. © Foto Diether von Goddenthow
Eine kurze Geschichte der Inflation. © Foto Diether von Goddenthow

3. Erster Weltkrieg Beginnt mit der Aufgabe der Goldwährung und der Kriegsfinanzierung durch Anleihen, dem Druck neuer Banknoten und Goldsammlungen. Frankfurt leistete dabei mit 3 ½ Milliarden Mark einen überdurchschnittlich großen Anteil zur Kriegsfinanzierung. Hinzu kamen umfangreiche Spenden von kriegswichtigem Metall sowie Kleidung, Nahrungsmittel und Tabak für die Soldaten. Allerdings gab es seit 1916 diverse Mängelerscheinungen, die zu Preiskontrollen und zur Einführung von Geldersatzmitteln wie Lebensmittelmarken führten.

Werbung für Kriegsanleihen. Diese wurden mit 5 Prozent verzinst und ihre Rückzahlung nach 10 Jahren garantiert. Doch als es soweit war, war das Geld nichts mehr Wert. Der bekannte Frankfurter Mäzen Adolph von Holzhausen, verlor 6,4 Millionen Mark, die er überwiegend in Kriegsanleihen investiert hatte. Die Tragik: Er hatte zuvor  sein Anwesen in Frankfurt versilbert. © Foto Diether von Goddenthow
Werbung für Kriegsanleihen. Diese wurden mit 5 Prozent verzinst und ihre Rückzahlung nach 10 Jahren garantiert. Doch als es soweit war, war das Geld nichts mehr Wert. Der bekannte Frankfurter Mäzen Adolph von Holzhausen, verlor 6,4 Millionen Mark, die er überwiegend in Kriegsanleihen investiert hatte. Die Tragik: Er hatte zuvor sein Anwesen in Frankfurt versilbert. © Foto Diether von Goddenthow

 

4. Wellen der Inflation 1919-1922 Der Bereich zeigt, dass die Geldentwertung schon 1919 stattfand. Und ab diesem Zeitpunkt in drei weiteren Inflationsschüben bei Zwischenphasen relativer Stabilität weiterverlief. Diese Phasen waren von alliierten Reparationsforderungen und politischer Gewalt geprägt. In Frankfurt und anderen Städten kam es zu Krawallen und Plünderungen. Mit der Ermordung des Reichsaußenministers Walther Rathenau im Juni 1922 brachen alle Dämme, und der Dollar stieg von 320 Mark auf 7300 Mark zum Jahresende.

Wellen der Inflation.© Foto Diether von Goddenthow
Wellen der Inflation.© Foto Diether von Goddenthow

5. 1923 Mit Beginn des sogenannten „Ruhrkampfs“ stürzte die deutsche Währung seit Frühjahr 1923 ins Bodenlose. Ab Sommer durften auch die Stadt Frankfurt und hiesige Firmen ihr eigenes Geld drucken. Für Güter und Lebensmittel wurde die Annahme von Geld verweigert. Löhne und Gehälter konnten der Entwertung nicht folgen. Es gab weitere Krawalle und Streiks. Hunger und Elend herrschten angesichts von Waschkörben voll wertlosem Geld. Selbstzeugnisse, Bilder und Medien überliefern die Verzweiflung der Menschen.

6. „Wunder“ der Rentenmark Die Regierung des wirtschaftsliberalen Politikers Gustav Stresemann erreichte eine Stabilisierung der deutschen Währung mit der Einführung der „Rentenmark“ im November 1923. Dies geschah im Umfeld von Aufruhr, Hunger, Arbeitslosigkeit und Separatismus. In München hatte nur wenige Tage zuvor Adolf Hitler mit dem „HitlerPutsch“ einen ersten erfolglosen, aber gewaltvollen Putschversuch gewagt. Die neue „Rentenmark“, eingeführt im Kurs gegen 1 Billion Papiermark, beruhigte die Situation. Die nachhaltige Stabilisierung der Währung erfolgte durch Entlassungen, Lohnkürzungen und einen ausgeglichenen Haushalt.

