„Glücklich ist, wer vergißt …“ – Historisches Museum Frankfurt stellt vom 7.3. – 14. 07.2019 das „Vergessen und Erinnern“ in einen interdisziplinären Ausstellungs-Fokus

Phrenologische Modelle einer Lady und eines Gentlemen nach Johann Kaspar Spurzheim (1776 - 1832, O'Neil & Son, Edinburgh, 1824 Gips. Staatl. Museum für Völkerkunde Berlin. Der Anatom Franz Joseph Gall führte den Charakter eines Menschen auf die Schädelform zurück und teilte das Gehirn in verschiedene Areale der jeweils vermuteten Funktionen ein. Ausstellungs-Insel 4 "Das Vergessen erforschen"  © Foto: Diether v. Goddenthow
Phrenologische Modelle einer Lady und eines Gentlemen nach Johann Kaspar Spurzheim (1776 – 1832, O’Neil & Son, Edinburgh, 1824 Gips. Staatl. Museum für Völkerkunde Berlin. Der Anatom Franz Joseph Gall führte den Charakter eines Menschen auf die Schädelform zurück und teilte das Gehirn in verschiedene Areale der jeweils vermuteten Funktionen ein. Ausstellungs-Insel 4 „Das Vergessen erforschen“ © Foto: Diether v. Goddenthow

Mit der von heute an bis zum 14. Juli 2019 geöffneten Wechselausstellung „Vergessen – Warum wir nicht alles erinnern“ beschreitet das Historische Museum Frankfurt spannendes Neuland: Auf rund 900 m² und anhand von 400 Exponaten und Kunstwerken von über 50 Leihgebern aus aller Welt durchleuchtet die Ausstellung nicht nur die vielfältigen Formen individuellen und kollektiven Vergessens. Es baut dabei auch gekonnt eine Brücke zwischen Kunst und Erkenntnissen aus Sozialwissenschaft, Kulturgeschichte, Neurowissenschaft und Psychoanalyse, die sich dem hochaktuellen Thema interdisziplinär aus unterschiedlichen Perspektiven nähern und es untersuchen und zu zahlreichen Beteiligungsprojekten bis hin zur öffentlichen Tagung „Dynamiken des Erinnerns und Vergessens“ (23. U. 25.05.2019) einladen.

Erinnern über Generationsgrenzen hinweg - hier am multimedialen Bildschirm in der Themen-Insel 2 "Unser Vergessen - unsere Identität". © Foto: Diether v. Goddenthow
Erinnern über Generationsgrenzen hinweg – hier am multimedialen Bildschirm in der Themen-Insel 2 „Unser Vergessen – unsere Identität“. © Foto: Diether v. Goddenthow

Jeder kennt „Vergessen“, tut es selbst, und findet es vor allem eher lästig denn hilfreich, manchmal aber auch, befreiend. Vergessen ist, so zeigt diese Ausstellung auf wunderbare Weise, viel mehr als bloß das Versagen von Erinnerung. Vergessen funktioniert auch als notwendiger Filter des Gedächtnisses. Wir vergessen ständig, ohne es zu bemerken, und es gibt individuell und gesellschaftlich viele Gründe, weshalb wir vergessen, verdrängen, vergessen wollen, uns dazu ermahnen, nicht zu vergessen, oder nicht vergessen können. Und so beginnt unter den positiven Aspekten des von unangenehmen Gedanken bis hin zu traumatischen Ängsten erlösenden Vergessens die Ausstellung zunächst einmal mit dem Aphorismus: „Glücklich ist, wer vergißt, was doch nicht zu ändern ist.“ Mit dieser eher trivial anmutenden, aber bewusst niedrigschwelligen gehaltenen Eingangsbotschaft wollen die Veranstalter deutlich machen, dass in ihrer Ausstellung das Vergessen weniger als Defekt oder gar Störung, sondern auch als etwas Positives und mitunter Heilbares vermittelt wird. Was, wann, wie, von wem, wozu und warum wird etwas vergessen oder soll vergessen werden? Und welche Rolle spielt dabei das Museum? Das sind die zentralen Fragen der Ausstellung, denen sie sich in folgenden 8 Themeninseln nähert, die neben gezeigten Exponaten und multimedialen Möglichkeiten mit zeitgenössischen Kunstwerken durchflochten sind. Diese wurden teilweise extra für die Ausstellung angefertigt.

