Kategorie-Archiv: Krimistipendiat Wiesbaden

Bernhard Aichner erhält das Wiesbadener Krimistipendium 2024

Aichner-Bernhard-bildrauschenDas Krimistipendium der Landeshauptstadt Wiesbaden geht im kommenden Jahr an Bernhard Aichner.

Der österreichische Bestseller-Autor wird mit einer Lesung am Samstag, 2. März, den Wiesbadener Krimimärz eröffnen und vier Wochen in der Stipendiatenwohnung des Literaturhauses Villa Clementine wohnen und arbeiten. Außerdem wird er in der Jury des Deutschen Fernsehkrimifestivals mitwirken und einen von seinem Aufenthalt inspirierten Kurzkrimi schreiben. Das mit 4000 Euro dotierte Krimistipendium wird 2024 zum 14. Mal vergeben.

„Wir freuen uns, mit Bernhard Aichner einen Schriftsteller mit dem Krimistipendium auszuzeichnen, der nicht nur zu den aktuell erfolgreichsten Autoren von Psychothrillern zählt, sondern auch multimedial arbeitet“, so Kulturdezernent Dr. Hendrik Schmehl. Seine Totenfrau-Trilogie, die monatelang auf den Bestseller-Listen stand und in 16 Sprachen übersetzt worden ist, wurde auch von Netflix und dem ORF verfilmt. Aichner zeichne ein besonderes Talent für die Verbindung von Kriminalliteratur, Hörspiel, Theater Film und Fernsehen aus, so Schmehl. Das liege sicher auch darin begründet, dass er nicht nur als Autor, sondern auch als Fotograf arbeite.

Auch Susanne Lewalter, die Leiterin des Literaturhauses Villa Clementine, freut sich auf die Zusammenarbeit. „Aichners Stil zeichnet sich durch knappe und prägnante Sätze aus, die die Fantasie der Leserinnen und Leser herausfordern und sie in einen Sog der eigenen Vorstellungskraft ziehen“, so Lewalter.

Bernhard Aichner, geboren 1972, lebt in Innsbruck. Nach seinem Studium der Germanistik arbeitete Aichner als Presse-Fotograf, parallel dazu veröffentlichte er Erzählungen in Literaturzeitschriften. Im Jahr 2000 erschien sein erster Erzählband „Babalon“, 2010 sein erster Kriminalroman mit dem Titel „Die Schöne und der Tod“. Für seine Arbeit hat Aichner zahlreiche Preise und Stipendien erhalten, darunter das Österreichische Staatsstipendium für Literatur, den Burgdorfer Krimipreis 2014, den Crime Cologne Award 2015, den Friedrich-Glauser-Preis und zuletzt den Grazer Krimipreis. Neben Romanen schreibt Aichner auch Hörspiele und Theaterstücke. Die „Times“ beschreibt seine Arbeit als „originell, kraftvoll und fesselnd“. Aichner ist Mitinitiator des Innsbrucker Festivals „Krimifest Tirol“.

5. Wiesbadener KrimiMärz vom 3.3.-31.3.2022 – Tatorte in Rhein-Main, Russland oder Israel – Programm

5_krimimaerz-broschuere-cover-250Bereits zum fünften Mal macht der „Wiesbadener KrimiMärz“ die hessische Landeshauptstadt zum Knotenpunkt der aktuellen deutschsprachigen und internationalen Kriminalliteratur. Unter der Federführung des Literaturhauses Villa Clementine und des Kulturamtes sind als Veranstalter die Volkshochschule Wiesbaden, die unabhängigen Wiesbadener Buchhandlungen, das kuenstlerhaus43, die Kulturstätte Monta, das Eine-Welt-Zentrum Wiesbaden e.V. sowie der Förderverein Wiesbadener Literaturhaus Villa Clementine e.V. dabei. „Alle Fans des Kriminalromans erwartet im März ein hochkarätiges und unterhaltsames Programm“, sagt Kulturdezernent Axel Imholz. „Ich freue mich, dass wir für einige Lesungen nicht nur große Säle finden konnten, sondern auch ein Live-Streaming anbieten. Auf diese Weise vermögen wir viele Krimiliebhaber live und per Stream zu erreichen“.

