Jubiläen, Neuerwerbungen und ein Sensationsfund für das Museum Wiesbaden: Adolf Hölzel, Lesende

Museum Wiesbaden Hölzel Lesende Foto: Bernd Fickert
Museum Wiesbaden Hölzel Lesende Foto: Bernd Fickert

2022 war ein bewegtes Jahr für die Sammlungspräsentation des 20. Jahrhunderts im Wiesbadener Landesmuseum. Neben Sonderausstellungsprojekten zu großen Namen wie Frank Stella oder Ernst Wilhelm Nay, gibt es Neues in der Sammlung zu entdecken: Ankäufe und Schenkungen von Dietrich Helms, Ida Kerkovius und Winston Roeth. Ein besonderes Ereignis für die museale Sammlung ist die Wiederentdeckung eines verschollenen Glasfensters von Adolf Hölzel.

Das bislang im Werkverzeichnis als verschollen geführte, originale Glasfenster „Lesende“ (1926) des Stuttgarter Künstlers Adolf Hölzel, einer der Pioniere der abstrakten Kunst, ist für das Museum Wiesbaden ein Sensationsfund. Mit diesem bedeutenden Ankauf ist nach der Restitution des Hölzel-Gemäldes Prozession im Jahr 2020 an die Erben von Ernst und Gertrud Flersheim wieder ein spätes Werk des Künstlers in der Sammlung. Das vielteilige Glasfenster (über 650 Scheiben) wurde zunächst aufwendig restauriert. Das Werk verbindet – wegweisend erleuchtet durch den Einsatz sparsamer LED-Technik – die Jugendstilabteilung im ersten Stock mit dem Aufbruch der Moderne im Erdgeschoss des Museums Wiesbaden. Das Glasbild „Lesende“ ist eines von nur vier Fenstern, die Hölzel für zumeist industrielle Auftraggeber ausführte – 1918 in Hannover für den Festsaal der Firma Bahlsen, 1928/29 für das Rathaus in Stuttgart und 1932, erneut in Hannover, für den Konferenzsaal der Pelikan-Werke. 1926 beauftragte Dr. Willi Fulda in der Lausitz (Schlesien) das schmales Glasfenster „Lesende“ für die Bibliothek des von ihm geleiteten „Lauta“-Werks. Jetzt wird es nun im Museum Wiesbaden präsentiert, nachdem es über ein Kölner Auktionshaus aus Privatbesitz erworben werden konnte.

Ebenso hat sich in den Galerieräumen des Museums einiges getan: In den neu eingerichteten Jawlensky-Räumen findet man nicht nur Werke der mit dem Maler viele Jahre liierten Marianne von Werefkin, sondern auch seiner Weggefährtinnen Natalia Gontscharowa, Maria Marc, Gabriele Münter oder Ida Kerkovius. Von letzterer wird der erst seit 2021 in der Sammlung befindliche Bauhaus-Teppich Hommage à Kandinsky mit den geometrischen Abstrakten Köpfen Jawlenskys kombiniert. Schließlich wird der vor wenigen Wochen verstorbene und dem Museum Wiesbaden über drei Jahrzehnte sehr verbundene Objektkünstler, Maler und Zeichner Dietrich Helms (1933-2022) durch die erstmalige Präsentation eines seiner seltenen frühen Rauten-Bilder geehrt. Dieses ist 1956 unter dem Eindruck der kurz zuvor von ihm besuchten Lehrveranstaltung Ernst Wilhelm Nays in der Landeskunstschule Hamburg entstanden und wurde vom Künstler 2018 dem Museum Wiesbaden überlassen. Helms wird im Kontext des De Stijl-Künstlers Friedrich Vordemberge-Gildewart gezeigt, dessen schriftlichen Nachlass er nicht nur erforscht hat; er war auch daran beteiligt, dass dieser 1997 von der schweizerischen Stiftung Vordemberge-Gildewart dem Museum Wiesbaden in Gänze (inkl. der Briefwechsel mit so bedeutenden Künstlern wie Hans Arp, Theo van Doesburg oder Piet Mondrian) übergeben wurde.

Aus dem Bereich der Malerei der Gegenwart ist neben Eva Hesse, Ellsworth Kelly, Robert Mangold, Albert Oehlen, Andy Warhol und Gerhard Richter eine Arbeit des amerikanischen Malers Winston Roeth zu erwähnen, die der Künstler anlässlich seiner Ausstellung „Speed of Light“ 2020 dem Museum geschenkt hat. Eine Arbeit auf Holz, die im Pendant zur Farbmalerei von Otto Ritschl für einen besonderen Schwerpunkt des Hauses steht.

Museum Wiesbaden