Insel 1 Das Vergessen erinnern

Spätestens seit Johann Wolfgang v. Goethes Zettelkasten sind diese Symbol für die Sammlung wichtiger Ideen und Gedanken, um diese vor dem raschen Vergessen- und Übersehenwerden und als mögliche Mosaiksteinchen größerer Gedanken und Werke zu bewahren. Präsentiert wird in der Ausstellung der berühmte Zettelkasten des Soziologen Niklas Luhmanns.© Foto: Diether v. Goddenthow
Spätestens seit Johann Wolfgang v. Goethes Zettelkasten sind diese Symbol für die Sammlung wichtiger Ideen und Gedanken, um diese vor dem raschen Vergessen- und Übersehenwerden und als mögliche Mosaiksteinchen größerer Gedanken und Werke zu bewahren. Präsentiert wird in der Ausstellung der berühmte Zettelkasten des Soziologen Niklas Luhmanns.© Foto: Diether v. Goddenthow

Das Thema Das Vergessen erinnern setzt an unserer Alltagserfahrung an, sich darüber zu ärgern, etwas vergessen zu haben. Mit Kalendern und Notizen haben wir kulturelle Techniken des Erinnerns entwickelt, weil wir fest mit dem Vergessen rechnen.

Insel 2 Vergessen – unsere Identität
Unser Vergessen – unsere Identität nimmt unser autobiografisches Gedächtnis unter die Lupe. Es ist wählerisch. Nicht alles, was in unserem Leben passiert, bleibt haften. Selektivität und Priorisierung kommt große Bedeutung zu. Fotografien sind ein wichtiges Medium, um unsere Biografie zu entwerfen. Heute erleben wir eine Flut von digitalen Bildern. Betont werden Erfahrungen, die uns wichtig sind und Anerkennung verschaffen. Andere „vergessen“ wir, weil sie unserem derzeitigen Selbstbild oder der gesellschaftlichen Norm nicht entsprechen.

Insel 3 Vergessen im Wandel

Einen besonders raschen Wandel des Erinnerns und somit des Vergessens brachte die industrielle Revolution zu Anfang des 19. Jahrhunderts mit den  zahlreichen neuen Möglichkeiten des externen Speicherns und aufgrund zahlreicher neuer Produkte, wodurch sich die Erfahrungen und Prioritäten der Menschen veränderten. Am Beispiel der Fotografie und der damit verbundenen Aufnahme und Speichermedien bis hin zur Digitalfotografie wird der Wandel des "Vergessens und Erinnerns" bildhaft aufgezeigt. © Foto: Diether v. Goddenthow
Einen besonders raschen Wandel des Erinnerns und somit des Vergessens brachte die industrielle Revolution zu Anfang des 19. Jahrhunderts mit den zahlreichen neuen Möglichkeiten des externen Speicherns und aufgrund zahlreicher neuer Produkte, wodurch sich die Erfahrungen und Prioritäten der Menschen veränderten. Am Beispiel der Fotografie und der damit verbundenen Aufnahme und Speichermedien bis hin zur Digitalfotografie wird der Wandel des „Vergessens und Erinnerns“ bildhaft aufgezeigt. © Foto: Diether v. Goddenthow

Das Vergessen im Wandel beschäftigt sich mit unserer Erfahrung, dass Erinnerungen oft an Gegenständen haften. Die Industrialisierung beschleunigt seit 200 Jahren den Wandel und den massenhaften Austausch von Alltagsgegenständen, so dass sich die Art und Weise verändert, in der sie als Erinnerungsmedien fungieren. Ergänzt werden die Ausstellungsstücke u.a. durch die Kunstwerke Christian Boltanskis, Tacita Deans und Hans-Peter Feldmanns, die mit gefundenen Fotografien ihnen unbekannter Menschen neue Alben anlegten. So verschiebt sich die Bedeutung der Fotografien vom persönlichen Erinnerungs- und Kommunikationsmedium zum Medium der Reflexion: Sie werden zu Zeichen einer kollektiven Erinnerungskultur und zum Anlass für die Erinnerung an Eigenes durch die Betrachtung des Fremden.

