Rheingau Literatur Preis 2021 an Judith Hermann

Judith Hermann Foto: Michael Witte
Judith Hermann Foto: Michael Witte

Oestrich-Winkel, 6. Juli 2021 – Den Rheingau Literatur Preis 2021 erhält die deutsche Schriftstellerin Judith Hermann für ihren Roman „Daheim“. Die durch das Rheingau Literatur Festival initiierte Ehrung wird in diesem Jahr zum 28. Mal vergeben. Die Aus-zeichnung ist mit 11.111 Euro und 111 Flaschen besten Rheingau Rieslings dotiert. Das Hessische Ministerium für Wissenschaft und Kunst und der Rheingau Musik Festival e.V. stiften je 5.000 Euro des Preises, der vom Relais & Chateaux Hotel Burg Schwarzenstein um 1.111 Euro ergänzt wird. Die erlesenen Weine stammen aus den herausragenden Kellern des Verbandes Deutscher Prädikatsweingüter Rheingau.

Die Jury begründet ihre Wahl folgendermaßen: „Judith Hermann ist eine literarische Zauberkünstlerin. Sie nimmt die Fantasie des Lesepublikums gefangen und eröffnet ihr gleichzeitig ungeahnte neue Möglichkeiten. In ihrer klaren und präzisen Prosa sind die unheimlichen Leerstellen des prägnant Gesagten immer auch Verheißungen, das Gefängnis der Realität hinter sich lassen zu können. Mit solch befreiender Magie erkundet Judith Hermanns neuster Roman „Daheim“ die Spielräume existentieller Selbstermächtigung und kollektiver Zukunftstüchtigkeit in einer sozial und ökologisch fragilen Welt. Ihre Kunst erweist sich einmal mehr als äußerst gegenwärtig ohne sich auf diese Gegenwart einengen zu lassen.“

Judith Hermann, wurde 1970 in Berlin geboren. Ihrem Debüt „Sommerhaus, später“ (1998) wurde eine außerordentliche Resonanz zuteil. 2003 folgte der Erzählungsband „Nichts als Gespenster“. 2009 erschien „Alice“, fünf Erzählungen, die international gefeiert wurden. 2014 veröffentlichte Judith Hermann ihren ersten Roman, „Aller Liebe Anfang“. 2016 folgten die Erzählungen „Lettipark“, die mit dem dänischen Blixen-Preis für Kurzgeschichten ausgezeichnet wurden. Im Frühjahr 2021 erschien der Roman

„Daheim“, der für den Preis der Leipziger Buchmesse nominiert wurde. Für ihr Werk wurde Judith Hermann mit zahlreichen Preisen geehrt, darunter dem Kleist-Preis und dem Friedrich-Hölderlin-Preis. Die Autorin lebt und schreibt in Berlin.

Die Jury des Rheingau Literatur Preises setzt sich unter der Leitung von Prof. Dr. Heiner Boehncke zusammen aus Dr. Viola Bolduan (ehemalige Feuilletonchefin des Wiesbadener Kuriers), Dr. Alf Mentzer (Literaturredakteur des Hessischen Rundfunks) und Andreas Platthaus (Literaturchef der F.A.Z).

Die bisherigen Preisträger waren Stefanie Menzinger, Ulla Berkéwicz, Herbert Maurer, Thomas Meinecke, Hella Eckert, Thomas Lehr, Peter Stamm, Bodo Kirchhoff, Robert Gernhardt, Reinhard Jirgl, Ralf Rothmann, Gert Loschütz, Clemens Meyer, Antje Rávic Strubel, Ursula Krechel, Christoph Peters, Jochen Schimmang, Josef Haslinger, Sten Nadolny, Ralph Dutli, Stephanie Bart, Klaus Modick, Saša Stanišić, Ingo Schulze, Ro-bert Seethaler, Dörte Hansen und Annette Pehnt.

Der Rheingau Literatur Preis wird Judith Hermann im Rahmen des diesjährigen Rheingau Literatur Festivals am Samstag, dem 18. September 2021, auf Schloss
Johannisberg verliehen. Die Laudatio wird Dr. Alf Mentzer halten.

Karten- und Infoline: 0 67 23 / 60 21 70 | https://www.rheingau-literatur-festival.de

Ministerpräsident Volker Bouffier zeichnet Prof. Dr. Martin Hein, Norbert Kartmann, Andreas von Schoeler und Minka Pradelski mit der Wilhelm Leuschner-Medaille 2020 aus

„Vier Persönlichkeiten, die sich in höchstem Maße für die demokratische Gesellschaft eingesetzt haben“. Ministerpräsident Volker Bouffier (mitte) zeichnet mit der Wilhelm Leuschner-Medaille 2020 aus (v.l.n.r.) Andreas von Schoeler, Norbert Kartmann, Minka Pradelski und Prof. Dr. Martin Hein. © Foto Diether v. Goddenthow
„Vier Persönlichkeiten, die sich in höchstem Maße für die demokratische Gesellschaft eingesetzt haben“. Ministerpräsident Volker Bouffier (mitte) zeichnet mit der Wilhelm Leuschner-Medaille 2020 aus (v.l.n.r.) Andreas von Schoeler, Norbert Kartmann, Minka Pradelski und Prof. Dr. Martin Hein. © Foto Diether v. Goddenthow

Wiesbaden. Der Hessische Ministerpräsident Volker Bouffier hat Bischof emeritus Prof. Dr. Martin Hein, den Landtagsabgeordneten und ehemaligen Landtagspräsidenten Norbert Kartmann, den ehemaligen Staatssekretär und früheren Oberbürgermeister der Stadt Frankfurt, Andreas von Schoeler, und die Schriftstellerin Minka Pradelski aus Frankfurt mit der Wilhelm Leuschner-Medaille 2020 geehrt. „Ich freue mich sehr, das Engagement von vier hessischen Persönlichkeiten mit der höchsten Auszeichnung des Landes Hessen, der Wilhelm Leuschner-Medaille, zu würdigen. Sie haben sich in höchstem Maße für die demokratische Gesellschaft und ihre Einrichtungen eingesetzt“, sagte Bouffier am Samstag bei einer Festveranstaltung im Kloster Eberbach. Aufgrund der Corona-Pandemie musste die Verleihung der Wilhelm Leuschner-Medaille 2020, die traditionell am Hessischen Verfassungstag, dem 1. Dezember, verliehen wird, verschoben werden.

