Literaturhaus Villa Clementine: Preisverleihung und Veranstaltungen im Juni

© Foto: Diether v. Goddenthow
© Foto: Diether v. Goddenthow

Am Mittwoch, 6. Juni, 20 Uhr, erhält der große Schriftsteller und Lyriker Christoph Meckel den Lyrikpreis Orphil der Landeshauptstadt Wiesbaden. Die Lyrikerin Sibylla Vričić Hausmann wird mit dem Debütpreis ausgezeichnet. Im Rahmen einer feierlichen Preisverleihung im Literaturhaus Villa Clementine, Frankfurterstraße 1, werden die Preise übergeben. Außerdem ist der renommierte Autor Gert Loschütz im Rahmen des Frankfurter Festivals „literaTurm“ vor der Sommerpause ebenso im Literaturhaus zu Gast wie die bereits zweimal für den Deutschen Buchpreis nominierte Autorin Angelika Klüssendorf. Im Juli und August verabschiedet sich das Team des Literaturhauses in die Sommerpause.

Der Schriftsteller Christoph Meckel wird mit dem Lyrikpreis Orphil der Landeshauptstadt Wiesbaden ausgezeichnet. Eine Fachjury, bestehend aus Björn Jager, Leiter des Hessischen Literaturforums im Mousonturm, dem Literaturredakteur Alf Mentzer und der freien Literaturkritikerin Beate Tröger, hat sich einstimmig für den Preisträger entschieden. Kulturdezernent Axel Imholz übergibt die mit 10.000 Euro dotierte Auszeichnung an Christoph Meckel für sein Lebenswerk und insbesondere für den 2017 erschienenen Band „Kein Anfang und kein Ende. Zwei Poeme“ (Carl Hanser Verlag). Mit Christoph Meckel zeichnet die Jury einen vielseitigen Schriftsteller aus, dessen „über Jahrzehnte gewachsenes literarisches Werk sich in die abendländische Dichtungstradition ein- und sie fortschreibt“ – Beate Tröger lobt besonders, dass die Gedichte in bewegenden Bildern künstlerischen Schöpfergeist, die Schönheit und die Schrecken des menschlichen Daseins zelebrierten. Zudem zeichnet die Jury die 1979 in Wolfsburg geborene Lyrikerin Sibylla Vričić Hausmann aus. Sie erhält für ihren Gedichtband „3 Falter“ (poetenladen Verlag) den mit 2.500 Euro dotierten Orphil-Debütpreis. Hausmann erkunde in vierzehn Triptychen Begehren und Verwundungen, variiere wagemutig Sprachmaterial und reflektiere in so poetischen wie analytisch scharfen Bildern Facetten weiblicher Identität über Jahrhunderte hinweg, so Björn Jager. Die musikalische Umrahmung der Preisverleihung übernimmt die aus Wiesbaden stammende Baritonsaxophonistin Kira Linn. Sie wird am Klavier von Lukas Moriz begleitet. Vergeben wird der Orphil-Preis alle zwei Jahre an Lyriker oder Lyrikerinnen, die mit ihrem Werk Stellung beziehen und sich politischen wie stilistischen Moden zu widersetzen wissen. Stifterin ist Ilse Konell, die Witwe des 1991 verstorbenen und viele Jahre in Wiesbaden lebenden Dichters George Konell. Die Preisverleihung findet an dessen Geburtstag, dem 6. Juni statt. Die Moderation hat Alf Mentzer (hr2-kultur); Veranstalter ist das Kulturamt Wiesbaden in Kooperation mit hr2-kultur. Der Eintritt ist frei.

Die Autorenlesung mit Gert Loschütz findet im Rahmen des Frankfurter Festivals „literaTurm“ am Donnerstag, 7. Juni, 19.30 Uhr, im Literaturhaus Villa Clementine statt. Die Moderation hat Christoph Schröder (SZ und Die ZEIT). Gert Loschütz ist ein Meister der präzise beobachteten Details, die alle dazu dienen, Erinnerung zu rekonstruieren. Ein mitunter schwieriges Unterfangen, das nie bequem geradlinig verlaufen kann und bei dem stets ein Restgeheimnis bleibt. Diese Erfahrung macht auch Philipp Karst in „Ein schönes Paar“, als er sich nach dem Tod seiner Eltern mit deren Liebes- und Trennungsgeschichte auseinandersetzt. Der Erzähler folgt als Fotograf dabei einem assoziativen Prinzip, fügt zusammengesuchte Erinnerungen wie eine Collage ineinander. Die Eltern Herta und Georg – sie in der Modebranche, er Soldat – waren ein schönes Paar. Doch der Krieg und die spätere Flucht in den Westen bergen bereits den Keim des Unglücks in sich. Als sich die beiden trennen, ist der Erzähler grade erst zehn Jahre alt. Nun, Jahrzehnte später bei der Auflösung des väterlichen Haushalts, setzt Philipp die verschiedenen Erinnerungsfragmente neu zusammen, umkreist wichtige Stationen wie die Kindheit in der DDR, die Flucht in den Westen, die Trennung der Eltern und das Verschwinden der Mutter. Behutsam nähert er sich den Eltern an und versucht dabei, seine Hoffnung auf deren lebenslange Verbundenheit bestätigen zu können. Gert Loschütz – selbst als Kind mit seiner Familie aus der DDR geflüchtet – erzählt in seinem atmosphärisch dichten Roman davon, wie Geschichte und Politik in das private Leben von Menschen eingreifen und dieses zur Zerreißprobe machen. 1946 in Genthin geboren, arbeitet Loschütz seit 1970 als Schriftsteller, auch für das Theater und den Hörfunk. Er erhielt zahlreiche Preise und Stipendien, unter anderem den Oldenburger Kinder- und Jugendbuchpreis (1986) und den Rheingau Literaturpreis (2005). Sein Roman „Dunkle Gesellschaft“ stand 2005 auf der Shortlist des Deutschen Buchpreises. Zuletzt erschien der Erzählband „Das erleuchtete Fenster“ (2007). „Ein schönes Paar“ ist nominiert auf der SWR-Bestenliste März 2018. Der Autor lebt mit seiner Familie in Berlin. Karten im Vorverkauf gibt es für acht, ermäßigt fünf Euro zuzüglich Vorverkaufsgebühr in der Tourist Information Wiesbaden, Marktplatz 1, Telefon (0611) 1729930, bei der TicketBox in der Wiesbadener Galeria Kaufhof, Kirchgasse 28, Telefon (0611) 304808, sowie online unter www.wiesbaden.de/literaturhaus. An der Abendkasse kosten die Karten elf, ermäßigt acht Euro. Veranstalter sind das Kulturamt Frankfurt am Main und das Literaturhaus Villa Clementine im Rahmen von „literaTurm 2018“, gefördert vom Kulturfonds Frankfurt RheinMain.

Am Mittwoch, 13. Juni, 19.30 Uhr, lädt das Literaturhaus Villa Clementine zur Autorenlesung mit Angelika Klüssendorf ein. Die Moderation hat Shirin Sojitrawalla (DLF und taz). Mit „Jahre später“ beendet Angelika Klüssendorf ihre beeindruckende Trilogie um die Figur April – eine wütend-verletzliche junge Frau auf der Suche nach ihrem Platz im Leben. Während der Leser sie in „Das Mädchen“ als Heranwachsende aus schwierigen Verhältnissen kennengelernt hat, erzählte die Fortsetzung „April“ vom Erwachsenwerden und der Übersiedlung von der DDR in die Bundesrepublik. Beide autobiografisch gefärbten Romane standen auf der Shortlist zum Deutschen Buchpreis. Mittlerweile ist April 30 Jahre alt, alleinerziehend und lebt im Jahr 1989 in West-Berlin als Schriftstellerin. Bereits als Kind hat sie sich in andere Welten geträumt, wenn sie wieder im Keller eingesperrt war. Die Literatur war ihr Rettungsanker. Das Interesse für Literatur verbindet sie auch mit Ludwig, Chirurg aus Hamburg, den sie bei einer Lesung kennenlernt. Sie ist gleichzeitig abgestoßen und angezogen von seiner vereinnahmenden Art. Es ist nicht Sympathie, die sie zusammenführt. Es ist eine andere Form der Anziehung: Intensität. Sie verbindet zwei radikale Einzelgänger in ihrer Sehnsucht nach gemeinsamen rauschhaft er-lebten Momenten. In einer reduzierten Sprache und messerscharfen Sätzen erzählt Angelika Klüssendorf von dieser schicksalhaften Begegnung und der daraus resultierenden zerstörerischen Ehe. Als Leser wünscht man bis zuletzt, dass die toxische Partnerschaft doch gelingen möge, und zugleich, dass es endlich ein Ende hat mit den beiden. Angelika Klüssendorf, geboren 1958 in Ahrensburg, lebte von 1961 bis zu ihrer Übersiedlung 1985 in Leipzig; heute lebt sie in der Nähe von Berlin. Sie veröffentlichte unter anderem die Erzählungen „Sehnsüchte“ und „Anfall von Glück“, den Roman „Alle leben so“, die Erzähl-bände „Aus allen Himmeln“ und „Amateure“. Karten im Vorverkauf zu zehn, ermäßigt acht Euro zuzüglich Vorverkaufsgebühr gibt es bei der Tourist Information Wiesbaden, Marktplatz 1, Telefon (0611) 1729930, der TicketBox in der Wiesbadener Galeria Kaufhof, Kirchgasse 28, Telefon (0611) 304808, sowie online unter www.wiesbaden.de/literaturhaus. An der Abendkasse kosten die Karten 13, ermäßigt neun Euro. Veranstalter ist das Literaturhaus Villa Clementine.