Zu den weiteren Veranstaltungsorten gehören die Wiesbadener Casino-Gesellschaft, das Museum Wiesbaden, das Kulturforum, die Mauritius-Mediathek, die Caligari Filmbühne und das Marleen im Lili am Hauptbahnhof.

Der Auftakt des KrimiMärz gebührt der diesjährigen Krimistipendiatin, der Kölner Thriller- und Sachbuchautorin Melanie Raabe. Sie wird am 3. März im Gespräch mit Ulrich Noller einen Einblick in ihr bisheriges Werk geben und aus ihrem aktuellen Roman „Die Wälder“ lesen.

Mit den Autoren Dror Mishani und Yassin Musharbash gewinnt der „Wiesbadener KrimiMärz 2022“ auch eine geopolitische Perspektive. Yassin Musharbash, stellvertretender Ressortleiter für Investigative Recherche und Daten bei der ZEIT, wird am 5. März im Museum Wiesbaden seinen Thriller „Russische Botschaften“ vorstellen. Sein Roman ist eine hochaktuelle Geschichte über die Gefahr von Desinformation und Lügenkampagnen, über die Grenzen des Journalismus und über Berlin als ewige Hauptstadt der Spione. Dror Mishani, einer der wenigen Krimiautoren hebräischer Sprache mit Weltgeltung, wird am 16. März mit seinem neuesten Roman um Inspektor Avi Avraham in der Mauritius-Mediathek zu Gast sein. „Vertrauen“ ist der mittlerweile vierte Fall für den melancholischen Sturkopf Avi Avraham, der ihn bis nach Paris führt und nicht nur mit dem Mossad in Konflikt bringt.

Mit Simone Buchholz, Jürgen Heimbach und Jan Costin Wagner werden zudem preisgekrönte Krimiautorinnen und -autoren aus Deutschland zu Gast sein. Mit Max Annas kehrt der Wiesbadener Krimistipendiat des Jahres 2020 an den Ort der Inspiration seines Kurzkrimis „Fatima“ zurück. Am 19. März wird die Geschichte aus der nächtlichen Wiesbadener Fußgängerzone im Museum Wiesbaden erstmals öffentlich zu hören sein.

Schlaglichter auf die regionale Krimiszenerie wirft die Kriminacht unter dem Motto „Tatort Rhein-Main“ am 12. März im Kulturforum. Mit Jürgen Heimbach, Ivonne Keller und Ralf Schwob werden an diesem Abend drei Autorinnen und Autoren aus Mainz, Karben und Groß-Gerau aus ihren aktuellen Romanen lesen, deren Geschichten weit über unsere heimatlichen Gefilde und die unmittelbare Gegenwart hinaus zielen. Unmittelbar in Wiesbaden spielt dagegen der Kettenkrimi „Drei Schwestern, erbberechtigt“, den mehr als 25 Autorinnen und Autoren im Frühjahr und Sommer 2021 auf der Website des Fördervereins des Literaturhauses in Fortsetzungen verfasst haben und der am 9. März in einer Lesung des Schauspielers Oliver Wronka im Literaturhaus Villa Clementine in Auszügen zum Vortrag kommt.

Zum Abschluss des „Wiesbadener KrimiMärz 2022“ finden schließlich 12 Krimiautorinnen und -autoren aus dem gesamten Rhein-Main-Gebiet zusammen, um ihre abgründigen Fantasien zu vereinen. Mit dem Krimi-Spektakel „Rache, Raub und Regenwald“ unterhält die Autorengruppe „Dostojewskis Erben“ am 31. März im Marleen ihr Publikum mit drei kurzweiligen Szenen aus drei verschiedenen Perspektiven.

