„Die Paulskirche tanzt“ – Tigerpalast organisierte grandioses Dankes- und Willkommensfest für Helfer und Flüchtlinge

(mitte, vl.) Michel Friedmann, Claudia Roht, Oberbürgermeist Peter Feldmann, Johnny Klinke und viele andere Promis tanzen mit Flüchtlingen allen Helfern zu Besidos Balkan-Pop-Rhythmen  © massow-picture
(mitte, vl.) Michel Friedman, Claudia Roth, Oberbürgermeister Peter Feldman, Johnny Klinke und viele andere Promis tanzen mit Flüchtlingen und Helfern zu Besidos Balkan-Pop-Rhythmen © massow-picture

Spontane  Begeisterung hatte die jungen Flüchtlinge  bereits nach wenigen vertrauten Klängen der Musik Afghanistans  von Ustad Ghulam Hussain, Bobab und anderen zum Auftakt des „Willkommens- und Dankeschön-Fest“ der Stadt Frankfurt am 1. November 2015 in der Paulskirche gepackt, ließ sie heftig mitklatschen, grooven und aus  tiefstem Herzen jubeln. Es waren höchst emotionale Momente  überbordender Lebensfreude der zumeist – unbegleiteten minderjährigen – Flüchtlinge, eine kleine Glückseligkeit  nach tagelanger, unmenschlich strapaziöser, lebensgefährlicher Flucht, die sich hier am Geburtsort der deutschen Demokratie kurz freie Bahn brechen durfte. Es war ihre Musik, die sie  für einen Moment lang ihre  Flucht-Traumata  vergessen und ein wenig Heimat atmen ließ. Dieser freudigen Aufbruchstimmung der jungen Leute vermochte sich niemand  der rund 800 geladenen amtlichen und ehrenamtlichen Helfer, prominenten Gäste aus Politik, Wirtschaft und Kultur und Flüchtlinge aus allen Regionen des Nahen und Mittleren Ostens, entziehen.

Die Musik Afghanistans, Freshta Sama, Gesang, Ustad Ghumlam Hussain, Robab, Nirweis Neda, Tabla, Nahid Wassey, Tabla, Kawa Shamet, Harmonia. © massow-picture
Die Musik Afghanistans, Freshta Sama, Gesang, Ustad Ghumlam Hussain, Robab, Nirweis Neda, Tabla, Nahid Wassey, Tabla, Kawa Shamet, Harmonia. © massow-picture

Die spontane Freude der jungen Leute  lag wie ein großes Dankeschön   an  alle Helfer, Organisatoren  und  Künstler beflügelnd über dem  Willkommensfest des Bündnisses „Frankfurt hilft“.  Die Stimmung hatte sich bis zum Ende schließlich so hochgeschaukelt, dass es   kein  Halten mehr auf den Plätzen gab und die „Paulskirche tanzte“, als die Darmstädter Besidos  mit Balkan-Pop zum Schlussakkord ordentlich einheizte (siehe unten).

Das Sozialamt der Stadt Frankfurt sucht Pflegefamilien

vl. Mechthild Ebenau, Heike Tschierschke (Leiterin), Tina Standera, Stefanie Krauße, Abteilung Besondere Dienst Jugendhilfe des Jugend- und  Sozialamtes der Stadt Frankfurt, organisieren die Begleitung und regeln auch die wirtschaftlichen Dinge, etwas für aufnehmende Einrichtungen und Pflegeeltern. © massow-picture
vl. Mechthild Ebenau, Heike Tschierschke (Leiterin), Tina Standera, Stefanie Krauße, aus der Abteilung Besondere Dienste  Jugendhilfe des Jugend- und Sozialamtes der Stadt Frankfurt, organisieren die Begleitung unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge und regeln auch die wirtschaftlichen Dinge für aufnehmende Institutionen und Pflegeeltern. © massow-picture

Übrigens: Die Stadt Frankfurt sucht dringend Pflegefamilien für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge aus Krisenländern wie Afghanistan, Eritrea oder Syrien. Interessenten können sich informieren: Jugend- und Sozialamt, Raum A 001, der Behörde an der Eschersheimer Landstraße 241 bis 249, Rufnummer 069/21 23 45 12. Für die unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge ist das Jugend- und Sozialamt – Abteilung Besonderer Dienst Jugendhilfe – zuständig.

