Kategorie-Archiv: Hessisches Literaturforum im Mousonturm

Robert Gernhardt Preis 2017 an Daniela Dröscher und Maike Wetzel im Mousonturm Frankfurt verliehen

Michael Reckhard, Daniela Dröscher, Maike Wetzel mit Sohn, Hubert Spiegel und Manuel Lösel. Foto: Diether v. Goddenthow © atelier-goddenthow
Michael Reckhard, Daniela Dröscher, Maike Wetzel mit Sohn, Hubert Spiegel und Manuel Lösel. Foto: Diether v. Goddenthow © atelier-goddenthow

Im Rahmen einer Feierstunde im Frankfurter Künstlerhaus Mousonturm erhielten die Berliner Autorinnen Maike Wetzel und Daniela Dröscher den Robert-Gernhardt-Preis 2017 für ihre noch nicht vollendeten literarischen Projekte. Der Preis, vom Land Hessen und der Wirtschafts- und Infrastrukturbank des Landes mit 24.000 Euro dotiert, erinnert an den genialen Autor, Zeichner und Maler Robert Gernhardt, der 2006 verstarb und am 13. Dezember 2017 seinen 80. Geburtstag hätte.
Daniela Dröscher erhielt den Robert Gernhardt Preis für ihr Romanprojekt „Alle, die mich kennen“, Daniela Wetzel für „Elly“. Beide Autorinnen behandeln in ihren Roman-Vorhaben ähnliche Problematiken von Identitätsfindung heranwachsender Mädchen aus ganz unterschiedlichen und spannenden Blickwinkeln.

Björn Jager. Foto: Diether v. Goddenthow
Björn Jager. Foto: Diether v. Goddenthow

Björn Jager, Leiter des Hessischen Literaturforums, unterstrich bei der Begrüßung der Gäste, dass Maike Wetzel bereits 1995 zu den Preisträgern gehörte, die das „Junge Literaturforum Hessen-Thüringen“, angesiedelt im Mousonturm, seit 1984 fördert und auszeichnet. Mittlerweile seien zwei Erzählbände und fünf Kurzfilme von ihr veröffentlicht. Auch Daniela Dröscher habe bereits zwei Romane und acht Theaterstücke veröffentlicht, und sei wie Maike Wetzel mehrfach mit Auszeichnungen geehrt worden.

 

Dr. Manuel Lösel.  Foto: Diether v. Goddenthow
Dr. Manuel Lösel. Foto: Diether v. Goddenthow

Dr. Manuel Lösel, Staatssekretär im Hessischen Kultusministerium, nannte den seit 2009 zum 9. Mal nach dem großen Dichter und Zeichner und Gründer der Neuen Frankfurter Schule benannten Robert-Gernhardt-Preis eine Erfolgsgeschichte. Innerhalb von zwei Jahren publizierten die bisherigen Preisträger ihre Werke, inzwischen sieben Prosa- und vier Lyrikwerke, eins davon 2015 mit dem Deutschen Buchpreis ausgezeichnet. Der Gernhardt-Preis sei nur mit Hilfe der Wirtschaft- und Infrastrukturbank Hessen möglich und der erste eigene Literaturpreis des Landes Hessen überhaupt, wenngleich das Land die Literaturpreise wie den Georg-Büchner-Preis, den Rheingau-Literatur-Preis, den Übersetzerpreis der Deutschen Akademie für Deutsche Sprache und Dichtung oder den Hermann-Kesten-Preis fördere.

Der Robert-Gernhardt-Preis ist ein ungewöhnlicher Preis, da er noch nicht vollendete literarische Projekte auszeichnet. In diesem Jahr hätten sich 91 Autorinnen und Autoren um den Preis beworben, so viele wie noch nie, berichtete der Staatssekretär. Er dankte den Juroren, der Autorin Eva Demski, dem Literarturkritiker Christoph Schröder und dem Literaturwissenschaftler Professor Karl-Heinz Götze, für ihre „ausdauernde Arbeit und ihr großes Engagement“: 91 anonymisierte Exposés mit jeweils einer sechsseitigen Textprobe galt es unter „verschiedenen literarischen Kriterien zu beurteilen und zu filtern“, verbunden mit der stets wiederkehrenden Frage, „ob aus den vorliegenden Auszügen ein Ganzes, und ein gutes Werk werden kann, was man auch gerne bis zum Ende lesen möchte“, so Lösel.