Insel 4 Erforschung des Vergessens

Der Frankfurter deutsch-jüdische Nervenarzt Ludwig Edinger (1855 – 1918), war einer der ersten, der davon überzeugt war, dass das menschliche Bewusstein im Menschen selbst, nämlich in seinem Gehirn die Grundlage hatte. Seine neuroanatomischen, physiologischen und Verhaltensstudien begann er mit einfachsten Wirbeltieren und arbeitete sich entlang der evolutionär aufsteigenden Reihe der Tiere empor. Porträtausschnitt von 1909 (Lovis Corinth 1858 – 1925), Öl auf Leinwand HMF © Foto: Diether v. Goddenthow
Der Frankfurter deutsch-jüdische Nervenarzt Ludwig Edinger (1855 – 1918), war einer der ersten, der davon überzeugt war, dass das menschliche Bewusstein im Menschen selbst, nämlich in seinem Gehirn die Grundlage hatte. Seine neuroanatomischen, physiologischen und Verhaltensstudien begann er mit einfachsten Wirbeltieren und arbeitete sich entlang der evolutionär aufsteigenden Reihe der Tiere empor. Porträtausschnitt von 1909 (Lovis Corinth 1858 – 1925), Öl auf Leinwand HMF © Foto: Diether v. Goddenthow

Wie Vergessen und Erinnern im Menschen funktionieren, wird seit dem 19. Jahrhundert intensiv erforscht. Instrumente und Modelle zeigen diese Ursprünge bis hin zur heutigen Vergessensforschung, die seit den 1980er Jahren dank bis dahin unbekannter Möglichkeiten, dem Gehirn bei der Arbeit zuzusehen, revolutioniert wurde. Der neurowissenschaftlichen und psychologischen Erforschung des Vergessens widmet sich der Bereich Das Vergessen erforschen.

Insel 5 Angst vor dem Vergessen

Man nimmt an, dass Eiweiße, sogenannte Plaques, sich außerhalb der Nervenzelle ablagern. Tau-Fibrillen, die normalerweise Nährstoffe zwischen den Nervenzellen transportieren, sind bei der Alzheimer-Demenz verändert. In der Ausstellung kann man auf dreidimensionale Entdeckungsreise gehen. © Foto: Diether v. Goddenthow
Man nimmt an, dass Eiweiße, sogenannte Plaques, sich außerhalb der Nervenzelle ablagern. Tau-Fibrillen, die normalerweise Nährstoffe zwischen den Nervenzellen transportieren, sind bei der Alzheimer-Demenz verändert. In der Ausstellung kann man auf dreidimensionale Entdeckungsreise gehen. © Foto: Diether v. Goddenthow

Die Themeninsel Angst vor dem Vergessen befasst sich mit Demenz. Der in Frankfurt praktizierende Psychiater und Neuropathologe Alois Alzheimer beschrieb die bald nach ihm benannte Alzheimer-Demenz erstmals zu Anfang des 20. Jahrhunderts. Er wies als angenommene Ursache der Hirnerkrankung Proteinablagerungen und Neurofibrillen 1906 im Gehirn von Auguste Deter (1850 – 1906), deren Krankenakte ebenfalls in der Ausstellung gezeigt wird.  Trotz intensiver Forschungen sind bis heute weder die tatsächlichen Ursachen und Entstehungsprozesse noch hinreichend wirksame medikamentöse oder anderweitige Heilungsmöglichkeiten bekannt.

