Verleihung des 27. Mainzer Kunstpreises- Eisenturm 2017 und Ausstellungseröffnung „Die Gedanken sind frei“ im MVB-Forum Mainz

v.li.n.r.:Dietmar Gross, Vorsitzender des Kunstvereins Eisenturm e.V., Ingrid Sonntag Ramirez Ponce, 2. Preis für „Eva die Erkenntnis“ ,  Thomas Bühler 1. Preis für „Trojanische Freiheit“ . Uwe Abel, Vorstandsvorsitzender der Mainzer Volksbank. Foto: Diether v. Goddenthow
v.li.n.r.:Dietmar Gross, Vorsitzender des Kunstvereins Eisenturm e.V., Ingrid Sonntag Ramirez Ponce, 2. Preis für „Eva die Erkenntnis“ , Thomas Bühler 1. Preis für „Trojanische Freiheit“ . Uwe Abel, Vorstandsvorsitzender der Mainzer Volksbank. Foto: Diether v. Goddenthow

„Die Gedanken sind frei“ so lautete das diesjährige Thema  zum 27. Mainzer Kunstpreis, der  am 2. November 2017 im MVB-Forum der Mainzer Volksbank in Mainz feierlich verliehen wurde:  Der erste Preis ging an Thomas Bühler für sein Werk „Trojanische Freiheit“, den zweiten Preis erhielt INK Sonntag-Ramirez Ponce für ihr Werk „Eva – die Erkenntnis“, und der Preis wurde Thorsten Böhm für sein Bild „Imprisoned Minds“ zuerkannt.

Der mit insgesamt 10 000 Euro dotierte Mainzer Kunstpreis wird von der Mainzer Volksbank gesponsert und vom Kunstverein Eisenturm Mainz e.V. in Gedenken an Hans-Jürgen Imiela ausgerichtet. Das vorgegebene Thema lautete in diesem Jahr „Die Gedanken sind frei“, wobei es hintergründig um die Fragen ging, ob die Gedanken momentan wirklich frei sind, ob unsere Gesellschaft, unsere Kultur, unsere Demokratie stark genug ist, die Freiheit des Denkens (die Meinungsfreiheit) zu gewährleisten. Kann die Kunst entsprechende Denkanstöße bieten, etwa gerade durch die Pluralität ihrer Ausdrucksformen? Die Arbeiten sollten als Zeichnung ausgeführt werden und eine maximale Größe, einschließlich Rahmen, von 150 x 150 cm nicht überschreiten.

In seinen Begrüßungsworten hob der Vorstandsvorsitzende der Mainzer Volksbank, Uwe Abel, die Bedeutung der Kunst als gesellschaftliches Korrektiv hervor und betonte: „Wir freuen uns auf diese Ausstellung und danken dem Kunstverein Eisenturm für diese, wie auch die vielen bisherigen großartigen Ausstellungen in unseren Räumen.“

Der bekannte freie Maler Dietmar Gross, Vorsitzender des Kunstvereins Eisenturm, dankte in seinem Grußwort der Stifterin des Mainzer Kunstpreises, der Mainzer Volksbank, dafür, dass diese die Preisvergabe seit über 27 Jahre ermögliche, wodurch der Mainzer Kunstpreis – auch über Mainzer Grenzen hinweg – inzwischen einen hohen Bekanntheitsgrad erreicht habe.
Auch in diesem Jahr zeugten über 350 Bewerbungen aus ganz Deutschland vom bundesweit hohen Renommee, so Dietmar Gross.
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Bevor die Sieger gekürt wurden, nannte der Kunstvereinsvorsitzende alle in diesem Jahr in die engere Auswahl gelangten und im MVB-Forum mit ihren Werken vertretenen Künstlerinnen und Künstler und bat diese nach vorne.

Anschließend übergaben Dietmar Gross und Uwe Abel gemeinsam die drei Preise: Thomas Bühler erhielt 5.000 Euro, Ink Sonntag-Ramirez Ponce 3.000 Euro und Thorsten Böhm – nicht anwesend – 2.000 Euro.

Super Laudatio von Kulturwissenschaftlerin Dr. Nicole Nieraad-Schalke. Foto: Diether v. Goddenthow
Super Laudatio von Kulturwissenschaftlerin Dr. Nicole Nieraad-Schalke. Foto: Diether v. Goddenthow

Die Kulturwissenschaftlerin Dr. Nicole Nieraad-Schalke lud bei ihrer anschließenden Laudatio das anwesende Publikum zunächst zu einem fulminanten gedanklichen Rundgang durch die Ausstellung ein, bevor sie äußerst gekonnt die preiswürdigen inhaltlichen und technischen Aspekte der Siegerwerke auf den Punkt brachte.

 

 

 

Dritter Platz für „Imprisoned Minds“

„Imprisoned Minds“  von Thorsten Böhm
„Imprisoned Minds“ von Thorsten Böhm

Beim großformatigen Mischtechnik-Werk „Imprisoned Minds“ für den dritten Preis des Hamburger Künstlers Thorsten Böhm sorgten Fineliner und Schraffur mit dem feinen Airbrush-Farbstaub für „bestechend realistische Effekte“, die aber durch den Kollage-Eindruck bewusst wieder durchbrochen würden, wodurch „ein zeitgemäßes Frauenporträt voller Intensität, voller Kraft und auch voller Widersprüchlichkeit“ entstünde, so Dr. Nicole Nieraad-Schalke. Ein harter spitzer Stacheldrahtkranz, Symbol der Unterdrückung und Unfreiheit, drücke sich schmerzhaft auf den Kopf der Porträtierten und werfe für uns Betrachter zahlreiche Fragen auf, etwa, wo Stacheldraht die wahre Selbstbestimmung behindere, wo brutale Eingrenzung das Ausleben von Kreativität und Persönlichkeit ersticke und durch was Mut, Freiheit und Frieden in mir persönlich gedämmt würden. Dabei läge die Parallele zur Dornenkrone Jesu, biblisches Symbol für Sünde und Trennung von Gott, aber auch für die Entscheidung für einen freien Willen, auf der Hand, erläuterte die Laudatorin.