 

Dr. Michael Reckhard. Foto: Diether v. Goddenthow
Dr. Michael Reckhard. Foto: Diether v. Goddenthow

„Am 13. Dezember wäre Robert Gernhardt 80 Jahre alt geworden“, erinnerte Dr. Michael Reckhard, Mitglied der Geschäftsleitung der Wirtschafts- und Infrastrukturbank Hessen, was ein guter Anlass sei, wie er fände, an eine seiner schönsten Reim-Ideen zu erinnern, etwa die mit „Finden Sie mal einen Satz mit ….!“ oder mit Gernhardts „Gretchenfrage“:
„Der Arzt erklärt dem Fisch die Lage,
es war wohl eine Gretchenfrage!“.

Auch die Jury habe in diesem Jahr so etwas wie eine Gretchenfrage zu beantworten gehabt, aus 91 Einsendungen die beiden Preisträger zu ermitteln: „Sie alle wären es wert gewesen, offiziell gewürdigt zu werden“, so Reckhard, denn in jedem Manuskript stecke das, was Literatur ausmache: „Die Leidenschaft für eine Geschichte, das Ringen für die treffenden Worte, das vielleicht nicht, wie so oft erhofft, mit einem prämierten Werk endet, sondern – aus was für Gründen auch immer – im stillen Kämmerlein des Verfassers oder der Verfasserin verbleibt, unentdeckt und unvollendet“ kennt Reckhard die Unkalkulierbarkeit von Romanprojekten. Und so gelte auch für die beiden Preisträgerinnen, so Reckhard augenzwinkernd, was Gernhardt einst treffend reimte:

Ein Gedicht ist rasch gemacht,
schnell auch reimt ein Lied sich,
aber so ein Zeitroman, lieber Freund,
der zieht sich!“

Gerade in bewegten Zeiten sei es so wichtig, die ganze Vielfalt unserer Kultur, wie  insbesondere auch Literatur und Kunst repräsentieren, sichtbar zu machen, und literarische Erkenntnis-Quellen einem großen Publikum zugänglich zu machen, was „wir uns zu unserer Aufgabe gemacht haben“, so Reckhard. Das passe ganz wunderbar zu Frankfurt und seiner ganzen großartigen intellektuellen Traditionen von Theodor W. Adorno und Max Horkheimer, die Robert Gernhardt mit der Neuen Frankfurter Schule auf seine Weise fortgesetzt habe. „Wir arbeiten weiter daran, für den Erhalt des weltoffenen Frankfurts zu kämpfen“, so Reckhard.

Auszüge aus der Laudatio von FAZ-Feuilleton-Redakteur Hubert Spiegel

Hubert Spiegel, FAZ Feuilleton. Foto: Diether v. Goddenthow
Hubert Spiegel, FAZ Feuilleton. Foto: Diether v. Goddenthow

Die Laudatio hielt Hubert Spiegel, FAZ Feuilleton. Er warf unter Bezug auf seinen Vorredner die Frage auf, was mit den Figuren passiere, wenn beim Schreiben etwas dazwischen käme. Die Figuren machten, was sie wollten, deshalb blieben manche Bücher ungeschrieben, so Spiegel augenzwinkernd. Der Laudator  attestierte beiden Preisträgerinnen, dass es zu ihrer Stärke gehöre, gute erste Sätze zu formulieren, bevor er den Bogen spannte über „Robert Musils ‚Der Mann ohne Eigenschaften'“ (Musil  litt zeitlebens an dem zähen Prozess des Schreibens, als“habe er Teer im Füller“) zu den  gleichfalls die Identitätsfrage thematisierenden Romanprojekten der Preisträgerinnen.

Maike Wetzels Figur „Elly“, schon seit 1996 in früheren Erzählungen der Autorin aufgetaucht , sei im eingereichten Romanprojekt „Elly“ im Alter von 11 Jahren auf dem Weg zum Training spurlos verschwunden. „Die Polizei ermittelt, aber weder Ellys Fahrrad noch ihre Leiche werden gefunden. Die Familie gibt die Hoffnung jedoch nicht auf: Elly lebt, etwas anderes darf noch nicht einmal gedacht werden. So lautet die Familiendoktrin. Und tatsächlich, nach einem Jahr taucht Elly unvermittelt wieder auf. Die Eltern sind erlöst und glücklich, doch Ines, Ellys ältere Schwester, ist skeptisch. Ihr kommen Zweifel: Ist das wirklich Elly, die da so überraschend zurückgekommen ist? Oder handelt es sich um eine andere Person, eine fremde, die in Ellys Haut geschlüpft ist? Aber warum sollte jemand so etwas tun? Elly Buchs, beschreibt Maike Wetzel, ist ein Buch über die dunklen Seiten der Sehnsucht. Mehr muss man eigentlich gar nicht hören, um sicher zu sein: Diesen Roman möchte man lesen., mehr muss man eigentlich gar nicht hören, um sicher zu sein: Diesen Roman möchte man lesen!“, resümiert Hubert Spiegel sichtlich angetan von Maike Wetzels Romanprojekt „Elly“.