Niemand hätte mit solch einem Veranstaltungserfolg gerechnet
(l.) Dr. Michel Friedmann und Johnny Klinke, Direktor des Tigerpalast Varieté und Gastgeber © massow-picture
(l.) Dr. Michel Friedmann und Johnny Klinke, Direktor des Tigerpalast Varieté und Gastgeber, begrüßen die Gäste © massow-picture

Mit derartigem Erfolg  hatten  wohl selbst die Gastgeber Johnny Klinke, Direktor des Tigerpalast Varieté Theater,  Publizist Dr. Michel Friedman und Schirmherr Oberbürgermeister Peter Feldmann kaum gerechnet.  Ihr Ziel, mit diesem Fest in der Paulskirche ein „Zeichen des Willkommens  an Flüchtlinge und des Dankes an die Helfer“ zu setzen, haben sie bestens erreicht. „Helfer und Flüchtlinge haben sich über die Einladung riesig gefreut. Es ist toll, dass unsere Arbeit so geschätzt wird. Das Schönste sind aber die Liebe und die Emotionen der Flüchtlinge, die wir Helfer zurückbekommen“, sagte Daniele Yumus. Sie hatte eine große Gruppe von Flüchtlingen in die Paulskirche begleitet, darunter auch  den 37-jährigen Syrer Mashem Katnaji, der erst seit wenigen Wochen in Frankfurt weilt und bekräftigt: „Die Einladung in die Paulskirche war eine große Ehre für uns alle. Wir haben heute gespürt, dass wir in Frankfurt von ganzem Herzen willkommen sind und unterstützt werden. Getragen von diesen Gefühlen glaube ich an unsere Zukunft in Deutschland.“

Alle Künstler traten ohne Honorar auf:
Johnny Klinke, Direktor des Tigerpalast Varieté Theater und Gastgeber, begrüßte die Gäste und führte durch das von ihm wunderbar zusammengestellte Programm des Nachmittags  © massow-picture
Johnny Klinke, Direktor des Tigerpalast Varieté Theater und Gastgeber, begrüßte die Gäste und führte durch das von ihm wunderbar zusammengestellte Programm des Nachmittags © massow-picture

Die  international musikalisch-artistische Bühnenshow, in der sämtliche Künstler ohne Honorar auftraten, hatte Johnny Klinke  in einer Kooperation von Tigerpalast Varieté Theater, der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst und dem Schauspiel Frankfurt exquisit zusammengestellt.

„Wir beiden sind angestoßen worden von der spontanen Hilfswelle, die durch unser Land gegangen ist. Viele, viele Professionelle und Ehrenamtliche haben das getan, getan, was im Moment nötig ist, zunächst einmal zu sagen: ‚Willkommen, du bist ein Mensch! Und gut dass Du da bist!‘ Das ist die Botschaft des Nachmittags!“ begrüßte Tigerpalast-Direktor und Conférencier des Nachmittags, Johnny Klinke,   gemeinsam mit  Michel Friedman die Gäste.
 „Auch ich war ein Flüchtling“ – Michel Friedman – Auszüge aus seiner Rede
Dr. Michel Friedman, Initiator und Gastgeber: „Wer einen Menschen rettet, rettet die ganze Welt. Wer diesen wegweisenden Satz in Sonntagreden sagt, muss ihn von Montag bis Samstag in die Realität umsetzten."© massow-picture
Dr. Michel Friedman, Initiator und Gastgeber: „Wer einen Menschen rettet, rettet die ganze Welt. Wer diesen wegweisenden Satz in Sonntagreden sagt, muss ihn von Montag bis Samstag in die Realität umsetzten.“© massow-picture

