Kategorie-Archiv: Friedenspreis des Deutschen Buchhandels 2019

„Kann Photographieren ein Akt des Friedens sein?“ Sebastião Salgado mit dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels 2019 in der Paulskirche ausgezeichnet

(v.li.) Heinrich Riethmüller vom Börsenverein des Deutschen Buchhandels, Peter Feldmann, Sebastião Salgado, Ehefrau Lélia Wanick Salgado. Ohne Lélia gäbe es seine Projekte gar nicht. Lélia habe ihn, so  Salgado, aus seiner Depression als Folge jahrelanger Krisen- und Kriegs-Bildberichterstattung herausgeholt. Sie habe die neuen Projekte angestoßen, die Gründung seiner Fotoagentur und die Pflanzaktion. Sie habe mindestens genauso den Friedenspreis verdient. © Foto Stadt Frankfurt
(v.li.) Heinrich Riethmüller vom Börsenverein des Deutschen Buchhandels, Peter Feldmann, Sebastião Salgado, Ehefrau Lélia Wanick Salgado. Ohne Lélia gäbe es seine Projekte gar nicht. Lélia habe ihn, so Salgado, aus seiner Depression als Folge jahrelanger Krisen- und Kriegs-Bildberichterstattung herausgeholt. Sie habe die neuen Projekte angestoßen, die Gründung seiner Fotoagentur und die Pflanzaktion. Sie habe mindestens genauso den Friedenspreis verdient. © Foto Stadt Frankfurt

Der brasilianische Fotograf Sebastião Salgado ist am 20. Oktober 2019, traditionall zum Abschluss der Frankfurter Buchmesse, während eines Festaktes in der Paulskirche mit dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels ausgezeichnet worden. Unter den 700 geladenen Gästen aus Kultur, Politik und Wirtschaft befanden  sich Bundesjustizministerin Christine Lambrecht, Kulturstaatsministerin Monika Grütters, die hessische Kunstministerin Angela Dorn und der Ministerpräsident des Landes Nordrhein-Westfalens Armin Laschet. Die Laudatio hielt der deutsche Filmregisseur und Fotograf Wim Wenders.

„Wir dürfen den Blick nicht abwenden“ – Salgados Dankesrede 

In seiner Dankesrede sprach Sebastião Salgado von sich selbst als einem „Fotografen, der einen großen Teil seines Lebens dafür eingesetzt hat, Zeugnis abzulegen über die Not unseres Planeten und so vieler seiner Bewohner, die unter grausamen, unmenschlichen Bedingungen leben; einem Fotografen, der diese Menschen ins Zentrum eines großen fotografischen Essays stellt, den er vor fünfzig Jahren begonnen hat und bis heute weiterschreibt.“ Er sagte: „Meine Sprache ist das Licht. Denn es ist auch und vor allem die Mission, Licht auf Ungerechtigkeit zu werfen, die meine Arbeit als Sozialfotograf bestimmt.“

Salgado stellte in seiner Rede die Menschen in den Vordergrund, deren Schicksal er während seines über fünfzigjährigen Schaffens dokumentiert hat: „Diese Männer, Frauen und Kinder gehören zu den Ärmsten der Menschheit. Sie bilden eine riesige Armee von Migranten und Verbannten, von ausgebeuteten Arbeiterinnen und Arbeitern, von Opfern von Krieg und Genozid. Es sind die Betroffenen von Hungersnöten, Dürrezeiten, Klimawandel und Abholzung; es sind die, die durch die Gier mächtiger, habsüchtiger Männer von ihrem Land vertrieben wurden, die der Mechanisierung der Landwirtschaft weichen mussten, die durch die Konzentration von Grundbesitz, durch ungeplanten Städtewachstum und brutale Wirtschaftssysteme, die von den reichsten Ländern der Welt kontrolliert werden, ihrer Existenzgrundlage beraubt wurden. Mit ihnen möchte ich diesen Preis heute teilen. Ich nehme ihn nicht für mich an; ich nehme ihn für sie an; ich nehme ihn mit ihnen an.“

