Kategorie-Archiv: Buchkultur

Buchkunst: The Beauty & The Book Award: Wer wird das schönste Buch in Frankfurt?

Shortlist des Schönheitswettbewerbs der Frankfurter Buchmesse steht / Sieger-Abstimmung und Preisübergabe auf der Messe

buchmessenlogo2Zum vierten Mal richtet die Frankfurter Buchmesse zusammen mit der Stiftung Buchkunst den The Beauty & The Book Award aus. Frei nach dem Motto “Always (also) judge a book by its cover” wird der Publikumspreis für das schönste Buch verliehen. Sowohl für die Einreichungen wie auch für die finale Entscheidung in Frankfurt ist keine Institution sondern das Publikum selbst verantwortlich.

Über 600 Einreichungen und 80.000 Votes auf www.beautyandbook.com zeigen die große Bandbreite in diesem literarischen Schönheitswettbewerb: Vom deutschen Kinderbuchverlag bis zum malaysischen Universitätsverlag.

Dies ist die Shortlist der im Online-Voting beliebtesten Bücher in den 10 Kategorien. Sie wird gegenüber der Stiftung Buchkunst (Halle 4.1 Q31) ausgestellt, wo die Messebesucher dann auch vor Ort für den Sieger abstimmen können.

Allgemeine Literatur:
Alegori Rumah Api von Mat Luthfi (Puteh Press)

Architektur:
Modern Mosques in Malaysia: Between Regionalism and Eclecticism von Wael A. Yousef Mousa (Penerbit USM)

Design:
Für den tieferen Sinn – Duft als Medium in Kunst, Design und Kommunikation von Martin Hegel und Matthias Wagner K (Spielbein Publishers GmbH)

DIY:
Tulis! Jangan Takut-Takut von Zamri Mohamad (Legacy Publishing PLT)

Fotobuch:
Don Rosa: I still get chills von Alex Jakubowski, Lois Lammerhuber, Don Rosa (Edition Lammerhuber)

Kinder- und Jugendbuch:
Der geheimnisvolle Koffer von Herrn Benjamin von Pei-Yu Chang (NordSüd Verlag)

Kochbuch:
Hundebraten süßsauer: Kochbuch der chinesischen Hausmannskost von Pei-Yu Chang (Kunstanstifter Verlag)

Kunstbuch:
Im Licht – Im Bild von Bernhard C. Striebel (Edition Monhardt)

Natur und Garten:
Mein Bienengarten von Elke Schwarzer (Verlag Eugen Ulmer)

Reisen:
Kias Tersirat ~ Perantauan Bertemu Melayu & Islam Di Dunia Melayu Benua von Herman Abdullah (Penerbit USM)

„Die Ideen für Design und Gestaltung sind so vielfältig, wie die Inhalte der eingereichten Bücher. Auch im vierten Jahr sind wir überrascht von der regen Teilnahme. Dieser Award macht uns einfach Spaß und verbindet gleichzeitig Verlage und ihre Leser miteinander“, so Markus Gogolin, Direktor Strategisches Marketing Frankfurter Buchmesse.

„Was ist ein schönes Buch? Die Stiftung Buchkunst hat darauf ziemlich genaue Antworten. Beim The Beauty and the Book Award aber entscheidet das Publikum – aktuell mit über 80.000 Votes aus aller Welt. Umso gespannter sind wir, welcher Titel der internationalen Shortlist 2017 das Rennen machen wird“, sagt Ines Roth, Marketing & PR, Stiftung Buchkunst.

Termin der Preisverleihung
Den Machern des Buches mit den meisten Votes wird am Samstag, 14. Oktober, 16:00 – 17:00 Uhr im Gourmet Gallery Gourmet Salon (Halle 3.1 L 137) der internationale Publikumspreis „The Beauty and the Book Award“ verliehen.

Website: www.beautyandbook.com

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Fünf Autoren der Shortlist des Deutschen Buchpreises 2017 lasen im Literaturhaus Frankfurt aus ihren Werken

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Bereits zum zehnten Mal veranstalteten gestern Abend das Kulturamt Frankfurt am Main und das Literaturhaus Frankfurt in Kooperation mit der Börsenverein des Deutschen Buchhandels Stiftung anlässlich des 13. Deutschen Buchpreises den Shortlist-Abend, bei dem fünf der sechs potentiellen diesjährigen Buchpreisträger aus ihren Werken lasen und diese in Interviews mit Sandra Kegel, F.A.Z., Alf Mentzer, hr2-kultur und Gert Scobel, 3sat vorstellten.

Hauke Hückstädt, Leiter des Literaturhauses Frankfurt. Foto: Diether v. Goddenthow
Hauke Hückstädt, Leiter des Literaturhauses Frankfurt. Foto: Diether v. Goddenthow

Hauke Hückstädt, Leiter des Literaturhauses Frankfurt, freute sich bei der Begrüßung, „dass sechs Autoren auf der Shortlist zum Deutschen Buchpreis stehen, die kürzlich oder regelmäßig oder in Kürze ohnehin unsere Gäste waren, sind oder sein werden“, unter anderem Shooting-Star Sasha Marianna Salzmann, die für ihr Debüt „Außer sich“ (Suhrkamp Verlag, 2017) demnächst im Literaturhaus Frankfurt den Preis der Jürgen-Ponto-Stiftung entgegennehmen kann. Er gratulierte allen Autorinnen und Autoren für ihren großen Erfolg, es in diese hochkarätige Endrunde geschafft zu haben.

Kulturdezernentin Dr. Ina Hartwig. Foto: Diether v. Goddenthow
Kulturdezernentin Dr. Ina Hartwig. Foto: Diether v. Goddenthow

Kulturdezernentin Dr. Ina Hartwig, als Autorin und gewesene Literaturkritikerin bestens im Literaturbetrieb unterwegs, weiß, dass der große Erfolg auf der Shortlist zu stehen, durchaus als Kehrseite auch eine Strapaze für die Autoren bedeute. Aber  Strapaze, Nervosität, Konkurrenz  usw. gehörten eben auch zum Prozedere des Deutschen Buchpreises dazu.  Aber etwas sei dieses Jahr anders, stellte Hartwig fest:  Zum ersten Mal, so ihr Gefühl, sei die Jury nicht kritisiert, sondern sogar von den Medien gelobt worden. Sie habe den Eindruck, dass dieses Mal die ästhetische Qualität im Vordergrund stehe und der Buchpreis in diesem Jahr seine Aufgabe im Ideal-Sinne erfülle, so die Kulturdezernentin. Eine wirkliche Krise des Buches, die schon immer vor jeder  Buchmesse ausgerufen wurde, gäbe es nicht,  allenfalls eine Krise des Lesens, da das Internet unser Verhältnis zur Zeit verändert habe, insbesondere von Frauen, den Hauptleserinnen. War die Großzeit des Romanlesens im 19. und 20.Jahrhundert, ist die Aufgabe des Romans, oder das, was die Romane können, gleichgeblieben, so Hartwig: „Sie sind  einzigartig in der Erforschung des menschlichen Innenlebens.“ Diese Introspektion  könnten weder Film noch bildende Kunst leisten. „Das können tatsächlich nur Romane leisten“,  weswegen die Neugier auf Romane – wie auch der große Andrang des Leserpublikums heute Abend zeige – ungebrochen bleibe.

Alexander Skipis, Hauptgeschäftsführer des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels. Foto: Diether v. Goddenthow
Alexander Skipis, Hauptgeschäftsführer des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels. Foto: Diether v. Goddenthow

Alexander Skipis, Hauptgeschäftsführer des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels , griff nicht zu hoch, als er noch ein  Schippchen drauflegte, indem er dem Publikum zurief: „Sie werden Zeugen, wie die Besten der Besten nicht nur Rede und Antwort stehen, sondern aus ihren Werken lesen werden. Das ist ein Genuss, den es so ohne Weiteres  nicht gibt!“ Skipis lobte und dankte der Jury für „die Ungeheuerlichkeit“:  sie habe über 200 Neuerscheinungen in dieser Saison nicht nur gesichtet,  sondern gelesen und daraus eine Longlist von 20 Titeln und schließlich eine Shortlist von 6 Titeln destilliert. Sie würden da heraus  am 9. Oktober 2017 auf der Veranstaltung im Kaisersaal des Römers der Stadt Frankfurt die Siegerin oder den Sieger des Deutschen Buchpreises küren.
Trotz des gewaltigen Medienumbruchs der vergangenen 10 bis 15 Jahre habe sich – auch im Umsatz der Branche – gezeigt, so Skipis, dass das Buch in der Gesellschaft fest verankert sei, weil es ganz offensichtlich die passgenaue Antwort auf  ein Bedürfnis der Menschen sei, von  anderen Menschen zu erfahren, was sie bewege, was ihre Visionen, ihre Leidenschaften  und ihre Obsessionen seien, was sie dächten. Die Rolle des Romans hatten einst, als man noch nicht publizieren konnte, Geschichtenerzähler inne, um die herum Menschen mit staunenden Augen saßen und gebannt vernahmen, was diese kundtaten. „Genau das tut Literatur. Daher ist es mir um das Buch überhaupt nicht bange. Ich weiß genau, dass wir das Buch als das, was es ist, als eine lineare Erzählung,  eigentlich alle wollen. Insofern mache ich mir keine Sorgen um das Buch“, so Skipis.

