Erster digitaler Kongress der DGIM im Zeichen von Corona und Klimawandel ging gestern in Wiesbaden zu Ende

logo-internistenkongress21Wiesbaden, April 2021 – 16 parallel laufende Kanäle, darunter ein englischsprachiger, 357 Sitzungen, rund 1200 Vorträge und 1100 Referentinnen und Referenten – erstmals in vollständig digitaler Ausführung ging gestern nach vier Tagen der 127. Internistenkongress zu Ende. Mit rund 9000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer – darunter knapp 900 Medizinstudierende und rund doppelt so viele DGIM-Mitglieder als in den Vorjahren – verzeichnete die digitale DGIM-Jahrestagung die bislang höchste Teilnehmerzahl. Neben der Teilnahme an wissenschaftlichen Online-Sessions konnten sich die Teilnehmer auch als Avatare auf der virtuellen Kongressplattform austauschen. Thematisch war der Kongress von den großen Schlüsselthemen der Zeit – der aktuellen Corona-Pandemie und der noch existentielleren Krise des Klimawandels und seinen Folgen für die Gesundheit – geprägt. Mit Abschluss des Kongresses endet der Vorsitz des aktuellen DGIM-Präsidenten Sebastian Schellong, sein Nachfolger ist der Gastroenterologe Markus M. Lerch.

Auch mehr als ein Jahr nach Beginn der Corona-Pandemie prägen der Umgang mit und die Folgen von COVID-19 weiterhin den Alltag in den Kliniken. Der Kongress bot daher die Plattform, sich über die neuesten medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnisse zu COVID-19 auszutauschen, die sich aktuell stetig und in rasantem Tempo aktualisieren. „Das Kongressmotto ‚Von der Krise lernen‘ verweist jedoch über die aktuelle Pandemie-Erfahrung hinaus“, so Kongresspräsident Professor Dr. med. Sebastian Schellong. „Nämlich auf die grundsätzliche Notwendigkeit und Möglichkeit, verantwortungsvoll gute Medizin zu machen, auch wenn Ressourcen knapp sind.“ Denn knapper werdende Ressourcen und die gesundheitlichen Folgen des Klimawandels werden Gesellschaft und Medizin in den kommenden Jahrzehnten prägen. Neben den Folgen des Klimawandels für die Gesundheit des Einzelnen, befasste sich der Kongress auch mit der Frage, wie Ärztinnen und Ärzte und die Institutionen des Gesundheitswesens einen Beitrag zur Bewältigung der Klimakrise leisten können.

„‘Von der Krise lernen‘ – das bedeutet aber auch – nach den Erfahrungen der Einschränkungen durch die Corona-Pandemie – einmal mehr auf die Tatsache hinzuweisen, dass verantwortungsvolle Medizin generell oft eher ein „Weniger“ an Leistungen bedeutet, als ein „Mehr“, sagt Schellong. In seiner Rede im Rahmen der festlichen Abendveranstaltung – aufgrund der Coronapandemie in diesem Jahr digital (https://dgim.meta-dcr.com/kongress2021/crs/festliche-abendveranstaltung)

– legte Schellong am Beispiel des Carotis-Screenings dar, wie der heutige, ökonomisch getriebene Wettbewerb im Gesundheitswesen zu Leistungsausweitungen führt, die weder zur Gesundheit des einzelnen Patienten positiv beitragen, noch einen verantwortungsvollen Umgang mit den finanziellen Mitteln der Solidargemeinschaft darstellen. Auch Professor Dr. med. Jürgen Floege, Kongresspräsident des ausgefallenen Kongresses 2020, verwies in seiner Rede darauf, dass Deutschland zwar zu den Ländern mit den höchsten Gesundheitskosten pro Kopf gehöre, gleichzeitig bei der Lebenserwartung innerhalb der EU nur Durchschnitt sei. Dass mehr Gesundheitsleistungen nicht automatisch zu mehr Gesundheit führen, zeigte er an einer eindrücklichen Grafik auf: Der körperlichen Minderaktivität der heute 15-Jährigen in Deutschland und die gesundheitlichen Gefahren, die daraus resultieren – eine Ausweitung von Gesundheitsleistungen kann diese Problematik nicht lösen.

Ihre 127. Jahrestagung nahm die DGIM auch zum Anlass, zahlreiche Auszeichnungen zu vergeben. Da der Kongress im Vorjahr ausgefallen war, wurde die höchste Auszeichnung der Fachgesellschaft, die Leopold-Lichtwitz-Medaille, für die Jahre 2020 und 2021 verliehen. Sie ging an Professor Dr. med. Ulrich R. Fölsch und Professor Dr. med. Tilman Sauerbruch. Der mit 30.000 Euro dotierte Theodor-Frerichs-Preis 2021 ging an Professor Dr. med. Rafael Kramann aus Aachen, der gemeinsam mit der Deutschen Stiftung Innere Medizin (DSIM) verliehene Präventionspreis ging an Professor Dr. med. Robert Wagner aus Tübingen. Zudem vergab die DGIM zum dritten Mal ihre Medienpreise für herausragende journalistische Veröffentlichungen.

Mit rund 28.000 Mitgliedern ist die DGIM die größte medizinische Fachgesellschaft in Deutschland und Europa. Ihr Kongress endet mit dem Wechsel der Präsidentschaft: Für das Jahr 2021/2022 übernimmt Professor Dr. med. Markus M. Lerch, Ärztlicher Direktor und Vorstandsvorsitzender des LMU-Universitätsklinikums München, den Vorsitz der Fachgesellschaft. Unter seinem Vorsitz wird der nächste Internistenkongress vom 30. April bis 3. Mai 2022 zum Thema „Die Grenzen der Inneren Medizin“ stattfinden.