Der Kuscheltier-Roboter Paro reagiert auf Berührungen, Lichteinflüsse und Ansprache und weckt Gefühle im Menschen, weswegen er für therapeutische Zwecke bei Menschen mit Demenz eingesetzt wird, da bei Betroffenen die Emotionen am längsten erhalten bleiben. © Foto: Diether v. Goddenthow
Der Kuscheltier-Roboter Paro reagiert auf Berührungen, Lichteinflüsse und Ansprache und weckt Gefühle im Menschen, weswegen er für therapeutische Zwecke bei Menschen mit Demenz eingesetzt wird, da bei Betroffenen die Emotionen am längsten erhalten bleiben. © Foto: Diether v. Goddenthow

Die Ausstellung hebt psychosoziale Behandlungskonzepte hervor, die die Persönlichkeit demenziell veränderter Menschen ins Zentrum stellen. Hilfsmittel wie der Roboter Paro gehen auf diesen Ansatz zurück und können dabei helfen, die Kommunikation zwischen Menschen mit Demenz und ihren Angehörigen unterstützen.
Die Kurator*innen betrachten das Thema Demenz nicht losgelöst von den Betroffenen, sondern beziehen sie ein. In einem Pilotprojekt („Reminiszenzprojekt“) brachte das Historische Museum zusammen mit dem Bürgerinstitut Frankfurt e.V. in Vorbereitung auf diese Ausstellung Menschen mit leichter Demenz in kleinen Gruppen zusammen. Alltagsgegenstände des 20. Jahrhunderts aus der Sammlung des Jungen Museums boten dabei Anknüpfungspunkte für Erinnerungen und Erzählungen der eigenen Geschichte.

Insel 6 Vergangenheit verleugnen

Dieses Porträt Adolf Hitlers von Johann Vicent Cissarz (1872 - 1942) hing bis 1945 im Frankfurter Römer und wurde nach dem Kriege zur Vertuschung übermalt. Die Ironie: Wie hätte Hitler, der die abstrakte Malerei ja so hasste, wohl reagiert, sich so "entartet" zu sehen? © Foto: Diether v. Goddenthow
Dieses Porträt Adolf Hitlers von Johann Vicent Cissarz (1872 – 1942) hing bis 1945 im Frankfurter Römer und wurde nach dem Kriege zur Vertuschung übermalt. Die Ironie: Wie hätte Hitler, der die abstrakte Malerei ja so hasste, wohl reagiert, sich so „entartet“ zu sehen? © Foto: Diether v. Goddenthow

Der Themenabschnitt  „Vergangenheit verleugnen“ konzentriert sich auf das Verdrängen der Schuld an den Gräueltaten und der eigenen Beteiligung am Nationalsozialismus im Deutschland der 1950er und 1960er Jahre: Nationales Selbstmitleid, der Wiederaufbau der zerstörten Städte und das westdeutsche „Wirtschaftswunder“ förderten, so die Veranstalter, die Haltung des Verdrängens und Verleugnens bei den nichtverfolgten Deutschen.

Insel 7 Nicht-Vergessen-Können
Der Bereich Nicht-Vergessen-Können widmet sich existenzbedrohenden Erfahrungen, die sich nicht in die Persönlichkeit integrieren lassen. Extrem traumatische Erfahrungen können in anderen Zusammenhängen wieder auftauchen. Sie können sich auch auf soziale Beziehungen niederschlagen und sich auf nachfolgende Generationen übertragen, auch wenn die Betroffenen die Ereignisse nicht ansprechen. Objekte dieses Ausstellungsteils sind Zeugnisse unterschiedlichster Traumata, die unter anderem auf Verarbeitungsstrategien hinweisen.

Insel 8 Das Vergessen überwinden?
Das abschließende Kapitel der Ausstellung Das Vergessen überwinden? stellt individuelle und gesellschaftliche Formen des Vergessens und Erinnerns vor. Museen sammeln mit Blick in die Zukunft: Das, was nicht mehr benutzt wird oder als kulturelles Erbe angesehen wird, soll bewahrt werden. Dabei vergisst das Museum selbst: Für seine Sammlungen trifft es eine Auswahl und bewertet damit, was in Zukunft erhalten werden soll. Bei der Vielzahl von Objekten können selbst in den Sammlungsdepots Dinge in Vergessenheit geraten. Wie lässt sich Erinnerung an unser eigenes Leben für die Zukunft bewahren? Ein ausgestelltes Konvolut besteht aus 200 Archivkartons mit persönlichen Aufzeichnungen und Drucksachen, die auf das Geburtsjahr eines Sammlers im Jahre 1939 zurückgehen. Was wird damit festgehalten? Kann das Sammeln wirklich das Vergessen überwinden?

