Buchmesse: Ehrengast Frankreich (2017) übergab die GastRolle an Georgien (2018)

Pénélope Bagieu erhält von Paul de Sinety, Vorsitzender von „Francfort en français / Frankfurt auf Französisch symbolisch die Gastrolle 2018 übertragen. © Marie Preaud
Pénélope Bagieu erhält von Paul de Sinety, Vorsitzender von „Francfort en français / Frankfurt auf Französisch symbolisch die Gastrolle 2018 übertragen.
© Marie Preaud

Der Messesonntag der Frankfurter Buchmesse steht jedes Jahr unter dem Motto eines symbolischen Verabschiedens und Begrüßens / Auftritt Katie Melua

Frankfurt, 15.10.2017 – Jedes Jahr am letzten Tag der Frankfurter Buchmesse findet eine ganz besondere Veranstaltung statt. Am Nachmittag des Messesonntags verabschiedet sich der amtierende Ehrengast und übergibt in einer feierlichen Zeremonie an den künftigen. Eigens dafür wurde das Objekt der GastRolle kreiert, welches jährlich um einen literarischen Beitrag des folgenden Ehrengastes erweitert wird. Frankreich hatte ein Zitat von Paul Ricœur gewählt:

„Hospitalité où le plaisir d’habiter la langue de l’autre est compensé par le plaisir de recevoir chez soi, dans sa propre demeure d’accueil, la parole de l’étranger.“
„Sprachliche Gastfreundschaft also, bei der das Vergnügen, die Sprache des anderen zu bewohnen, vergolten wird durch das Vergnügen, bei sich, in seiner eigenen, gern aufnehmenden Bleibe, das Wort des Fremden zu empfangen.“

Georgien präsentierte sich auf der GastRolle mit einem Auszug aus dem Nationalepos „Der Recke im Tigerfell“ von Schota Rustaweli aus dem 12. Jahrhundert.

Wie die Sonne gleiche Lichtflut auf Gestrüpp und Rosen gießt,
sieh, dass Arm’ und Reiche du mit gleicher Fürstengnade misst.
Auch den Trotz bezwing durch Güte, die allzeit bezwingend ist
spende – wie die Flut, vom vollen Meere kommend, meerwärts fließt.

Auf der Bühne begleiteten Pénélope Bagieu, französische Autorin und Illustratorin und der georgische Autor Davit Gabunia die GastRollen-Übergabe.

Paul de Sinety, Vorsitzender von „Francfort en français / Frankfurt auf Französisch“, resümierte: „Mit dem Ehrengastauftritt Frankreichs auf der Frankfurter Buchmesse war gleichwohl auch die französische Sprache eingeladen. Dies war uns eine große Ehre und Freude und die außergewöhnliche Gelegenheit zusammen mit unseren deutschen Freunden das Europa der Kultur neu zu denken. Dies ist eine Vision, die wir gerne mit unseren georgischen Freunden teilen möchten. Die Einladung Georgiens als Gastland der Frankfurter Buchmesse 2018 ist in dieser Hinsicht sehr symbolträchtig und wir wünschen unserem europäischen Nachbarn über die Grenzen der Europäischen Union hinweg alles Gute.“

„Unser diesjähriger Ehrengast Frankreich öffnete uns den Blick für den französischen Sprachraum. Wir haben den Reichtum, die thematische Vielfalt und Widersprüchlichkeit der französischsprachigen Literatur kennengelernt, die weit über die Staatsgrenzen unseres Nachbarlandes hinweg geschrieben und gelesen wird. Mit Georgien kündigt sich nun ein Ehrengast an, dessen jahrtausendealte kulturelle Wurzeln vielen von uns noch weitgehend unbekannt sind. Wir freuen uns auf die literarischen Entdeckungen und sind sehr gespannt auf die Persönlichkeiten und Geschichten, die uns das georgische Organisationskomitee im Oktober 2018 vorstellen wird“, sagte Juergen Boos, Direktor der Frankfurter Buchmesse.

Der Beitrag Georgiens auf der GastRolle ist in den kunstvoll geschwungenen Buchstaben des georgischen Alphabets verfasst. Die einzigartige Schrift spielt auch für die britisch-georgische Sängerin Katie Melua, die die GastRollen-Übergabe musikalisch begleitete, eine große Rolle: „Ihr verdanke ich, dass ich das Bücherlesen liebgewonnen habe und das spielte eine entscheidende Rolle bei der Herausbildung meiner Persönlichkeit“, so die Künstlerin. „Georgien ist stets in meinem Herzen. Mein Schaffen ist ein Teil meines Charakters, der nicht zuletzt aus georgischen Buchstaben geformt wurde.“

Medea Metreveli, Leiterin des Ehrengastkomitees Georgien 2018, versprach für das nächste Jahr weitere spannende und ungewöhnliche Begegnungen. „Unter dem Motto ‚Georgia – Made by Characters‘ wollen wir die große literarische Tradition des Landes, die bis ins 5. Jahrhundert zurückreicht und so reich an Genres ist, und die einzigartige Schrift präsentieren, in der sie niedergeschrieben wurde“, erklärte Medea Metreveli. „Wir wollen zeigen, wie sich die georgische Literatur seit der Unabhängigkeit Georgiens auf eine ganz andere und experimentelle Weise etabliert und wieder ihre eigene Identität entwickelt hat. Und schließlich möchten wir unsere historischen und kulturellen Erfahrungen und unsere Antwort auf die Herausforderungen der modernen Welt mit der ganzen Welt teilen.“