Auch ich bin Flüchtling“, begann Michel Friedman sein Grußwort. „Meine Eltern sind, als sie von den Deutschen verfolgt wurden, nach Frankreich gegangen, und nach dem Krieg nach Deutschland. Ich habe 18 Jahre mit einem UN-Ausländerpass gelebt, einem Flüchtlingspass. Als ich 18 Jahre alt war, war meiner Familie klar, dass sie in Deutschland bleiben werden. Und ich habe mir überlegt, ob ich Bürger dieses Landes werde, Und da ich in Frankfurt gelebt habe, habe ich diese Paulskirche immer wieder gesehen. Und diese Paulskirche,  dieses Grundgesetz, dieses neue Deutschland nach 1945, hat ein Versprechen ausgesprochen: Freiheit, Menschenrechte, die Gleichberechtigung von Mann und Frau, Religionsfreiheit: jeder soll seine Religion ausüben. Auch die, die keine religiöse Beziehung haben, sind Bürger, und es ist der Staat durch seine Demokratie, der die Gesetze beschließt, und nicht die Religion.Diese Versprechen haben mich fasziniert, Und als ich 18 wurde, und mich einbürgern ließ, waren sie mein Begleittext. Ich habe sie unterschrieben.“, erinnert sich Friedmann und wies auf einen für ihn ganz wesentlichen Punkte hin:. „Es gab noch einen Paragraphen, einen Artikel in diesem Grundgesetz: Das Asyl. Gewährt wird es denjenigen Menschen, die politisch verfolgt sind. Das war für mich eine der wichtigsten Aussagen des Deutschlands nach 1945, dieses neuen Deutschlands. Und wir erleben jetzt eine erneute Generalprobe dieses Paragraphen, dass wir Menschen Asyl, Hilfe und Unterstützung geben, die, wenn Krieg und Terror ihr Leben gefährdet haben oder dass ihrer Familien schon verloren haben, und ich denke, gerade in dieser Paulskirche ist es wichtig, nicht nur daran zu erinnern, sondern zu sagen, wie wunderbar es ist, dass wir als deutsche Gemeinschaft zu diesem Asylrecht stehen.“, so Michel Friedmann und ergänzte: „Ich freue mich auf Sie alle, die vielleicht eines Tages auch Deutsche Staatsbürger werden, und diesen Vertrag unterschreiben zu Menschenrecht, Freiheit, Gleichberechtigung von Mann und Frau, von der Religionsfreiheit, und dass es das Volk ist und die Demokratie, nicht die Religion, die das erste und letzte Wort hat, Ich freue mich, dass wir die Zukunft gemeinsam gestalten, ich freue mich. Herzlich Willkommen“.

Shantal und das Bucovina Club Orkestar mit Balkan Pop © massow-picture
Shantal und das Bucovina Club Orkestar mit Balkan Pop © massow-picture

Der weltweit agierende Frankfurter Musiker Shantel hatte mit seinem „Bucovina Club Orkestar“, mit Musikern aus acht Ländern, als zweite Band des Nachmittagsw für fetzige  Balkan-Pop-Stimmung gesorgt.

Jeder Auftritt der Künstler dauerte nicht länger als jeweils 10 Minuten. So konnten mehr Künstler in der Feierstunde  untergebracht werden.  Die Reden zwischendrin waren bewusst kurz gehalten. Für die Flüchtlinge wurden sie konsekutiv übersetzt, so dass sie per Kopfhörer zuhören konnten.

Es hat der Stadt nie geschadet vielfältig zu sein – Auszüge der Rede von Oberbürgermeister Peter Feldmann 
Oberbürgermeister Feldmann und Schirmherr der Veranstaltung Peter Feldmann "Während andere in Europa über die Höhe der Grenzzäune diskutieren, haben wir die Flüchtlinge und Helfer zu diesem Fest eingeladen und haben gesagt: 'Willkommen in Frankfurt!'“,  © massow-picture
Oberbürgermeister Feldmann und Schirmherr der Veranstaltung Peter Feldmann „Während andere in Europa über die Höhe der Grenzzäune diskutieren, haben wir die Flüchtlinge und Helfer zu diesem Fest eingeladen und haben gesagt: ‚Willkommen in Frankfurt!’“, © massow-picture

So brachte auch Oberbürgermeister Feldmann seine Botschaft rasch auf den Punkt:  „In dieser Stadt leben Menschen aus 175 Nationen friedlich zusammen, sie sprechen 210 Sprachen und sie profitieren alle gemeinsam von dieser Tradition als Handelsstadt, als Messestadt, und seit Jahrhunderten alle gemeinsam von der Zuwanderung, Es hat dieser Stadt nie geschadet, vielfältig zu sein,

