Last Work – Ohad Nahars sensationelle Choreographie für Frieden und Freiheit Israels – Premiere im Großen Haus des Wiesbadener Staatstheater

Last Work. Choreographie von Ohad Naharin. Foto Gadi Dagon, © Hessisches Staatstheater Wiesbaden
Last Work. Choreographie von Ohad Naharin. Foto Gadi Dagon, © Hessisches Staatstheater Wiesbaden

Sie rennt und rennt und rennt und tritt doch auf der Stelle. Die junge Frau mit Pferdeschwanz im blauen Kleid am hinteren Rand des Tanzgeschehens ist während der gesamten Dauer der Vorstellung ganz für sich allein in Bewegung und kommt doch nicht vom Fleck. Ihr unendlicher Lauf scheint als  Sinnbild für ein Israel, dem Heimatland der Tanzproduktion LAST WORK der Batsheva Dance Company, zu stehen, in dem politisch und gesellschaftlich unaufhörlich viel in Bewegung ist, ohne jedoch die Verhältnisse wirklich zu verändern. Die anderen Tänzerinnen und Tänzer Ohad Naharins Choreographie „Last Work“, welches bei der gestrigen Premiere im Großen Haus des Hessischen Staatstheaters mit frenetischem Applaus und Standing Ovations gefeiert wurde, wirken gleichfalls traumatisiert: Ihr Tanz erzählt wohl vom zwangsläufig schmerzhaften Verlust und der Veränderung der ursprünglichen Ideale des seit Jahrzehnten von Kriegen, Raketenangriffen und Terrorismus erschütterten jüdischen Staates im Nahen Osten.

Ohad Naharin polarisiert gern, und das ist ihm und seiner Truppe einmal mehr gestern in Wiesbaden herausragend gelungen, wobei der „Guru des modernen Tanzes“  betont, nicht politisch zu arbeiten. Mit seiner Batsheva Dance Company hat Ohad Naharin eine komplett neue Bewegungssprache entwickelt: „Gaga“. Dabei handelt es sich um eine innovative Bewegungssprache, die einen bewussten Umgang mit der Empfindung und ihrem Zugang zur Bewegung in den Mittelpunkt stellt. Diese Methode ist nicht nur die vorherrschende Trainingsmethode der Batsheva-Tänzerinnen und –Tänzer, sondern hat inzwischen weltweit ihre Anhängerschaft gefunden.

Im Kern der „Gaga-Tanzmethode“ soll die Bewegung des Körpers als menschlichste und ergreifendste Ausdrucksform der darstellenden Künste erforscht und vorangebracht werden, was zu sensationellen, fast nicht mehr darstellbaren Einzel- und Gruppen-Figuren führt. Mal in Slow-Motion-Manier, mal mit Breakdance-Elementen, mal als Menschen „ohne Knochen“ oder als „Schwarmbildner“ verstehen die Batsheva-Tänzerinnen und –Tänzer Zustände von Freude, Schmerz, Aufbruch, Wahnsinn und animalischer Leidenschaft als reinen Zustand des Seins im eigenen Körper zu transportieren, sowohl separat als auch gemeinsam, mal als Menschenknäuel, mal als Truppe , mit- und gegeneinander.

Last Work. Choreographie von Ohad Naharin. Foto Gadi Dagon, © Hessisches Staatstheater Wiesbaden
Last Work. Choreographie von Ohad Naharin. Foto Gadi Dagon, © Hessisches Staatstheater Wiesbaden

Als alles auf die rasante Schluss-Szene hinausläuft, mutet die Kulisse durch dezente Maschinengewehrsalven, weiße Flagge und ein aus Klebeband improvisiertes Zelt doch recht militärisch an. Dieses letzte Bühnenbild symbolisiert wohl, dass der Frieden, insbesondere in Israel, immer auch militärisch verteidigt werden muss. Die durch Gewaltereignisse kollektiv erfahrene Nötigung zu potentiell permanenter erhöhter Wehrhaftigkeit zur Verteidigung von Frieden und Freiheit scheint schließlich der kleinste gemeinsame Nenner zu sein, der die Menschen Israels verbindet, dramaturgisch dargestellt durch ein Klebeband, mit dem alle Tänzerinnen und Tänzer in der Schluss-Szene zu einer „Schicksalsgemeinschaft“ verbandelt werden.

Diether v.Goddenthow

Die nächste Aufführung findet im Rahmen der Internationalen Maifestspiele statt am heutigen Donnerstag,  19.05.2016, von 19.30 bis 20.35 Uhr  im Großen Haus des Hessischen Staatstheater Wiesbaden.

Weitere Infos  zu Last Work
Informationen zu den Internationalen Maifestspielen: