
Mit Standing Ovations und euphorischer Begeisterung feierten auf der gestrigen Gala des European Youth Circus – Artistik-Festival die Wiesbadener über 30 junge Artistinnen und Artisten aus ganz Europa im ausverkauften Zirkuszelt auf dem Dernschen Gelände. Neben den in der internationalen Circus- und Varieté-Welt sehr begehrten Wiesbadener Festivalpreisen „Gold, Silber und Bronze“ winkten wertvolle Sonderpreise für exzellente artistische Leistungen. In der Altersgruppe 18 bis 25 Jahre gewann Luftakrobatin Mariia Shevchenko aus der Ukraine den Publikumspreis der Herzen und den Goldenen Festival-Preis. Wegen Punktegleichstand wurde der Goldene Festivalpreis ein zweites Mal verliehen an das Artistenduo Angelina & Oleksandra, ebenfalls aus der Ukraine. In der Altersgruppe 12 bis 17 Jahre gewann der 12jährige Handstand-Akrobat Gabriel Dell‘ Acqua aus Italien den Goldenen Festival-Preis.

Exzellent begleitet vom „European Youth Circus-Orchestra“, führte Axel Schiel, Ex-Jongleur und Gründer des Künstlernetzwerkes „Showpaket“, durch die Festival-Gala und begrüßte zum Start Wiesbadens Kulturdezernenten Axel Imholz.

Es sei ihm, so Imholz, eine riesige Freude, das hochverehrte Publikum nach endlich vier Jahren in diesem Jahr zur Gala hier begrüßen zu können. Denn vor zwei Jahren hatten bereits die Vorbereitungen für den European Youth Circus begonnen, mussten dann verschoben und schließlich doch ganz abgesagt werden. Natürlich habe man, so der Kulturdezernent, auch in diesem Jahr gezittert, sei aber trotz der – nicht nur wegen Corona – schwierigen Zeiten in die Vorbereitungen eingestiegen. Aber all das könne man heute Abend beiseitelassen, und sich an den Darbietungen der 35 jungen Artistinnen und Artisten aus ganz Europa erfreuen. Imholz lobte das gute Händchen der Vorauswahlkommission, die wieder aus unendlich vielen Bewerbervideos der Artistinnen und Artisten die besten Kandidaten ausgesucht und zur Teilnahme eingeladen habe, Der Kulturdezernent dankte zudem „all den helfenden Händen, die überall mit im Einsatz sind“, und den „Kolleginnen und Kollegen vom Kulturamt, besonders Frank Zammert, die seit Jahrzehnten das Festival begleitet hätten, jetzt erstmals mit Franziska Bomes als neue Festivalleiterin.
„Zukunftspreis der Circusfreunde e.V.“ für EYC-Team des Kulturamtes

Eine außergewöhnliche Ehrung erfuhr das Wiesbadener Festival-Team ganz unverhofft von der „Gesellschaft der Circusfreunde e.V.“ durch die Auszeichnung mit dem „Zukunftspreis der Circusfreunde e.V.“ Stefan Nolte, Präsident der Gesellschaft für Circusfreunde e.V. verlieh die Urkunde „für die hervorragende Förderung von Nachwuchsartisten durch den European Youth Circus.“ „Wahnsinn!“, so Nolte, „was hier über die Jahre geschaffen wurde: die Anfänge in einer Schulturnhalle und heute eines der bedeutendsten Nachwuchsfestivals der Welt“. So sei die Wahl des Preisträgers nicht schwer gefallen. Von der gelungenen Überraschung fast sprachlos geworden, nahm Jörg-Uwe Funk, Leiter des Kulturamtes, mit großer Freude stellvertretend den Preis für das EYC-Leitungs- und Orga-Team entgegen und dankte den Circusfreunden und seinem ganzen Team.
Die Wiesbadener Festivalpreise der Altersklasse 18 bis 25 Jahre
Die Preise in der Altersklasse von 18 bis 25 Jahre sind dotiert mit: 1000 Euro für Bronze, 1500 Euro für Silber und 3000 Euro für Gold.