In den Jahren von 1982 bis 2000 war Prof. Dr. Martin Hein in unterschiedlichen Funktionen im Pfarrdienst der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck tätig. Von 1995 bis 2000 war er Dekan des Kirchenkreises Kassel-Mitte. In den darauffolgenden 19 Jahren amtierte Hein als Bischof der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck. Von 2014 bis 2018 wirkte er außerdem als Mitglied im Deutschen Ethikrat mit. „Bischof Hein hat in den vergangenen 20 Jahren als ‚wichtiger Brückenbauer‘ zwischen Kirche und Staat fungiert. Seine Worte und Meinungen zu politischen, kirchlichen, sozialen sowie gesellschaftlichen Fragen wurden gehört und geschätzt. Er war einer der ,Pfeiler‘ für den fruchtbaren Dialog zwischen der Hessischen Landesregierung und den Kirchen in den vergangenen zwei Dekaden. Ich kenne ihn als einen Mann des offenen Wortes und als einen Menschen, auf den stets Verlass war und ist“, erklärte Bouffier. „Er hat sein Amt mit viel Herzblut ausgefüllt und hatte immer ein offenes Ohr für seine Mitmenschen. Sein Einsatz für die Gesellschaft verdient zu Recht die Auszeichnung mit der Wilhelm Leuschner-Medaille.“

Der Landtagsabgeordnete und ehemalige Landtagspräsident Norbert Kartmann erhält die Wilhelm Leuschner-Medaille für sein gesamtes politisches Lebenswerk. „,Homo politicus‘ – so lässt sich Norbert Kartmann trefflich beschreiben“, so der Ministerpräsident. „Seit 50 Jahren ist er politisch unermüdlich engagiert. Als Mitglied des Landtags 1982 und 1983 sowie seit 1987 und als Präsident des Hessischen Landtags hat sich Norbert Kartmann parteiübergreifend Respekt und Ansehen erworben. Dafür wurde er nach seinem Ausscheiden aus dem Präsidentenamt 2019 mit dem Hessischen Verdienstorden und bereits 2012 mit dem Verdienstkreuz 1. Klasse des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland geehrt. Norbert Kartmann hat mehr als 15 Jahre lang den Hessischen Landtag an der Spitze repräsentiert – so lange wie niemand zuvor. Er ist ein hochgeschätzter Politiker, der sich mit großem Geschick, Weitsicht und Verve für seine Heimat Butzbach, Hessen und Europa eingesetzt hat. Es ist mir eine Freude, ihn für sein politisches Wirken und sein hohes Engagement in den vergangenen Jahrzehnten im Hessischen Landtag nun auch mit der Wilhelm Leuschner-Medaille auszuzeichnen“, unterstrich Bouffier.

Mit Minka Pradelski erhält eine Frau die Wilhelm Leuschner-Medaille, die auf eine bewegende Familiengeschichte zurückblickt. 1947 wurde sie in einem Lager für Vertriebene in Frankfurt am Main geboren. Ihre Eltern waren dem Holocaust entkommen. 1952 verließ die Familie Deutschland mit dem Ziel New York, im Alter von acht Jahren kehrte Pradelski jedoch nach Frankfurt am Main zurück. Sie legte ihr Abitur am Frankfurter Gymnasium Elisabethenschule ab und wirkte in den Folgejahren in der Mainmetropole. „Minka Pradelski hat die höchste Auszeichnung des Landes Hessen in besonderem Maße verdient. Sie gibt das Erlebte der Eltern in ihrer schriftstellerischen und filmischen Arbeit als Mahnung weiter. Hinzu kommt ihr ehrenamtliches Engagement für jüdisches Leben in Deutschland“, begründete Bouffier ihre Auszeichnung. „Ihre Entscheidung, aus den USA wieder in die Geburtsstadt Frankfurt zurückzukehren, ist ein starkes Signal, das Geschehene auszuhalten, daraus Lehren zu ziehen und diese Schlüsse an die kommende Generation weiterzugeben“, unterstrich der Regierungschef. Pradelski stelle sich gegen den Antisemitismus und setze sich für Integration und den Zusammenhalt der Gesellschaft ein. „Ihr kann zurecht attestiert werden, dass sie sich im Geiste Wilhelm Leuschners´ für die Werte des Grundgesetzes einsetzt“, so Bouffier.

Ebenfalls mit der Wilhelm Leuschner-Medaille wird Andreas von Schoeler ausgezeichnet. Der ehemalige Oberbürgermeister von Frankfurt am Main übernahm im Jahre 2009 den Vorsitz der Gesellschaft der Freunde und Förderer des Jüdischen Museums Frankfurt. „Wie kein anderer hat sich Andreas von Schoeler dafür engagiert, dass jüdisches Leben in Frankfurt sichtbar ist und Geschehenes lebendig bleibt. Mit sehr viel Herzblut und Leidenschaft hat er den Förderverein aktiviert und sich für die Erweiterung des Museums und die Erneuerung von dessen Dauerausstellung eingesetzt“, betonte der Ministerpräsident. „Bis Anfang 2020 wurden von Bürgerinnen und Bürgern, Unternehmen und privaten Stiftungen insgesamt 6 Millionen Euro für das Museum gespendet. Die Fertigstellung und Eröffnung des erweiterten Neubaus wird immer mit seinem Namen und Engagement verbunden bleiben, denn sie gehen maßgeblich auf den unermüdlichen Einsatz von Andreas von Schoeler zurück“, so Bouffier. „Sein Engagement für dieses Museum hat eine Strahlkraft, die über Hessen hinausgeht. Er ist daher ein würdiger Preisträger der Wilhelm Leuschner-Medaille.“

