Nachdem 2016 der Rosenmontagszug wegen einer Sturmwarnung abgesagt werden musste, hatte Petrus dieses Jahr allen Unkenrufen zum Trotz ein Herz für Narren: Bei frühlingshaften Temperaturen und wechselnder Bewölkung mit längerem Sonnenphasen haben gut 550 000 Zuschauer den Rosenmontagszug in der rheinland-pfälzischen Landeshauptstadt gesäumt, so die Schätzungen des Mainzer Carneval-Vereins (MCV).
Mit 154 Zugnummern und fast 10 000 aktiven Teilnehmern war der diesjährige 9,5 Kilometer lange Mainzer Rosenmontagszug der längste in Deutschland, noch vor dem Kölner Zoch mit 7,5 Kilometern und dem Düsseldorfer Zoch mit 5,5 Kilometern. Damit wäre aber das absolute Maximum in Mainz erreicht, da man beim Aufstellungsplatz für den Zug an die Grenzen gestoßen sei, erläuterte Zugleiter Markus Perabo die Situation.
In diesem Jahr kriegten vor allem Trump und Erdogan ihr Fett weg.
Ebenso originell und bissig „aufgespießt“ wurden auch die Aufregerthemen: „Brexit“, „Rente mit 90“, „Rechtspopulismus“ , „Fluglärm“, „Abgas-Ablass“, „FSV Mainz 05“, aber auch: „500 Jahre Luther“, „Vorlesemuffel Mann“ und die digitale Übertreibung als „Äppelution“ . Dieser Motivwagen zeigte die Evolution vom Affen über den Menschen zum IPhone-Anwender.
US-Präsident Donald Trump wurde als Trump-el-tier im sprichwörtlichen Porzellanladen vorgeführt, aber eigentlich wohlwollend, da man – wie in Mainz traditionell üblich – mehr Wert auf eine liebevolle, ästhetisch anmutende Gestaltung legt.
So ist avancierte auch Erdogan, der mit einem Trecker symbolisch die Meinungsfreiheit, Pressefreiheit und Demokratie rücksichtslos niedermäht, eher zu einem herrlichen Kunstwerk.
Angeführt wurde der Rosenmontagszug von der Mainzer Ritter Gilde als Zugnummer 1. Hinter ihr rollte der Wagen, der das diesjährige Fastnachtsmotto „De Dom gehört zu Meenz am Rhoi, wie Fassenacht, Weck, Worscht un Woi“ symbolisiert. Diesem folgten die Mainzer Schwellköpp.
Neben den Motivwagen sorgten über 70 auf den ganzen Zug verteilte Musikgruppen mit 2.300 Musikern für gute Stimmung.
Der Bogen war dabei weit gespannt: von den 1857 in Mainz gegründeten Haubingern, über die Donzdorf’r Noda-Biag’r in Katzenmasken und den Winterthurern Guggenmusikern „Kyburg Geister“ bis hin zu den Landgräflichen Stadtpfeifern, die in diesem Jahr das erste Mal dabei waren.
32 Zugpferde großer Wagen, 120 Reiter und 92 Fahnen- und Schwellkoppträger sowie unzählige Aktive diverser Sportvereine und Institutionen nahmen teil. Gut 160 Tonnen Süßigkeiten, aber auch Schwämme, Fliegenklatschen und sonstige Nonfoods wurden unters Volk gestreut.
Die Stimmung war gelassen, heiter und friedlich. Das Sicherheitskonzept der Stadt Mainz und der Mainzer Polizei, die zur Beruhigung der Narren höchst willkommen war, ist voll aufgegangen.
Gegen 16.30 Uhr endete für die letzten Zugteilnehmer am Münsterplatz der Rosenmontagszug, dieses Jahr ohne die traditionelle „Zug-Ente“. Der hierfür mit einer Ente übergestülpte 30 Jahre alte VW-Käfer hatte gestreikt. Das könnte vermutlich ein Maderschaden gewesen sein, vermutet MCV-Sprecher Michael Bonewitz.
Der Stimmung tat das aber keinen Abbruch. Gefeiert wurde noch bis in die frühen Morgenstunden, denn erst am „Aschermittwoch ist alles vorbei“. Nicht ganz: So laden zahlreiche Institutionen zum traditionellen Heringsessen ein und die Parteien CDU, SPD, FDP und Die Linke zu Abendveranstaltungen wie: „Fastnastsbeichte“ und „Politischem Aschermittwoch“.