Der Blick auf Schrecken und Leid solle die Menschen aufrütteln, an einer besseren Zukunft zu arbeiten: „Meine einzige Hoffnung ist, dass wir, als Individuen und als Staaten, in der Lage sind, über den derzeitigen Stand der Menschheit zu reflektieren und zu verstehen, dass wir ein tieferes Gefühl für Verantwortung brauchen, eine neue Ordnung, ein gutes Gewissen. Irgendwie müssen wir neue Mittel und Wege des Zusammenlebens finden. (…) Wir dürfen nicht verleugnen, was wir einander anzutun fähig sind, weil der Mensch immer des Menschen Wolf ist. Aber die Zukunft der Menschheit liegt in unseren eigenen Händen. Um eine andere Zukunft zu errichten, müssen wir die Gegenwart verstehen. Meine Fotos zeigen diese Gegenwart, und so schmerzhaft der Anblick ist, wir dürfen den Blick nicht abwenden.“ (Die Rede von Sebastião Salgado)

Kann Photographieren ein Akt des Friedens sein?

Wim Wenders begann seine Laudatio für Sebastião Salgado mit der provokanten Frage: „Kann Photographieren ein Akt des Friedens sein? Kann die Photographie friedensfördernd sein?“, um zugleich Kritiker zu widerlegen. Suan Sonntag hatte beispielsweise Salgado 2014 vorgeworfen, dass er das aufgenommene Elend durch sein kunstvolles Schwarz-Weiß und seine Rahmensetzung stilisiere und so „konsumierbar“ mache. Regisseur Wenders, der mit Salgados Sohns 2014 in „Das Salz der Erde“ das Lebenswerk des zivilisationskritschen Fotografen Sebastião Salgado dokumentierte, unterstrich: „Sebastião Salgado schießt nicht, er stiehlt nicht, er stellt keine Fallen, im Gegenteil: seine Bilder entwaffnen, sie stiften Verbindung, Nähe und Empathie!“ (…)

„Schaut, was ihr noch erhalten könnt!“ lautet Salgados Bilderbotschaft
„Nur einer, der so mit anderen gelitten hat, der zu den Machtlosen, den Unterdrückten, Hungernden und Fliehenden gegangen ist, sie begleitet hat, ihnen Zeit geschenkt hat, ihnen zugehört und ihnen so eine Stimme gegeben hat, als ihr Botschafter, der sie auch mitunter überhöht hat, nicht damit ihr Leid „schöner aussieht“, wie manchmal der absurde und unsinnige Vorwurf lautet, sondern um ihnen gerade im Leid Achtung zu zollen, Würde und Einzigartigkeit zu verleihen … nur so einer kann uns auch die Augen aufmachen und sagen: „Schaut, was es noch alles gibt, was noch so ist wie am Anfang. Schaut, was Ihr noch erhalten könnt oder müßt, und was noch nicht für immer vergangen ist.“ So einem Blick kann man trauen, weil er was er gesehen hat, als Heilung geschenkt bekommen hat, Auge in Auge mit Menschen, die noch nie eine Kamera gesehen haben, Auge in Auge mit Tieren, Bäumen, Urwäldern, Wolken und Licht, Auge in Auge mit der Schöpfung.“, so Wenders.

Wenders würdigte Sebastião Salgado als Fotografen, der die Menschen habe „teilnehmend spüren lassen, was der große Feind des Friedens in unserer Zeit ist: der brutale Niedergang des Mitgefühls, der Mitverantwortung, des Gemeinsinns, des grundsätzlichen Willens zur Gleichheit des Menschengeschlechts.“ Bezugnehmend auf seine drei Werke „Arbeiter“, „Exodus“ und „Genesis“ sagte er: „Mit diesen drei monumentalen monolithischen Arbeiten allein hat uns dieser Mann die Bedingungen von Frieden vor Augen geführt: Es kann keinen Frieden ohne soziale Gerechtigkeit, ohne Arbeit, geben, es kann keinen Frieden ohne Anerkennung der Menschenwürde geben, und ohne die Beendigung der unnötigen Zustände von Armut und Hunger, und es kann keinen Frieden geben, ohne dass wir die Schönheit und Heiligkeit unserer Erde achten.“
(Die Laudatio von Wim Wenders)