Für die nachwachsenden Krimifans präsentieren die Kinder- und Jugendbuchautorinnen Jutta Wilke und Franziska Biermann am 11. und 25. März in Grundschullesungen im Literaturhaus Villa Clementine die neuesten Fälle von Emil und der Detektivin und Jacky Marrone.

Das komplette Programm des Wiesbadener KrimiMärz 2022 sowie alle Infos zu Tickets und Vorverkauf sind unter www.wiesbaden.de/krimimaerz zu finden und in der ausliegenden Programmbroschüre. Der Vorverkauf startet in der kommenden Woche.

Am 27. Februar startet der vierte Wiesbadener KrimiMärz mit spannendem Programm, u.a. mit Max Annas, Ingrid Noll und Zoë Beck

krimimaerzDer vierte Wiesbadener KrimiMärz beginnt am Donnerstag, 27. Februar, mit einer Lesung und einem Werkstattgespräch mit dem diesjährigen Krimistipendiaten Max Annas. Um 19.30 Uhr spricht er mit Hannes Hintermeier (FAZ) im Literaturhaus Villa Clementine über sein Leben und Schaffen als einer der meistgelesenen Krimiautoren Deutschlands. Dabei geht es vor allem um die politische Komponente, die in seinen Romanen immer wieder eine große Rolle spielt. Gekonnt gelingt es Max Annas, fundierte Recherchen und spannende Plots miteinander zu verweben. An diesem Abend wird er zudem aus seinem aktuellen Roman „Morduntersuchungskommission“ lesen, der das Publikum in die DDR des Jahres 1983 entführt. Darin sollen die Ermittler den Mord an einem Vertragsarbeiter aus Mosambik aufklären und geraten rasch selbst in Konflikt mit den politischen Zielen des sozialistischen Regimes. Max Annas wird für die Dauer des Festivals in der Villa Clementine leben und arbeiten. Als Teil des Stipendiums ist er Mitglied der Jury des Deutschen FernsehKrimi-Festivals 2020.

Eindrucksvoll geht es am Sonntag, 1. März weiter, wenn die Grande Dame der Krimiliteratur, Ingrid Noll, in Wiesbaden zu Gast ist. Um 18.00 Uhr stellt sie im Literaturhaus im Gespräch mit Thomas Koch (SWR) ihren Roman „Goldschatz“ vor, der mitten im alternativen Lebensversuch einer Studenten-WG ansetzt. Zwischen Konsumkritik und Veganismus versucht darin eine Gruppe junger Kommilitonen ein Leben fernab des Mainstreams zu führen und dabei ein altes Bauernhaus wieder auf Vordermann zu bringen. Dass das jedoch nicht so einfach ist, zeigt sich spätestens, als sie auf ein Säckchen alter Goldmünzen stoßen. Während die Einen sich mit teuren Kleidern eindecken, wollen die Anderen lieber bitter nötige Renovierungsarbeiten davon bezahlen. Und dann gibt es da noch diesen Nachbarn mit dem Zweitschlüssel, der nach Belieben unangemeldet hereinplatzt … Auf gewohnt humoristische Weise gelingt es Ingrid Noll einmal mehr, Spannung und Unterhaltung miteinander zu verquicken. Es gibt nur noch wenige Restkarten für den Abend.

Lesung im Polizeipräsidium 

Ein besonderes Highlight ist zudem die Lesung der Wiesbadener Krimistipendiatin von 2019, Zoë Beck, am Sonntag, 8. März um 19.30 Uhr. Die Lesung findet an einem ganz besonderen Ort mit kriminalistischem Hintergrund statt: dem Polizeipräsidium Westhessen. Einen Monat lang wohnte die Autorin, Verlegerin und Übersetzerin im Literaturhaus Villa Clementine und recherchierte für einen Kurzkrimi. Im Gespräch mit Gerwig Epkes erzählt sie von ihrem Aufenthalt in Wiesbaden und ihren Nachforschungen in den Archiven der Stadt. Zudem liest sie ihren Kurzkrimi „Wie die Spielbank baden ging“, der während des Stipendiums entstanden ist.

