Landtag Rheinland-Pfalz feiert Richtfest am Deutschhaus – Ein lebendiger Ort der Demokratie

Das Deutschhaus, seit 1951 Sitz des rheinland-pfälzischen Landtags wird seit 2016 generalsaniert. Noch zieren Gerüste den barockem Profanbau. ©  Foto: Diether  v Goddenthow
Das Deutschhaus, seit 1951 Sitz des rheinland-pfälzischen Landtags wird seit 2016 generalsaniert. Noch zieren Gerüste den barockem Profanbau. © Foto: Diether v Goddenthow

Bei herrlichem Spätsommerwetter feierte der Landtag Rheinland-Pfalz am 28. August 2019 mit allen am Bau Beteiligten, den Landtagsabgeordneten und mit zahlreichen weiteren Ehrengästen das Richtfest am Deutschhaus, welches seit 1951 Sitz des rheinland-pfälzischen Landtags ist. Seit Januar 2016 wird das Parlamentsgebäude erstmals seit 65 Jahren generalsaniert. Ende 2020  soll das Gebäude wieder genutzt werden. Das Deutschhaus, welches völlig entkernt wurde, wird hinter der barocken Fassade energieeffizient, barrierefrei und nachhaltig für einen modernen Parlamentsbetrieb generalsaniert. Das Gebäude wurde hierfür komplett entkernt, das Restaurant aus den 1950iger Jahren abgerissen und an seiner Stelle ein 300 Quadratmeter großer neuer Anbau für das neue Landtagsrestaurant sowie für Besprechungs- und Besucherräume errichtet. Landtagspräsident Hendrik Hering freute sich, dass sich das komplexe Großprojekt im Zeit- wie auch im Kostenplan befindet. Insgesamt soll die nachhaltige Sanierung des historischen Bauwerks rund 60 Millionen Euro kosten.

Gruppenfoto: die  Vorsitzenden das Landtagsfraktionen mit  Landtagspräsident und Architekten beim Richtfest. ©  Foto: Diether  v Goddenthow
Gruppenfoto: die Vorsitzenden das Landtagsfraktionen mit Landtagspräsident und Architekten beim Richtfest. © Foto: Diether v Goddenthow

Landtagspräsident Hendrik Hering begrüßte unter anderem Staatsministerin Doris Ahnen, Staatssekretär Clemens Hoch und für die Landeshauptstadt Mainz Oberbürgermeister Michael Ebling. Stellvertretend für alle Mitglieder des Landtags hieß er die Fraktionsvorsitzenden Alexander Schweitzer, Christian Baldauf, Uwe Junge, Cornelia Willius-Senzer und Dr. Bernhard Braun herzlich willkommen, ebenso den ehemaligen Vizepräsidenten Herrmann Schnabel. Er bedauerte, dass Joachim Mertes, der von 2006 bis 2016 Landtagspräsident war, diesen Tag nicht mehr erleben durfte.
Das Deutschlandhaus sei ein Haus mit großer Geschichte, das aktuell – wie in der Vergangenheit bereits häufiger erlebt – ein neues Innenleben erhält, so der Landtagspräsident.

Das Deutschhaus wurde als Ordensritterpalais von Anselm Franz Freiherr von Ritter zu Groenesteyn unter Einfluss des französischen Barock bis 1737 fertiggestellt und von namhaften Künstlern wie dem Augsburger Freskomaler Christoph Thomas Scheffler, der Würzburger Stuckatoren-Familie Castelli und dem Mainzer Hofbildhauer Burkard Zamels zu einem der prächtigsten Profangebäude im Kurmainzer Raum ausgestaltet. Während der kurzlebigen Mainzer Republik, welche als erste Demokratie auf deutschem Boden gelten kann, wurde das Gebäude als Sitz des Rheinisch-Deutschen Nationalkonvents als Parlament bis 1793 genutzt. Hierzu mussten die Protagonisten der Mainzer Republik zum ersten Mal das Innenleben des Deutschhauses verändern. Auch wenn der Rheinisch-Deutsche Nationalkonvent nur kurze Zeit hier tagen konnte, war er doch das erste nach gleichem Wahlrecht gewählte Parlament in Deutschland. Auf eine solche Tradition kann kein anderes Parlamentsgebäude in Deutschland zurückblicken.

