Erfolgsprogramm Künstlerbücher – Der Verlag der Buchhandlung Walther König im Museum Angewandte Kunst Frankfurt 7. Mai – 28. August 2022

kuenstlerbuecher-erfolgsprogramm„Das Großartige bei bestimmten Konzeptbüchern ist, wenn sie aus ihrem Konzept hinausfallen und es plötzlich sinnlich wird. Dann kommt das Bauchgefühl dazu, und erst dann wird es wirklich interessant. Das hängt von der künstlerischen Potenz derjenigen ab, die das Buch machen und das vermittelt sich direkt. Solche Bücher brauchen einen besonderen Auftritt, obwohl sie klein und ganz bescheiden sind.“ – Walther König, 2022

Die Buchhandlung Walther König und der dazugehörige Verlag sind Institutionen ak tueller Kunstvermittlung. Sie bestimmen das deutsche wie auch das internationale Kunstgeschehen maßgeblich. In den 54 Jahren ihres Bestehens sind über das Kölner Stammhaus auf der Ehrenstraße 4 hinaus weitere Buchhandlungen entstanden. Mehr als 4.000 Titel – darunter zahlreiche Künstlerbücher – wurden verlegt. Dabei zeichnet die Vorgehensweise des Verlegers und Buchhändlers Walther König aus, vielen heute renommierten Künstler:innen erstmals e in Forum für das Buch als Kunst gegeben und auch später ihre Entwicklungen gefördert zu haben.

Das Museum Angewandte Kunst und seine Abteilung Buchkunst und Grafik widmen nun dieser besonderen Verbindung aus Kunst, Buch und verlegerischer Gestaltungskraft zum ersten Mal eine Ausstellung: ein Verlagsportrait entlang von Künstlerbüchern. Die Frage nach den publizistischen Strategien Walther Königs, die seit den 1960er Jahren entscheidend zur Durchsetzung wichtiger Kunstrichtungen beigetragen und für das Phänomen Künstlerbuch sensibilisiert haben, bilden einen wesentlichen Aspekt der Ausstellung.

Die Ausstellung sowie auch der dazugehörige Katalog erlauben zwei Perspektiven: Die eine vollzieht sich entlang von mehr als 300 Künstler:innen alphabetisch. Hierbei wird deutlich, dass der Verlag bereits im Vorfeld stets das Potenzial vieler heute bekannter künstlerischer Positionen erkannte und in Buchform förderte. Die andere ermöglicht es, sich auf die Chronologie des Verlegens der über 1000 ausgestellten Künstlerbücher mit ihren Vorzugsausgaben unter Berücksichtigung der Namensvariationen zu konzentrieren. Dabei begegnen die Besucher:innen den Kunstobjekten in Regalen und Vitrinen von PHILIPP MAINZER OFFICE FOR ARCHITECTURE AND DESIGN. Ein Lesetisch von Michael Riedel lädt zudem dazu ein, durch verschiedene Werkausgaben zu blättern.

Die Buchhandlung wurde 1969 von Walther König (geb. 1939) in Köln gegründet und entwickelte sich zu einer der weltweit ersten Adressen für kunstbezogene Literatur und zu einem Ort des Austauschs für Künstler:innen. Neben dem Stammhaus unterhält die Buchhandlung heute Filialen in ganz Deutschland, in Wien, London und Mailand, die zumeist in Museen oder in der Nähe von Kulturstätten angesiedelt sind. Damit wurden Orte geschaffen, an denen sich diejenigen, die sich über Kunst informieren wollen und diejenigen, die Kunst produzieren, treffen können. 1968 gründete König mit seinem Bruder Kasper auch einen Verlag: Verlag Gebrüder König Köln-New York. Über eine lange Phase stand der Verlag unter der Leitung von Walther König und Jutta Linthe als „Verlag der Buchhandlung Walther König“ oder als „Oktagon“, erweitert um „Alberta Press“ oder „Koenig Books“, bis zur Personalunion „Verlag der Buchhandlung Walther und Franz König“ ab 2019. Seit der Gründung hat der Verlag eine Vielzahl von Künstler:innen verlegt, darunter Thomas Bayrle, Hanne Darboven, Hans Peter Feldmann, Isa Genzken, Gilbert und George, Sigmar Polke, Gerhard Richter oder Michael Riedel. OBJEKTE, benutzen von Franz Erhard Walther und House of Dust von Alison Knowles sind die ersten beiden Künstlerbücher, die vom Verlag veröffentlicht wurden. OBJEKTE, benutzen ist auch das erste Buch der Ausstellung und spiegelt eine transatlantische Handhabung des Verlags und seine internationale Dimension im Ursprung: So übermittelte Franz Erhard Walther von New York aus schriftliche Anweisungen nach Köln, die dort aufwendig umgesetzt wurden. Das Künstlerbuch Findet mich das Glück von Peter Fischli und David Weiss von 2003, das mit einer Auflage von mehr als 300.000 Stück zum meistverkauften Künstlerbuch überhaupt wurde, ist einer der größten Erfolge des Verlags. An der Museumskasse wird das Werk in deutscher, englischer, italienischer und japanischer Sprache verkauft.