Floß der Medusa

Autor Franzobel und FAZ-Feuilleton-Redakteurin Sandra Kegel. Foto: Diether v. Goddenthow
Autor Franzobel und FAZ-Feuilleton-Redakteurin Sandra Kegel. Foto: Diether v. Goddenthow

Autor Franzobel und FAZ-Feuilleton-Redakteurin Sandra Kegel eröffnen mit dem Roman „Das Floß der Medusa“ die Shortlist-Runde. Der österreichische Autor Franzobel, Bachmann-Preisträger 1995, ist literarisch breit aufgestellt. In Anlehnung an Théodore Géricaults berühmtes Louvre-Bild „Das Floß der Medusa“ und nach gründlicher Recherchen erzählt Franzobel in seinem gleichnamigen Roman das legendäre Ende der französischen Fregatte Medusa im Jahr 1816 neu. Es ist die Geschichte eines unfähigen Kapitäns, ursprünglich Zoll-Offizier, vor Napoleon geflohen und wieder zurückgekehrt, der durch Beziehungen das Kommando über eine Flotte mir vier Schiffen nach Senegal erhielt. Schon seine  erste Fahrt endete in der Katastrophe. Der unerfahrene Kapitän war mit seiner Fregatte Medusa auf eine Sandbank aufgelaufen, da er sich über den Rat seiner Offiziere hinwegsetzt hatte.

Weil die vorhandenen sechs Rettungsboote, vier davon in schlechtem Zustand, nur einen Bruchteil der Besatzung fassen konnten, befahl der Kapitän, aus den Masten und Rahen der Medusa mit Hilfe komplizierter Seilwinden ein großes Floß zu bauen. Es maß 8 mal 15 Meter für 149 Menschen. Es versank bei Betreten so tief, dass die eng aneinander gedrängten Schiffbrüchigen sofort hüfthoch im Salzwasser standen. An Seile gekettet, sollten die Rettungsboote das völlig überladene Floss an Land ziehen. Das misslang. So kappte man nach kurzer Zeit die Seile und überließ die Schiffbrüchigen sich selbst. Franzobels Roman beginnt mit der „Rettungssituation“. Er beschreibt, was Théodore Géricaults Bild zeigt, die Situation, als der Kapitän der Argus das Elends-Floß der Medusa mit 15 eher wie lebende Toten ausschauenden Überlebenden nach 13 Tagen Irrfahrt entdeckt. An einer Leine herabhängende graue Trockenfleischstreifen, ein im Gebälk steckengebliebener, abgetrennter Fuß zeugen von Kannibalismus. Die Menschen hatten sich gegenseitig aufgegessen, um zu überleben.
2floss.der.medusa2Es ist ein ergreifender, gewaltiger Roman, der gewisse Parallelen zur Gegenwart aufzeigt und, wenn man wollte, auch als Parabel zum heutigen Flüchtlingsdrama im Mittelmeer verstanden werden könnte. Es ist ein Roman der zeigt, dass Menschen in jeder Gesellschaft unter bestimmten Bedingungen zu Barbaren werden können.

Auf das Thema gestoßen ist Franzobel „durch eine Nebenbemerkung eines Theaterintendanten“. Auch Géricaults romantisches Bild „Floß der Medusa“ habe er nicht wirklich gekannt. Er habe das Bild im Louvre studiert und viel über den Fall und Seereisen zu Anfang des 19. Jahrhunderts recherchiert. Sein ursprüngliches Vorhaben, den Roman im romantischen Stil zu verfassen, habe er jedoch wieder aufgegeben, da es  ihn zu sehr wie eine Sprachmaske erschienen wäre. Drei Jahre hat Franzobel an dem Werk gearbeitet, wobei es ihm mitunterschwer fiel, Abstand zu finden, und er mitunter „selbst nicht mehr wusste, was historisch und was erfunden war“, so der Autor.

Kieferninseln

Marion Poschmann und Alf Mentzer. Foto: Diether v. Goddenthow
Marion Poschmann und Alf Mentzer. Foto: Diether v. Goddenthow

Als zweite im Shortlist-Reigen unterhielten sich Marion Poschmann, „Kieferninseln, Suhrkamp,  und Alf Mentzer. Die Berliner Germanistin und Slawistin erhielt unter anderem den  Peter-Huchel- Preis und den Ernst-Meister-Preis für Lyrik, gewann 2013 den Wilhelm-Raabe-Literaturpreis und stand bereits mit ihrem Roman „Die Sonnenposition“ auf der Shortlist des Deutschen Buchpreises. Poschmanns psychologisch hintergründiger, völlig absurder Roman erzählt von einer wahnhaften Kurzschlußhandlung: Der Privatdozent und Bartforscher Gilbert Silvester hat geträumt, dass seine Frau ihn betrügt, und da ihn dieser Traum den ganzen Tag über verfolgt, wird hieraus für ihn Realität. Er stellt seine Frau schließlich zur Rede. Als diese ihm daraufhin vorwirft, er habe sich morgens doch selbst aus dem Haus geschlichen, „geht sie zu weit, ihm dafür noch die Schuld zu geben“. Nach einem hässlichen Streit bleibt ihm keine andere Wahl, als seine Frau Hals über Kopf zu verlassen. Gilbert Silvester steigt ins erstbeste Flugzeug und reist nach Japan. Dort fallen ihm die Reisebeschreibungen des klassischen Haiku-Dichters Bashō in die Hände, und plötzlich hat er ein Ziel: Wie die alten Wandermönche möchte auch er den Mond über den Kieferninseln sehen. Auf der traditionsreichen Pilgerroute könnte er sich in der Betrachtung der Natur verlieren und seinen inneren Aufruhr hinter sich lassen. Aber noch vor dem Start trifft er auf den suizidalen Petrochemie-Studenten Yosa, der mit einer ganz anderen Reiselektüre, einer „Anleitung zur Selbsttötung“ unterwegs ist, dem ‚Complete Manual of Suicide‘.

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Die Geschichte wird immer absurder, wobei ein wesentlicher Reiz des Romans im hohen Neurotizismusgrad des Protagonisten liegt, der den unterschiedlichsten Illusionen, Lebenslügen und Einbildungen aufsitzt, und alles im Nachgang solange rationalisiert, bis es für ihn passt, bis sein Verhalten für ihn beinahe zwingend unvermeidbar erscheint: „Im Airbus auf dem Weg nach Tokyo trank er grünen Tee, sah zwei Samuraifilme in der Rückenlehne des Vordersitzes und überzeugte sich immer wieder davon, daß er nicht nur alles richtig gemacht hatte, sondern daß sein Handeln unausweichlich gewesen war, daß es weiterhin unausweichlich war und unausweichlich sein würde, nach seiner persönlichen Meinung und nach der Meinung der Welt.“ (Kieferninseln, Suhrkamp-Verlag 2017, Seite 8).

Die Hauptstadt

Robert Menasse mit 3-Sat-Moderator Gert Scobel. Foto: Diether v. Goddenthow
Robert Menasse mit 3-Sat-Moderator Gert Scobel. Foto: Diether v. Goddenthow

Robert Menasse, dritter Autor im Shortlistreigen mit 3-Sat-Moderator Gert Scobel, ist in seinem spannenden EU-Roman „Die Hauptstadt“, Suhrkamp-Verlag, auf’s Schwein gekommen, auf das Borstenvieh als Universal-Metapher vom Glücks- bis zum Dreckschwein für alles, was Menschen sind und sein können. „Ich wollte versuchen zu erzählen: Was machen eigentlich die Menschen in der Europäischen Kommission. Sie haben ein schlechtes Image, sie sind irgendwie so mit Klischees und Vorurteilen konfrontiert“ und jeden Tag werde die Europäische Kommission aus politischem Kalkül  wie eine Sau durch’s Dorf getrieben, so der promovierte Autor. Er studierte Germanistik, Philosophie und Politikwissenschaft. Sechs Jahre lehrte er – zunächst als Lektor für österreichische Literatur, dann als Gastdozent am Institut für Literaturtheorie – an der Universität São Paulo.

