MUT ZUM CHAOS Ottilie von Goethe und die Welt der Romantik ab 23.06.2023 im Museum Deutsche Romantik

Ottilie von Goethe, Selbstporträt mit Kasperlmütze im Album ‚Allerlei‘, nach Juni 1817 © Klassik Stiftung Weimar, Goethe- und Schiller-Archiv, 84/II,4a
Ottilie von Goethe, Selbstporträt mit Kasperlmütze im Album ‚Allerlei‘, nach Juni 1817 © Klassik Stiftung Weimar, Goethe- und Schiller-Archiv, 84/II,4a

Das Deutsche Romantik-Museum rückt mit der spannenden neuen Sonderausstellung „Mut zum Chaos. Ottilie von Goethe und die Welt der Romantik“ vom 23.Juni bis 3.September Goethes Schwiegertochter „Ottilie von Goethe“ ins Zentrum.

Ottilie von Goethe (1796 – 1872), Goethes „geliebte Schwiegertochter“, wurde schon von ihren Zeitgenossen überaus kontrovers wahrgenommen. Im Fokus standen stets ihre Rolle als Schwiegertochter Goethes, ihre unglückliche Ehe mit seinem Sohn August und ihre leidenschaftlichen Gefühle. Ihre selbstbestimmten Lebensentscheidungen und ihr freiheitsliebender Geist faszinierten und irritierten zugleich.
Die Frankfurter Ausstellung, die in kleinerer Form bereits 2022 im Goethe- und Schiller-Archiv Weimar zu sehen war, rückt Ottilie von Goethes bislang wenig beachtetes intellektuelles Lebenswerk in den Mittelpunkt: ihre Tätigkeit als Übersetzerin und Agentin des englisch-deutschen Kulturtransfers, ihre Unterstützung einer neuen Generation von Kunstschaffenden in Weimar, Leipzig und Wien, ferner ihre Dichtungen und ihr politisches Engagement. Ottilies handschriftlicher Nachlass, ihre Bibliothek, ihre Kunst- und archäologischen Sammlungen, ihre Publikationen und Übersetzungen erweisen sich als ein erstaunlich reicher Fundus, um ihre weltoffene Persönlichkeit darzustellen und zugleich ein Stück Frauengeschichte des 19. Jahrhunderts zu schreiben. Im Zentrum steht die Zeitschrift ‚Chaos‘, die Ottilie von Goethe unter tätiger Mitwirkung ihres Schwiegervaters herausgab. Sie zirkulierte in einem geschlossenen Zirkel von Gesprächsteilnehmerinnen und -teilnehmern und bot unter dem Deckmantel der Anonymität ganz unterschiedlichen Personengruppen, namentlich Frauen, die Möglichkeit zur Teilhabe. Die Beiträge kamen aus allen Teilen Europas, waren in verschiedenen Sprachen verfasst und gaben Gelegenheit, auf die Beiträge der anderen zu reagieren. Auf diese Weise war es möglich, die Redeordnungen der Zeit zu unterlaufen. Auf die historische Zeitschrift reagiert ein partizipatives Projekt, das Teil der Ausstellung sein wird: Studierende der Goethe-Universität Frankfurt erhalten die Möglichkeit, ein ‚Neues Chaos‘ herauszugeben, das in vielerlei Hinsicht an das ursprüngliche Projekt anknüpft. Das Rahmenprogramm umfasst Führungen und Abendvorträge. Ein von der Kuratorin Francesca Fabbri herausgegebener Ausstellungkatalog ist 2022 im Verlagshaus Römerwerg erschienen (96 Seiten mit farbigen Fotografien und Zeichnungen).
Die Ausstellung wird kuratiert von Dr. Francesca Fabbri.

AUSSTELLUNG: 23. JUNI BIS 3. SEPTEMBER, ERÖFFNUNG: 22. JUNI 2023, 19 UHR
DEUTSCHES ROMANTIK-MUSEUM: ERNST MAX VON GRUNELIUS-SAAL

OTTILIE VON GOETHE – KURZBIOGRAPHIE

1806 kam Ottilie Freiin von Pogwisch (1796 – 1872), mittellose Nachfahrin zweier alter preußischer Adelsfamilien, in die Residenzstadt Weimar, wo ihre in Trennung lebende Mutter Henriette von Pogwisch eine Stelle als Hofdame antrat. Bald war Ottilie im Haus des Staatsministers und „Dichterfürsten“ Johann Wolfgang von Goethe ein willkommener Gast. 1817 heiratete sie gegen die Bedenken ihrer Familie Goethes einzigen Sohn August, der ihr seit langer Zeit vertraut war.

