Kategorie-Archiv: Landeszentrale für Politische Bildung Hessen

Christopher Clark über „Von Zeit und Macht – Herrschaft und Geschichtsbild vom Großen Kurfürsten bis zu den Nationalsozialisten“

CHRISTOPHER CLARK lehrt als Professor für Neuere Europäische Geschichte am St. Catharine‘s College in Cambridge. im Gespräch mit WINFRIED STRÄTER ist Historiker und Redakteur im Deutschlandfunk Kultur, verantwortlich für die Sendung „Zeitfragen Kultur und Geschichte“.© Foto: Diether v Goddenthow
CHRISTOPHER CLARK (li.) lehrt als Professor für Neuere Europäische Geschichte am St. Catharine‘s College in Cambridge. im Gespräch mit WINFRIED STRÄTER
ist Historiker und Redakteur im Deutschlandfunk Kultur, verantwortlich für die Sendung „Zeitfragen Kultur und Geschichte“.© Foto: Diether v Goddenthow

Worauf gründen sich Macht und Herrschaft? Wie entsteht Macht? Wie wird sie begründet und erhalten? Und in welchem Verhältnis stehen Macht und Zeit? Diesen großen Fragen widmete sich Christopher Clark bei einer Veranstaltung der Veranstaltungsreihe Literatur und Politik der Landeszentrale für Politische Bildung in den Kurhaus Kolonnaden am 24.10.2019. Wer Macht hat, verortet sich in der Zeit. Er begreift sich als Teil der Geschichte und schafft damit das Geschichtsbild seiner Epoche. Vier solcher Geschichtsbilder betrachtete der auch aus der ZDF-Serie History bekannte englische Autor in seinem Buch: das des Großen Kurfürsten von Brandenburg, Friedrichs II. von Preußen, das Bismarcks und der Nationalsozialisten. Geschrieben während der Brexit-Ereignisse, Trumps Präsidentschaft und Putins vierter Amtszeit ist dieses Buch nicht nur ein großes Geschichtswerk, sondern lehrt uns auch viel über unsere eigene Epoche und deren Strukturen von Selbstlegitimation, Machtverständnis und Machterhalt.

CHRISTOPHER CLARK

Christopher Clark. © Foto: Diether v Goddenthow
Christopher Clark. © Foto: Diether v Goddenthow

Jahrgang 1960, lehrt als Professor für Neuere Europäische
Geschichte am St. Catharine‘s College in
Cambridge. Sein Forschungsschwerpunkt ist die
Geschichte Preußens. Er ist Autor einer Biografi e
Wilhelms II., des letzten deutschen Kaisers. Für sein
Buch „Preußen“ erhielt er 2007 den renommierten
Wolfson History Prize sowie 2010 den Preis des Historischen
Kollegs. Sein epochales Buch über den Ersten
Weltkrieg, „Die Schlafwandler“ (2013), führte wochenlang
die deutsche Sachbuch-Bestseller-Liste an und
war ein internationaler Bucherfolg.

„Richtig denken heißt, mit Richtigkeit und mit Gerechtigkeit denken“ – Alfred Grosser und sein Werk Le Mensch

Prof. Dr. Alfred Grosser , Publizist und Politologe (li.) im Gespräch mit Dr. Günther Nonnenmacher (Mitherausgeber der FAZ von 1992 bis 2014) bei der Buchpräsentation "Le Mensch" in den Kurhaus-Kolonnaden Wiesbaden, veranstaltet von der Hessischen Zentrale für Politische Bildung Wiesbaden. Foto: Diether v. Goddenthow
Prof. Dr. Alfred Grosser , Publizist und Politologe (li.) im Gespräch mit Dr. Günther Nonnenmacher (Mitherausgeber der FAZ von 1992 bis 2014) bei der Buchpräsentation „Le Mensch“ in den Kurhaus-Kolonnaden Wiesbaden, veranstaltet von der Hessischen Zentrale für Politische Bildung Wiesbaden. Foto: Diether v. Goddenthow

„Ich mag nicht das Wort ‚DIE‘: ‚DIE Muslime, DIE Frauen, DIE Juden, DIE Deutschen, DIE Flüchtlinge‘“, beginnt Alfred Grosser im Interview mit Dr. Günther Nonnenmacher (Mitherausgeber der FAZ von 1992 bis 2014) über Inhalte seines neuen Buches „Le Mensch“ den Dialog vor rund 300 gespannten Zuhörern im Saal der Kurhaus-Kolonnaden Wiesbaden am 7. September 2017.  Denn hätte man nach dem Kriege von „den“ Deutschen gesprochen, wäre es wohl nie zu einem Friedensvertrag, zur Rückführung des deutschen Volkes in die Völkerfamilie gekommen, so Grosser. Es gibt nicht DIE Deutschen oder DIE Franzosen, sondern einzelne Menschen, Individuen, wehrt sich Grosser gegen ein altes Grundübel, das aktueller ist denn je, nämlich den verallgemeinernden, vorurteilsbehafteten Finger auf andere zu zeigen. Verallgemeinerung war und ist nicht sein Ding, weswegen Grosser, der sich selbst als jüdischen Atheisten bezeichnet und seit über 40 Jahren mit einer katholisch-gläubigen Frau verheiratet ist, sich zeitlebens  mit der komplexen Fragestellung nach menschlicher Identität auseinandergesetzt hat. Wer bestimme denn, was ein Mensch sei, als Individuum oder Amtsinhaber, als Angehöriger einer Gruppe, Religion oder Ethnie? Facettenreich und mit vielen persönlichen Rückblicken sprach der bekannte Publizist und große Europäer Grosser über die Entstehung und Moral sozialer Identität und Auswirkungen auf den Einzelnen.