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Auch als  „Querschnittmaterie“ eignet sich das Schwein bestens. Denn quer durch die Europa-Bürokratie sind unter Umständen ganz unterschiedliche Abteilungen für „das Schwein“ zuständig. Das hängt davon ab, „ob das Schwein noch im Stall steht, oder ob es geliefert wird für den Schlachthof, ob es im Schlachthaus ist oder ob es bereits in der Weiterverarbeitungsindustrie ist oder im Container für den Export“, so Menasse. Jeweils sei ein anderer dafür zuständig. „Das ist ein Glücksfall, wenn man erzählen will, was die Bürokratie macht.“  Und ein zweiter Grund für die Wahl des „Schweins“ sei, dass das herumlaufende Schwein die verschiedenen Hauptfiguren des Romans miteinander verbinde, die sich zufällig am selben Platz im Zentrum von Brüssel befänden, ohne voneinander zu wissen, so Menasse. Im Kern geht es jedoch nicht nur ums Schwein. Es geht auch um einen Kriminalfall vor dem Hintergrund, dass eine Beamtin der Generaldirektion Kultur der Europäischen Kommission mit Hilfe eines Referenten das Image der EU-Kommission aufpolieren soll. Gleich zu Beginn gibt es einen Toten. Die Polizei kommt.

Es ist ein spannendes Buch mit fundiert recherchierten EU- Insiderinformationen, welches den Bogen weit spannt zwischen den Zeiten, den Nationen, dem Unausweichlichen und der Ironie des Schicksals, zwischen kleinlicher Bürokratie und großen Gefühlen.

Außer sich

Sandra Kegel mit Sasha Marianna Salzmann. Foto: Diether v. Goddenthow
Sandra Kegel mit Sasha Marianna Salzmann. Foto: Diether v. Goddenthow

Als Vierte in der Folge las und präsentierte Sasha Marianna Salzmann im Interview mit Sandra Kegel ihren autobiographisch gefärbten Debüt-Roman „Außer sich“, Suhrkamp-Verlag. Vor dem Hintergrund des Schicksals einer jüdischen Familie in Moskau, die aufgrund antisemitischer Anfeindungen in den neunziger Jahren nach Deutschland emigriert, erzählt die Autorin vom entwurzelten Schicksal des inzestuös verbandelten Zwilling-Paars Alissa und Anton. Noch in Berlin schmeißt Alissa ihr Mathematikstudium. Es hält sie vom Boxtraining ab. Anton verschwindet spurlos, bis irgendwann eine Postkarte aus Istanbul  kommt, ohne Text, ohne Absender. Alissa macht sich auf nach Istanbul, um in der zerrissenen, flirrenden  Stadt am Bosporus und in der eigenen Familiengeschichte nach ihrem verschollenen Bruder zu suchen, aber vor allem nach ihren eigenen Wurzeln, nach einem Gefühl von Zugehörigkeit jenseits von Vaterland, Muttersprache oder Geschlecht. Dabei thematisiert die Autorin perspektivisch Zugehörigkeitsfragen, erzählt humorvoll von brüchigen Identitäten und skizziert ganze Lebensgeschichten aus vier Generationen ihrer Familie.

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Sasha Marianna Salzmann, unter anderem seit der Spielzeit 2013/2014 Hausautorin am Maxim Gorki Theater Berlin, deren Stücke international aufgeführt und ausgezeichnet wurden, studierte Literatur/Theater/Medien sowie Szenisches Schreiben an der Berliner Universität der Künste. „Außer sich“  ist ihr Debütroman, für den sie im November den Preis der Jürgen-Ponto-Stiftung im Frankfurter Literaturhaus erhalten wird..

 

Schlafende Sonne

Thomas Lehr mit Alf Mentzer. Foto: Diether v. Goddenthow
Thomas Lehr mit Alf Mentzer. Foto: Diether v. Goddenthow

Die Abschlussrunde des Shortlist-Abends bestritt Thomas Lehr „Schlafende Sonne“, Suhrkamp mit Alf Mentzer. Thomas Lehr stand bereits 2005 und 2010 auf der Shortlist. Sein Werk wurde mehrfach ausgezeichnet, u. a. 2012 mit dem Marie-Luise Kaschnitz-Preis und 2015 mit dem Joseph Breitbach-Preis. „Schlafende Sonne“ ist Teil 1 einer Roman-Trilogie geworden, als Thomas Lehr beim Schreiben seiner Dreiecksgeschichte zwischen der Malerin Milena Sonntag, ihrem Mann Jonas und ihrem ehemaligen Philosophielehrer, mit dem sie ein halbamouröses und haltwahlverwandtschaftliches Verhältnis verbindet, der Stoff entglitt und der Autor anfing, über sich selbst nachzudenken. „Da wurde der Physiker Jonas plötzlich zum Solarphysiker, und dann fing ich an über die Sonne nachzudenken, und dann merkte ich: ‚Oh, jetzt willst du einen Roman eigentlich so ziemlich über alles schreiben, was dich interessiert!‘“ Da habe man nur zwei Möglichkeiten, so Lehr:– „Entweder man hört auf oder man fängt an!“. Lehr hat sich auf das „Anfangen“ eines „sehr markanten Projektes“ eingelassen, wie er sagt, „was mich selbst, an die Grenzen dessen bringt, was ich schöpferisch entscheiden kann!“ Lehrs sehr potente Zentralmetapher dabei ist die Sonne. Auf Menasses „Die Hauptstadt“ anspielend: „Die Sonne ist mein Schwein“, vielmehr die Sonne und das Licht in seinen Hauptfacetten, nicht nur als ganz konkretes physikalisches Licht, sondern auch mit dem Motiv des Lichtes im 20. Jahrhundert. Das habe ihn umgetrieben, „weil es gewissermaßen mein oder unser Jahrhundert ist“, so Lehr.

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Im 20. Jahrhundert sei mit dem Licht, auch physikalisch betrachtet, viel Neues passiert: So habe sich mit „der Entdeckung der Quanten- und der Relativitätstheorie, die sich beide mit dem Licht beschäftigen, unser Weltbild verändert“, so der Autor. Auch die Malerei habe im 20. Jahrhundert neue Schritte unternommen. Und über das Licht als Synonym für Wahrheit und Erkenntnis, „das Licht der Erkenntnis, kam mein Steckenpferd, die Philosophie auch noch dazu“, so Lehr. Zuletzt kreiste sein Interesse um das Licht der  Sonne „als solare Physik, als Physik der Sonne und aber auch als Synonym für politische Macht.“  Von Echnaton bis zum Hakenkreuz haben sich schon immer die Mächtigen des Lichtes als Symbol politischer Macht  bemächtigt. Das alles entstand während des Schreibens, und er beschloss dies auf diese Dreiecksgeschichte draufzusetzen. Er stellte fest, wenn er noch eine vierte Figur einführe, was er mit dem 106jährigen Augenzeugen Friedrich Bernsdorf tat, kann die ganze mehrbändige, insgesamt dann 1500 bis 2000 Seiten lange Geschichte in drei Bänden gelingen.

„Schlafende Sonne“ der erste Band seines „Universal-Romanprojektes“ ist ihm schon mal  geglückt. Von einem einzigen Tag, dem 19. August 2011, ausgehend, entwirft er während eines Vernissagenbesuches   im Rückblick sprialförmig  ein  ein Jahrhundert umfassendes Geschichtslabyrinth: Hierzu lässt er den Dokumentarfilmer und Philosophielehrer Rudolf Zacharias zu einer Vernissage seiner früheren Studentin Milena Sonntag nach Berlin reisen. Auf der Ausstellung bringt er seine künstlerische Lebensbilanz und die historischen Katastrophen nebst privater Verwicklungen dreier Menschen neu zur Sprache. Sie führen ihn von den Schlachtfeldern des Ersten Weltkriegs bis ins heutige Berlin.

(Diether v. Goddenthow /Rhein-Main.Eurokunst)

Literaturschiff „Ange Gabriel“ legt am 26.09.2017 in Mainz an

Foto: Diether v. Goddenthow
Foto: Diether v. Goddenthow

(rap) – Lesung und Autorengespräch mit Mathias Enard, Olivier Rolin und dem früheren Mainzer Stadtschreiber Ilija Trojanow

Am Dienstag, 26. September 2017, um 19.00 Uhr wird es im Ratssaal des Mainzer Rathauses eine prominent besetzte Autorenlesung geben: Unter dem Motto „Passerelles d’Europe – Brücken für Europa“ lesen die Autoren Mathias Enard, Olivier Rolin und Ilija Trojanow, Mainzer Stadtschreiber des Jahres 2007.

Mit dem Hausboot „Ange Gabriel“ fahren die Literaten stromaufwärts zu ihrem Ziel, der Frankfurter Buchmesse, wo in diesem Jahr das Land Frankreich und die französische Sprache im Fokus stehen.
Auf ihrem Weg legen die Autoren für Lesungen und literarische Gespräche in ausgewählten Städten an. Selbstverständlich ist auch die Gutenberg-Stadt Mainz eine wichtige Etappe.