In Daniela Dröschers Romanprojekt „Alle, die mich kennen“ ist „Hauptfigur die 17-jährige Lissa, die kurz vor dem Abitur steht, und nun das Problem hat, dass sie nicht weiß, wie sie verhindern soll, dass ihre Mutter auf dem Abschlussball erscheint. Das will sie nämlich nicht. Warum nicht? Lissas Mutter wiegt 200 Kilo und hat, wie es heißt, ein Walross-Hintern. Lissa schämt sich für ihre Mutter, und sie schämt sich dafür, dass sie sich schämt. Hilfe in dieser Situation ist in ihrer Familie nicht zu erwarten, nicht vom Vater, und auch nicht von ihrer kleinen Schwester Lilly, die an Magersucht leidet. Lissa ist beliebt, aber einsam. Sie fängt etwas mit dem Falschen an. Die Schwierigkeiten in der Familie eskalieren, und sie stößt zufällig auf Olig und Elsa. Elsa ist um die 40, attraktiv, unabhängig und eigensinnig. Ich zitiere: ‚Sieht schick aus, und ist ein wenig gefährlich!‘ Elsa, so heißt es im Exposé zum Roman, vertritt die Ansicht, dass Lissa lernen muss, sich gegen die Blicke der anderen immun zu machen, dass man den Körper von Lissas Mutter auch ganz anderes betrachten kann. Dass es der liebende Blick ist, der über die Qualität der Dinge entscheidet. Elsa wird für Lissa zum Vorbild, zu Jemanden, der mir die Augen öffnet, und mich zu anderen Perspektiven hinreißt. „Alle, die mich kennen“, so schreibt Daniela Dröscher, ist die Geschichte einer weiblichen Initiation. Und das Buch erzählt von der Sehnsucht eines jungen Mädchens nach weiblichen Vorbildern. Es erzählt von der Not, die daraus erwächst, sich als junge Frau gegen falsche, oftmals übermächtige Selbst- und Fremdbilder behaupten zu müssen“, skizziert Hubert Spiegel einen Kerngedanken in Daniela Dröschers Romanvorhaben, welches die Geschichte einer weiblichen Initiation sein könnte und die bislang – unterschätzte – große Sehnsucht nach weiblichen Vorbildern in unserer Gesellschaft thematisiert. Diese Sehnsucht müsse gewaltig sein. Deswegen: „Daniela Dröschers Roman, ‚Alle, die mich kennen‘, kommt jedenfalls zur rechten Zeit.“, so der Laudator.

Manuel Lösel und Michael Reckhard überreichten die Urkunden des mit jeweils 12. 000 Euro dotierten Preises, woraufhin sich Daniela Dröscher mit einer kleinen „Philosophie über Dank!“ bedankte, und Maike Wetzel in einer Analogie zu Alfred Kokoschka und Alma Mahler freudig konstatierte: „Wunsch und Wirklichkeit verbinden sich heute für mich!“.

Anne Siebrasse und Regina Reiter - Duo Saxophilie . Foto: Diether v. Goddenthow
Anne Siebrasse und Regina Reiter – Duo Saxophilie . Foto: Diether v. Goddenthow

Musikalisch wurde die feierliche Preisverleihung erstklassig jazzig umrahmt vom Duo Saxophilie – Anne Siebrasse und Regina Reiter.

(Diether v. Goddenthow /Rhein-Main.Eurokunst)

Infos zum Robert Gernhardt Preis

Das Literaturforum im Mousonturm Frankfurt mit spannenden Jungautoren im Februar 2017

Der Februar 2017 beginnt im Hessischen Literaturforum im Mousonturm ganz klassisch mit drei jungen Autorinnen und Autoren. Fabian Hischmann, dessen Debüt 2014 für den Preis der Leipziger Messe nominiert war, liest aus seinem zweiten Roman Das Umgehen der Orte vor, während Isabelle Lehn und Shida Bazyar jeweils ihre Erstlinge im Gepäck haben. Und weiter geht’s mit der zweiten Ausgabe von Acting Out!, diesmal mit Nora Gomringer und dem Jazz-Schlagzeuger Philipp Scholz. Den Abschluss bildet eine Kooperation mit dem Philosophischen Kolloqium: Kritische Theorie. Jessica Nitsche und Nadine Werner stellen einen Sammelband von Texten des renommierten Benjamin-Forschers Burkhardt Lindner vor, der an der Goethe-Universität Frankfurt gelehrt und sich einen Namen gemacht hat.