„Ich bin ein Mann und keine Frau. Das gibt mir heute noch in der französischen wie deutschen Gesellschaft unverdiente Vorteile. Ich bin alt, aber meine seit langem erwachsenen Söhne arbeiten für mein Ruhestandsgehalt. Ich war beamteter Professor, gehörte also zu jenem privilegierten Teil der Gesellschaft, der nicht arbeitslos werden kann.“, erläutert Grosser ein wenig augenzwinkernd, was er mit menschlicher Identität meint. Denn Menschen haben nicht nur eine, sondern multiple Identitäten, beispielsweise zugleich als Europäer, Deutscher, Hesse, Wiesbadener, Berufstätiger, Frau/Mann, Mutter /Vater usw.
Er sei Franzose durch und durch, sagt Grosser, so wie andere Migranten, die in Frankreich zu Franzosen wurden, und niemand würde da von einem Migrationshintergrund sprechen, so der Publizist, der auch ein Beispiel für die Inkongruenz von Identitäten parat hat: „Als Radfahrer fürchte ich mich vor Autos. Als Autofahrer fürchte ich die Radfahrer: Ein gutes Beispiel einer gespaltenen Identität.“

Veranstaltungs-Impression der Buchpräsentation "Le Mensch" in den Kurhaus-Kolonnaden Wiesbaden, veranstaltet von der Hessischen Zentrale für Politische Bildung Wiesbaden. Foto: Diether v. Goddenthow
Veranstaltungs-Impression der Buchpräsentation „Le Mensch“ in den Kurhaus-Kolonnaden Wiesbaden, veranstaltet von der Hessischen Zentrale für Politische Bildung Wiesbaden. Foto: Diether v. Goddenthow

Die Identität des Individuums komme zum Teil von außen, hänge damit zusammen, in welches kulturelle Umfeld jemand geboren worden sei, in welchem Land usw., aber sie bestehe nicht darin, sich von außen eine Identität überstülpen zu lassen. Identität sei auch und vor allem ein innerseelischer Prozess, und alles, wohin sich der Mensch in seinem Leben entwickele und wofür er sich entscheide, ohne Zuschreibung durch andere.

Seine Erfahrungen und Erkenntnisse fasst Grosser in seinem Spiegel-Bestseller-Buch „LE MENSCH in zahlreichen Artikeln zusammen. Dabei ist er klar in der in der Sprache und konkret in der Sache. Alfred Grosser nimmt das Menschsein auf allen Feldern des gesellschaftlichen Lebens unter die Lupe: Kultur, Politik und Erziehung, Geschlecht, Geschichte und Religion, Geld und nationale Mythen – und natürlich unsere Identität in einem Europa mit Flüchtlingen oder ohne. Er warnt eindringlich vor Politikverachtung und zieht Bilanz über das »Menschwerden inmitten der Verzweiflung am Weltgeschehen«. Sein Credo: »Penser juste, donc à la fois avec justesse et avec justice – Richtig denken heißt, mit Richtigkeit und mit Gerechtigkeit denken. Das klingt zwar im Deutschen nicht so gut, sagt aber doch das Wesentliche.«

Dr. Alexander Jehn wird neuer Direktor der Landeszentrale für politische Bildung in Hessen

Dr. Alexander Jehn wird neuer Direktor der Landeszentrale für politische Bildung
„Ausgewiesener Experte für die Vermittlung von Politik“

Wiesbaden. Dr. Alexander Jehn wird neuer Direktor der Landeszentrale für politische Bildung (HLZ) und tritt damit die Nachfolge von Dr. Bernd Heidenreich an, der in den Ruhestand verabschiedet wird. „Dr. Alexander Jehn bringt die besten Voraussetzungen für die Leitung der Landeszentrale für politische Bildung mit: Er ist promovierter Historiker und hat langjährige Erfahrungen im Bildungsbereich. Damit ist er ein ausgewiesener Experte für die Vermittlung von demokratischer Politik“, sagte der Hessische Ministerpräsident Volker Bouffier.

„Die Landeszentrale für politische Bildung prägt die demokratische Entwicklung unseres Landes seit mehr als sechs Jahrzehnten mit. Wer Politik vermitteln möchte, wer den Stellenwert von Freiheit und Rechtsstaatlichkeit deutlich machen möchte, muss sich an jede Generation wenden – die Aufgaben der HLZ bleiben stets aktuell. Ich bin sicher, dass es Alexander Jehn gelingen wird, die Geschicke der Landeszentrale in diesem Sinne weiterzuführen und mit seiner Arbeit auch in Zukunft die politische Bildung und damit das freiheitliche und rechtsstaatliche Denken in unserer Gesellschaft zu fördern“, sagte der Ministerpräsident.

Nach seiner Promotion wurde Dr. Alexander Jehn im Dezember 1997 Büroleiter des Bürgermeisters und Stadtrats von Darmstadt, Dr. Wolfgang Gehrke, bevor er 1999 in das Hessische Kultusministerium wechselte. Dort war er zunächst Referent, später Referatsleiter für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit und von 2004 bis 2008 Leiter des Ministerbüros von Staatsministerin Karin Wolff. Von 2008 bis 2012 war er stellvertretender Abteilungsleiter verschiedener Abteilungen des Kultusministeriums und übernahm 2013 die stellvertretende Leitung der Zentralabteilung. Seit 2015 ist er für das Referat „Koordinierungsstelle Politische Bildung und außerschulische Lernorte“ zuständig. Auch ehrenamtlich ist der 51-Jährige tätig: Seit 2013 als Präsident der Stiftung „Jugend und Bildung“ und seit 2011 als Beiratsmitglied der Point-Alpha-Stiftung.