Der langjährige Kurator,  Dr. Frank-Berger, verabschiedet sich mit seiner letzten Ausstellung Inflation 1923, die er gemeinsam mit Co-Kuratorin Nathalie Angersbach auf die Beine stellte, demnächst in den Ruhestand. © Foto Diether von Goddenthow
Der langjährige Kurator, Dr. Frank-Berger, verabschiedet sich mit seiner letzten Ausstellung Inflation 1923, die er gemeinsam mit Co-Kuratorin Nathalie Angersbach auf die Beine stellte, demnächst in den Ruhestand. © Foto Diether von Goddenthow

7. Mark im Wandel Der NS-Staat produzierte ab 1933 verdeckte Staatsschulden zur staatlichen Arbeitsbeschaffung und vor allem zur Rüstungsfinanzierung unter Erhöhung der Geldmenge. Daraus entstand ab 1945 ein neuerlicher Geldüberhang. Die Reichsmark war wertlos, es herrschten Schwarzmarkt und Tauschhandel, wobei sich die Zigarette als Leitwährung herausstellte. Mit einem Währungsschnitt erfolgte im Juni 1948 die 4 Einführung der DM in den Westzonen. Was überlebte, waren Währungsängste: 1990 beim Anschluss der DDR, 1999/2002 bei der Einführung des Euro und 2022 bei steigender Inflationsrate mit einem Jahresdurchschnitt von 7,9 Prozent.

Co-Kuratorin Nathalie Angersbach, erläutert die Nachkriegssituation zur Zeit der Zigaretten-Währung und wie in 23 000 Holzkisten die neue Deutsche Mark 1948 heimlich aus den USA nach Frankfurt geschafft wurde, bevor sie ausgegeben werden konnte. © Foto Diether von Goddenthow
Co-Kuratorin Nathalie Angersbach, erläutert die Nachkriegssituation zur Zeit der Zigaretten-Währung und wie in 23 000 Holzkisten die neue Deutsche Mark 1948 heimlich aus den USA nach Frankfurt geschafft wurde, bevor sie ausgegeben werden konnte. © Foto Diether von Goddenthow

 

Öffnungszeiten
Montag geschlossen
Dienstag bis Sonntag: 11 bis 18 Uhr
(Schulklassen können – mit Anmeldung und in Begleitung von Lehrpersonal – von
Dienstag bis Freitag ab 9 Uhr das HMF und das JuM besuchen)
Eintrittspreise
Dauerausstellung: 8 €/4 € ermäßigt
Wechselausstellung: 10 €/5 € ermäßigt
Museum Vollpreis: 12 €/6 € ermäßigt
Kinder und Jugendliche bis 18 Jahre: Eintritt frei!

Ort: Historisches Museum Frankfurt
Saalhof 1, 60311 Frankfurt am Main
Tel. +49 69 212-35599
info@historisches-museum-frankfurt.de
www.historisches-museum-frankfurt.de

Begleitprogramm
Der Numismatiker Dr.-Frank Berger ist der absolute Fachmann für alle Fragen rund ums "Geld", hier erläutert er die Situation der Inflationsfolgen für Frankfurts  ab dem Jahre 1923. © Foto Diether von Goddenthow
Der Numismatiker Dr.-Frank Berger ist der absolute Fachmann für alle Fragen rund ums „Geld“, hier erläutert er die Situation der Inflationsfolgen für Frankfurts ab dem Jahre 1923. © Foto Diether von Goddenthow

Vorträge

Di, 9. Mai, 18.30 Uhr
zugleich Kolloquium des Lehrstuhls für Wirtschaftsund Sozialgeschichte der Goethe-Universität
Die deutsche Hyperinflation von 1923.
Eine kontroverse Geschichte
Sebastian Teupe (Universität Bayreuth)
HMF, Leopold-Sonnemann-Saal, Eintritt 4 €/2 €

Mi, 24. Mai, 18 Uhr
Das Notgeld der Stadt Frankfurt 1917-1923
Eckehard Gottwald
(Frankfurter Numismatische Gesellschaft)
HMF, Leopold-Sonnemann-Saal, Eintritt 4 €/2 €

Mi, 21. Juni, 18 Uhr
Die Kipper und Wipper als publizistisches Ereignis
Ulrich Rosseaux
(Deutsche Bundesbank, Leitung Geldmuseum)
Geldmuseum der Bundesbank, Eintritt frei