Mittwoch, 8. Februar 2017, 20 Uhr:
Fabian Hischmann: Das Umgehen der Orte
Das Umgehen der Orte, der neue Roman von Fabian Hischmann, ist nicht weniger als ein Kaleidoskop aus Sehnsüchten, Verlusten und die Hoffnung darauf, dass doch irgendwann alles noch einmal anders werden kann in einem Leben: Samuel ist aufstrebender Jungautor und nach wenigen Seiten tot. Niklas ist schwul und Mitarbeiter in einer Seehundstation. Anne rebelliert zuerst gegen ihre Eltern und Jahre später gegen ihr Leben. Lisa ist dick und friert daher nie. Zwischendurch stirbt Matt Damon, und Nick Cave wird nach einem Segeltörn vermisst gemeldet.

Von 2004 bis 2020 erstreckt sich die Handlung des Romans, knapp ein Dutzend Figuren lernt man dabei in längeren und kürzeren Episoden kennen: Menschen, deren Wege sich im Verlauf des Romans immer wieder kreuzen werden zwischen Island und Australien, zwischen Hessen und dem Grund des Zürichsees. Eindrucksvoll stellt Fabian Hischmann unter Beweis, dass die Nominierung für den Preis der Leipziger Messe 2014 für sein Debüt kein Versehen war, sondern ein Versprechen.

Fabian Hischmann wurde 1983 in Donaueschingen geboren. Der Wahlberliner studierte Kreatives Schreiben und Kulturjournalismus in Hildesheim und Leipzig. Sein Romandebüt „Am Ende schmeißen wir mit Gold“ war 2014 für den Preis der Leipziger Buchmesse nominiert.

Moderation: Björn Jager
Ort: Literaturforum im Mousonturm
Eintritt: 7,-/4,- (Vorverkauf)| 8,-/5,- (Abendkasse)

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Donnerstag, 16. Februar 2017, 20 Uhr:
Debütantenball mit Isabelle Lehn & Shida Bazyar

Albert ist ein junger Journalist, der sich in einer Kriegssimulation verloren hat und nun nicht mehr zwischen Realität und Fiktion unterscheiden kann. Behsad und Nahid sind überzeugte Kommunisten im Teheran der 1970er Jahre. Das sind die Startpunkte zweier beeindruckender Debüts, die 2016 erschienen sind. In radikaler Gegenwärtigkeit schildert Isabelle Lehn in Binde zwei Vögel zusammen die Geschichte eines Mannes, der sechs Wochen lang in einem Ausbildungscamp für Soldaten die Rolle eines afghanischen Cafébesitzers spielen musste und diese Rolle danach nicht mehr abstreifen kann. Shida Bazyar erzählt in Nachts ist es leise in Teheran über fast 40 Jahre und in verschiedenen Perspektiven von einer iranischen Familie, die nach der Machtübernahme der Mullahs nach Deutschland flüchtete. So unterschiedlich die beiden Romane auf den ersten Blick wirken, ist ihnen doch etwas gemein: Während der jüngeren Literatur oftmals ein Rückzug ins Innerliche vorgeworfen wird, positionieren sich Lehn und Bazyar dezidiert politisch. Während Isabelle Lehn der Frage nachspürt, in welchem Verhältnis Realität, Fiktion und Narrative in unserer Gegenwart zueinander stehen, steht bei Shida Bazyar neben dem Migrationsdiskurs noch ein ganz anderes Thema im Mittelpunkt: Was muss man aufgeben, wenn man für ein anderes Leben kämpfen will?
Isabelle Lehn, geboren 1979 in Bonn, wurde 2011 im Fach Rhetorik promoviert. Seit 2013 ist sie als Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Deutschen Literaturinstitut in Leipzig in einem Forschungsprojekt tätig, das sich „Literarischen Schreibprozessen“ widmet. Ihrem Debütroman sind mehrere literarische Veröffentlichungen in Literaturzeitschriften und Anthologien vorausgegangen.

Shida Bazyar wurde 1988 in Hermeskeil geboren. Sie studierte Literarisches Schreiben in Hildesheim und lebt in Berlin. Dort betreut sie junge Menschen, die ein Freiwilliges Ökologisches Jahr absolvieren. „Nachts ist es leise in Teheran“ ist ihr erster Roman. Er wurde kürzlich mit dem Ulla-Hahn-Autorenpreis 2016 ausgezeichnet.

