Frankfurter IHK Jahresempfang 2020 – Effizienz der sozialen Marktwirtschaft für Klimaschutz und Wohnungsbau nutzen!

(v.li.) Oberbürgermeister Peter Feldmann, Ministerpräsident Volker Bouffier, IHK-Präsident Ulrich Caspar und Gastredner des Abends Prof. Dr. Michael Voigtländer, Leiter des Kompetenzfelds Finanzmärkte und Immobilienmärkte, Institut der deutschen Wirtschaft Köln e.V.  ©  Foto: Diether  v Goddenthow
(v.li.) Oberbürgermeister Peter Feldmann, Ministerpräsident Volker Bouffier, IHK-Präsident Ulrich Caspar und Gastredner des Abends Prof. Dr. Michael Voigtländer, Leiter des Kompetenzfelds Finanzmärkte und Immobilienmärkte, Institut der deutschen Wirtschaft Köln e.V. © Foto: Diether v Goddenthow

Die angespannte Wohnungssituation, der Mangel an Bauland und Fachkräften sowie Klimaschutz  waren dominierende Themen beim Frankfurter IHK Jahresempfang 2020 am 21. Januar.  Über 1800 Gäste aus Wirtschaft, Politik, Wissenschaft, Medien und Gesellschaft waren der Einladung gefolgt.

Ulrich Caspar, Präsident der Industrie- und Handelskammer Frankfurt am Main, unterstrich bei seiner Begrüßung, dass Fachkräftegewinnung und Wohnungsbau untrennbar miteinander verbunden seien. Wohnen sei das Thema der Stunde für die Wirtschaft; denn „wir haben einen besonderen Engpass in der Wohnraumversorgung“, so der IHK-Präsident. Es gäbe aber sehr unterschiedliche Vorstellungen, was besser funktioniere: planwirtschaftliche oder marktwirtschaftliche Ansätze? In sozialistischen Staaten wie Venezuela funktioniere ja nicht mal die Grundversorgung mit Essen, Trinken und Lebensmitteln, das könne man ja gerade erleben, wo der Staat der Meinung sei, er sei  zuständig für die Grundversorgung. Das sei ein spannendes Thema, weswegen er vorab schon mal herzlich den Gastredner des  Abends, Prof. Dr. Michael Voigtländer vom Institut der Deutschen Wirtschaft für sein Kommen mit dem Fachvortrag „Preiseingriffe und Verstaatlichung – überwunden oder Neuauflage?“ dankte.
Natürlich, so Caspar, dürfe sich die Region über die weiteren Einwohner- und Beschäftigtenzuwächse in die Stadt Frankfurt und in die attraktiven Landkreise freuen, „denn unsere Unternehmen suchen dringend Fachkräfte“. Es sei vor allem jedoch der angespannte Wohnungsmarkt der die Unternehmen bei ihrer Stellenbesetzung belaste: „Bewerber finden oft keinen günstigen Wohnraum vor Ort“, so der IHK-Präsident. So sei im Bezirk der IHK Frankfurt am Main „weiterhin mit steigenden Immobilienpreisen zu rechnen; denn zwischen 2016 und 2018 wurden in Frankfurt nur 79 Prozent dessen gebaut, was rein rechnerisch pro Jahr nötig wäre. Im Main-Taunus-Kreis lag diese Quote bei 68, im Hochtaunuskreis sogar nur bei 49 Prozent. „Ohne eine Erhöhung des Angebots auf dem Wohnungsmarkt lässt sich die Preisspirale nicht bremsen. Dafür werden mehr Wohnungen benötigt und für diese brauchen wir Bauland. Wir appellieren daher an die Politiker im IHK-Bezirk und in der Metropolregion, sich stärker für die Ausweisung von Bauland und die Schaffung von mehr Baurecht in ihrer Kommune einzusetzen. Unternehmen und ihre Mitarbeiter sind darauf angewiesen und von ihrem Wohlergehen hängt unser Wohlstand ab“, betonte Caspar.