Do, 22. Juni, 18.30 Uhr
1.000 Dollar für einen Kompositionsauftrag –
Paul Hindemith 1923
Eine Veranstaltung in Kooperation mit dem
Hindemith Institut Frankfurt
Mit Luitgard Schader (Edition Gesamtausgabe),
Melinda Paulsen (Gesang), Andreas Frese (Klavier)
HMF, Leopold-Sonnemann-Saal, Eintritt 4 €/2 €

Mi, 19. Juli, 18 Uhr
Akteur zwischen zwei Inflationen.
Reichsbankpräsident Hjalmar Schacht
Christopher Kopper (Universität Bielefeld)
Geldmuseum der Bundesbank, Eintritt frei

Mi, 6. September, 18.30 Uhr
„Inflation 2023. Wo stehen wir?“
Podiumsdiskussion mit Falko Fecht (Dt. Bundesbank),
Fritzi Köhler-Geib (KfW), Ulrike Herrmann (taz)
Moderation: Robert von Heusinger (Schufa AG)
HMF, Leopold-Sonnemann-Saal, Eintritt 4 €/2 €

Filmreihe im DFF
Deutsches Filminstitut &
Filmmuseum
„Inflation – Die Auswirkungen von 1923
im Kino der Weimarer Republik”

Di, 2. Mai, 17.30 Uhr
Die freudlose Gasse, 145 Min., DE 1925

Di, 9. Mai, 18 Uhr
Fräulein Raffke (vorab der Kurzfilm „Inflation“),
90 Min., DE 1923

Di, 16. Mai, 18 Uhr
Alles für Geld, 91 Min., DE 1923

Di, 23. Mai, 18 Uhr
Die Stadt ohne Juden, 80 Min., AT 1924

Di, 30. Mai, 18 Uhr
Die Dame mit der Maske, 100 Min., DE 1928
Deutsches Filmmuseum, 10 €/8 €

Zu allen Filmen gibt es eine Einführung und
Klavierbegleitung.
Eine Kooperation mit dem DFF – Deutsches Filminstitut &
Filmmuseum, der Katholischen Akademie Haus am Dom und
der Evangelischen Akademie Frankfurt

Führungen

mit Kurator Dr. Frank Berger und
Co-Kuratorin Nathalie Angersbach
So, 7. Mai, 11.30 Uhr, mit Nathalie Angersbach
So, 7. Mai, 15 Uhr, mit Frank Berger
Fr, 12. Mai, 16 Uhr, mit Frank Berger
So, 16. Juli, 15 Uhr, mit Nathalie Angersbach
So, 3. September, 12 Uhr, mit Nathalie Angersbach

Dialog-Führungen
Fr, 19. Mai, 18 Uhr
„Aufbruch oder Krise – Kleidungsformen der 1920er Jahre“
mit Tom Kauth, Herrenschneider und Kuratorin Maren
Christine Härtel
So, 11. Juni, 15 Uhr
mit Tobias Pohl, Leiter des Zentralbereichs Ökonomische
Bildung, Deutsche Bundesbank und Kurator Frank Berger

So, 25. Juni, 15 Uhr
mit Ulrich Rosseaux, Geldmuseum der Deutschen
Bundesbank und Kuratorin Nathalie Angersbach
Öffentliche Führungen finden jeden Sonntag um 15 Uhr
sowie an weiteren, wechselnden Wochentagen statt.

Die Termine stehen im Veranstaltungskalender unter
www.historisches-museum-frankfurt.de/veranstaltungen
Treffpunkt Museumsfoyer
10 €/5 € zzgl. 3

Inflation 1923. Krieg, Geld, Trauma Sonderausstellung im Historischen Museum Frankfurt

Schlangestehen um Lebensmittel im Frühjahr 1919 in Frankfurt, Fotografie von Leonhard Kleemann, Historisches Museum Frankfurt.
Schlangestehen um Lebensmittel im Frühjahr 1919 in Frankfurt, Fotografie von Leonhard Kleemann, Historisches Museum Frankfurt.