Moderation: Björn Jager
Ort: Literaturforum im Mousonturm
Eintritt: 7,-/4,- (Vorverkauf)| 8,-/5,- (Abendkasse)

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Dienstag, 21. Februar 2017, 19.30 Uhr:
Acting Out!
Nora Gomringer & Philipp Scholz: Peng Peng Peng!
Philipp Scholz lauscht. Nora Gomringer atmet ein, Scholz holt aus, Gomringer setzt an, Scholz trommelt, Gomringer spricht und PENG PENG PENG. Es entsteht alte Magie in neuem Gewand: Jazz & Rezitation. Die Mixtur: das Wort und der Takt, gleichermaßen Humor und Tiefsinn, ein Mikrofon, ein Schlagzeug und zwei begnadete Künstler: Nora Gomringer rezitiert eigene Texte sowie Zeilen aus der gesamten Weltliteratur – von Dorothy Parker zur experimentellen Literatur des 20. Jahrhunderts und großen Klassikern. Der Jazz-Drummer Philipp Scholz gibt den Takt an, begleitet Gomringers wilden Wortritt, leitet, stört die Sprecherin und pointiert sie. Gemeinsam sorgen sie auf der Bühne für einen fatallyrischen Knall der Extraklasse.

Präsentiert von Deutschlandradio Kultur und Das Magazin. Mit freundlicher Unterstützung der Dr. Marschner Stiftung, der Kulturstiftung des Freistaates Sachsen und Pro Helvetia.
Nora Gomringer, geboren 1980, leitet das Internationale Künstlerhaus Villa Concordia in Bamberg. Sie schreibt Lyrik, Opernlibretti und Kolumnen. Live auf der Bühne kombiniert sie auf experimentelle Weise Text und Sound miteinander. Ihr Werk wurde zahlreich ausgezeichnet, so auch 2015 in Klagenfurt mit dem Bachmannpreis.

Philipp Scholz, Jahrgang 1990, studierte Jazzschlagzeug in Leipzig. In wechselnden Formationen ist er deutschlandweit und international unterwegs. 2014 gewann er den Jungen Münchner Jazzpreis. Gemeinsam mit Nora Gomringer wird er 2018 die Poetikprofessur der Universität Klagenfurt übernehmen.

Ort: Studio 1 im Mousonturm
Eintritt: 10,-/5,-*
*Vorverkauf erfolgt über www.mousonturm.de

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Dienstag, 28. Februar 2017, 20 Uhr:
„…eine Lektüre, die auf eigene Rechung vorgenommen wird.“
Burkhardt Lindners Studien zu Walter Benjamin
In Kooperation mit dem Philosophischen Kolloquium: Kritische Theorie

Burkhardt Lindner (1943-2015) ist eine Schlüsselfigur der Benjamin-Forschung. Im Zuge der Studentenbewegung gehörte er zu den Pionieren, die Benjamin wiederentdeckt haben. Über vier Jahrzehnte hinweg hat Lindner ihn originell erforscht, ohne sich von den Moden der Benjamin-Rezeption leiten zu lassen. Als Professor an der Goethe-Universität prägte er Generationen Studierender und begeisterte zahlreiche Nachwuchswissenschaftler/innen für Benjamin. Lindner las mit Neugier, Genauigkeit und Offenheit: „Es gibt zum Beispiel einen Eintrag, den zitiere ich gern. Da steht nur, diesmal sogar ohne Quelle: Lyon ist für seinen dichten Nebel bekannt. So – was ist das? Wofür braucht er den dicken Nebel von Lyon für das Paris-Buch? [lacht] Aber irgendwas ist da dran. Wir können es nicht von vornherein herausfinden, aber wir spüren: Da ist was.“ (Lindner im Interview mit Alexander Kluge) Der Band Burkhardt Lindner: Studien zu Benjamin versammelt eine Auswahl seiner wichtigsten Texte zu Benjamin.

Im Gespräch mit Andreas Becker, Felix Lenz, Anja Nowak und Timo Skrandies stellen die Herausgeberinnen Jessica Nitsche und Nadine Werner den Band vor und diskutieren Lindners Thesen mit besonderem Blick auf das ‚Paris-Buch‘, Benjamins unabgeschlossene Passagen-Arbeit.

Ort: Literaturforum im Mousonturm
Eintritt: 7,-/4,- (Vorverkauf)| 8,-/5,- (Abendkasse)

Hessisches Literaturforum im Mousonturm e.V.
Waldschmidtstraße 4
60316 Frankfurt am Main