Politik muss endlich Verfahren zur Realisierung von Großprojekten beschleunigen

Präsident der IHK Frankfurt Ulrich Caspar. ©  Foto: Diether  v Goddenthow
Präsident der IHK Frankfurt Ulrich Caspar. © Foto: Diether v Goddenthow

Zudem nutzte der IHK-Präsident die Gunst der Stunde, den anwesenden Bundestagsabgeordneten in ihrer Eigenschaft als Vertreter des deutschen Volkes eindringlich ins Gewissen zu reden: „Sie haben als Bundestag schon mal bewiesen, dass Sie es eigentlich besser können: Nämlich bei den Verkehrsprojekten Deutsche Einheit, wo es gelungen ist, durch Beschlussfassung des Bundestages bestimmte Verkehrsprojekte auf den Weg zu bringen in einer Form, in der sie in drei bis vier Jahren in der Lage waren, realisiert zu werden. Und ich finde schon, und wenn ich Bundestagsabgeordneter wäre, da würde ich mir Gedanken machen, welche Verantwortung ich in diesem Land habe. Wenn die Menschen sehen, dass wir Dinge auf den Weg bringen, sie aber nicht in 10, 15, 20 oder 30 Jahren zum Abschluss bringen können, dann würde ich als Bürger als erstes Mal an den Parteien verzagen, und irgendwann an unserem demokratischen System. Und weil wir das nicht wollen, meine Bitte: Werden Sie initiativ! Beseitigen Sie diese Schwäche, die wir in unserem Land haben, die uns Wettbewerbsfähigkeiten nimmt, und die kein Bürger versteht!“, mahnte Caspar unter großem Beifall eindringlich eine längst überfällige Beschleunigung zur Realisierung von Großprojekten in Deutschland an.

Rhein-Main-Region zum nationalen Zentrum für synthetische Kraftstoffe

Ministerpräsident Volker Bouffier.©  Foto: Diether  v Goddenthow
Ministerpräsident Volker Bouffier.© Foto: Diether v Goddenthow

Ob Globalisierung, Digitalisierung, Urbanisierung und viele anderen Themen: diese seien einerseits global, aber auf der anderen Seite lokal wirksam, und es gelte, so Ministerpräsident Volker Bouffier, die richtigen Prioritäten zu setzen, um diese Entwicklung möglichst erfolgreich zu gestalten. Man müsse sich auch fragen: „Ist denn eigentlich der Mechanismus, wie wir versuchen, unsere Zukunft zu gestalten, noch der richtige oder müssen wir nicht ganz anders an die Dinge herangehen?“ Er könne jedoch nicht nachvollziehen, dass im 30. Jahr des Falls der Mauer und Wiedervereinigung „allen Ernstes über die Sozialisierung der Großindustrie diskutiert wird“, und auch in der Wirtschaft kein Aufschrei nach dem Motto erfolge „Seid ihr verrückt!“. So eine Diskussion hätte er vor 30 Jahren nicht für möglich gehalten. Das sei eine fundamentale Diskussion.
Auch beim Klimaschutz wäre nichts damit gewonnen, den erreichten Wohlstand auf’s Spiel zu setzen. Wenn es uns aber gelänge, einerseits eine effiziente Co2-Reduktion hinzubekommen und gleichzeitig Wettbewerbsfähigkeit und Wohlstand zu erhalten, wäre das „eine Erfolgsnummer“ und könne zum „Exportschlager für Deutschland werden“, so Bouffier. Denn nur mit klugen Ideen würde Deutschland „kopierfähig“ und könnten „wir“ weltweit Klima-Vorreiter sein. Wenn wir aber nur das Eine tun, aber das Andere nicht hinbekommen, werde niemand folgen, und stattdessen sagen: „‘Dankeschön – auf eure Misserfolge werden wir uns in Zukunft nicht einlassen!‘ Wenn wir es aber richtig machen, können wir beides machen, den Klimaschutz und Wohlstand erhalten. Dann haben alle etwas davon“, ist Bouffier überzeugt.

Der Hessische Ministerpräsident möchte, dass Deutschland beim Bemühen um eine emissionsfreie Mobilität an der Spitze marschiert, insbesondere auch bei der Frage schadstofffreier Antriebe.
Gerade in diesen Tagen habe sein Stellvertreter, der Hessische Wirtschaftsminister und Kollege Trarek Al-Wazir ein Modellprojekt auf den Weg gebracht, um zu testen, „wie wir es schaffen synthetische Kraftstoffe (Power-to-Liquid) so schnell und so preiswert zu produzieren, dass wir in Zukunft den Menschen sagen können: ‚Okay, wir wollen dir dein Leben nicht vorschreiben, wir wollen dir auch nichts verbieten, aber wir wollen deine individuelle Mobilität, egal aus welchen Gründen, so gestalten, dass sie möglichst ohne Emissionen oder nur mit sehr geringen Emissionen möglich sein wird’“, so Bouffier, der dieses Pilotprojekt als nationales Zentrum im Rhein-Main-Gebiet, einer Region mit besonders großer Erfahrung in Sachen Mobilität, ausbauen und etablieren möchte.

