Plan der Lockerungsschritte für Hessen – Abstand, Hygiene und Nachverfolgung

Selbst Steifftiere (hier in der neuen Frankfurter Altstadt) tragen Mundschutz.© Foto: Diether v Goddenthow
Mundschutz der Kuscheltiere  (entdeckt: Steiff-Laden eue Frankfurter Altstadt) © Foto: Diether v Goddenthow

Folgenden Plan für die „Lockerungsmaßnahmen“ in Hessen hat heute die Hessische Landesregierung bekannt gegeben:

I. Einleitung
Die Corona-Pandemie hat Hessen vor große Herausforderungen gestellt. Die zum Schutz der Bevölkerung notwendigen massiven Einschränkungen für Menschen und Wirtschaft haben jedem von uns viel abverlangt. Alle Bürgerinnen und Bürger haben durch ihre Opferbereitschaft und ihr diszipliniertes Verhalten dazu beigetragen, dass wir jetzt Lockerungen der Maßnahmen ergreifen können. Hier gelten der große Dank und die Anerkennung der Hessischen Landesregierung insbesondere den zahlreichen Helfern.

Die Touristen fehlen in der neuen Frankfurter Altstadt, die sich selbst bei Kaiserwetter noch gähnend leer präsentierte. © Foto: Diether v Goddenthow
Die Touristen fehlen in der neuen Frankfurter Altstadt, die sich selbst bei Kaiserwetter noch gähnend leer präsentierte. © Foto: Diether v Goddenthow

Trotz der erfreulichen Entwicklung der Infektionszahlen in Deutschland und Hessen dürfen wir nur mit äußerster Besonnenheit mit den sicher an vielen Stellen ersehnten Lockerungen umgehen. Um den Menschen stufenweise wieder ihren gewohnten Alltag ermöglichen zu können, bedarf es allerdings enger Rahmenbedingungen. Wir müssen Eigenverantwortung übernehmen, indem wir weiter aufeinander Acht geben und uns gegenseitig schützen. Gegenüber Risikogruppen tragen wir alle eine besondere Verantwortung. Die tragenden Säulen sind

Abstand, Hygiene und Nachverfolgung.
Wir müssen sorgsam sein und Abstands- und Hygieneregeln befolgen. Um die Sicherheit für die Bevölkerung zu gewährleisten, haben wir ein System zur Kontaktnachverfolgung aufgebaut, um Infektionsketten schnellstmöglich zu unterbrechen. Für besonders betroffene Regionen halten wir mobile Einheiten des Landes zur Kontaktnachverfolgung bereit. Die Testkapazitäten werden wir kontinuierlich steigern. Für all diejenigen, die ihrer Eigenverantwortung nicht gerecht werden, halten wir als letztes Mittel Sanktionen bereit. Mit den Lockerungen, die wir uns alle wünschen, geht besondere Verantwortung auf jeden Einzelnen von uns über. Mehr Freiheit bedeutet auch mehr Verantwortung für alle. Jeder hilft bei der Eindämmung der Pandemie, indem er sich an die Regeln hält.

Mundschutz im Öffentlichen Nahverkehr und beim Betreten der Geschäfte ist Pflicht. © Foto: Diether v Goddenthow
Mundschutz im Öffentlichen Nahverkehr und beim Betreten der Geschäfte ist Pflicht. © Foto: Diether v Goddenthow

Die wirtschaftlichen Herausforderungen sind und waren immens. Unsere Arbeitnehmer, Selbständigen, kleineren und mittleren Betriebe bis hin zu den (Groß-) Unternehmen, die durch die Krise finanzielle Einbußen hinzunehmen haben, werden wir weiterhin unterstützen. Auch hier gilt es, möglichst bald stufenweise zu einem Normalbetrieb zurückzufinden. Selbstverständlich auch hier nur unter der Voraussetzung wirksamer Hygienekonzepte und im Rahmen einer akzeptablen Entwicklung der Neuinfektionen.

II. Die neuen Regelungen im Einzelnen
Grundsätzlich gilt, dass die Öffnungen in der nachfolgend dargestellten Form nur denkbar sind, wenn die geforderten Hygienekonzepte und Abstandsregeln eingehalten werden, und so die Anzahl der Neuinfizierten pro 100.000 Einwohner die Zahl von 50 Infizierten in einer Woche in einem Landkreis / einer kreisfreien Stadt nicht übersteigt. In einem ungünstigeren Verlauf sind erneute Einschränkungen unumgänglich.

1. Kontaktbeschränkungen und Veranstaltungen
Um das Virus weiter einzudämmen und die Zahl der Infizierten zu reduzieren, sind weiterhin Kontaktbeschränkungen nötig. Angesichts der niedrigen Infektionsraten können soziale Kontakte schrittweise wieder ermöglicht werden. So ist es ab dem 9. Mai wieder gestattet, sich zusätzlich zu den im eigenen Hausstand lebenden Personen mit Angehörigen eines weiteren Hausstands in der Öffentlichkeit zu treffen.