Mathias Enard, Olivier Rolin und Ilija Trojanow werden in Mainz – dem Ort, wo Rhein und Main zusammenfließen – gemeinsam mit dem Publikum über das Zusammenkommen von Kulturen, Ländern und Sprachen, über Grenzen, das Reisen und das Anderssein nachdenken und sprechen.

Der Abend findet auf Deutsch und Französisch (mit Übersetzung) statt. Lesung und Gespräche beginnen im Ratssaal des Mainzer Rathauses und setzen sich im Literaturschiff „Ange Gabriel“ fort, das an der Anlegestelle Fischtorplatz vor Anker geht.

Der literarische Abend ist eine Kooperationsveranstaltung des Instituts Francais Mainz und des Kulturamts der Landeshauptstadt Mainz.

„Passerelles d’Europe – Brücken für Europa“. Lesung mit Mathias Enard, Olivier Rolin und Ilija Trojanow
Termin: Dienstag, 26. September 2017
Beginn: 19.00 Uhr
Mainzer Rathaus (Ratssaal)
Eintritt frei.

Robert Gernhardt Preis 2017 an Daniela Dröscher und Maike Wetzel im Mousonturm Frankfurt verliehen

Michael Reckhard, Daniela Dröscher, Maike Wetzel mit Sohn, Hubert Spiegel und Manuel Lösel. Foto: Diether v. Goddenthow © atelier-goddenthow
Michael Reckhard, Daniela Dröscher, Maike Wetzel mit Sohn, Hubert Spiegel und Manuel Lösel. Foto: Diether v. Goddenthow © atelier-goddenthow

Im Rahmen einer Feierstunde im Frankfurter Künstlerhaus Mousonturm erhielten die Berliner Autorinnen Maike Wetzel und Daniela Dröscher den Robert-Gernhardt-Preis 2017 für ihre noch nicht vollendeten literarischen Projekte. Der Preis, vom Land Hessen und der Wirtschafts- und Infrastrukturbank des Landes mit 24.000 Euro dotiert, erinnert an den genialen Autor, Zeichner und Maler Robert Gernhardt, der 2006 verstarb und am 13. Dezember 2017 seinen 80. Geburtstag hätte.
Daniela Dröscher erhielt den Robert Gernhardt Preis für ihr Romanprojekt „Alle, die mich kennen“, Daniela Wetzel für „Elly“. Beide Autorinnen behandeln in ihren Roman-Vorhaben ähnliche Problematiken von Identitätsfindung heranwachsender Mädchen aus ganz unterschiedlichen und spannenden Blickwinkeln.

Björn Jager. Foto: Diether v. Goddenthow
Björn Jager. Foto: Diether v. Goddenthow

Björn Jager, Leiter des Hessischen Literaturforums, unterstrich bei der Begrüßung der Gäste, dass Maike Wetzel bereits 1995 zu den Preisträgern gehörte, die das „Junge Literaturforum Hessen-Thüringen“, angesiedelt im Mousonturm, seit 1984 fördert und auszeichnet. Mittlerweile seien zwei Erzählbände und fünf Kurzfilme von ihr veröffentlicht. Auch Daniela Dröscher habe bereits zwei Romane und acht Theaterstücke veröffentlicht, und sei wie Maike Wetzel mehrfach mit Auszeichnungen geehrt worden.

 

Dr. Manuel Lösel.  Foto: Diether v. Goddenthow
Dr. Manuel Lösel. Foto: Diether v. Goddenthow

Dr. Manuel Lösel, Staatssekretär im Hessischen Kultusministerium, nannte den seit 2009 zum 9. Mal nach dem großen Dichter und Zeichner und Gründer der Neuen Frankfurter Schule benannten Robert-Gernhardt-Preis eine Erfolgsgeschichte. Innerhalb von zwei Jahren publizierten die bisherigen Preisträger ihre Werke, inzwischen sieben Prosa- und vier Lyrikwerke, eins davon 2015 mit dem Deutschen Buchpreis ausgezeichnet. Der Gernhardt-Preis sei nur mit Hilfe der Wirtschaft- und Infrastrukturbank Hessen möglich und der erste eigene Literaturpreis des Landes Hessen überhaupt, wenngleich das Land die Literaturpreise wie den Georg-Büchner-Preis, den Rheingau-Literatur-Preis, den Übersetzerpreis der Deutschen Akademie für Deutsche Sprache und Dichtung oder den Hermann-Kesten-Preis fördere.

Der Robert-Gernhardt-Preis ist ein ungewöhnlicher Preis, da er noch nicht vollendete literarische Projekte auszeichnet. In diesem Jahr hätten sich 91 Autorinnen und Autoren um den Preis beworben, so viele wie noch nie, berichtete der Staatssekretär. Er dankte den Juroren, der Autorin Eva Demski, dem Literarturkritiker Christoph Schröder und dem Literaturwissenschaftler Professor Karl-Heinz Götze, für ihre „ausdauernde Arbeit und ihr großes Engagement“: 91 anonymisierte Exposés mit jeweils einer sechsseitigen Textprobe galt es unter „verschiedenen literarischen Kriterien zu beurteilen und zu filtern“, verbunden mit der stets wiederkehrenden Frage, „ob aus den vorliegenden Auszügen ein Ganzes, und ein gutes Werk werden kann, was man auch gerne bis zum Ende lesen möchte“, so Lösel.

 

Dr. Michael Reckhard. Foto: Diether v. Goddenthow
Dr. Michael Reckhard. Foto: Diether v. Goddenthow

„Am 13. Dezember wäre Robert Gernhardt 80 Jahre alt geworden“, erinnerte Dr. Michael Reckhard, Mitglied der Geschäftsleitung der Wirtschafts- und Infrastrukturbank Hessen, was ein guter Anlass sei, wie er fände, an eine seiner schönsten Reim-Ideen zu erinnern, etwa die mit „Finden Sie mal einen Satz mit ….!“ oder mit Gernhardts „Gretchenfrage“:
„Der Arzt erklärt dem Fisch die Lage,
es war wohl eine Gretchenfrage!“.

Auch die Jury habe in diesem Jahr so etwas wie eine Gretchenfrage zu beantworten gehabt, aus 91 Einsendungen die beiden Preisträger zu ermitteln: „Sie alle wären es wert gewesen, offiziell gewürdigt zu werden“, so Reckhard, denn in jedem Manuskript stecke das, was Literatur ausmache: „Die Leidenschaft für eine Geschichte, das Ringen für die treffenden Worte, das vielleicht nicht, wie so oft erhofft, mit einem prämierten Werk endet, sondern – aus was für Gründen auch immer – im stillen Kämmerlein des Verfassers oder der Verfasserin verbleibt, unentdeckt und unvollendet“ kennt Reckhard die Unkalkulierbarkeit von Romanprojekten. Und so gelte auch für die beiden Preisträgerinnen, so Reckhard augenzwinkernd, was Gernhardt einst treffend reimte:

Ein Gedicht ist rasch gemacht,
schnell auch reimt ein Lied sich,
aber so ein Zeitroman, lieber Freund,
der zieht sich!“

Gerade in bewegten Zeiten sei es so wichtig, die ganze Vielfalt unserer Kultur, wie  insbesondere auch Literatur und Kunst repräsentieren, sichtbar zu machen, und literarische Erkenntnis-Quellen einem großen Publikum zugänglich zu machen, was „wir uns zu unserer Aufgabe gemacht haben“, so Reckhard. Das passe ganz wunderbar zu Frankfurt und seiner ganzen großartigen intellektuellen Traditionen von Theodor W. Adorno und Max Horkheimer, die Robert Gernhardt mit der Neuen Frankfurter Schule auf seine Weise fortgesetzt habe. „Wir arbeiten weiter daran, für den Erhalt des weltoffenen Frankfurts zu kämpfen“, so Reckhard.

Auszüge aus der Laudatio von FAZ-Feuilleton-Redakteur Hubert Spiegel

Hubert Spiegel, FAZ Feuilleton. Foto: Diether v. Goddenthow
Hubert Spiegel, FAZ Feuilleton. Foto: Diether v. Goddenthow

Die Laudatio hielt Hubert Spiegel, FAZ Feuilleton. Er warf unter Bezug auf seinen Vorredner die Frage auf, was mit den Figuren passiere, wenn beim Schreiben etwas dazwischen käme. Die Figuren machten, was sie wollten, deshalb blieben manche Bücher ungeschrieben, so Spiegel augenzwinkernd. Der Laudator  attestierte beiden Preisträgerinnen, dass es zu ihrer Stärke gehöre, gute erste Sätze zu formulieren, bevor er den Bogen spannte über „Robert Musils ‚Der Mann ohne Eigenschaften'“ (Musil  litt zeitlebens an dem zähen Prozess des Schreibens, als“habe er Teer im Füller“) zu den  gleichfalls die Identitätsfrage thematisierenden Romanprojekten der Preisträgerinnen.