Das komplette Programm des Wiesbadener KrimiMärz 2020 sowie alle Infos zu Tickets und Vorverkauf sind unter www.wiesbaden.de/krimimaerz und in der ausliegenden Programmbroschüre zu finden.

Wiesbadener KrimiMärz 27.2.-28.3.2020 mit Leichen im Kanalsystem und tiefen menschlichen Abgründen

krimimärzBereits drei Tage vor dem Start des 16. Deutschen Fernsehkrimifestivals startet parallel und komplementär dazu der Wiesbadener KrimiMärz am 27. Februar 2020 mit überaus spannender Unterhaltung, unter anderem über verschwundene Kunstwerke, einen Goldschatz, Leichen im hiesigen Kanalsystem und vielen anderen  Grausamkeiten und tiefen menschlichen Abgründen. Zudem werden namhafte Gäste erwartet, unter ihnen die Kimiautoren Max Annas, Ingrid Noll, Zoe Beck und Friederich Ani und andere. Wenngleich auf ein Motto verzichtet wurde, liegt der diesjährige Schwerpunkt auf Regionalkrimis.

Zum 4. KrimiMärz laden herzlich ein das Literaturhaus Villa Clementine, die VHS, das künstlerhaus 43 und viele weitere Veranstalter. „Der Wiesbadener KrimiMärz ist immer ein besonders gutes Pflaster zum Austausch und Vernetzen innerhalb der verschiedenen Sparten“, freut sich Kulturdezernent Axel Imholz auf ein spannendes Programm. „Durch die vielen interdisziplinären Verknüpfungen lerne ich immer wieder neue Facetten des Krimigenres kennen. Gerade der Fokus auf regionale Autorinnen und Autoren in diesem Jahr lässt erkennen, wie viel literarisches Potential im Rhein-Main-Gebiet liegt. Ich freue mich natürlich auch auf über die Landesgrenzen hinaus bekannte und beliebte Gäste und auf anregende Lesungen und Gespräche mit renommierten Krimiautorinnen und -autoren.“

Zum Auftakt am Donnerstag, 27. Februar stellt der diesjährige Krimistipendiat, Max Annas, der für vier Wochen im Literaturhaus Villa Clementine wohnen und arbeiten wird, seinen aktuellen Roman „Morduntersuchungskommission“ vor. Das Buch entführt seine Zuhörer und Leser in die DDR des Jahres 1983, als es gilt, den Mord an einem Vertragsarbeiter aus Mosambik aufzuklären. Dabei gerät der Ermittler in Konflikt mit den politischen Zielen des sozialistischen Regimes. Max Annas ist ein Meister des politischen Kriminalromans und vermag es, fundierte Recherchen mit spannenden Plots von politischer Brisanz zu verknüpfen. Am Sonntag, 1. März lässt die Großmeisterin der Kriminalliteratur, Ingrid Noll, die Gäste des Literaturhauses an einer gesellschaftlichen Versuchsanordnung der besonderen Art teilhaben: In ihrem Roman „Goldschatz“ stellt sie in gewohnt humoriger Weise eine alternative Studenten-WG, die sich einem Lebensstil fernab von Konsumdruck und Wegwerfgesellschaft verschrieben hat, auf die Probe, als die Aussteiger unter anderem auf einen echten Goldschatz stoßen. Tatort-Fans sollten sich den 19. März vormerken, wenn Krimi- und Drehbuchautor Friedrich Ani in „All die unbewohnten Zimmer“ einen Blick nach München wirft, wo er mehrere seiner beliebten Ermittlerfiguren aufeinandertreffen lässt, um unter anderem den Tod eines Polizisten aufzuklären.

