In sechs Monaten kann das RGZM ins neue Archäologische Zentrum Mainz umziehen. Trotz Corona gut im Zeitplan

Gut im Zeitplan liegt der Neubau des Archäologischen Zentrums in Mainz. Die Außenfassade kleiden rötliche Klinker nach römischem Muster sowie riesige Fenster. Der rotschraffierte Bereich zeigt an, wo die große LED-Wand einmal Bilder aus dem Inneren des Ausstellungsbereiches nach außen hin über den Innenhof projizieren wird. © Foto: Diether v. Goddenthow
Gut im Zeitplan liegt der Neubau des Archäologischen Zentrums in Mainz. Die Außenfassade kleiden rötliche Klinker nach römischem Muster sowie riesige Fenster. Der rotschraffierte Bereich zeigt an, wo die große LED-Wand einmal Bilder aus dem Inneren des Ausstellungsbereiches nach außen hin über den Innenhof projizieren wird. © Foto: Diether v. Goddenthow

In sechs Monaten will das RGZM ins neue Archäologische Zentrum Mainz umziehen. Die Baufertigstellung trotz Corona gut im Zeitplan
Die Bauarbeiten am Neubau des Römisch-Germanischen Zentralmuseums (RGZM), Leibniz-Forschungsinstitut für Archäologie, in Nachbarschaft des Museums für Antike Schifffahrt liegen trotz Corona gut im Zeitplan, freuen sich Professorin Dr. Alexandra W. Busch, Generaldirektorin des RGZM, und Wissenschaftsminister Professor Dr. Konrad Wolf beim gestrigen Presserundgang durch den Rohbau des neuen hochmodernen Wissenschafts- und Museumsstandorts in Mainz.
Auf rund 14 500 Quadratmetern sollen hier nach Schlüsselübergabe im 1 Quartal 2021 und Umzug der Mitarbeiter bis Sommer 2021 alle wissenschaftlichen Kompetenzbereiche, Forschungslabore, Werkstätten, Depots, Bibliothek, Sonderausstellungs- und Dauerausstellungsbereiche, Vortragssaal, ein Forum und Räume für die Wissenschaftspädagogik eingerichtet werden- Ab Spätsommer 2021 werden erste Bereiche wie Foyer, Café und der begrünte Innenhof bereits öffentlich zugänglich sein, die Sonderausstellung ab 2023.

Wissenschaftsminister Professor Dr. Konrad Wolf und Generaldirektorin Professorin Dr. Alexandra Busch hatten zu einem Presserundgang durch den im Innenausbau befindlichen Neubau des Archäologischen Zentrums Mainz eingeladen. © Foto: Diether v. Goddenthow
Wissenschaftsminister Professor Dr. Konrad Wolf und Generaldirektorin Professorin Dr. Alexandra Busch hatten zu einem Presserundgang durch den im Innenausbau befindlichen Neubau des Archäologischen Zentrums Mainz eingeladen. © Foto: Diether v. Goddenthow

Der Einbezug der Öffentlichkeit und der Austausch zwischen Wissenschaft und Bürgern sei ein zentrales Anliegen des neuen Mainzer Archäologischen Zentrums. Bürgerinnen und Bürgern könnten hier einmal Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern quasi über die Schulter schauen und den Prozess von Wissenschaft gewissermaßen miterleben. Wissenschaftliche Prozesse sollen hier verständlich, anschaulich und erfahrbar präsentiert werden, unterstrich Wissenschaftsminister Wolf.

Vom Foyer aus gelangt man über die Freitreppe ab 2023 zu der neuen Daueraussstellung in der ersten Etage. © Foto: Diether v. Goddenthow
Vom Foyer aus gelangt man über die Freitreppe ab 2023 zu der neuen Daueraussstellung in der ersten Etage. © Foto: Diether v. Goddenthow

Generaldirektorin Busch machte einmal mehr deutlich, dass das Römisch-Germanische-Zentralmuseum (RGZM als Leibniz-Forschungsinstitut und -museum für Archäologie die materiellen Hinterlassenschaften aus 2,6 Mio. Jahren Menschheitsgeschichte erforsche. Der weit größte Teil der Menschheitsgeschichte sei uns nur über materielle Hinterlassenschaften und Spuren menschlicher Aktivität überliefert, so Busch. Damit stelle dieses Vermächtnis die grundlegende Quelle des Wissens über unsere biologische, soziale, kulturelle und wirtschaftliche Entwicklung dar. Ziel sei es, anhand archäologischer Funde und Befunde menschliches Verhalten und Handeln, menschliches Wirken und Denken sowie die Entwicklung und Veränderung von Gesellschaften aufzuzeigen und zu verstehen. Das RGZM sei weltweit tätig und betreibe bislang erfolgreich und umfassend Forschungen in verschiedenen Regionen Afrikas, Asiens und Europas, wobei ein geographischer Schwerpunkt auf Mittel- und Südeuropa sowie dem mediterranen Raum liege.