Maike Wetzels Figur „Elly“, schon seit 1996 in früheren Erzählungen der Autorin aufgetaucht , sei im eingereichten Romanprojekt „Elly“ im Alter von 11 Jahren auf dem Weg zum Training spurlos verschwunden. „Die Polizei ermittelt, aber weder Ellys Fahrrad noch ihre Leiche werden gefunden. Die Familie gibt die Hoffnung jedoch nicht auf: Elly lebt, etwas anderes darf noch nicht einmal gedacht werden. So lautet die Familiendoktrin. Und tatsächlich, nach einem Jahr taucht Elly unvermittelt wieder auf. Die Eltern sind erlöst und glücklich, doch Ines, Ellys ältere Schwester, ist skeptisch. Ihr kommen Zweifel: Ist das wirklich Elly, die da so überraschend zurückgekommen ist? Oder handelt es sich um eine andere Person, eine fremde, die in Ellys Haut geschlüpft ist? Aber warum sollte jemand so etwas tun? Elly Buchs, beschreibt Maike Wetzel, ist ein Buch über die dunklen Seiten der Sehnsucht. Mehr muss man eigentlich gar nicht hören, um sicher zu sein: Diesen Roman möchte man lesen., mehr muss man eigentlich gar nicht hören, um sicher zu sein: Diesen Roman möchte man lesen!“, resümiert Hubert Spiegel sichtlich angetan von Maike Wetzels Romanprojekt „Elly“.

In Daniela Dröschers Romanprojekt „Alle, die mich kennen“ ist „Hauptfigur die 17-jährige Lissa, die kurz vor dem Abitur steht, und nun das Problem hat, dass sie nicht weiß, wie sie verhindern soll, dass ihre Mutter auf dem Abschlussball erscheint. Das will sie nämlich nicht. Warum nicht? Lissas Mutter wiegt 200 Kilo und hat, wie es heißt, ein Walross-Hintern. Lissa schämt sich für ihre Mutter, und sie schämt sich dafür, dass sie sich schämt. Hilfe in dieser Situation ist in ihrer Familie nicht zu erwarten, nicht vom Vater, und auch nicht von ihrer kleinen Schwester Lilly, die an Magersucht leidet. Lissa ist beliebt, aber einsam. Sie fängt etwas mit dem Falschen an. Die Schwierigkeiten in der Familie eskalieren, und sie stößt zufällig auf Olig und Elsa. Elsa ist um die 40, attraktiv, unabhängig und eigensinnig. Ich zitiere: ‚Sieht schick aus, und ist ein wenig gefährlich!‘ Elsa, so heißt es im Exposé zum Roman, vertritt die Ansicht, dass Lissa lernen muss, sich gegen die Blicke der anderen immun zu machen, dass man den Körper von Lissas Mutter auch ganz anderes betrachten kann. Dass es der liebende Blick ist, der über die Qualität der Dinge entscheidet. Elsa wird für Lissa zum Vorbild, zu Jemanden, der mir die Augen öffnet, und mich zu anderen Perspektiven hinreißt. „Alle, die mich kennen“, so schreibt Daniela Dröscher, ist die Geschichte einer weiblichen Initiation. Und das Buch erzählt von der Sehnsucht eines jungen Mädchens nach weiblichen Vorbildern. Es erzählt von der Not, die daraus erwächst, sich als junge Frau gegen falsche, oftmals übermächtige Selbst- und Fremdbilder behaupten zu müssen“, skizziert Hubert Spiegel einen Kerngedanken in Daniela Dröschers Romanvorhaben, welches die Geschichte einer weiblichen Initiation sein könnte und die bislang – unterschätzte – große Sehnsucht nach weiblichen Vorbildern in unserer Gesellschaft thematisiert. Diese Sehnsucht müsse gewaltig sein. Deswegen: „Daniela Dröschers Roman, ‚Alle, die mich kennen‘, kommt jedenfalls zur rechten Zeit.“, so der Laudator.

Manuel Lösel und Michael Reckhard überreichten die Urkunden des mit jeweils 12. 000 Euro dotierten Preises, woraufhin sich Daniela Dröscher mit einer kleinen „Philosophie über Dank!“ bedankte, und Maike Wetzel in einer Analogie zu Alfred Kokoschka und Alma Mahler freudig konstatierte: „Wunsch und Wirklichkeit verbinden sich heute für mich!“.

Anne Siebrasse und Regina Reiter - Duo Saxophilie . Foto: Diether v. Goddenthow
Anne Siebrasse und Regina Reiter – Duo Saxophilie . Foto: Diether v. Goddenthow

Musikalisch wurde die feierliche Preisverleihung erstklassig jazzig umrahmt vom Duo Saxophilie – Anne Siebrasse und Regina Reiter.

(Diether v. Goddenthow /Rhein-Main.Eurokunst)

Infos zum Robert Gernhardt Preis

Buchblog-Award: Die Shortlist steht fest #bubla17

cover-buchblog14 Nominierte auf der Shortlist / Bekanntgabe der Sieger-Blogs und Preisverleihung auf der Frankfurter Buchmesse am 13. Oktober

Aus 400 werden 14: Nach der öffentlichen Abstimmung über die eingereichten Buchblogs haben es jeweils sieben auf die Shortlist des Buchblog-Awards geschafft. Sie erhielten im Publikums-Voting die meisten Stimmen.

Die nominierten Blogs für den Hauptpreis „Bester Buchblog“:
Book Broker
Brösels Bücherregal
Die Buchbloggerin
Kaffeehaussitzer
Literaturcafé
page & me
Papier und Tintenwelten

Vom Publikum nominiert für den Sonderpreis, der für den besten Instagram-Account, Videoblog, Podcast oder die beste Facebook-Seite ausgerufen wurde, sind:
@literarischernerd (Instagram)
Bücherwunder (Videoblog)
BuchGeschichten (Videoblog)
Durch die Gegend (Podcast)
Goldschrift (Videoblog)
Pierre Petermichl (Facebook)
VersTand (Videoblog)

Aus diesen 14 Shortlist-Kandidaten wählt die Jury in den kommenden Wochen die Gewinner des Haupt- und Sonderpreises aus. Der Jury gehören an: Felicitas von Lovenberg (Verlegerin, Piper Verlag), Sarah Reul (Buchhändlerin und Bloggerin, Buchladen am Freiheitsplatz, Hanau / pinkfisch.net), Dirk von Gehlen (Leiter Social Media / Innovation, Süddeutsche Zeitung), Elisabeth Rank (Redakteurin und Autorin) und Frank Krings (PR-Manager, Frankfurter Buchmesse).

Den Siegerinnen und Siegern winkt je eine Übernachtung im Literaturhotel Wedina in Hamburg inkl. Fahrtkosten und jeweils ein Bücherscheck über 100 Euro. Außerdem können sie bei den Buchpreisbloggern zum Deutschen Buchpreis 2018 teilnehmen.
Die Gewinner für den besten deutschsprachigen Buchblog und den besten Podcast, Videoblog oder Instagram-Account zum Thema Bücher werden auf der Frankfurter Buchmesse am 13. Oktober 2017, 12 Uhr, im Forum Börsenverein, Halle 3.1 H 85, bekanntgegeben und ausgezeichnet.

Der Award

NetGalley Deutschland und der Börsenverein des Deutschen Buchhandels suchen mit dem Buchblog-Award den besten deutschsprachigen Buchblog. Die erste genreübergreifende Auszeichnung für Buchblogs im deutschsprachigen Raum zeichnet Blogs aus, die aktiven Einfluss auf das öffentliche Gespräch über Bücher nehmen und ihre Zielgruppen charakteristisch ansprechen.

Die Initiatoren

Der Börsenverein des Deutschen Buchhandels ist die Interessenvertretung der deutschen Buchbranche gegenüber der Politik und der Öffentlichkeit. Er wurde 1825 gegründet und vertritt rund 5.000 Buchhandlungen, Verlage, Zwischenbuchhändler und andere Medienunternehmen. Er veranstaltet die Frankfurter Buchmesse, vergibt den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels sowie den Deutschen Buchpreis, engagiert sich in der Leseförderung und für die Freiheit des Wortes.

NetGalley ist eine Online-Plattform und ein Netzwerk für Buchverlage und professionelle Leser. NetGalley ermöglicht Rezensenten, Bloggern, Journalisten, Buchhändlern, Bibliothekaren und Lehrenden kostenlosen Zugang zu digitalen Lese- und Rezensionsexemplaren und unterstützt Verlage beim Bekanntmachen neuer und noch unveröffentlichter Titel.