„Die Mark sinkt immer weiter. Es ist unheimlich. Heute steht der Dollar über 1000 Mark! Der Schweizerfranken auf 200! Das Volk tut einem in der Seele leid. Man sieht das Elend förmlich um sich greifen […]“, schrieb die in Frankfurt lebende Schweizer Studentin Lilly Staudenmann-Stettler im August 1922. Nichtsahnend, dass Ende des Jahres 1923 ein Dollar 4,2 Billionen Mark kosten sollte. Das Krisenjahr der Hyperinflation wird nun 100 Jahre später vom Historischen Museum Frankfurt mit einer Sonderausstellung im Neubau des HMF bundesweit zum ersten Mal in den Blick genommen.

Die Ausstellung ergründet die Begleiterscheinungen und die vielfältigen Folgen der großen Geldentwertung von 1923 in Deutschland und stellt die Frage nach dem Zusammenhang von Krieg und Inflation – ein Thema mit hochaktuellen Bezügen. Die Vernichtung von Werten und die daraus resultierenden Versorgungskrisen, Produktionseinbrüche und zerstörten Existenzen waren traumatische Erfahrungen, die noch Jahrzehnte nachwirkten. Rentiers, Geldbesitzende, Angestellte und der Mittelstand mit seinen Ersparnissen verloren alles. Einzig der Staat blieb schuldenfrei zurück.

Die Inflationserfahrung wird, immer wieder am Beispiel der Stadt Frankfurt skizziert, anhand von künstlerischen und literarischen Zeugnissen belegt. Darunter Zeitzeugenberichte, Karikaturen aus den zeitgenössischen populären politisch-satirischen Zeitschriften, Fotografien, Plakate und frühe Filmaufnahmen. Das Inflationserleben um 1923 rahmt die Ausstellung mit der Darstellung historischer Teuerungen, dem nachfolgenden Aufstieg Hitlers und einer zweiten Inflation, um anschließend über die Währungsreformen 1948, 1990 und 2001 in die Gegenwart zu führen: Wie sieht es heute mit der Inflation aus?

Im Rahmen der Ausstellung „Inflation 1923. Krieg, Geld, Trauma“ entsteht ein umfangreiches Begleitprogramm, das sowohl Vorträge, Podiumsdiskussionen, Filmbeiträge sowie Führungen beinhaltet.

Historisches Museum Frankfurt
Saalhof 1
60311 Frankfurt am Main
Tel. +49 69 212-35599

‚Kommt die D-Mark, bleiben wir‘ – Währungsunion vor 25 Jahren in kürzester Zeit gestemmt.

Goldregen für die Ossis oder was?
Goldregen für die Ossis oder was?

‚Kommt die D-Mark, bleiben wir‘
Deutschland vor 25 Jahren: In kürzester Zeit stemmte die Bundesbank die Währungsunion

Bereits drei Monate vor der Wiedervereinigung legte die Währungsunion zwischen BRD und DDR einen der Grundsteine für das Zusammenwachsen beider Staaten. Ausführender Hauptakteur war die Deutsche Bundesbank. Von Frankfurt aus regelte sie den Druck neuer Banknoten, deren Transport nach Ostdeutschland, die Eröffnung neuer Filialen und die Ausgabe der ersehnten D-Mark.

(pia) Wenn zum 3. Oktober die Politprominenz in Frankfurt den 25. Jahrestag der Deutschen Einheit feiert, blickt eine große in der Mainmetropole beheimatete Institution bereits zurück: Die Deutsche Bundesbank hat ihr großes Jubiläum schon hinter sich gebracht. Die Behörde war in den neuen Bundesländern mit der Durchführung der deutsch-deutschen Währungsunion zum 1. Juli 1990 betraut und so schon vor der eigentlichen Einheit besonders gefordert. Die Einführung der D-Mark ist vielen Ostdeutschen fast stärker im Gedächtnis haften geblieben als die offiziellen Einheitsfeierlichkeiten am 3. Oktober.

Der Druck war groß
Erdacht wurde die Währungsunion im Bundesfinanzministerium von Theo Waigel (CSU), parallel verhandelte Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU) seit Februar 1990 mit dem Ministerpräsidenten der DDR, Hans Modrow. Gespräche, an denen die Bundesbank beteiligt war, wie es in der Jubiläumsfestschrift heißt.