„Die einzigartige Konzentration archäologischer, naturwissenschaftlicher, restauratorischer und informationstechnologischer Kompetenzen verbunden mit bedeutenden Werkstätten, Laboren und Archiven, erlaubt es dabei, objektorientierte Forschung zur Archäologie der Alten Welt (Asien, Afrika, Europa) von den Anfängen der Menschheitsgeschichte bis in die Neuzeit zu betreiben“, erklärte Busch.

Noch hängen und liegen überall  Kabel herum und letzte Elektroinstallationen erfolgen. Die Böden sind weitestgehend fertig und mit Schutzfolien abgedeckt. © Foto: Diether v. Goddenthow
Noch hängen und liegen überall Kabel herum und letzte Elektroinstallationen erfolgen. Die Böden sind weitestgehend fertig und mit Schutzfolien abgedeckt. © Foto: Diether v. Goddenthow

Gründungsgedanke des RGZM vor 168 Jahren war es, in Mainz eine Studien- und Referenzsammlung der bedeutendsten und aussagekräftigsten Fundobjekte der Alten Welt anzulegen und damit die wissenschaftliche Grundlage für kulturvergleichende Studien zu schaffen. Im Laufe des 20. Jhs. kam es zu einer Erweiterung der Forschungsfragen und Aufgaben, die mit der Gründung weiterer Standorte einherging. 1994 kam in Mainz das Museum für Antike Schifffahrt hinzu, 1986 „MONREPOS“, das „Archäologische Forschungszentrum und Museum für menschliche Verhaltensevolution“ in Neuwied, 1996 wurde der Forschungsbereich „Vulkanologie, Archäologie und Technikgeschichte“ in Mayen eingerichtet und 2012 um das „Labor für Experimentelle Archäologie“ (LEA) ergänzt, sowie um das Römerbergwerk in Meurin. Hauptsitz des RGZM ist Mainz. Zum Institut gehören insgesamt fünf Forschungsfelder, vier Museen, div. Werkstätten und Labore, außerdem ein institutseigener Verlag und mehrere Fachbibliotheken.

Blick von der Freitreppe auf den Foyerbereich. © Foto: Diether v. Goddenthow
Blick von der Freitreppe auf den Foyerbereich. © Foto: Diether v. Goddenthow

Heutzutage umfassen allein die Sammlungen im RGZM Mainz über 200 000 Sammlungsstücke, deren Umzug aus dem Kurfürstlichen Schloss seit 2015 von einer hausinternen Umzugsgruppe, bestehend aus Kuratoren, Restauratoren, Archivaren und Fachkräften für Arbeitssicherheit, sorgfältig vorbereitet wird. Jedes Objekt wird mit Barcode gekennzeichnet, ins Datenbank-System eingescannt und in einen emissionsfreien, mit Code und Abbildung versehenen Archiv-Spezialkarton nach DIN-Norm verpackt. Auf diese Weise können die Objekte direkt an ihren späteren Depotplatz im neuen RGZM eingelagert werden.
Mittlerweile, so Generaldirektorin Busch, sei der Großteil der Sammlungsstücke verpackt, so dass der Umzug plangemäß im 1. Quartal 2021 erfolgen kann. Im 2. Quartal 2021 werden dann Mitarbeiter ihre neuen Quartiere beziehen. Sie werden den Forschungsbetrieb, die Restaurierungs- und Abformungs-Werkstätten und die Bibliothek einrichten und die große Dauerausstellung aufbauen.

Im besonders gesicherten Wechselausstellungsbereich wird eine 14,5 mal 4 Meter große Vitrinenwand die bedeutendsten Sammlungsstücke aus 168 Jahren Geschichte des Römisch Germanischen Zentral Museums zeigen. © Foto: Diether v. Goddenthow
Im besonders gesicherten Wechselausstellungsbereich wird eine 14,5 mal 4 Meter große Vitrinenwand die bedeutendsten Sammlungsstücke aus 168 Jahren Geschichte des Römisch Germanischen Zentral Museums zeigen. © Foto: Diether v. Goddenthow

Der Wechselausstellungsbereich im Erdgeschoss wird 500 m² umfassen, und auch als buchbarer Veranstaltungsraum der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen. Ein Herzstück davon wird eine 13,5 mal 4 Meter große verglaste Vitrinenwand sein, in der über 1200 wichtige Original-Exponate ausschließlich aus der 168-jährigen Geschichte des RGZM gezeigt werden sollen. Der Clou dabei ist: über eine Videokamera können die hier gezeigten Ausstellungsstücke auch auf eine an der Außenfassade zum Innenhof hin installierten LED-Wand live übertragen werden. Das wird zusätzlich viel Aufmerksamkeit auf die vielfältigen Schätze des Museums lenken und auch ein wenig die Fassaden-Attraktivität des rostbraun verklinkerten Baus erhöhen.