Zum ersten Mal erhält ein Fotograf den Friedenspreis – von  Heinrich Riethmüller – 
Zum ersten Mal zeichne der Börsenverein einen Fotografen mit dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels aus – einen Fotografen, dessen subjektive Sichtweise eher mit der eines Literaten als eines Berichterstatters vergleichbar ist, griff Heinrich Riethmüller, Vorsteher des Börsenvereins, die im Raum stehende Frage auf, weswegen kein/e Schriftsteller/in in diesem Jahr ausgezeichnet wurde. Sebastião Salgado habe ohne zu skandalisieren oder einen nur beiläufigen Blick auf die Welt zu werfen, seine Reportagen immer lang als Projekte angelegt. „Er war Zeuge entsetzlicher Verbrechen und Zerstörungen. Er dokumentierte den Völkermord in Ruanda ebenso wie das Abfackeln der Ölfelder in Kuwait, er zeigt Menschen auf der Flucht vor Hunger und Krieg, vor Ausbeutung und Naturkatastrophen. Seine Bildersammlungen erzählen von einer Menschheit, die in der Moderne angekommen ist, die die Folgen der Globalisierung mit voller Wucht zu spüren bekommt, und die kurz davorsteht, sich selbst die Lebensgrundlagen zu nehmen. Sebastião Salgados Bilder richteten einen drängenden Appell an die Gesellschaft: „Sebastião Salgado zeigt uns die ganze Welt, die von der Zivilisation beschädigte, aber auch die von ihr noch unberührte. Seine Fotografien müssen Auftrag sein, uns für den Erhalt der Schöpfung einzusetzen, aufzuwachen und unseren Lebensstil radikal zu ändern. Nur dann werden wir vielleicht eine Chance haben, der nächsten Generation einen lebenswerten Planeten zu hinterlassen.“
(Das Grußwort von Heinrich Riethmüller).

Kein besserer „Friedenspreis-Ort“ als die Paulskirche – Grußwort Peter Feldmann

Oberbürgermeister Feldmann würdigt Friedenspreisträger Salgado als Mittler zwischen den Völkern, und unterstrich, dass für es für die Verleihung des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels keinen würdigeren Ort als die Paulskirche, die Schmiede der deutschen Demokratie gäbe, in Frankfurt, in einer Stadt in der 180 Nationen mit 200 Sprachen friedlich zusammenleben, in einer Stadt, in den die Ideale wie Meinungsfreiheit und Versammlungsfreiheit und Demokratie Selbstverständlichkeit seien. Die Paulskirch sei zudem der Ort, wo vor 70 Jahren die erste Buchmesse nach der Nazi-Zeit eröffnet wurde. Das gibt Hoffnung für jene, die sagen, angesichts von Krieg und Umweltzerstörung dürfe es keine Hoffnung mehr geben.
Wir Menschen brauchen solche Orte der Identifikation, der Geschichte, der Zusammenkunft. Nur an solchen besonderen Orten entstehen Dialoge und Debatten. Nur durch Debatten kann Streit beigelegt, kann gesellschaftlicher Fortschritt erzielt werden, so der Feldmann.

Seit 1950 vergibt der Börsenverein des Deutschen Buchhandels zum Abschluss der Frankfurter Buchmesse den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels. Preisträger waren unter anderem Albert Schweitzer, Astrid Lindgren, Václav Havel, Jürgen Habermas, Susan Sontag, Liao Yiwu, Navid Kermani, Margaret Atwood und im vergangenen Jahr Aleida und Jan Assmann. Der Preis ist mit 25.000 Euro dotiert.

Wim Wenders hält die Laudatio auf Sebastião Salgado anlässlich der Verleihung des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels – ZDF Liveübertragung

Der Fotograf und Journalist Sebastião Salgado erhält den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels 2019. © Foto: Diether v Goddenthow
Der Fotograf und Journalist Sebastião Salgado erhält den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels 2019. © Foto: Diether v Goddenthow

Morgen, am 20. Oktober 2019, zum Abschluss der Frankfurter Buchmesse wird traditionell in der Paulskirche in Frankfurt am Main der mit 25 000 Euro dotierte Friedenspreis des Deutschen Buchhandels vergeben, in diesem Jahr an den Fotografen Sebastião Salgado. „Ich kann mir dieses Jahr keinen besseren Friedenspreisträger vorstellen als Sebastiao Salgado“, so Heinrich Riethmüller, Vorsteher des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels und zugleich Stiftungsratsvorsitzender, beim Pressegespräch. Sebastião Salgado behandelte seit über 40 Jahren in seinen großangelegten Projekten  eigentlich alle Themen, die die Menschheit betrifft. Ob das der Klimawandel sei, die Naturkatastrophen, das große Thema Migration und Arbeitsbedingungen usw., so Riethmüller. Man könne sagen: „Er beschreibt die Menschheit, die in der Globalisierung angekommen ist, und die Folgen der Globalisierung!“. Dies sei aber nur das eine, was ihn für die Auszeichnung so prädestiniere.