Ansprechpartnerin: Karina Elm, karina.elm@netgalley.com, +49 (0) 30 23456 340
Hashtag zum Award: #bubla17
Website: www.buchblog-award.de
Facebook: www.facebook.com/BuchblogAward
Twitter: @BuchblogAward

Die Autoren der Shortlist Deutscher Buchpreis 2017 Am 23. September im Literaturhaus Frankfurt

Foto: Diether v. Goddenthow © atelier-goddenthow
Foto: Diether v. Goddenthow © atelier-goddenthow

Bereits im dreizehnten Jahr bringt der Deutsche Buchpreis deutschsprachige Literatur ins Gespräch und gewinnt damit die Aufmerksamkeit der Leser wie Literaturkritiker gleichermaßen. Die Shortlist-Veranstaltung knüpft an diesen Erfolg an: Zum zehnten Mal präsentieren das Kulturamt Frankfurt am Main und das Literaturhaus Frankfurt in Kooperation mit der Börsenverein des Deutschen Buchhandels Stiftung, die den Preis vergibt, die Autoren der Shortlist des Deutschen Buchpreises vor der Preisverleihung Mitte Oktober. Fünf der sechs Finalisten, die in diesem Jahr in der Endauswahl für den deutschsprachigen Roman des Jahres stehen, werden am 23. September im Literaturhaus in Lesungen und Gesprächen vorgestellt. Der sechste Nominierte, Gerhard Falkner, kann an diesem Abend nicht in Frankfurt sein. Der „Shortlist-Abend“ ist für das Frankfurter Publikum die einmalige Chance, die Nominierten des Deutschen Buchpreises vorab zu erleben. Die Moderationen übernehmen Sandra Kegel, Gert Scobel und Alf Mentzer.

hr2-kultur bleibt auch im zehnten Jahr Medienpartner und sendet Ausschnitte der Veranstaltung ab 2. Oktober.

Der Abend:
18.00 h: Begrüßung: Hauke Hückstädt, Dr. Ina Hartwig, Alexander Skipis
18.15 h: Franzobel: Das Floß der Medusa; Moderation: Sandra Kegel, F.A.Z.
18.45 h: Marion Poschmann: Die Kieferninseln; Moderation: Alf Mentzer, hr2-kultur
19.15 h: Robert Menasse: Die Hauptstadt; Moderation: Gert Scobel, 3sat
19.45 h: PAUSE
20.15 h: Sasha Marianna Salzmann: Außer sich; Moderation: Sandra Kegel, F.A.Z.
20.45 h: Thomas Lehr: Schlafende Sonne; Moderation: Alf Mentzer, hr2-kultur

Karten (12/8 €) ab 15.09. (14 h) unter literaturhaus-frankfurt.de. Im Online-Kartenshop: https://literaturhaus-frankfurt.reservix.de/events, über das Kartentelefon: 069 – 40 76 62 58 0 (Ticketanbieter ADticket) und ADticket-VVK-Stellen: https://www.adticket.de/Liste-der-Vorverkaufsstellen.html?filter_city=&filter_zip=&limit=30&limitstart=0

Die Veranstaltung „Die Autoren der Shortlist – Deutscher Buchpreis 2017“ ist eine Kooperation des Kulturamtes Frankfurt am Main und des Literaturhauses Frankfurt. Partner ist die Börsenverein des Deutschen Buchhandels Stiftung. Medienpartner ist hr2-kultur.
Sendung auf hr2-kultur: 02.10. bis 07.10. um 9.30 h und 15 h.

Literaturhaus-Veranstaltungskalender 

Ort:
Literaturhaus Frankfurt e.V.
Schöne Aussicht 2,
60311 Frankfurt am Main

Vorschau auf Highlights der Frankfurter Buchmesse vom 11. bis 15. Oktober 2017 – So viel Flächen wie nie!

Foto: Diether v. Goddenthow © atelier-goddenthow
Foto: Diether v. Goddenthow © atelier-goddenthow

Die Buch-Branche präsentiert sich selbstbewusst und optimistisch. E-Books stagnieren, gedruckte Bücher beliebt und einfach unverzichtbar. Rechtehandel boomt / internationale Meinungsführer in Frankfurt / Festivalstimmung auf der Messe und in der Stadt

In einem hochpolitischen Jahr etabliert sich die Frankfurter Buchmesse (11.-15. Oktober 2017) mehr denn je zu einem Seismographen für globalgesellschaftliche Entwicklungen. „Wo das politische Weltgeschehen unübersichtlich wird, tiefe Risse nahezu alle Gesellschaften prägen und Fake News die journalistische Berichterstattung herausfordern, wächst der Wunsch nach verlässlichen Informationsquellen, nach fundiertem Wissen und gut recherchierten Nachrichten. Verlagen kommt hier eine enorme Bedeutung zu, und sie sind sich dieser Verantwortung bewusst“, sagte Juergen Boos heute anlässlich einer Pressekonferenz in Frankfurt.

Der Blick in die Programmvorschauen zeige, dass Verlage in einer schnelllebigen Zeit auf Qualität setzten: auf die sorgfältige Auswertung von Informationen und eine differenzierte Einordnung von Sachverhalten, so Boos weiter. Er führte aus: „2017 wird als ein Jahr in Erinnerung bleiben, in dem viele Weichen gestellt wurden – das gilt für die Politik ebenso wie für ökonomische und gesellschaftliche Zusammenhänge, in Deutschland und in weiten Teilen der Welt. Auf der Frankfurter Buchmesse kommen Aussteller aus über 100 Nationen zusammen. An fünf Tagen steht hier nicht nur das Geschäft mit Inhalten im Vordergrund, vielmehr ist die Frankfurter Buchmesse der Ort, an dem die Branche beweist, dass sie auf der Höhe der Zeit ist: aufgeschlossen für Innovationen, stabil in ihrer wirtschaftlichen Entwicklung und meinungsstark wie eh und je.“

Ein Fest für die Literatur

Foto: Diether v. Goddenthow © atelier-goddenthow
Foto: Diether v. Goddenthow © atelier-goddenthow

Mit Margaret Atwood, Cecilia Ahern, Paula Hawkins, Nicholas Sparks, Daniel Kehlmann, Paul Maar, Bergsteiger-Held Reinhold Messner, den Thriller-Autoren Ken Follett und Sebastian Fitzek, Bestseller-Philosoph Dr. Richard David Precht sowie Teenager-Star Lukas Rieger u.v.a. wird die Frankfurter Buchmesse wieder ein besonderes Festival der Literatur werden. Rund 1.800 Gäste, internationale Verleger und akkreditierte Pressevertreter haben am Messesamstag die seltene Gelegenheit, den US-Bestsellerautor Dan Brown live zu erleben: Er wird seinen neuen Thriller Origin vorstellen (Samstag, 14. Oktober 2017). Nach Messeschluss lockt das BOOKFEST Besucherinnen und Besucher mit einem vollen Veranstaltungsprogramm in verschiedene Locations in der Stadt. (www.bookfest.de)

Neues Format: Weltempfang Satelliten

Bei einem neuen Veranstaltungsformat, dem Weltempfang Satellit, trifft Messedirektor Juergen Boos auf bekannte Persönlichkeiten und Schriftsteller, um sich mit ihnen über Gegenwartsphänomene auszutauschen: Über den Einfluss von Fake News wird er mit Kriegsberichterstatterin Åsne Seierstad und einem der profiliertesten investigativen Journalisten, Hans Leyendecker, sprechen (Mittwoch, 11. Oktober). Leben und Schreiben im Exil wird Gegenstand des Gesprächs mit dem türkischen Publizisten Can Dündar und Autor Burhan Sönmez sein (Donnerstag, 12. Oktober). Dem Phänomen der Neuen Rechten schließlich wird sich Juergen Boos gemeinsam mit Thomas Wagner (Die Angstmacher) und Gerald Hensel (Werber und #keingeldfürrechts Initiator) widmen (Freitag, 13. Oktober, jeweils 9.30-10.15 Uhr im Business Club). Im Weltempfang, der kulturpolitischen Bühne der Frankfurter Buchmesse in Halle 3.1, werden unter dem Motto „Krise-Ordnung-Gestaltung“ aktuelle Konfliktfelder beleuchtet.

THE ARTS+

Im letzten Jahr bei THE ARTS+ war David Hockney, hier auf dem Stand des Taschenverlags, der Star unter Stars. Foto: Diether v. Goddenthow © atelier-goddenthow
Im vergangenem Jahr bei THE ARTS+ war David Hockney, hier auf dem Stand des Taschenverlags, der Star unter Stars. Foto: Diether v. Goddenthow © atelier-goddenthow

Bei THE ARTS+, dem im vergangenen Jahr gegründeten Business Festival rund um die Themen Digitalisierung, Kreativität und Gesellschaft, werden u.a. der Intendant der Berliner Volksbühne, Chris Dercon und Peter Weibel, Direktor des ZKM Karlsruhe erwartet. In Kooperation mit europäischen Institutionen aus der Politik, der Kreativwirtschaft und der Kultur findet am Messemittwoch der „THE ARTS+ Innovation Summit“ statt. In einem Werkstattgespräch wird das Künstlerkollektiv robolab (ZKM Karlsruhe) seinen Roboter „manifest“ vorstellen.