Die Menschen dieser Stadt haben es begriffen, sie zeigen Hilfsbereit, aber sie haben es begriffen, dass diese Stadt auch auf diese Art wohlhabend geworden ist, dass alles, was  an diesem Prozess kritisierenswert ist, kritisiert werden kann – aber dass es ein Prozess ist, der zu dieser Stadt gehört, der Lebensgefühl repräsentiert, und wir zeigen auch heute, mit dieser Veranstaltung dieses Lebensgefühl. Wir zeigen: Wie Frankfurt tickt,

Ich bin stolz auf diese Stadt: in Frankfurt hört man keine Rufe: ‚Das Boot ist voll!‘ oder den Ruf ‚Flüchtlinge raus!‘,  Wir haben keine aggressiven Demonstrationen vor den Flüchtlingsheimen.
Und diejenigen, die gekommen sind, um Schutz, Sicherheit, Perspektiven für ein Leben in Frieden und Freiheit suchen, sind der Anlass für diese Feier, womit wir ein klares Zeichen setzen.

Während andere in diesem Europa über die Höhe der Grenzzäune diskutieren, laden wir Sie zu diesem Fest ein, reichen Ihnen die Hand und sagen gemeinsam ‚Willkommen in Frankfurt‘.
Wenn ich mir die Bilder von den deutsch-österreichischen Grenzübergängen anschaue, wenn ich sehe wie dort Babys in dieser Kälte gewickelt werden, dann gruselt es mich, wenn sie auf den kalten eiskalten Boden das erste Willkommen haben, was wir eigentlich in unseren westlichen Zivilisationen immer mit dieser Offenheit und Barmherzigkeit anders definieren wollten. (…)

Und wir alle wissen, sie haben ihre Heimat nicht leichtfertig, nicht unbedacht verlassen, heute müssen sie sich in einem fremden Land zurechtfinden, manche sind in Sporthallen untergebracht, manche haben bereits ihre eigene Wohnung, manche warten auf die Entscheidung ihres Asylantrages, müssen sich an die Werte und Normen, Rechte und Pflichten in der westlichen Welt, auch unseres Grundgesetzes gewöhnen. Viele von Ihnen sind heute hier, aber noch nicht richtig angekommen. Ich freue mich deshalb doppelt, dass Sie unserer Einladung gefolgt sind, auch Ihnen gilt unserer Gruß meine Damen und Herren, willkommen!

Wir haben sie heute eingeladen, in der Paulskirche unserer Gast zu sein. Die Paulskirche, das haben die Veranstalter deutlich gemacht, ist das Symbol für Demokratie und unsere Werte. Hier wird der Adorno-Preis übergeben, und hier hat Frankfurt auch die Queen empfangen, und das, was die Queen in dieser Paulskirche sehen wollte, das war nicht nur die Flaggenparade, die wir hier traditionell aufhängen haben. Sie wollte das sogenannte Englische Monument sehen. Viele von ihnen wissen nicht, was es mit dem Monument auf sich hat: Es ist das Monument der Dankbarkeit, der Religionsflüchtlinge aus England, nachdem eine katholische Königin für einige Dekaden die Macht übernommen hatte und die protestantischen und politischen Flüchtlinge aus England nach Deutschland gekommen sind. Und wo sind sie hingekommen? Sie sind natürlich nach Frankfurt gekommen, und deshalb hat die Queen hier gesagt: ‚Ich möchte dieses Monument sehen. Diese Dankbarkeit und Tradition des Umgangs mit Flüchtlingen scheint heute in Frankfurt aktuell und aktiv gelebt zu werden‘ und das wollte sie sehen, und das war die Botschaft ihres Besuches hier in der Paulskirche meine Damen und Herren.

Wir haben hier vor zwei Wochen den Buchfriedenspreis an Navid Kermani verliehen, der uns eindrucksvoll aus Syrien berichtet hat, ich zitiere: ‚Erst wenn unsere Gesellschaften den Irrsinn nicht mehr akzeptieren, werden sich auch die Regierungen bewegen‘, so Kermani. Heute empfängt Frankfurt in der Paulskirche Sie! Sie, die Flüchtlinge, die eben vor diesem Irrsinn, den Kermani beschreibt, geflohen sind!