Ein besonderes Augenmerk liegt beim diesjährigen KrimiMärz auf Autorinnen und Autoren aus der Region ebenso wie auf Geschichten, die im Rhein-Main-Gebiet verortet sind. So gilt für ehemalige Krimistipendiaten offensichtlich dasselbe, was man über Verbrecher sagt: Sie kehren immer wieder an den Tatort zurück. So auch Zoë Beck. Die Krimistipendiatin von 2019 kommt am 8. März zurück nach Wiesbaden und präsentiert ihren Kurzkrimi, der während ihre Aufenthaltes im letzten Jahr entstand, an einem ganz besonders kriminalistischen Ort: dem Polizeipräsidium Westhessen. Regionale Delikte bilden auch beim Tatort Rhein-Main am 13. März den Schwerpunkt. Uli Aechtner, Sonja Rudorf und Charly Weller lassen das Publikum an der Verbrechensbekämpfung zwischen Wetterau und Frankfurt teilhaben. Begleitet wird die Kriminacht musikalisch von dem Jazzgitarrenduo „Swing Guitars“ mit Unterstützung des bekannten Wiesbadener Kontrabassisten Alexander Sonntag. Und während am 21. März die Autoren Stefan Koldehoff und Tobias Timm über Kunst und Verbrechen im Museum Wiesbaden diskutieren, führt am 26. März die Suppenlesung während der Mittagspause rund um Edgar Allan Poe zurück zu den Wurzeln der Schauerliteratur. Als ganz besonderes Krimi-Spektakel beschließt die Wiesbadener Autorengruppe „Dostojewskis Erben“ das Abendprogramm des KrimiMärz am 27. März. Mit dem Programm „Rache, Raub und Regenwald“ wird das erfolgreiche Format des letzten Jahres fortgesetzt und in einer szenischen Lesung kriminelle Verwicklungen aus drei verschiedenen Perspektiven erzählt. Sowohl die agile Senioren-WG, als auch die rigorosen Umwelt-Aktivisten und die ausgebufften Gentlemen-Gangster verfolgen das Ziel, einen zwielichtigen Wiesbadener Bankier um sein Schwarzgeld zu erleichtern – allerdings ohne voreinander zu wissen. In einer turbulenten Schlussszene treffen die drei Gruppen dabei aufeinander und lernen einmal mehr: Nichts ist, wie es scheint!

Und was wäre die Verbrechensbekämpfung schließlich ohne Nachwuchs? Getreu dem Motto „Früh übt sich, wer ein Meister werden will“ können am 2. März Kinder und Jugendliche bei einem Workshop mit der Detektei Schrumpf von einem echten Detektiv lernen oder sich am 28. März in und um die Mauritius-Mediathek bei einer Schnitzeljagd auf die Suche nach der versteckten Beute eines Bücherdiebes machen.

Das komplette Programm des Wiesbadener KrimiMärz 2020 sowie alle Infos zu Tickets und Vorverkauf sind unter www.wiesbaden.de/krimimaerz zu finden und in der ausliegenden Programmbroschüre.

Krimistipendiatin Esmahan Aykol liest zum KrimiMärz-Auftakt im Wiesbadener Literaturhaus

Zum Auftakt des Wiesbadener KrimiMärz stellte sich die neue Krimistipendiatin, Esmahan Aykol (li.) im Literaturhaus Wiesbaden, Villa Clementine vor. Die Marita Hübinger, Redaktionsleiterin "Wissen/ARTE" moderierte durch den Abend. Foto: Diether v. Goddenthow
Zum Auftakt des Wiesbadener KrimiMärz stellt sich die neue Krimistipendiatin, Esmahan Aykol (li.) im Literaturhaus Wiesbaden, Villa Clementine vor. Marita Hübinger, Redaktionsleiterin „Wissen/ARTE“ , moderierte durch den Abend. Foto: Diether v. Goddenthow

 

http://rhein-main.eurokunst.com/category/freiheit-fuer-das-wort/

Wenn das reale Lebensumfeld bedrohlicher wird als das fiktive eines Kriminalromans, ist es vielleicht an der Zeit den Wohnort zu wechseln. Nicht so bei  Esmahan Aykol! Die Deutsch-Türkin, die sich gestern Abend zum Auftakt des KrimiMärzes als neue Wiesbadener Krimistipendiatin im Literaturhaus Villa Clementine der Öffentlichkeit vorstellte und aus ihrem neuen Krimi „Istanbul Tango“ las,  verriet, während der Gezi-Proteste ihre Berliner Wohnung komplett aufgegeben zu haben und ganz nach Istanbul gezogen zu sein.