Bei herrlichem Wetter bot Kloster Eberbach in diesem Jahr die Kulisse der Preisverleihung. © Foto Diether v. Goddenthow
Bei herrlichem Wetter bot Kloster Eberbach in diesem Jahr die Kulisse der Preisverleihung. © Foto Diether v. Goddenthow

Hintergrund
Die Wilhelm Leuschner-Medaille ist die höchste Auszeichnung des Landes Hessen und wird traditionell am hessischen Verfassungstag verliehen. Es werden Personen geehrt, die sich im Geiste Wilhelm Leuschners hervorragende Verdienste um die demokratische Gesellschaft und ihre Einrichtungen erworben haben. Wilhelm Leuschner war einer der wichtigsten hessischen Widerstandskämpfer gegen das Nazi-Regime. Nach dem Attentat auf Adolf Hitler am 20. Juli 1944 wurde er zum Tode verurteilt und am 29. September 1944 in Berlin-Plötzensee hingerichtet. Der ehemalige Ministerpräsident Georg-August Zinn stiftete die Medaille am 29. September 1964, dem 20. Todestag Leuschners. 1965 wurde sie zum ersten Mal verliehen

 

 

 

Arzt der Notleidenden wird ausgezeichnet Mainzer Medienpreis 2021 geht an Prof. Gerhard Trabert

Nach Herbert Bonewitz, Jürgen Klopp, Gundula Gause und den Mainzer Hofsängern ist Prof. Gerhard Trabert der fünfte Preisträger des Mainzer Medienpreises. Die Findungskommission stellt in ihrem Votum nicht nur das außerordentliche und beständige Engagement von Gerhard Trabert im Rahmen des von ihm gegründeten Vereins „Armut und Gesundheit“ in den Vordergrund, sondern auch seinen unermüdlichen Einsatz dafür, die Not der Betroffenen unter Nutzung unterschiedlicher Medien ins öffentliche Bewusstsein zu tragen.

Die den Preisträger darstellende Druckgraphik wird von der Künstlerin Kathrin Schik erstellt, die sich durch innovative Druckgraphik und eine hochsensible Handschrift ein Alleinstellungsmerkmal auf dem Kunstmarkt geschaffen hat. Sie ist vielen Mainzern durch ihre Ausstellung in der Mainzer Kunstgalerie bekannt, deren Erlös von etwa 5000 Euro sie dem Verein „Armut und Gesundheit“ spendete.

Die Preisverleihung wird im phantastischen Rund des Römischen Theaters erfolgen. Zum einen, weil Gerhard Trabert hier in unmittelbarer Nähe auf der Zitadelle seinen Wirkort hat, aber auch, weil das Römische Theater mit der Internationalität seines Wirkens korrespondiert: steht doch gerade das antike Rom für eine integrative, internationale Kultur. So wundert es nicht, dass in diesem Jahr die Schirmherrschaft der Veranstaltung bei der „Initiative Römisches Mainz“ liegt. Der Pflegebevollmächtigte der Bundesregierung, Staatssekretär Andreas Westerfellhaus hat die externe Laudatio zugesagt, die Laudatio aus der Findungskommission übernimmt der Dekan der Johannes Gutenberg-Universität, Prof. Gregor Daschmann.

Trabert, der u.a. mit dem Bundesverdienstkreuz, der Paracelsus-Medaille und im vergangenen Jahr als Hochschullehrer des Jahres ausgezeichnet wurde, ist ein herausragendes Beispiel für nachhaltiges mediales Wirken: Dazu gehört die Gründung eines eigenen Verlages, die Bedienung der sozialen Medien, das politische Engagement, die Assoziation mit Vertretern der Kunst und die Berichterstattung über wichtige Projekte in den konventionellen Print-Medien. Dabei stellt er sich selbst uneitel, aber stets kompromisslos als Anwalt der Notleidenden immer hinter die Sache, macht Medizin dort, wo es nottut und wehtut. Als Arzt wirkt er weit über Mainz hinaus: er hilft in Afrika, in Flüchtlingscamps, während der Corona-Epidemie, er sammelt Hilfsmittel, generiert Gelder. Es war in Bosnien tätig, als dort die Not im Coronakontext am größten war. So überrascht es nicht, dass Gerhard Trabert auf Lesbos mitten in seiner Arbeit von der ehrenvollen Preisträgerschaft erfuhr und den Mainzer Medienpreis unmittelbar vor Ort sofort annahm.

Die Veranstaltung zur offiziellen Preisverleihung ist für Oktober 2021 geplant mit der Überreichung des Medienpreises und der den Preisträger darstellenden Druckgraphik, auf die sich insbesondere Dr. Annette Ludwig freut, da die Druckgraphik ein Jahr lang im Gutenberg Museum ausgestellt werden wird und so den Preisträger und sein Wirken präsent hält. Im Rahmen der Feier werden auch Open-Ohr Musikbeiträge vom Mainzer Stadtmusiker Prof. Felix Koch und seinem Team sowie der Rockin‘ Blues Band erwartet.

Anmeldungen zur Veranstaltung sind ab Bekanntgabe des genauen Termins möglich, von den dann zu vergebenden Sitzplätzen wird wieder ein Kontingent den AZ-Leser zur Verfügung gestellt. Die vorherigen Preisträger sind – wie in den Vorjahren – eingeladen. Das Römische Bühnentheater sieht sich damit als Veranstaltungsort in einer würdigen Reihe nach dem Universitätshörsaal, der Christuskirche, dem Mainzer Dom und St. Stephan. Ein Kommissionsmitglied freute sich: „Trabert im Römischen Theater ist besser als Pink Floyd in Pompeji.“

Mitglieder der Findungskommission zum Mainzer Medienpreis für nachhaltiges Wirken sind: Karl Otto Armbrüster, Prof. Dr. Bernhard Dorweiler, Ulrich Drechsler, Hans-Jürgen Eberhardt, Dekan Andreas Klodt, Prof. Dr. Georg Krausch, Prof. Dr. Gregor Daschmann, Peter Krawietz, Dr. Annett