Die Entstehung von Künstlerbüchern in den 1960er Jahren ist eine Folge der Moderne und ihrer Ablösung von Kunstgattungen zugunsten einer Erweiterung von Kunstformen und im Sinne eines offenen Kunstbegriffs. Die US-amerikanische Kunsttheoretikerin und Kuratorin Lucy R. Lippard formuliert über das Künstlerbuch folgende Definition: „…von einem Künstlerbuch spricht man, wenn es ein Künstler gemacht hat, oder wenn er sagt, es sei eines.“ Für sie ist das Künstlerbuch ein neuer, autonomer Beitrag zur Kunstgeschichte. Der Verlag der Buchhandlung Walther König folgt diesem Verständnis. Hierbei sei erwähnt, dass im Deutschland der 1930er und 1940er Jahre es keine Verlage und Verlegerpersönlichkeiten, wie z.B. in Frankreich Tériade oder Albert Skira gab. Walther König hatte aus diesem Grund den Wunsch, Künstler:innen in Reihen zu publizieren und damit nachhaltige Rezeptionskonzepte ihres künstlerischen Schaffens in Form von Künstlerbüchern zu begründen. Die dem Verlag folgende Gründung und Verortungen seiner Buchhandlungen bietet den Künstlerbüchern eine Verbindung aus Produktion, Veröffentlichung, Handel und Rezeption im Kreis von gut sortierter Fachliteratur über Kunst und somit eine entsprechende Positionierung und Etablierung in der Kunst. Und so lässt sich feststellen, dass Walther Königs publizistische Strategie maßgeblich dazu beigetragen hat, das Medium Buch als einen autonomen und mobilen Kunstraum und die Teilnahme an dem Kunstobjekt „Buch“ in all seinen Facetten aus Beschreibstoff, Bildlichkeit oder Bindung zu fördern.

Der Respekt gegenüber künstlerischen Haltungen und ihren individuellen Vorgehensweisen drückt sich nicht zuletzt – oder vielleicht vor allem und unabhängig davon, unter welchem Namen der Verlag publiziert – auch darin aus, dass er stets auf die Bildung von etwaigen Logogrammen verzichtet hat. Der Kunst in der Form von Büchern den Vorrang zu geben und dabei im Gegenzug auf die gängige Vereinnahmungspraxis zu verzichten, dem Publizierten den eigenen immer selben Stempel aufzudrücken, muss als die wesentliche Motivation für die marktwirtschaftliche Antistrategie dieses verlegerischen Selbstverständnisses und seiner Kernfigur Walther König gelten.

Der Katalog zur Ausstellung, der von der Kuratorin der Ausstellung, Dr. Eva Linhart konzipiert und von der Grafikdesignerin Sandra Doeller gestaltet wurde, listet in der Anmutung einer Bibliographie alphabetisch sowie chronologisch die Künstlerbücher des Verlags auf. Als Katalog schafft diese Publikation so zum ersten Mal einen qualitativen Überblick über die Künstler:innen, die Abfolge der Titel über die 54 Jahre sowie die Namen des Verlags, unter denen dieser veröffentlichte. Als Künstlerbuch gewinnt auch der Katalog die Qualität eines Verlagsporträts. Bei den gelisteten Publikationen handelt es sich um solche Künstlerbücher, die Walther König für die Ausstellung zur Verfügung gestellt hat, einschließlich Literatur über Künstlerbücher aus dem Verlagsarchiv. Damit bildet die hiesige Zusammenstellung (Stand: 1. April 2022) die Sicht des Verlegers Walther König auf das Thema „Künstlerbuch“ ab. Darüber hinaus erschließt diese Publikation, mit welchen Titeln der Verlag die Kunstentwicklung geprägt hat. In seiner konzeptionellen, strukturellen und typografischen Reminiszenz an das Thema Künstlerbuch erscheint er in einer nummerierten Auflage von 200 Exemplaren. Der Katalog ist für 19 Euro an der Museumskasse zu erwerben. Darüber hinaus ist er als Download auf der Website des Museums abrufbar. Die beigefügten ISBN-Nummern erlauben es, jeden einzelnen Titel einschließlich Vorzugsausgaben zu identifizieren. Dementsprechend sind die gelisteten Künstlerbücher in einer Bibliothek oder in einem Museum auch nach Beendigung der Ausstellung abrufbar.

Die Ausstellung des Museum Angewandte Kunst ermöglicht eine erste Einschätzung der verlegerischen Leistung und ihrer Entwicklung. Detaillierte Vertiefungen und interpretatorische Ausdifferenzierungen müssen folgen, um die weitreichende kulturelle Wirkung des auf Kunst spezialisierten Verlags einzuordnen. Eine entsprechende Publikation entlang ausgewählter Künstlerbücher im Nachgang der Ausstellung zu produzieren, ist in Planung.

Ein Begleitprogramm mit Künstler:innen- und Beteiligtengesprächen sowie Führungen mit Vorblättern im Rahmen der Ausstellung sind für Sommer 2022 geplant.
Die Ausstellung wird gefördert von Willkie Farr & Gallagher LLP.
Kuratorin: Dr. Eva Linhart, Leiterin der Abteilung Buchkunst und Grafik

Öffnungszeiten
Mo geschlossen
Di, Do–Fr 12–18 Uhr
Mi 12–20 Uhr
Sa–So 10–18 Uhr

Museum Angewandte Kunst
Schaumainkai 17
60594 Frankfurt
www.museumangewandtekunst.de

069 212 44539 (Kasse/Foyer)
069 212 34037 (Informationen zum Museum)
069 212 38522 (Informationen zu Führungen)
info.angewandte-kunst@stadt-frankfurt.de