Der Wiesbadener Festival-Preis in Gold ging an Angelina Federko (18) und Oleksandra Chala (18), verliehen von Juror Francesco Mocellin, Mitglied der Gesellschaft der Zirkusfreunde Italiens. Die Preisträgerinnen, nicht nur beste Freundinnen, bilden seit etwa fünf Jahren ein unschlagbares Artisten-Duo und entwickelten mit ihrem Trainer Oleg Kurinsky eine einzigartige „Hand-auf-Hand-Darbietung“. Beide kommen aus dem Ensemble der ukrainischen Circusschule „Alle Up“. Das Wichtigste ihres Erfolges sei Vertrauen, sich 100prozentig auf den anderen verlassen können.

Wegen Punktegleichstand bei der Leistungsbewertung der Artisten während der Wettbewerbsvorstellungen an den beiden Vortagen durch die Jury, musste der Wiesbadener Festival-Preis in Gold ein zweites Mal vergeben werden. Dieser ging an die ebenfalls aus der Ukraine stammende Luftakrobatin Marija Shevchenko (20), überreicht von Johnny Klinke. Jurysprecher und Direktor des Tigerpalastes Frankfurt. Marija Shevchenko gewann auch den Publikumspreis der Herzen, überreicht von Kulturdezernent Axel Imholz. Bei ihrer Darbietung „The Fire Within“ dreht und windet sich Marija Shevchenko ohne Sicherungsseil an zwei Schlaufen hängend in einem unglaublichen Tempo hoch hinauf ins Zirkuszelt und zeigt dabei außergewöhnliche, mitunter freihändige und atemberaubende Figuren, wobei sie sich dann urplötzlich in die Tiefe stürzt, um sich im letzte Moment wieder aufzufangen. Ihr Act symbolisiert Energie und Willensstärke.

Der Wiesbadener Festival-Preis in Silber ging an Johann Prinz (24) an den Strapaten, überreicht von Jurorin Agnes Brun, Professorin für die künstlerische und pädagogische Ausbildung an der Academie Fratelini in Paris. Johannes Strapaten-Darbietung „Remember“ ist eine einmalige Mischung aus Kraft und Dehnung und erfordert eine unglaubliche ausdauernde Muskelkraft. Ohne Sicherungsseil windet er sich, bisweilen Arme und Körper in den Strapatenbändern verwickelt, bis unter die Zirkuszeltkuppel empor als sei Schwerkraft ein Fremdwort. Die Zirkuswelt entdeckte der Hesse bei Projekten eines Kinder- und Jugendzirkusses. Schließlich schaffte er 16jährig die Aufnahmeprüfung an der Staatlichen Ballettschule für Artistik in Berlin, wo er seine Ausbildung zum Zirkusartisten begann, die er 2019 abschloss und einen wichtigen Nachwuchspreis gewann.

Auch in der Preiskategorie „Silber“ stellte die Jury bei ihrer Bewertung einen „Punktegleichstand“ der artistischen Leistungen fest, so dass ein zweiter Wiesbadener Festival-Preis in Silber an Hula-Hoop-Artistin Alexandra Malter (25) fiel. Dieser wurde überreicht von Juror Kristian Kristof, der in 4. Generation aus der berühmten ungarischen Zirkusfamilie Kristof stammt. Alexandra kommt auch aus einer Artistenfamilie. Sie entdeckte mit 13 Jahren ihre Vorliebe für Hula-Hoop-Reifen, die sie so perfekt und dynamisch wie kaum ein anderer beherrscht mit einer Mischung aus Balance-Akten und schwungvollen gleichzeitigen Reifenbewegungen um Körper, Arme, Beine. Neben der Teilnahme an Talentshows in Belgien, Rumänien, Spanien und Italien hatte Alexandra Malter viele Auftritte in deutschen Varietés, z.B. „Apollo Roncalli Varieté“ in Düsseldorf.