Rechtehandel boomt, internationale Meinungsführer positionieren sich in Frankfurt

Auch 2017 behauptet die Frankfurter Buchmesse ihre Position als wichtigste und größte Veranstaltung der internationalen Buchbranche. Das Rechtegeschäft in Frankfurt boomt: Mit 500 verkauften Tischen stellt das Literary Agents & Scouts Centre (LitAg) einen neuen Rekord auf. Die einflussreichsten Persönlichkeiten der Branche nutzen die Messe, um ihre Botschaften zu platzieren: Markus Dohle, CEO der Verlagsgruppe Penguin Random House, wird seine Sicht auf die globale Branchenentwicklung bei der Eröffnungspressekonferenz der Frankfurter Buchmesse (Dienstag, 10. Oktober) darlegen. Ebenfalls am Messedienstag wird mit Andrew Wylie einer der mächtigsten Literaturagenten der Welt die Business Club Conference THE MARKETS eröffnen, während bei der Abschlussdiskussion fünf starke Führungsfrauen das Wort ergreifen werden: Tracey Armstrong (Copyright Clearance Center, USA), Sophie de Closets (Fayard, Frankreich), Arpita Das (Yoda Press, Indien), Xandra Ramos-Padilla (National Book Store / Anvil Publishing, Philippinen) und Vicky Williams (Emerald Group, UK) werden sich über Karrierechancen und Hindernisse austauschen. Beim CEO Panel am Mittwoch, 11. Oktober 2017, stellt sich Carolyn Reidy, CEO der amerikanischen Verlagsgruppe Simon & Schuster, den Fragen der Branchenjournalisten. Sie ist die einzige Frau an der Spitze eines der „Big Five“ Publikumsverlage. Ebenfalls beim CEO Talk wird Guillaume Dervieux, der Generaldirektor von Albin Michel, Auskunft über die französische Buchbranche geben. Nils Rauterberg, Geschäftsführer von Audible Deutschland, wird im Business Club den Audible Hörkompass 2017 vorstellen und über die dynamische Entwicklung des Massenmediums Hörbuch sprechen. Unter dem Titel „Reporting the truth in the age of fake news“ werden Chad Thomas, Büroleiter Deutschland von Bloomberg News, und die leitenden Bloomberg News Redakteure Heather Harris und Matthew Miller über die Verantwortung von Medien im Zeitalter von Fake News diskutieren.

 

Ehrengastauftritt „Francfort en français / Frankfurt auf Französisch“

ehrengast-frankreich2Das Gastland der Frankfurter Buchmesse, Frankreich, stellt in Zeiten der Globalisierung nicht das Land, sondern die auf fünf Kontinenten und in rund 80 Ländern gesprochene französische Sprache in den Mittelpunkt seiner Aktivitäten: 180 Autorinnen und Autoren, die in französischer Sprache publizieren, werden anlässlich des Ehrengastauftrittes erwartet, darunter Philippe Dijan, Michel Houellebecq, Édouard Louis, Alain Mabanckou, Yasmina Reza, Leïla Slimani, Amélie Nothomb und viele mehr. 143 deutschsprachige Verlage haben 555 Titel im Rahmen des Gastlandauftrittes aus dem Französischen ins Deutsche übertragen, 269 Verlage und Aussteller aus Frankreich und französischsprachigen Ländern treten in Frankfurt auf. „Die Ehrengastpräsentation Frankreichs steht unter der Schirmherrschaft des französischen Präsidenten Emmanuel Macron – das allein zeigt schon die politische Dimension dieses Auftritts. Im Wahljahr 2017 ist die Präsenz Frankreichs ein starkes Symbol der Solidarität und der Partnerschaft zwischen Deutschland und Frankreich innerhalb Europas – und ein kultureller Höhepunkt“, sagte Juergen Boos.

 

Frankfurter Buchmesse 2017– so international wie nie

Wie im Vorjahr werden Aussteller aus über 100 Ländern die Frankfurter Buchmesse für ihren Auftritt nutzen: Premiere feiert der Gemeinschaftsstand „Publishers from Africa & Haiti“ auf der Frankfurter Buchmesse. Hier stellen erstmalig 20 französischsprachige Verlage ihre Publikationen aus 13 Ländern aus. Niger, Madagaskar und Gabun sind in diesem Jahr zum ersten Mal in Frankfurt vertreten. Die Präsenz befindet sich in der Halle 5.1 in direkter Nachbarschaft zum französischen Gemeinschaftsstand (Halle 5.1 E 17).

Erneut macht sich auf der Messe der „Ehrengasteffekt“ bemerkbar: Französische Aussteller haben in diesem Jahr ihre Fläche um 12 Prozent im Vergleich zum Vorjahr vergrößert. Norwegen, Ehrengast der Frankfurter Buchmesse 2019, hat flächenmäßig um 23 Prozent zugelegt, die Kanadier (Ehrengast 2020), die bereits 2016 sehr stark vertreten waren, haben jetzt schon 3 Prozent mehr Fläche gebucht. Ebenfalls sehr sichtbar war der Auftritt Georgiens im vergangenen Jahr – in diesem Jahr präsentiert sich der Ehrengast der Frankfurter Buchmesse 2018 auf Vorjahresniveau.

Die Flächenbelegung der Aussteller aus Nordamerika sowie Nord-, West- und Mitteleuropas ist trotz Konsolidierungsprozessen stabil geblieben. Größeres Flächenwachstum verzeichnet die Messe aus Afrika, Zentralasien und dem Nahen Osten. Die Regionen Osteuropa (+8 Prozent), Iran (+ 6 Prozent) und Ostasien (+ 5 Prozent) legten leicht zu. Überraschend ist, dass vergleichsweise kleinere Buchmärkte wie etwa Kasachstan oder die baltischen Länder Estland und Litauen ihre Präsenz in Frankfurt im Vergleich zum Vorjahr signifikant ausgebaut haben. Auch die Schweizer Verlage präsentieren sich in diesem Jahr auf einer größeren Fläche (+ 14 Prozent im Vergleich zum Vorjahr).

Die 6 Finalisten für den Deutschen Buchpreis 2017 stehen fest

Shortlist2(c)Gass-BoersenveDeutscher Buchpreis 2017: Sechs Romane im Finale. Die Jury hat sechs Romane für die Shortlist des Deutschen Buchpreises 2017 ausgewählt:

  • Gerhard Falkner: Romeo oder Julia (Berlin Verlag, September 2017)
  • Franzobel: Das Floß der Medusa (Paul Zsolnay, Januar 2017)
  • Thomas Lehr: Schlafende Sonne (Carl Hanser, August 2017)
  • Robert Menasse: Die Hauptstadt (Suhrkamp, September 2017)
  • Marion Poschmann: Die Kieferninseln (Suhrkamp, September 2017)
  • Sasha Marianna Salzmann: Außer sich (Suhrkamp, September 2017)

„Angesichts unserer Endlichkeit seien wir verpflichtet, kühn zu denken, hat Imre Kertész einmal geschrieben. Kühnes Denken: das ist es, was die Texte der Shortlist miteinander verbindet – bei aller thematischen und ästhetischen Unterschiedlichkeit. Allen gemeinsam ist das Bewusstsein, dass ernsthaftes literarisches Tun immer auch ein Brechen mit herrschenden Ordnungen im Sprechen, Denken und Fühlen bedeutet. Thematisch ist es die Frage danach, wer ‚wir‘ sind und wer ‚wir‘ sein wollen, die viele der Texte zusammenhält – womit auch Europa auf den Plan kommt. Und es besteht nach der Lektüre kein Zweifel: die Idee Europa, sie steht immer, im Besonderen gegenwärtig, auf dem Spiel, und es ist an uns Zeitgenossen, verantwortlich, und das heißt auch kühn, zu handeln“, sagt Katja Gasser (Österreichischer Rundfunk), Sprecherin der Jury des Deutschen Buchpreises 2017.

Die sieben Jurymitglieder haben seit Ausschreibungsbeginn 200 Titel gesichtet, die zwischen Oktober 2016 und dem 12. September 2017 erschienen sind.

Der Jury für den Deutschen Buchpreis 2017 gehören neben Katja Gasser an: Silke Behl (Radio Bremen), Mara Delius (Die Welt), Christian Dunker (autorenbuchhandlung berlin), Maria Gazzetti (Casa di Goethe, Rom), Tobias Lehmkuhl (freier Kritiker, Berlin) und Lothar Schröder (Rheinische Post).