Abschlussveranstaltung – 30 Jahre Hessisches Literaturforum Mousonturm Frankfurt

Sonntag, 25. Oktober 2015
2 x 30

Literaturforum und Lars Ruppel feiern Geburtstag
Wir schreiben 1985. Gorbatschow wird Generalsekretär der KPdSU und bereitet Glasnost und Perestroika vor, die UN ruft das „Internationale Jahr der UN“ aus, und in Wiesbaden formiert sich erstmals eine rot-grüne Koalition. Im selben Jahr erlebt Hessen zwei weitere schicksalshafte Ereignisse: das Literaturforum wird gegründet, und Lars Ruppel erblickt das Licht der Welt. Drei Dekaden später ist die Sowjetunion untergangen, die UN noch immer für jeden Spaß zu haben und Joschka Fischer von seinen Vereidigungsturnschuhen auf edles Leder umgestiegen. Literaturforum und Lars Ruppel aber machen nach wie vor, was sie am besten können: Spaß haben mit Büchern und Sprache, und an diesem Abend tun sie das aus gegebenem Anlass zusammen – man wird schließlich nur einmal gemeinsam 30. Der Marburger Wortkünstler hat sich extra dafür auf Monate in einen Wald zurückgezogen, um uns in gebotener Ruhe zwischen seltenen isländischen Moosgewächsen ein Jubiläumsprogramm auf den Leib zu schneidern. Was auf uns zukommt? Wir wissen es nicht. Was wir aber wissen: am Ende des Abends werden wir uns Tränen des Lachens aus den Knopflöchern reiben.

Lars Ruppel, wie das Literaturforum Jahrgang 1985, ist einer der bedeutendsten Poetry Slammer Deutschlands. 2007 gewann er mit der „Poetry-Slam-Boygroup“ SMAAT den Teamwettbewerb der deutschen Slam-Meisterschaften, 2014 schließlich wurde er zum Sieger des Einzelwettbewerbs gekührt.

Sein Engagement geht jedoch weit über Wortspiele und Performancekunst hinaus. So etablierte er in Deutschland das Projekt „Weckworte“, in dem er mit Hilfe klassischer Lyrik einen emotionalen Zugang zu Demenzpatienten schafft.

Im Rahmen der Reihe „30 Jahre Hessisches Literaturforum“.

Vorverkauf unter www.mousonturm.de
Zeit: 18 Uhr
Ort: Theatersaal im Mousonturm
Eintritt: 12,-/6,-

November-Programm 2015 im Hessischen Literaturforum Frankfurt

Das Hessische Literaturforum konnte mit Annika Scheffel und Gila Lustiger die beiden aktuellen Robert-Gernhardt-Preisträgerinnen gewinnen, im Novemner (siehe unten) aus ihren ausgezeichneten Romanmanuskripten zu lesen.
Mit Atticus Lish präsentiert das Hessische Literaturforum darüber hinaus den aktuellen PEN/Faulkner-Award-Gewinner – der Sohn des legendären Carver-Lektors Gordon Lish wird seinen Debütroman Vorbereitung auf das nächste Leben vorstellen, der in den USA für großes Aufsehen sorgte.

Der November im Hessischen Literaturforum im Mousonturm e.V. Frankfurt

Dienstag, 3. November 2015, 20 Uhr:
Noch mehr Wege zum Ruhm – Robert Gernhardt und seine Preisträger
Annika Scheffel (Berlin) liest aus „Hier ist es schön“

13 Wege zum Ruhm führte Robert Gernhardt in seinem gleichnamigen Buch von 1995 auf, um künstlerische Unsterblichkeit zu erreichen. Seit 2009 muss ein 14. hinzugefügt werden: Gewinne den Robert-Gernhardt-Preis! Genau das ist Annika Scheffel in diesem Jahr mit dem Manuskript ihres Romans Hier ist es schön gelungen.

Ausgangspunkt des Vorhabens ist das reale Projekt Mars One, bei dem Freiwillige ohne Möglichkeit auf Wiederkehr auf den Mars geschickt werden sollen, um dort eine neue Gesellschaft aufzubauen – vier Menschen sind für diese Reise ins Ungewisse ausgewählt worden. Wie schon in ihren beiden ersten Romanen – Ben und Bevor alles verschwindet – überzeugt Annika Scheffel einmal mehr mit ihrer so leichten wie gleichzeitig poetischen Sprache, so die Jury.

Moderation: Martin Lüdke

Mit freundlicher Unterstützung der Wirtschafts- und Infrastrukturbank Hessen.

Zeit: 20 Uhr
Ort: Studio 1 im Mousonturm
Eintritt: 12,-/6,-

Freitag, 6. November 2015, 20 Uhr:
Vorbereitung auf das nächste Leben
Lesung mit Atticus Lish (USA)

Unterschiedlicher könnten die beiden Protagonisten in Atticus Lishs Roman Vorbereitung auf das nächste Leben kaum sein. In New York, dem vibrierenden Zentrum vielfältigster Kulturen, treffen die illegal eingewanderte uigurische Waise Zou Lei und der vom Irakkrieg traumatisierte Veteran Brad Skinner aufeinander. Die gemeinsame Vorstellung eines romantisierten Outlaw-Lebens, die Faszination für eine Existenz im Unsichtbaren, schafft eine tiefe Verbindung zwischen den beiden – und ist letztendlich doch eine Flucht vor ihren Urängsten: der möglichen Deportation zurück nach China und den psychischen Belastungen durch ein Kriegstrauma.