Beim Rundgang durch   das Deutschhaus lässt  sich schon erkennen, wie es einmal werden wird: Hier einen Blick in den neuen Plenarsaal.©  Foto: Diether  v Goddenthow
Beim Rundgang durch das Deutschhaus lässt sich schon erkennen, wie es einmal werden wird: Hier einen Blick in den neuen Plenarsaal.© Foto: Diether v Goddenthow

Von 1798 bis 1814 hatte Napoleon hier seine Residenz, solange Mainz zum französischen Kaiserreich gehörte. Mit der Neuordnung der Machtverhältnisse in Mitteleuropa durch den Wiener Kongress kam Mainz zum Großherzogtum Hessen-Darmstadt und das Deutschhaus diente als Nebenresidenz des hessischen Großherzogs.

Nach dem zweiten Weltkrieg änderten sich erneut die Macht- Verhältnisse: So residierten ab Oktober 1919  Jean-Marie Degoutte, Oberbefehlshaber der französischen Rheinarmee und gleichzeitig Mitglied im Conseil supérieur de guerre sowie sein Nachfolger Adolphe Guillaumat bis zum Abzug der Franzosen am 30. Juni 1930 im Deutschhaus.

1933 nahm die SA ihren Sitz im Deutschhaus ein. Die Schrecken des Zweiten Weltkriegs zogen auch am Deutschhaus nicht spurlos vorüber. Und 1951 musste es wegen den Zerstörungen im Krieg innen von Grund auf erneuert werden. Vom alten Palais blieben nur die Außenmauern übrig. Seit diesem Wiederaufbau – in den 50er Jahren – ist das Deutschhaus nun der Sitz des Landtags Rheinland-Pfalz.

Landtagspräsident Hendrik Hering. ©  Foto: Diether  v Goddenthow
Landtagspräsident Hendrik Hering. © Foto: Diether v Goddenthow

„Es ist uns wichtig, die wechselvolle Geschichte des Deutschhauses im sanierten Landtag zu dokumentieren“, so der Landtagspräsident. Aber noch wichtiger sei, „das Deutschhaus zu einem lebendigen Ort der Demokratie zu machen. Mit diesem Haus ist der unerschütterliche Glaube an die parlamentarische Demokratie fest verbunden. Das Haus ist der zentrale und wichtigste Ort der Demokratie in Rheinland-Pfalz. Hier wurden und werden die Grundlagen gelegt, dass wir in einer offenen und freien Gesellschaft bei einem nie dagewesenen Wohlstand leben dürfen. Diese Bedeutung soll das Haus auch wiederspiegeln, ohne Prunk, so der Landtagspräsident (die vollständige Rede)

Mehr Raum für Besucher und Bildung

Das neue Deutschhaus werde noch bessere Möglichkeiten bieten, diese besonderen Leistungen des Parlamentes hervorzuheben und diese den Bürgerinnen und Bürgern zu vermitteln. Der Umbau, der unter dem Motto „Bauen für die Demokratie“ stehe, werde deshalb insbesondere auch den jährlich rund 30.000 Besuchern des Landtags dienen, welche sich zukünftig in zeitgemäßer Art und Weise über Geschichte, Aufgabe, Funktion und Arbeit dieser „Herzkammer der Demokratie“ informieren könnten, betonte Hendrik Hering. Eine besondere Zielgruppe stellten dabei junge Menschen dar. „Wie wäre es, wenn jeder Schüler und jede Schülerin im Laufe der Schulzeit einmal ein Parlament oder einen Rat besuchen würde?“, regte der Landtagspräsident an. Junge Menschen könnten dadurch früh erfahren, dass die Demokratie vom Mitmachen lebt und sich Einmischen lohnt. Er freute sich, dass für die verschiedenen Bildungsangebote zudem künftig der Interimsplenarsaal in der Steinhalle des Landesmuseums weiter genutzt werden könne.

Lob für Handwerker und Ingenieure

Doris Ahnen, Finanz- und Bauministerin. ©  Foto: Diether  v Goddenthow
Doris Ahnen, Finanz- und Bauministerin. © Foto: Diether v Goddenthow

Finanz- und Bauministern Doris Ahnen sagte: „Das Ziel bei der Sanierung des Landtags ist, einen zeitgemäßen Parlamentsbetrieb zu ermöglichen und dabei gleichzeitig die Geschichte und die Bedeutung des historischen Deutschhauses und seinen barocken Charakter zu erhalten. Bereits an den Entwürfen und am Rohbau wird sichtbar, dass es den Architektinnen und Architekten und den Bauleuten gelungen ist, umfassende Barrierefreiheit und moderne Ausstattung in gute Architektur zu integrieren. Darüber hinaus liegt ein besonderer Schwerpunkt der Sanierung auf der Nachhaltigkeit. Es entsteht ein Bau nach höchstem energetischen Standard mit einer hocheffizienten Haustechnik, der ein Aushängeschild für unser Land sein wird.“