Mit dem Deutschen Buchpreis 2017 zeichnet die Börsenverein des Deutschen Buchhandels Stiftung den deutschsprachigen Roman des Jahres aus. Der Preisträger oder die Preisträgerin erhält ein Preisgeld von 25.000 Euro; die fünf Finalistinnen und Finalisten erhalten jeweils 2.500 Euro. Die Preisverleihung findet am 9. Oktober 2017 zum Auftakt der Frankfurter Buchmesse im Kaisersaal des Frankfurter Römers statt.

Der Deutsche Buchpreis wird von der Börsenverein des Deutschen Buchhandels Stiftung vergeben. Förderer des Deutschen Buchpreises ist die Deutsche Bank Stiftung, weitere Partner sind die Frankfurter Buchmesse und die Stadt Frankfurt am Main. Die Deutsche Welle unterstützt den Deutschen Buchpreis bei der Medienarbeit im In- und Ausland.

Weitere Infos: Deutscher Buchpreis

Börsenverein des Deutschen Buchhandels erleichtert über Ausreiseerlaubnis für Erich-Maria-Remarque-Friedenspreis-Trägerin Aslı Erdoğan

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Die türkische Autorin Aslı Erdoğan hat ihren Reisepass zurückerhalten und kann höchstwahrscheinlich zur Verleihung des Erich-Maria-Remarque-Friedenspreises am 22. September 2017 ausreisen. Alexander Skipis, Hauptgeschäftsführer des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels und Laudator für Aslı Erdoğan: „Wir freuen uns sehr und sind erleichtert über die Nachricht, dass Aslı Erdoğan ihre Reisedokumente erhalten hat. Damit sind die Voraussetzungen gegeben, dass sie ausreisen und bei der Verleihung des Erich-Maria-Remarque-Friedenspreises persönlich anwesend sein kann. Das ist ein Lichtblick für die türkische Autorin, die seit über einem Jahr bar jeder Rechtsstaatlichkeit drangsaliert und mundtot gemacht wird. Dies vereint sie mit vielen anderen Autoren, Journalisten und Verlegern, die weiterhin in der Türkei inhaftiert sind, unter Druck gesetzt und verfolgt werden. Auch sie dürfen wir nicht vergessen. Wir fordern die türkische Regierung auf, die Repressalien gegenüber allen Medien- und Kulturschaffenden umgehend zu beenden, damit diese wieder frei leben, reisen und ihre Meinung äußern können.“

Der Börsenverein setzt sich seit Monaten für ein Ende der Verfolgung von Aslı Erdoğan ein. Erst gestern hat Alexander Skipis zusammen mit dem Oberbürgermeister der Stadt Osnabrück und dem Jury-Präsidenten des Erich-Maria-Remarque-Friedenspreises einen Brief an Recep Tayyip Erdoğan öffentlich gemacht, in dem die Unterzeichner den türkischen Präsidenten auffordern, der Autorin die Ausreise zur Preisverleihung am 22. September zu ermöglichen.

Zum Brief an Präsident Erdoğan: Lassen Sie Aslı Erdoğan ausreisen!

„Richtig denken heißt, mit Richtigkeit und mit Gerechtigkeit denken“ – Alfred Grosser und sein Werk Le Mensch

Prof. Dr. Alfred Grosser , Publizist und Politologe (li.) im Gespräch mit Dr. Günther Nonnenmacher (Mitherausgeber der FAZ von 1992 bis 2014) bei der Buchpräsentation "Le Mensch" in den Kurhaus-Kolonnaden Wiesbaden, veranstaltet von der Hessischen Zentrale für Politische Bildung Wiesbaden. Foto: Diether v. Goddenthow
Prof. Dr. Alfred Grosser , Publizist und Politologe (li.) im Gespräch mit Dr. Günther Nonnenmacher (Mitherausgeber der FAZ von 1992 bis 2014) bei der Buchpräsentation „Le Mensch“ in den Kurhaus-Kolonnaden Wiesbaden, veranstaltet von der Hessischen Zentrale für Politische Bildung Wiesbaden. Foto: Diether v. Goddenthow

„Ich mag nicht das Wort ‚DIE‘: ‚DIE Muslime, DIE Frauen, DIE Juden, DIE Deutschen, DIE Flüchtlinge‘“, beginnt Alfred Grosser im Interview mit Dr. Günther Nonnenmacher (Mitherausgeber der FAZ von 1992 bis 2014) über Inhalte seines neuen Buches „Le Mensch“ den Dialog vor rund 300 gespannten Zuhörern im Saal der Kurhaus-Kolonnaden Wiesbaden am 7. September 2017.  Denn hätte man nach dem Kriege von „den“ Deutschen gesprochen, wäre es wohl nie zu einem Friedensvertrag, zur Rückführung des deutschen Volkes in die Völkerfamilie gekommen, so Grosser. Es gibt nicht DIE Deutschen oder DIE Franzosen, sondern einzelne Menschen, Individuen, wehrt sich Grosser gegen ein altes Grundübel, das aktueller ist denn je, nämlich den verallgemeinernden, vorurteilsbehafteten Finger auf andere zu zeigen. Verallgemeinerung war und ist nicht sein Ding, weswegen Grosser, der sich selbst als jüdischen Atheisten bezeichnet und seit über 40 Jahren mit einer katholisch-gläubigen Frau verheiratet ist, sich zeitlebens  mit der komplexen Fragestellung nach menschlicher Identität auseinandergesetzt hat. Wer bestimme denn, was ein Mensch sei, als Individuum oder Amtsinhaber, als Angehöriger einer Gruppe, Religion oder Ethnie? Facettenreich und mit vielen persönlichen Rückblicken sprach der bekannte Publizist und große Europäer Grosser über die Entstehung und Moral sozialer Identität und Auswirkungen auf den Einzelnen.

„Ich bin ein Mann und keine Frau. Das gibt mir heute noch in der französischen wie deutschen Gesellschaft unverdiente Vorteile. Ich bin alt, aber meine seit langem erwachsenen Söhne arbeiten für mein Ruhestandsgehalt. Ich war beamteter Professor, gehörte also zu jenem privilegierten Teil der Gesellschaft, der nicht arbeitslos werden kann.“, erläutert Grosser ein wenig augenzwinkernd, was er mit menschlicher Identität meint. Denn Menschen haben nicht nur eine, sondern multiple Identitäten, beispielsweise zugleich als Europäer, Deutscher, Hesse, Wiesbadener, Berufstätiger, Frau/Mann, Mutter /Vater usw.
Er sei Franzose durch und durch, sagt Grosser, so wie andere Migranten, die in Frankreich zu Franzosen wurden, und niemand würde da von einem Migrationshintergrund sprechen, so der Publizist, der auch ein Beispiel für die Inkongruenz von Identitäten parat hat: „Als Radfahrer fürchte ich mich vor Autos. Als Autofahrer fürchte ich die Radfahrer: Ein gutes Beispiel einer gespaltenen Identität.“

Veranstaltungs-Impression der Buchpräsentation "Le Mensch" in den Kurhaus-Kolonnaden Wiesbaden, veranstaltet von der Hessischen Zentrale für Politische Bildung Wiesbaden. Foto: Diether v. Goddenthow
Veranstaltungs-Impression der Buchpräsentation „Le Mensch“ in den Kurhaus-Kolonnaden Wiesbaden, veranstaltet von der Hessischen Zentrale für Politische Bildung Wiesbaden. Foto: Diether v. Goddenthow

Die Identität des Individuums komme zum Teil von außen, hänge damit zusammen, in welches kulturelle Umfeld jemand geboren worden sei, in welchem Land usw., aber sie bestehe nicht darin, sich von außen eine Identität überstülpen zu lassen. Identität sei auch und vor allem ein innerseelischer Prozess, und alles, wohin sich der Mensch in seinem Leben entwickele und wofür er sich entscheide, ohne Zuschreibung durch andere.

Seine Erfahrungen und Erkenntnisse fasst Grosser in seinem Spiegel-Bestseller-Buch „LE MENSCH in zahlreichen Artikeln zusammen. Dabei ist er klar in der in der Sprache und konkret in der Sache. Alfred Grosser nimmt das Menschsein auf allen Feldern des gesellschaftlichen Lebens unter die Lupe: Kultur, Politik und Erziehung, Geschlecht, Geschichte und Religion, Geld und nationale Mythen – und natürlich unsere Identität in einem Europa mit Flüchtlingen oder ohne. Er warnt eindringlich vor Politikverachtung und zieht Bilanz über das »Menschwerden inmitten der Verzweiflung am Weltgeschehen«. Sein Credo: »Penser juste, donc à la fois avec justesse et avec justice – Richtig denken heißt, mit Richtigkeit und mit Gerechtigkeit denken. Das klingt zwar im Deutschen nicht so gut, sagt aber doch das Wesentliche.«