Museums Wiesbaden feiert nach der Vernissage „Vorne“ von Thomas Werner Sommerfest

Seit 2015 lädt das Museum Wiesbaden Künstler ein, Projekte und Arbeiten für die Ausstellungsräume auf der zweiten Ebene des Museums „maßzufertigen“. Die Räume sollen Einfluss auf das gegenwärtige Werk des eingeladenen Künstlers nehmen dürfen, die Arbeiten wiederum sollen im Hinblick auf die Räume entstehen.

Die Vernissage der Ausstellung „Vorne“ findet am 27. Juli 2017 um 19.00 Uhr statt. Anschließend sind  die Freunde des Museums und Besucher herzlich zum traditionellen Sommerfest eingeladen.

Zur Ausstellung:

In der Ausstellung im Museum Wiesbaden stellt Thomas Werner seinen großen Leinwänden Arbeiten in Tempera auf Wellkarton (sogenannte Maquetten) und Werke in Tempera auf Gips gegenüber. Die von Hand gegossenen Gipsplatten ergeben dabei ähnlich wie bei dem Wellkarton ein flaches Relief. Die beiden Bilduntergründe stehen im Moment im Zentrum seiner Arbeit. Sie können dabei als Modell oder Ausgangspunkt für die großen auf Jute gemalten Bilder dienen, oder sie bestehen als autonomes Bild. Diese kleinformatigen Arbeiten sind für ihn gleichberechtigter Teil der Ausstellung. Grundlage der Ausstellungsdramaturgie ist, sie nebeneinander zu zeigen und somit den Blick zu ermuntern, Nähe und Distanz zu den Bildern einzunehmen.

Dr. Alexander Klar:
„Thomas Werner ist Maler, was nach Old School klingen mag, aber eben genau das auch ist, mit höchstem Anspruch an sich selbst: Thomas Werner malt – nicht weil Malen als Konzeptkunst „eine gute Idee ist “, sondern weil man dazu malen können muss. Oder präziser: weil er malen können will, also einer Haltung folgt, die das Malen an sich als ein Konzept mit genügend Spielraum für die notwendige Vielschichtigkeit des Ergebnisses (also des Bildes) behandelt. Malerei ist sowohl Können als auch das Vergessen von Können. Malerei ist für Thomas Werner die Angemessenheit der Form, der Mittel, des Materials und des Inhalts. Wenn sie gelingt, entsteht Schönheit. Die Kultivierung einer der heutigen Malerei angemessenen Haltung zum eigenen Werk geht bei ihm Hand in Hand mit der Fähigkeit, einprägsame Bilder zu erschaffen. „Vorne“ heißt für ihn ganz emphatisch: Oberfläche, Taktilität, eine Bewegung nach vorn (körperlich und geistig), wie sie etwa durch die extremen Größenunterschiede der Formate in der Ausstellung beim Besucher provoziert werden soll. Natürlich klingt hier auch mit an, dass es nach dem Ende der Avantgarden das „Vorne“ nicht mehr gibt, mithin auch keine Definition, wer vorne respektive avant-garde wäre. In diesem Sinne ist Malerei zutiefst widersprüchlich und geprägt von Ambivalenz: Sie ist Kenntnis von Malerei, von Material, von Kunstgeschichte, von Theorie, von aktueller Malerei und zeitgenössischer Kunst. Und dennoch funktioniert. Malerei heute auch nur dann, wenn man dies alles beim Malen wieder vergessen kann.

Thomas Werner (li) und Museumsdirektor Dr. Alexander Klar während des Presserundgangs. Foto: Diether v. Goddenthow
Thomas Werner (li) und Museumsdirektor Dr. Alexander Klar während des Presserundgangs. Foto: Diether v. Goddenthow

Für die Ausstellung in Wiesbaden hat Thomas Werner vier „Bildmodi“, genauer vier Sorten Gemälde mit unterschiedlichen Bildträgern hergestellt: Großformatige Werke auf Jute, kleinere, von ihm als „Maquetten“ bezeichnete Arbeiten auf handelsüblichem, ungrundiertem Wellkarton und weitere kleine Arbeiten auf gegossenen und ungrundierten Gipsplatten sowie auf Papierrohstoff. Die eher dichte Oberfläche des Wellkartons wird über die Malerei aufgeschlossen. Der Papierrohstoff saugt zunächst viel Wasser, quillt auf und hat am Ende eine sehr offene, poröse Oberfläche. Der Gips saugt ebenfalls die Farbe auf, bis er nach ein paar Schichten gesättigt ist, sodass die Oberfläche im Laufe der Arbeit immer glatter wird. Bei den Gipsarbeiten besteht die malerische Herausforderung darin, die mehr oder weniger zufällige Oberflächenbeschaffenheit, die beim Gießen entsteht, mittels der Malerei zu kommentieren, zu konterkarieren und am Ende zu „fassen“. Das Material für die großen Bilder ist Jute, grundiert mit Streichmakulatur und Kreidegrund, die verwendete Farbsorte (für alle Bildträger) ist Leimtempera, eine Emulsion aus Zellleim und Leinölfirnis, vermengt mit in Terpentin gelöstem Dammarharz und etwas Kunstharzbinder. Die hauptsächlich verwendeten Erdfarben-Pigmente sind: Siena natur und gebrannt, Umbra natur und gebrannt in vier verschiedenen Tönen, Französischer Ocker (Sofodor), Französischer Ocker gebrannt (Soforouge), Pompejanischrot, Eisenoxidgelb und -rot, Englischrot und für die ganz dunklen Partien Kasslerbraun. Die anderen Farben, die hauptsächlich zum Einsatz kommen sind: Kadmiumgelb, -orange, -rot, -grün, Kobaltblau, Ultramarinblau, Preußischblau (ein sehr dunkles, tiefes Blau), für Lasuren manchmal Manganblau und schließlich Krapplack als leuchtende rote Lasur.
Diese präzise Auflistung der Malmaterialien geschieht, um dem geneigten Betrachter auch die Arbeit am Bild vor Augen zu führen. Gemäß der Erkenntnis, dass Malerei sich in der permanenten Krise befindet und nur sie selbst sich immer wieder aus dieser Krise herausmalen kann, ermuntern Thomas Werners Bilder ihre Betrachter, Nähe wie auch Distanz zu ihnen einzunehmen und in Kenntnis des Malprozesses das Werk des Künstlers durch aufmerksame Betrachtung zu vollenden.“

(Text: Museum Wiesbaden/ Dr. Alexander Klar)

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