Sound ohne Gnade: The Sisters of Mercy im Schlachthof Wiesbaden

Nicht viele Bands schaffen es, mit einem mageren Output von nur drei Studioalben eine rund 35-jährige Karriere erfolgreich zu bestreiten. The Sisters of Mercy aus Leeds gehören zu den wenigen, denen dies gelungen ist. Die Band um Sänger Andrew Eldritch existiert tatsächlich seit 1980 und veröffentlichte zwischen 1985 und 1990 die Alben „First and Last and Always“, „Floodland“ und „Vision Thing“. Und so ist es kein Wunder, dass die besten Songs daraus auch im Mittelpunkt des Konzerts Ende September im Schlachthof in Wiesbaden standen. Daneben gab es aber auch nicht-veröffentlichte Stücke wie das gleichwohl seit 2000 zum Live-Repertoire der ‚barmherzigen Schwestern‘ zählende „Crash and Burn“ zu hören. Auf der Bühne zwei Gitarristen, Eldritch am Gesang, im betont legeren Outfit mit Kapuzenshirt und Baggy Trousers, und Drumcomputer Doctor Avalanche. Im Publikum ist fast keiner unter 40, man sieht tätowierte Damen und Herren, viele auch als Gothics gestylt, obwohl sich Andrew Eldritch erklärtermaßen schon Anfang der 1990er Jahre von dieser Stilrichtung distanzierte. Nichtsdestotrotz sind es die Anhänger aus dem Gothic-Lager, die der düsteren Musik all die Jahre hindurch die Treue gehalten haben.

Das Konzert beginnt mit einer stark verkürzten Version des Songs „More“, gefolgt von „Ribbons“. Wie leider oft bei Liveauftritten der Band übertönt die Musik Eldritchs Gesang, der meist nur als ein Grummeln und Knurren wahrzunehmen ist, und auch gegen das, was eigentlich Background-Gesang sein sollte, nicht anzukommen scheint. Man fragt sich, ob die Stimme des Frontmanns durch den jahrelang praktizierten tiefen Düstergesang gelitten hat und das vielleicht der Grund für die lange Studioabstinenz sein könnte. Dass es auch anders geht, hatte die Vorgruppe des Abends bewiesen. The Membranes aus Blackpool mit Frontmann John Robb, mit seinen 56 Jahren nur zwei Jahre jünger als Andrew Eldritch, bieten Punk der ersten Stunde, gepaart mit purer Energie. Die 1977 gegründete Band veröffentlichte in den 80ern zahlreiche Alben, und auch jetzt ist John Robb noch bei guter Stimme und hat ausreichend Kondition, um mit treibenden Beats ordentlich einzuheizen. Songs des Albums „Dark Matter/Dark Energy“ wie „Do the Supernova“ und „The Hum of the Universe“ begeistern und zeigen, dass Punk auch nach 40 Jahren nicht angestaubt klingen muss.

Sieht man von den für The Sisters of Mercy schon berühmt-berüchtigten Soundproblemen ab, so gelang es der Band mit ihrer Lightshow und den für Eldritch typischen Posen, die Anhängerschaft mitzureißen. Auch wenn mancher einer bei „This Corrosion“ Patricia Morrison am Bass und den weiblichen Background-Gesang der Albumversion vermisst haben mag, scheint auch der Wiedererkennungsfaktor fast aller gespielten Stücke ein Übriges getan zu haben. Bleibt abzuwarten, ob Andrew Eldritch seine vor den Wahlen in den USA verlautbarte Ankündigung wahr macht, das nächste Album aufzunehmen, wenn Trump Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika geworden ist.

(Jutta Ziegler /Rhein-Main.Eurokunst)