Die im Jahr 2013 entflammten Proteste rund um den Gezi-Park wären eine Zeitenwende gewesen. Man spräche heute von vor Gezi und nach Gezi. Bei den Gezi-Protesten hätten viele liberale Intellektuelle erst realisiert, wie die Regierung mit Andersdenkenden umginge und seien in die Opposition gegangen, so Esmahan Aykol. „Vor Gezi dachte ich immer: ‚Wir sind so wenige …‘. Dabei geht es vielen so wie mir. Das zu sehen hat unheimlich gut getan, so dass ich sagen konnte: Egal, was jetzt geschieht: Ich fühle mich nach so vielen Jahren in Istanbul endlich wieder zu Hause.“ Und so gab sie ihre Berliner Wohnung, in der sie sich zum Arbeiten zurückzog, auf, auch weil sie mittlerweile auch in ihrer Istanbuler Wohnung arbeiten konnte. 10 bis 12 Stunden täglich. Wer Jura studiert habe, könne auch arbeiten. Danach ginge sie schwimmen. Arbeiten und Schwimmen, das sei momentan ihr Leben, so Esmahan Aykol, die zur Zeit an einem anderen Stoff, an einem politischen Roman arbeitet. Mehr wurde aber nicht verraten.

istanbul-tango.coverDie Frage, ob sie ihren aktuellen Krimi „Istanbul Tango“, der noch 2012, also noch vor Gezi entstand, jetzt anders schreiben würde, verneinte Esmahan Aytol. Sie würde ihn genau  gleich schreiben wie vor Gezi. Natürlich sei darin ihre Hauptfigur, die auf eigene Faust ermittelnde Buchhändlerin Kati Hirschel, auch nicht mehr ganz so begeistert von Istanbul wie früher. Denn Istanbul sei nicht mehr dieselbe Stadt, die sie so sehr liebte.

„Was hält Sie denn noch in Istanbul, in Zeiten wie diesen?“, fragte Moderatorin Marta Hübinger, Redaktionsleiterin „Wissen/ARTE“:„Ich liebe diese  Stadt nach wie vor, ich genieße die Stadt!“  Wie sich das alles in Zukunft entwickelte, stünde allerdings noch in den Sternen, so die Krimiautorin. Auch ihre Eltern, beide Rechtsanwälte,  und eine an Alzheimer erkrankte Tante lebten in der Türkei, um die sie sich kümmern würde. .

Das Leben sei schwer unter diesen Umständen, und es gäbe keine Zeitungen mehr „für die ich schreiben kann. Die existieren nicht mehr!“. Sie schriebe ab und zu ausschließlich für die ausländische Presse. „Es wird immer bedrückender!“, so Esmahan  Aykol.

Auf Marita Hübingers Frage, ob es denn noch Menschen gäbe, die offen dagegen protestieren, verweist die Krimiautorin auf eine wachsende Frauenbewegung in der Türkei: „Es gibt sehr mutige Frauen der immer größer werdenden Frauenbewegung“, die am 8. März  im vergangenen Jahr die größte Protestkundgebung gegen Erdogans Politik organisiert hätten, die es je gab. Esmahan  Aykol räumte ein, dass in diesem Jahr 8 Kundgebungen der türkischen Frauenbewegung in Istanbul und Izmir verboten worden seien. „Aber ich glaube, es wird was geschehen, am 8. März“, so die Krimiautorin. Intellektuelle trauten sich nicht mehr, auf Kundgebungen zu gehen, oder seien, sofern sie nicht verhaftet  wären, ins Ausland geflohen. Ihre Freunde, Journalisten, Schriftsteller, Intellektuelle, seien alle ins Ausland gegangen.