Zweiter Platz für „Eva die Erkenntnis“

„Eva die Erkenntnis“ Ingrid Sonntag Ramirez Ponce
„Eva die Erkenntnis“ Ingrid Sonntag Ramirez Ponce

In der Arbeit „Eva die Erkenntnis“ von Ingrid Sonntag Ramirez Ponce, der hessisch-sprechenden Trägerin des Zweiten Mainzer Kunstpreises, sei meisterhaft gelungen, „jedes skeptische Runzeln, jede begrenzende Hautpartie, ja den Schattenwurf eines Haares fotorealistisch einzufangen“, so Dr. Nicole Nieraad-Schalke. Unsere Blicke verfingen sich im erstaunlichen Detailreichtum der porträtierten Eva. Die Schönheit ihrer Zeichnung nähme uns Betrachter gefangen und raube den Atem. „Gleichzeitig lädt die Arbeit ein, universale Symboliken zu entschlüsseln und tieferliegende Wahrheiten zu erkennen“, so die Laudatorin. Verführerische Sinnlichkeit wäre in der Zeichnung allgegenwärtig, wobei jedoch offen bliebe, „ wer oder was verführt: Der verlockend baumelnde Apfel? Eva mit nackter Schulter, funkelndem Ohrring und korrekten Haar? Oder der mysteriöse Schattenwerfer, der Evas Aufmerksamkeit derart fesselt?“, konstatiert die Laudatorin.
Auf einer tieferen Ebene werde in dieser bildlich dargestellten Bibelstelle deutlich, dass Menschen keine programmierbaren unschuldigen Roboter seien, sondern eben einen freien Willen besäßen und sich zwischen Gut und Böse entscheiden könnten, wobei sich in Evas Blick Skepsis spiegelten, „aber auch reifende Erkenntnis darüber, dass schon diese Wahlmöglichkeit den Weg zu einem eigenverantwortlichem Leben freimacht und so zu tatsächlicher Freiheit führt“, so Dr. Nicole Nieraad-Schalke. Für diese Erkenntnis müsse die Dame noch nicht einmal in den Apfel hineinbeißen.

Erster Platz „Trojanische Freiheit“

„Trojanische Freiheit“  Thomas Bühler
„Trojanische Freiheit“ Thomas Bühler

Über den Apfel, „der“ schon in der griechischen Mythologie der schönsten der drei Göttinnen Hera, Athene oder Aphrodite überreicht werden sollte und woraus infolge des Streites darüber der trojanische Krieg entbrannte, gelang Dr. Nicole Nieraad-Schalke eine originelle Überleitung zum Sieger-Werk „Trojanische Freiheit“ von Thomas Bühler.
Mit virtuosem Bleistiftstrich und gesellschaftskritischer Symbolik habe der Berliner die trojanische Freiheit auf Karton gebannt in einem Stil, „der dem fantastischen Realismus zugeordnet werden könnte“, so die Laudatorin. Zunächst entdeckten wir Betrachter „eine Art dirigierte Zirkusparade, die an der geöffneten Berliner Mauer und einem DDR-Wachturm vorbeifährt“. Diese Parade ähnelte jedoch sehr stark einer Kriegsparade in deren Mittelpunkt ein eintechnisiertes Trojanisches Pferd dominiere, „getarnt hinter vermeintlich harmlosen Elementen westlicher Kultur: Micky Mouse, Donald Duck oder Pinocchio. Ein „gar tierartiges Ungeheuer in Polizeiuniform“ hielte „das Konfliktpotential in Schach, während daneben ein in Ketten gelegter Berliner Bär für Freiheit demonstriert“, so die Laudatorin. Der lohnende mikroskopische Blick auf’s Werk gäbe uns Rätsel auf, „vor allem die Frage, auf welcher Seite der Mauer – räumlich und symbolisch – wir uns hier eigentlich befinden“, so Dr. Nicole Nieraad-Schalke.

Dem Berliner Thomas Bühler gelänge es, „mit seiner hervorragenden Technik und die ausdrucksstarken Symbole trefflich in uns Betrachtern die Freude am Entschlüsseln zu wecken, und uns damit in eine tiefe, inhaltliche Diskussion über vermeintliche und echte Freiheit zu führen“, so die Laudatorin. Wie aktuell die von Thomas Bühler gewählte Thematik sei, „offenbarte die allgegenwärtige Überwachung während des Einheitsfestes hier in Mainz vor vier Wochen. Aus all diesen Gründen gratulieren wir Thomas Bühler ganz herzlich zu seinem überaus verdienten ersten Platz.“, so Dr. Nicole Nieraad-Schalke.

(Diether v. Goddenthow /Rhein-Main.Eurokunst)

Die Ausstellung „Die Gedanken sind frei“ im MVB-Forum der Mainzer Volksbank, Neubrunnenstr. 2 in Mainz, ist noch bis Freitag, 12.01.2018, montags bis freitags von 9:00 bis 18:00 Uhr, zu sehen.