Der Fokus der Dauerausstellung wird auf den letzten 10.000 Jahren Menschheitsgeschichte und den Fragen der Entwicklung des gesellschaftlichen Zusammenlebens liegen, so Generaldirektorin Dr. Alexandra Busch, hier im künftigen Dauerausstellungs-Bereich der ersten Etage. © Foto: Diether v. Goddenthow
Der Fokus der Dauerausstellung wird auf den letzten 10.000 Jahren Menschheitsgeschichte und den Fragen der Entwicklung des gesellschaftlichen Zusammenlebens liegen, so Generaldirektorin Dr. Alexandra Busch, hier im künftigen Dauerausstellungs-Bereich der ersten Etage. © Foto: Diether v. Goddenthow

Für die Dauerausstellung sind 3000 m² Fläche in der zweiten und dritten Etage vorgesehen. Große Fensterfronten werden für natürliches Licht und Leichtigkeit sorgen. Vom Foyer aus können schätzungsweise ab Sommer 2023 die Besucher rechterhand über die große Frei-Treppe dorthin gelangen. Bei der Präsentation geht es nicht darum, Besucher ehrfurchtsvoll wertvolle Artefakte bestaunen zu lassen, so die Generaldirektorin. Vielmehr soll vermittelt werden, was wir als Archäologen tun, wobei der Fokus der Dauerausstellung auf den letzten 10.000 Jahren Menschheitsgeschichte und den Fragen der Entwicklung des gesellschaftlichen Zusammenlebens liegen werde. Einzelheiten wollte Busch jedoch noch nicht verraten, nur soviel, dass sich die Dauerstellung in sechs Hauptbereiche gliedere, in denen jeweils 150 bis 200 Objekte – im Wechsel aus den umfangreichen Sammlungen des RGZM bestückt – gezeigt würden. Die neue Dauerausstellung könne schätzungsweise im Sommer 2023 eröffnet werden.

Ein Großteil der nunmehr von 26 auf 80 Leseplätze erweiterten Bibliothek wird auf einer Empore an der Glasfront mit Blick zur Rheinstraße zu finden sein. Der Raum dient auch als Vortragsraum. © Foto: Diether v. Goddenthow
Ein Großteil der nunmehr von 26 auf 80 Leseplätze erweiterten Bibliothek wird auf einer Empore an der Glasfront mit Blick zur Rheinstraße zu finden sein. Der Raum dient auch als Vortragsraum. © Foto: Diether v. Goddenthow

Die Forschungsbibliothek, das eigentliche „geistige Zentrum“ des RGZM, wird zwischen dem öffentlichen Ausstellungs-Bereich und dem nicht öffentlich zugänglichen Kompetenz-Sektor (Labore, Werkstätten etc.) liegen. Über 8600 Rollregal-Meter werden dort über 268 000 Fachpublikationen Platz bieten. Statt bislang 29 medial optimal ausgestatteten Leseplätzen sind nunmehr 80 vorgesehen, etliche davon in einem zweiten großen Raum zur Rheinstrasse hin, der auch für Vortrags- und andere Fachveranstaltungen genutzt werden soll. Auf dieser Seite wird zudem die erweiterte museumpädagogische Abteilung angesiedelt sein. Unter anderem soll ein spezielles Kinderprogramm entwickelt werden und das Angebot für Erwachsene deutlich ausgebaut werden.

Die neue Bibliothek wird über 8,6 km Rollregalfläche verfügen.  © Foto: Diether v. Goddenthow
Die neue Bibliothek wird über 8,6 km Rollregalfläche verfügen. © Foto: Diether v. Goddenthow

Die Verwaltungsräume werden in der dritten Etage angesiedelt sein. Im gesamten Haus wird noch an allen Ecken und Enden handwerklich gearbeitet. Die Wände sind bereits verputzt, die meisten Böden gelegt, Steckdosen, Lichtschalter und Kabel für die digitale Infrastruktur eingebracht, Türen gesetzt und Lampen gehängt.

«Mit dem Neubau macht unser Institut einen Quantensprung», freut sichdie Generaldirektorin. Es soll «ein Ort des kulturellen, politischen und gesellschaftlichen Austauschs werden».

Diether v. Goddenthow / Rhein-Main.Eurokunst)

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