Der Wiesbadener Festival-Preis in Bronze ging nach Frankreich an die Fahrrad-Akrobatin Fleuriane Cornet (24), überreicht von Jurorin Anastasiya Voladas-Massot, Handstandakrobatin mit Auftritten in ganz Europa seit ihrem 16. Lebensjahr. Bereits in sehr jungen Jahren entdeckte Fleuriane die Akrobatik im Zirkus La Batoude. absolvierte die Artistenschule in Chàtelierault und spezialisierte sich auf die Fahrradakrobatik am Centre National des Arts du Chirque in Chàlons. Zum Fahrrad entwickelt Fleuriane beinahe eine poetisch anmutende Beziehung, die sich in ihren ausgefallenen und anscheinend mühelosen unzähligen, ineinander fließenden Fahrradfiguren widerspiegelt. Sie sind literarisch inspiriert und zeigen mehr oder weniger exzentrische wie verrückte Charaktere. Fleuriane erhielt zudem den mit 1000 Euro dotierten Ehrenpreis des Verbands Deutscher Varietètheater.
Die Wiesbadener Festivalpreise der Altersklasse 12 bis 17 Jahre
Die Preise in der Altersklasse 12 bis 17 Jahre sind dotiert mit: 700 Euro für Bronze, 1000 Euro für Silber und 2000 Euro für Gold.

Der Wiesbadener Festivalpreis in Gold in der Altersklasse 12 bis 17 Jahre ging nach Italien an Handstand-Akrobat Gabriel Dell‘ Acqua (12), überreicht von Jurorin Aurelia Cats, mehrfach international ausgezeichnete Akrobatin. Das Publikum tobte vor Begeisterung bei Gabriels unglaublicher – zumeist wechselnd einarmig – dargebotenen ausdauernden Handstand-Akrobatik „Anthem of Angels“. Hierbei performt der junge Künstler meisterhaft Kunststücke in unterschiedlichen Höhen eines treppenartig anmutenden Podestes. Bereits in jungen Jahren siegte er auf Zirkusfestivals in Latina (Italien) und Sotschi (Russland). Nach dem pandemiebedingten Lockdown bewies er sein Talent unter anderem auch bei den Galaveranstaltungen „Funambolik“ und „Magic Circus“, und perfektionierte seine akrobatische Performance im Circus Medrano.

Der Wiesbadener Festivalpreis in Silber ging nach Ungarn an Luftring-Artistin Sára Nagyhegyi (17), überreicht von Jurorin Agnes Brun. „Frei sein wie ein Vogel“ lautet ihr Credo und ist auch Leitgedankte ihrer Luftakrobatik-Performance, in der sie am Luftring in schwindelnder Höhe den gefangenen Vogel mimt, der in die Freiheit findet und davon fliegt. Sára besucht die 12. Klasse der ungarischen Imre Baross Artistenschule in Budapest und wird nach dem Abi in diesem Jahr als Luftring-Artistin professionell arbeiten. Erste Engagements hat sie bereits in der Kategorie Sonderpreise des European Youth Circus gewonnen, nämlich den Sonderpreis des französischen „Cirque Imagnine“ und den Sonderpreis des „Varieté Neues Theater Höchst“.

Den Wiesbadener Festivalpreis in Bronze holte Handstand-Akrobatin Anna Levina (12), überreicht von Juror Zdeneck Polach, mehrmaliger Jonglage-Weltrekordmeister. Gemeinsam mit ihrer Schwester Daniela Levina (13), die als Equilibristik-Akrobatin auch in Wiesbaden überzeugte, trainierte sie im Zirkusstudio „Youth of Kyiv“. Beim ukrainischen „Golden Chestnut International Youth Circus Festival“ gewann Anna Gold. Bei ihrer humoristisch-spielerischen Vorführung präsentiert sie sich in einer bühnenbildnerischen Baustellensituation mit eindrucksvollen Handstand-Kunststückchen: kopfüber, drehend, laufend, springend und rhythmisch wippend – alles wunderbar heitere Stimmung verströmend.
European Youth Sonderpreise

Alle teilnehmenden Artistinnen und Artisten, auch jene, die in den Wettbewerbsveranstaltungen der beiden Vortage ohne die nötige Punktezahl zur Ausrichtung der Galaveranstaltung teilgenommen hatten, wurden mit einer Wiesbaden-Medaille in Gold ausgezeichnet.
Der erste Sonderpreise in Höhe von 500 Euro, der Wiesbadener Kirchen, ging an den ukrainischen Cyr-Wheel-Artisten Jeka Dehtiarov (24), überreicht von Juroin Agnès BrunJuroin.
Der Preis der Gesellschaft der Circusfreunde e.V., mit 500 Euro, erhielt der spanische Drahtseilakrobat Gerardo Segura Macis (15), überreicht von Aurelia Cats.