Die Rolle der Kunst
Eine Besonderheit der Ausstellung ist die Einbeziehung zeitgenössischer Kunst. 22 Künstler-*innen untersuchen in ihren Arbeiten dynamische Prozesse, unterschiedliche Arten sowie Bedingungen und Funktionen des Vergessens und Erinnerns. Jochen Gerz weist in einer Foto-Text-Arbeit auf Widersprüche zwischen eigener Erinnerung und fotografischer Abbildung des Erlebten hin. Christian Boltanski, Tacita Dean und Hans-Peter Feldmann legen mit gefundenen Fotografien ihnen unbekannter Menschen neue Alben an. Sigrid Sigurdsson verfolgte als junge Künstlerin den Frankfurter Auschwitz-Prozess. Jahrzehnte später befasst sie sich in ihrem Kunstwerk „Redepausen im Auschwitz-Prozess“ mit dem Verschweigen der Täter.
Einige Kunstwerke wurden für die Ausstellung in Auftrag gegeben: Maya Schweizer sucht in ihrem Film über das Vergessen nach einer Bildsprache, die der Plastizität unseres Gedächtnisses entspricht. Jana Müller fand eine künstlerische Form für ein vergessenes Archiv des Edinger-Instituts für Neurologie in Frankfurt, in dem Hunderte von Porträts für eine nie erschienene Enzyklopädie der Hirnforschung gesammelt wurden. Das HMF lud Mark Dion ein, sich mit den vergessenen Objekten des Museums zu befassen. Bei der Sichtung zeigten sich unterschiedliche Formen des Vergessens im Museum: Büsten unbekannter Personen; Alltagsgegenstände, deren Funktion kaum noch jemand erinnert; Dinge, die in der langen Geschichte des Museums nie ausgestellt wurden; Objekte, deren Herkunft unbekannt ist. Viele dieser Fundstücke werden in einer großen Installation „Depository of Indeterminate Objects“ (Aufbewahrungsort unbestimmter Dinge) gezeigt. Die Klangkünstlerin Christina Kubisch schlägt mit ihren für die Ausstellung entwickelten “Electronical Walks“ eine Route vom Historischen Museum in die neue Frankfurter Altstadt vor, die wie eine Komposition zu verstehen ist. Mit Kopfhörern werden die im Stadtraum vorhandenen elektronischen Wellen hörbar. Wir wissen, dass wir von elektromagnetischen Feldern umgeben sind, da wir sie aber weder sehen noch hören, fällt es uns leicht, sie zu vergessen. Vergessen beginnt, wie wir hier feststellen können, bereits mit unserer Wahrnehmung. Was wollen wir für die Zukunft aufbewahren? Was möchten wir vergessen? Beide Fragen müssen immer wieder neu beantwortet werden, sie werden Einzelne und die Gesellschaft immer begleiten.

Beteiligte Künstlerinnen und Künstler
Kader Attia, Christian Boltanski, Jake & Dinos Chapman, Daniela Comani, Tacita Dean, Mark Dion, Sam Durant, Hans-Peter Feldmann, Robert Filliou, Jochen Gerz, Martin Honert, Ilya Kabakov, Christina Kubisch, Boris Lurie, Arwed Messmer, Jana Müller, Adrian Paci, Régis Perray, Maya Schweizer, Tino Sehgal, Sigrid Sigurdsson