genesis2Das andere sei, dass Sebastião Salgado mit seinem letzten Projekt Genesis auch Hoffnung in die Welt sende. Er zeige die Schönheiten unseres Planeten und der Welt und der Erde. Und sein Aufruf an uns alle laute, diese Erde, diese Schönheit der Schöpfung, zu bewahren und unseren Lebensstil radikal zu ändern, damit alles erhalten bleibe, was es noch an Schönheit und Intaktheit gäbe.
Das Dritte sei, so Riethmüller, dass Sebastião Salgado nicht nur die Schönheit und die Schrecken dieser Welt beschriebe, sondern auch etwas tue. Es habe vor 25 Jahren mit seiner Frau Lélia Deluiz ein großes Wiederaufforstungsprogramm „Instituto Terra“ in Brasilien gestartet, wodurch über 3 Millionen Bäume wieder gepflanzt werden konnten. In einer verkarsteten Landschaft entstand ein grüner Wald mit zurückgekehrter Natur.

Sebastiao Salgado berichtet, dass es der „glückliche“ Umstand war, dass er von seinem Vater eine ehemalige Rinderfarm im Vale do Rio Doce im brasilianischen Bundesstaat Minas Gerais übernehmen musste, was er eigentlich nur widerstrebend wollte. Er sei dort mit sieben Schwestern dort aufgewachsen, „inmitten einer tropischen Vegetation voller Vögel und wilder Tiere mit fischreichen Flüssen und umgeben von sanften Hügeln, von denen wir unsere Familie hinaus die Welt schweifen ließen.“, so Salgado. „Aber dieses Paradies war nun verschwunden. Bis zur Mitte der 1990er Jahre hatten Rodungen und Bodenerosion das Land, wie bei so vielen Farmen in der Region, in eine leblose Ödnis verwandelt,“ erläuterte der Fotograf seine Intention, an dieser Situation etwas zu verändern, nämlich mit der „kühnen Idee, einen Walt mit all den Arten wiedererstehen zu lassen, die einmal heimisch waren. Wir träumten von nicht weniger als von der Wiedergeburt jenes kleinen Ökosystems, das ich als Kind gekannt hatte. Wir pflanzten über 300 verschiedene Baumarten, und als die Setzlinge begannen, das Land wieder grün zu färben, sahen wir mit Erstaunen, wie Vögel, Schmetterlinge, Käfer und tropische Blumen zurückkehrten,“, so Salgado. Er sei aber nicht als Journalist oder Wissenschaftler oder Anthropologe an das Projekt „Genesis“ herangegangen, sondern mit dem romantischen Traum, „eine unberührte Welt zu finden, und zu zeigen, die unseren Blicken nur allzu oft entzogen und für uns unerreichbar ist.

Sebastião Salgados großen Bildbände erscheinen in Deutschland im Taschen-Verlag,. © Foto: Diether v Goddenthow
Sebastião Salgados großen Bildbände erscheinen in Deutschland im Taschen-Verlag,. © Foto: Diether v Goddenthow

Der Autor und Filmregisseur Wim Wenders hält die Laudatio auf Sebastião Salgado, der in diesem Jahr mit dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels geehrt wird. Die Verleihung findet während der Frankfurter Buchmesse am Sonntag, 20. Oktober 2019, um 11 Uhr in der Frankfurter Paulskirche statt und wird live im ZDF übertragen.

Friedenspreis des Deutschen Buchhandels 2019: Wim Wenders hält Laudatio auf Sebastião Salgado

Wim Wenders Foto: Anne Wilk
Wim Wenders Foto: Anne Wilk

Der Autor und Filmregisseur Wim Wenders hält die Laudatio auf Sebastião Salgado, der in diesem Jahr mit dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels geehrt wird. Die Verleihung findet während der Frankfurter Buchmesse am Sonntag, 20. Oktober 2019, um 11 Uhr in der Frankfurter Paulskirche statt und wird live im ZDF übertragen.