Dennoch wurde es erst später richtig konkret. „Der Druck zur raschen Einführung wurde immer größer, gerade von Regierungsseite“, erinnert sich der damals zuständige Organisationschef der Bundesbank, Wendelin Hartmann. „Ich bekam von dort an einem Wochenende Ende März in meinem Urlaub einen Anruf: ‚Wir müssen jetzt konkret werden und einen Termin festlegen. Klappt das bis zum 1. Juli?‘ Dann hatte ich eine Minute Zeit, ja oder nein zu sagen. Ich sagte ja.“

Zwei Monate Zeit
Zwischen der Unterzeichnung des Staatsvertrags zwischen den beiden deutschen Staaten über die Wirtschafts-, Währungs- und Sozialunion im Mai und der Einführung der D-Mark in der DDR zum 1. Juli lagen nur zwei Monate. Der große Zeitdruck und die logistische Herausforderung dieser Währungsunion sind es, die die

Bundesbank heute besonders herausstellt. In den Wochen vor der Währungseinführung in der DDR – deren Staatlichkeit endete erst drei Monate später – baute sie insgesamt 15 Filialen neu auf. Mitarbeiter der DDR-Staatsbank wurden für die neuen Aufgaben geschult. Bundesbank-Beschäftigte leisteten Aufbauarbeit in der DDR. Die Logistik der Währungsunion wurde von der Zentrale in der Frankfurter Wilhelm-Epstein-Straße sowie der damals vorläufigen Verwaltungsstelle in Berlin geplant und geregelt, an der praktischen Umsetzung waren sämtliche Landeszentralbanken der Bundesrepublik beteiligt.

Sonderschichten in allen Bereichen
Unzählige Geldtransporter, begleitet von Blaulicht-Eskorten, brachten 440 Millionen bundesdeutsche Banknoten mit einem Gewicht von etwa 460 Tonnen in den Osten. Dazu kamen rund 102 Millionen Münzen mit einem Gewicht von 750 Tonnen. Insgesamt waren es 28 Milliarden D-Mark, die ab dem 1. Juli an die DDR-Bürger ausgezahlt werden sollten. Das meiste wurde mit Lastwagen befördert, es sollen aber auch Flugzeuge zum Einsatz gekommen sein. „Viele Straßen und Brücken in der DDR hielten die schweren Geldtransporter nicht aus“, beschreibt Carl-Ludwig Thiele, Vorstandsmitglied der Bundesbank. Problematisch war auch, dass die Buchungssysteme im unbaren Zahlungsverkehr beider Länder nicht kompatibel waren.

In den westdeutschen Bundesdruckereien wurden derweil Sonderschichten auf allen Maschinen gefahren, um den Geld-Nachschub auch im Westen sicherzustellen. Druckereien in der DDR wurden in die Geld-Produktion einbezogen. Für die sichere Lagerung wurden Tresore aus dem Westen herbeigeschafft. Um diese wiederum rangieren zu können, importierte die Bundesbank eigens Gabelstapler aus dem Westen.

Abwanderung verhindern
Die logistische Vorbereitung war das eine, das andere war der Disput über die Vorgehensweise. Der heutige Bundesbank-Chef Jens Weidmann sprach in einem Gastbeitrag im Tagesspiegel erst kürzlich wieder von Entscheidungen, die „entgegen auch von Bundesbankseite geäußerten Bedenken“ getroffen wurden. Kernargument der damaligen Bundesregierung für das hohe Tempo war es, dass die Abwanderung der Menschen von Ost nach West zu stoppen und der eingeleiteten politischen Einigung endgültig den Weg zu ebnen. Auf den Montagsdemonstrationen in Leipzig war Anfang des Jahres 1990 ein Plakat aufgetaucht, dessen Slogan es zur Berühmtheit brachte. „Kommt die D-Mark, bleiben wir, kommt sie nicht, geh’n wir zu ihr.“

Andererseits waren die an die Bundesbank gestellten Anforderungen schwer miteinander in Einklang zu bringen: Das Inflationsrisiko sollte möglichst gering gehalten werden. Die DDR-Unternehmen sollten möglichst wettbewerbsfähig bleiben. Die Ersparnisse der DDR-Bürger sollten möglichst große Kaufkraft behalten, um die Akzeptanz für die Umstellungssätze hoch zu halten.

