Das „Es“ spielt, malt, haut Nägel rein – Rainer Hunold und Michael Heindoff in einer Freundschaftsausstellung der Galerie Mainzer Kunst bis 21.Okt.2017

Freunde für's Leben: Schauspieler und Bildhauser Rainer Hunhold und Malter, Zeichner und Druckgraphiker Michael Heindorff. Foto: Diether v. Goddenthow
Freunde für’s Leben: Schauspieler und Bildhauser Rainer Hunold und Malter, Zeichner und Druckgraphiker Michael Heindorff. Foto: Diether v. Goddenthow

„Weit Weg – Ganz Nah“: unter dieses Motto ihrer einzigartigen Freundschaft haben Michael Heindorff (Druckgrafiken) und Rainer Hunold (Skulpturen) ihre gemeinsame Ausstellung vom 16.September bis 21. Oktober 2017 in der Galerie Mainzer Kunst gestellt.

„ Freundschaft ist etwas sehr Wertvolles“, begrüßt Rainer Hunold, der vor der Schauspielerei in Braunschweig einst Bildhauerei studierte, und – auch aus meditativen Motiven – nebenberuflich zur bildenden Kunst zurückgefunden hat. Wirkliche Freundschaft sei sehr selten, fährt der beliebte Schauspieler, der als Dr. Frank in „Ein Fall für Zwei“ berühmt wurde, fort. Und wenn er in irgendwelchen gelben Blättern lese, „dass Kollegen von mir mit den 500 engsten Freunden Geburtstag gefeiert haben, beginne ich zu zählen: ‚Wie viele Freunde habe ich eigentlich?‘ und scheitere kläglich!“ Er fände das aber in Ordnung, bekennt er. „Ich habe genau einen besten Freund. Das ist Michael Heindorff, seit 50 Jahren! Das ist ein halbes Jahrhundert!“ Dann gäbe es noch einen zweiten Kreis der sogenannten engen Freunde. Aber wenn wir ehrlich seien, wenn wir sagten, wer uns wirklich interessiere, „dann bleiben uns in unserem Leben in der Regel nur ganz wenige“, spricht Rainer Hunold, alias Staatsanwalt Reuther, den vielen Galerie-Besuchern aus der Seele.

Rainer Hunhold: "Für mich ist Freundschaft etwas sehr wertvolles, darum ist es auch selten. " Foto: Diether v. Goddenthow
Rainer Hunold: „Für mich ist Freundschaft etwas sehr wertvolles, darum ist es auch selten. “ Foto: Diether v. Goddenthow

Er und Michael Heindorff hätten sich in Braunschweig während des Abiturs kennengelernt und gemeinsam an der Hochschule der Künste studiert. . Michael habe sich dann nach einer London-Reise in die Bilder von Turner verliebt, und sei nach London gegangen. Hunold verliebte sich zwei Jahre später in eine Frau und ging nach Berlin. Er wurde sehr schnell verlassen, „da musste ich durch, und dann lief das Leben einfach weiter – weiter ging aber auch unsere Freundschaft“, so Hunold.

Trotz der großen zeitlichen und geographischen Abstände habe diese Freundschaft gehalten. „Für mich ist Michael so wichtig, weil wir uns 50 Jahre lang begleitet haben. Und als sehr späte Erfahrung kam dazu: Als ich mit der Bildhauerei wieder anfing, wurde Michael, der eine langjährige Professur in London hatte, zu meinem Mentor. Ich habe ihn als Lehrer kennengelernt.“, so Rainer Hunold. Londoner Kunststudenten danach befragt, wie denn so ihr Professor sei, schwärmten sie, „sich keinen besseren Lehrer vorstellen zu können“, erinnert sich der Schauspieler an die Zeit, als er mit dem Gedanken spielte, wieder mit der Bildhauerei anzufangen. „Und diese Erfahrung habe ich auch gemacht: Du bist als Mentor, als Lehrer unglaublich gut! Du bist ein sehr guter Didaktiker! Du hast auch die Fähigkeit, jemandem, salopp gesagt, in den Arsch zu treten, wenn Du merkst, das stagniert, und diese Erfahrung war großartig. Ich danke Dir sehr dafür. Ich hoffe, dass Du mich in meiner Bildhauerei noch lange begleitest.“, dankte Rainer Hunold seinem allerbesten Freund Michael Heindorff.

Michael Heindorff: "Du hast mir eines der Schlüsselerlebnisse vermittelt  über das, was Kunst sein kann, und was in der Kunst möglich sein kann!"  Foto: Diether v. Goddenthow
Michael Heindorff: „Du hast mir eines der Schlüsselerlebnisse vermittelt über das, was Kunst sein kann, und was in der Kunst möglich sein kann!“
Foto: Diether v. Goddenthow

Der Maler Michael Heindorff, von so viel Lob sichtlich gerührt, konterte mit der Lüftung eines kleinen Geheimnisses: So habe Rainer, mit dem er schon vor dem Abi zu Pubertätszeiten herumgezogen sei, ihm eines seiner Schlüsselerlebnisse zur Kunst vermittelt, nämlich, so Michael Heindorff, „über das, was Kunst sein kann, und was in der Kunst möglich sein kann“. Mit seiner typischen Glückshand-Fingerbewegung „Das fliegende Fingerglück“ habe Rainer sanft über den Rückspiegel eines Mercedes 180 gestrichen und dabei gemurmelt: „Und das muss Kunst sein!“ erzählte Michael Heindorff. Mit Blick auf Rainer Hunholds Skulpturen, erinnere ihn diese an einstige Begeisterung für das „Mercedesbild“, nämlich an seine Fragestellung, zu schauen, was unter der Oberfläche sein mag: “Ich sehe deine Arbeiten immer als eine Verinhaltlichung dessen, was wir nicht wissen, was wir vielleicht auch niemals herausfinden werden, und Du beschäftigst Dich mit dessen Hülle. Und das finde ich toll!“, zog Michael Heindorff eine Analogie zu Rainer Hunholds mit Kupfernägeln überzogenen Holzskulpturen.