Ob sie denn noch selber protestiere? „Wenn mich etwas sehr interessiert, schon!“. Beispielsweise habe letztes Jahr Erdogan gesagt: „Frauen, die keine Kinder haben, sind halbe Frauen!“ „Am nächsten Tag bin ich zur Demonstration gegangen!“ so Frau Aykol. Die Autorin gehe auch zu den Gerichts-Verhandlungen ihrer inhaftierten Freunde.

Der „Welt“-Kollege Deniz Yücel  sei jetzt der 155. gefangene Journalist in einem türkischen Gefängnis, der von Erdogan festgenommen worden sei, nannte Marita Hübinger die aktuellen Zahlen von Reporter ohne Grenzen. Das sei eine  unglaublich erschreckend große Zahl, wobei Esmahan  Aykol annimmt, dass die „Mehrheit davon kurdische Journalisten“ seien.

Warum nutzte „Welt“-Korrespondent Deniz Yücel sein deutscher Pass nicht? „Wenn man die doppelte Staatsangehörigkeit hat“, so Juristin Esmahan  Aykol,  “ist man in der Türkei Türke und in Deutschland Deutscher!“

„Sie haben einen deutschen Pass? Ist das von Vorteil? Haben sie das bewusst entschieden, ihre türkische Staatsbürgerschaft abzugeben?“, fragt die Moderatorin: „Ja, damals 2005, als ich in Berlin eingebürgert worden sei, gab es solche Probleme mit der Türkei noch nicht. Aber damals dachte ich: der deutsche Pass hat mehr Vorteile! So hab‘ ich mich dafür entschieden. Aber jetzt merke ich: Das war die klügste Entscheidung meines Lebens„, erläutert die Juristin Aykol ihre privilegierte Situation.

„Haben Sie manchmal Angst in Istanbul zu leben?“. „Als Frau hat man Angst, ja!“, gibt Esmahan Aytol unumwunden zu. Sie ginge nicht mehr aus, bliebe abends ganz zuhause. Man treffe sich auch kaum mehr in Lokalen, und wenn, müsse man auf die Nebentische achten, ob dort jemand mithöre. „Man redet nicht viel über gefährliche Geschichten. Und wenn, dann trifft man sich in privaten Wohnungen!“ so Esmahan Aytol.

Obgleich Esmahan Aytol auch keinen Hehl aus ihrer Meinung zum armenischen Völkermord macht, habe sie noch nicht  das Gefühl gehabt,  dass man auch sie mal verhaften könne. „Ich denke, wenn es für mich gefährlich wird, dann werde ich vorfühlen und das Land verlassen. Denn ich denke, dass ich die Zeit dafür haben werde!“, ist Frau Aytol überzeugt. Bei so viel Optimismus der Autorin bleibt bei manchen Besucher doch ein mulmiges Gefühl in der Magengegend: Denn fühlte sich nicht auch „Welt“-Korrespondent Deniz Yücel sicher, als er von sich aus zur Polizei ging, um mit den Behörden zu reden und dabei unerwartet in Haft genommen wurde?

Esmahan Aykol beim Signieren ihrer Bücher in der Villa Clementine.  Foto: Diether v. Goddenthow
Esmahan Aykol  signiert  nach der Lesung ihre Bücher. Foto: Diether v. Goddenthow

Die aktuellen Türkeiereignisse überschatten ein wenig den Abend. Die Konzentration auf den eigentlichen Anlass, die Lesung, fällt  manch einem Zuhörer sichtlich schwer.
Schließlich gelingt es Esmahan Aykol aber doch,  die Hauptprotagonistin Kati Hirschel in zwei gelesenen längeren Passagen ihres neuen Kriminalromans  „Istanbul Tango“ aufleben zu lassen. Anschließend signiert die Autorin  ihre Werke.