Ausbruch des Laacher-See-Vulkans neu datiert

Laacher-See Vulkaneruption fand vor 13.077 Jahren statt – Neues Datum liefert entscheidende Erkenntnisse über Klimaschwankungen am Ende der letzten Eiszeit. Subfossile Kiefernscheibe gefunden in Zürich, Schweiz: Die Kalibrierung der Radiokarbonmessungen an Holzproben aus den Laacher-See-Ablagerungen gegen eine Schweizer Referenzchronologie basierend auf solchen Kieferproben ergab die präzise Datierung. Foto/©: Daniel Nievergelt
Laacher-See Vulkaneruption fand vor 13.077 Jahren statt – Neues Datum liefert entscheidende Erkenntnisse über Klimaschwankungen am Ende der letzten Eiszeit. Subfossile Kiefernscheibe gefunden in Zürich, Schweiz: Die Kalibrierung der Radiokarbonmessungen an Holzproben aus den Laacher-See-Ablagerungen gegen eine Schweizer Referenzchronologie basierend auf solchen Kieferproben ergab die präzise Datierung. Foto/©: Daniel Nievergelt

Der Ausbruch des Laacher-See-Vulkans in der Eifel zählt zu den größten Eruptionen, die sich in Mitteleuropa ereignet haben. Der Vulkanausbruch förderte rund 20 Kubikkilometer Asche zutage und die Eruptionswolke reichte über 20 Kilometer in die Höhe, vergleichbar mit dem Ausbruch des Pinatubo auf den Philippinen im Jahr 1991. Technische Fortschritte und Funde von Baumresten, die im Zuge der Eruption begraben wurden, ermöglichen nun eine genaue Datierung des Ereignisses mit einer nur sehr geringen Unsicherheit. Demnach ist der Ausbruch des Laacher-See-Vulkans vor 13.077 Jahren erfolgt und damit 126 Jahre früher als bisher angenommen. Dies wirft ein neues Licht auf die Klimageschichte des gesamten nordatlantischen und europäischen Raums und erfordert eine Anpassung der europäischen Klimaarchive. „Wir können damit einen Temperatursturz am Ende der letzten Kaltzeit genau datieren, sodass sich die Angaben jetzt mit denen von Bohrkernen aus dem Grönlandeis decken“, sagt Dr. Frederick Reinig, Dendrochronologe an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU). An dem Projekt war ein internationales Forschungsteam aus der Archäologie, Klimatologie, Ökologie, Radiokarbondatierung und Vulkanologie beteiligt. Die Forschungsergebnisse wurden in der renommierten Wissenschaftszeitschrift Nature publiziert.

Verkohlte Holzreste von Birken und Pappeln sind bis heute erhalten
Der Ausbruch des Laacher-See-Vulkans war eine Naturkatastrophe, die weite Teile Europas betroffen hat. Der Ascheregen gelangte bis nach Norditalien im Süden und nach Sankt Petersburg im Nordosten. In der unmittelbaren Umgebung und im benachbarten Rheintal bildeten sich mächtige Ablagerungen aus Asche und Bims, die alles Leben unter sich begruben. „Pyroklastische Ströme haben bei dem Ausbruch damals die Vegetation um den Laacher-See-Vulkan verschüttet. Die Bäume wurden in den Ascheablagerungen teilweise verkohlt und bis heute konserviert“, beschreibt Reinig das Ausbruchsgeschehen, das sich im späten Frühling bis frühen Sommer ereignet hat und das vermutlich mehrere Wochen andauerte – und das heute den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern die genaue Datierung des Ereignisses ermöglicht. „Diese hölzernen Zeitzeugen sind allerdings sehr selten und sie sind schwierig zu bergen“, so Reinig, Erstautor der Studie.

„Die regionalen Auswirkungen des Vulkanausbruchs sind gut erforscht. Was uns bisher gefehlt hat, ist die Sicherheit, wann genau dies passiert ist“, erklärt Prof. Dr. Ulf Büntgen, Co-Autor der Nature-Publikation von der University of Cambridge. Dies konnte nun anhand der Proben von verschütteten Birken und Pappeln ermittelt werden.

Analyse der Baumringe gibt Aufschluss über das genaue Datum der Eruption
Die vulkanischen Sedimente haben nicht nur die Holzstücke über 13.000 Jahre lang konserviert, sondern damit blieben auch die Jahrringe der Bäume erhalten. „Die Jahrringe geben uns die Möglichkeit, das Alter der Proben genau zu bestimmen“, sagt Prof. Dr. Jan Esper von der JGU. In einer gemeinsamen Initiative der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL in Birmensdorf, Schweiz, mit dem Archäologischen Forschungszentrum und Museum für menschliche Verhaltensevolution MONREPOS in Neuwied wurden sowohl neu entdeckte Proben als auch ältere Fundstücke analysiert. Dazu hat das Labor für Ionenstrahlphysik der ETH Zürich Radiokarbonmessungen an 157 einzelnen Jahrringen der untersuchten Bäume vorgenommen. Die Kalibrierung dieser Ergebnisse gegen eine Schweizer Referenzchronologie ergab dann die präzise Datierung. „Die stetigen Fortschritte bei der Radiokarbon-Messtechnik und bei den verwendeten Kalibrierverfahren sowie die sorgsame Handhabung der empfindlichen Proben waren der Schlüssel, damit wir diese Datierung mit einer Unsicherheit von weniger als zehn Jahren etablieren konnten“, so Dr. Lukas Wacker von der ETH Zürich.

Neudatierung des Vulkanausbruchs hat Folgen für die Synchronisierung europäischer Klimaarchive und das Verständnis der großräumigen Klimadynamik

Die Eruption des Laacher-See-Vulkans erfolgte der Darstellung in Nature zufolge 13.006 Jahre vor 1950 mit einer Unsicherheit von 9 Jahren. Das ist 126 Jahre früher als die bisher allgemein akzeptierte Datierung anhand von Sedimenten im Meerfelder Maar.