Der Sonderpreis des „Varieté Neues Theater Höchst“ ging an Luftring-Artistin Sara Nagyhegyi (17). Er beinhaltet ein einmonatiges Engagement als Artist im neuen Theater Höchst.
Der Sonderpreis der Imre Baross Artistenschule Ungarn erhielt Equilibristik-Akrobatin Daniela Levina (13), überreicht von Juro Kristian Kristof.
Den mit 1000 Euro dotierten Ehrenpreis des Verbands Deutscher Varietè-Theater erhielt die französische Fahrradartistin Fleuriane Cornet (24), überreicht von Johnny Klinke.
Den mit 500 Euro dotierten Sonderpreis des „Club Amici Del Circo“ erhielt Equilibristik-Artistin Asia Perris (25), überreicht vom Präsidenten der Zirkusfreunde Italiens Franceco Mocellin.
Der Preis des „Cirque Imagnine“, Frankreich, ging an die Luftring-Artistin Sara Nagyhegyi, überreicht von Anastasia Volads-Massot. Der Preis beinhaltet ein Auftritts-Engagement beim Cirque Imagine.
Den mit 500 Euro dotierten Preis der „Circus-Varietè- und Artistenfreunde der Schweiz“ holte Diabolo-Künstler Ezar Veldmann (22), überreicht von Agnès Brun.

Johnny Klinke, Jury-Vorsitzender und Direktor des Tigerpalastes Frankfurt, überreichte den letzten der Sonderpreise, den Preis des Tigerpalast Varieté-Theaters „Varieté der Zukunft“ an den Rola Rola-Artisten Stefan Dvorak (17) . Zuvor dankte er Wiesbaden: „Wir haben Außerordentliches erlebt. Wer hätte das gedacht, dass wir nach vier Jahren zurückkommen. Wir mitten in Europa, und dass alle gekommen sind. Was wir hier erlebt haben, war ein Stück gelebte Solidarität vor allen Dingen mit den jungen Artisten aus der Ukraine. Wiesbaden liebt euch.! Herzlichen Dank für diese Challenge in dieser Stadt des Friedens. Herzlichen Dank, dass ihr gekommen seid, und auch herzlichen Dank an die anderen Artisten“.

An Rola Rola-Artist Stefan Dvorak gerichtet, lobte Johnny Klinke: Er habe den vergangenen 30 Jahren nicht einen Artisten kennengelernt, der noch nie ohne für Geld so professionell irgendwo aufgetreten sei. Dvorak sei wirklich ein Autodidakt: „Morgens um fünf vor der Schule übt er, trainiert er, und hat hier seine ‚Wackelkunst‘ präsentiert. Ich finde, eine Persönlichkeit ,und auch, das was er tut, das hat Zukunft. Dieser Mann kann begeistern, herzlichen Dank!“ Mit oder ohne schwarzem Jackett balanciert Stefan Dvorak nicht nur in verschiedenen Höhenlagen auf rollenden Untergründungen, sondern jongliert und springt dabei noch über ein Springseil.
Publikumspreis der Herzen

Zum krönenden Abschluss des European Youth Circus Artistik-Festival Wiesbaden gab es auch wieder den traditionellen Preis der Herzen. Diesen hatten die Besucher der vorausgegangenen Wettbewerb-Shows durch Stimmabgabe auf einem Votingkärtchen ermittelt. Diesen Preis der Herzen gewann Luftakrobatin Mariia Shevchenko, die auch mit dem Wiesbadener Festivalpreis für die Altersgruppe 18 bis 25 Jahre in Gold ausgezeichnet worden war.
(Diether von Goddenthow /Rhein-Main.Eurokunst)