Das Recht auf Asyl ist im Grundgesetz festgeschrieben, die Einladung in die Paulskirche macht deutlich, das dies auch in den Köpfen verankert ist. Die Reden an den Heutigen Tag und das Programm zeigen, dass wir diese Haltung in unserem Herzen tragen, dass es keine Aufgabe einer vorweihnachtlichen Besinnung ist, sondern dessen, wie die Menschen diese Haltung im Alltag definieren.  Und deshalb auch meinen ausdrücklichen Dank an die Initiatoren dieser Veranstaltung, Herrn Michel Friedmann und Johnny Klinke . Sie sind als Bürger dieser Stadt, die Verantwortung zeigen, auf mich zugekommen. Sie zeigen damit Haltung, Tatkraft, und ich denke, damit gebührt Ihnen ein Extra-Applaus.

Diese Tatkraft, diese Haltung macht unser Frankfurt aus. Die Welle der Hilfsbereitschaft gegenüber Flüchtlingen war groß. Frankfurt hat die Willkommenskultur mit Leben gefüllt, das ging von den Kleiderspenden bis zu den Deutschkursen, deshalb mein Dank heute auch allen, die mit angepackt haben, ohne groß zu fragen.

Wir haben deshalb auch heute, all die mit anpackten, die hauptamtlichen, die ehrenamtlichen Helfer, ihre Repräsentanten eingeladen, das gilt für Feuerwehr, Rotes Kreuz, Technisches Hilfswerk , Wohlfahrtsverbände und Kirchen bis hin zur Plattform ‚Frankfurt hilft‘. Ich denke, da hat eine Hand in das andere gegriffen, und so arbeitet unsere Stadt. Wir fragen nicht lange! Wir tun das, was nötig ist!“ (…), .

„Mein Name ist Mensch“ – Katharina Bach überzeugt mit Song von Ton, Steine Scherben.
Katharina Bach vom Schauspiel Frankfurt Trio mit "Mein Name ist Mensch" von Ton Steine Scherben © massow-picture
Katharina Bach vom Schauspiel Frankfurt Trio mit „Mein Name ist Mensch“ von Ton Steine Scherben © massow-picture

Wunderbar fügte sich  an Peter Feldsmanns Grußworte der Gesang von Katharina Bach und Christoph Pütthoff in Klavierbegleitung von Christoph Iacono des Schauspiel Frankfurt Trio an. Insbesondere Bachs großartige Interpretation des Liedes „Mein Name ist Mensch“ von „Ton, Steine, Scherben“

Ich habe viele Väter.
Ich habe viele Mütter,
und ich habe viele Schwestern,
und ich habe viele Brüder.
Meine Väter sind schwarz
und meine Mütter sind gelb
und meine Brüder sind rot
und meine Schwestern sind hell.

Refrain:
Ich bin über zehntausend Jahre alt,
und mein Name ist Mensch!
Ich bin über zehntausend Jahre alt,
und mein Name ist Mensch!

Und ich lebe von Licht,
und ich lebe von Luft,
und ich lebe von Liebe,
und ich lebe von Brot.
Ich habe zwei Augen
und kann alles sehn.
Ich habe zwei Ohren
und kann alles verstehen.

Refrain…

Wir haben einen Feind.
Er nimmt uns den Tag,
er lebt von unserer Arbeit,
und er lebt von unserer Kraft.
Er hat zwei Augen,
und er will nicht sehen.
Und er hat zwei Ohren
und will nicht verstehen.

Er ist über zehntausend Jahre alt
und hat viele Namen.
Er ist über zehntausend Jahre alt
und hat viele Namen.

Ich weiß, wir werden kämpfen,
ich weiß, wir werden siegen,
ich weiß, wir werden leben,
und wir werden uns lieben.
Der Planet Erde
wird uns allen gehören,
und jeder wird haben, was er braucht.

Es wird keine zehntausend Jahre mehr dauern,
denn die Zeit ist reif.
Und es wird keine zehntausend Jahre mehr dauern,
denn die Zeit ist reif.