Oberbürgermeister Michael Ebling. ©  Foto: Diether  v Goddenthow
Oberbürgermeister Michael Ebling. © Foto: Diether v Goddenthow

Der Mainzer Oberbürgermeister Michael Ebling betonte: „Für alle Mainzerinnen und Mainzer ist der heutige Tag, an dem wir Richtfest für das Deutschhaus feiern, ein schöner Tag. Denn dieses Haus ist für unsere Stadt ein ganz besonderes. Das Deutschhaus ist, einmal abgesehen von seiner reichen Historie und seiner immens wichtigen aktuellen politischen Bedeutung, auch eines der schönsten Häuser, die wir in Mainz haben. Es zu erhalten, zu modernisieren und auszubauen, muss uns daher Verpflichtung und Anliegen sein. Das Richtfest ist die Gelegenheit, all denen zu danken, die im ganz wörtlichen Sinne hier für die Demokratie bauen und in den vergangenen Monaten gebaut haben.“

Architekt Professor Llinus Hofrichter.©  Foto: Diether  v Goddenthow
Architekt Professor Llinus Hofrichter.© Foto: Diether v Goddenthow

Auch Architekt Professor Linus Hofrichter lobte die geleistete Arbeit von Handwerkern und Ingenieuren. „Sehr sensibel und geschickt wurde unter komplettem Erhalt der historischen Hülle des Deutschhauses fast schon „endoskopisch“ im Innern ein „neuer Landtag“ geschaffen“. Äußerlich sei es das gewohnte Gebäude geblieben, im Innern würden sich künftig großartige neue Raumerlebnisse erschließen. Das Gebäude sei bautechnisch mit einem Neubau gleichzusetzen und somit fit für viele Jahre parlamentarischer Arbeit. „Dieses Projekt kann als Vorbild dienen und ist sicher aktuell eines der komplexesten und anspruchsvollsten im Land Rheinland Pfalz“, sagte Linus Hofrichter.

Holger Basten, Geschäftsführer des Landesbetriebs Liegenschafts- und Baubetreuung (Landesbetrieb LBB), sagte: „Mit der Fertigstellung des Rohbaus haben alle Beteiligten eine anspruchsvolle Aufgabe erfolgreich gemeistert. Eine außerordentliche Herausforderung ist hierbei der vollständige Neubau im Inneren des denkmalgeschützten Deutschhauses. Die besondere Leistung der Architekten und Ingenieure sowie der Firmen unter der Regie des Landesbetriebs LBB besteht darin, in Auseinandersetzung mit der historischen Bausubstanz alle Innenräume und den Plenarsaal in kleinen Arbeitsschritten neu herzustellen, ohne Dach oder Außenmauern zu verändern. Auch dies soll mit dem heutigen Richtfest gewürdigt werden.“

Die  Vorsitzenden der Landtagsfraktionen und der Landtagspräsident schlagen symbolisch die letzten Nägel ein.  ©  Foto: Diether  v Goddenthow
Die Vorsitzenden der Landtagsfraktionen und der Landtagspräsident schlagen symbolisch die letzten Nägel ein. © Foto: Diether v Goddenthow

Hendrik Hering dankte allen, die an dem Großprojekt beteiligt sind, für deren leidenschaftliches Engagement und für die gute Zusammenarbeit. Er freute sich, dass ein Großteil der bauausführenden Firmen aus Rheinland-Pfalz komme. Von einer dieser hier im Land ansässigen Firmen kam dann auch Zimmermann Stefan Hinrichs, der vom Dach des neuen Landtagsrestaurants den Richtspruch an die Gäste richtete. Anschließend schlug Landtagspräsident Hendrik Hering gemeinsam mit den Vorsitzenden der Landtagsfraktionen, Alexander Schweitzer (SPD), Christian Baldauf (CDU), Cornelia Willius-Senzer (FDP), Bernhard Braun (Bündnis 90/Die Grünen) und dem stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden Michael Frisch (AfD) die letzten Zimmermannsnägel ein. Musikalisch begleitet wurde die Veranstaltung von der Jazz-Combo „September Second“. Anschließend konnten sich die Gäste bei Führungen über die Baustelle ein Bild von den Baufortschritten machen.