Das Naturhistorische Museum Mainz ist um eine Sensation reicher: Das 44 Millionen Jahre alte und gerade einmal 50 Zentimeter Schulterhöhe messende Urpferdchen („Propalaeotherium“), welches 1991 im 142 Kilometer entfernten Eckfelder Maar in der Eifel bei Grabungen als Versteinerung in einer Schieferplatte gefunden und präpariert worden war, wurde nun lebensecht rekonstruiert. Das äußerst gelungene Lebensbild-Präparat ist weiteres Glanzlicht des Paläö-Künstlers Ramon López, der bereits 2019 zur Neueröffnung nach Museums-Renovierung eine einzigartiges originalgetreue Nachbildung des 4,60 m in Schulterhöhe messenden Hauer-Elefants angefertigt hatte.
Gestern nun konnten Marianne Grosse, Mainzer Kulturdezernentin, und Nicole Fischer, stellvertretende Museumsleiterin, die Großvitrine für die neu konzipierte Ausstellungseinheit enthüllen und die lebensechte Urpferdchen-Stute und ihrem Fohlen präsentieren. Der Fund sei „etwas ganz, ganz Besonderes“, „denn man konnte noch erkennen, dass die Stute, deren Skelett gefunden worden war, trächtig war“, so die Kulturdezernentin. Um zu verstehen, warum dieser Sensationsfund so gut erhalten war, müsse man die geowissenschaftlichen Zusammenhänge des Eckfelder Maars bei Manderscheid in der Eifel ein wenig verstehen. Im erdgeschichtlichen Rückblick herrschte im Eozän ein viel wärmeres Klima als heute. In der Eifel wuchs ein tropischer Urwald, exotische Tiere kämpften sich durch dieses Dickicht und fanden ihren Lebensraum am See, so auch das Urpferdchen.
Das Eckfelder Maar ist heute ein Trockenmaar, aber es war im Eozän mit Wasser gefüllt. Die Hänge des Sees führten steil ins Innere des Sees, und man vermutet, dass die kleinen Pferdchen, die zumeist in Gruppen unterwegs waren, vielleicht durch eine Unachtsamkeit oder einen kleinen Erdstoß in den See stürzten und dort verendeten. Dadurch wurden Tiere und Pflanzen, die dort hineingerieten, in feinen Seeschlamm eingebettet und somit für Millionen Jahre konserviert. Diese Schicht ist Millionen Jahre alte und im Laufe der Zeit wurde aus dem feinen Schlamm so genannter Ölschiefer. In diesem Ölschiefer ist die Eozän-Lebenswelt als Fossilien erhalten.
„Rund 30.000 einzigartige Fossilien konnten bisher im Maar ausgegraben werden, die in der dem Museum angegliederten Landessammlung für Naturkunde Rheinland-Pfalz aufbewahrt werden. Die Highlights sollen natürlich in Zukunft ebenfalls im Museum den Besuchern und Besucherinnen gezeigt werden. Das Eckfelder Maar ist neben dem Unesco-Welterbe Grube Messel in Hessen und der Fossillagerstätte Geiseltal in Sachsen-Anhalt eine der drei bedeutendsten Eozän-Fossilienstätten in Deutschland und weltweit bekannt, die viel zum Verständnis der Natur von vor 44 Millionen Jahren verrät. Ich bin stolz, dass wir dieses Wissen ab heute mit den Gästen teilen dürfen“, betont Kulturdezernentin Marianne Grosse.
Die hier gezeigten Fossilien sollen nun durch diese lebensechten Rekonstruktionen den Besuchern des Naturhistorischen Museums nähergebracht werden. Die Präparation übernahm der Präparator Thomas Engel und im Anschluss wurde dann das Urpferd von Paläo-Künstler Ramon Lopez lebensecht rekonstruiert.
Diese Rekonstruktion erfülle im Grunde zwei Aufgaben in unserem Haus. Einmal reihe sie sich ein in unsere bedeutende Pferdesammlung vom Urpferd über eiszeitliche Pferde bis hin zu den heutigen Pferden, Eseln und Halbeseln, darunter drei südafrikanische Steppenzebras (Quaggas), wovon weltweit nur noch 23 Exemplare dieses um 1900 ausgestorbenen Tieres existierten. Zum anderen soll die gesamte Vitrine mit der lebensechten Rekonstruktion sich später in den erdgeschichtlichen Rundgang, einer kleinen Zeitreise durch 400 Millionen Jahre im anderen Gebäudeteil einreihen, so Nicole Fischer. Es fehle noch das Zeitalter des „Europäischen Eozän“ im ehemaligen Eingangsbereich. Im Naturhistorischen Museum Mainz bestünde das Prinzip, „dass wir Lebensechtheit-Positionen zeigen, damit man es sich vorstellen kann, über was wir hier sprechen“, so die stellvertretende Museumsdirektorin.
Zudem habe man zum ersten Mal die Rekonstruktion auch durch eine Animation des damaligen tropischen Lebensraums erweitert, damit Besucher und Besucherinnen, insbesondere aber auch Kinder und Jugendliche sich besser vorstellen können, wie es im Eozän damals aussah. Diese Animation ist mit der Expertise dieses Hauses entstanden, so Fischer, die noch ein Bonbon zum Schluss verriet: Das bereits in der Animation herum huschende urzeitliche Äffchen „werden wir auch als Rekonstruktion bekommen und bald hier präsentieren dürfen- Es wird dem Urpferdchen gut zur Seite stehen“.
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