Nebenbei bemerkt: Dieser Song drückt aus, was vor kurzem auf der weltweit einzigartigen Ausstellung „Homo. Expandings World“ des Landesmuseums Darmstadt der international renommierte Paläoanthropologe Prof. Dr. Friedemann Schrenk resümierte: „Moderne Menschen sind das Produkt großräumiger Expansionsbewegungen.Die heutige Abschottung von Wohlstandsregionen wird höchstens wenige Generationen lang erfolgreich sein. Nur die kulturell globale Vernetzung kann das Überleben moderner Menschen langfristig sichern.“

Viel Applaus für Spitzenartist Oleg Izossimov
Oleg Izossimov mit Handstandequilibristik © massow-picture
Oleg Izossimov mit Handstandequilibristik © massow-picture

So gut eingestimmt, kam es zu einem artistischen Höhepunkt: Oleg Izossimov, zeigte Handstand-Akrobatik vom Feinsten. „Allein schon ihn gesehen zu haben, war es wert hergekommen zu sein, selbst die etwas schwülstige Begleitmusik zur seiner Darbietung passte in diesem Zusammenhang“, verriet eine Kulturjournalistin später im Foyer.

„Sie gehören jetzt zu diesem Land“ – Auszüge aus der Videobotschaft Peter Altmaiers 
Peter Altmaier grüßt von der Videoleinwand die Gäste und hält eine ermutigende Rege © massow-picture
Peter Altmaier grüßt von der Videoleinwand die Gäste und hält eine ermutigende Rege © massow-picture

Bundesminister Peter Altmaier, Chef des Bundeskanzleramtes und Flüchtlingskoordinator der Bundesregierung, musste absagen, da er diesem Sonntag-Nachmittag in Berlin maßgeblich an der „Flüchtlingskonferenz“ teilnahm. Er sendet eine Videobotschaft, in der er sich bei allen Helfern und Betreuern und der Stadt Frankfurt quer über alle Partien herzlich dafür bedankte und sich direkt  die Flüchtlinge ansprach: „Sie gehören jetzt zu diesem Land. Ich möchte, dass sie glückliche Bürger dieses Landes sind. Wir alle möchten dies und ich möchte mich ganz herzlich bedanken, bei denjenigen, die ihnen bei den ersten Schritten im neuen Land, in dieser neuen Freiheit helfen. (…)
Wir möchten, dass Sie all das Schreckliche, was Ihnen widerfahren ist, überwinden. Wir möchten, dass Sie trotz des Verlustes Ihrer Familien, trotz des Verlustes Ihrer gewohnten Umgebung in diesem Land Fuß fassen. Und wir wissen, wie schwer es ist, so weit weg von der Heimat mit Sprachproblemen , mit einer neuen Kultur, einer neuen Umgebung, mit neuen Sitten und Gebräuchen dauerhaft Fuß zu fassen. Und trotzdem sind wir überzeugt, dass Sie es schaffen werden. Sie sind großartige junge Menschen, Sie haben das alles überstanden, und Sie haben sich auf dieses Abenteuer eingelassen. Sie werden dieses Abenteuer erfolgreich überstehen, mit unserer Hilfe, wir alle gemeinsam,

Hier in der Paulskirche hat man vor über 160 Jahren gesagt: Alle Menschen sind frei und gleich geboren, alle Menschen haben die gleichen Rechte, die gleichen Mitwirkungsmöglichkeiten. Leider ist dieser Zustand in weiten Teilen der Welt noch nicht erreicht, und deshalb ist ihr Schicksal auch für uns die Verpflichtung, weltweit zu kämpfen für Freiheit und Menschenrechte, weltweit zu kämpfen für Demokratie. Denn wir sind überzeugt, dort wo es Demokratie und Rechtsstaatlichkeit gibt, geht es den Menschen besser. Wir müssen wegkommen von der Ideologie und hinkommen zu Staats- und Regierungssystemen im Nahen und Mittleren Osten, in Afrika, in Asien, wo die Menschenrechte im Vordergrund stehen, wo die Würde des Menschen unantastbar ist, Und das heißt, dass auch die Länder, denen es besser geht als anderen, ihren Teil der Verantwortung haben, Hilfe zu leisten, diesen Prozess zu gestalten.

Sicher, kein einziges Land, nicht die Vereinigten Staaten von Amerika, nicht die Deutschen, nicht einmal Europa insgesamt, kann allen Menschen auf dieser Welt, die in Not sind, die in Unfreiheit leben, gleichzeitig und sofort helfen. Aber wir müssen uns darum bemühen. Wir müssen dafür kämpfen. Wir müssen arbeiten für eine bessere Welt, und als wir die Not und das Elend gesehen haben, das insbesondere die Menschen in Syrien erfasst hat, das sie entwurzelt und ihrer Heimat beraubt hat, da hat das Niemanden in Deutschland gleichgültig gelassen.