Diese Differenz hat weitreichende Folgen für die Synchronisierung europäischer Klimaarchive und das Verständnis der nordatlantischen und europäischen Klimageschichte. Der Ascheregen, der infolge des Vulkanausbruchs über große Gebiete Mittel- und Nordeuropas niederging, ist ein wichtiger Zeitmarker für Paläoumweltarchive. Aufgrund der Neudatierung müssen nun die europäischen Archive angepasst werden. Gleichzeitig wurde damit eine bislang bestehende Differenz zu den Daten der grönländischen Eisbohrkerne geschlossen.

Dies bedeutet, dass der massive Kälteeinbruch zu Beginn der Jüngeren Dryaszeit – dem letzten, rund 1.300 Jahre dauernden eiszeitlichen Intermezzo vor der aktuell herrschenden Warmphase, dem Holozän – auch in Mitteleuropa bereits 130 Jahre früher, also vor circa 12.870 Jahren begann. Dies zeigen auch die Eisbohrkerne aus Grönland für den nordatlantischen Raum an. Während der Jüngeren Dryaszeit sanken die Temperaturen in Mitteleuropa um bis zu 5 Grad Celsius. „Diese starke Abkühlung vollzog sich nicht, wie bislang gedacht, zeitlich versetzt über einen längeren Zeitraum, sondern verlief über den gesamten nordatlantischen Raum und Mitteleuropa synchron“, sagt Frederick Reinig. Die Ergebnisse des interdisziplinären Forschungsteams legen damit nicht nur ein präzises Datum für den Ausbruch des Laacher-See-Vulkans in der Eifel fest. Das revidierte Alter der Ascheablagerungen und die damit verbundene Verschiebung der europäischen Klimaarchive wirft nun ein neues Licht auf die Klimageschichte des gesamten nordatlantischen und europäischen Raums.

Mode trifft Kunst: Nina Hollein und Philipp Schweiger im Kunstverein Familie Montez

Die Ausstellung ‚Palindrome‘ zur Frankfurt Fashion Week verbindet nachhaltige Mode mit Landschaftsmalerei © Blick in die Ausstellung  Stadt Frankfurt Foto: Holger Menzel
Die Ausstellung ‚Palindrome‘ zur Frankfurt Fashion Week verbindet nachhaltige Mode mit Landschaftsmalerei © Blick in die Ausstellung Stadt Frankfurt Foto: Holger Menzel

(ffm) Viereinhalb Jahre war Nina Hollein nicht mehr in Frankfurt. Doch zur ersten Frankfurt Fashion Week ist die Modedesignerin und Frau des ehemaligen Städeldirektors Max Hollein, mit dem sie nun in New York lebt, in ihre alte Heimatstadt zurückgekehrt. Denn auch wenn die Modewoche diesen Sommer in digitaler Form stattfindet, nutzt sie das Event, um den Frankfurterinnen und Frankfurtern ihre Kollektion zu präsentieren. Nicht in Form einer Modenschau, sondern als Ausstellung. Mit einem ganz besonderen Gast: Holleins Kleider werden gemeinsam mit den Gemälden ihres Zwillingsbruders, dem Maler Philipp Schweiger, gezeigt.

Die Ausstellung ist ab Donnerstag, 1. Juli, im Kunstverein Familie Montez in der Honsellstraße 7 am Ostrand des Hafenparks zu sehen. Dessen Direktor Mirek Macke kennt Hollein noch aus ihrer Zeit in Frankfurt: „Wir kennen uns schon lange und hatten immer großes Interesse an der Arbeit des Anderen.“ Der Ort für die erste gemeinsame Arbeit der Zwillinge war damit schnell gefunden. Nun stehen rund 20 Kleidungsstücke im Kunstverein bereit, umrahmt von den Bildern Schweigers, die fast durchweg Natur und Landschaften zeigen.

In Frankfurt freut man sich, dass Hollein für die Fashion Week in ihre ehemalige Heimatstadt zurückgekehrt ist. „Ich bin sehr erfreut darüber, dass mit Nina Hollein ein berühmtes Gesicht dieser Stadt während der Fashion Week zurück nach Frankfurt kommt. Das zeigt, dass die Modewoche auch eine internationale Strahlkraft besitzt“, sagt Oberbürgermeister Peter Feldmann. „Und umso schöner, dass mit dem Kunstverein Familie Montez eine Kreativ-Location als Ausstellungsort gewählt wurde, der über die Grenzen unserer Stadt hinaus als Zentrum für innovative Kunst und Kreativität bekannt ist. Ich bin sehr gespannt darauf, wie die Ausstellung Mode und Malerei in Verbindung setzt.“ Die Werke von Hollein und Schweiger sind bis Sonntag, 25. Juli, zu sehen.

Nachhaltigkeit steht im Zentrum des Schaffens
Holleins Modelle sind vorherrschend in dunklen Blautönen und in Schwarz gehalten, zwei leuchtend bunte Seidenkleider stechen hervor. Alle Kleidungsstücke wurden aus einer Vielzahl von Stoffen genäht, teilweise sieht man Knopfleisten, kann die Form eines Anzugs erkennen. „Wir haben nichts dazugekauft“, erklärt die Designerin. „Alle Stoffe kommen aus unserem Lager oder aus dem Archiv. Und teilweise habe ich sogar Anzüge von Familienmitgliedern verarbeitet.“ Bei der Produktion wurde zudem darauf geachtet, ressourcenschonend zu arbeiten.

Denn Nachhaltigkeit spielt für Hollein eine entscheidende Rolle in ihrem Tun: „Die Modeindustrie stellt einen riesigen Faktor in der Klimakrise dar – durch den CO2-Fußabdruck, die Müllproduktion, die Arbeitsbedingungen und den Überkonsum der Menschen.“ Aus diesem Grund bringt die Designerin auch nicht regelmäßig neue Kollektionen heraus. „Das Kollektionendenken lehne ich ab. Es passt auch nicht zu dem, was ich tue. Ich arbeite an einer großen Kollektion, die sich stetig verändert und weiterentwickelt“, sagt Hollein.