Für Veranstaltungen gilt die Vereinbarung der Bundeskanzlerin mit den Regierungschefinnen und -chefs der Länder, Großveranstaltungen bis zum 31. August 2020 zu untersagen. Für Gottesdienste und Demonstrationen gelten bereits Sonderregelungen. Das hessische Veranstaltungskonzept sieht vor, ab 9. Mai Zusammenkünfte bis 100 Personen unter geregelten Voraussetzungen zu erlauben. Die zuständigen Behörden können im Ausnahmefall eine höhere Teilnehmerzahl ermöglichen, wenn gewährleistet ist, dass die Einhaltung der Voraussetzungen (bspw. Hygiene- und Abstandsregeln) kontinuierlich überwacht wird.

Kein Verzehr von Speisen in der - auch recht leeren - Frankfurter Kleinmarkthalle. © Foto: Diether v Goddenthow
Kein Verzehr von Speisen in der – auch recht leeren – Frankfurter Kleinmarkthalle. © Foto: Diether v Goddenthow

2. Schulen
Die Landesregierung hält an ihrem bewährten Kurs einer stufenweisen Öffnung fest. Nach den bereits erfolgten Teilöffnungen orientiert sich das nachfolgende Konzept an den Beschlüssen der Kultusministerkonferenz, der Rechtsprechung sowie den Erfahrungen aus den bisher erfolgten Öffnungen.

Der Stufenplan für die Schulen sieht vor:
– ab 18.05.: Sekundarstufe I, zeitgleich Einführungsphase der Sekundarstufe II und Intensivklassen; 4. Jahrgangsstufe an den Grundschulen.
– ab 18.05.: weitere Öffnung der Berufsschulen und InteA-Klassen
– ab 02.06.: Jahrgangsstufen 1 – 3 sowie Vorklassen, Vorlaufkurse und Intensivklassen an Grundschulen.
– Die Wiederaufnahme des Schulbetriebs der Förderschulen orientiert sich an den Terminen der Grundschulen und der Sekundarstufen.

Hierbei ist zu berücksichtigen, dass den Schulen für die Vorbereitung, u. a. zur Unterrichtsorganisation der Kleingruppen, Raumverteilung, Einsatzplanung der Lehrkräfte und Umsetzung des Hygieneplans, eine angemessene Zeit eingeräumt werden muss.

3. Hochschulen
Die Hochschulen entscheiden ab dem 9. Mai 2020 im Rahmen ihrer Selbstverwaltung über ihre Öffnung. Präsenzveranstaltungen sind ab diesem Zeitpunkt grundsätzlich wieder möglich, gleichzeitig sollten Online-Angebote weiterhin genutzt werden.

4. Kindertagesbetreuung
Parallel zur Öffnung der Grundschulen ist auch die Betreuung in Kindertagesstätten wieder zu ermöglichen. Wir werden vom System der erweiterten Notbetreuung zu einem Modell des eingeschränkten Regelbetriebes übergehen. Den Schwierigkeiten bei der Umsetzung von Abstandsregeln etc. im Bereich der Kinder im Alter von 12 Monaten bis 6 Jahren ist durch eine besonders sorgsame pädagogische Arbeit und Organisation zu begegnen. Daher bedarf es mehr Vorlaufzeit für die Einrichtungen.

Ab dem 9. Mai besteht die Möglichkeit, familiäre Betreuungsgemeinschaften aus bis zu drei Familien zu bilden. In einem ersten Schritt erweitern wir ab dem 11. Mai die Berechtigungen zur Teilnahme an der Notbetreuung. Ab dem 2. Juni sollen die Kindertagesstätten dann im eingeschränkten Regelbetrieb wieder für alle Kinder öffnen.

5. Dienstleistung und Handel

Keine Sorge vor Überfüllung in Frankfurts Kleinmarkthalle. © Foto: Diether v Goddenthow
Keine Sorge vor Überfüllung in Frankfurts Kleinmarkthalle. © Foto: Diether v Goddenthow

Die Verkaufsflächenbegrenzung von 800m² im Einzelhandel entfällt ab dem 9. Mai 2020. Stattdessen gilt die Regel, je angefangener 20m² ist ein Kunde zulässig.

Körpernahe Dienstleistungen wie Friseure, Kosmetikstudios, Massagepraxen etc. dürfen bereits seit dem 4. Mai wieder öffnen.

6. Gastronomie und Tourismus

So leer war der Frankfurter Römerberg bei herrlichstem Sonnenschein an einem 7. Mai 2020 wohl noch nie. Sämtliche Lokale sind noch geschlossen, die nach und nach entsprechend der Hygienevorschriften im Außenbereich in den kommenden Tagen wieder öffnen dürfen.  Manch ein Gastronom, wie das Café im Haus "Goldene Waage", musste bereits endgültig schließen. © Foto: Diether v Goddenthow
So leer war der Frankfurter Römerberg bei herrlichstem Sonnenschein an einem 7. Mai 2020 wohl noch nie. Sämtliche Lokale sind noch geschlossen, die nach und nach entsprechend der Hygienevorschriften im Außenbereich in den kommenden Tagen wieder öffnen dürfen. Manch ein Gastronom, wie das Café im Haus „Goldene Waage“, musste bereits endgültig schließen. © Foto: Diether v Goddenthow

Ab dem 15. Mai 2020 ist eine Öffnung von Restaurants, Gaststätten, Cafés, Biergärten, Casinos und Spielhallen (innen und außen) unter Beachtung von Abstandsregeln und Hygienekonzepten möglich. Tanzlokale und Discotheken bleiben vorerst geschlossen.