Begleitpublikation
Vergessen – Warum wir nicht alles erinnern Für das Historisches Museum Frankfurt herausgegeben von Jasmin Alley und Kurt Wettengl (Schriften des Historischen Museums Frankfurt, herausgegeben von Jan Gerchow, Band 37), 240 Seiten, zahlreiche Abbildungen, Michael Imhof Verlag, Petersberg/Fula, 2019, 30,- €
Wie die große Ausstellung im HMF nähert sich die Publikation dem Vergessen. Autoren unterschiedlicher Disziplinen schreiben Beiträge aus den Bereichen Geschichte, Neurowissenschaften, Psychoanalyse und zeitgenössische Kunst.
Das Buch besteht aus 20 Beiträgen u. a. von Christine Abbt, Aleida Assmann, Astrid Erll, Kurt Grünberg, Ulrike Jureit, Vera King, Jan Lohl, Sharon Macdonald, Hannah Monyer, Bettina Rudhof, Heinz Weiß und enthält zahlreiche Abbildungen von Objekten und Werken internationaler Künstler*innen.

Veranstaltungen

Öffentliche Tagung
Dynamiken des Erinnerns und Vergessens
Historisches Museum Frankfurt in Kooperation mit dem Sigmund Freud-Institut Frankfurt 23. und 24. Mai 2019, Historisches Museum Frankfurt, Leopold Sonnemann-Saal.
Die Ausstellung „Vergessen – Warum wir nicht alles erinnern“ macht die vielfältigen Dimensionen des Vergessens sichtbar und verzahnt Erkenntnisse aus Sozialwissenschaft, Kulturgeschichte, Neurowissenschaft, Psychoanalyse und Kunst miteinander. Die Tagung vertieft die Themenfelder Gedächtnis – Biografie – Identität, kultureller Wandel von Erinnern und Vergessen, Vergessen als Verdrängen des Vergangenen und Trauma im Dialog der Expert*innen. Vorträge von 30 Minuten und moderierte Gespräche wechseln sich ab.
Mit: Christine Abbt, Aleida Assmann, Verena Boos, Astrid Erll, Jenny Erpenbeck, Jochen Gerz, Jan Gerchow, Tilmann Habermas, Vera King, Ilany Kogan, Patrick Meurs, Hannah Monyer, Heinz Weiß
Moderation: Insa Wilke
Konzeption: Jasmin Alley, Kurt Wettengl
Anmeldungen bis zum 15. Mai unter: david.barth@stadt-frankfurt.de
Teilnahmegebühr:
80 € / 40 € inklusive Lunch und Kaffeepausen vor Ort an der Museumskasse zu bezahlen.

WEISSE FLECKEN
Jugendperformanceprojekt von Philipp Boos und Martina Droste
Schauspiel Frankfurt in Kooperation mit dem Historischen Museum Frankfurt

Vergessen ist normal. Wir alle tun es. Ständig. Es geschieht lautlos und unspektakulär. Erinnern ist dagegen die Ausnahme. Eine Auflehnung gegen den Lauf der Zeit. Gemeinsam sind sie notwendige Komponenten des Lernens, des Begreifens, der Verarbeitung von Erfahrungen. Anhand der Ausstellung »Vergessen – Warum wir nicht alles erinnern« befragen Jugendliche diese Vorgänge: Wie funktioniert Erinnern? Was sind wichtige Erinnerungen? Welche Erinnerungen verbinden und welche trennen uns? Was muss vergessen werden und was fehlt? Welchen Wert haben Dokumente der Erinnerung im digitalen Zeitalter, in dem Speicherkapazitäten ins Unendliche anwachsen? Die persönlichen Perspektiven der Jugendlichen eröffnen dem Publikum einen gemeinsamen Gedankenraum und die Möglichkeit neu und anders auf die Werke der Ausstellung zu blicken. Gefördert von der Beate Heraeus Foundation.

Regie und Konzept Philipp Boos und Martina Droste,
Kostüme Joanna Paskiewicz
Mit Mitgliedern des Jugendclubs
Termine: Am 26.4. (Premiere); 30.4., 14.5 und 14.6.
Vorverkauf ab 10.3. unter: www.schauspielfrankfurt.de

Filmprogramm
Begleitend zur Ausstellung zeigt das Kino des Deutschen Filminstituts & Filmmuseums eine Filmreihe. Der Film dient in besonderem Maße als Medium der Erinnerung und als Instrument gegen das Vergessen. Zu sehen sind Filme zum Thema Gedächtnisforschung, zum Thema Gedächtnisverlust am Beispiel von Demenzerkrankungen oder Amnesie sowie Filme zum Trauma und gegen das kollektive wie individuelle Vergessen. Gezeigt werden Spiel- und Dokumentarfilme. Beginn jeweils um 18 Uhr.