Auch ihr Bruder beschäftigt sich mit dem Thema Natur und Klima. Seine in Grün- und Brauntönen gehaltenen Bilder – einige von ihnen Diptychen – zeigen schemenhafte Landschaften. „Für Künstler ist es immer gut, wenn sie sich mit etwas beschäftigen, das sie kennen, und den eigenen Alltag einer künstlerischen Wertung unterziehen. Meine Bilder zeigen nicht die Landschaften, wie sie sind, sondern eine gewisse Atmosphäre, die ich mit den jeweiligen Orten verbinde. Die ideale Landschaft gibt es im 21. Jahrhundert nicht mehr – deswegen zeige ich eine verträumte, auf Erinnerungen basierte Version davon“, erläutert Schweiger. Ein Motiv, das lange Zeit verpönt war, mit dem Aufkommen der Klimakrise jedoch wieder an Bedeutung gewonnen habe, sagt der Wiener Maler. Und fügt hinzu: „Jeder vernünftige Mensch muss sich heutzutage mit dem Thema Nachhaltigkeit auseinandersetzen. Seitdem ich Kinder habe, hat es für mich zusätzlich enorm an Bedeutung gewonnen. Wir stehen an der Kippe und müssen nun Haltung beziehen – für uns und für die kommenden Generationen.“

Ihre Kunst führt die Zwillinge an einem Ort zusammen
Den Ausstellungsnamen „Palindrome“ haben die Geschwister aus vielen verschiedenen Gründen gewählt. Einerseits könne man ihre Kleider auf verschiedene Arten tragen, erklärt Hollein: Als Rock, als Kleid, als Jacke. Und auch die Kunst ihres Bruders verändere sich je nach Perspektive. „Und andererseits sind wir Geschwister, die in verschiedenen Städten leben, und jetzt für dieses Projekt zusammenkommen“, führt die Designerin aus.

Das gemeinsame Projekt zur Frankfurter Fashion Week zu starten, läuft für Hollein einher mit der Hoffnung auf mehr Sichtbarkeit für Mode in Frankfurt. „Hier gibt es eine tolle lokale Szene von kleinen Labels, die durch die Fashion Week hoffentlich mehr Aufmerksamkeit bekommen. Ich bin gespannt, wie sich das Thema Mode in Frankfurt jetzt entwickelt. Die Frankfurter sind sehr offen und auch sehr kunstaffin – es würde also gut passen.“

Die Ausstellung „Palindrome – Mode und Malerei“ ist vom 1. bis 25. Juli im Kunstverein Familie Montez, Honsellstraße 7, zu sehen. Der Eintritt ist unentgeltlich.

(Laura Bicker)

60 Jahre Hessentag – 2023 in Pfungstadt

60 Jahre Hessentag: Am 30. Juni 1961 eröffnete der damalige Ministerpräsident Georg-August Zinn den ersten Hessentag in Alsfeld. Knapp 60 Jahre später eröffnete Ministerpräsident Volker Bouffier den Hessentag 2019 in Bad Hersfeld. Aufgrund der Corona-Pandemie mussten die Hessentage 2020 und 2021 ausfallen. Ministerpräsident Volker Bouffier zu 60 Jahre Hessentag: „Ich bin zuversichtlich, dass wir die lange Tradition des Hessentages künftig wiederaufnehmen und pflegen können“ Hessentag2019  © Hessische StK / Foto: Thomas Lohnes
60 Jahre Hessentag: Am 30. Juni 1961 eröffnete der damalige Ministerpräsident Georg-August Zinn den ersten Hessentag in Alsfeld. Knapp 60 Jahre später eröffnete Ministerpräsident Volker Bouffier den Hessentag 2019 in Bad Hersfeld. Aufgrund der Corona-Pandemie mussten die Hessentage 2020 und 2021 ausfallen. Ministerpräsident Volker Bouffier zu 60 Jahre Hessentag: „Ich bin zuversichtlich, dass wir die lange Tradition des Hessentages künftig wiederaufnehmen und pflegen können“ Hessentag2019
© Hessische StK / Foto: Thomas Lohnes

Wiesbaden. Anlässlich des ersten Hessentages vor 60 Jahren in Alsfeld, der am 30. Juni 1961 vom damaligen Ministerpräsidenten Georg-August Zinn eröffnet wurde, hat Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier die Bedeutung des Landesfestes für das Bundesland Hessen betont. „Der Hessentag ist das größte und älteste Fest in Deutschland – ein Fest, um das uns viele beneiden. Er bringt die Menschen aus dem ganzen Bundesland zusammen und stellt zugleich die beeindruckende Vielfalt Hessens unter Beweis. Ich bin zuversichtlich, dass wir die lange Tradition des Hessentages im kommenden Jahr wiederaufnehmen und pflegen können“, sagte Bouffier am Mittwoch in Wiesbaden. Der Hessentag ist aufgrund der Corona-Pandemie in diesem Jahr das zweite Mal in Folge ausgefallen.

Der Hessentag wurde vom damaligen Hessischen Ministerpräsidenten Georg-August Zinn ins Leben gerufen, um das Zusammengehörigkeitsgefühl der Einwohner Hessens zu stärken und die Integration der Neu-Hessinnen und Hessen voranzutreiben. Über 700.000 Vertriebene, Flüchtlinge, ehemalige Kriegsgefangene und Zwangsarbeiter aus den ehemaligen deutschen Ostgebieten, der Tschechoslowakei, aus Polen, Ungarn und Jugoslawien machten damals rund 16 Prozent der hessischen Bevölkerung aus. Der Hessentag sollte ihnen die Möglichkeit geben, das Bundesland und seine Besonderheiten besser kennenzulernen. „Hesse ist, wer Hesse sein will“ – so Zinns Intention für das Landesfest, das 1961 erstmals dreitägig in Alsfeld stadtfand. „Vor 60 Jahren war unser Land noch sehr jung und das Landesfest sollte die emotionale Bindung der Einheimischen, der Heimatvertrieben und der Geflüchteten zu unserem Land stärken. Sie sollten hier ankommen und sich wohlfühlen. Der Hessentag sollte ein großes Fest der Hessinnen und Hessen werden. Und das ist er. Bis heute. Ein Fest von Bürgerinnen und Bürger für Bürgerinnen und Bürger. Der Hessentag ist vom ersten Tag an ein großer Erfolg gewesen und immer noch ein Besuchermagnet“, unterstrich Bouffier. Zählte der Hessentag anfangs in Alsfeld 40.000 Besucherinnen und Besucher sind es heutzutage bis zu einer Million. Der letzte Hessentag in Bad Hersfeld zählte 862.000 Besucherinnen und Besucher Die meisten Besucherinnen und Besucher hatte der Hessentag 2013 in Kassel: 1.830.000 Menschen kamen damals zum Landesfest in die documenta-Stadt.