Ich kann mich nicht erinnern in meinem Leben, dass ich jemals eine solche Welle der Hilfsbereitschaft in meinem eigenen Land erlebt habe. Ihre Not hat uns nicht kalt gelassen, und die Not ihrer Landsleute lässt uns nicht kalt. Weil das so ist, weil Hundertausende Menschen in Deutschland geholfen haben, weil unser Land, weil unsere Bevölkerung und seine Regierung gesagt hat: wir stehen zu unserer humanitären Verantwortung, sage ich Ihnen, ich bin stolz auf mein Land, und auf meine Landsleute, dass wir zu dieser Leistung fähig waren. Und wenn ich Sie sehe und in ihre Gesichter blicke, Sie, die jungen Flüchtlinge und die neuen Bürger, dann sage ich: Es war richtig, dass wir geholfen haben. Und wir möchten, dass diese Hilfe zum Erfolg führt. Wir wünschen uns, dass Sie es schaffen, schnell Deutsch zu lernen, wir wünschen uns, dass Sie in ihrem Beruf arbeiten können oder einen neuen Beruf erlernen, wir wünschen uns, dass Sie Freunde finden, untereinander und mit den neuen Bürgern und alten Bürgern, die in dieser Stadt gemeinsam zusammen leben und wohnen. (…).“

Peter Altmaiers  Videobotschaft hatte genau den richtigen Ton getroffen und  sehr gut aufgenommen.

Opernlieder
Esther Dierkes und Martha Jordan von der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst überzeugten mit Liedern der Opernklassik © massow-picture
Esther Dierkes und Martha Jordan von der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst überzeugten mit Liedern der Opernklassik © massow-picture

Für etwas musikalisches Kontrastprogramm sorgten die  Sängerinnen Esther Dierkes und Martha Jordan der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst mit ihren perfekt und herzlich zugleich vorgetragenen Lieder der Opernklassik.

 

 

Sandro Roy mit einer Solosonate von Johann Sebastian Bach  © massow-picture
Sandro Roy mit einer Solosonate von Johann Sebastian Bach © massow-picture

Auch der junge Geigenvirtuose Sandro Roy, wirkte gegenüber Balkan-Pop eher wie einer musikalischer Kontrapunkt, was aber wie bereits die Auftritte der Opernklassikerinnen der ganzen Veranstaltung entsprechend zusätzliche Würze gab und auch für die Flüchtlinge eine kleine Einführung in die hiesige klassische Musikkultur ware.   Sandro Roy faszinierte mit einem überwältigenden Geigensolo  der Sonate von Johann Sebastian Bach.

Solidarität ist mega-in – Glaudia Roth Auszüge aus ihrer Rede
Claudia Roth, Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages . "Solidarität ist überhaupt nicht altmodisch,  ist überhaupt nicht out, sondern Solidarität ist mega-in " © massow-picture
Claudia Roth, Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages . „Solidarität ist überhaupt nicht altmodisch, ist überhaupt nicht out, sondern Solidarität ist mega-in “ © massow-picture

Einer der Höhepunkte war mit Sicherheit Claudia Roths Auftritt. Es war ihre Sache, sie war mit dem Herzen dabei, und trug wie häufig ein wenig ihre Seele auf der Zunge. Die Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages freute sich riesig, an diesem Nachmittag dabei gewesen sein zu dürfen und unterstrich, die große Strahlkraft der Paulskirche als  „Symbol für das demokratische Deutschland, für ein demokratisches Deutschland, das für den Frieden in der Welt einsteht, und für ein friedliches Zusammenleben in einem Vielvölkerstaat, und deswegen ist es so absolut richtig, und so wunderbar, das genau diese Veranstaltung hier in der Paulskirche stattfindet, 
Es ist ein allerallerbeste Ort sich hier zu treffen, um ein Willkommensfest zu feiern für Sie, die erst seit kurzem hier in Deutschland sind, für Sie, die ihre Heimat verlassen mussten, oftmals auch ihre Familien, die alles verloren haben, die nun hoffentlich Schutz und Ruhe und eine neue Perspektive für ihr Leben in Frieden finden können.