Filmhighlights
Auf der Suche nach dem Gedächtnis (DE/AU 2009. R: Petra Seeger) Dokumentarfilm.
Porträt des Hirnforschers und Nobelpreisträgers Eric Kandel. Petra Seeger zeichnet die Spuren von Kandels Leben nach und besucht mit ihm die Orte seiner Kindheit. Kandel erinnert sich und seine Erinnerungen werden auf der Leinwand lebendig.

Vergiss mein nicht (DE 2012. R: David Sieveking) Dokumentarfilm. Wie meine Mutter ihr Gedächtnis verlor und meine Eltern die Liebe neu entdeckten.

The death and life of Otto Bloom (AUS 2016. R: Cris Jones) Mockumentary. Otto Bloom erlebt die Zeit rückwärts und kann sich nur an die Zukunft erinnern. Er weiß, was passieren wird, doch er vergisst es, sobald es geschehen ist.

Walz with Baschir (IL/FR/DE 2008. Ari Folmann) Animierter Dokumentarfilm. Eine Reise in eine verdrängte Vergangenheit – in die Jugendkultur der 1980er Jahre und das West Beirut während des ersten Libanonkrieges.

Weitere Informationen unter
www.dff.film

Vorträge im Leopold Sonnemann-Saal des HMF

8.5.2019, 18 Uhr, Historisches Museum Frankfurt
Sonderausstellungsbereich
Das Reminiszenz-Projekt des Historischen Museums und des Bürgerinstituts
Bürger-Institut e.V. und Historisches Museum Frankfurt
Eintritt 10€ / 5€

12.6.2019, 18 Uhr, Historisches Museum Frankfurt
„Das habe ich getan …“ Erinnern und Vergessen (machen) in der Frankfurter
Geschichte der Hirnforschung
Dr. Gerald Kreft, Neurologisches Institut (Edinger-Institut), Frankfurt
Eintritt 4€ / 2€

3.7.2019, 18 Uhr, Historisches Museum Frankfurt
Warum tun wir uns mit der Entwicklung von Alzheimer-Medikamenten
so schwer?
Prof. Dr. Walter E. Müller, ehem. Direktor des Pharmakologischen Instituts für
Naturwissenschaftler am Biozentrum der Goethe-Universität Frankfurt
Eintritt 4€ / 2€

Termin wird noch bekannt gegeben!
„Ab dem 5. Februar 1980 erinnere ich mich an alles. Das war ein Dienstag.“ – Über ein
Leben ohne Vergessen, in englischer Sprache
Jill Price (Los Angeles, U.S.A.)
Eintritt 10€ / 5€

Führungen
Öffentliche Führungen
Jeden Sonntag, 12 Uhr im HMF
Weitere Termine und Kurator*innenführungen
im Veranstaltungskalender
Zur Ausstellung gibt es einen Multimediaguide
Ausleihgebühr 3 €, oder online:
https://mmg.historisches-museum-frankfurt.de/xpedeo/

Besucherservice und Führungsanfragen
Mo – Fr 10 – 16 Uhr
Tel.: 069 212 35154
besucherservice@historisches-museum-frankfurt.de

Vergessen – Warum wir nicht alles erinnern
Ausstellung des Historischen Museums Frankfurt
7. März bis 14. Juli 2019
Di – Fr 10 – 18 Uhr
Mi 10 – 21 Uhr
Sa + So 11 – 19 Uhr
Eintritt Dauerausstellung: 8€ / 4€
Eintritt Wechselausstellung 10€ / 6€
Eintritt Museum Vollpreis 12€ / 6€

Ort:
Historisches Museum Frankfurt
Saalhof 1
60311 Frankfurt am Main
Tel ++49 (0)69-212-35599
Fax ++49 (0)69-212-30702
E-Mail info@historisches-museum-frankfurt.de