„Im Lauf von sechzig Jahren hat sich der Hessentag mehrfach gewandelt, aber im Kern ist er sich treu geblieben. Die Eröffnung und der Festumzug zum Schluss gehören zum Hessentag genauso dazu wie die zahlreichen kulturellen Veranstaltungen und die Treffen der Verbände und Vereine“, betonte Bouffier. Der Hessentag sei „ein Ort der Begegnungen, der Tradition und Moderne auf einzigartige Weise verbinde.“ Sowohl Trachten als auch Start-ups seien auf dem Hessentag zu finden. Firmen präsentieren sich heute wie damals ebenso wie Verbände, Institutionen und Vereinigungen. Das Kulturprogramm ist heutzutage jedoch deutlich größer. Rund 1. 000 Programmpunkte zählt der Hessentag heute. Waren es in den Anfangsjahren Tausende, die zum Internationalen Musikfest der Nationen strömten, so pilgerten beim Hessentag 2014 in Bensheim 35.000 Menschen zur größten Einzelveranstaltung „Just White“ von Hit Radio FFH. Rund 115.000 Besucherinnen und Besucher informierten sich 2019 an den Ständen von Landespolitik, Verbänden, Vereinen und weiteren Institutionen. Beim ersten Hessentag in Alsfeld waren die Dimensionen andere: Ein akademischer Teil mit Vorträgen und Lesungen, verschiedene Ausstellungen, Filmvorführungen, Trachtentänze und unterhaltende Vorführungen sowie sportliche Darbietungen, Schülerwettbewerbe und Auftrittsmöglichkeiten für Jugendliche prägten den Hessentag. Außerdem konnten sich Wirtschaft und Kunsthandwerk mit einer kleinen Ausstellung präsentieren.

Bouffier betonte, dass der Hessentag immer mit der Zeit gegangen sei und die politische Wirklichkeit niemals ausgeklammert habe. Der Ost-West-Konflikt, die deutsche Wiedervereinigung, die entstehende Europäische Union, die deutschen Militäreinsätze – all diese Themen seien auch auf den Hessentagen diskutiert wurden.

Auf dem heute zehntägigen Hessentag, der sich an die Rahmenbedingungen der Städte anpasst, finden unterschiedliche Veranstaltungen statt. Zu diesen gehören unter anderem Konzerte namhafter Künstlerinnen und Künstler sowie Veranstaltungen von zahlreichen Vereinen, Verbänden und Organisationen. Im „Treffpunkt Hessen“ präsentieren sich die Hessische Landesregierung, der Hessische Landtag und viele Institutionen des Landes. „Der Hessentag ist ein Fest zum Sehen, zum Wiedersehen, zum Gesehen werden, zum Erleben und zum Informieren. Unser Landesfest ist seit 60 Jahren bunt, vielfältig, traditionsreich und modern zugleich. Dass es beliebt ist, zeigen nicht nur die Besucherströme, sondern auch die Bewerbungen von Kommunen und Städten für die Ausrichtung des Landesfestes. Deswegen ist klar: Der Hessentag soll auch künftig ein Fest der Begegnungen sein, bei dem Menschen aus allen Landesteilen zusammenkommen und das feiern, was unser Land ausmacht“, betonte Bouffier.

„Durch den Hessentag bekommt die Stadtentwicklung in der ausrichtenden Stadt einen enormen Schub. Der Hessentag stärkt das Wir-Gefühl und ist ein Konjunkturmotor in dieser besonderen Zeit. Der Hessentag dauert zehn Tage, aber die Wirkung ist mindestens zehn Jahre, manchmal sogar länger. Für die ausrichtende Stadt ist dies ein großer Gewinn“, so der Ministerpräsident. Der Hessentag sei „ein Schatz, den wir haben.“ Wer einmal den Hessentag besucht habe, der komme mit sehr großer Wahrscheinlichkeit sehr häufig wieder. Der Hessentag habe „als starke Marke eine große Anziehungskraft“.

Der Hessentag 2023 wird in Pfungstadt stattfinden. Im Jahr 2024 wird Fritzlar den Hessentag austragen und im Jahr 2025 die Stadt Bad Vilbel.

Joseph Beuys. Ulysses vom 30. Juni bis 26. September 2021 im Hessischen Landesmuseum Darmstadt

© Hessisches Landesmuseum Darmstadt
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Wenn ein Jahrhundert-Roman von einem Ausnahmekünstler fortgesetzt wird, lässt das aufhorchen. »Joseph Beuys verlängert im Auftrag von James Joyce den Ulysses um sechs weitere Kapitel« ist der Titel einer Arbeit, die Joseph Beuys in den Jahren 1957 bis 1961 geschaffen hat. Sie umfasst sechs Hefte im DIN A5-Format mit 750 Seiten und 355 Zeichnungen in Bleistift und teilweise in Wasserfarben. Noch zu Lebzeiten hatte der Künstler zu Präsentationszwecken die Hefte 1 und 2 aufbinden lassen, während die Hefte 3, 4, 5 und 6 bis heute im Originalzustand erhalten sind. Zwar gehören die sechs Hefte seit 1996 zum Bestand der Graphischen Sammlung am Hessischen Landesmuseum Darmstadt, jedoch sind sie, da unveröffentlicht, weitestgehend unbekannt geblieben.