Stadt Frankfurt und Hessen Seit‘ an Seit‘ für den IAA-Verbleib

Oberbürgermeister Peter Feldmann. ©  Foto: Diether  v Goddenthow
Oberbürgermeister Peter Feldmann. © Foto: Diether v Goddenthow

Oberbürgermeister Peter Feldmann unterstrich wie zuvor  IHK-Präsident Caspar, dass es aufgrund der immer knapper werdenden Wohn- und Gewerbeflächen gelte, neue Flächennutzungskonzepte zu entwickeln und eigene Neubaugebiete auszuweisen. „Frankfurt wird größer und jünger. Dieser Entwicklung müssen wir Rechnung tragen. Mit Bildungs- und Kulturangeboten, mit Lösungen für die innerstädtische Mobilität und attraktiven Angeboten für die zahlreichen Pendler, die die Mainmetropole tagsüber zur Millionenstadt machen. Investitionen in die urbane Infrastruktur sind zwingend notwendig. Hier müssen Stadt und die Region FrankfurtRheinMain deutschlandweit eine Führungsrolle einnehmen“, so Feldmann.

Das Stadtoberhaupt nutzte zudem die Feierstunde, um den Unternehmerinnen und Unternehmern der Region zu danken, „dass Sie im Wohnungsbau die neuen Baugebiete positiv unterstützen“ und auch für die 2 Milliarden Euro Gewerbesteuereinnahmen 2019 im Stadt-Säckel: „Sie können auch mal für sich selbst applaudieren (…) deshalb auch ihnen allen mein Dank im Namen der Bevölkerung dieser Stadt. Ich glaube, Sie haben es sich verdient“, so Frankfurts Oberbürgermeister.

Den wesentlichen Teil seiner Rede widmete Feldmann dem Verbleib der Internationalen Automobil-Ausstellung  IAA in Frankfurt. Von klein auf sei er ein Fan der Messe und von Autos gewesen. Frankfurt und die Automobilmesse gehörten zusammen, und es sei auch aus marktwirtschaftlichen Gründen her nur logisch, dass die IAA auch künftig in Frankfurt bliebe. Denn „die Frankfurter Messe ist die einzige, die ohne Staatsknete profitabel arbeitet.“ Feldmann wird als Aufsichtsratschef der Messe am freitag morgen  gemeinsam mit Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir in einer Delegation in Berlin beim Autoherstellerverband für den Verbleib der IAA am Standort Frankfurt werben. In dieser Frage kämpfen Stadt und Land Seit‘ an Seit‘ für den Verbleib der IAA in der Metropolregion Frankfurt/Rhein-Main.

Frankfurter IHK Jahresempfang 2020. ©  Foto: Diether  v Goddenthow
Frankfurter IHK Jahresempfang 2020. © Foto: Diether v Goddenthow

Mit dem Effizienzgedanken der Marktwirtschaft statt mit Planwirtschaftsideen den  Klimaschutz voranbringen

Gastredner Prof. Dr. Michael Voigtländer, Leiter Kompetenzfeld Finanz- und Immobilienmärkte des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln e.V. stellte seinem Vortrag „Preiseingriffe und Verstaatlichungen – überwunden oder Neuauflage?“ zunächst augenzwinkernd ein Honecker-Zitat voran: „Den Sozialismus in seinem Lauf halten weder Ochs noch Esel auf“. Darüber könne man schmunzeln, so der Ökonom, da der letzte Staatsratsvorsitzende als „Ewiggestriger“ den Sozialismus noch im Herbst 1989 beschwor, als das DDR-Ende längst absehbar und kurz darauf erledigt war, und wir die Wiedervereinigung hatten. „Es gab ja immer die Diskussion zwischen Sozialismus und Marktwirtschaft. Was ist das bessere System? Lange zeichnete sich so auf theoretischer Ebene ja ab: Die Marktwirtschaft ist überlegen. Aber, dass es dann auch in dieser praktischen Art und Weise, quasi empirisch diesen Befund gab, dass tatsächlich die Sowjetunion zusammengebrochen ist, die DDR letztlich ja auch zusammengebrochen ist, das war schon ein großartiges Ereignis“, und absehbar gewesen,  so Voigtländer, weil es beispielsweise wie in der Planwirtschaft üblich, unmöglich sei, für fünf Jahre zu planen. „Wir können noch so fähige Politiker haben – aber wenn Herr Bouffier jetzt in die Verlegenheit käme, für fünf Jahre zu sagen, was Sie bitteschön alles produzieren sollen, dann könne das nicht gut gehen. Dafür ändere sich die Welt einfach zu sehr!“, so der Gastredner.