Pensionen, Privatzimmer und Hotels können ab dem 15. Mai 2020 zu touristischen Zwecken ihren Betrieb wiederaufnehmen. Soweit Speisen angeboten werden, gelten die gleichen Voraussetzungen wie für die Gastronomie. Dies gilt auch für die Abstandsregel und die zulässige Personendichte pro Quadratmeter Gastfläche, mit Ausnahme der Gästezimmer. In allen öffentlichen Bereichen (Rezeption, Tagungsräume, Frühstücksraum, Restaurant) müssen die Abstandsregeln zwischen Personal und Gästen sowie der Gäste untereinander eingehalten werden.

Heiligenbilder statt Burger-Verkauf in der Frankfurter Liebfrauenstrasse.© Foto: Diether v Goddenthow
Heiligenbilder statt Burger-Verkauf in der Frankfurter Liebfrauenstrasse.© Foto: Diether v Goddenthow

Ebenso ab dem 15. Mai 2020 können Ferienwohnungen und Campingplätze vermietet und genutzt werden. Dauercamping und Zweitwohnungsnutzung bleiben gestattet. Freizeitparks können ab diesem Tag ebenfalls wieder ihre Pforten öffnen, wenn sie über ein umfassendes Hygienekonzept verfügen. Schwimmbäder und Saunen etc. bleiben geschlossen.

7. Sport und Freizeit

Während der Einzelhandel überwiegend über Kundenmangel klagt und mit drastischen Sonderangeboten lockt, gibt es Ausnahmen, wie hier vor der Zeilgalerie: Als gäbe es etwas kostelos, stehen die jungen Damen vor einem Bekleidungsladen Schlange, leider mit viel zu geringem Abstand. © Foto: Diether v Goddenthow
Während der Einzelhandel überwiegend über Kundenmangel klagt und mit drastischen Sonderangeboten lockt, gibt es Ausnahmen, wie hier vor der Zeilgalerie: Als gäbe es etwas kostelos, stehen die jungen Damen vor einem Bekleidungsladen Schlange, leider mit viel zu geringem Abstand. © Foto: Diether v Goddenthow

Sport und Gesundheit gehören zusammen. Ab dem 9. Mai 2020 kann Sport wieder ausgeübt werden, sofern er u. a. kontaktfrei ausgeübt wird, ein Mindestabstand von 1,5 Metern zwischen Personen eingehalten wird, Hygiene und Desinfektionsmaßnahmen beachtet und keine Dusch- und Waschräume etc. genutzt werden. Ebenso erlaubt wird der Trainings- und Wettkampfbetrieb des Spitzen- und Profisports in Abstimmung mit den Ligen, sofern diesem ein umfassendes Hygienekonzept zugrunde liegt.

Indoorspielplätze, Kletter- und Turnhallen, Kegelbahnen einschließlich Bowling und Squash können ab dem 9. Mai 2020 unter vergleichbaren Voraussetzungen wieder ihre Tore öffnen bzw. gespielt werden. Fitnessstudios können ab dem 15. Mai 2020 wieder öffnen.

Für den Sport und die weiteren Freizeitangebote müssen selbstredend in besonderem Maße die Hygienekonzepte den spezifischen Anforderungen gerecht werden.

8. Theater, Museen, weitere Kultureinrichtungen

Die hessischen Museen und Kultureinrichtungen öffnen wieder mit  strikten Hygienekonzepten nach Vorgabe der Landesregierung. Hier das Städel, welches am 9.5.2020 seine Tore wieder öffnet. © Foto: Diether v Goddenthow
Die hessischen Museen und Kultureinrichtungen öffnen wieder mit strikten Hygienekonzepten nach Vorgabe der Landesregierung. Hier das Städel, welches am 9.5.2020 seine Tore wieder öffnet. © Foto: Diether v Goddenthow

Unter den für Veranstaltungen genannten Voraussetzungen können Theater, Opern- und Konzerthäuser sowie weitere Kultureinrichtungen ebenfalls ab dem 9. Mai 2020 wieder öffnen. Davon ausgenommen sind aufgrund der erhöhten Infektionsgefahr weiterhin Veranstaltungen und Konzerte, bei denen Abstandsregeln realistischer Weise nicht eingehalten werden können.

9. Spielhallen, Casinos und Wettbüros
Spielhallen, Casinos und Wettbüros können ebenfalls ab dem 15. Mai 2020 ihre Geschäfte wiederaufnehmen.

Alle Verordnungen gelten bis zum 5. Juni 2020.