Diether v. Goddenthow / Rhein-Main.Eurokunst

Zum Inhalt:
In „Istanbul Tango“ begleitet Kati Hirschel ihren liebeskranken Freund  Fofo zu einer Wahrsagerin – und kriegt gleich selbst eine Weissagung: Eine Leiche tauche bald in ihrer nahen Umgebung auf. Das ist für eine Krimibuchhändlerin und leidenschaftliche Leserin nichts Ungewöhnliches. Doch als sie hört, dass eine Bekannte von ihr in kritischem Zustand auf der Intensivstation liegt, wird Kati klar, dass die Wirklichkeit ihr mehr abverlangt, als mit einem Buch in der Hand auf dem Sofa zu sitzen: Hier sind ihre detektivischen Fähigkeiten gefragt. Bald findet Kati heraus, dass Nil, bevor sie eingeliefert wurde, an einem Roman arbeitete. Und der ist, obwohl er im fernen Argentinien spielt, gewissen Leuten ein Dorn im Auge.

istanbul-tango.coverEsmahan Aykol
Istanbul Tango
Ein Fall für Kati Hirschel
Paperback 336 Seiten. Zürich 2016
ISBN 978-3-257-30036-9,
€ (D) 16.00 / sFr 21.00* / € (A) 16.50

 

 

 

Esmahan Aykol

Esmahan Aykol, geboren 1970 in Edirne in der Türkei, arbeitete während des Jurastudiums als Journalistin für verschiedene türkische Zeitungen und Radiosender. Darauf folgte ein Intermezzo als Barkeeperin. Heute konzentriert sie sich aufs Schreiben. Esmahan Aykol, Schöpferin der sympathischen Detektivin  Kati-Hirschel, lebt in Istanbul.

Auszeichnungen:
›Wiesbadener Krimistipendium‹, vier Wochen im März, Autorin schreibt in dieser Zeit an einem von ihrem Wiesbaden-Aufenthalt inspirierten Kurzkrimi und wird in der Jury des Fernsehkrimifestivals mitwirken, 2017

›Stipendium der Franz-Edelmaier-Residenz für Literatur und Menschenrechte‹ der Schweizerischen Gesellschaft für die Europäische Menschenrechtskonvention im August und September 2017 in Meran, 2017

Wiesbadener Krimistipendium 2016 an Wolfgang Schorlau – Werkstattgespräch am 4. März in Villa Clementine

Der diesjährige Krimistipendiat der Landeshauptstadt Wiesbaden, der renommierte Krimiautor Wolfgang Schorlau, stellt sich am Freitag, 4. März um 19.30 Uhr in einem Werkstattgespräch mit Margarete von Schwarzkopf (NDR) und einer Lesung im Literaturhaus dem Wiesbadener Publikum vor.

Er berichtet über seine intensive Recherchearbeit über politische Geschehnisse – etwa die NSU-Morde oder das Münchner Oktoberfest-Attentat 1980 – die er in seinen Krimis um den ehemaligen BKA-Kommissar Georg Dengler literarisch verarbeitet. Aufgrund der Realitätsnähe verdeutlicht er dem Leser verborgene Zusammenhänge von Wirtschaft, Gesellschaft und Politik. Neben seiner Arbeit als Autor spricht er auch über die Fernseh-Verfilmung seiner Dengler-Krimis sowie über seine Erwartungen an seinen Aufenthalt in Wiesbaden und an das Krimistipendium, in dessen Rahmen er einen Kurzkrimi verfasst und Mitglied der Jury des Fernsehkrimifestivals ist.

Wolfgang Schorlau lebt und arbeitet als freier Autor in Stuttgart. Neben den acht „Dengler“-Krimis, darunter 2015 „Die schützende Hand“, hat er die Romane „Sommer am Bosporus“ und „Rebellen“ veröffentlicht sowie den Band „Stuttgart 21. Die Argumente“ her-ausgegeben. 2006 wurde er mit dem Deutschen Krimipreis und 2012 mit dem Stuttgarter Krimipreis ausgezeichnet.

Eintritt frei

Zeit und Ort: Fr. 4.3., 19.30 Uhr, Literaturhaus Villa Clementine, Frankfurter Straße 1

Weitere Infos unter www.wiesbaden.de/literaturhaus