Und es ist genau auch der richtige Ort für ein Dankeschönfest für Sie hier, die in Deutschland leben, die in Frankfurt leben, und die den neu Dazugekommenen helfend zur Seite stehen, oder auch ein Dankeschönfest für die wunderbaren Künstler und Künstlerinnen, die uns mit ihrer großen Kunst, Kraft und Lebenslust und Lebensfreude geben, und die können wir brauchen in dieser Welt, die völlig aus den Fugen geraten ist,

Wir alle hier wollen vor allem Sie in den Mittelpunkt stellen, Sie, Menschen, die es auf ihrer Flucht bis nach Frankfurt geschafft haben, und die Helfer und Helferinnen, die jeden Tag bis an ihre Grenzen gehen, manchmal und auch oft bis über ihre Grenzen hinaus, um die Situation für alle so erträglich wie möglich zu machen,
Vielen herzlichen Dank Frankfurt, und ich sehe, so viele ,wenn man sich umschaut, so viele aus dieser Stadt, dass es einem so warm ums Herz wird, und ich sage, da wo Sie sind, wo Sie ihre Hilfe anbieten, da ist Wärme, da ist Offenheit, da ist Nächstenliebe, unser Papst würde sagen ‚da ist Barmherzigkeit‘. Man kann überhaupt nicht genug anerkennen, was Sie für den Zusammenhalt in dieser Stadt und weit über diese Stadt hinaus getan haben und tun, was Sie, bei denen Wärme zuhause ist, bei denen Nächstenliebe zuhause ist, was Sie für den Zusammenhalt in unserem Land leisten.

Mit ihrer Hilfe Tag für Tag, erklären Sie sich nicht nur mit Menschen in Not solidarisch, sondern Sie üben ihnen gegenüber ganz konkrete und auch ganz praktische Solidarität. Sie sind die Botschafter und Botschafterinnen von Humanität , und Sie zeigen, dass Solidarität überhaupt nicht altmodisch ist, überhaupt nicht out, sondern dass Solidarität mega-in ist Und das müssen wir alle beweisen, jeden Tag aufs Neue!

Sie leisten eine Hilfe, die direkt der Menschenwürde dient, die der Menschenwürde entspringt, aus dem Artikel 1 unseres Grundgesetzes, unserem moralischen Imperativ, indem geschrieben steht: „Die Würde des Menschen ist unantastbar“ Und diese Würde, diese Menschenwürde, sie kennt eben kein Adjektiv: sie ist nicht weiß, sie ist nicht schwarz, sie ist nicht christlich, sie ist nicht muslimisch, sie ist nicht hetero, sie nicht jüdisch oder homo, sie ist nicht männlich, sie ist nicht weiblich, nein, die menschliche Würde, sie gilt für jeden Menschen in all seiner Unterschiedlichkeit und in all seiner Differenz, in seinem Menschsein, so wie er so wie sie ist, und das zu schützen und zu achten, das ist unsere Aufgabe und das macht unsere Gesellschaft wirklich stark und wirklich reich.“

Balkon-Pop – Besidos sind einfach mitreißend

Besidos Balkon-Pop lässt die "Paulskirche Tanzen".© massow-picture

Besidos Balkon-Pop lässt die „Paulskirche Tanzen“.© massow-picture

Vom großen Applaus, Umarmungen und Dankesworte Johnny Klinks für Claudia Roth ging  es fast ohne Unterbrechung über zum großen Balkan-Pop-Abschluss mit den Darmstädter Besidos. Zunächst klatschten alle heftig im Rhythmus, nach und nach standen sie auf, wippten mit, schließlich folgten immer mehr der Aufforderung, zu tanzen. Und von hinten strömten  die begeisterten Jugendlichen auf die Bühne, konnten zeigen, wie gut sie tanzen können, und schließlich  „rockte“  die ganze „Paulskirche“: Helfer, Promis und  Flüchtlinge, alle miteinander.  Von so viel echter Emotionalität und dankbarer Begeisterung dieser jungen Menschen überwältigt, wischte sich so mancher  Tränen seiner Rührung aus dem Gesicht. Musik kann soviel,  Grenzen  überwinden, Menschen zueinander führen und das Herz berühren. Das zeigte sich einmal mehr auf sehr eindrucksvolle Weise am Sonntag in der Paulskirche.

Diether v. Goddenthow (Rhein-Main.Eurokunst)