„Ost-West-Begegnung“ im Fokus von goEast 2019 – vom 10. bis 16. April in Wiesbaden

goEast_Visual_2019_450goEast 2019 wirft bereits seine „Schatten“ voraus: In diesem Jahr liegt ein Themenschwerpunkt des in seiner 19. Auflage vom DFF – Deutsches Filminstitut & Filmmuseum veranstalteten Festival des mittel- und osteuropäischen Films auf „Grenzüberschreitung und Begegnung“. Das Filmfestival richtet sich mit seinem vielfältigen Programm aus Filmscreenings, Workshops, Ausstellungen und Podiumsdiskussionen gleichermaßen an heimische Filmfans, Fachpublikum und Gäste aus aller Welt und versteht sich als wichtige Plattform für Kultur und Austausch aus dem postsozialistischen Osteuropa.

Paneuropäisches Picknick
Was vor dreißig Jahren am 9. November in Berlin begann, markierte das Ende einer Epoche, die Europa und die Welt in zwei Teile teilte. Doch bereits im August 1989 war durch eine zunächst unscheinbare Kunstaktion von Friedensaktivist*innen der Eiserne Vorhang einen Spaltbreit aufgestoßen worden: Beim „Paneuropäischen Picknick“ öffnete sich die ungarisch-österreichische Grenze für einige Stunden und viele DDR-Bürger, die gerade im Urlaub am Plattensee waren, machten sich auf den Weg in den Westen. Diesem Ereignis widmet goEast in diesem Jahr eine vom Kulturfonds Frankfurt RheinMain geförderte Veranstaltungsreihe, bei der sowohl die Grenzen zwischen Ost und West als auch interdisziplinäre Grenzen zwischen Film, Literatur und Kunst überschritten werden. Zu den Veranstaltungen gehört auch ein echtes Picknick auf dem Wiesbadener Schlossplatz, bei dem Festivalgäste, Kulturschaffende und Wiesbadener zusammentreffen.

Symposium: Konstruktionen des Anderen. Roma und das Kino
Mittel- und Osteuropas
Das diesjährige Symposium, zu dem internationale Filmwissenschaftler*innen, Kulturtätige und Filmemacher*innen eingeladen sind, beschäftigt sich mit einem kontroversen Themenkomplex: Einerseits werden „Zigeuner“-Stereotype im Film, von der NS-Zeit bis Emir Kusturica, einer kritischen Revision unterzogen. Andererseits stehen Filme von Roma-Filmschaffenden und die Lebenswelten der Roma in Mittel- und Osteuropa im Fokus. Gerahmt wird die Filmretrospektive von Vorträgen, welche die (film-)historischen, soziopolitischen und kulturellen Aspekte des Themenkomplexes kritisch unter die Lupe nehmen.

Hommage: Krzysztof Zanussi
Mit der Hommage ehrt goEast den Altmeister der polnischen Neuen Welle, Krzysztof Zanussi, mit einer umfangreichen Retrospektive. Der vielfach ausgezeichnete Regisseur und Drehbuchautor, von der Kritik als der „polnische Godard“ bezeichnet, feiert in diesem Jahr seinen 80. Geburtstag und gehört zu den wichtigsten Filmemachern seiner Generation. 2001 war Zanussi der erste Jurypräsident von goEast und auch 2019 wird er erneut nach Wiesbaden reisen und neben Klassikern wie STRUKTURA KRYSZTAŁU (STRUKTUR DES KRISTALLS, 1969), ILUMINACJA (ILLUMINATION, 1972) auch sein neuestes Werk ETER (ETHER, 2018) präsentieren.

Nachwuchsförderung: RheinMain Kurzfilmpreis // East-WestTalent Lab // Renovabis-Stipendium
Zwei neue Preise und das Fortbildungsprogramm East-West Talent Lab sollen es Nachwuchsfilmemacher*innen ermöglichen, innovative Projektideen zu verwirklichen.
Der Kulturfonds Frankfurt RheinMain lobt erstmals den mit 2.500 Euro dotierten RheinMain Kurzfilmpreis aus, der im neu geschaffenen Kurzfilmwettbewerb von einer Jury vergeben wird, die sich aus Kultur- und Migrationsvereinsmitgliedern des Rhein-Main-Gebiets zusammensetzt. Renovabis setzt sich seit Beginn der 1990er Jahre für die soziale Erneuerung der postsozialistischen Länder ein und stiftet ein mit 3.500 Euro dotiertes Recherche-Stipendium für dokumentarische Vorhaben zu den Themen Menschen- und Minderheitenrechte. Der ebenfalls mit 3.500 Euro dotierte goEast Development Award wird seit diesem Jahr von Russian Standard Vodka ausgelobt und geht an den besten Projektpitch.

Dziga Vertovs ANNIVERSARY OF THE REVOLUTION und weitere
Archiv-Schätze
Neben aktuellen Produktionen aus Mittel- und Osteuropa haben historische Filme und Archivwerke bei goEast traditionell einen festen Platz. Ein ganz besonderes Highlight ist 2018 die Deutschlandpremiere VON ANNIVERSARY OF THE REVOLUTION (GODOVSHINA REVOLYUCII, UdSSR, 1918) des Dokumentarfilm-Pioniers Dziga Vertov. Der vielleicht erste abendfüllende Dokumentarfilm der Filmgeschichte, der lange als verschollen galt, wurde vom russischen Filmhistoriker Nikolai Izvolov rekonstruiert. In einem Werkstattgespräch wird Izvolov Einblicke in seine Arbeit an der rekonstruierten Fassung geben.

Im Rahmen des Symposiums wird u.a. das dynamische Werk GROßSTADT-ZIGEUNER (Deutschland, 1932) des Bauhaus-Künstlers László Moholy-Nagy zu sehen sein. Daneben finden zwei wichtige Archiv-Montagen ihren Weg auf die Leinwand. THE TRIAL (PROTSESS, Niederlande, 2018), in dem der weißrussische Regisseur Sergei Loznitsa Archivmaterial sowjetischer Schauprozesse aus dem Jahr 1930 bearbeitet. Loznitsa wird beim Festival anwesend sein und eine Masterclass geben. In ihrer bezaubernden Archiv-Montage BRIDGES OF TIME (LAIKA TILTI, Lettland, Litauen, Estland, 2018) setzen Audrius Stonys und Kristīne Briede der baltischen poetischen Dokumentarfilmschule ein Denkmal.

Das komplette Programm der 19. Ausgabe von goEast – Festival des mittel- und
osteuropäischen Films wird Anfang April veröffentlicht.