Vor allem aber fehlten in sozialistisch-planwirtschaftlichen Systemen die Anreize, die wahnsinnig wichtig und das Besondere an der Marktwirtschaft seien, „damit wir tatsächlich den Wohlstand im Wettbewerb untereinander mehren können, „der in einem zweiten Schritt eben auch denen zugutekommen kann, die aus welchen Gründen auch immer nicht zu den Erfolgreichen gehören, die bedürftig sind, weil sie eben keiner Arbeit nachgehen können, weil sie vielleicht besonders schwierige Startbedingungen haben, oder Ähnliches“, so Voigtländer über das dem planwirtschaftlichen Sozialismus überlegene Erfolgsmodell der sozialen Marktwirtschaft.

Gastredner des Abends Prof. Dr. Michael Voigtländer, Leiter des Kompetenzfelds Finanzmärkte und Immobilienmärkte, Institut der deutschen Wirtschaft Köln e.V.  ©  Foto: Diether  v Goddenthow
Gastredner des Abends Prof. Dr. Michael Voigtländer, Leiter des Kompetenzfelds Finanzmärkte und Immobilienmärkte, Institut der deutschen Wirtschaft Köln e.V. © Foto: Diether v Goddenthow

Bereits in den 90er Jahren habe der ein oder andere, etwa auch sein zweiter Doktorvater Prof. Jürgen Donges, seinerzeit Sachverständigenratsvorsitzender, davor gewarnt, dass uns der Erfolg der Marktwirtschaft mal „auf die Füße“ fallen könne, da es kein „beobachtbares reales Beispiel des Sozialismus“ mehr gäbe und man sehr schnell vergesse, „was Sozialismus eigentlich bedeutet“, und „längst nicht diesen Erfolg bringt, den eben die Marktwirtschaft bringt.“

Ich kenne kein sozialistisches Land mit Klimaschutz!

Diese Gedanken überfielen ihn auch bei Fridays for future-Demos, die er richtig und wichtig findet, aber dann immer „schwer irritiert“ sei, wenn auf etlichen Plakaten ein Konnex, eine untragbare Verbindung geschaffen würde zwischen Marktwirtschaft und Umweltzerstörung, so Voigtländer. Er kenne kein sozialistisches Land, in dem tatsächlich der Energieverbrauch wirklich deutlich zurückgegangen wäre. Das passe auch nicht zu dem Effizienzgedanken, um den es dabei ginge, so Voigtländer. Umgekehrt würde ein Schuh daraus, da wir und auch die jungen Klimaschützer sich klarmachen müssten, dass wir die Marktwirtschaft gerade in einer Weise nutzen könnten, „um eben auch dem Klimaschutz zu dienen. Es geht auch hier wieder ganz entscheidend um die Anreize: Im Sozialismus finden wir diese Anreize nicht. Aber wir können doch marktkonform Instrumente wählen, die eben erlauben, tatsächlich auch Umweltschutz zu betreiben“. Wir könnten das unter anderem über eine entsprechende Bepreisung, über eine Steuer, über den Zertifikate-Handel oder auch mögliche andere Instrumente durchaus in einer Weise steuern, „dass wir tatsächlich auch den Co2-Verbrauch reduzieren“, und zwar immer so, dass dies zu den geringsten Kosten möglich sei, so der Gastredner. Er fügt hinzu: „Wir müssen uns eben klar machen: Es darf kein Widerspruch zwischen Umweltschutz und Wohlstand geben!“.
Denn es müssten ja große Herausforderungen und Investitionen gestemmt werden, „wenn wir uns allein mal überlegen, was wir investieren müssen in die Energieproduktion, in die erneuerbaren Energien, in die Ladeinfrastruktur bei E-Mobilität, in den Schienennahverkehr usw. Dazu brauchen wir auch entsprechenden Wohlstand.