Wie im Wirtschaftswunderland
Löhne und Gehälter, Stipendien, Renten, Mieten und Pachten wurden damals auf das Umtauschverhältnis 1:1 festgelegt, Ersparnisse zu einem Kurs von 2:1. So durften Bürger ab 60 Jahren bis zu 6000, Erwachsene bis zu 4000 und Kinder bis 14 Jahren bis zu 2000 Ostmark zum Kurs von 1:1 umtauschen. Darüber liegende Sparguthaben wurden zum Kurs 2:1 gewechselt, Schulden wurden ebenfalls halbiert. 900 D-Mark holten sich DDR-Bürger durchschnittlich am 1. Juli, dem ersten Tag der Währungsausgabe. Sie kauften Malereimer, Farben, Schuhe, Gebrauchtwagen oder Reisen. In der Nacht zuvor waren bereits 24,7 Millionen Bankkonten von Ostmark auf D-Mark umgestellt worden.

Die Folgen waren eine sofortige Öffnung des DDR-Marktes für westliche Produkte, die Menschen standen staunend vor Läden, deren Auslagen sich über Nacht gefüllt hatten – in dieser Hinsicht trug diese Währungsreform viele Aspekte des westdeutschen Wirtschaftswunders 1948 in sich. Allerdings mussten sich die DDR-Unternehmen quasi über Nacht der Konkurrenz des Weltmarktes und gleichzeitig dem vorgeschriebenen Umtauschkurs bei den Löhnen beugen, was viele nicht lange durchhalten konnten. Insolvenzen und Massenentlassungen waren die Folge.

Kaufkraft, Stabilität und internationales Ansehen
Carl-Ludwig Thiele spricht im Nachhinein von einer „Schocktherapie“, deren wirtschaftliche und soziale Folgen daraufhin über die vormals westdeutschen Sozialsysteme abgefedert worden seien. „Mit der D-Mark Einführung wurde der Inbegriff von Kaufkraft, Stabilität und internationalem Ansehen in die DDR transportiert.“ Allerdings habe die Währungsunion für sich allein genommen der kranken Realwirtschaft nicht helfen können. Dafür sei ein längerer Atem nötig gewesen.
Bei Bundesbankpräsident Weidmann überwiegt nichtsdestotrotz aus heutiger Sicht die positive Bewertung. Die Bürger Ostdeutschlands hätten eine stabile und kaufkräftige Währung erhalten. Sie habe Transparenz und Planungssicherheit gebracht und dank der erreichten Preisstabilität gerade für den sozialen Frieden einen wichtigen Beitrag geleistet. Der damalige Finanzminister Theo Waigel, der als Festredner der Bundesbank beim Jahrestag in Leipzig auftrat, bezeichnete die D-Mark für die Ostdeutschen als „Überbringer der Freiheit und der menschlichen Würde.“ Dies überlagere sowohl die Kosten als auch die notwendigen Umstellungen der ostdeutschen Wirtschaft.
Elfeinhalb Jahre war Deutschland mit der D-Mark vereint, bevor die Einführung des Euro-Bargelds am 1. Januar 2002 auch die Mark zur historischen Währung machte. Der 1. Juli 1990 markierte zugleich die erste Stufe der europäischen Wirtschafts- und Währungsunion, die später in der Einführung des Euro und dem System der europäischen Zentralbanken münden sollte. „Nicht nur Ost- und Westdeutschland wollten in dieser Zeit näher zusammenrücken, auch die Europäische Gemeinschaft strebte nach einem höheren Grad der Integration“, so Thiele.
Stefan Röttele

Dass Frankfurt als Sitz der Deutschen Bundesbank nicht nur im Jubiläumsjahr, sondern auch vor 25 Jahren eine wichtige Rolle bei der Wiedervereinigung spielte, zeigt die Ausstellung „FRANKFURTinsights – Die 1000 Wunder von Frankfurt“ in den Römerhallen vom 28. September bis 4. Oktober .

Auf großen Leinwänden laufen Videoinstallationen des Presse- und Informationsamtes, die die Betrachter mitnehmen in die Welt der Scheine, Münzen und des Goldes, in die Welt der Menschen, die täglich mit ihnen arbeiten. Aber auch zu den Frankfurtern jenseits der Tresore. Die Ausstellung ermöglicht Einblicke in ihren Alltag und zeigt den Zuschauern Orte, die gewöhnlich verborgen bleiben.

Quelle: Presse und Informationsamt der Stadt Frankfurt am Main, PIA.