Nach dem Einzug in das Haus am Frauenplan, wo die junge Familie mit dem „Vater“ unter einem Dach wohnte, entfaltete Ottilie von Goethe eine weltoffene Geselligkeit. Besonders interessierte sie sich für die englischsprachige Kultur. Sie übersetzte, dichtete und gründete die mehrsprachige Zeitschrift Chaos. Für Goethe wurde sie mehr und mehr zu einer wichtigen Gesprächspartnerin. Auch wurden drei Kinder geboren: Walther, Wolfgang Maximilian und Alma. Die Ehepartner entfremdeten sich jedoch zusehends, zu unterschiedlich waren ihre Charaktere. So suchte Ottilie von Goethe schon während der Ehe nach einem intellektuell und emotional gleichgesinnten Partner, was in der Stadt für Gesprächsstoff sorgte.

Nach dem Tod des Ehemanns im Jahr 1830 und des Schwiegervaters zwei Jahre später führte sie ihr Leben selbstbestimmt und weitgehend unabhängig von den damaligen Konventionen. Ihre liebes- und lebenshungrige Haltung ersparte ihr keine Kritik – sie selbst sprach vom „Doppelurteil, was von mir in der Welt herrscht“. Nach einer Beziehung mit einem englischen Captain gebar sie 1834 inkognito in Wien ein viertes Kind, das jedoch ein Jahr später in der Pflege starb.

1837 zog Ottilie von Goethe mit ihrem Sohn Walther nach Leipzig. Hier und in Wien, wo sie ab 1842 dauerhaft lebte, begeisterte sie sich für die literarisch-politischen Strömungen des Liberalismus. 1844 starb in Wien ihre 16-jährige Tochter Alma an Typhus – ein unüberwindbarer Schicksalsschlag für die ganze Familie. Gleichwohl entschied sie sich, in der Stadt zu bleiben. In ihrem angesehenen Salon verkehrte über zwei Jahrzehnte die literarische Szene Wiens. 1870 kehrte sie nach Weimar zurück und verbrachte im Haus am Frauenplan ihre letzten zwei Lebensjahre.

PROGRAMM ZUR AUSSTELLUNG
FÜHRUNGEN
ÖFFENTLICHE FÜHRUNGEN
Di, 27. Juni, 16:30 Uhr
So, 2. Juli, 14 und 16 Uhr
Di, 4. Juli, 16:30 Uhr
So, 9. Juli, 14 und 16 Uhr
Di, 11. Juli, 16:30 Uhr
So, 16. Juli, 14 und 16 Uhr
Di, 18. Juli, 16:30 Uhr
So, 30. Juli, 14 und 16 Uhr
So, 13. August, 14 und 16 Uhr
Im Eintrittspreis inklusive

KURATORINNENFÜHRUNGEN
mit Francesca Fabbri
Fr, 23. Juni, 11 Uhr
Fr, 23. Juni, 15 Uhr (für Lehrkräfte)
Mi, 5. Juli, 11 Uhr
Mi, 19. Juli, 16:30 Uhr
Mo, 28. August, 15 Uhr
So, 3. September, 16 Uhr
Im Eintrittspreis inklusive

THEATER-FÜHRUNGEN
mit Katharina Schaaf
So, 25. Juni, 15 und 16:15 Uhr
Sa, 1. Juli, 15 Uhr
Do, 6. Juli, 18 Uhr
Do, 13. Juli, 18 Uhr
Sa, 15. Juli, 15 und 16:15 Uhr
Sa, 22. Juli, 15 Uhr
So, 23. Juli, 15 Uhr
Sa, 29. Juli, 15 und 16:15 Uhr
Sa, 5. August, 15 Uhr
So, 6. August, 15 Uhr
So, 20. August, 15 Uhr
Kosten 5 € zzgl. Eintritt. Anmeldung erforderlich

INDIVIDUELLE FÜHRUNGEN
Es besteht die Möglichkeit, individuelle Führungen durch die Ausstellung zu buchen.