Marktwirtschaft statt Marktschrumpfung

Wenn wir nun den umgekehrten Weg weg von der Marktwirtschaft gingen und tatsächlich sagten: „Wir müssen die Wirtschaft schrumpfen, und wir müssen eine Décroissance-Bewegung haben“, dann habe man schlichtweg nicht „dieses Geld, diesen Wohlstand, um tatsächlich in den Umwelt- und Klimaschutz ausreichend zu investieren“, so der Voigtländer. Zudem müssten wir uns auch klarmachen, „dass wir den Klimaschutz nicht im Alleingang kriegen können. Deutschland ist verantwortlich für 2 Prozent des weltweiten Co2-Ausstoßes. Wenn wir unsere Wirtschaft lahm legen, dann wird vielleicht kurzfristig der Co2-Ausstoß verringert – aber wer wird uns dann noch folgen? Wer wird den Weg mitgehen? Wie wollen wir tatsächlich weiter für Umweltschutz werben, wenn wir uns selber den Wohlstand rauben? Das kann nicht der Weg sein. Und von daher müssen wir ganz klar viel stärker in Richtung marktwirtschaftliche Instrumente gehen, aber wir müssen diesen Weg auch konsequent gehen. Wenn wir hier auf Sozialismus gehen, dann werden wir uns letztlich nur diesen Wohlstand, der hart erarbeitet ist, einfach auch nur zerstören“, ist Voigtländer absolut überzeugt.

Vergesellschaftung und Mietensenkung schaffen keinen neuen Wohnungraum

Voigtländer  leitet über zum Thema des Abends „Wohnungsmarkt“ und stellt fest, dass es hier noch „viel gigantischere Diskussionen um sozialistische Ideen“ gibt.

Noch 2018, als es „schon die eine oder andere Podiumsidee“ gab, hätte er sich „damals nicht träumen können, dass wir über Vergesellschaftung von Wohnungsgesellschaften reden, dass wir über Mietstopps reden, dass wir über Umwandlungsverbote flächendeckend reden“ so Voigtländer, der daran erinnerte, dass es beispielsweise 2005, als er in Köln beim Institut der Deutschen Wirtschaft begann, noch Diskussionen über den „Abriss von Wohnhochhäusern aus den 70er Jahren gab“, da man noch von schrumpfenden Städten ausging. Erst seit 2010 habe es eine bedeutende Verschiebung, eine deutliche Wanderungsbewegung in die Großstädte gegeben. So wachse beispielsweise Berlin jährlich um 40 000 Menschen pro Jahr, auch Frankfurt, München, Hamburg wüchsen stark, da die Großstädte erheblich an Attraktivität und hochqualifizierten Arbeitsplatzzuwachs gewonnen hätten. Es handele sich um ein strukturelles Problem und es gäbe zu wenig Bauland, zu viele Investitionshemmnisse und zu langwierige bürokratische Prozesse, etwa bei Baugenehmigungen, so dass einfach zu wenig neuer Wohnraum geschaffen werden könne.

Bereits das Einfrieren von Mieten führe dazu, dass Wohnungen eher an Selbstnutzer verkauft würden, so dass mittelfristig die Zahl von Mietwohnungen sinke, so Voigtländer. Als weitere Reaktion würden Eigentümer auf Instandsetzung und Modernisierungen verzichten. Noch schlimmer sei es, dass in Berlin die Mieten gesenkt werden sollen, da dieser Eingriff zu einem großen Vertrauensschaden führen und Investoren abschrecken würde, überhaupt noch neue Wohnungen dort zu bauen. All dies wäre ein Irrweg, da allenfalls hierdurch der Mietwohnungsmarkt langfristig kleiner und qualitativ schlechter würde. Stattdessen müsse es verbesserte Rahmenbedingungen für den Wohnungsbau geben, auch entferntere Umlandgemeinden besser angebunden und bedürftigen Haushalten zielgenau geholfen werden, damit mehr und schneller Wohnraum gebaut werde, um den Bedarf aufgrund des anhaltend starken Zuzugs zu decken. Letztlich liege der Grund für das starke Ansteigen der Mieten und Preise im Auseinanderfallen von Angebot und Nachfrage, erläuterte Voigtländer.

(Diether v. Goddenthow /Rhein-Main.Eurokunst)