Wim Wenders, geboren 1945 in Düsseldorf, studierte zunächst Medizin und anschließend Philosophie sowie Soziologie. Nach einem Aufenthalt in Paris wechselte er 1967 an die neu gegründete Hochschule für Film und Fernsehen in München. Noch während seiner Ausbildung schuf er erste Kurzfilme und war als Filmkritiker für die Zeitschriften „Filmkritik“, die „Süddeutsche Zeitung“, „Der Spiegel“ sowie das Magazin „Twen“ tätig. 1971 gehörte Wenders zu den Gründungsmitgliedern des Filmverlags der Autoren und machte mit der Verfilmung von „Die Angst des Tormanns beim Elfmeter“ von Peter Handke zum ersten Mal auf sich aufmerksam. Mit dem Roadmovie „Alice in den Städten“ (1974) feierte er seinen künstlerischen Durchbruch.

2014 porträtierte er in dem für den Oscar nominierten Dokumentarfilm „Das Salz der Erde“ den diesjährigen Friedenspreisträger Sebastião Salgado. Weitere Oscar-Nominierungen erhielt er für „Buena Vista Social Club“ (1999) und „Pina“ (2011). „Der Stand der Dinge“ (1982) wurde in Venedig mit dem Goldenen Löwen ausgezeichnet, mit „Paris, Texas“ (1984) erhielt Wenders die Goldenen Palme in Cannes, mit „Der Himmel über Berlin“ (1987) den Preis der Besten Regie. Seine Fotografien sind mittlerweile weltweit ausgestellt. Seit 1996 ist Wim Wenders Präsident der Europäischen Filmakademie und Mitglied des Ordens Pour le Mérite. Seine 2012 gegründete Stiftung führt seine künstlerische Arbeit zusammen und unterstützt junge Filmschaffende. Für sein Lebenswerk erhielt er 2014 auf der Berlinale den Goldenen Ehrenbären.

Weitere Informationen sind abrufbar unter www.friedenspreis-des-deutschen-buchhandels.de.

Sebastião Salgado erhält den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels 2019

Sebastião Salgado erhält den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels 2019.  Foto: Yann Arthus-Bertrand
Sebastião Salgado erhält den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels 2019. Foto: Yann Arthus-Bertrand

Der Stiftungsrat des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels hat den brasilianischen Fotografen Sebastião Salgado zum diesjährigen Träger des Friedenspreises gewählt. Das gab Heinrich Riethmüller, Vorsteher des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels, bei der Eröffnung der Buchtage Berlin 2019 bekannt. Die Verleihung findet zum Abschluss der Frankfurter Buchmesse am Sonntag, 20. Oktober 2019, in der Paulskirche in Frankfurt am Main statt und wird live im Fernsehen übertragen. Der Friedenspreis wird seit 1950 vergeben und ist mit 25.000 Euro dotiert.

In der Begründung des Stiftungsrats heißt es: „Den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels verleiht der Börsenverein 2019 an den brasilianischen Fotografen Sebastião Salgado und zeichnet mit ihm einen Bildkünstler aus, der mit seinen Fotografien soziale Gerechtigkeit und Frieden fordert und der weltweit geführten Debatte um Natur- und Klimaschutz Dringlichkeit verleiht. Zugleich hat Sebastião Salgado mit seinem ,Instituto Terra‘ eine Einrichtung geschaffen, die einen direkten Beitrag zur Wiederbelebung von Biodiversität und Ökosystemen leistet. Mit seinem fotografischen Werk, das in zahlreichen Ausstellungen und Büchern veröffentlicht ist, nimmt er die durch Kriege oder Klimakatastrophen entwurzelten Menschen genauso in den Fokus wie jene, die traditionell in ihrer natürlichen Umwelt verwurzelt sind. Dadurch gelingt es Sebastião Salgado, Menschen weltweit für das Schicksal von Arbeitern und Migranten und für die Lebensbedingungen indigener Völker zu sensibilisieren. Indem der Fotograf seine aufrüttelnden, konsequent in schwarz-weiß gehaltenen Bilder als ,Hommage an die Größe der Natur‘ beschreibt und die geschändete Erde ebenso sichtbar macht wie ihre fragile Schönheit, gibt Sebastião Salgado uns die Chance, die Erde als das zu begreifen, was sie ist: als einen Lebensraum, der uns nicht allein gehört und den es unbedingt zu bewahren gilt.“