Rainer Hunhold. Holz und Kupfernägel. Foto: Diether v. Goddenthow
Rainer Hunold. Holz und Kupfernägel. Foto: Diether v. Goddenthow

Diese wie mit einer Kupferhaut überzogenen, im Kern aus Althölzern bestehenden Holzskulpturen fertigt Rainer Hunold in Spanien auf Heindorffs Anwesen. Hierher entflieht der beliebte Schauspieler nach anstrengenden Drehphasen mitunter – ganz zum Leidwesen seiner Frau – mal für Tage oder gar für Wochen, um zu entspannen, in dem er unendlich viele Kupfernägel in die alten Hölzer einschlägt. Seine Arbeit, so Rainer Hunold, habe in erster Linie etwas Meditatives. 10 000 Kupfernägel benötigte er für eine mittelgroße Figur. So etwas schafft – auch physisch – wer wohl völlig mit seinem Werk verschmilzt. Dies strahlen Rainer Hunolds samtig kupferschimmernden Holzskulpturen auch aus. Fährt der Betrachter mit der Hand sanft über die Kupferhaut, scheint sich eine leichte energetische Wirkung zu entfalten.

Rainer Hunold erzählt, bestimmt 30 Jahre gebraucht zu haben, um zu begreifen, „dass die Kunst darin besteht, nichts zu machen, sondern etwas zu sein, eine Figur zu sein, in der Situation zu sein“. 30 Jahre habe er sich darauf konzentriert, den Leuten zu zeigen, „dass ich spiele, um zu zeigen, dass ich für mein Geld auch arbeite“. Gottlob habe niemand bemerkt, dass er dadurch nicht gerade besser wurde, bis irgendwann der Knoten geplatzt sei, „und seitdem bin ich in der Situation, seitdem bin ich in der Figur, und lasse das geschehen, was passiert. Die Figur macht etwas mit mir, und ich nehme das dankbar an, weil es dadurch sehr lebendig wird“, erläutert Rainer Hunold seinen Weg zur Authentizität, nicht nur als Schauspieler: „Das kann ich übertragen auf meine Arbeit, und auch auf Deine Arbeit Michael. Ich glaube, interessant wird es dann, wenn wir bereit sind, Kontrolle aufzugeben, wenn wir uns mit dem, was wir machen, in der Form eines Dialogs auseinandersetzen“, so Rainer Hunold, und konkretisiert: „Wenn ein simples Stück Holz, eine leere Leinwand auffordert zu einem Dialog, dann ist das eine so großartige Erfahrung, dass ich sie nicht mehr missen möchte. Ich denke, Dir geht es ähnlich! Und die Höhepunkte in der Arbeit sind eindeutig die, in denen das „ES“ zum Tragen kommt. Das Es spielt, das ES malt, das ES haut Nägel rein. Das sind großartige Erfahrungen, dass Ergebnis überrascht die Produzierenden, glaube ich selbst!“,

Die Gemälde von Michael Heindorff zeichnen sich durch ihre Verbindung, durch die für deutsche Kunst charakteristische Akribie und der gegensätzlichen Lockerheit aus.Foto: Diether v. Goddenthow
Die Gemälde von Michael Heindorff zeichnen sich durch ihre Verbindung, durch die für deutsche Kunst charakteristische Akribie und der gegensätzlichen Lockerheit aus.Foto: Diether v. Goddenthow

Michael Heindorffs Gemälde und Druckgrafiken sind von ebensolcher Authentizitiät durchdrungen, akribisch perfekt und dennoch wunderbar locker. „Seine Werke wie Lake haben andererseits den Einfluss italienischer Malerei, von seinem einjährigen Aufenthalt in der Villa Massimo“, so Galerist Rolf K. Weber-Schmidt. Michael Heindorff lebte, bevor er als Knabe mit seinen Eltern nach Braunschweig umzog, in den 50er Jahren ganz hier in der Nähe, nämlich am Rochusberg in Bingen, und genoss schon als Kind den Blick auf das Rheintal. Und 30 Jahre später wandelte er bei Zelt- und Wanderreisen im Rhein- und Mosel-Tal auf den Spuren William Turners und der romantischen Malerei. Aus dieser Zeit stammen auch zahlreiche Werke der aktuellen Ausstellung.

(Diether v. Goddenthow /Rhein-Main.Eurokunst )

„Weit WEG – GANZ NAH“  16. September bis 21. Oktober 2017
Öffnungszeiten:
Montag – Ruhetag
Dienstag bis Freitag 11-18 Uhr
Samstag 11-16 Uhr
und nach Vereinbarung

Ort und weitere Informationen:
Mainzer Kunst!
Rolf K. Weber-Schmidt
Weihergarten 11
55116 Mainz
info@mainzerkunst.de
Tel. 0178.5566707
http://www.mainzerkunst.de/