VERANSTALTUNGEN
Do, 29. Juni, 19 Uhr
DIE SCHWIEGERTOCHTER
Das Leben der Ottilie von Goethe
Buchvorstellung mit Dagmar von Gersdorff
In ihrem jüngsten Werk entwirft die bekannte Biographin Dagmar von Gersdorff ein facettenreiches Bild der
lebenshungrigen Ottilie von Goethe, von den schwierigen Jugendjahren über die Heirat mit Goethes einzigem
Sohn August bis hin zur langen Phase des Witwenstandes mit Freundschaftsbünden und rastlosen Aktivitäten. Im
Zentrum steht die Zeit an der Seite Goethes, dem sie über 15 Jahre die nächste Vertraute war.
Ort: Freies Deutsches Hochstift, Arkadensaal, Großer Hirschgraben 23-25
8 € / 4 € für Mitglieder des Freien Deutschen Hochstifts

Di, 4. Juli, 19 Uhr
SCHREIBEN OHNE NAMEN
Schriftstellerinnen um 1800
Gespräch mit Francesca Fabbri und Materina Wernli. Lesung: Barbara Englert
Wie stand es um die Publikationsmöglichkeiten von Autorinnen um 1800? Sophie La Roches ‚Fräulein von
Sternheim‘ (1771) wurde von Christoph Martin Wieland herausgegeben, Dorothea Veit-Schlegels Roman
‚Florentin‘ (1801) erschien unter dem Namen ihres Mannes Friedrich Schlegel und Karoline von Günderrode nutzte
das Pseudonym Tian, das einen männlichen Autor suggerierte. Welche Rolle spielte in solchen Zeiten Ottilie von
Goethe und die von ihr von 1829 bis 1831 herausgegebene Zeitschrift ‚Chaos‘, die die Redeordnungen der Zeit
programmatisch unterlief?
Ort: Freies Deutsches Hochstift, Arkadensaal, Großer Hirschgraben 23-25
8 € / 4 € für Mitglieder des Freien Deutschen Hochstifts

Mi, 19. Juli, 19:30 Uhr
LIED & LYRIK:WALTHER VON GOETHE
Lieder, Balladen, Texte – Versuch eines Porträts
Mit Ulf Bästlein, Bassbariton und Hedayet Jonas Djeddikar, Klavier
Carl Friedrich Zelter versprach, Obacht auf die musikalische Entwicklung Walther von Goethes (1818 – 1885),
Sohn von Ottilie und August von Goethe und Enkel des „großen“ Goethe, zu geben. Robert Schumann, der ihm
seine Davidsbündlertänze widmete, wurde sein Freund. Kompositionsunterricht erhielt er u. a. von Felix
Mendelssohn-Bartholdy und Carl Loewe. Doch trotz großer Begabung verstummte Walther von Goethe früh als
Komponist. Die Last der Ansprüche, die man an den Namen Goethe stellte, war übergroß. Seine Rezensionen,
Essays und sozialkritischen Novellen erschienen unter Pseudonym. Dennoch ist es wesentlich auch sein Verdienst,
dass Weimar die „Stadt der Klassik“ blieb.
Das jüngst wiederentdeckte kompositorische Werk Walther von Goethes, in dessen Zentrum Lied und Ballade
stehen, bedarf indes einer Neubewertung. Ulf Bästlein und Hedayet Jonas Djeddikar versuchen, ein Portrait
dieses liebenswürdigen, humorvollen und feinsinnig gebildeten Menschen und Künstlers zu zeichnen.
Ort: Freies Deutsches Hochstift, Arkadensaal, Großer Hirschgraben 23-25
16 € / 8 € für Mitglieder des Freien Deutschen Hochstifts

BESUCHERINFOS & KONTAKT

Öffnungszeiten
Freitag bis Mittwoch, Feiertage 10 – 18 Uhr*
Donnerstag 10 – 21 Uhr
*Geänderte Öffnungszeit: 28. August 10–17 Uhr

Weitere Infos über:
BESUCHERANFRAGEN & ANMELDUNG
anmeldung@freies-deutsches-hochstift.de
+ 49 (0) 69 138 80-0

Ort und Kontakt
Deutsches Romantik-Museum & Frankfurter Goethe-Haus
Großer Hirschgraben 21
60311 Frankfurt am Main
www.freies-deutsches-hochstift.de