Atticus Lish legt mit seinem Debüt einen großen, so unsentimentalen wie berührenden Roman vor und stellt zwei Menschen am äußersten Rande einer ohnehin desillusionierten Gesellschaft in den Mittelpunkt. Völlig zu recht erhielt er für dieses Meisterwerk 2015 mit dem PEN/Faulkner Award einen der prestigeträchtigsten Literaturpreise der USA.

Mod.: Jan Wilm
Lesung der deutschen Texte: Isaak Dentler
Zeit: 20 Uhr
Ort: Literaturforum im Mousonturm
Eintritt: 7,-/4,-

Montag, 9. November 2015, 20 Uhr:
Noch mehr Wege zum Ruhm – Robert Gernhardt und seine Preisträger
Gila Lustiger (Paris) liest aus „Die Entronnenen“

Gemeinsam mit Annika Scheffel wurde Gila Lustiger im September mit dem Robert-Gernhardt-Preis ausgezeichnet. Sie erhielt die Auszeichnung für das Manuskript ihres Romans Die Entronnenen, aus dem sie an diesem Abend liest und das die Geschichte des Übergangslagers Zeilsheim und der jüdischen Gemeinde in Frankfurt nach dem zweiten Weltkrieg „ohne Pathos und fast ironisch“ erzählt, wie es in der Jurybegründung hieß.

Das Projekt ist jedoch weit mehr als ein reines, fiktionales Romanvorhaben. Gila Lustiger steigt tief in die Geschichte ihrer eigenen Familie hinab. Die Idee zum Roman entstand bei Recherchen zum Leben ihres Vaters, dem Frankfurter Historiker Arno Lustiger, der nach dem Krieg selbst in einem der sogenannten DP-Camps untergebracht war und anschließend Mitbegründer der jüdischen Gemeinde der Stadt wurde.

Moderation: Ruth Fühner

Mit freundlicher Unterstützung der Wirtschafts- und Infrastrukturbank Hessen.

Zeit: 20 Uhr
Ort: Studio 1 im Mousonturm
Eintritt: 12,-/6,-

Dienstag, 24. November 2015, 20 Uhr:
Zwischen Fluss und Skyline – Renate-Chotjewitz-Häfner-Förderpreis 2015
Preisverleihung und Lesung mit Doris Lerche

Zum fünften Mal wird der Renate-Chotjewitz-Häfner-Förderpreis für Autorinnen in diesem Jahr vergeben. Benannt wurde der Preis nach seiner Stifterin, Renate Chotjewitz-Häfner (1937 – 2008), der langjährigen Vorsitzenden des Verbands deutscher Schriftsteller in Hessen. Besonders am Herzen lag ihr die Literatur von Frauen. Testamentarisch stellte sie einen Geldbetrag für die Förderung von Autorinnen aus Hessen zur Verfügung. Nach Anna Rheinsberg (2011), Ulrike A. Kucera (2012), Nadja Einzmann (2013) und Ursula Flacke (2014) ist in diesem Jahr Doris Lerche die fünfte Trägerin des Renate-Chotjewitz-Häfner-Förderpreises.
Doris Lerche, Jahrgang 1945, studierte Psychologie, Kunstpädagogik und Buchillustration. Seit 1975 arbeitet sie als freie Schriftstellerin, Zeichnerin und als Gestalt-Therapeutin in Frankfurt. Sie war eine der ersten Satirikerinnen der Bundesrepublik, außerdem veröffentlichte sie satirisch-poetische Erzählungen und Romane, mit denen sie ebenso erfolgreich war wie mit ihren Zeichnungen. Doris Lerche war Initiatorin und langjährige Mitarbeiterin der Frankfurter Romanfabrik.

Laudatio: Peter Zingler

Moderation: Alexander Pfeiffer

Eine Veranstaltung des VS Hessen, gefördert vom Kulturamt der Stadt Frankfurt am Main sowie vom Hessischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst

Zeit: 20 Uhr
Ort: Literaturforum im Mousonturm
Eintritt: 7,-/4,-

Hessisches Literaturforum im Mousonturm e.V.
Waldschmidtstraße 4
60316 Frankfurt am Main
Telefon: (069) 24 44 99 41
E-Mail: info@hlfm.de

Das Hessische Literaturforum im Mousonturm e.V. Frankfurt während der Buchmesse

Das Hessische Literaturforum im Mousonturm e.V. Frankfurt während der Buchmesse am 14. und 17. Oktober 2015

Das Hessische Literaturforum freut sich, während der Buchmessensamstag das Lyrikkollektiv „babelsprech“ mit einer Vielzahl an Beteiligten zu Gast haben und den dritten Teil der legendären Lyrik von Jetzt-Anthologie vorstellen zu können. Neben den drei Herausgebern, Max Czollek, Michael Fehr und Robert Prosser, haben sich viele Nachwuchsstimmen angekündigt. Die Veranstaltung beginnt bereits um 19 Uhr, damit Lyrikfans am späteren Abend noch die „Teil der Bewegung“-Veranstaltung oder die Open Party der KollegInnen im Literaturhaus besuchen können.