Sebastião Ribeiro Salgado, geboren am 8. Februar 1944 in Aimorés im brasilianischen Bundesstaat Minas Gerais, wuchs auf einer großen Rinderfarm im Regenwaldgebiet auf und studierte später Wirtschaftswissenschaften. Während der brasilianischen Militärdiktatur engagierte er sich in der linken Oppositionsbewegung, weswegen er 1969 nach Paris emigrieren musste. Ab 1971 betreute Sebastião Salgado als Ökonom Entwicklungshilfeprojekte in Afrika. Hier entdeckte er seine Leidenschaft für die Fotografie und entschied sich 1973, seinen Beruf aufzugeben und ganz als Fotograf zu arbeiten.

Von Beginn an waren bei seinen Langzeitprojekten Armut, Flucht, Heimatlosigkeit und Krieg die Hauptmotive seiner ausnahmslos in schwarz-weiß gehaltenen Fotografien. Zahlreiche dieser Projekte und der sie begleitenden Fotobände sind in Zusammenarbeit mit Organisationen wie Ärzte ohne Grenzen, UNICEF, UNESCO oder Reporter ohne Grenzen zustande gekommen. Mit den Büchern „Migration“ und „The Children: Refugees and Migrants“ (dt. „Kinder der Migration“), die beide 2000 veröffentlicht wurden, machte er auf das Schicksal von damals 30 Millionen Flüchtlingen weltweit aufmerksam und sammelte Geld für die Kinderhilfsorganisation UNICEF.

Aus gesundheitlichen Gründen und weil ihn durch die direkte Konfrontation mit dem Völkermord in Ruanda Zweifel an seiner Arbeit überkamen, hörte er Mitte der 1990er Jahre für eine Zeit mit seiner fotografischen Arbeit auf. Gemeinsam mit seiner Frau, der Architektin Lélia Wanick Salgado, mit der er seit 1967 verheiratet ist, kehrte er nach Brasilien zurück und begann, die Fazenda seiner Eltern wieder aufzuforsten. 1998 wurden die 680 Hektar in ein Naturschutzgebiet umgewandelt und das gemeinnützige „Instituto Terra“ gegründet. Seither ist es ihnen gelungen, 2,7 Millionen Bäume zu pflanzen und den Wald wieder in einen weitgehend ursprünglichen Zustand mit einer großen Vielfalt an Pflanzen und Tieren zu versetzen.

Auch in seinem Werk wandte sich Sebastião Salgado ab den 1990er Jahren verstärkt der Landschaftsfotografie zu. Es entstanden die Werke „Africa“ (2007) und „Genesis“ (2013). Mit letzterem Projekt gab er seine Eindrücke der unberührten Natur, den dort angesiedelten Tieren und isoliert lebenden Menschen aus ursprünglichen Kulturen wieder, um zu zeigen, wie fragil die Welt mittlerweile geworden ist.

Sebastião Salgado erhielt zahlreiche Auszeichnungen für sein Schaffen, u.a. die Ehrenmitgliedschaft der American Academy of Arts and Letters (2019), den Save the Children International Prize (2010), den Rio-Branco-Orden (2004), die Jahrhundertmedaille der Royal Photographic Society of Great Britain (1994), den Grand Prix National de la Photographie (1994), den Prinz-von-Asturien-Preis (1998) sowie den World Press Photo Award (1985). 2016 wurde er als Mitglied in die Académie des Beaux-Arts des Institut de France aufgenommen, eine der wichtigsten kulturellen Ehrbekundungen Frankreichs.

Das Ehepaar Salgado lebt in Paris und hat zwei Söhne, Juliano (geboren 1976) und Rodrigo (geboren 1981).

Friedenspreis des Deutschen Buchhandels: Stiftungsrat mit drei neuen Mitgliedern

Der Börsenverein des Deutschen Buchhandels beruft Klaus Brinkbäumer, Nadja Kneissler und Felicitas von Lovenberg in den Stiftungsrat des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels. Der Journalist Klaus Brinkbäumer folgt auf Stephan Detjen, der nach sechs Jahren Mitgliedschaft turnusgemäß aus dem Stiftungsrat ausscheidet. Verlegerin und Vorsitzende des Verleger-Ausschusses Nadja Kneissler übernimmt den Sitz ihres Vorgängers Matthias Ulmer. Verlegerin und Vorstandsmitglied des Börsenvereins Felicitas von Lovenberg folgt auf Stefan Könemann, der zuvor den Börsenvereinsvorstand im Stiftungsrat des Friedenspreises vertreten hat.