Das Ulysses-Zeichnungs-Konvolut entstand in der Zeit nach dem Ende von Beuys’ Bildhauer-Studium und bevor der Künstler 1961 den Lehrstuhl für monumentale Bildhauerei der Staatlichen Kunstakademie Düsseldorf übernahm. Es ist »Beuys vor Beuys«, dem wir hier begegnen in einer Phase intensiver künstlerischer Reflektion und Neuorientierung. Damals zog sich Beuys für einige Monate aufs Land zurück, um sich der Feldarbeit zu widmen. In den Jahren 1957 bis 1961 schuf Beuys seine zwei wesentlichen Zeichnungskonvolute: die »4 Bücher aus ›Projekt Westmensch‹« sowie die sechs Hefte »Joseph Beuys verlängert im Auftrag von James Joyce den Ulysses um sechs weitere Kapitel«. Mit beiden Werken formulierte Beuys Grundelemente seiner künstlerischen Praxis, die ihm als Quellen der Reflexion dienen und aus denen er fortan schöpfen sollte.

Die sechs »Ulysses«-Hefte mit ihren ›ultravisiblen‹ Zeichnungen sind ein bislang noch unbekanntes Highlight in Beuys‘ künstlerischem Werk. In der Ausstellung sind nicht nur die originalen Hefte mit ihren aufgeschnittenen Zeichnungsblättern zu sehen, sondern alle derzeit zur Verfügung stehenden medialen Vermittlungsmöglichkeiten werden eingesetzt, um das gesamte Zeichnungskonvolut zu vergegenwärtigen. Wir danken dem Nachlass Joseph Beuys, Düsseldorf, für die Erlaubnis, die sechs Hefte in der Ausstellung in dieser Form reproduzieren und zeigen zu dürfen. Anlässlich des 100. Geburtstages von Joseph Beuys (1921-1986) vergegenwärtigt die Ausstellung »Joseph Beuys. Ulysses« alle sechs Hefte sowohl analog wie auch digital. Beuys‘ immenses Potential an künstlerischen Vorstellungen und Energien, das bislang zwischen den schwarzen Kladden verschlossen und verborgen war, wird somit offengelegt und in Gänze erstmals optisch zugänglich gemacht.

Eva Claudia Scholtz, Geschäftsführerin der Hessischen Kulturstiftung: »Im Jahr 1996 hat die Hessische Kulturstiftung Joseph Beuys‘ sechs Ulysses-Hefte für das Hessische Landesmuseum in Darmstadt erworben. Dass der gesamte Ulysses heute, im 100. Geburtsjahr Joseph Beuys‘, dank neuer technischer Möglichkeiten während der Ausstellung »Joseph Beuys. Ulysses« für jedermann und vollständig zugänglich ist, scheint mir ein besonderer Grund zur Freude und eine einmalige Gelegenheit für einen Besuch in Darmstadt zu sein! In James Joyce‘ Ulysses entdeckte Beuys für sich die heilende Kraft der Kunst. Sie konzentrierte sich im mäandernden Bewusstseinsstrom des Romans. Joseph Beuys verschränkt in seinem Ulysses den eigenen Gedankenfluss mit Joyce‘ Werk und durchstreift das kreative und gestalterische Potenzial unseres Denkens.«

Ausschließlich hier in dieser Ausstellung besteht die Chance, das Werk »Joseph Beuys verlängert im Auftrag von James Joyce den Ulysses um sechs weitere Kapitel« auf diese Weise zu sehen und zu studieren: Alle originalen sechs Hefte liegen in Vitrinen und die aufgeschnittenen Seiten von Heft 1 und die Doppelblätter von Heft 2 sind gerahmt ausgestellt. In einem riesigen Oberlichtsaal ist das komplette Werk mit seinen 750 Seiten und 355 Zeichnungen in 4,5 fach vergrößerten Ausdrucken an den Wänden tapeziert. Zudem wird in einem speziell verdunkelten Ausstellungsraum eine virtuelle immersive Begegnung mit Joseph Beuys‘ zeichnerischem Œuvre möglich. Die Besucher*innen können Dank einer digitalen interaktiven Animation, die auf Basis modernster Scanverfahren entwickelt wurde, in den Heftseiten blättern und zoomen, als würden sie in Beuys‘ Zeichnungen wandeln und in des Künstlers Gedanken blicken.

»Mit dem »Ulysses«-Zeichnungskonvolut hat Darmstadt neben dem »Block Beuys« ein zweites internationales Highlight von Joseph Beuys. Unsere Ausstellung ist ein herausragender Beitrag zum Beuys-Jubiläum und wirft ein weiteres Schlaglicht auf unsere bedeutende Sammlung.«, sagt Direktor Dr. Martin Faass.

Die Kuratorin der Ausstellung, Dr. Mechthild Haas, ergänzt: »Die »Ulysses«-Zeichnungen sind evolutiv, es geht um Durchdringung, Wandel und Veränderung. Zeichnend entfaltet Joseph Beuys in den sechs Heften sein Denken, es ist ein faszinierendes Reservoir an Themen und Motiven, das Basismaterial seiner künftigen künstlerischen Arbeit.«

Auch der Autor James Joyce (1882-1941) und sein Ulysses-Manuskript, das im Jahr 1922 als Buch erschien, sind in der Ausstellung Thema. Insbesondere Joyce’s vielstufige Schreibgenese wird vermittelt. Im nichtlinearen Sprachstrom des Romans spiegelt sich der Bewusstseinsstrom seiner Protagonisten mit allen ihren Assoziationen, Erinnerungsfetzen und Vorstellungen wider. Ohne dass sie erzählerisch entfaltet sind, erscheinen überall Dutzende von Themen als Motive und sind als Motivcluster in wechselnder Akzentuierung und Dynamik miteinander verstrebt.

Die Ausstellung »Joseph Beuys. Ulysses« bietet den Besucher*innen die einzigartige Möglichkeit, dem Kosmos nachzuspüren, den Beuys in seinen sechs Heften in Anlehnung an James Joyce und dessen Roman »Ulysses« entwickelt hat.

Ein Bestandskatalog der sechs Hefte ist in Vorbereitung und erscheint im Schirmer/Mosel Verlag, München.

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