Das Programm im Einzelnen

Mittwoch, 14. Oktober 2015, 20 Uhr:
Traumschiff
Alban Nikolai Herbst liest

Gregor Lanmeister befindet sich auf einer Reise mit einem Kreuzfahrtschiff – seiner letzten Reise. Er weiß, dass er auf diesem Schiff sterben wird, er hat, wie er sagt, das „Bewusstsein“. Und er weiß, dass er nicht alleine ist: unter all den Passagieren befinden sich 144 Menschen, die sein Schicksal teilen. Einige von ihnen wissen noch nicht, dass sie gekommen sind, um zu sterben, andere haben das Bewusstsein schon erlangt. Und obwohl Lanmeister um sein nahendes Ende weiß und zudem schon lange das Sprechen eingestellt hat, nimmt er doch rege am Leben an Deck teil, sucht die Nähe zu einer so eigenwilligen wie illustren Runde von Mitreisenden, verbringt Zeit mit einem Kreuzworträtsel lösenden Clochard, erinnert sich an die ersten Tage an Bord mit Monsieur Bayoun und liebt heimlich die Schiffspianistin Kateryna.

Nach der sprachlich wie inhaltlich hochkomplexen Anderswelt-Trilogie ist Alban Nikolai Herbsts Roman Traumschiff eine der Überraschungen der Buchsaison. Mit großer Sanftheit wendet er sich seinem Protagonisten in dessen letzter Lebensphase zu, der sich in einem flimmernden Kosmos zwischen Realität und Phantasie von seiner Existenz löst. In leisen Tönen und mit zärtlichem Witz wahrt Herbst die Würde des Sterbenden, der den ihm bevorstehenden Tod akzeptiert und vielleicht gerade deshalb mit jedem vergehenden Tag eine intensivere Weltwahrnehmung gewinnt.

Mod.: Harry Oberländer
Zeit: 20 Uhr
Ort: Literaturforum im Mousonturm
Eintritt: 7,-/4,-

Samstag, 17. Oktober 2015, 19 Uhr:
babelsprech stellt vor: „Lyrik von Jetzt 3″
Mit Carolin Callies, Lea Schneider, Max Czollek, Martin Piekar u.a.

2003 wagten sich Björn Kuhligk und Jan Wagner an die Herkulesaufgabe, die damalige junge Lyrikszene nach den interessantesten Stimmen zu durchforsten. Das Resultat war die heute legendäre Anthologie Lyrik von Jetzt, der 2008 ein zweiter Band folgte. Nun haben Kuhligk und Wagner den Staffelstab an das Lyrikkollektiv babelsprech übergeben. Die Babelsprech-Kuratoren Max Czollek (D), Michael Fehr (CH) und Robert Prosser (A) haben drei Jahre lang die deutschsprachige junge Lyrik vernetzt, eine Internetplattform  ins Leben gerufen und Veranstaltungen in drei Ländern organisiert. Die Veröffentlichung von Lyrik von Jetzt 3 bildet nun den Höhepunkt der gemeinsamen Arbeit und präsentiert die Texte einer neuen, lebendigen Generation von LyrikerInnen.

Neben den Herausgebern Max Czollek, Michael Fehr und Robert Prosser sind an diesem Abend dabei: Ianina Ilitcheva, Max Oravin, Michelle Steinbeck, Anna Ospelt, Lea Schneider, Tristan Marquardt, Martin Piekar und Carolin Callies.

Und im Anschluss? Da gibt’s Musik von DJ Janeck Altshuler.

Auf Initiative der Literaturwerkstatt Berlin und des Literaturhauses Wien, in Kooperation mit Literatur Lana, Kaufleuten Zürich, dem Robert Walser-Zentrum sowie dem Wallstein Verlag startete im September 2013 das zweijährige Projekt zur Förderung junger deutschsprachiger Lyrik. Das Projekt wird gefördert von der Kulturstiftung des Bundes (Deutschland), vom Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur (Österreich) und von Pro Helvetia, Schweizer Kulturstiftung.

Zeit: 19 Uhr
Ort: Literaturforum im Mousonturm
Eintritt: 7,-/4,-

Hessisches Literaturforum im Mousonturm e.V.
Waldschmidtstraße 4
60316 Frankfurt am Main

Tel.: 069 – 24 44 99 41
Fax: 069 – 24 44 99 39;