Klaus Brinkbäumer, Journalist und Autor  © Der Spiegel
Klaus Brinkbäumer, Journalist und Autor © Der Spiegel

Klaus Brinkbäumer, geboren 1967 in Münster, ist vielfach ausgezeichneter Journalist und Buchautor. Von 2015 bis 2018 war er Chefredakteur, zuvor seit 2011 stellvertretender Chefredakteur des Nachrichtenmagazins Der Spiegel. Bevor er 2007 als Auslandskorrespondent in New York zum Spiegel kam, arbeitete er u.a. für die Westfälischen Nachrichten. 2016 gründete er das europaweite Investigativ-Netzwerk European Investigative Collaborations. Für seine journalistische Arbeit erhielt Klaus Brinkbäumer den Egon-Erwin-Kisch-Preis, den Henri-Nannen-Preis und den Deutschen Reporterpreis. Er veröffentlichte zahlreiche Bücher u.a. „Nachruf auf Amerika“, „Unter dem Sand“ oder „Die letzte Reise – Der Fall Christoph Columbus“.

Nadja Kneissler Verlagsleiterin des Hamburger Verlags Delius Klasing  © Sören Reineke
Nadja Kneissler Verlagsleiterin des Hamburger Verlags Delius Klasing © Sören Reineke

Nadja Kneissler, geboren 1959 in Stuttgart, ist seit 2008 Verlagsleiterin Buch des Hamburger Verlags Delius Klasing. Von 1991 bis 2007 war sie unter anderem als Programmleiterin sowie als Verlagsleiterin für den Buchbereich des Ulmer Verlags tätig. Seit 2009 ist sie ehrenamtlich im Börsenverein tätig. Im vergangenen Jahr wurde sie zur Vorsitzenden des Verleger-Ausschusses gewählt.

 

 

Felicitas von Lovenberg, verlegerische Geschäftsführerin des Piper Verlags © Daniel Biskup
Felicitas von Lovenberg, verlegerische Geschäftsführerin des Piper Verlags © Daniel Biskup

Felicitas von Lovenberg, geboren 1974 in Münster, ist seit 2016 verlegerische Geschäftsführerin des Piper Verlags. Sie arbeitete von 1998 bis 2008 zunächst als Redakteurin im Feuilleton und später als Redakteurin für Literatur und Literarisches Leben bei der FAZ. Seit 2017 ist sie Mitglied im Vorstand des Börsenvereins. Für ihre Arbeit erhielt Felicitas von Lovenberg u.a. den Alfred-Kerr-Preis für Literaturkritik, den Hildegard-von-Bingen-Preis für Publizistik und den Julius-Campe-Preis.

Der Stiftungsrat hat die Aufgabe, den Friedenspreisträger oder die Friedenspreisträgerin des jeweiligen Jahres zu benennen. Weitere Mitglieder des Stiftungsrates sind: Philipp Blom (Schriftsteller und Historiker, Wien), Karl-Josef Kuschel (Theologe, Tübingen), Ethel Matala de Mazza (Humboldt-Universität, Berlin), Bascha Mika (Chefredakteurin der Frankfurter Rundschau, Frankfurt), Janne Teller (Schriftstellerin, New York) und Heinrich Riethmüller (Tübingen), der als Vorsteher des Börsenvereins zugleich Vorsitzender des Stiftungsrates ist.

Im Frühjahr beginnt der Stiftungsrat mit seinen Beratungen zur Wahl des Friedenspreisträgers 2019. Die Öffentlichkeit ist in die Kandidatensuche eingebunden: Noch bis zum 1. März 2019 können Vorschläge für den diesjährigen Preisträger oder die diesjährige Preisträgerin eingereicht werden. Die Entscheidung des Stiftungsrats über die Vergabe des Friedenspreises wird am 18. Juni 2019 bekannt gegeben. Die Verleihung des Friedenspreises findet zum Abschluss der Frankfurter Buchmesse am 20. Oktober 2019 in der Frankfurter Paulskirche statt.
Weitere Informationen zum Friedenspreis gibt es unter www.friedenspreis-des-deutschen-buchhandels.de.